Lost in Time von Shelling__Ford (ShinichixRan) ================================================================================ Kapitel 14: Das etwas andere Verhör ----------------------------------- Das etwas andere Verhör Zum Glück war das Revier nahezu leer gewesen, ein Paar Putzfrauen und wenige, mit Kaffee bewaffnete Beamte waren die einzigen Zeugen, die beobachteten, wie der Mann, der gestern noch selbstständig die Türen in diesem Haus geöffnet hatte, nun in Handschellen hinein geführt wurde. Man hatte ihn ohne Umschweife in den kleinen Verhörraum geführt und ließ ihn nun schon seit einer gefühlten Ewigkeit dort warten. Wenigstens die Handschellen hatte man ihm abgenommen, doch der schmale Plastikstuhl, auf dem er nun saß, engte Shinichi ohnehin schon genug ein. Auf dieser Seite des Zimmers hatte er noch nie gesessen, sicher, an der anderen Hälfte des Tisches schon viele Male, genauso wie hinter der Scheibe, die man immer noch als Spiegel tarnte. Aber hier noch nie. Hier saßen sonst die Täter… Diebe, Einbrecher und Mörder. Lügner. Ekel stieg in ihm auf, nicht Ekel vor denen, die schon vor ihm auf diesem Stuhl gesessen hatten, sondern pure Abscheu gegen sich selbst. Er hätte es nie so weit kommen lassen dürfen. Shinichi schloss die Augen, spürte wie selbst seine Lider unter Aufregung und Anspannung zitterten. Aber er musste diese Gedanken jetzt loswerden, seine Rolle verlangte es von ihm, und nur wenn er die richtig spielte, hatte er heute Abend überhaupt eine Chance. Schließlich hatte William Bell eigentlich nichts getan, und wenn Shinichi eines noch immer fest glaubte, dann dass, das seine alten Freunde gut genug waren, um dies auch irgendwann zu erkennen. Er hörte, wie endlich die Tür aufging, dennoch öffnete Shinichi seine Augen erst, als sein „Besuch“ bereits eingetreten war. Als die Tür hinter den drei Männern ins Schloss fiel, gingen die Augenbrauen des Professors für einen kurzen Moment nach oben. „Nanu? Hatte Herr Hattori etwa keine Lust, an unserem Gespräch teilzunehmen?“ Nur kurz entglitten die Augen Megures, der sich grade dem Professor gegenüber niedergelassen hatte, dem Hauptkommissar. Der kurze Blick zur Seite hatte jedoch gereicht, um Shinichis Ahnung zu bestätigen. Mit einem kurzen Lächeln glitt sein Blick zu dem verspiegelten Glas, hinter dem sich sein Freund ganz offenbar verstecke und Bell ohne Frage für sein dreistes Grinsen jetzt am Liebsten den Hals umdrehen würde. In Wahrheit aber war Shinichi sogar ganz froh, dass der Osakaner ihn jetzt erst einmal in Ruhe ließ und er sich „nur“ mit den Anwesenden auseinander setzen musste. Der Detektiv schluckte, noch immer galt sein Blick dem unsichtbaren Freund. Doch Bell, der ihm statt Heijis entgegenstarrte, antworte ihm genauso wenig wie der Detektiv des Westens selbst, sodass ihm nichts weiter übrig blieb, als sich dem zuzuwenden, was ihm jetzt bevorstand. Während Megure, und zum Leidwesen Shinichis auch Kogoro, ihm gegenüber Platz genommen hatten, stand Takagi an der Tür postiert. Nicht ungewöhnlich für den Kommissar, jedenfalls, wenn er nicht vorhatte, Fragen zu stellen, das wusste Shinichi und jedes Mal, wenn Bells Augen den neugierigen Blick des Beamten erwiderten, zeigte der nur ein auffällig großes Interesse für seine Schuhspitzen. Interessiert spähte Shinichi über die dünnen Brillenränder zu ihm ihn. Doch seine kurze Freunde über das mögliche Vertrauen des Beamten wurde schnell von Megure gedimmt, der mit einem leisen Klick das Tonbandgerät vor ihnen angeschaltet hatte. „Sie wissen, dass Sie auch einen Anwalt hinzuziehen können, Mr. Bell?