Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 228: Eine Geschichte ---------------------------- 228) Eine Geschichte Dr. Brewster wartete geduldig, bis Sam sich wieder gefangen hatte. Er wusste, dass das, was da auf den jungen Mann einprasselte im Moment viel zu viel war. Ihm waren Angehörige, die mit Tränen oder einfach nur wütend reagierten viel lieber als die, die ihre Gefühle in sich hineinfraßen und irgendwann im falschen Augenblick explodierten. „Und jetzt? Wie soll es denn jetzt weiter gehen?“, fragte Sam leise schniefend, nachdem er sich halbwegs gefangen hatte. Dieser Gefühlsausbruch war ihm peinlich, doch es hatte ihn gerade einfach überrollt. „Jetzt versuchen wir alle an einem Strang zu ziehen. Auf Ihnen wird die Hauptlast liegen, aber die Therapeuten und ich werden Ihnen immer zur Seite stehen. Sie können jederzeit fragen. Am Besten behandeln Sie ihn ganz normal. Er wird früh genug selbst merken, dass etwas falsch ist und es ist eher kontraproduktiv wenn er sich zu sehr unter Druck setzt.“ Sam nickte unsicher. Er wusste nicht, ob er das konnte, aber ihm blieb da wohl keine Wahl, oder? „Können wir dann wenigstens das „Sie“ lassen? Es würde mir helfen.“ „Oliver“, nickte der Arzt und hielt dem Winchester die Hand hin. „Danke. Kann ich jetzt zu Dean?“ „Aber klar, kommen S... Komm.“ Vorn, gleich hinter dem Eingang der neurologischen Station und vor Dr. Brewsters Büro, gab es eine Toilette. „Kann ich schnell?“, fragte Sam etwas schüchtern und deutete auf die Tür. Er war ja schon froh, dass ihnen nicht gerade jetzt jemand entgegen gekommen war. Aber so wollte er wirklich nicht zu Dean. „Klar. Ich warte.“ Er hätte Sam ja gerne eine ruhigere Toilette angeboten, nur gab es in seinem Büro keine, wozu auch. „Okay, jetzt können wir“, sagte Sam wenige Minuten später und schloss die Tür hinter sich. Er hatte sich schnell ein paar Hände voll Wasser ins Gesicht geworfen. Das machte es zwar nicht wirklich besser, aber er fühlte sich nicht mehr so wie auf dem Präsentierteller. „Hier ist es“, sagte Oliver und öffnete die letzte Tür auf der rechten Seite. „Am Ende des Ganges ist also nicht der Golf von Bengalen“, versuchte Sam einen lahmen Witz. „Nicht nur.“ Dr. Brewster trat in den Raum. Sam folgte ihm. Sein Blick fiel als Erstes auf das Bett. „Dean schläft“, stellte er das Offensichtliche leise fest, registrierte aber auch, dass er nur noch einen Verband um den Kopf trug und dieser auf einem Kissen ruhte. Sonst hatte sich nicht viel geändert. Sein Bruder wurde noch immer überwacht und es gab auch noch immer eine Atemunterstützung. Was ihn jedoch wunderte war das zweite Bett, das an der gegenüberliegenden Wand stand. „Ist das ein Zweibettzimmer?“ „Jetzt ja. Ich denke es ist für die Genesung des Patienten wichtig, dass die Bezugsperson in seiner Nähe ist.“ Er lächelte Sam an. Der Winchester schaute eine Weile etwas ratlos zwischen dem Bett, Dean und Oliver hin und her. Dann erhellte sich seine Mine schlagartig. „Das heißt, ich darf hierbleiben? Tag und Nacht? Ich muss nicht mehr ins Motel?“, sprudelte es aus ihm heraus. „Genau das sollte es heißen. Gut, ein paar Abstriche müssen ... musst du machen. Essen gibt es nur für ihn. Aber wenn du dich mit den Schwestern gut stellst ...?“ „Das ich hier schlafen darf, ist schon mehr als ich je erwartet hätte“, wehrte Sam sofort ab. Dieses Angebot war wie ein Lichtstrahl in finsterster Nacht. „Du kannst dich hier einrichten. Internet aber bitte nur über Kabel.“ Dr. Brewster deutete auf den Kanal an der Wand. „Alles klar. Danke!“ „Das Beste wäre wohl, wenn du deine Sachen gleich holst. Noch schläft er.“ „Aber wenn er wach wird?“ „Die Untersuchungen haben ihn ziemlich mitgenommen. Je länger du es rauszögerst, um so schwerer wird es werden sich loszueisen.“ „Schon“, seufzte Sam. Irgendwie wollte er sich noch nicht wieder von Dean trennen, auch wenn der ihn ja nicht einmal mehr erkannte. Er wollte da sein, wenn sein Bruder wach wurde. Er wollte ihm Sicherheit geben. „Ich muss los“, sagte Oliver und deutete zur Tür. „Wenn du Fragen hast, du weißt wo du mich findest.