Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 226: Offene Augen ------------------------- 226) Offene Augen Eine Weile lauschte er dem Schnaufen und Zischen des Beatmungsgerätes, dann schüttelte der den Kopf. Hier waren nur Dean und er. „Mit dem Jäger-Journal bin ich zumindest soweit, dass ich jetzt alles nur noch abschreiben und unsere Fälle kopieren muss. Einige habe ich ja schon auf meinem Laptop in Dateien. Die muss ich nur übertragen“, er grinste, "So hatten die Stunden, in denen ich nicht hier sein durfte wenigstens etwas gutes. Ich weiß allerdings noch immer nicht, wie die Seite mal heißen soll. Jäger-Journal ist zu allgemein. Da kommt wohl auch jeder normale Jäger mal drauf und ich überlege noch, wie ich die Zeichnungen digitalisieren soll. Dad hat die ja oft mitten in den Text gepackt“, begann Sam zu erzählen und berichtete dann, als ihm zu dem Thema nichts mehr einfiel davon, dass es draußen immer heißer und drückender wurde. Er erzählte vom Abschied von Bobby und Jody und landete irgendwann bei einigen Anekdoten seines Studentenlebens, die Dean noch nicht kannte. Pooh-Bär wollte er ihm, jetzt wo die Möglichkeit bestand, dass Dean aufwachen konnte, nicht unbedingt erzählen. Gegen Morgen begann Dean unruhig zu werden. Sofort war Sam wieder hellwach. Er richtete sich auf und zog den Stuhl noch näher an das Bett. „Dean? Komm zurück. Ich bin hier und … Egal wie nervig du dann bist, weil du noch nicht aufstehen darfst und überhaupt … Mach die Augen auf und nerv mich. Ich werde es klaglos ertragen!“ „Na wenn das kein Angebot ist“, lachte Dr. Brewster. Der Winchester zuckte erschrocken zusammen. „Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt hab." „Schon okay.“ „Wie geht es Ihnen?“, erkundigte sich der Arzt. „Wie geht es ihm, das ist wichtiger, denke ich“, entgegnete Sam etwas harscher als beabsichtigt. Dr. Brewster musterte Sam kurz, dann schaute er auf die Monitore. „Die Narkosemittel sind aus seinem Kreislauf raus.“ „Woran sehen Sie das?“ Dr. Brewster deutete auf einen der Monitore. „Hier wird seine Gehirnaktivität angezeigt. Es ist viel aktiver als noch gestern Abend.“ „Aber er ist noch nicht aufgewacht.“ „Das Gehirn ist auch im Schlaf aktiv.“ „Er träumt also?“, für einen Augenblick stolperte Sams Herz. Lag Dean doch wieder im Koma, so wie damals? Wollte er nicht aufwachen? War er wieder bei Mom? Die Vorzeichen jetzt waren andere, aber … Mühsam schluckte er seine Ängste herunter und konzentrierte sich wieder auf den Arzt. „... wir werden gleich versuchen die künstliche Beatmung einzustellen.“ Sam nickte. Da hatte er wohl die Antwort auf seine Frage verpasst. Er schluckte und versuchte sich auf den Arzt zu konzentrieren. Einerseits wollte er nicht noch eine wichtige Information überhören, andererseits hoffte er so seine Ängste verdrängen zu können. „Kann ich hierbleiben?“, fragte er leise. „Wenn Sie uns nicht im Weg stehen.“ „Bestimmt nicht!“ Dr. Brewster lächelte kurz. Sein Blick wanderte von dem einen Bruder zum anderen und er fragte sich was da noch zwischen ihnen war. Gut, Dean hatte Sam, nach dessen eigenen Worten, aufgezogen, was er schon merkwürdig fand, immerhin war er nicht so viel älter, aber trotzdem waren beide inzwischen erwachsen und da ging man doch eigentlich eigene Wege, oder? Zumindest war das bei allen, die er kannte so. Aber so sehr es ihn auch wunderte, so sehr bewunderte er diesen Zusammenhalt auch. Zu seinem Geschwistern hatte er weniger Kontakt als er es sich wünschte. Die hereinkommenden Ärzte und Schwestern beendeten seine Überlegungen vorerst. Sam verzog sich ohne ein weiteres Wort in die Ecke am Fenster, von wo aus er, dank seiner Größe, so ziemlich alles mitbekommen konnte, was sie mit Dean anstellten. Er schaute zu, wie alle, die um das Bett standen, gebannt auf seinen Bruder