Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 56: Ein quälender Verlust --------------------------------- 56) Ein quälender Verlust „Okay“, nickte der jüngere Winchester nach einer Weile. Es behagte ihm immer noch nicht, Dean alleine zu lassen, aber sein Bruder konnte sehr gut auf sich selbst aufpassen. Außerdem wurde es wirklich Zeit, dass sie sich um Kates Leiche kümmerten. „Essen ist im Kühlschrank, Toastbrot im Schrank und wenn was ist …“ „Sammy. Ich bin schon groß. Ich werde es wohl finden.“ Wieder verdrehte Sam die Augen. „Versprich mir, dass du keine großen Ausflüge machst und schläfst!“ „Ich verspreche es. Und jetzt seht zu, dass ihr weg kommt, sonst steht ihr morgen noch hier!“ Sam wollte noch etwas sagen, verbiss es sich aber. Dean hatte ja Recht. Er war erwachsen und kam sehr gut alleine klar. Trotzdem blieben Zweifel, ob es richtig war zu fahren, ob er nicht doch besser noch eine Tag warten sollte, oder zwei. Dean war nicht so stark wie er sie glauben lassen wollte! Er atmete tief durch und verdrängte seine Bedenken. „Lass uns los“, wandte er sich an Adam. Keine fünf Minuten später hatte er Adam davon überzeugt, dass er nicht den Impala fahren und recherchieren konnte. Deshalb musste der Junge das erste Stück fahren, nicht natürlich, ohne dass Sam ihn vorher zur Genüge ermahnt hatte, ja keinen Kratzer in Deans Baby zu machen. Und so lenkte Adam den Wagen auf die Straße. Sam hatte es sich auf seinem angestammten Platz bequem gemacht und den aufgeklappten Laptop auf seinen Knien. „Okay, wir fahren nach Slayton und holen uns da einen Mietwagen, fahren nach Worthington und decken uns mit einer kompletten Wanderausrüstung ein. Schuhe, Jacken, Hosen, Decken. Dann holen wir deine Mom und bringen sie Richtung Wisconsin“, erklärte er wenig später seinen Plan. „Warum so kompliziert? Ich meine, Mom …“ „Für sie können wir nichts mehr tun. Aber für dich. Und wenn wir uns eine Nacht um die Ohren schlagen müssen, um dir dein Leben zu erhalten, dann tun wir das. Und jetzt fahr an den Straßenrand. Ich übernehm das Lenkrad.“ „Ich bin den Impala schon vor Jahren gefahren.“ „Und hast nur damit, dass du es erwähnt hast, Dean einem Herzinfarkt sehr nahe gebracht. Der Wagen ist wie seine Geliebte. Den leiht er selbst mir nur im allergrößten Notfall und ich bitte dich, hierüber nie mit ihm zu reden, denn auch wenn wir so locker eine halbe Stunde gespart haben, wird er es nicht gutheißen, wenn er es weiß.“ „Es ist nur ein Auto!“ „Nein! Der Impala ist kein Auto! Dean würde sie mit ins Bett nehmen, wenn es nur irgendwie ginge. Sie ist das einzige, von Dad, was er auch weiterhin uneingeschränkt liebt. Sie ist die einzige Konstante in seinem, in unserem Leben. Sie ist unser Zuhause!“, erklärte er energisch. „Also bitte ...“ Der Milligan überlegte kurz, nickte dann aber und lenkte den Wagen an den Straßenrand. Er war allein, genau das, was er gewollt hatte. Kein Sam, der ihn mit Argusaugen bewachte, kein Adam, der ihn immer wieder fragend musterte. Allein mit sich und seinen Erinnerungen an die letzten Albträume. Vielleicht konnte er die ja mit einer Dusche abwaschen?!? Dean stemmte sich in die Höhe und stakste auf wackligen Beinen ins Bad. Frisch geduscht und rasiert suchte er sich in der Küche etwas zu Essen und ließ sich mit seinen Schätzen am Tisch nieder. Er traute seinen Beinen nicht zu, ihn solange aufrecht zu halten, bis die Sandwiches fertig geschmiert auf einem Teller lagen. Lustlos kaute er auf dem Brot herum und würgte es dann trocken herunter. Er