Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 233: Neue Eindrücke --------------------------- 233) Neue Eindrücke Keine fünf Minuten später stand Sam vor Dr. Brewsters Büro und klopfte. Auf ein „Herein“ hin öffnete er die Tür, trat ein und wollte die Tür gerade schließen, als er ein „Moment“ hörte. Er drehte sich um und sah Dr. Baral mit wehendem Kittel auf sich zu gelaufen kommen. „Ich gehöre auch noch zu der Runde“, sagte sie und versuchte ein Lächeln. Gemeinsam ließen sie sich auf den Stühlen vor Dr. Brewsters Schreibtisch nieder. „Worum geht es?“, fragte Sam beunruhigt und schaute von einem zum anderen. Dass die Aussage mit der Therapie eine Lüge war, hatte er sich ja schon gedacht. „Wir müssen über Dean reden“, erklärte der Arzt leise und sprach gleich weiter. „Wir müssen da was ändern.“ „Das denke ich auch, aber wie ...“ „Unsere Therapien zielten bisher darauf ihn körperlich wieder fit zu bekommen und die leichte Aphasie, die Sprachstörungen, zu beheben. Das funktioniert auch ganz gut. Bisher haben wir aber seine emotionale Seite komplett ausgeklammert. Daran müssen wir etwas ändern, das hat mir seine Attacke heute gezeigt.“ „Und wie? Eine Psychotherapie bringt bei ihm wohl eher nichts“, konterte Sam. „Stimmt. Ich denke da eher daran seine Sinne zu fordern. Sam, du hast schon daran gearbeitet, hab ich gesehen?“ Der Winchester grinste verlegen. „Ein wenig“, er zuckte mit den Schultern. „Naja, die Kantine hier fordert die Geschmacksnerven nicht gerade. Ich habe ihm hin und wieder ein Eis mitgebracht. Ich frage mich nur, wo du dieses Mehr noch einbauen willst. Er hat jeden Tag seine Therapien! Ich gehe nachmittags mit ihm raus oder auf´s Dach. Ich hetze ihm treppauf und treppab hinterher. Was sollen wir denn noch machen? Und vor allem, wann?“ „Ich weiß was ihr alles tut. Aber es reicht wohl nicht mehr.“ „Und was habt ihr euch da noch so alles vorgestellt?“, wollte der Winchester skeptisch wissen. „Wir haben hier ein Schwimmbad und einen Fitnessraum im Keller. Den sollte er statt der Treppe nutzen“, schlug Dr. Baral vor. „So lernt er auch gleich das Gefühl von Wasser kennen, das Getragen werden und schwimmen.“ „Fahrt in den Zoo nach Phoenix. Viele Erinnerungen sind mit Gefühlen verbunden. Momentan kennt er fast nur Schmerz und Wut. Im Zoo gibt es auch ein Streichelgehege und eine Art Lehrpfad. Da könntet ihr barfuß die einzelnen Untergründe ausprobieren“, ergänzte Oliver die Aufzählung. „Und ihr könntet uns mal besuchen kommen, wir haben kleine Kätzchen.“ „Bietest du das jedem Patienten an?“, wollte Sam ziemlich skeptisch wissen. „Bestimmt nicht“, wehrte der Arzt ab. „Wie lange muss Dean denn eigentlich noch hier bleiben?“, versuchte Sam mal wieder eine Antwort auf die Frage, die ihn schon seit ein paar Tagen beherrschte, zu bekommen. „Ich denke das ihr in zwei Wochen fahren könntet“, erwiderte Dr. Brewster, schränkte aber sofort ein, „Wenn alles so weiter läuft und Dean sich nicht weiter verstümmelt.“ „Na das erklär ihm mal“, schnaubte Sam mit einem traurigen Grinsen. „Das werde ich ihm schon erklären“, bestätigte der Arzt. „Wie soll das mit seinen Therapien laufen. Wenn wir nach Phoenix fahren wollen, sollten wir nicht erst zum Mittag los.“ „Wir klären morgen mit den Therapeuten, dass Dean nur noch aller zwei Tage Therapie hat. So langsam müssen wir euch dann ja auch auf seinen Auszug hier vorbereiten. Das heißt, wir müssen dich noch mehr mit einspannen, Sam.“ „Das sollte kein Problem sein!“, nickte der Winchester. Er würde alles tun, um hier endlich raus zu können. Bei Bobby, so hoffte er zumindest, wäre genügend Bekanntes um Deans Erinnerungen anzuregen und wenn das nicht half, hätte er wenigstens genug Beschäftigung und jemanden, der noch mit auf ihn achten würde. „Was ist mit Schwimmen? Wann können wir in die Halle? Die ist doch bestimmt auch für Therapien reserviert.