starrten und wie einer der Pfleger die Beatmungsmaschine abstellte. Dieser eine Mann hielt seinen Blick auf seine Uhr gerichtet. Gebannt starrte auch Sam auf den Brustkorb seines Bruders. ‚Bitte Dean, atme‘, flehte er stumm, doch nichts passierte. Stunden schienen zu vergehen und auch die Ärzte wurden langsam unruhig. Würden sie den Versuch abbrechen? Sam wusste es nicht, doch er hoffte noch immer, dass sie es nicht tun mussten. Plötzlich hob sich Deans Brustkorb und Sam atmete ebenfalls wieder ein. Die Ärzte warteten noch fünf Minuten. „Gut, befreien wir ihn von dem Schlauch“, sagte einer der Ärzte. Sie warteten noch ein paar Minuten, dann verließ der Tross das kleine Zimmer. Dr. Brwester tat zu Sam. „Er hat die nächste Hürde genommen. Das ist gut!“, erklärte er lächelnd und drückte Sam eine kleines Pumpspray in die Hand. „Wenn er wach wird, wird er einen trockenen Mund haben, dann können Sie ihm das geben. Ein kurzer Stoß! Nur leicht anfeuchten! Auf keinen Fall soll er schlucken!“, erklärte der Arzt eindringlich. „Warum nicht?“ „Wir wollen erst sicher sein, dass sein Schluckreflex intakt ist. Bei einem Schädel-Hirn-Trauma müssen wir mit Allem rechnen und auch das Intubieren kann problematisch sein. Nichts wäre schlimmer als wenn er jetzt Wasser in die Lunge bekommen würde. Wir wollen einfach sicher gehen.“ Sam nickte. Auch er wollte nichts riskieren, was Deans Genesung behindern konnte. Gegen Mittag öffnete Dean zum ersten Mal, seit er verschüttet worden war, die Augen. Er blinzelte nur kurz in das grelle Licht der Neonleuchten und war gleich darauf wieder eingeschlafen. Für Sam war das der wohl schönste Augenblick seit Wochen. Sanft strich er immer wieder über Deans Hand und versuchte seiner überschäumenden Freude Herr zu werden. Klar würde wohl noch das Eine oder Andere auf sie zukommen. Deans Knochen waren noch nicht ausgeheilt und er würde wohl auch noch hier bleiben müssen, vielleicht auch noch eine Weile im Bett, doch das war egal. Dean war wach. Er hatte auch diesen Schlag weggesteckt! Jetzt wollte er einfach nur noch nach vorn blicken! Das neue Leben wartete! Eine Schwester schaute mal wieder kurz in den Raum. Eigentlich musste sie hier nichts kontrollieren, der junge Mann am Bett würde schon Alarm schlagen. Der Anblick dieses jungen Mannes, der sich durch nichts entmutigen ließ und immer noch am Bett seines Bruders ausharrte, hinterließ jedoch ein so tolles Gefühl, dass sie nicht anders konnte, als immer wieder hier hereinschaute. „Kann ich mir einen Kaffee holen?“, fragte Sam sie dieses Mal. „Ich kann Ihnen einen von uns bringen“, bot sie ihm an. „Das ist nett und ich komme bestimmt darauf zurück, aber jetzt würde ich mir gerne ein bisschen die Beine vertreten. Ich hab das Gefühl hier langsam anzuwachsen.“ „Gehen Sie ruhig. Wenn Sie wiederkommen, klingeln sie zweimal kurz. Ich lasse sie dann so rein.“ Sie zwinkerte ihm verschwörerisch zu. „Auch mit Kaffee?“ „Auch mit Kaffee.“ „Danke“, Sam schenkte ihr ein warmes, leicht verunglücktes Lächeln, denn er musste gähnen. Er warf einen kurzen Blick auf seinen schlafenden Bruder und stakste mit steifen Beinen zur Tür. „Ich weiß dass Sie meinem Rat nicht folgen werden, ich muss ihn Ihnen aber trotzdem geben“, begann sie und legte ihm ihre Hand auf den Arm. „Fahren Sie nach Hause und schlafen Sie sich aus.“ „Sollte ich, hm? Aber ich kann, ich will ihn nicht alleine lassen. Nicht jetzt.“ „Das dachte ich mir“, nickte sie und machte den Weg frei. Über eine Stunde später kam Sam mit einem Becher Kaffee zurück. Er klingelte zweimal kurz hintereinander an die Tür der Intensivstation und wartete mit angehaltenem Atem. Die Schwester öffnete. „Ich dachte schon, Sie hätten sich meinen Rat doch zu Herzen genommen.“ „Sie haben Recht, immerhin bin ich in der Cafeteria eingenickt, aber ich kann ihn jetzt einfach nicht alleine lassen!