Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 148: Zwei Brüder, zwei Wege ----------------------------------- @ Vanilein - hach es ich doch schön Autor zu sein. Da kann ich stoppen wo ich will und weiß doch immer wie es weiter geht. ;-)) Die Antwort auf die Frage nach den Käfigen wird ich Dir allerdings schuldig bleiben. Darauf darfst Du eine Antwort finden. LG Kalea 148) Zwei Brüder, zwei Wege Der Raum war nicht groß, vielleicht zwei mal drei Meter. An drei Wänden standen Regale, die bis unter die Decke mit Büchern vollgestellt waren. In der Mitte stand ein Tisch mit vier Stühlen. Es gab ein winziges, vollkommen verdrecktes Fenster oben an der, der Tür gegenüberliegenden, Wand, durch das kein Licht mehr fiel. Neben der Tür hing eine Pinnwand voll mit Blätter und Zeichnungen, so wie auch ihr Dad seine Fälle immer an die Wand gepinnt hatte. Hier fand er auch einen Lichtschalter, den er betätigte. Eine einfache Glühlampe erwachte zum Leben und entlockte Sam ein kleines Lächeln. Endlich hatte er mal einen Funken Glück. Sofort begann er die Bücher zu untersuchen. Das hier war ein Schatz an Wissen, der auf keinen Fall verkommen durfte! Sobald er sich einen Überblick verschafft hatte, wollte er mit Bobby reden. Dieser Fund war wichtiger als ihre eventuellen Streitereien! Aber zuerst wollte er wissen, was genau er hier gefunden hatte. Wahllos nahm er eines der Bücher aus dem Regal und begann es durchzublättern. Wie im Rausch griff er sich ein Buch nach dem anderen, blätterte es durch und legte es beiseite, um es später in Ruhe lesen zu können. Das, worauf er hier gestoßen war, war ein Schatz! Jede Menge neuen Wissens, jede Menge neuer Lösungswege. Hin und wieder füllte er seine Kaffeetasse oder nahm einen Bissen von dem Sandwich, aber auch hierfür legte er das jeweilige Buch nicht beiseite. Erst als seine Augen brannten und er sie kaum noch offenhalten konnte, klappte er das Buch, dass er gerade gelesen hatte, zu und legte es auf den Berg der Bücher, deren Inhalt er schon überflogen hatte und der in Zwischenzeit immer weiter gewachsen war. Müde rieb er sich die Augen. Eigentlich wollte er diesen Raum noch nicht wieder verlassen, es gab noch so viel zu entdecken. Aber er würde wohl gleich auf dem Stuhl einschlafen. Außerdem hatte er nichts mehr zu essen oder zu trinken hier. Seine Vorräte, wenn er sie denn überhaupt so nennen wollte, waren aufgebraucht. Aber eigentlich musste er hier ja nicht weg. Hier war alles, was er zum Leben brauchte. Bett, Küche, Badezimmer. Er musste dieses Haus nicht mehr verlassen. Er konnte sich gleich nebenan hinlegen. „Nein!“, sagte er laut. Er hatte ein Motelzimmer und genau da würde er diese Nacht verbringen und morgen, nachdem er noch einmal eingekauft hatte, wiederkommen. Dann konnte er hier einziehen, bis er eine Lösung gefunden haben würde. ~“~ Viele hundert Meilen weiter westlich senkte sich die Dämmerung über das Land. Dean lag, geschützt unter den tiefhängenden Ästen einer Kiefer, zusammengerollt und hatte den Tag verschlafen. Jetzt kam langsam wieder Leben in den schlafenden Wolf. Er hob den Kopf und gähnte ausgiebig, bevor er begann sich in aller Ruhe zu putzen. Erst danach trat er auf die kleine Lichtung, an deren Rand die Kiefer stand. Er streckte sich ausgiebig und gähnte noch einmal. Schnuppernd hob er die Nase, vielleicht trug ihm der Wind ja die Witterung einer Beute zu, bevor er seine Wanderung fortsetzte. Dieses Revier war schon besetzt und er wollte nicht unbedingt mit der fremden