Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 97: Ein kleiner Kerl ---------------------------- @ Vanilein - verurteile Sam nicht ganz so hart. Er sucht schon, aber leider ist von Dean nicht zu finden. Er hat eben nicht dieses Radar, dass ihn zielstrebig zu seinem Bruder führt, wie Dean es hat. LG Kalea 97) Ein kleiner Kerl „Hallo Michael“, grüßte Sam den Händler. „Wie geht es deinem Jungen?“ „Er erholt sich prächtig. Ich stehe in Eurer Schuld, Doktor. Was kann ich für Euch tun?“ „Ich brauche ein paar Ellen festen Hosenstoff und ein paar Ellen für ein Hemd. Und diesen da“, erklärte er und zeigte auf einen Kinderpullover. Außerdem ein paar Knäule von der Wolle.“ „Natürlich.“ „Doktor, Doktor“, brüllte ein Junge über den halben Platz und kam auf ihn zu gerannt. Sam drehte sich zu ihm um. „Was gibt es denn“, wollte er wissen. „Ihr müsst sofort kommen. Die Mutter hat hohes Fieber und Paul auch“, flehte der Junge abgehetzt. „Ich komme sofort“, sagte er und wandte sich an den Händler: „Könnt ihr es zu mir nach Hause liefern lassen?“ Er drückte ihm ein paar Geldstücke in die Hand. „Und wenn Ihr den Jungen mitnehmen könntet. Davina soll ihm was zu essen geben und einen warmen Platz am Kamin.“ „Natürlich, Doktor, aber welchen Jungen?“, erwiderte der Mann freundlich. Sam schaute sich um, doch Stephen war nirgends zu sehen. Er schüttelte den Kopf. „Dann nur den Einkauf“, antwortete er und Michael packte sofort alles zusammen und drückte das Paket seinem Ältesten, der ihm auf dem Markt half, in die Hand. „Bring es hin und gib Davina das Wechselgeld. Er hat mal wieder zu viel bezahlt!“ Sam fragte sich noch wo der Kleine wohl sein könnte, doch er bekam keine Chance nach ihm zu suchen. Sein Führer legte ein Tempo vor, dass er zusehen musste, um ihn nicht zu verlieren. Ihr Weg führte in eines der ärmsten Stadtviertel. Dass Stephen ihnen folgte, bemerkte er nicht. Bis zum Abend kam Sam nicht mehr dazu durchzuatmen. In dem Viertel, und wohl nicht nur da, tobte eine Grippewelle. Der Dauerregen der letzten Tage hatte die Nässe in die kleinen, zugigen Hütten getragen und die Kälte verhinderte, dass Kleidung und Betten richtig trocknen konnten. So war es bei dem schlechten Ernährungszustand der Menschen kein Wunder, dass sie reihenweise erkrankten. Und wieder war der Tod an jedem Krankenbett. Wieder zeigte er ihm, ob er den Menschen heilen konnte, oder ob es keine Chance für seinen Patienten gab und nie wäre es Sam in den Sinn gekommen, das anzuzweifeln. Er wusste, dass es nie gut war, mit dem Tod zu handeln. Und so etwas wie mit Deans Deal musste sich auch nie wiederholen. Erschöpft verließ er das letzte Haus. Er hatte nicht allen helfen können und das, obwohl das hier ja wohl ein Märchen war. Gingen Märchen immer gut aus? Er zog den Mantel fest um sich. Die Temperaturen waren in den vergangenen Stunden noch weiter gefallen. Sein Atem hing wie eine dichte Wolke vor seinem Gesicht. Jetzt wollte er nur noch etwas essen und sich vor dem Kamin aufwärmen. Langsam lief er auf den jetzt vollkommen ruhigen Marktplatz zu. Es gab nur wenige Lampen, die flackernd ein bisschen Licht verbreiteten und da war es nicht verwunderlich, dass er die kleine, zusammengekauerte Gestalt, die neben dem Brunnen hockte, erst im letzten Augenblick bemerkte. Neugierig näherte er sich ihr. „Stephen“, entfuhr es ihm erschrocken. „Was machst du denn hier?