“ Der Angesprochene nickte, doch das ruhige Lächeln auf seinen Lippen schwand. „Das weiß, ich Hauptkommissar Megure, aber Danke. Nein, ich denke es reicht, wenn wir dieses Gespräch so führen. Allerdings möchte ich vornweg schicken, dass jede Sekunde, die Sie hier mit mir verbringen, der wahre Mörder auf freiem Fuß ist und ich wage nicht daran zu zweifeln, dass er wieder tötet.“ Die Stimme des Kriminalisten hatte am Ende seines Monologs eine Bestimmtheit und Härte erreicht, die dem Hauptkommissar mehr als bekannt vorkam, doch das höhnische Lachen Moris an seiner Seite ließ ihn den Gedanken nicht weiter verfolgen. „Ha! Das werden wir ja noch sehen, inwieweit wir hier unsere Zeit verplempern, Professorchen, wer weiß, vielleicht haben wir den Mörder ja auch schon längst hier sitzen und der versucht uns nur auf eine falsche Fährte zu locken. Aber nicht mit uns, mein Guter, wir wissen genug, um-„ „Das reicht, Mori! Ich denke, Professor Bell hat verstanden.“ Während Kogoro sichtlich Schwierigkeiten hatte, den Rest seines Satzes einfach so runterzuschlucken, wandte sich Megure nun wieder Bell zu. „Also Mr. Bell, wir wissen, dass Sie heute Abend zu Ladenschluss das in der Besprechung erwähnte Café besucht haben-„ „Das wissen Sie, weil mir Kommissar Hattori hinterhergeschnüffelt hat, natürlich nur um meiner eigenen Sicherheit Willen!“ Megure wurde kurz ertappt rot, der dreiste Tonfall Bells fiel beinahe der Ruhe zum Opfer, mit der er diese Worte ausgesprochen hatte. „Nun ja, jedenfalls handelt es sich dabei um eine nachgewiesene Tatsache. Würden Sie uns also sagen, was Sie am heutigen Abend dort zu suchen hatten?“ Während Megure vorher noch ruhig gewesen war, ging sein abschätzender Blick Shinichi jetzt regelrecht unter die Haut. „Und, Professor… ich muss Sie noch einmal daran erinnern, dass Sie Hauptverdächtiger in einem Mordfall sind.“ Shinichi schluckte, wich unwillkürlich ein wenig zurück und merkte, dass die Worte Megures ihm einen weiteren Schlag in den Magen verpassten. So ein leichtes Spiel wie erhofft würde Bell hier nicht haben. Dabei lief der wahre Mörder da draußen irgendwo rum! Wartete wahrscheinlich nur darauf, wieder zuschlagen zu können und sie spielten hier Mensch ärgere dich nicht. Dabei müsste er es ihnen nur sagen, die Wahrheit, erstens hätte es dann einen Sinn und zweites würden sie Shinichi Kudo mit Sicherheit glauben. Shinichi unterdrückte ein heiseres Lachen und senkte mit bitterer Miene den Kopf. Er hörte die Stimme des Professors klar und deutlich über den Lautsprecher, die Art und Weise, wie er den Ablauf erläuterte, ließ es Heiji kalt den Rücken runter laufen. Unwillkürlich biss er die Zähne aufeinander, hörte es in einem dumpfen Hilfeschrei in seinem Mund knirschen, doch es war ihm egal, Aufregung und Wut mussten sich irgendwo ein Ventil suchen. Die Entscheidung, hinter den Kulissen zu bleiben und einfach nur zu warten, war dem Kommissar nicht leicht gefallen, doch Hattori kannte sich und sein oftmals nur allzu verfluchtes Temperament langsam gut genug, um zu wissen, dass er einen Fehler machen würde, wenn er mit ihm im Raum wäre. Er würde sich nicht zurück halten können und das wäre ein Fehler. Das, was er von Bell wollte, war nicht für die Ohren der Polizei bestimmt, noch nicht, jedenfalls. Bis er etwas Konkretes in der Hand hatte, würde das eine Sache zwischen ihnen beiden bleiben. Alle im Raum hörten Bell aufmerksam zu, bis der Hauptkommissar ihn unterbrach. „Wenn sie miteinander gerungen haben, Bell, müssen Sie ihn doch gesehen haben! Wenn es sich wirklich so abgespielt hat, müssen Sie uns den wahren Täter doch beschreiben können.