Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 198: Die Definition von Fluss ------------------------------------- 198) Die Definition von Fluss Dean surfte weiter lustlos im Internet. Er wusste nicht so recht wonach er noch suchen sollte. Der Lieferdienst war eines von mehreren örtlichen Unternehmen dieser Art und hatte bei der Übernahme der Lebensmittel nichts Ungewöhnliches bemerkt. Außerdem war das Chatterbox-Café nicht der einzige Adressat gewesen. Auf der Tour hatte der Lieferwagen noch mehrere Restaurants und Läden angefahren und keiner hatte Probleme mit Ungeziefer gemeldet. Also konnte es daher nicht kommen, zumal er sich nicht vorstellen konnte, dass die Kartons so dicht waren, dass keine Schabe hätte entweichen können. Frustriert fuhr er sich mit der Hand über das Gesicht. Eine ganze Weile starrte er Löcher in die Luft, dann holte er sich Sams Notizen und begann diese zu lesen, doch er konnte in dem konfusen System seines Bruders nichts erkennen. Vielleicht sollten sie sich mal gegenseitig erklären, wie sie vorgingen. Immerhin hatte Sam mit seinen Stichpunkten in Naples auch nichts anfangen können. Noch einmal ging er ihr Gespräch vom vorigen Abend durch. Sie hatten überlegt, ob es Dämonen oder ein Fluch sein könnten. Er begann sich die Wetterdaten der letzten Jahre vorzunehmen. Vollbepackt kam Sam in ihr Zimmer. Die Tüten ließ er auf Deans Bett fallen. Den Anzug hängte er an die Schranktür. „Hier, damit du dich wieder unter Leute trauen kannst“, erklärte er ruhig. Leicht humpelnd ging er zu einem der Stühle und ließ sich leise ächzend darauf fallen. Dean schien jedoch nicht besonders neugierig zu sein. Er klickte sich weiterhin durch das Internet. „Dean?“, drängte Sam etwas lauter. Er erhielt keine Reaktion, also stand er auf, ging zu Deans Bett und ließ sich darauf nieder. Er nahm sich den Block, auf dem sein Bruder einige Zahlen und Namen aufgeschrieben und wieder durchgestrichen hatte. Frustriert legte er ihn gleich darauf wieder weg. Er wurde mal wieder nicht schlau aus diesen Stichpunkten. Immerhin schien der Ältere inzwischen mit seiner Suche fast fertig zu sein. Dean brauchte wirklich nicht mehr lange, bis er den Artikel zu Ende gelesen hatte und seinen Rechner zuklappte. Er schaute zuerst zu seinem Bruder und warf einen kurzen Blick in die Tüten, bevor er die, ohne sie auszupacken, in den Schrank räumte. Den Anzug räumte er ebenfalls unbesehen weg. Zurzeit hatte er zu nichts eine Meinung. „Dann können wir jetzt ja Essen fahren“, stellte Sam ruhig fest. „Ich hab keinen Hunger!“ „Du hast schon Hunger, aber mehr Angst, dass uns wieder Ungeziefer aus dem Essen angrinst“, warf Sam ein. Dean legte den Kopf schief. Ohne eine ausgesprochene Antwort musterte er seinen Bruder kurz. „Wenn doch, wissen wir wenigstens, dass es an uns liegt.“ „Das hilft uns dann aber auch nicht weiter.“ „Nein, das nicht. Aber dann können wir andere, übernatürliche Ursachen ausschließen. Oder aber dieser Restaurantbesitzer hat die gleichen Ängste.“ „Und wir wären wieder keinen Schritt weiter. Außerdem … was willst du denn tun, wenn das inzwischen meine größte Angst ist?“ „Ist es nicht!“ „Nicht? Dann bist du dir sicherer als ich.“ „So schnell änderst du deine Prioritäten nicht. Und jetzt komm.“ Dean atmete einmal tief durch. Er griff nach seiner Jacke und sah seinem Bruder mit einem riesigen schlechten Gewissen dabei zu, wie der zum Impala hinkte. Wie hatte er ihn nur einkaufen schicken können? Er war doch sonst nicht so egoistisch! Aber diese Kakerlaken hatten ihn vollkommen aus dem Konzept gebracht. Sam schien die Clowns besser wegstecken zu können, als er diese Krabbelviecher. Hier stimmte etwas ganz und gar nicht, da musste er seinem Bruder recht geben. Etwas weiter außerhalb fanden sie ein kleines chinesisches Restaurant. Sie setzten sich in eine der kleinen Nischen und bestellten. „Was hast du eigentlich herausgefunden?“, wollte der Jüngere wissen, kaum dass die Bedienung wieder außer Hörweite war. Seinem leicht nörgelnden Tonfall war anzuhören, wie sehr er auf die Antwort brannte, hatte er während der Fahrt doch nicht fragen wollen, nicht dass Dean sofort wieder wendete. „Es gab hier keine Omen. Das Wetter hat zwar hin und wieder verrückt gespielt, aber wo hat es das nicht? Hier haben natürlich, wie überall, Ureinwohner gelebt, aber es gab hier weder eine Kultstätte noch einen Friedhof. Das können wir also auch streichen. Was natürlich nicht heißt, dass es nicht doch ein Fluch gewesen sein könnte. Aber ich glaube irgendwie nicht, dass es etwas mit dem Ort zu tun hat.