“ Der Junge hob den Kopf und schaute zu ihm auf. Er zitterte am ganzen Leib. „Warum bist du denn nicht mit dem Boten mitgegangen?“ Jetzt schlich sich Angst in seinen Blick und Sam konnte ihn irgendwie verstehen. „Hast du die ganze Zeit hier gewartet?“ Wieder sagte der Junge kein Wort, doch Sam konnte die Antwort in seinen Augen lesen. Der Kleine war vollkommen verängstigt, was nachdem was er erlebt hatte, wohl auch kein Wunder war. Er hielt ihm seine Hand hin. „Na komm, wir gehen nach Hause“, sagte er leise. Die kleine Hand schob sich in seine. Sie war eiskalt und zitterte wie Espenlaub. „Warte“, sagte Sam, ließ den Jungen los und zog sich seinen Mantel aus. Er wickelte den kleinen, schmächtigen Körper in das viel zu große Kleidungsstück und hob ihn hoch. Ein Seufzen schlich sich über die blauen Lippen des Jungen. Er schmiegte sich an Sam und war gleich darauf eingeschlafen. Mit langen Schritten eilte der auf sein derzeitiges Zuhause zu, wo Davina ihn schon ungeduldig erwartete. „Was bringt Ihr denn da mit?“, wollte sie erstaunt wissen und vergaß für einen Augenblick ihre eigentliche Frage. Sam legte das Bündel vorsichtig auf den Tisch. Er wickelte den kleinen Jungen aus seinem Mantel, der ihn orientierungslos anblinzelte. „Oh mein Gott. Wieso bringt Ihr so einen verlausten Streuner mit?“, wollte Davina mit leicht vorwurfsvollem Ton wissen. „Weil jeder wenigstens an einem Tag in seinem Leben auch mal Glück haben sollte!“ „Aber er …“ „Seine Eltern wurden ermordet. Ein paar zerlumpte Kaufleute haben ihn hier vom Karren geschmissen. Soll er als Bettler aufwachsen?“ „Es gibt ein Weisenhaus hier …“ „Das macht es auch nicht besser! Der Junge musste schon genug erleiden und jetzt Schluss mit dieser Diskussion! Mach bitte heißes Wasser, damit wir ihn baden können!“ Sam war ungehalten und das ließ er sie spüren. Dabei wusste er nicht einmal, warum er sich so für den Jungen einsetzte und er hoffte, dass es nicht nur an den grünen Augen lag. Sie hatten nie einem solchen Schicksal entgegengeblickt. Obwohl das Leben mit Dad auch nicht viel besser war. Und dabei hatte er damals einen großen Bruder, der sich um alles kümmerte. Dean! Schmerzhaft zog sich seine Brust zusammen. Er vermisste seinen Bruder und er war sich mehr als nur sicher, dass er, wenn sie es endlich in ein normales Leben schaffen würden, nie ohne Dean leben wollte. Sie würden bestimmt nicht in einem Haus wohnen, oder sich sogar eine Wohnung teilen. Nein, soweit wollte er es gar nicht. Aber sie würden in einer Stadt wohnen und sich immer wieder besuchen können. Einfach nur zu wissen, dass es dem anderen gut ging, würde reichen. Verdammt noch mal! Wie lange war er eigentlich schon hier gefangen? Immer wieder hatte er den Eindruck, nicht mal eine Woche hier zu sein, doch er hatte Erinnerungen an viele Tage. Aber die schienen noch immer irgendwie ineinander übergegangen zu sein. „Das Wasser ist soweit“ Davinas Worte rissen ihn aus seinen Gedanken. „Danke. Mach bitte …“ „Ich hab den Zuber schon gefüllt.“ „Du bist die Beste!“ „Das werdet Ihr gleich nicht mehr sagen“, prophezeite sie düster. „Hey, Stephen. Aufwachen.“ Der Kleine war schon wieder eingeschlafen. Er legte ihm die Hand an die eiskalte Wange und hob seinen Kopf etwas an. „Eine heiße Wanne wartet auf dich und ein schönes warmes Abendessen.