“ „Ja, danke!“ Sam lächelte den Arzt nur kurz an und wandte seine Aufmerksamkeit gleich wieder seinem Bruder zu. Eine Weile stand er noch neben dem Bett, bevor er sich endlich einen Ruck geben konnte, um das Zimmer wieder zu verlassen. So ganz wollte er seinem Glück noch nicht glauben. Dass er wirklich hierbleiben durfte, war so unwahrscheinlich. Selbst vor zwei Jahren musste er zum Schlafen ins Motel fahren. Aber damals war auch Bobby die ganze Zeit da gewesen und damals standen die Chancen für seinen Bruder weitaus schlechter, irgendwie. Jetzt war Deans Leben an sich zwar nicht mehr bedroht, aber so wie es gerade aussah, hatte er seinen Bruder trotzdem verloren. Unwirsch schüttelte er den Kopf. Irgendwie würde es auch jetzt weitergehen! „Ich bin nicht lange weg“, sagte er leise und wandte sich nun endlich zum Gehen. Leise schloss er die Tür und rannte dann, wie von Furien gehetzt durch den Gang, die Treppen hinunter und zum Parkplatz. Keine Stunde später kam er bepackt mit Reisetasche und Laptop in der rechten und einem Tablett mit einem Becher Kaffee und einer Schüssel Salat in der linken Hand zurück. So schnell hatte er wohl noch nie ein Zimmer geräumt, wenn er nicht gerade wirklich auf der Flucht war. Er schob das Tablett auf den kleinen Tisch, legte den Laptop daneben und ließ die Reisetasche zu Boden fallen. Leise atmete er durch und grinste. Dean schlief noch. „Bin wieder da“, informierte er ihn trotzdem. Er warf seine Jacke auf sein Bett, nahm sich den Kaffee und setzte sich erst einmal auf den Stuhl neben Dean. Es hielt ihn nicht lange da. Jetzt, wo er doch jede Zeit der Welt hätte, erfasste ihn eine Unruhe, die er nur durch Bewegung bekämpfen konnte. Also räumte er seine Kleidung in den kleinen Schrank, stöpselte den Laptop an das hausinterne Internet und fuhr ihn hoch. Unschlüssig stand er einen Augenblick mitten im Raum und überlegte. Sollte er sich zu Dean setzen? Dann würden seine Gedanken Achterbahn fahren und sämtliche schlechte Szenarien, die seit Dr. Brewsters Eröffnung in ihm rumorten, endgültig hochkochen. Genau die wollte er aber nicht! Blieb nur, sich irgendwie anderweitig zu beschäftigen! Schnell zog er die Decke über Deans Körper etwas höher, warf einen kurzen Blick auf den Monitor und setzte sich hinter seinen Laptop. Arbeit war noch immer die beste Ablenkung. Leise klapperte auf dem Gang Geschirr aneinander, als Dean die Augen aufschlug. Neugierig schaute er sich um. Der Raum war in ein mildes Licht gehüllt. Vor den Fenstern waren Jalousien, die das grelle Sonnenlicht aussperrten. Neben ihm stand ein Monitor mit zuckenden grünen Linien darauf. Es piepste leise. Am Tisch neben dem Fenster saß der jungen Mann, der an irgendetwas arbeitete. Drei Kaffeebecher standen auf dem Tisch. Sein Hals fühlte sich trocken und kratzig an, aber das war noch nicht so schlimm. Er wollte die Stille nicht unterbrechen. Es war schön einfach nur dazuliegen und dem Klappern der Tasten zu lauschen. Das Geräusch hinterließ ein gutes Gefühl in seinem Inneren. Sam klappte seinen Laptop herunter. Sein Magen meldete sich knurrend. Seitdem er den Salat gegessen hatte, waren auch schon wieder Stunden vergangen und das Klappern auf dem Gang tat Kund, dass es Zeit fürs Abendessen war. Er stand auf und streckte sich. Sein Blick huschte zu Dean hinüber. Er stockte. Große, grüne Augen sahen ihn an. „Wie lange bist du schon wach? Und warum hast du nichts gesagt?“ Dean überlegte kurz. „Es war nicht so wichtig. Ich wollte nicht stören.“ „Das du wach bist, ist das Wichtigste überhaupt in diesem Raum“, blaffte Sam. Deans Augen weiteten sich kurz, doch er schwieg und schaute ihn nur weiter an. Unter den wachsamen Augen seines Bruders, begann Sam sich unbehaglich zu fühlen. „Sagst du mir jetzt wer du bist?“ fragte Dean in die sich ausbreitende Stille. Jetzt weiteten sich Sams Augen. „Sam“ krächzte er. „Ich bin dein Bruder, Sam.