Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 274: Neue Gedanken -------------------------- 274 Neue Gedanken Das Hochgefühl begleitete Sam auch noch bis nach Hause. Allerdings meldeten sich auf der Fahrt auch seine malträtierten Körperteile immer deutlicher. Schnell schrieb er Dean einen Zettel, dass er ihn nicht wecken musste, da er eine Freistunde hätte. Das stimmte zwar nicht, aber so umging er es, die Verletzungen erklären zu müssen, das konnte er am Abend besser. Der Wecker klingelte viel zu früh! Schnell drehte sich Sam zu ihm um und schaltete ihm aus, nur um gleich sich darauf mit schmerzverzerrtem Gesicht wieder auf den Rücken fallen zu lassen. Verdammter Poltergeist! Ein paar Mal atmete er durch dann biss er die Zähne zusammen und stemmte sich in die Höhe. Er machte sich so gut es ging in seinem Zimmer fertig, während er darauf wartete, dass Dean das Haus verließ. Dabei überlegte er mehrfach den Tag heute einfach zu schwänzen. Seine Muskeln schmerzten, als hätte er den schlimmsten Muskelkater seines Lebens. Sein Handgelenk streikte bei der Hälfte der Bewegungen und atmen konnte er auch nicht richtig. Den Tag im Bett zu verbringen wäre wirklich viel besser. Aber er hatte sich so sehr darauf gefreut endlich wieder ins College gehen zu können. Es war ein Schritt auf dem Weg sich doch noch seinen Traum zu erfüllen, da wollte er so wenig wie möglich verpassen, auch wenn er sich wohl über den Tag quälen und den verbalen Attacken seiner Mitschüler ausgesetzt sein würde. Außerdem schrieben sie heute einen Test, den er zwar nicht dringend für seine Zensur brauchte, er ihn aber auch nicht leichtfertig abtun wollte. Kaum hatte Dean das Haus verlassen, verschwand er im Bad. Sein Spiegelbild erschreckte ihn weniger als er befürchtet hatte. Er machte sich schnell fertig und ging nach unten, um sich einen Kaffee zu machen. Ein Lächeln legte sich auf sein Gesicht. Auf der Anrichte stand ein fertiges Lunchpaket. „Hoffe du hast gut geschlafen … Bon Appetit“ stand auf dem Zettel, der halb darunter lag. Wenn es seinen Bruder nicht gäbe, müsste man ihn erfinden, überlegte er und stellte fest, dass er wieder einen neuen, alten Zug an Dean entdeckt hatte. Jetzt wünschte er sich noch mehr, dass sich diese ganzen Puzzlestücke endlich sortierten und zu seinem alten großen Bruder zusammensetzten. Der würde ihm zwar gehörig die Leviten lesen, aber das wäre ihm dann auch egal. Er schnappte sich das Paket und machte sich auf den Weg zur Schule. Er kam gerade noch pünktlich. „Wie schön, Mr. Winchester! Sie beehren uns auch noch“, begann der Dozent und warf Sam ein Bündel Blätter auf den Tisch. „Dann können Sie den Test ja mitschreiben, oder möchten Sie ihren Mitstudenten erzählen, was wir gestern Nachmittag gemacht haben?“ „Keine Ahnung was Sie gemacht haben, meine außerschulischen Beschäftigungen gehen Sie überhaupt nichts an!“, erwiderte der Winchester ruhig. Der Dozent schluckte und wurde wütend. „Ich denke schon, dass es mich etwas angeht, wenn Sie sich mit Dingen befassen, die Ihre Konzentration in meiner Vorlesung stören!“ „Da das nicht der Fall ist ...“ erklärte Sam leise und behielt den Rest der Antwort für sich. „Ist dem so? Dann legen Sie mal los.“ „Natürlich“ Sam zog die Blätter zu sich heran und begann die Aufgaben zu lösen. Auf dem Weg zur nächsten Vorlesung bereute der Winchester seinen Entschluss vom Morgen noch ein wenig mehr. Seine Rippen schmerzten heftiger, als er gehofft hatte. Doch jetzt war er nun mal hier und kneifen galt nicht. ‚Wer jagen konnte, konnte auch zur Schule gehen!