Back to who I really am von Fhin ================================================================================ Kapitel 16: Sick bed visit -------------------------- Takumi Ich saß mit Gerard, Cedric und Sarah in einer Limousine, die uns geradewegs zum Anwesen von Richard Rachester bringen sollte – meinem Großvater. Natürlich lag er nicht im Krankenhaus, sondern wurde von einem ganzen Ärzteteam zu Hause umsorgt. Je näher wir unserem Ziel kamen, desto mulmiger wurde das Gefühl in meinem Bauch. Ich dachte an Misaki, die mittlerweile vermutlich schon wieder schlief. Immerhin war ich bereits vor über 14 Stunden in Tokyo gestartet. Durch die Zeitverschiebung war es hier in England erst später Nachmittag, während es in Japan schon nach Mitternacht war. Ich war müde. Immerhin hatte Gerards Anruf mich in aller Frühe aus dem Bett geholt und geschlafen hatte ich danach nicht mehr. Ich hatte zwar versucht, im Flugzeug etwas zu schlafen, schon allein, um jedes Gespräch möglichst vermeiden zu können, aber ich war einfach zu unruhig gewesen. Immerhin hatte ich bei meinem letzten Besuch in England keine guten Erfahrungen gemacht. „Wir sind gleich da.“, sagte Gerard mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck. „Ich weiß.“, sagte ich. Es war ja nicht so, als wäre ich zum ersten Mal hier. Ich kannte die Gegend ganz genau. „Ich würde sagen, wir machen uns alle etwas frisch, bevor wir zu Großvater gehen.“, fuhr Gerard fort. „Sarah, du kannst mit auf Takumis Zimmer gehen.“ Ich warf ihm einen bösen Blick zu. „Entschuldige, Sarah, aber das halte ich für keine gute Idee.“, wandte ich sofort ein. „Es gibt genügend Gästezimmer und die meisten haben ein eigenes Bad. Du hast also eine große Auswahl.“ „Ich finde, du könntest deine Verlobte ruhig in deinem Zimmer aufnehmen.“, erwiderte Gerard mit einem Unterton, den er immer aufsetzte, wenn er eindeutig Spaß an der Situation hatte. „Ich habe dir bereits gesagt, dass wir die Verlobung gelöst haben.“, widersprach ich sofort. Ich wusste, dass ich Sarah mit meinen Worten wehtat, aber das konnte ich leider nicht verhindern. Ich wollte keine Zweifel darüber aufkommen lassen, dass es definitiv keine Hochzeit zwischen mir und Sarah geben würde. „Das sagst du jetzt.“, sagte Gerard mit einem Lächeln, das mir einen Schauer über den Rücken jagte. Ich sagte nichts mehr. Es hatte keinen Zweck mit ihm zu diskutieren. In diesem Moment bogen wir auf die pompöse Einfahrt des Rachester-Anwesens ein. Mein Blick verfinsterte sich, als ich die große Villa sah, die von penibel gepflegten Gärten und klischeehaftem englischen Rasen umgeben wurde. All die Jahre, die ich gezwungen war, hier zu leben, hatte ich diese festen hohen Mauern als Gefängnis empfunden. Es war kein gutes Gefühl, zurückzukehren. Erneut schweiften meine Gedanken zu Misaki. Misaki Was für ein furchtbarer Tag! Nachdem ich Usui am Morgen zum Flughafen begleitet hatte und dort nicht nur die bissigen Bemerkungen Gerards hatte ertragen müssen, sondern auch noch Usuis Ex-Verlobte hatte kennenlernen müssen, hatte ich einen Anruf aus dem Café Latte erhalten. Hina-chan, ein junges Mädchen, das erst vor wenigen Wochen bei uns angefangen hatte, war krank geworden und Satsuki hatte verzweifelt gefragt, ob