Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 230: Der erste Ausflug ------------------------------ 230) Ein erster Ausflug Schwester Ireen holte das Tablett wieder ab. Lächelnd musterte sie den jungen Mann, dann schaute sie zu seinem Bruder. „Wir haben noch einen Teller übrig. Haben Sie Hunger?“, fragte sie Sam. „Vielen Dank, aber nein. Ich hab mir vorhin schon was mitgebracht.“ Er konnte ihr ja schlecht sagen, dass er den Teller geleert hatte. „Okay.“ Sie überlegte kurz. „Ich werde mal mit meinen Kolleginnen reden, dass wir zuletzt zu ihnen kommen, dann wissen wir, ob Essen übrig bleiben und Sie können mit ihrem Bruder zusammen essen.“ Es passiert ja immer mal, dass Patienten am Vormittag entlassen wurden oder zu längeren Untersuchungen waren und die Küche die veränderten Bestellungen nicht mehr umsetzte. „Gerne. Aber ich will Ihnen keine Umstände machen.“ „Das sind keine Umstände“, lächelte sie. „Dann gerne“ Schwungvoll verschwand sie durch die Tür. Und genauso schwungvoll wurde die Tür wenig später, nach einem kurzen Klopfen, auf das Sam noch nicht einmal antworten konnte, wieder geöffnet. „Dr. Baral“, freute er sich und schaute zu Dean, der ziemlich verschlafen blinzelte. „Oh, ich wollte Sie nicht wecken, ich ...“ „Nein, alles gut!“, entgegnete der ältere Winchester und setzte sich aufrecht hin. „Sie wollen hier mal raus?“, fragte sie eher rhetorisch. „Ja, ich … mir ist langweilig.“ „Dann will ich Sie mir mal schnell ansehen.“ Sie tastete die gebrochenen Rippen ab, kontrollierte die Schulter und das Becken und leuchtete ihm in die Augen, nachdem sie sich auch die angebrochene Nase angeschaut hatte. Zuletzt kontrollierte sie noch die Stelle, an der der Schlauch in seinen Kopf geführt worden war. „Das sieht alles gut aus, einem Ausflug auf die Dachterrasse sollte nichts im Weg stehen. Oder Ihr Bruder nimmt Sie auf einen seiner Spaziergänge mit, aber Sie bleiben bis auf Weiteres im Rollstuhl sitzen!“, fügte sie mahnend hinzu als sie sah wie Dean an den Rand seines Bettes rutschte. „Und Sie setzen sich eine Mütze auf. Wir wollen nichts riskieren.“ „Wie lange muss ich in den Rollstuhl?“, fragte der Ältere auch sofort. Er konnte zwar noch nicht wieder laufen, aber man wusste ja nie. „Mindestens bis Sie den Gips los sind.“ „Welchen?“ „Den an Ihrem Bein!“ „Okay“, lenkte der Winchester kleinlaut ein. Sam hatte das kleine Geplänkel mit äußerlicher Ruhe verfolgt. Jetzt konnte er nicht mehr ernst bleiben und grinste breit. „Wenn er aufsteht, kann ich ihn ja stehen lassen“, warf er ein. „Besser nicht. So niedliche Welpen sollte man nicht aussetzen. Wer weiß, wer ihn mitnimmt.“ „Niedlich?“, fragte Sam erstaunt. Er wusste zwar, dass einige der Schwestern auf seinen Bruder standen, dass aber auch Dr. Baral in seinem Fanclub war, hatte er nicht gedacht. „Niedlich“, bestätigte sie und verließ das Zimmer nicht jedoch, ohne den mitgebrachten Rollstuhl vorher in den Raum geschoben zu haben. „Was ist niedlich?“, fragte Dean seinen Bruder, als der ihn in das Gefährt setzte und ihm half das eingegipste Bein auf die Schiene zu legen. „Du, wenn man Dr. Baral glauben darf.“ Sam schüttelt den Kopf. „Darf man ihr nicht glauben?“ „Manchmal scheinbar nicht!“, grinste Sam, wurde dann aber wieder ernst. „Niedlich. Etwas dass süß ist, angenehm. Etwas das man sofort mag, das ist niedlich. Katzenvideos sind niedlich. Hundewelpen sind niedlich, oder kleine Kinder. Ich weiß nicht ob ein Mann niedlich sein kann. Da musst du eine Frau fragen!