“ „Irgendwann werden Sie das wohl oder übel tun müssen.“ „Schon, aber nicht jetzt, bitte!“ Sam setzte seinen besten Dackelblick auf. „Kommen Sie schon rein“, lachte die Schwester. „Aber wenn ich Feierabend habe, nehme ich Sie mit nach draußen!“ Noch einmal versuchte der Winchester es mit seinem Hundeblick. „Ich muss Sie enttäuschen, das hilft nur einmal“, sie lächelte. „Sie brauchen wirklich Schlaf.“ Sam nickte nur. Schnell ging er in Deans Zimmer. Sein müder Blick wanderte wie üblich erst über die Monitore und dann zu seinem Bruder. Dean blickte ihn aus großen Augen fragend an. ‚Alles normal‘, schoss es ihm durch den Kopf und er ging zu seinem Stuhl. Noch während er den ersten Schritt machte erstarrte er. Der Kaffeebecher rutschte ihm fast aus der Hand. Dean war wach! Er war wirklich wach! „Oh mein Gott, Dean!“, wisperte Sam heiser. Tränen drängten sich in seine Augen. Hilflos klammerte er sich an seinem Kaffeebecher fest. Dean blieb stumm. Sein Blick lag weiterhin starr auf Sam, während er dem Klang der Stimme nachhorchte. ‚Dean? War das ein Name? Wessen?’ Er hatte keine Ahnung was das Wort bedeutete, doch im Moment war das noch nicht einmal schlimm. Irgendwo tief in sich drin wusste er, das es das werden würde. Aber jetzt noch nicht. Der junge Mann vor seinem Bett starrte ihn noch immer völlig entgeistert an. „Wo bin ich?“ fragte er heiser. Augenblicklich wurde er von einem Hustenanfall geschüttelt. Seine Rippen schmerzten bei jedem krampfhaften Versuch Luft zu holen. Sams Blick klebte förmlich an seinem Bruder. Er war noch immer unfähig sich zu bewegen und die Frage hatte er kaum verstanden. Doch er wollte so unbedingt zu Dean. Mit all seiner Willenskraft zwang er sich endlich einen Schritt zu machen, um Dean zu helfen. Aber wie? Durfte er ihn bewegen? Sein Kopf lag noch immer in einer Schaumstoffschale! Schnell stellte er seinen Kaffeebecher auf den Nachttisch. Vorsichtig legte er ihm eine Hand an die Wange. „Hey“, versuchte er zu ihm durchzudringen. Deans Augen fokussierten sich kurz auf sein Gesicht, dann huschten sie unruhig weiter auf der Suche nach Hilfe. Er schluckte unsicher und hielt ihm das Spray hin. Automatisch griff Dean danach. „Nur kurz drücken!“, forderte Sam, „Es hilft gegen das Kratzen.“ Dean schaute ihn mit tränenverschleierten Augen an und Sam fasste zu. Vorsichtig dirigierte er das Spray an die richtige Stelle und betätigte den Pumpknopf. Noch zweimal benutzte Dean das Spray, dann wurde der Husten weniger und hörte endlich ganz auf. Die Schwester schaute ins Zimmer. „Wir haben alles im Griff“, versuchte Sam sie zu beruhigen, doch erst nachdem sie alle Werte kontrolliert hatte, schien sie ihm zu glauben und ging wieder. „Wo?“, krächzte Dean noch einmal. Sam schluckte. Der Klos in seinem Hals wollte nicht verschwinden. Er räusperte sich. „Du bist im Krankenhaus.“ „Krankenhaus?“ „Die Mine ist eingestürzt. Du hast mich noch nach draußen schubsen können, hattest aber selber keine Chance mehr dich zu retten und wurdest verschüttet. Es hat eine halbe Ewigkeit gedauert, bis wir dich gefunden hatten.“ Sam schniefte. Diese Erinnerung schmerzten noch immer. Er schluckte hart, bevor er fortfahren konnte. „Dein linkes Handgelenk ist angeknackst und das rechte Bein. Du hast drei gebrochene Rippen und etliche Prellungen. Und du hast fast eine Woche im künstlichen Koma gelegen. Die Ärzte waren sich nicht sicher, wie du das wegstecken würdest. Man, ich bin so froh dich wieder zu haben. Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht.“ Sam schniefte noch einmal. Er griff nach seinem Kaffeebecher und nahm einen Schluck. Dean blinzelte immer häufiger. Er war so müde, aber eins musste er noch fragen. „Wer bist du?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)