Wolfsfamilie zusammenstoßen. Auch war das nicht der Ort, an dem er bleiben wollte. Noch immer trieb es ihn weiter westwärts. Plötzlich erstarrte er und verschmolz, dank seiner Färbung, fast vollständig mit seiner Umgebung. Der Wind trug ihm einen interessanten Geruch zu, den eines Weibchens, eines läufigen Weibchens. Tief in seinem Inneren meldete sich ein uralter Instinkt. Ein Instinkt, der stärker war als der Hunger oder der Drang sich ein eigenes Revier zu suchen. Er verkroch sich wieder unter seiner Kiefer und wartete. Schon bald erschien diese Wölfin am entgegengesetzten Rand der Lichtung. Sein Schwanz schlug freudig erregt auf den Boden und wirbelte einige trockene Blätter auf, die der Wind irgendwann einmal hierher geweht hatte. Langsam kroch er aus seinem Versteck wieder hervor. „Ruff“, begrüßte er die fast schwarze Wölfin. Sofort erstarrte sie. Dean legte sich auf die Seite und musterte sie mit schief gelegtem Kopf. „Ruff“, machte er noch einmal und gab gleich darauf ein leises Fiepen von sich. Sein Schwanz klopfte rhythmisch auf den Boden. Die Wölfin umkreiste ihn langsam, bevor sie sich näher an den Rüden traute. Er erhob sich wieder, damit sie ihn beschnuppern konnte und tat das gleichzeitig auch bei ihr. Es dauerte nicht lange, bis sie ihn spielerisch am Fell zupfte und sich vor ihm auf dem Boden rollte. Schnell stieg Dean auf dieses Spielangebot ein. Er senkte seine Brust auf den Boden, wedelte mit dem Schwanz und gab wieder dieses leise „Ruff“ von sich, um dann mit heraushängender Zunge hechelnd zu ihr aufzusehen. Sie sprang auf ihn zu, machte gleich wieder einen Rückzieher und brach zur Seite aus. Eine Weile tobten sie ausgelassen über die Lichtung, bis unter den Bäumen fünf Jungwölfe auftauchten. Ihnen war die Warterei wohl zu langweilig geworden. Dean erstarrte und auch die Wölfin hielt in ihrem Spiel inne. Ein drohendes Grollen entrang sich seiner Brust. Kaum hörte sie das Knurren, versuchte sie auch schon den großen Rüden von ihren Jungen abzulenken, indem sie ihn umso heftiger am Pelz zog. Sie blaffte auffordernd und lief ein paar Schritte in die entgegengesetzte Richtung. Für ein paar Augenblicke schaffte sie es sogar, seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Schnell wandte er sich jedoch wieder den Jungwölfen zu. Doch kaum machte er ein paar Schritte in die Richtung ihrer Welpen, vertrat sie ihm mit drohendem Knurren den Weg. Dean war viel zu neugierig. Er wollte die Jungen kennenlernen und versuchte die Wölfin mit beruhigendem Grollen von seinen friedlichen Absichten zu überzeugen. Mit schief gelegtem Kopf näherte er sich ihr und hechelte, bevor er langsam und ein wenig linkisch tapsend er auf die Fünf zulief. Er blaffte leise, als die Kleinen ihre Zähnchen fletschten, näherte sich ihnen noch weiter und beschnüffelte sie ausgiebig, bevor er ihnen den Rücken zuwandte und wieder zu der Wölfin laufen wollte. Der älteste und neugierigste der Jungen nahm das als Aufforderung und sprang ihn von hinten an. Und als wäre das ein Startsignal, stürzten sich auch die anderen Jungen auf den Wolf. Sie zogen ihn am Fell und haschten nach seiner schlagenden Rute, kletterten auf ihm herum und purzelten über seine Füße, immer mal wieder bemüht seine Schnauze zu fassen zu bekommen. Dean hatte sich bei dem ersten Angriff auf den Bauch fallen lassen und nahm dieses Spiel mit stoischer Ruhe hin. Die Wölfin beobachtete das Treiben genau. Sie war aus ihrem angestammten Revier geflüchtet, nachdem ihr Partner von dem lauten