“ „Okay“, nickte Dean. Langsam schob Sam seinen Bruder zu den Fahrstühlen. Neugierig schaute Dean sich um, schließlich kannte er bisher ja nur sein Zimmer. „Was ist das?“, wollte er wissen und zeigte auf ein Bild an der Wand. „Das ist ein Bild von einem Gemälde. Das ist ziemlich wertvoll. Es heißt Der Schrei und wurde von Edvard Munch gemalt.“ „Und das?“, Dean deutete auf ein anderes Bild. „Sonnenblumen von van Gogh und das daneben heißt Sternennacht.“ Hatte das jetzt einen höheren Sinn, dass genau diese Maler in der neurologischen Abteilung hingen? Sam wollte lieber nicht näher darüber nachdenken. „Drück mal auf den Knopf nach oben“, bat er seinen Bruder, kaum dass sie vor dem Aufzug standen. Erstmal würde er sie nur auf die Dachterrasse bringen. Die kannte er auch noch nicht und sie wären schnell wieder im Zimmer sollte es Dean zu viel werden. Außerdem hoffte er, dass da nicht so viele Menschen waren, wie auf der Straße. Oben angekommen schauten sich die Brüder erstaunt um. Sam weil er nicht erwartet hatte hier eine echte Sonnenterrasse zu finden und Dean, weil er sich nicht erinnern konnte je so viel von der Welt gesehen zu haben. Er blinzelte zu seinem Bruder. „Ist das immer so?“ „Was?“ „Das Licht und der Platz, die Weite. Irgendwie hatte ich mir das mit mehr Grün vorgestellt.“ Sam musterte seinen Bruder. Hatte er doch Erinnerungen oder woher wusste er das mit dem Grün. Doch dann fiel ihm ein, dass sie bisher eher Filme und Reportagen gesehen hatten, die in den gemäßigteren Breiten dieser Welt angesiedelt waren. „Die Erde hat viele Gesichter“, erklärte er dann. „Hier ist sie eher braun und warm.“ Dean nickte. Er legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Sam machte es sich auf einem der Liegestühle bequem. Eine Weile beobachtete er seinen Bruder. Verstand Dean genau was er sagte oder nahm er solche Äußerungen einfach hin? Konnte Dean mit den Satz „Die Erde hat viele Gesichter“ überhaupt etwas anfangen? Während er die Augen schloss, nahm er sich vor Dean danach zu fragen. Auf dem Parkplatz vor dem Krankenhaus hupte ein Wagen und Sam schreckte hoch. Er stand auf und schaute über die Brüstung. Den Grund des Hupens konnte er aber nicht entdecken. Auch Dean hatte sich etwas aufrechter hingesetzt. Seinen Rippen war diese Haltung nicht gerade gut bekommen, aber er fühlte sich hier oben so viel besser, dass er lieber nichts sagen wollte. „Wir sollten wieder zurück ins Zimmer gehen“, sagte Sam nach einem etwas intensiveren Blick in Deans Gesicht. „Ich ... mir geht‛s gut“, wehrte der schnell ab. „Noch, ja. Aber die Sonne ist ganz schön intensiv und ich will nicht, dass wir einen Sonnenbrand bekommen.“ „Was ist das?“ „Rote Haut, die sich heiß anfühlt und weh tut. Sie juckt und dann schält sie sich. Sehr unangenehm. Ich bring dich runter und werde mal sehen, ob ich etwas dagegen bekomme. Und morgen gehen wir wieder hier hoch.“ „Versprochen?“ „Ganz fest versprochen!“ Trotz dieses Versprechens sah Dean auf dem Weg zurück in sein Krankenzimmer aus wie ein Welpe, dem man den Lieblingsknochen weggenommen hatte. Als Sam jedoch sah wie schnell sein Bruder eingeschlafen war, kaum dass er im Bett lag, wusste er dass seine Entscheidung richtig gewesen war. Dieser Ausflug hatte seinem Bruder jede Menge neuer Eindrücke gebracht und die musste er jetzt verarbeiten. Er stellte den Rollstuhl in eine Ecke und ging in den kleinen Kiosk im Erdgeschoss. Vielleicht bekam er ja Sonnencreme. Seine Hoffnung wurde enttäuscht. Also fuhr er schnell in den Supermarkt einkaufen. Als er ins Krankenhaus zurück kam, traf er an der Anmeldung auf Sheriff Hanscum und ihre Tochter. „Sheriff“, begrüßte er sie freudig. „Sam hallo. Meine Tochter Gabriella kennst du ja noch.