“ Die Augen Megures lagen unverwandt auf denen Bells, auch wenn dieser seinen Blick jetzt senkte, konnte der Kriminalbeamte erkennen, dass es hinter den schmalen Brillengläsern arbeitete. Der Schnauzer Megures zuckte kurz, er kannte den Ausdruck in Bells Miene, auf diesem ihm eigentlich unbekannten Gesicht erschienen immer wieder vertraute Züge, die dem erfahrenen Beamten einen Schauer über den Rücken jagten. Wieder einmal glitt Megures Blick zur Seite, er konnte Hattoris Augen in seinem Rücken nahezu spüren und endlich glaubte Megure zu wissen, warum sich der Kommissar gleich zu Anfang derart in Bell verbissen hatte. „Er hatte etwa meine Größe, wenn auch nicht ganz meine Statur.“ „Dennoch hat er Sie überwältigen können?!“ Kogoro Moris Ton war abschätzend, wobei er die Augenbrauen missbilligend nach oben zog. Shinichi hingegen biss die Zähne zusammen, er konnte ihnen ja schlecht sagen, dass Bell in Wahrheit den Körper eines Siebzehnjährigen besaß und leider auch nur dessen Kraft. Geschweige denn, das er durch den Mörder buchstäblich das Gesicht verloren hatte. „Der Schlag hat eben gesessen.“, murmelte Bell stattdessen leicht beschämt, griff sich dabei automatisch an die rechte Wange. „Rechts… vielleicht also ein Linkshänder?“ „Lässt sich nicht genau sagen. Sonst nichts? Sie haben sein Gesicht nicht gesehen?“ Megure sah ihn drängend an, Shinichi wusste, dass der Hauptkommissar am Liebsten Name, Aussehen und Adresse des Mörders gehabt hätte, aber so leicht war das nun einmal nicht. „Nein. Ich fürchte ich kann Ihnen nicht mehr sagen, als die anderen Zeugen auch. Schließlich ist er kurz, nachdem Sie eingetroffen sind, geflohen.“ Doch die kurze aufrichtige Reue in Bells Stimme nutzte Megure gleich, um anzugreifen. „Und was ist mit Ihnen, Bell? Sie waren doch auch nicht mehr da, als Kommissar Hattori den Tatort letztlich erreicht hat.“ Für einen kurzen Moment bröckelte das Pokerface, welches Shinichi in diesem Verhör so mühsam aufgebaut hatte. Er schnappte nach Luft und kam nicht umhin zu schlucken, denn jetzt waren sie an seinem wunden Punkt in der ganzen Geschichte angelangt. „Warum um Himmels Willen haben Sie nicht auf uns gewartet? Uns informiert, in welche Richtung er geflohen ist oder sich wenigstens um das Mädchen gekümmert?“ Doch Megures Drängen half nichts, Bells Augen wichen ihm aus, während seine Stimme, anders als die des Hauptkommissars, noch immer ruhig war. „Ich habe mich natürlich vergewissert, dass es der Dame einigermaßen gut geht, außerdem waren Sie bereits in Reichweite, sodass ich mir sicher sein konnte, dass man sich um Sie kümmert.“ „Das erklärt aber noch immer nicht, Professor, warum Sie sich nicht mit uns in Verbindung gesetzt oder auf uns gewartet haben! Was zum Henker haben Sie denn überhaupt gemacht?!“ Die Stimme Megures hatte etwas Bittendes an sich und tatsächlich hoffte er, dass der Amerikaner ihm alles so logisch erklären würde, wie er es bisher getan hatte. Nicht, weil Megure das internationale Dilemma vermeiden wollte, oder weil er laut Uhrzeit längst friedlich neben Midori liegen sollte, nein… aus irgendeinem Grund wollte er Bell glauben. Umso mehr schmerzten die Worte des Professors, die sich jetzt einen Weg aus seiner rauen Kehle suchten. Auf den blassen Lippen des Kriminalisten lag ein trauriges Lächeln, die blauen, sonst so klaren Augen schauten den Beamten betrübt an. „Es tut mir Leid, Hauptkommissar Megure… aber ich fürchte ich kann Ihnen auf diese Fragen keine Antwort geben.