ich für sie einspringen konnte. Ich hatte gedacht, dass ich die Ablenkung gut gebrauchen konnte und hatte sofort zugesagt. Aber dummerweise hatte ich mich während der Arbeit gar nicht konzentrieren können. Alles war schief gegangen, was schief gehen konnte. Gegen Ende meiner Schicht hatte Satsuki mich beiseite genommen und gefragt, ob mit mir alles okay sei. Ich hatte knapp berichtet, was los war, und Satsuki hatte natürlich nur Verständnis für mich gezeigt. So war unsere Chefin eben. Sie hatte gesagt, dass jetzt sowieso nicht mehr so viel los sei, und mich nach Hause geschickt. Auf dem Heimweg, den ich dann widerwillig angetreten war, hatte ich noch eine Kleinigkeit eingekauft und natürlich war mir auf dem Weg dann die Einkaufstüte gerissen. Jetzt war es bereits nach Mitternacht und ich lag im Bett, konnte aber absolut nicht einschlafen. Ich hatte mich sowieso noch nicht an diese Wohnung gewöhnt und nun, da Usui nicht hier war, fiel es mir wirklich schwer, mich hier wie zu Hause zu fühlen. Dazu kamen natürlich noch die Sorgen, die ich mir um ihn machte. Ständig sah ich auf mein Handy, aber ich hatte noch keinen Anruf bekommen. Ob er wohl noch anrufen würde? Vielleicht dachte er, dass ich schon schlief und wollte mich deshalb nicht stören. Seufzend drehte ich mich auf die andere Seite. Hoffentlich rief er bald an. Takumi Ich öffnete die Tür zu dem Zimmer, das ich die letzten fünf Jahre lang bewohnt hatte. Es war kalt. Nicht, dass die Temperatur zu niedrig gewesen wäre. Aber das ganze Zimmer strahlte eine gewisse Kälte aus. Es war schön eingerichtet, aber hatte keinerlei Persönlichkeit. Ich erkannte mich selbst in diesem Zimmer nicht wieder. Wie auch? Ich wusste ja fünf Jahre auch nicht einmal, wer ich war. Und jetzt, da ich es wieder wusste und sogar meine Misaki wiederhatte, fühlte ich mich hier nur noch unwohler. Ich warf meine Reisetasche auf das große Bett. Ich hatte mich geweigert, meine Sachen von einem der zahlreichen Butler tragen zu lassen. Ich hatte mich noch nie wohl dabei gefühlt, bedient zu werden. Seufzend zog ich mein Handy aus meiner Tasche. Es war 16:43 Uhr, was bedeutete, dass es in Japan schon 0:43 Uhr war. Misaki schlief bestimmt längst. Andererseits hatte ich versprochen, sie anzurufen, wenn ich da war. Vielleicht machte sie sich auch Sorgen um mich und konnte nicht schlafen. Ich beschloss, es auf einen Versuch ankommen zu lassen und tippte auf Misakis Kontakt in meinem Handy. Das Signal verriet mir, dass es jetzt bei Misaki klingeln sollte. Ich hoffte, dass ich sie nicht weckte. „Takumi?“, hörte ich Misakis Stimme nach dem dritten Klingen. „Hey.“, sagte ich und fühlte mich gleich besser, nachdem ich Misakis Stimme gehört hatte. „Endlich rufst du an.“, sagte sie. „Ich bin gerade in dem Anwesen meiner Familie angekommen und sitze in meinem Zimmer.“, erzählte ich. „Hab‘ ich dich geweckt?“ „Nein.“, antwortete Misaki zu meiner Erleichterung. „Ich konnte nicht schlafen. Ich hab‘ mir Sorgen um dich gemacht.“ Ich muss lächeln. Sie hatte sich also tatsächlich Sorgen gemacht. „Es geht mir gut.“, wollte ich ihr ihre Sorgen nehmen. „Ich bin nur ein bisschen müde.“ „Kein Wunder.“, erwiderte sie. „Hast du denn ein bisschen im Flugzeug geschlafen?“ „Ich hab’s versucht.