Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 134: Misstrauen und fehlschläge --------------------------------------- @ Vanilein - Sam hat noch einen langen Weg vor sich ... einen ganz langen. LG Kalea 134) Misstrauen und Fehlschläge Schon im Wagen überkam ihn das schlechte Gewissen. Wie konnte er Dean alleine lassen? Er legte die Hände auf das Lenkrad, schloss die Augen und zwang sich ruhig durchzuatmen. In Gedanken zählte er langsam bis zehn. Es half nicht viel, aber für einen Augenblick fühlte er sich der Situation, zumindest im Ansatz, gewachsen. Wieder zwang er sich das ganze Dilemma analytisch zu betrachten. Konnte er sich einreden, dass Dean gerade nicht da war? Wenn er weiterkommen wollte, würde er es versuchen müssen! Noch einmal zählte er bis zehn. Dieses Mal schien es zu helfen. Langsam kam er etwas runter. Sein Puls beruhigte sich und der Drang etwas zerstören zu wollen ließ ein wenig nach. Gut! ‚Denk nach, Sam! Du hast dir schon immer einen Hund gewünscht.‘ Und schon war es mit seiner inneren Ruhe wieder vorbei. ‚Dean ist kein Hund!‘, fluchte er innerlich. Und trotzdem musste er ihn so behandeln. Wie konnte er das nur? Das Klopfen an der Seitenscheibe ließ ihn zusammenzucken. Ungehalten drehte er den Kopf zur Seite und kurbelte die Scheibe herunter. „Alles okay bei Ihnen?“, fragte die alte Dame, der das Motel gehörte, besorgt. „Ja“, krächzte Sam mit belegter Stimme. „Ja, irgendwie schon.“ Doch so leicht ließ sie sich nicht abspeisen. „Wo ist denn ihr Bruder?“ Sam wollte ihr den Hals umdrehen. Er zwang sich zu einem Lächeln, das jedoch ziemlich verunglückte. „Unserem Onkel geht es nicht so gut. Mein Bruder ist zu ihm gefahren“, erklärte er die offensichtliche Abwesenheit Deans. „Und Sie?“ ‚Verdammt! Wieso ging sie nicht einfach!‘ „Ich kann hier leider nicht so schnell weg.“ ‚Denk nach Sam!‘ „Wir haben uns einen Hund aus einem Tierheim geholt. Er sollte eingeschläfert werden. Leider ist er so scheu, dass ich ihn nicht alleine ins Auto bekomme. Ich muss warten bis mein Bruder wiederkommt, oder er sich noch etwas mehr an mich gewöhnt hat, um mir zu vertrauen.“ Was für eine Scheiße er doch erzählte. „Sie haben einen Hund mit?“ „Oh, Entschuldigung, ja. Wir hätten ihn Ihnen nicht verheimlichen dürfen. Aber es ist noch so neu für uns, ihn zu haben. Wir haben ihn glatt vergessen anzugeben. Ich hoffe das ist kein Problem?“ Er setzte seinen Welpenblick auf. Bei Dean hatte der immer gewirkt. Und auch die Frau schien nicht ganz immun dagegen zu sein. „Nein, es ist kein Problem. Solange er die anderen Gäste nicht belästigt.“ „Danke!“ Jetzt lächelte er sich wirklich an. Eine Sorge weniger. Blieben nur noch 536! „Ich muss los“, sagte er und startete den Wagen. „Natürlich. Stellen Sie mir ihren Hund einmal vor?“ „Vielleicht“ Sam lenkte den Wagen auf die Straße. ‚Wohin jetzt?‘ Immerhin hatte sie ihn dazu gebracht nicht mehr nur untätig herumzusitzen. Er setzte den Blinker und fuhr zu dem Marktgelände. Vielleicht bekam er ja aus diesen Zigeunern doch noch etwas heraus, auch wenn er es nicht glaubte. Aber die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt. Schon als er den Wagen auf dem ausgewiesenen Parkplatz abstellte sah er, dass das Zelt der Wahrsagerin weg war. „Verdammt“, fluchte er und schlug wütend auf das Lenkrad. Da hatte er ja mal richtig Glück! Warum war er ihnen in der Nacht nicht sofort hinterhergegangen? Weil er einen Wolf in Deans Kleidung gefunden und das Mädchen an der Backe hatte? Weil er weder den einen noch die andere sich selbst hätte überlassen können? Er hätte sie erschießen sollen, als er es konnte! Doch damit würde er jetzt genauso in der Patsche sitzen, auch wenn die beiden Zigeuner alles andere als unschuldig waren. Vielleicht wussten die Anderen ja etwas? Leise stöhnend rieb er sich die Schläfe. Zu allem Übel bekam er jetzt auch noch Kopfschmerzen. Er stieg aus, schloss den Wagen ab und ging über den Markt. Das Zelt war weg und auch von den Zigeunern war nirgendwo mehr etwas zu sehen. Dafür lief ihm der Schmied über den Weg. „Hey“, grüßte er ihn. „Weißt du wo diese Wahrsagerin hin ist?