“ „Bitte, Professor Bell, überlegen Sie sich das noch einmal!“ Das plötzliche Drängen Megures überraschte nicht nur Shinichi, auch Takagi und Kogoro sahen ihren Vorgesetzten nun leicht überrascht an. Doch Megure ließ sich davon nicht beirren, fixierte weiter die ihm viel zu vertrauen Augen, er wurde das Gefühl nicht los, dass er etwas gut zu machen hatte, dass er nicht zulassen durfte, dass Bell log oder schwieg - Megure hatte keine Ahnung, wieso er so reagierte, jeder andere hätte seine Gedanken für unprofessionell erklärt, doch er wusste, dass er es wenigstens versuchen musste. Shinichi schluckte, erneut erschien ein bitteres lächeln unter der Maske. Sein alter Freund ahnte mehr, als gut für ihn wahr, zwar wusste Megure nicht, wer hier vor ihm saß, da war sich der jetzige Oberschüler sicher - aber dennoch ging diese Bitte ganz eindeutig an Shinichi Kudo und nicht an William Bell. Wieder sah Bell auf, der Hauptkommissar sah die Reue in seinen Augen und wusste gleich, wie sich der Detektiv entschieden hatte. „Verzeihen Sie mir Hauptkommissar… aber ich bleibe dabei.“ Der Beamte schluckte ernüchtert, unwillkürlich wurde der Schatten zwischen seinen Augenbrauen dunkler. „Sie verweigern die Aussage also in diesem Punkt?“ „Nun, wenn Sie es so ausdrücken wollen…, ja.“ Seufzend lehnte sich der Hauptkommissar zurück, massierte sich müde die Schläfen. „Wenn das so ist Professor, können wir wohl vorerst nichts mehr tun.“ „Nicht ganz.“ „Wie?“ Die Lippen des Kriminalisten hatten ihr überlegenes Lächeln wieder gewonnen, die Art und Weise, wie er nun die Fingerspitzen leicht aneinander legte und sich ebenfalls ein wenig tiefer in den bestimmt unbequemen Sitz sinken, ließ bescherte dem Beamten eine Gänsehaut. „Ihre Theorie ist doch, dass ich der Mörder in diesem Fall bin beziehungsweise, in dieser ganzen Serie - leider sind Ihre Schlussfolgerungen mehr als falsch.“ „Bitte! Wie können Sie es wagen, Sie-„ „Mori lassen Sie’s gut sein! Weiter, Professor…“ Der nickte Megure mit einem dankbaren Lächeln zu und begann zu erklären. „Fangen wir mit dem Einfachsten an. Es ist vollkommen auszuschließen, dass ich den ersten Mord begangen habe, denn bei all der Prestige, die Ihnen dieser Fall eingebracht hat, Hauptkommissar, bis zu dem Zeitpunkt, als York mir den Fall übertragen hat, wusste ich nicht einmal davon. Und ich denke, die Universität sowie meine Studenten werden Ihnen bestätigen, dass ich mich zur Mordzeit nicht in Japan aufgehalten habe. Selbiges gilt natürlich auch für den zweiten Mord.“ Sowohl Megure als auch Takagi hingen an den Lippen des Kriminalisten, einzig Kogoro musterte mit einem abschätzenden Blick den Inhalt seiner Zigarettenschachtel. Sollte der Kerl doch sagen was er wollte, jedenfalls war dieser Affe daran Schuld, dass er sich hier die Nacht um die Ohren schlagen musste. Doch Kogoro spürte nahezu die kalte Asche in seinem Mund, tatsächlich gab es da noch einen anderen Grund, warum er diesen Typen einfach nicht ausstehen konnte. Dem Kommissar, dessen Beine bis eben vom langen Stehen schmerzhaft nach einer Pause gebrüllt hatten, fiel nun seine erste Begegnung mit dem Amerikaner