Knall der Menschen getroffen worden war. Er war nicht wieder aufgestanden und sie hatte die Jungen zu versorgen. Doch egal wohin sie in den letzten Tagen gekommen waren, überall hatte die Witterung von Menschen sie wieder vertrieben. Doch sie musste auch jagen! Der Rüde schien interessiert zu sein und so wie es aussah, akzeptierte er ihre Jungen. Der Geruch eines Rehs, den der Wind zu ihnen trug, beendete das Spiel abrupt. Dean erhob sich und blickte zu der Wölfin, die ihn und die Jungen noch immer aufmerksam musterte. Auch sie hatte den Geruch wahrgenommen. Die Wölfin brachte ihre Jungen mit einem kurzen Grollen dazu in Deckung zu gehen und schon lief sie zu dem Rüden. Lautlos setzten sie sich in Bewegung, so als würden sie schon immer zusammen jagen. Gemeinsam brachten sie den Bock zur Strecke und schleppten ihn zu der Lichtung, damit auch die Jungwölfe ihren Anteil fressen konnten. Als sie von ihrer Beute abließen, war für die wartenden Krähen nicht mehr viel zu holen. Dean leckte sich Schnauze und Pfoten und machte sich dann auf den Weg weiter westwärts. Stunden später lief etliche Meilen weiter westlich eine ganz normale Wolfsfamilie durch den unberührten Schnee einer mondbeschienenen Lichtung, auf der Suche nach einem Schlafplatz. Ein großer, heller Wolf führte. Die Wölfin, die hinter ihm lief war im Gegensatz zu ihm fast schwarz, genau wie die fünf Jungen, die in ihre Pfotenabdrücke traten. ~“~ Unbarmherzig klingelte Sams Wecker pünktlich um sieben. Er drehte sich auf den Bauch und zog sich die Decke über den Kopf. Der durchdringende Klingelton erreichte ihn trotzdem. Murrend stülpte er sich das Kissen über den Kopf, doch jetzt bekam er keine Luft mehr. Wie machte Dean das eigentlich immer? Der konnte doch unter der Decke prima schlafen. Dean! Schon alleine der Gedanke an seinen Bruder reichte, um sein schlechtes Gewissen zu aktivieren. Er rollte sich aus dem Bett, stemmte sich in die Höhe und schlurfte mit halbgeschlossenen Augen zum Bad, wo er sich erst mal ein paar Hände voll kaltem Wasser ins Gesicht schaufelte. Erst danach fühlte er sich halbwegs in der Lage, diesem Tag zu begegnen. Er duschte und während er sich abtrocknete und seine Haare mit Fön und Bürste so lange bearbeitete, bis er nicht mehr wie ein aufgeplatzter Mopp aussah, überlegte er sich wie es jetzt weitergehen sollte, wie er weitermachen wollte. Brachten ihn die Bücher weiter? Klar sie waren ein enormer Schatz an Wissen, der unbedingt bewahrt werden musste. Aber brachten sie ihn bei seinem jetzigen Problem weiter? Konnte er es riskieren zwei oder drei Wochen in dieser Bibliothek zu verbringen, ohne hinterher etwas Vorzeigbares zu haben? Was hatte er für Alternativen? Durch die Gegend fahren und hoffen, dass er Zigeuner fand? Es gab genügend Orte an denen die wohnten, aber hatten sie noch Zugang zu diesem alten Wissen, dass er brauchte? Würden sie ihm helfen, wenn er mit Verdächtigungen ankam? Und wie sollte er sie zwingen, wenn sie nicht helfen wollten? Nein, diese Bibliothek war wohl die derzeit beste Option. Durch diesen Entschluss gestärkt, begann er das Zimmer aufzuräumen, seine Sachen zu packen und alles in den Impala zu schaffen. Er checkte aus und fuhr zum nächsten Supermarkt, wo er seinen Wagen mit allem Lebenswichtigen für die nächsten Tage vollpackte. Würde es ihn weiterbringen, wenn er sich auch noch auf die Suche nach einem Stethoskop machte? Neugierig war er ja schon, was hinter der Tür war. „Ach was“, entschied er leise. Irgendwann würde er die