“ „Ja, natürlich. Hallo Gabriella.“ „Gabby!“ „Wie geht es deinem Bruder?“, wollte Donna wissen. „Es geht. Er hat noch immer Amnesie und kann auch sonst noch nicht viel. Mit den Verletzungen ist er noch die meiste Zeit ans Bett gefesselt.“ „Das tut mir leid. Ich ...“ „Mach dir mal keine Vorwürfe. Wir waren schon an dem Vieh dran bevor wir dich trafen.“ „Trotzdem mache ich mir Vorwürfe. Ich hätte das schon lange erledigt haben können.“ „Woher solltest du wissen, dass es so ausartet?“ „Das ist doch egal! Ich bin Sheriff! Ihr habt mir eine große Last abgenommen! Wir wollten euch eigentlich besuchen kommen, aber wenn es ihm noch nicht so gut geht...“ „Ihr könnt gerne kommen. Dean freut sich immer über Neues.“ „Okay“, nickte der Sheriff. „Aber wir bleiben nicht lange.“ Gemeinsam gingen sie zum Fahrstuhl und fuhren nach oben. Sam betrat das Zimmer als Erster. Er ging zu seinem Bruder und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Dean? Du hast Besuch.“ „Lass ihn doch schlafen. Er wird es brauchen“, wehrte Donna ab. „Hmm...?“, brummte Dean und blinzelte. „Du hast Besuch.“ Der ältere Winchester blinzelte noch einmal, dann setzte er sich auf und schaute fragend zwischen dem Sheriff und ihrer Tochter hin und her. „Hallo, ich bin Sheriff Donna Hanscum und das ist meine Tochter Gabriella. Wir wollten mal schauen, wie es euch geht?“ „Und danke sagen, dass ihr euch um dieses tollwütige Vieh gekümmert habt“, fügte Gabby schüchtern an. „Gern geschehen.“ Dean lächelte verlegen. „Auch wenn ich mich daran, außer an das was mein Bruder mir erzählt hat, nicht erinnern kann.“ Er drehte sich etwas mehr zu ihr und verzog sofort das Gesicht, weil seine Rippen ihm diese unbedachte Bewegung übel nahmen. Vorsichtig holte er tief Luft. „Wollen sie sich nicht setzen?“ fragend sah er vom Sheriff zu Gabby. „Gerne“ Sie holte sich einen Stuhl und ihre Tochter hockte sich zu Deans Füßen auf sein Bett. Schon bald unterhielten sie sich über Alltägliches. Das heißt der Sheriff und Sam erzählten, Gabriella warf hin und wieder eine Bemerkung mit ein und Dean hörte aufmerksam zu. Nur hin und wieder, wenn er etwas überhaupt nicht verstand, stellte er eine Frage. Eine Stunde später konnte der Ältere seine Augen kaum noch offen halten. „Wir müssen los“, erklärte Sheriff Hanscum abrupt. Gabriella schaute ihre Mutter verdattert an. Jetzt wo sie sich so gut unterhielten. Doch dann sah sie, dass Dean kurz davor war einzuschlafen. „Darf ich wieder kommen?“, fragte sie. „Klar“, nuschelte Dean bevor ihm die Augen endgültig zufielen. Noch im Einschlafen hörte er wie Gabby ein leises: „Der ist so niedlich“, zu ihrer Mutter wisperte. „Wir kommen wirklich wieder“, drohte Donna Sam lachend. „Aber gerne doch!“, freute der sich und seufzte leise, kaum dass die Tür ins Schloss gefallen war. Der Besuch hatte ihm wirklich gut getan. Schnell räumte er seine Einkäufe weg, die er eben nur neben der Tür abgeladen hatte und setzte sich wieder an seine Datenbank, die langsam immer größer wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)