“ Der Jüngere nickte. Das hatte er gestern Abend auch rausgefunden. Eine Weile schaute er gedankenverloren vor sich hin. „Dann muss es doch mit den Opfern zu tun haben. Und welche Gemeinsamkeit haben die?“, sprach er seine Überlegungen aus. „Das ist ja das Problem! Die Kinder der Grundschule sind natürlich im Krankenhaus gelandet. Der Busfahrer und die Schulkinder, die in dem Bus saßen, auch. Genauso wie der Arzt, der da gearbeitet hat und natürlich auch da versorgt wurde. Inzwischen ist er allerdings zu Hause. Und da wären auch noch die ganzen Personen in der Notaufnahme. Die Gäste aus dem Cafe sind, wie wir auch, nicht ins Krankenhaus gegangen. Die werden wohl einfach nur nie wieder da essen. Und die vergeigten Prüfungen, egal welcher Art, haben auch nichts mit dem Krankenhaus zu tun. Trotzdem denke ich, sollten wir da anfangen. Da haben wie die meisten Opfer an einem Ort.“ „Viele von denen sind aber auch schon wieder entlassen und zu Hause.“ Sam schüttelte den Kopf. Irgendetwas schien da nicht zu passen. Die Kellnerin brachte ihr Essen und unterbrach so für kurze Zeit seine Gedanken. Doch kaum war sie wieder weg, richteten die Brüder ihr Augenmerk auf das eigentliche Problem. „Ich denke, wir sollten uns erst mal auf die Stadt konzentrieren“, sagte Sam während er nach dem Besteck griff. „Und was schlägst du vor?“, wollte Dean wissen. „Wir durchsuchen die städtischen Archive nach ungewöhnlichen Vorkommnissen.“ Der Ältere verdrehte die Augen und holte tief Luft. „Ich hasse es!“, grummelte er leise. Er zog die Stäbchen aus ihrer Hülle hervor, rieb sie kurz aneinander und begann den Inhalt seines Tellers zu untersuchen, nicht dass ihn hier auch gleich wieder irgendwelches Ungeziefer anschaute. Er fand nichts und begann zögerlich zu essen. Je mehr sich der Teller leerte umso stärker machte sich sein Hunger bemerkbar und so schaufelte er die letzten Bissen in sich hinein, als gäbe es kein Morgen mehr. Sam beobachtete seinen Bruder mit einem Lächeln. Zumindest dieses Trauma schienen sie überwunden zu haben und vielleicht, wenn sie Glück hatten, löste sich ihr Fall ja genauso in Luft auf. Zuversichtlich verließen sie das Restaurant. Sie wollten gerade die Straße überqueren, als Dean abrupt stehen blieb. Er streckte seinen Arm zur Seite und brachte so auch seinen Bruder dazu stehen zu bleiben. „Was ist?“, fragte der Jüngere leise „Da war was“, informierte Dean und versuchte die Dunkelheit mit seinem Blick zu durchdringen. Er hatte zwei rote Punkte gesehen, aber jetzt war das nichts mehr. „Da ist ni...“, begann Sam. Er wollte sich gerade abwenden und weitergehen, als auch er etwas sah. Zwei rote Punkte in einem dunklen Schatten verschwanden im Abwasserkanal. „Hinterher“, rief Dean und rannte auch schon los. Er war als Erster bei dem Kanaldeckel. Mit aller Kraft zerrte er daran, aber erst als auch Sam zufasste, gelang es ihnen den Eisendeckel anzuheben und zur Seite zu ziehen. Dean kletterte als erster in den Kanal. Er holte seine Taschenlampe hervor und schaltete sie an, um Sam einen sicheren Abstieg zu ermöglichen, schließlich hatte der einen verstauchten Knöchel. Kaum stand der Jüngere ebenfalls im Abwasserkanal, schaute er sich auch schon suchend um. „Weißt du wohin?“ „Keine Ahnung.“ „Und was denkt dein Bauch?“ „Dass er lieber nicht hier wäre?“ „Okay, das glaube ich ihm sogar, es ist aber nicht gerade hilfreich.“ „Du hast gefragt.“ „Ich wollte eigentlich eine Richtung haben“, grummelte Sam. „Das wäre auch eine gewesen“, lachte Dean. „Nach oben. Aber da du das wohl nicht gelten lassen willst, ich würde da lang gehen.“ Er deutete in eine Richtung. „Und das weißt du weil ...“ „Eigentlich klingt es hier überall nur nach Abwasserkanal.“ „Du hörst also niemanden laufen oder so?“ „Nein. Aber meinst du, dass Schatten Krach machen?“ Sam zuckte mit den Schultern. „Wenn es nur ein Schatten wäre nicht, aber meistens hängt ein Schatten an jemandem dran und hat keine rot leuchtenden Augen. Außer der von Peter Pan.