zeit finden, diese Tür knacken zu wollen, also ja. Er würde auch noch ein Stethoskop besorgen. Bei dem verlassenen Unterschlupf angekommen, brachte er die Lebensmittel in die Küche. Er richtete sich in einem der Schlafräume ein und stellte den Impala im Hof ab. Er verschloss das Tor wieder und verschwand dann in der Bibliothek um erst wieder hervorzukommen, wenn er etwas gefunden hatte. Jeden Gedanken daran, dass es nicht so sein könnte, verbannte er rigoros aus seinem Kopf. Wie schon am Tag zuvor kämpfte sich Sam durch die Flut der Bücher. Und obwohl er sich vorgenommen hatte, keine Stichpunkte zu den einzelnen Büchern zu machen, schrieb er doch bei jedem auf, was darin enthalten war. Er konnte wohl nicht anders. Hin und wieder stieg er aus dem Keller ins Erdgeschoss, um sich frischen Kaffee zu kochen und etwas zu essen. Dass der Tag überhaupt verging, bemerkte er erst, als er bei den wenigen Malen, die er in die Küche ging Licht einschalten musste. Aber wie sollte er das in seinem Keller auch merken? Da unten brannte ständig das Licht und er saß die meiste Zeit mit dem Rücken zum Fenster. Er befüllte die Kaffeemaschine neu und holte sich einen Salat aus dem Kühlschrank. Gähnend streckte er sich. Sein Nacken schmerzte und sein Bein kribbelte unangenehm. Da hatte er sich beim Sitzen wohl einen Nerv eingeklemmt. Er zog sich seine Jacke über und verließ das Haus. Die eisige Luft nahm ihm kurzzeitig den Atem. Die Temperaturen mussten seit heute Morgen um einiges gefallen sein. Er fühlte sich an den Glacier Park, William, seine Frau Yuri und all die Anderen da erinnert. Am Meisten jedoch an den Schamanen, der Dean bei ihrer ersten Begegnung mit einem ruhelosen Wolf verglichen hatte. Rigoros drängte er diese Gedanken beiseite, doch es half nichts. Seine Augen füllten sich mit Tränen und sein Hals schmerzte. Hatte der Schamane damals schon etwas gewusst? Hatte er geahnt oder gesehen dass Dean zu einem Wolf werden würde? War es einfach nur das, was sein Bruder schon immer war, ein Wolf? Hatte die Zigeunerin ihn vielleicht gar nicht speziell in einen Wolf verwandelt, sondern nur in ein Tier, das seinem Charakter entsprach? „Was soll ich nur tun?“, fragte Sam hilflos in den beißenden Wind, vielleicht aber auch den Impala, neben dem er inzwischen stand. Er legte den Kopf in den Nacken und starrte zu den dahintreibenden grauen Wolken hinauf. Wenn es einen Gott gab, müsste der ihm jetzt nicht helfen? Er schüttelte den Kopf. Wenn es einen Gott gab, hätte der dann nicht schon den Mord an seiner Mom verhindern müssen? Hätte der die Existenz all der Monster, gegen die sie in ihrem Leben schon gekämpft hatten, nicht verhindern müssen? Oder war der Plan ein ganz anderer? Sollte er alle seine Lieben verlieren um … Ja was? Wollten sie ihn prüfen? Sollte er zu etwas bewegt werden? Wozu? Was konnten höhere Mächte von ihm wollen? Er war ein einfacher Mensch! Okay, einer mit Wissen um das Böse der Welt und Dämonenblut in seinen Adern, aber das konnte es doch nicht sein, oder? Verdammt! Wütend trat er gegen einen Stein, der das Pech hatte vor seinem Fuß zu liegen. „Au!“, schimpfte er. Das verdammte Ding war wohl größer, als es den Anschein hatte. Sam drehte sich wieder zum Haus um. Er fror immer stärker und das Kribbeln seines Beines war auch verschwunden. In der Küche ließ er sich auf einen Stuhl fallen und begann lustlos seinen Salat zu essen. Danach ging er wieder in den Keller, um weiter zu recherchieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)