“ „Das könntet ihr am Abend machen, wenn du dir zutraust es ihm beizubringen, oder zumindest seine ersten Versuche zu überwachen, denn ich denke, dass er es kann.“ „Ich bezweifle dass das Becken hier so tief ist, um zu ertrinken“, erwiderte Sam, „und selbst wenn. Ich kann schwimmen und ich kann ihm helfen.“ „Gut! Damit bekommst du ihn auch müde. Schläft er denn immer noch so wenig?“, erkundigte sich Oliver leise. „Drei, vier Stunden“, nickte Sam. „Gut, nein nicht gut, aber gut dass ich es weiß. Ich werde noch mal mit ihm darüber reden. Notfalls müssten wir ihm Medikamente geben. Hast du sonst noch Fragen?“ „Erstmal nicht, oder doch. Wie kann ich solche Ausbrüche wie vorhin verhindern?“ „Wahrscheinlich gar nicht. Du kannst nur versuchen ihn rundum müde zu machen, körperlich, geistig und seelisch. Geh weiter mit ihm den Schulstoff durch, nutzt den Fitnessraum und das Schwimmbad und sprich seine Sinne an.“ „Und versuche seinen Mittagsschlaf zu reduzieren.“ „Das ist leichter gesagt als getan“, seufzte Sam. Er war ja froh, dass Dean mittags schlief, da er das nachts kaum tat. Wo sollte er denn sonst die nötige Ruhe herbekommen? „Wenn du Hilfe brauchst, sag Bescheid.“ „Ich versuche es erstmal so.“ Der Winchester erhob sich und verließ das Büro. Medikamente zum Schlafen sollten die allerletzte Option bleiben. Auf dem Weg nach oben überlegte er, wie er das eben Gehörte umsetzen konnte. „Wo warst du?“, empfing ihn Dean in seinem Bett sitzend, neugierig aber emotionslos. „Bei Dr. Brewster. Wir haben über deine Therapien gesprochen.“ „Und?“ „Nix und. Deine Vormittagstherapien werden um die Hälfte gekürzt, dafür machen wir was anderes.“ „Und was? Mir ist langweilig!“ „Das muss ich mir noch überlegen“, erwiderte Sam ausweichend. „Aber morgen bleibt alles noch wie es ist. Und heute gehen wir nach dem Abendessen schwimmen. „Dafür muss ich nur noch Badehosen besorgen. Willst du mitkommen?“ Dean nickte und rutschte von seinem Bett, Alles war besser als hier nur zu sitzen. „Du kannst auch hierbleiben und die Prüfung machen.“ „Prüfung?“ „Ja. Du paukst wie ein Verrückter und ich wollte mal sehen, wie weit du bist. Bei welchen Themen müssen wir stärker üben und wo können wir weiter gehen“, erklärte Sam. Seit Tagen nutzte er ein Portal für Heimunterricht, um etwas Struktur in Deans Wissensdurst zu bekommen. Er war zwar der Überzeugung, dass es besser war Kinder in die Schule zu schicken anstatt sie Zuhause zu unterrichten, aber hier hatte es doch seinen Vorteil, dass es diese Art des Unterrichts gab. „Okay?“ „Und das heißt jetzt?“ „Ich komme mit einkaufen. Das hab ich noch nie gemacht.“ „Zumindest seit dem Unfall nicht“, bestätigte Sam leise. „Dann los.“ Zwei Stunden später kamen sie mit einigen Tüten bepackt wieder ins Zimmer. Dean ließ sich auf sein Bett fallen. „Das nächste Mal kannst du alleine gehen und ich schreibe die Prüfung!“ Sam verzog das Gesicht zu einem schmerzlichen Grinsen. „Das hat sich also nicht verändert.“ „Ich mochte einkaufen auch früher nicht?“ „Nein. Du bist schon immer ungern Kleidung kaufen gegangen.“ „Ist das schlimm? Sollte ich das mögen?“ „Nein, musst du nicht. Es gibt inzwischen Einkaufsmöglichkeiten im Internet. Das lässt sich nur hier nicht machen und nicht wenn man dringend etwas braucht.“ „Aber es wäre einfacher, wenn ich alles anders machen würde als früher.“ „Wie kommst du denn darauf?“, wollte Sam perplex wissen. „Du hast mal mit Oliver gesprochen, dass es schwer wäre, dass ich vieles so mache wie bevor ich das Gedächtnis verloren habe. Warum ist es schwer?