wieder ein. Das seltsame Gefühl, dass er bei Bells Analyse des Tatorts gehabt hatte, holte ihn schlagartig ein, nur wusste er diesmal, wem er diesen Flashback zu verdanken hatte. Doch Bell schien ihre Blicke nicht zu bemerken, seine Position hatte sich geändert, er war wieder in seinem Element und nicht länger ein bloßer Verdächtiger in diesem Fall. „Natürlich wird Ihnen diese Idee auch schon gekommen sein, sodass sich daraus nicht allzu viele Möglichkeiten ergeben. Entweder der Mordversuch von heute Nacht hat nichts mit den anderen beiden zu tun, wobei man dies anhand der Verbindung zwischen den Opfern wohl nahezu ausschließen kann. Die zweite Möglichkeit ist natürlich, dass ich für die ersten beiden Morde jemanden engagiert habe, doch bei allem Respekt, Herr Hauptkommissar, Sie sind von der Lösung dieser Fälle ja noch weit entfernt. Wieso sollte ich mich also genötigt fühlen, plötzlich selbst Hand anzulegen? Sinn macht dementsprechend keine der Theorien, dass ich etwas mit den Morden zu tun habe.“ „Pff… kein Wunder, dass Ran von Ihnen angetan war. Sie sind genauso ein Schwätzer wie er.“ Während Kogoro sprach wippte die Zigarette in seinem Mundwinkel auf und ab, wer den ehemaligen Meisterdetektiv jedoch kannte, wusste, dass außer Verachtung noch etwas anderes in seinen Worten mitschwang. „Mori! Jetzt reicht‘s und packen Sie endlich den Glimmstängel wieder ein. Sie werden wohl einsehen, dass Professor Bells Argumente nicht von der Hand zu weisen-„ Doch Shinichis Ohren waren mit einem mal taub für alles, was sich um ihn herum abspielte, er hörte Megures Tadel nicht und auch nicht Kogoros kleinlaute Entschuldigung. Als ihr Name gefallen war, hatte sein Herz für einen kurzen Augenblick ausgesetzt. Doch nicht nur dieses Organ schien in diesem Moment nicht mehr zu funktionieren, denn noch ehe er über das nachdenken konnte, was er da sagte, war die ungläubige Frage Shinichis auch schon über Bells Lippen. „Ran? Sie hat von mir gesprochen?“ „Mhm?“ Alle drei sahen ihren Verdächtigen überrascht an, Kogoros Blick wurde schnell misstrauisch, bis Shinichi endlich begriff, dass er einen Fehler gemacht hatte und diesen nun ungeschickt versuchte auszubügeln. „I- ich meine, sie ist Ihre Tochter, nicht wahr? Die junge Dame schien mir nach dem Besuch bei den Hinterbliebenen der Opfer ein wenig angeschlagen.“ Doch noch ehe Kogoro reagieren konnte, fiel sein Vorgesetzter ihm mit strengem Unterton ins Wort. „Dieser Fall ist für keinen von uns leicht, Mr. Bell.“ Mit einem kurzen Räuspern durchbrach Megure die drückende Stille und schaltete das Tonbandgerät zwischen ihnen endlich wieder aus. „Nun gut, wenn Sie Recht haben Professor, wird Sie spätestens die Cafébesitzerin entlasten können, und sobald sie vernehmungsfähig ist, werden wir ihre Unschuld wohl belegen können.“ „Ihr geht es also gut?“ Man konnte die Erleichterung in Bells Stimme deutlich erkennen, sodass auch Megure ihm nun wieder mit einem leichten Lächeln zunickte. „Ja, sie wird es überstehen. Es sollte sich also bald klären. Also schön, Mr. Bell. Sie verstehen sicher, dass wir Sie in Gewahrsam nehmen müssen, bis sich die Beweislast gegen Sie völlig aufgelöst hat.“ Shinichi zuckte nur mit den Schultern, schenkte Megure ein müdes Lächeln. „Alles, was Sie für nötig halten, Hauptkommissar.