“ Ich seufzte. „Aber wirklich schlafen konnte ich nicht. Wenigstens konnte ich so unnötigen Gesprächen aus dem Weg gehen.“ „Deinen Großvater hast du noch nicht gesehen?“, fragte Misaki dann. Bei dem Gedanken, dass mir das noch gleich bevorstand, verschlechterte sich meine Laune sofort. „Nein.“, antwortete ich. „Wir sind wirklich grad erst hier angekommen. Gerard meinte, wir sollen uns doch alle kurz frisch machen, bevor wir zu ihm gehen. Und so hab‘ ich wenigstens die Chance, dich kurz anzurufen.“ „Ich bin froh, dass du angerufen hast.“, sagte Misaki. So fürsorglich kannte ich sie kaum. Das lag wohl daran, dass sie sich wirklich Sorgen um mich machte. Kein Wunder nach dem, was das letzte Mal passiert war. „Ich bin auch froh, dass ich mit dir reden konnte.“ Das war ich wirklich. „Aber du solltest wohl schlafen, hm?“ „Sollte ich wohl…“, seufzte Misaki. Sie hörte sich plötzlich sehr müde an. Als sei die ganze Anspannung, die sie vom Schlafen abgehalten hatte, plötzlich von ihr abgefallen. Und vielleicht war es auch so. „Ich ruf dich morgen wieder an.“, versprach ich und hoffte, dass ich wirklich dazu kommen würde. Mal abgesehen davon, dass ich nicht wusste, was mir hier bevorstand, gab es auch noch den Zeitunterschied, der es nicht gerade vereinfachte, eine passende Zeit zum Telefonieren zu finden. „Mach das bitte.“, erwiderte Misaki. „Wenn irgendetwas ist, kannst du dich auch jederzeit bei mir melden. Egal wie spät es ist.“ Ich musste lächeln. Das war meine Misaki. Auch wenn sie oft hart und unnachgiebig war, so hatte sie tief im Inneren schon immer eine fürsorgliche Seite gehabt. Wenn jemand wirklich ihre Hilfe brauchte, so war stets auf sie Verlass. „Danke, Misaki.“, sagte ich mit einem Lächeln. „Ich liebe dich.“ „Ich… Ich liebe dich auch.“, erwiderte sie. Noch immer stolperte sie ein bisschen bei diesen Worten. Aber das machte es nur umso liebenswürdiger. „Mach’s gut.“, sagte ich. „Du auch.“ Damit legten wir auf. Wie ich diese Frau vermisste… Was würde ich darum geben, sie jetzt bei mir zu haben, sie in den Arm zu nehmen, sie zu küssen und ihr so nahe sein zu können, wie es nur möglich war. Ich war einfach verrückt nach ihr. Etwa eine halbe Stunde später traf ich mich wieder mit Gerad, Cedric und Sarah im Foyer. Ich fragte mich, wieso Cedric und Sarah dabei waren. Sollte es nicht genügen, wenn Gerad und ich unseren Großvater besuchten? Cedric lief Gerard überall hinterher, sofern er keinen anderen Befehl bekommen hatte. Und Sarah? Ich wusste beim besten Willen nicht, was sie hier zu suchen hatte. Gemeinsam gingen wir zum Zimmer meines Großvaters, was in diesem riesigen Anwesen immerhin ein paar Minuten dauerte, da er in einem Flügel auf der anderen Seite der Villa hauste. Gerard klopfte an die Tür und man hörte ein knurrendes „Herein!“ von der anderen Seite der Tür. Als wir eintraten, konnten wir Richard Rachester in dem riesigen Bett liegend sehen, das in der Mitte des Raumes stand. Ein Tropf war an seinem Arm befestigt und ein Arzt war gerade dabei, seinen Puls zu messen. „Hallo Großvater.“, begrüßte Gerard ihn und trat ohne zu zögern auf ihn zu. Keiner von uns anderen traute sich, so direkt auf ihn zuzugehen. Richard Rachesters Blick ging an Gerard vorbei und fiel direkt auf mich. Sein Blick verfinsterte sich. „Was will er ihr?