blickte auf das Sandwich und verzog das Gesicht. Angewidert warf er es auf den Teller. Sein Magen grummelte. Wieder starrte er das Sandwich an. Er musste essen! Das Bild, das ihn aus dem Spiegel angeschaut hatte, sah grauenhaft aus. Er nahm das Brot wieder in die Hand und schluckte trocken. Noch nie war ihm Essen so furchtbar vorgekommen. Er musste sich regelrecht zwingen, die Sandwiches aufzuessen. Seine Kehle war wie zugeschnürrt. Schnell spülte er den letzten Bissen mit einem Bier herunter und brachte den Teller zurück in die Küche. Erleichtert ließ sich Dean in die Kissen sinken und schloss die Augen. Endlich hatte er die Ruhe, um über das nachzudenken, was ihm in den letzten Tagen widerfahren war. Seine Brüder waren weg! Er hatte es so gewollt und doch fragte er sich jetzt, ob es richtig war. Er wollte nicht alleine sein. In seinem Kopf spukten so viele Bilder umher. Bilder, die er nicht sehen wollte, die ihm die Luft zum Atmen nahmen. Bilder, die sein Unterbewusstsein produzierte, die aber so nie passiert waren. Er brauchte Zeit, um sie zu sortieren. Zeit alleine, ohne dass Sam immer wieder Fragen stellte. Zeit, um wieder der alte Dean zu werden. um seine Gefühle in den Griff zu bekommen. Zeit um alles hinter einer Mauer zu verbergen. Einer Mauer, die er wie ein Korsett brauchte, dass ihn aufrecht hielt. Sam gegenüber war das ungerecht. Er müsste ihm gegenüber offener sein, doch er hatte Angst sich komplett zu verlieren, wenn er jetzt noch mehr Veränderungen zuließ. Die Demontage John Winchesters als Vorbild und die Aberkennung seiner Vaterschaft waren schon fast mehr als er mit einem Mal überstehen konnte. Selbst ein Dean Winchester brauchte ein Bisschen Stabilität in seinem unsteten Leben. Die Existenz eines weiteren Bruders hatte ihm mehr zugesetzt, als er zugeben wollte. Ein weiterer Bruder: Wie falsch das klang. Er hatte nur einen Bruder. Sammy! Den kleinen Hosenscheißer, der zu ihm gewackelt kam, wann immer er ihn sah und der ihn inzwischen um fast einen ganzen Kopf überragte. Es gab nur einen Sam, einen kleinen Bruder! Und dabei sollte es bleiben! Enttäuscht rieb er sich über das Gesicht. Nicht weil John ihm einen Bruder unterschlagen hatte, das war es nicht. Er hatte einem fremden Kind das gewährt, was er Sam und ihm versagt hatte. Ein friedliches, normales Leben! Obwohl ein Leben nach Moms Tod wohl auch nicht friedlich oder normal gewesen wäre. Aber selbst das hatte John ihnen genommen. Wahrscheinlich musste er noch froh sein, dass der Adam nicht angeschleppt und ihm aufs Auge gedrückt hatte, damit er weiterhin seinem Vergnügen nachgehen konnte! Dean wusste, dass er seinem Erzeuger jetzt Unrecht tat, aber es war ihm egal. John! Er hatte gehofft seinem Vater den Rest seines Lebens neutral gegenüberstehen zu können, nachdem er vor einem Jahr begonnen hatte, an seinem Thron zu sägen, doch jetzt war er sich nicht mehr sicher, diese Position überhaupt wieder erreichen zu können. Im Moment Wollte er ihm noch nicht einmal einen Namen zugestehen. Im Moment war der nur der Typ, der ihnen das Leben gestohlen hatte. Im Moment war da nur Hass. All die vergessen geglaubten Streitereien seiner Eltern, Johns Verschwinden, die Vorwürfe, die er Mom gemacht hatte. Seine Eltern glaubten, das vor ihm geheim halten zu können. Sie stritten sich, wenn er schon im Bett war und eigentlich schlafen sollte. Aber das hatte er nicht. Auf der Treppe sitzend hatte er mit angehaltenem Atem gewartet, dass es aufhörte. Damals hatte er nicht verstanden worum es dabei