“ Der Junge nuschelte etwas Unverständliches, wurde aber nicht wirklich wach. „Na komm, Kleiner. Je schneller wir hier fertig sind, umso schneller kannst du richtig schlafen.“ Langsam hoben sich Stephens Lider, fielen jedoch sofort wieder zu. Er brauchte wohl noch eine Weile, bis er wenigstens halbwegs wach war. Allerdings konnte er ihn schon einmal aus seiner verdreckten Kleidung schälen. Vorsichtig brachte er den Jungen in seine sitzende Stellung und wurde augenblicklich von seiner Haushälterin beiseite gedrängt. Sie begann dem Kind die Haare zu scheren. „Was soll das?“, fuhr Sam erschrocken dazwischen. „Er hat Läuse und wer weiß was noch für Ungeziefer. Wollt Ihr das im Haus haben?“, fragte sie barsch. „Soll ich mich dann gleich daneben setzen? Ich war heute nur im Armenviertel unterwegs!“ „Ihr seid sauber!“ „Läuse haben nichts mit Sauberkeit zu tun!“ Zu gut konnte sich Sam daran erinnern als er einmal selbst mit dieser Plage aus der Schule kam und fürchterlich geweint hatte. Und wie Dean ihm ruhig erklärte, dass Läuse eben nicht nur schmutzige Menschen bekamen. Sein Bruder hatte dann ein Mittel gekauft und seine Haare damit gewaschen. Schlimm war damals nur, dass sein geliebtes Plüschtier in den Gefrierschrank musste und er ihn, als sie am nächsten Tag weiterziehen mussten, genau da vergessen hatte. Davina sagte nichts dazu und machte ungerührt weiter. Kaum war sie fertig, schälte sie den Jungen aus seiner restlichen Kleidung. Mit spitzen Fingern nahm sie die und ging zum Kamin, um sie da zu entsorgen. Ihre und die Kleidung ihres Herrn würde sie nachher noch kochen. Und baden mussten sie wohl auch. „Warte“, forderte Sam und blickte zu dem Jungen der vollkommen verschüchtert vor ihm auf dem Tisch stand. „Ich denke, die sollten wir verbrennen“, erklärte sie. „Gibt es etwas, das du behalten möchtest?“ Er wusste nur zu gut, wie wichtig Erinnerungen waren. Das hatte das Foto in Deans Brieftasche mal wieder bewiesen. Der Junge schüttelte den Kopf und zeigt ihm eine Kette die er um den Hals trug. Sam nickte und gab sein Okay zur Kleiderverbrennung, die Davina auch sofort in die Tat umsetzte, während Sam den Jungen in die Küche trug und in die Wanne setzte. Das Wasser reichte dem Kleinen nicht mal bis zum Bauch. Er ließ sich auf die Bank fallen und bekam von Faye, der neuen Köchin, einen Teller Suppe gereicht. „Danke“, sagte er ohne den Blick von dem Jungen zu wenden. Der Kleine sah furchtbar aus. Er war verdreckt und hatte, soweit er das bei dem flackernden Licht erkennen konnte, jede Menge blauer Flecken. Ob er die bei der Ermordung seiner Eltern abbekommen hatte? Davina nahm einen Topf mit heißem Wasser und schüttete etwas davon in die Wanne. Sie verrührte es kurz, griff sich einen Becher und schüttete dem Jungen jede Menge Wasser aus der Wanne über den Körper, bis sie den Becher wegstellte und die ganze Prozedur von vorn begann. Sie wusch ihn, holte ihn aus der Wanne und trocknete ihn ab und als der Junge, in eine Decke gewickelt neben Sam auf der Bank saß und vorsichtig die heiße Suppe löffelte, setzte sie sich dazu nahm eine der Wolledoggen die Sam gekauft hatte und begann daraus ein Knäuel zu wickeln. „Morgen werde ich ihm ein Hemd nähen“, sagte sie leise. Sam nickte nur. Auch er war müde. Er wartete nur noch darauf, dass der Kleine fertig