“ Doch Megure war immer mehr anzumerken, dass er sich nicht wohl dabei fühlte, die Regeln zu beachten, auch wenn dieser Kerl ihnen vielleicht etwas verheimlichte, dass er ein Mörder war, besser der Mörder war, konnte der Beamte im Moment auch nicht mehr so recht glauben. Aber Vorschrift war nun mal Vorschrift und auch ein Hauptkommissar musste die Regeln einhalten. „Nun gut. Es wird Sie gleich jemand abholen kommen, solange bitte ich Sie noch, hier zu warten.“ Mit diesem Satz hatte sich nicht nur der Hauptkommissar, sondern auch Mori erhoben, während Megure jedoch nicht in der Lage war Bell noch ins Gesicht zu sehen, streifte Kogoro ihn nur mit einem missbilligenden Blick. „Ach ja! Hauptkommissar Megure?“ Shinichi sah zu dem Kommissar hoch, versuchte zu verdrängen, wie bekannt ihm dieser Blinkwinkel war und legte stattdessen ein bittendes Lächeln auf seine Lippen, während Megure fragend die Augenbrauen hoch zog. „Mhm?“ „Wäre es wohl möglich, dass ich eine Einzelzelle bekomme? Ich habe gehört, das Kriminalisten in einer Zelle mit Straftätern leider nicht immer allzu willkommen sind.“ Der Polizeibeamte blinzelte kurz ob der Tatsache, dass Bell diesen Wunsch vorbrachte, als würde er in ein Hotel einchecken, zog sich dann den alten Hut ein wenig tiefer ins Gesicht, während sich seine gemurmelte Antwort in seinem Bart verfing, sodass man ihn nur mit Mühe verstand. „Das wird sich wohl regeln lassen…“ Während im Verhörraum die Nacht übergangslos in den Tag fand, lief ein paar Straßen weiter gerade die erste Tasse Kaffee aus der Maschine. „Ich weiß noch nicht wann, Sonoko! Sie muss das doch erst noch klären.“ Noch im Bademantel und grade dabei, das passende Outfit für heute auszusuchen, hatte Ran sich das Telefon unters Ohr geklemmt, um schon am frühen Morgen mit ihrer Freundin zu telefonieren. Genauer genommen war es Sonoko, der Ran jetzt diesen Balanceakt zu verdanken hatte, denn während sie im Kleiderschrank wühlte und wegen dem Hörer den Kopf schief legte, musste sie nun aufpassen, dass sich das Handtuch auf ihrem Kopf nicht löste. „Ich sag doch, ich weiß es nicht, Heiji hat mit dem Fall viel zu tun und Kazuha will ihn nicht immer bei seinen Eltern abliefern.“ Zufrieden mit den Sachen, die sie ausgesucht auf ihrem Bett drapiert hatte, nahm Ran das Telefon wieder in die Hand und ging damit samt der mittlerweile leicht genervten Sonoko wieder in Richtung Küche. „Aber sag mal Sonoko, geht’s denn bei dir überhaupt? Makoto ist doch auch nur kurz da, willst du nicht lieber was mit ihm-…“ „Ach was!“ Doch unter dem offensichtlich aufgesetztem Tonfall konnte Ran das unterdrückte wütende Schnaufen ihrer Freundin deutlich erkennen. „Das ganze Jahr tourt er von einem Turnier zum nächsten. Wenn ich jetzt mal weg bin, ist das mehr als gerecht!“ Doch Rans Gesicht verzog sich zu einer skeptischen Grimasse. „Sonoko… kann es sein, dass dir unser Ausflug nur dazu dient, Makoto eins auszuwischen?“ „A-Aber Ran, wie kommst du denn darauf?!“ Sie hätte gleich ja sagen können, denn Sonokos ertappte Tonlage reichte aus, um Ran zu bestätigen, dass sie Recht hatte. „Weil sich das ganz nach einem deiner aberwitzigen Pläne anhört, Sonoko!“ „Na schööön, du hast mich erwischt. Aber was bleibt uns Frauen auch anderes übrig, wir müssen uns doch etwas einfallen lassen, um unsere Männer in Schach zu halten!“ „Schon…“ Doch Rans Stimme spiegelte den Enthusiasmus ihrer Freundin kaum wieder, ihr Rat hatte weniger einen ernsten als einen traurigen Beigeschmack. „Aber weißt du, Sonoko… ich denke wirklich, du solltest die Zeit nutzen, in der Makoto da ist, er fehlt dir doch so schon genug.