“, fragte er meinen Bruder, als würde ich nicht existieren. „Aber Großvater.“, erwiderte Gerard. „Du selbst hattest doch nach Takumi gefragt.“ „Habe ich das?“, fragte Richard Rachester plötzlich und wirkte ehrlich verunsichert und im selben Augenblick zeigte er eine Schwäche, die ich noch nie an ihm gesehen hatte. Anscheinend ging es ihm wirklich nicht gut. Er war einfach alt. „Ja, hast du.“, bestätigte Gerard. „Ich habe dir erzählt, dass er sein Gedächtnis zurückerlangt hat und jetzt wieder in Japan leben möchte. Erinnerst du dich?“ „Ja…“, antwortete er zögerlich und wirkte dabei nicht sehr überzeugend. „Ja…“ Sein Blick fiel auf Sarah und Cedric. „Wer sind die anderen beiden?“, fragte er. Gerard sah kurz zu uns herüber, bevor er unseren Großvater wieder ansah. „Du solltest Cedric kennen, Großvater.“, sagte Gerard. „Er arbeitet schon seit Jahren für uns. Er ist mein persönlicher Assistent.“ „Ja…“, erwiderte Richard Rachester. „Natürlich.“ „Und die junge Dame hier…“, fuhr Gerad fort. „… das ist Takumis reizende Verlobte Sarah Hastington.“ Großvaters Blick erhellte sich deutlich. Mit dem Namen Hastington konnte er eindeutig etwas anfangen. „EX-Verlobte.“, warf ich schnell ein. Ich wollte auf keinen Fall irgendwelche Missverständnisse aufkommen lassen. „Was soll das bedeuten?“, fragte Richard Rachester, dessen Miene sich sofort wieder verdunkelt hatte. „Nachdem ich mein Gedächtnis wiedererlangt habe, habe ich die Verlobung gelöst.“, erklärte ich ernst. Ich verschränkte meine Arme. „Unsinn.“, wehrte er ab. „Eine Hochzeit mit einer Hastington ist das Beste, was dir passieren könnte. Ich müsste mich endlich nicht mehr für diesen Bastard eines Enkels schämen, den meine Tochter hier in die Welt gesetzt hat.“ Seine Worte trafen mich weit weniger, als sie sollten. Ich war es mittlerweile einfach schon gewohnt, was die ganze Sache nur noch trauriger machte. „Ich bin der Meinung, dass Takumi sogar ein würdevoller Erbe wäre, wenn er Sarah heiraten würde.“, mischte sich nun Gerard ein. „Wie du weißt, habe ich nun mal die schwache Gesundheit meiner Mutter geerbt, während Takumi vollkommen gesund ist. Mit ihm wäre das Fortbestehen unserer Familie also gesichert.“ „Ich habe kein Interesse daran, irgendein Erbe anzutreten!“, widersprach ich vehement. Ich wurde langsam sauer. „Du wirst sie heiraten!“, sagte Richard Rachester bestimmend. „Das ist mein letztes Wort.“ „Du kannst nicht über mein Leben bestimmen.“, wehrte ich mich weiterhin und wurde langsam lauter. „Und schon gar nicht, nachdem du mich nach dem Tod meiner Mutter nach Japan abgeschoben hast. Die Usuis waren mir mehr Familie, als du es jemals gewesen bist. Ich werde Sarah nicht heiraten! Ich werde kein Erbe antreten! Und ich werde auch nicht in England leben!“ Wütend wollte ich mich zum Gehen wenden. Mein Großvater öffnete den Mund und ich erwartete, einen seiner berühmten Wutausbrüche zu erleben. Doch stattdessen hörte ich nur ein Keuchen. Er griff sich an die Brust und verdrehte seine Augen. Während alle um mich herum panisch wurden, blieb ich bewegungslos stehen und fühlte mich unfähig, irgendetwas zu tun. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)