“ „Wieso, wolltest du dir doch noch die Karten legen lassen?“, fragte er lachend. ‘Das hat sie schon‘, überlegte er grimmig und versuchte freundlich zu klingen, als er antwortete. „Nicht wirklich. Aber ich wollte mal mit ihnen reden.“ „Die sind in der Nacht verschwunden. Kurz nachdem ich mich hingelegt habe, muss so gegen zwei gewesen sein. Ich hab mich nicht weiter drum gekümmert. Da rumpelte es öfter mal. Hat mich heute Morgen allerdings schon gewundert, dass sie plötzlich weg waren.“ „Weißt du wohin die sind, oder woher die kamen?“ „Nein. Die haben nichts von sich erzählt. Die haben allgemein kaum mit jemandem auf dem Markt gesprochen.“ „Warum sind die dann mit euch rumgezogen?“, wollte Sam irritiert wissen. „Wenn ich dir das sagen könnte. Wir waren nicht wirklich begeistert, als sie sich vor drei Monaten bei uns eingeklinkt haben. Aber eine Wahrsagerin passte ganz gut und nur weil sie Gipsys sind, müssen sie nicht schlecht sein.“ „Das stimmt wohl“, überlegte Sam und versuchte seine Enttäuschung so gut es ging zu verbergen. „Okay, danke Mann“, sagte der Winchester und machte sich wieder auf den Weg. Im Impala versuchte er sich zu entscheiden, was er jetzt tun sollte. Die Zigeuner waren weg, auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Vielleicht konnte er ja anhand der Verkehrskameras herausfinden wohin. Die Dinger hatten ihm schon so oft gute Dienste geleistet, warum nicht jetzt auch? Zuerst aber musste er sich um sein und um Deans Wohl kümmern und das hieß Essen besorgen. Aber was fraßen Wölfe? ‚Ich hab so viele Reportagen gesehen aber was sie fressen hab ich mir nicht merken können!’, schimpfte er sich lautlos. Schnell hatte er eine Zoohandlung in der Nähe gesucht und gefunden. Jetzt stand er vor dem Regal mit den Futtermitteln und schon wieder traten ihm die Tränen in die Augen. Dean hat Essen geliebt. Auch wenn er es in sich hinein geschaufelt hatte, als ob es kein Morgen mehr geben würde. Er hatte es geliebt! Und jetzt sollte er ihn mit irgendwelchen Dosen abspeisen? Dosen, die … ja was eigentlich enthielten? War da überhaupt irgendetwas von einem Tier drin? Verbissen kämpfte Sam die Tränen auch dieses Mal zurück. „Kann ich Ihnen helfen?“, wollte ein junger Mann wissen und schaute dem Winchester erschrocken in die Augen. „Schuldigung“, nuschelte er verschnupft, „Meine Freundin hat die Scheiben mit Sprühschnee dekoriert. Ich bin allergisch auf das Zeug.“ „Ach so“, nickte der Verkäufer verstehend. „Und wie kann ich Ihnen hier helfen? Gegen Allergien hab ich leider nichts.“ „Wir haben uns einen Hund aus dem Tierheim geholt“, blieb Sam bei seiner Lüge, „und jetzt brauche ich eine Komplettausrüstung. Leine, Halsband, Futter.“ „Was haben Sie denn für einen Hund?“ „Husky“, sagte Sam ohne zu überlegen. Die kamen einem Wolf wohl am Nächsten. „Haben Sie schon eine Vorstellung was sie nehmen wollen? Was hat er denn im Tierheim gefressen?“ „Alles, was es gerade gab.“ „Gut“, freute sich der jungen Mann. Hier hatte er ja ein wunderbar ahnungsloses Wesen vor sich. Dem konnte er mit Sicherheit alles Mögliche und vor allem Teure unterjubeln. Wenn er damit seinen Umsatz nicht bekam, dann sollte er wirklich den Job wechseln. „Also, wir haben hier sehr gutes Futter“, begann er Sam vollzuquatschen, dass dem Winchester schon bald regelrecht schwindelig wurde. „Und dann brauchen Sie noch ein Körbchen und Spielzeug. Von einem Halsband würde ich abraten. Heutzutage empfehlen wir ein Geschirr. Die haben wir hier. Was für eine Farbe soll es denn haben?