“ Am anderen Ende der Leitung zuckte Sonoko kurz zusammen, sie ahnte gleich, wohin die Gedanken ihrer Freundin sie führten und das war ein Weg, der Ran nie gut tat. Das galt es auf jeden Fall zu verhindern! „Jetzt lass den mal meine Sorge sein, Ran! Ich freu mich schon drauf, mit dir und Kazuha wieder was zusammen zu unternehmen, so oft hat sie ja auch nicht Zeit und du hast Ferien! Besser könnte es also gar nicht sein.“ Ran biss sich kurz auf die Lippen, wollte noch etwas sagen, besann sich dann jedoch eines Besseren. „Da hast du wahrscheinlich Recht…“ „Natürlich hab ich Recht! Also, worauf hast du Lust? Ich denke shoppen wäre mal wieder angebracht, und Essengehen sowieso und dann gibt’s da ja noch die neue Karaokebar…“ Während sie sich die Vorschläge Sonokos anhörte ohne selbst zu Wort zu kommen, lief Ran gerade im Wohnzimmer vorbei um sich endlich ihren Morgenkaffee zu gönnen, doch der Fernsehapparat hielt sie auf. Jeden Morgen schaltete sie die Nachrichten ein, ein Unding, dass sie wahrscheinlich von ihrem Vater übernommen hatte, aber zu wissen, was auf der Welt und in Tokio so los war, konnte schließlich auch nicht schaden. Heute Morgen aber hielt sie neben dem Gerät inne, trat extra noch ein paar Schritte zurück um besser sehen zu können. Doch die aufgesetzt ernste Miene der Moderatorin konnte nicht ausdrücken, was Ran grade fühlte als sie die neueste Meldung hörte. „…der Hauptverdächtige in diesem Fall ist seit heute William Bell.“ „Nein…“ „Wie nein? Du hast also keine Lust auf Kino?“ Doch die Stimme ihrer Freundin holte Ran aus einer völlig anderen Welt. „Was? Sonoko?“ „Ja, wer denn sonst? Hörst du mir nicht zu, Ran?“ „Doch ich… Sonoko, kann ich dich zurückrufen? Bitte.“ Auf der anderen Seite der Leitung blinzelte die gefärbte Blondine kurz, doch auch ihre Stimme klang nun besorgt. „Klar doch, Ran… ist alles in Ordnung bei dir?“ „Alles bestens, Sonoko, Danke. Bis später dann.“ Noch ehe Sonoko hätte Luft holen können, hatte Ran aufgelegt. Der immer wieder kehrende Signalton des nun leblosen Telefons hämmerte die Worte der Nachrichtensprecherin nur noch tiefer in Ran hinein. „… das dritte Opfer befindet sich derweil außer Lebensgefahr. Ausgerechnet der amerikanische Professor William Bell wird derzeit von der Polizei verhört.“ Aus Rans Wangen war nun jegliche Röte geflohen, die junge Frau spürte, wie sie zu frösteln begann, gab ihren weichen Knien nach und ließ sich aufs Sofa sinken. Das Telefon in ihrer Hand gab immer wieder ein monotones Signal von sich, doch nicht mal das Flüstern der freien Leitung konnte Ran in das Hier und Jetzt zurückholen. Es war fast so, als würde die Nachrichtenmoderatorin eine andere Sprache sprechen. Ran hörte ihre Sätze zwar, aber sie verstand nicht, wovon sie sprach, oder wollte es einfach nur nicht glauben. Bell sollte Hauptverdächtiger sein… ein Mörder? Stoisch schüttelte sie den Kopf, die nassen Locken lösten sich nun gänzlich aus ihrem Handtuch, das ihr feucht auf die Schulter glitt. Doch Ran merkte es nicht einmal, ihr Körper war taub gegen jede Stimulation von außen, einzig ihr Herz schien mit einem Mal immer schwerer zu werden. Längst hatte sie aufgehört sich dagegen zu wehren, sie wusste zwar noch immer nicht warum, aber es war nun mal einfach eine Tatsache, dass dieser Mann sie beeinflusste, sie in ihrem Bann hielt, schon bei ihrer ersten Begegnung war es so gewesen. Und nun sollte er, ausgerechnet er, der Serienmörder sein, der ganz Tokio in Atem