“ „Sam“ erwiderte Dean leise. Und wieder schien er in sich hinein zu hören. „Sam“, erklärte der Jüngere jetzt mit fester Stimme, „und dein Name ist Dean. Dean Winchester. Du bist 32, seit ein paar Monaten. 4 Jahre älter als ich. Wir wurden in Lawrence, Kansas geboren.“ Dean hörte aufmerksam zu. Wieder lauschte er in sich hinein. Doch es kam kein Echo auf Sams Worte. Sam trat an das Bett seines Bruders und wartete. Vielleicht hatte er Fragen. Sein Bruder musste doch neugierig sein! Er musste ihn doch über ihr Leben ausfragen, über ihre Eltern! Oder? Hastig überlegte er was er sagen könnte. „Kann ich was zu trinken haben?“ Sams Kinnlade klappte nach unten. Als er es bemerkte grinste er verlegen. Mit jeder Frage hätte er gerechnet, an so etwas Profanes wie Trinken hatte er nicht gedacht. „Klar! Irgendwelche Wünsche?“ „Ich ... was mag ich?“ „Bier“ grinste Sam noch breiter. „Aber das werden sie dir hier wohl nicht genehmigen. Tee könnte ich anbieten.“ „Tee?“ Sam nickte verlegen und verschwand. Gleich darauf kam er mit einer Thermosflasche und einem Becher zurück. Er goss etwas Tee in den Becher, schob seine Hand unter Deans Rücken und half ihm sich aufzurichten, bevor er ihm den Becher an die Lippen setzte. Er musste den Becher einmal nachfüllen, bevor Dean sich zurücklehnte und somit signalisierte, dass er genug hatte. Sanft ließ Sam ihn wieder in die Kissen sinken. „Wie ist das passiert?“ fragte der Ältere deutete auf seine Hand und ließ den Blick langsam zu seinem Bein gleiten. Sam stellte den Becher zu Seite. Die Geschichte für Dean hatte er sich schon überlegt. Sie war nicht ganz logisch, aber sie würde alles erklären. „Wenn du etwas nicht verstehst, etwas nicht weißt, sag Bescheid, ja?“ Dean zog die Augenbrauen zusammen, nickte aber kurz. „Wir wollten auf dem Zeltplatz hier in der Nähe übernachten und haben Holz für ein Feuer gesucht. Im Wald haben wir Hilferufe gehört und sind ihnen nachgegangen. Der Sheriff ist von einem tollwütigen Kojoten angefallen worden. Sie konnte ihn abwehren und er lief weg. Sie war auf der Suche nach ihm, weil er schon mehrere Menschen hier angefallen hatte, aber bis dahin nicht erschossen werden konnte. Wir halfen ihr und fanden erst die Spur und dann auch diesen Kojoten, aber das Vieh hat sich in eine alte Mine geflüchtet. Der Sheriff konnte da nicht rein, weil sie verletzt war, also haben wir es gemacht. Wir sind in die Mine gegangen und haben den Kojoten erschossen. Leider war die Mine sehr instabil und brach zusammen. Du konntest mir noch genug Schwung geben, damit ich es heil nach draußen schaffte, aber du bist verschüttet worden. Wir haben eine Weile gebraucht, bis wir dich bergen konnten.“ Aufmerksam musterte Sam seinen Bruder. Kaufte er ihm diese Geschichte ab? „Was ist tollwütig?“, wollte Dean wissen. „Eine schlimme Krankheit. Wenn sie erst ausgebrochen ist kann man sie nicht mehr heilen. Mensch oder Tier, fast alle sterben daran.“ „Dem Sheriff geht es gut?“ „Ja, sie ist okay. Das Vieh hatte ihrer und ein paar ihrer Freunde vor ein paar Tagen angefallen. Sie wollte es endlich erlegen. Den Kindern und dem Sheriff geht es gut. Sie haben sich immer mal wieder nach dir erkundigt.“ „Was ist eine Mine?“ „Eine Art Tunnel in einen Berg, den man gräbt, wenn man Erze abbauen will, oder Kohle.“ „Hast du noch was zu trinken?“ Dean schien die Erklärung einfach so hinzunehmen, genau wie die Geschichte. Sam nickte und füllte den Becher noch einmal. Wieder half er seinem Bruder sich aufzurichten und hielt den Becher. Dean trank mit großen Schlucken. Dann ließ er sich ins Kissen fallen, er war schon wieder hundemüde. Immer wieder blinzelte er. „Schlaf dich gesund“, sagte Sam leise und zog die Decke wieder etwas höher. Er wartete, bis Dean eingeschlafen war, bevor er das Zimmer leise verließ und nach Dr. Brewster suchte, um ihm von der neuesten Entwicklung zu erzählen. Außerdem wollte er endlich etwas essen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)