‘, ermahnte er sich stumm. Er erzählte Damon, dass er am Vorabend mit seinem Bruder reiten war, sein Pferd im Gelände scheute und ihn abgeworfen hatte. Es ihm leid, das zu tun, doch es war ja nicht das erste Mal, dass er über sein wahres Leben nicht die Wahrheit sagen konnte und Damon schien diese Erklärung fraglos zu schlucken. Er erzählte sogar von einem fast Reitunfall, den seine Schwester mal hatte, als das Pferd vor einem Luftballon scheute und sie sich gerade noch so im Sattel halten konnte. In der Bibliothek versuchte er erst gar nicht sich hinzusetzen und suchte sich Arbeiten, die er im Stehen ausführen konnte. Einer Kollegin, die ihn dann doch noch auf seine eckigen Bewegungen ansprach, erzählte er, ebenfalls von dem Reitunfall. Auch sie zeigte viel Verständnis und gab ihm Arbeiten, bei denen er weder viel laufen, noch schwer heben musste. Nur für Dean musste er sich eine andere Geschichte ausdenken! Aber auch die war nicht schwer zu finden. Hoffentlich behielt er das alles. So langsam wurde das Lügen undurchsichtig. „Was ist mit dir?“, fragte der Ältere. „Wir haben in der Kanzlei gestern einige abgeschlossene Fälle aus einem Büro ausgeräumt, die ganzen Akten wurden in Kisten gepackt und sollten in den Keller gebracht werden. Im Keller standen schon etliche solcher Kartons. Ich bin gegen einen Stapel gestoßen, bin gestolpert und hab den umgerissen. Ein paar der Kartons sind auf mich drauf gefallen. Die Kanten von den ordnern sind verdammt hart!“ „Warst du beim Arzt? Soll ich mir das mal anschauen? Ich meine, viel kann ich dir wohl noch nicht helfen, aber Brüche, Verstauchungen und Prellungen hatten wir schon“, erklärte Dean mit besorgtem Blick. Sam musterte seinen Bruder. Das war wieder so ein kurzes Aufblitzen des alten Deans. Er seufzte. „Im Moment geht es, aber wenn du mir vorm Schlafen gehen mit der Salbe helfen könntest? An einige Stellen komme ich schlecht ran.“ „Kein Problem, mach ich gerne“, nickte der Ältere. „Willst du morgen nicht besser zuhause bleiben?“ „Nein, Morgen räumen wir keine Kisten mehr in den Keller und auch sonst nichts Anstrengendes.“ Dean nickte skeptisch. „Soll ich dich fahren? Ich kann Ed absagen.“ „Nein, Danke. Das ist lieb, dass du dir solche Sorgen machst, aber mir geht es gut. Ich möchte mich nur gleich gerne hinlegen.“ Deans Fürsorge fühlte sich gut an, aber irgendwie auch ein wenig erdrückend. Daran musste er sich wohl erst wieder gewöhnen. So schlimm war es doch gar nicht. Er hatte was abbekommen, klar, aber sie hatten schon wesentlich Schlimmeres durchgestanden. Leider wusste Dean nichts mehr davon. „Okay“, nickte Dean. Er wandte sich dem Herd zu und holte ihr Essen aus dem Ofen. So ganz wollte er Sam nicht glauben, dass es ihm gut ging. Im Unterricht hatte er gelernt, dass auch scheinbar harmlose Verletzungen schlimme Folgen haben konnten. Sollte er Sam doch zu einem Arzt schleppen? Aber der würde wohl nicht auf ihn hören und das mit dem Schleppen konnte er auch vergessen, wenn sam nicht wollte. Ach verdammt! Da war wieder diese Hilflosigkeit, die er immer wieder fühlte, wenn er so vehement darauf gestoßen wurde, dass ihm die Erfahrungen eines Lebens fehlten. Die Woche verging und Sam fühlte sich schon fast wieder ganz fit. Leider nicht fit genug, um seine Verletzungen vor Bobbys Argusaugen zu verbergen. „Was ist mit dir?“, fragte er auch sofort, nachdem er ihn in sein Büro gelotst hatte und Dean mit Jody in der Küche stand. Er ließ sich auf seinen Stuhl hinter seinem Schreibtisch fallen und wies auf einen Stuhl, damit Sam sich auch setzte, doch der war viel zu nervös dazu, also begann der alte Jäger: „Du warst derjenige, der aussteigen wollte, das hast du mir nicht nur einmal erklärt. Du warst richtig versessen darauf, wolltest diese Entscheidung aber Dean überlassen. Er ist ausgestiegen. Nicht freiwillig und nicht so wie wir es uns und euch gewünscht hätten, aber er ist raus. Warum jagst du jetzt?“ Sam wollte sich nicht rechtfertigen, er wollte sich nur erklären. „Ich bin darüber gestolpert, Bobby. Es war nicht eindeutig, ob es überhaupt in unser Metier fiel. Ich wollte es erst prüfen. Die Gelegenheit war gerade sehr günstig, um sich einen Überblick zu verschaffen. Ich habe es erledigt und ich muss zugeben, es fühlt sich gut an!“ „Du willst also wieder jagen?