hielt? Bell war kein schlechter Mensch, kein Mörder. Es war geradezu lächerlich, ihn anzuklagen. Er hatte aktiv an dem Fall gearbeitet und sich den Kopf über dessen Lösung zerbrochen, sie hatte es gesehen, Ran hatte es- sie hatte es an seinen Augen erkannt. Unter dem weißen Bademantel stellten sich die feinen Härchen auf Rans Armen wie kleine Zinnsoltaten in Reih und Glied, während sie an seine Augen dachte. Das klare Blau und der dunkle Schatten des Falls, der über ihnen lag und doch Hoffnung in ihr erweckte. „Laut Aussage der Polizei …“ Die Stimme der Reporterin schrak Ran auf, erst jetzt merkte sie, dass sie die Augen geschlossen hatte und richtete ihre Aufmerksamkeit nun wieder auf das Fernsehen. „…muss sich der Kriminalistikprofessor zum Tatzeitpunkt unmittelbar in der Nähe des Tatorts aufgehalten haben. Es wird vermutet, dass die Beamten weitere Beweise gegen den Autoren haben, die die Festnahme begründen. Weitere Informationen wird es jedoch wahrscheinlich erst geben, wenn das Opfer zu einer Aussage fähig ist. Bis dahin halten wir sie natürlich weiter auf dem Laufe-„ Ohne Umschweife hatte Ran den Apparat ausgeschaltet, starrte nun auf die schwarze Fläche in der sich ihr eigenes Bild blassgrau spiegelte. Blödsinn. Er war es nicht! Er konnte es nicht gewesen sein. Ein einzelner Wassertropfen hatte sich aus ihren Haaren gelöst, lief ihr erst über die Stirn bis er ihre Wange erreichte, ehe er in ihrem Bademantel verschwand. Doch Ran bemerkte den kleinen Botschafter nicht, längst war ihr eben noch hilfloser und überraschter Gesichtsausdruck einem weit nachdenklicheren gewichen. Entschlossen wählte sie eine ihr gut bekannte Nummer auf ihrem Telefon und brachte so das in die Leere tönende Freizeichen kurz zum Schweigen. Sie musste nicht lange warten, ehe sich auf der anderen Seite der Leitung jemand meldete. „Hier Rechtsanwaltskanzlei Kisaki, Eri Kisaki am Apparat, was kann ich für Sie tun?“ „Mama… ich brauche deine Hilfe.“ Das Telefonat hatte nicht lange gedauert und nachdem Ran den Hörer aufgelegt hatte, spürte sie zum ersten Mal ihre Nassen Haare im Nacken und fing leicht an zu frösteln. Dennoch war die junge Frau noch immer außerstande sich zu rühren, bis auf ihren eigenen Herzschlag war es ganz still in ihrem kleinen Apartment, nur die Uhr an der Wand füllte den Raum mit ihrem beständigen Klang. Aber da gab es noch etwas, etwas das nur Ran hören konnte, als würde eine unsichtbare Stimme es ihr immer wieder ins Ohr flüstern. Es war die Frage ihrer Mutter, eine Frage die Eri nicht gestellt hatte und die Ran doch ganz genau aus ihren Worten heraus gehört hatte. Warum? Halli hallo ihr lieben, nach einem etwas stressigen Abend in meinem zukünftigen Berufsalltag gibt es noch ein neues Kapitel für euch. Ich hoffe sehr es hat euch gefallen und möchte euch an dieser Stelle ganz herzlich für die vielen Kommentar und Fafos bedanken! Und auch in diesem Sinne noch einmal bei Leira die das aaaaaaaaaaalles korrektur liest für euch! Danke *knuddel* Allerdings muss ich euch jetzt sagen das das nächste Kapitel erst am 2.5 raus kommen wird. Bei allen die bisher eine ENS bekommen melde ich mich dann wie immer, wer noch eine möchte und bisher keine bekommen hat kann sich gern mit einem Kommi oder sonstigem bei mir „Anmelden“ dafür. Ich hoffe ihr könnt es so lange aushalten, ich bedanke mich jetzt schon für eure Geduld! Ganz liebe Grüße, eure Shelling Ford Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)