ging, nur das Dad wütend war und Mom schließlich weinte. Am nächsten Tag war er dann ganz besonders lieb zu seiner Mom gewesen und sie waren auf dem Spielplatz oder Eis essen gewesen. Wie ein Tsunami brach die ganze verdrängte Trauer über ihren Verlust über ihn herein und schnürte ihm die Luft ab. Tränen drängten sich in seine Augen. Egal wie sehr er es vergessen wollte. Der Puppenspieler hatte diese Erinnerungen wieder ausgegraben und Johns Verrat an seiner Familie drohte ihn zu ersticken. Was hatte er nicht alles getan, um seine kleine Familie zusammenzuhalten? Es war nie genug. Von Anfang an hatte er auf verlorenem Posten gekämpft. Ein gequälter Schrei drängte über seine Lippen. Er rollte sich fest zusammen und ließ seinem Schmerz freien Lauf. Es dauerte lange, bis er sich endlich in den Schlaf geweint hatte. Sam und Adam parkten ihren gemieteten Pickup vor einem Treckingausrüster und gingen hinein. Der Winchester zog sein Handy aus der Tasche. Er hatte irgendwie ein schlechtes Gefühl. Eine Weile starrte er auf das Display, unsicher, ob er Dean nicht besser anrief. Aber er wollte ihn nicht wecken, falls der schlief, was er im Stillen hoffte. Leise grummelnd schob er das Teil wieder in die Hosentasche und folgte Adam in den Laden. >>> Sie saßen in einem gemütlichen, kleinen Diner. Er blickte der Bedienung, die ihnen gerade Kaffee nachgeschenkt hatte, hinterher. Sie ging, mit ihrem runden Hintern wackelnd zurück hinter ihre Theke. Sam hatte den Laptop aufgeklappt und durchsuchte das Internet nach einem neuen Fall für sie. „Es ist absolut ruhig“, verkündete er nach einer halben Ewigkeit. „Nicht mal ein Geist?“ „Nein, absolut nichts. Und was machen wir jetzt?“ „Wir könnten mal wieder auf ein Konzert gehen.“ „Hast du was Besonderes im Auge?“ „Nö, keine Ahnung. Wer ist denn unterwegs?“ Wieder klapperten die Tasten. „Ich hoffe, ihr sucht nach einem neuen Fall?“ Erschrocken starrten sie beide den Mann an, den sie hier überhaupt nicht erwartet hatten. Er überlegte, ob er aufstehen und seinen Dad zur Begrüßung umarmen sollte, doch der sah alles andere als begeistert aus, sie zu sehen und so blieb er sitzen. „Es ist nichts los“, antwortete Sam ruhig. „Ich hab alles durchsucht. Es gibt derzeit keine übernatürlichen Aktivitäten.“ „Und das soll ich euch glauben? Ihr wollt euch doch nur vor der Arbeit drücken!“ „Nein, Dad wir …“, begann er leise. „Such doch selbst“, knurrte Sam und schob ihm den Rechner zu. „Ist es jetzt schon meine Aufgabe euch zu beschäftigen?“ Er hatte es noch nie haben können, wenn Dad sauer auf ihn war. Er zog seinen Kopf ein, während Sam sich noch etwas weiter aufrichtete und ihren Dad wütend anfunkelte. „Dich interessiert es doch sonst auch nicht, was wir tun. Also halte dich jetzt gefälligst aus unserem Leben raus!“, giftete der den großen John Winchester an. „Was glaubst du eigentlich wer du bist? Du sprichst mit deinem Vater!“ „Dean war mehr Vater für mich als du!“ „Sammy, bitte nicht hier“, versuchte er die Wogen zu glätten. „Sammy nicht hier“, äffte John seinen Sohn nach und schnippte mit den Fingern. Mit einem boshaften Grinsen sah er zu, wie Sam mit weit aufgerissenen Augen zu ihm herauf starrte und dann leblos in sich zusammensackte. „Sammy!“ Sofort sprang er auf und drängte sich an John vorbei zu Sam. Hastig tastete er nach einem Puls und begann, als er den nicht fühlen konnte, mit der Herzdruckmassage. „Bitte Sammy, komm schon!“, bettelte er und machte unermüdlich weiter. „Vergiss ihn!