“ „Schwarz“, sagte Sam ohne zu überlegen. „Schwarz, sehr schön. Ich würde Ihnen da ein reflektierendes Geschirr empfehlen.“ Sam nickte nur. Genauso wie bei der Leine und einigen Snacks. Als der Verkäufer ihm allerdings auch noch quietschendes Spielzeug und einen Wintermantel aufschwatzen wollte, reichte es ihm und sein Gehirn schaltete sich wieder ein. Letztendlich nahm er fünf Dosen von dem besseren Futter, das Geschirr mit Leine und ein paar Snacks. Alles andere würde sich ergeben, zumal er darauf hoffte, Dean schnellstens wieder in seiner menschlichen Gestalt vor sich stehen zu haben! Vorsichtig balancierte Sam seine Einkäufe mit einer Hand. Er fummelte den Schlüssel ins Schloss und schob die Tür auf. Aus den Augenwinkeln sah er wie etwas vom Bett sprang und in der Ecke unter dem Tisch verschwand. „Dean?“ fragte er und stellte alles auf und neben dem Fernseher ab. Er ging zu dem Tisch und hockte sich davor. Vorsichtig streckte er seine Hand aus. „Dean?“, fragte er wieder und versuchte seiner Stimme einen beruhigenden Klang zu geben. Sein Bruder musste total verwirrt sein, da war es nur zu verständlich, dass er so reagierte. Der Wolf versuchte sich noch weiter zurückzuziehen. „Dean, bitte. Komm her. Wir werden eine Lösung finden“, versuchte er es wieder und schob einen Stuhl beiseite. Dean drückte sich noch weiter an die Wand in seinem Rücken. Die Ohren hatte er nach hinten angelegt, die Lefzen waren zurückgezogen und seine Zähen entblößt. Ein Winseln entrang sich Deans Kehle. „Dean, komm schon, ich hab was zu essen mit“, lockte Sam und rückte noch ein Stückchen näher. Das Winseln erstarb und Dean drückte sich platt auf den Boden. Wenn er könnte, würde er wohl in einem Mauseloch verschwinden. Der Riese vor ihm machte ihm Angst. Er schnitt ihm jeden Fluchtweg ab. Er drückte sich noch fester an die Wand. Traurig holte Sam tief Luft. Die Tränen, die er nun nicht mehr zurückhalten konnte, liefen über seine Wangen. Was war nur mit Dean? Hatte er gar keine Erinnerungen an sein menschliches Leben? Hatte die Zigeunerin ihn zu einem echten Wolf gemacht? Zu einem richtigen Wildtier? Was sollte denn dann werden? Bis jetzt hatte er gehofft, dass Dean zwar ein Wolf war, ihn aber doch wenigstens kannte. Aber so wie er sich gab war das wohl nicht der Fall. Nicht einmal das hatte diese Hexe ihnen gelassen! ' Und jetzt? Wie gewinne ich das Vertrauen eines Wolfes? Wie kann ich ihn dann soweit zähmen, dass er weder für sich noch für andere zu einer Gefahr wurde?’ Noch einmal versuchte er sich ins Gedächtnis zu rufen, was er über Wölfe wusste. »Sie hatten eine sehr hohe Fluchtdistanz und waren so gut wie gar nicht mit einem Menschen sozialisierbar, wenn man sie nicht gleich nach der Geburt von der Mutter trennte. Sie waren eben keine Hunde. Wölfe liefen weite Strecken. Sie jagten in Rudeln oder allein. « Er schüttelte den Kopf. Das brachte ihn alles nicht wirklich weiter, auch wenn es die Panik erklärte, die Dean an den Tag legte. „Ich tu dir nichts“, versuchte er dem Wolf zu erklären. „Wir müssen zusammenhalten. Im Moment bin ich genauso hilflos wie du. Ich denke wir müssen gemeinsam lernen miteinander auszukommen.“ Dean machte sich noch platter. Seine Augen klebten förmlich an dem Menschen. Was wollte der von ihm? „Wir finden einen Weg, dich wieder zu dem zu machen, was du wirklich bist. Ich werde nicht ruhen, bis du wieder ein Mensch bist, Dean“, versprach er mit brüchiger Stimme. Von dem Wolf kam keine Reaktion. Sam blieb noch eine Weile von dem Tisch hocken und dachte nach. Vielleicht, wenn der den Wolf in Ruhe ließ? Vielleicht kam er ja dann? Er wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht, stand auf und ging zu seinen Einkäufen. Dass der Wolf sich aufrichtete, um ihn im Auge zu behalten, bemerkte er nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)