wurde. „Er schläft heute Nacht bei mir und morgen richten wir ihm das zweite Zimmer ein. Die Möbel aus dem alten Haus sollten vorerst reichen“, bestimmte er. Davina nickte wortlos. Sie hatte getan, was getan werden musste, das hieß aber nicht, dass es ihr auch gefallen hatte. Im Gegenteil. Der Kleine tat ihr leid. Auch sie hatte sich zeitig um eine Anstellung kümmern müssen, weil sie einfach zu viele Esser zu Hause waren und sie pries noch heute den Tag, der sie auf den Markt geführt hatte, wo der Doktor in sie hineingelaufen war. Sie hatte darauf warten müssen, dass der Schneider mit dem Kleid ihrer damaligen Herrin fertig wurde. Da das aber noch dauerte, sie ohne das Kleid aber auf keinen Fall zurückkommen durfte, wenn sie nicht riskieren wollte geschlagen zu werden, hatte sie ihm geholfen seinen Einkauf aufzusammeln und ihn nach Hause zu tragen. Das war noch die kleine Hütte, die sie erst vor Kurzem verlassen hatten. Sie hatte ihm ein wenig im Haushalt geholfen und als sie gehen wollte, hatte er sie gefragt, ob sie nicht hin und wieder bei ihm putzen könnte. Natürlich hatte sie zugesagt. Sie war mehr als froh gewesen, ihrer ungerechten, aufbrausenden Herrin entkommen zu sein. Jetzt war sie seine Haushälterin. Herrin über zwei Angestellte. Der Kleine hatte in seinem Leben schon genug erlitten und er hatte Glück, dass der Doktor sich um ihn kümmern wollte. Aber er war auch verlaust und hatte Flöhe. Und sie wollte nichts mehr, als ihr Zuhause von diesem Ungeziefer frei halten. Schließlich war es der Doktor selbst, der ihr beigebracht hatte, dass Sauberkeit das Wichtigste war, um gesund zu bleiben. Stephen ließ den Löffel fallen. Er schaffte es kaum noch die Augen offenzuhalten. Sein Hals kratzte fürchterlich und auch wenn die Suppe es erträglicher machte, er wollte nicht mehr. Sofort wickelte Sam die Decke fester um ihn und hob ihn hoch. „Wir gehen ins Bett“, sagte er und trug den Kleinen nach oben. Er legte ihn ins Bett an die Wand und sich davor, wickelte die Bettdecke fest um ihre Körper und schloss die Augen. Doch wenn er gedacht hatte, dass er jetzt sofort einschlafen konnte, so hatte er sich getäuscht. Die Wärme, die ihn umschloss und die Sicherheit, die er plötzlich fühlte, ließen bei Stephen alle Dämme brechen. Seine Kehle verengte sich und Tränen drängten in seine Augen. Immer wieder schluckte er, doch das tat weh und so ließ er diesen einen Schmerz zu. Im Einschlafen fühlte Sam den kleinen Körper in seinen Armen beben. Er zog ihn noch etwas fester an sich und strich ihm beruhigend über die Schultern. Herzzerreißendes Schluchzen zerriss die Stille in seinem Schlafzimmer. „Schsch“, machte er und wusste doch wie sinnlos das war. Der Junge hatte alles verloren. Er musste seinen Schmerz betrauern, um einen Neuanfang wagen zu können. Wenn es etwas gab, was Sam nicht für den Kleinen wollte, so waren es die Schatten der Vergangenheit, die ihn ständig verfolgten. Lange brauchte der Junge, bis er endlich eingeschlafen war und sich auch Sam in Morpheus Arme fallen lassen konnte, nicht jedoch ohne, wie jeden Abend, seinen letzten Gedanken Dean zu schenken. Das Mal an seinem Arm war mal heller und dann wieder dunkler und er wusste einfach nicht, was er davon halten sollte. Zeigte es wirklich an wie es Dean ging? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)