“ Die Frage traf Sam wie ein kalter Waschlappen. Er ging langsam zu Deans Bett und setzte sich auf die Bettkante. Er überlegte. „Ich kenne dich mein ganzes Leben lang. Ich wusste was du magst und was nicht. Ich wusste oft was du denkst und manchmal lag ich vollkommen daneben. Du warst immer mein großer Bruder. Als Kind hab ich zu dir aufgesehen, dann hab ich dich als Weichei verachtet, weil du dich nicht von Dad trennen wolltest. Trotz seiner ganzen Fehler war er immer dein großes Vorbild und du wolltest so sein wie er. Seit seinem Tod hat sich das verändert. Wir wollten eigentlich so weiter machen wie mit ihm, doch dann erfuhren wir einiges, das an dem großen Helden gerüttelt hat und letztendlich haben wir uns entschieden unser eigenes Leben zu führen. Du warst lange Zeit der, der letztendlich gesagt hat, wo es hingehen sollte, obwohl du mich immer mehr mit eingebunden hast. Und gerade als wir uns zu gleichberechtigten Partnern entwickelt hatten, als wir beide entschieden hatten ein neues Leben zu beginnen, hattest du deinen Unfall. Es ist schwer für mich, dass ein fremder Mensch, denn genau das bist du jetzt, in meinem Bruder steckt. Du hast so viel für Dad aufgegeben. Er hat das aus dir gemacht, was er haben wollte und ich will nicht wieder so eine Marionette aus dir machen. Ich will, dass du dich selbst findest, dass du du bist. Und das ist trotz dieses Vorsatzes nicht so ganz einfach für mich.“ „Warum sagst du mir dann nicht einfach: Das hast du so und so gemacht. Ich würde es doch tun.“ „Klar, ich kann dir sagen, dass du dein Auto liebst und Burger und Sex mit verspielten Frauen. Dass du es liebst mich zu ärgern, wie es große Brüder nun mal tun. Leider hilft uns das hier gerade so gar nicht weiter. Du kannst nicht Auto fahren und du weißt auch nicht was Sex ist. Einen Burger kann ich dir besorgen nur was, wenn er dir nicht schmeckt, wenn du ihn nicht magst? Isst du ihn dann weil ich gesagt habe, dass du ihn früher mochtest? Nein! Ich will nicht, dass du wirst, wie jemand ... wie ich dich will, auch wenn es natürlich verlockend ist. Ich will dir die Chance geben, dich selbst zu finden. Ich meine, ich hoffe, dass deine Erinnerungen zurückkommen, aber wenn nicht, sollst du der Mensch werden, der du von Anfang an hättest sein können. Wir waren gerade dabei uns und unser Leben zu ändern. So ist es für dich wahrscheinlich einfacher. Auch wenn ich mich damit schwer tue.“ „Das muss ich nicht verstehen, oder?“ „Nein. Ich verstehe es ja selber nicht, wenn ich mir zuhöre.“ Dean schaute zu Sam. Der sah traurig aus, wenn er sein Gesicht richtig deutete. Müsste er jetzt etwas sagen? Etwas tun? Wenn ja, wie? Im Moment fühlte er sich damit überfordert also ging er zu dem über, was er kannte. „Und was tun wir jetzt?“ „Jetzt könnten wir rausgehen, oder du gehst die Prüfungsunterlagen durch. Je schneller du wieder auf dem Wissensstand eines normalen Erwachsenen bist, umso schneller kannst du ein selbstständiges, eigenes Leben anpacken.“ „Du hast gesagt, dass wir unser Leben ändern wollten.“ „Ja, wie ich dir schon erzählt habe, sind wir genauso unstet von Ort zu Ort gezogen wie mit Dad und wir wollten endlich sesshaft werden.“ „Und was dann?“ „Wir haben mal hier mal da gearbeitet. Jetzt wollten ich versuchen mir endlich meinen Traum zu erfüllen und Jura studieren. Du wusstest noch nicht so recht wohin dein Weg gehen sollte. Du hattest die Feuerwehr im Auge. Du könntest aber auch bei Bobby an Autos schrauben oder als Handwerker auf dem Bau dein Geld verdienen.“ Dean nickte nur. Ihm sagte weder das eine noch das andere etwas und er nahm sich vor, Sam darum zu bitten ihm das Internet zu erklären. So wie der sich darauf stürzte, würde es ihm wohl am ehesten seine Fragen beantworten, was ein Feuerwehrmann oder ein Bauarbeiter machten und dann konnte er auch mit Sam reden, warum er gerade diese Berufe ausgesucht hatte. Aber dazu würde er erst mehr lernen müssen! Er nickte gedankenverloren. Langsam zog er sich die Blätter heran, die Sam ihm als Prüfung ausgedruckt hatte und begann sie zu lösen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)