“, befahl John, packte ihn am Arm und versuchte ihn von seinem Bruder wegzureißen. „Nein, Dad. Es ist doch Sam! Bitte! Er …“ „Vergiss ihn!“ Wieder schnippte John mit den Fingern und Sams Körper verschwand, so als hätte es ihn nie gegeben. Er starrte auf das Nichts unter seinen Händen. „Sammy“, flüsterte er hilflos und blickte zu seinem Vater. „Du bist Schuld, dass ich ihn vernichten musste, Dean. Du hast ihn so aufsässig werden lassen!“ „Dad?“ „Hör auf mich so zu nennen! Du bist nicht mein Sohn! ICH habe nur einen Sohn!“, erwiderte John Winchester kalt und winkte einem blonden, schlaksigen Jungen, der langsam auf sie zu kam. „Ist das mein Bruder?“, fragte der interessiert. „Nein. Das ist nur ein unfähiges Nichts! Er ist Schuld, dass dein Bruder sterben musste.“ Der Junge starrte ihn hasserfüllt an. „Was willst du dann noch von ihm?“ „Nichts. Geh schon mal zu deiner Mutter, ich erledige das hier noch und dann komme ich zu euch.“ „Bleibst du dann für immer?“ „Dann bleibe ich für immer!“ Der Junge lächelte John Winchester an und wandte sich ohne einen weiteren Blick ab. „Dad?“, fragte er noch einmal kaum hörbar. „Ich habe dir schon einmal gesagt, du sollst aufhören mich so zu nennen! Aber scheinbar kannst du nicht hören. Ich werde mich jedenfalls nicht länger mit dir belasten. Ich habe eine Familie gefunden, die mich liebt und mit der ich den Rest meines Lebens verbringen will.“ Kalt ruhten seine Augen auf ihm. „Alistair!“, rief er. Die Lampen in dem Diner flackerten als der Dämon erschien. „Hast du dich entschieden?“, wollte der von John wissen. „Ja.“ „Ein Leben für ein Leben?“ „Sein Leben für mein Leben! Du kannst ihn haben, ich brauche ihn nicht mehr. Mach mit ihm was du willst, Hauptsache, er kommt mir nie wieder unter die Augen!“, verfügte John kalt. „Wundervoll“, freute sich Alistair und mustert ihn mit seinen weißen Augen. „Geh“, forderte der Dämon John auf und wartete noch, bis der zur Tür hinausgegangen war. Dann schnippte er mit den Fingern. Ein Hund jaulte. Krallen kratzen über den Boden. Das Jaulen ging in Bellen über und dann schlugen Zähne in Deans Oberschenkel ein. <<< Dean erwachte von seinem eigenen heiseren Schrei. Das Herz schlug ihm bis zum Hals und seine Atmung war kurz davor zu kollabieren. Er blieb auf dem Rücken liegen und starrte auf die Schatten einiger Zweige, die im Schein der Straßenlaterne vor ihrem Zimmer, an der Decke tanzten. Nur langsam ließ das Zittern nach und seine Atmung wurde wieder ruhiger. Die Schrecken des Traumes wollten jedoch nicht so einfach verblassen. Wütend trat er um sich. Seine Fäuste trommelten auf die Matratze. Warum? Warum mussten ihn solche Träume quälen? Reichte es nicht, dass er seine Mom und seinen Dad verloren hatte? Reichte es nicht, dass Sam in seinen Armen gestorben war und er kurz davor gestanden hatte in die Hölle zu gehen? Reichte es nicht, dass er sich noch immer Vorwürfe machte, dass John Winchester für ihn in die Hölle gegangen war? Nein, scheinbar reichte nichts davon! Scheinbar war er dazu verdammt immer wieder zusehen zu müssen, wie seine Familie starb und wie andere glücklich lebten. Warum mussten sich diese Wechselbälger ausgerechnet Windom aussuchen? Und warum von all den Menschen die hier lebten ausgerechnet Kate Milligan? Sie hätten nie von Adam erfahren müssen. Noch immer von Wut erfüllt, schleuderte Dean sein Kissen durch den Raum. Nur mühsam konnte er sich davon abhalten dem Kissen auch noch die Nachttischlampe folgen zu lassen. Er zwang sich dazu ruhig liegen zu bleiben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)