“ „Nein. Ich habe die Chance mir meinen Traum zu erfüllen und doch noch Jura zu studieren. Das lasse ich nicht sausen, denn ich werde keine weitere Chance dazu kriegen. Allerdings werde ich auch niemanden hängen lassen, wenn ich ihm helfen kann. Die Jagd gehört zu mir, das ist mir klar geworden und auch, dass ich das wohl doch nicht so einfach aus meinem Leben streichen kann.“ Er holte tief Luft. „Wenn Dean noch Dean wäre, wäre das vielleicht anders, aber so?“ „So belügst du ihn und dich!“ „Ich belüge mich nicht!“ „Nein? Du hast deinem Bruder so oft in den Ohren gelegen, dass dein Leben nicht aus der Jagd nach Übersinnlichem bestehen soll und jetzt machst du eine 180 Grad-Wende. Warum?“ „Weil ich helfen kann!“ „Und da ist die Lüge wieder!“, erklärte der alte Freund ernst. „Ich lüge ...“ „Dann benutzt du das als Ausrede, Sam. Warum?“ „Ich wollte immer Freunde haben und habe es gehasst, wenn wir alle paar Wochen umgezogen sind. Dean hat es nie etwas ausgemacht. Er war immer der Einzelgänger. Jetzt hat er Freunde mit denen er lernen kann und er geht arbeiten. Ich bin immer noch ein Außenseiter.“ Sam seufzte. „Ich denke du hast einen Freund, am College?“ „Freund ist zu viel gesagt, aber ja, er ist ein Freund. Trotzdem, ich ...“ „Du wolltest zur großen Gruppe gehören. Hast du das während deiner Schulzeit?“ „Eben nicht!“ „Und jetzt wolltest du das ganze Paket? Sam du bist so ein intelligenter Mensch, aber gerade jetzt auch ein Idiot! Dir hätte von vorn herein klar sein müssen, dass du in dem einen Jahr kein umschwärmter College-Star wirst. Sie sind jünger als du und wahrscheinlich wirst du sie in deinem Leben auch nie wiedersehen. Dieses eine Jahr ist die Vorbereitung für dein weiteres Leben. Außerdem gehst du auch arbeiten, Sam und du fühlst dich in beiden Jobs wohl. Ich muss dich nicht daran erinnern, dass du dir als erster einen Job gesucht hast.“ „Musste ich ja auch, um die Wohnung und unser Leben bezahlen zu können.“ „Und Dean? Er bekommt auch Geld, das er für euren Lebensunterhalt ausgibt. Ja, er scheint Freunde gefunden zu haben und darüber freue ich mich. Er muss sich erst wieder ein Leben aufbauen und Freunde sind wichtig. Das du dich damit schwerer tust, ist traurig. Hättest du denn nachmittags Zeit, um mit ihnen etwas zu unternehmen?“ „Du hast ja recht! Es ist nur … es tat schon immer weh, ausgegrenzt zu werden, und das tut es noch. Früher hatte ich wenigstens Dean, der sich um mich kümmerte und eine Art Ersatz-Freund für mich war.“ „Und heute bist du der Große und dein „kleiner“ Bruder will seine eigenen Wege gehen. Das kommt mir irgendwie bekannt vor“, schmunzelte Bobby. „Mach dich ruhig lustig, über mich“, stöhnte Sam. Einerseits war er ja froh, das Thema Jagd abgeschlossen zu haben. Dieses neue Thema war allerdings noch viel schmerzhafter. „Wir sind in diesem Fall beide die Verlierer“, sagte Bobby mit leiser Wehmut in der Stimme, denn auch zu ihm hatte Dean noch kein richtiges Vertrauen gefasst. „Ich frage mich nur warum eigentlich? Hat er unterbewusst Angst vor den Erinnerungen und meidet uns deshalb, weil wir sie zurückbringen könnten? Sein Leben war nun wirklich kein Zuckerschlecken. Vielleicht will er sich unterbewusst ja gar nicht erinnern.“ „Das ist ein vollkommen neuer Ansatz“, erwiderte Sam nach einer Weile. „Darüber muss ich mal nachdenken.“ „Dann lass uns mal zu unseren Lieben gehen, bevor die uns noch als vermisst melden“, schlug Bobby vor und griff nach der Klinke. „Sag Dean bitte nicht worüber wir hier gesprochen haben, ja“, bat Sam noch einmal. „Nicht, solange du wirklich versuchst auszusteigen, nicht solange du es nicht übertreibst!“ „Ich weiß, dass es meine letzte Chance, auf ein richtiges Leben und die Erfüllung meines Traumes ist, die werde ich nicht leichtfertig verspielen.“ „Das ist manchmal leichter gesagt als getan. Bei dem Chupacabra hätte ich auch mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass Dean sein Gedächtnis verliert!“ Ernst blickte er Sam an. „Denk daran Sam. Er braucht dich!“ Der Winchester nickte, auch wenn er sich manchmal gar nicht mehr so sicher war, und folgte dem Freund in die Küche. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)