“ „Gut, der kann fliegen.“ Dean grinste kurz. Er ließ den Lichtkegel der Taschenlampe einmal vor sich über den Boden gleiten und setzte sich gleich darauf in Bewegung. Schweigend folgten sie dem Kanal. Jedes auftretende Hindernis hielt er so lange im Lichtkegel fest, bis er sich sicher war, dass Sam es gesehen hatte, erst dann schwenkte er die Taschenlampe wieder nach vorn. Je weiter sie kamen, umso mehr Wasser floss in den Kanälen und umso schlimmer wurde der Geruch. Die Brüder hielten sich schon eine ganze Weile einen Arm vors Gesicht, um wenigstens halbwegs atmen zu können. Das würde wieder eine Duschorgie nach sich ziehen. Fragte sich nur, wer von beiden wohl schneller im Badezimmer war, denn Sam bezweifelte dass, sollte es Dean sein, er dieses Mal auf das Recht des Schnelleren verzichten würde. Genau so wenig wie er selbst. (you know, Familys that shower together …lol) Morgen würden sie dann nicht nur in den Archiven sondern auch im örtlichen Waschsalon rumsitzen müssen. Vielleicht konnten sie sich ja aufteilen. Er wollte Dean gerade darauf ansprechen und ihn fragen, wie lange sie hier noch erfolglos suchen wollten, als er merkte wie sein Fuß wegrutschte. Verdammt! Er war so in seinen Gedanken versunken gewesen, dass er nicht auf den Boden geachtet hatte und auf irgendetwas Glitschiges getreten war. Er ruderte mit den Armen, versuchte sich an der Kanalwand abzufangen. Es brachte nichts. Er konnte das Gleichgewicht nicht zurückerlangen und fiel. Schmerzhaft landete er auf den Knien. Doch das Schlimmste war, dass er sich bei dem Versuch nicht gänzlich auf die Nase zu fallen auf dem schmalen Sims abstützte, auf dem sie entlangliefen. Seine Hand rutschte von der Kante ab und platschte laut vernehmlich ins Abwasser. „Igit“, fluchte er. Er wollte sich jetzt auf keinen Fall Gedanken darüber machen, was alles in der Brühe herumschwamm. Augenblicklich fuhr Dean herum. „Sammy?“ Sein Blick glitt über seinen knienden Bruder. „Ist dir was passiert?“ „Nein, ich bin nur ausgerutscht“, erklärte der, setzte sich auf seine Fersen und versuchte das Abwasser von seiner Hand zu schütteln. „Ey“, fauchte Dean und sprang über den Schmutzwasserbach. Kurz kämpfte er um sein Gleichgewicht, schaffte es aber, anders als Sam, auf den Füßen zu bleiben. Allerdings verlor er dabei seine Taschenlampe. „Verdammt“, fluchte er und sah ihr dabei zu, wie sie langsam auf die Kannte zu rollte. Der Absturz blieb aber aus. „Entschuldige“, erklärte der Jüngere leicht zerknirscht. „Bist du fertig?“, wollte der Ältere grummelnd wissen. „Na … ja.“ Dean bückte sich, um die Lampe aufzuheben. Über ihm raschelte etwas. Ein leises Quieken war zu hören und plötzlich quollen Massen von Ratten aus einem Rohr direkt über dem älteren Winchester. Sie nutzten seinen Rücken als Platz zum Zwischenlanden und sprangen von da aus nach unten, um auf dem Sims wieder in der Dunkelheit zu verschwinden. Eine der Ratten blieb auf Deans Rücken sitzen. Sie musterte Sam aus runden Knopfaugen. Wie, als müsste sie überlegen, kratzte sie sich hinter dem Ohr und begann dann auch noch, sich in aller Ruhe das Gesicht zu putzen. Dean war wie erstarrt. Er wusste genau, was ihn da heimsuchte und doch war er unfähig, sich auch nur einen Zentimeter zu bewegen. Fest kniff er die Augen zu, damit er die Ratten nicht sehen musste. Sam seinerseits war hin und her gerissen. Einerseits war er geschockt wie viele Ratten sich durch das Rohr drängten, andererseits war er froh, sich auf der andere Kanalseite zu befinden und dann faszinierte ihn Deans Minenspiel, das sich zwischen Ekel, Unglauben und Panik bewegte. Das war so eine unglaubliche Mischung, dass er unweigerlich grinsen musste. Und je länger dieser Rattenstrom wurde, umso mehr musste er sich das Lachen verkneifen, bis er es, als der Strom endlich verebbte, nicht mehr schaffte. Die letzten Ratten sprangen aus dem Kanal und von Deans Rücken auf den Boden. Der Wächter beendete seine Säuberungsaktion, tippelte kurz auf seinem Platz hin und her. Er machte Männchen, als ob er in das Rohr schauen wollte. Und erst danach verließ er seinen Platz und rannte seinen Artgenossen hinterher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)