Lost in Time von Shelling__Ford (ShinichixRan) ================================================================================ Kapitel 12: Tat und Täter ------------------------- Tat und Täter Die Luft war von Wasser geschwängert, drückte sich feucht und kalt in seine Lunge. Erste Regentropfen prasselten auf seine Schultern und sickerten langsam durch die Perücke, als er endlich vor dem kleinen Café zum Stehen kam. Shinichi musste nicht erst aufsehen, um zu wissen, dass es keine zehn Minuten mehr dauern konnte, bis es richtig schüttete. Der vermeintliche Amerikaner seufzte kurz, er würde nicht drum herum kommen, sich ein Taxi zu rufen, wenn er nicht wollte, dass der Guss ihm Bells Visage vom Gesicht wusch. Die schweren Regenwolken verdunkelten den ohnehin schon abendlich gefärbten Himmel und hüllten die hereinbrechende Nacht in ein tiefschwarzes Gewand. Umso einladender wirkte das kleine Café, vor dem er jetzt stand. Mit einem Blick durch die Fenster erkannte Shinichi, dass alles zum Schließen bereit war. Die Auslagen in der Theke waren verschwunden, die Lichter bis auf das Nötigste erloschen und die Stühle hochgestellt, während die Gäste sich schon längst auf den Heimweg gemacht hatten. Allein das kleine Schild an der weiß lackierten Eingangstür erweckte Hoffnung in dem Detektiv. Geöffnet Behutsam drückte er den Türgriff hinunter, ein kurzes Lächeln huschte über sein Gesicht, als die Tür sich öffnete. Nachdem Shinichi in das beheizte und vor allem trockene Café eingetreten war, hörte er hinter sich die Tür ins Schloss fallen, ein paar fast schon altertümliche Glöckchen kündigten mit ihrem hellen und freundlichen Gesang den Gast an, doch auch auf ihr Lied zeigte niemand eine Reaktion. Shinichis Blick huschte über die Theke, suchte nach einem Licht in irgendeinem Hinterzimmer, doch ein Ergebnis blieb aus. „Hallo?“ Auch sein Rufen lockte niemanden aus seinem Versteck, skeptisch sah er sich um, trat ein paar Schritte in den Raum und versuchte es erneut. „Hallo!?“ Er hatte sich bemüht, seinen Ton freundlich klingen zu lassen, obwohl Shinichi schon längst ahnte, dass er auch diesmal wieder keine Antwort bekam. Sein Blick verdunkelten sich, als er langsam in das kleine Café eintrat, ehe er auf Höhe der Theke stehen blieb und lauschte. Die Regentropfen hatten an Gewicht zugelegt, prasselten in lauten Akkorden auf das kleine Vordach, nicht mehr allzu weit entfernt war ein heiseres Grummeln zu hören. Das Gewitter kam näher. Doch der Sturm war es nicht, der die Aufmerksamkeit des Detektivs auf sich zog - auf dem kleinen Herd neben der Theke stand ein altmodischer Wasserkessel, der in einem schrillen Ton pfiff. Ruhig ging er darauf zu, zog die Kanne vom Herd und schaltete ihn aus. Shinichis Augen ruhten auf der Silberkanne, deren ohrenbetäubender Schrei langsam zu einem kleinen kummervollen Wimmern abebbte, schwenkte dann zu der vereinsamten Porzellantasse, in der ein noch unbenutzter Teebeutel seine Ruhe gefunden hatte. Seine Stirn legte sich in Falten, während er auf den so sorgsam vorbereiteten Feierabendtee schaute, vielleicht hätte er doch nicht ganz allein hierher kommen sollen. „Wusst ich‘s doch.“ Heijis Zischen brachte die Windschutzscheibe, an die er seine Nase gepresst hatte, zum Beschlagen, Megure aber kommentierte die Bemerkung seines Begleiters nicht, blieb stumm und blickte noch immer zu der jetzt wieder geschlossenen Tür des kleinen Kaffees. Immer mehr Regentropfen sammelten sich auf der Windschutzscheibe seines Autos, wenn sie noch was sehen wollten, würden sie gleich den Scheibenwischer anschalten müssen. Seufzend richtete Megure seinen Blick auf seinen Beifahrer, Heiji saß nun zwar wieder grade, aber dennoch angespannt neben ihm, konzentriert, fast so als könnte der junge Kommissar hören, was in dem kleinen Café besprochen wurde. Aber immerhin, er hatte Recht gehabt, als er gesagt hatte, dass Bell heute hierhin kommen würde. Ein mattes Lächeln schlich sich kurz unter den Bart des Hauptkommissars, denn vor lauter Misstrauen vergaß Hattori völlig, dass er selbst sich heute Abend ebenfalls wahrscheinlich wieder allen Vorschriften hierhin geschlichen hätte. Doch genau das bekam der sonst so gute Kriminalist nicht mit, er sah nur was er sehen wollte, was in das Muster passte, welches er sich gestrickt hatte. Aber wieso? Hattori war doch sonst nicht so, nicht ohne Grund hatte er sich in seinen jungen Jahren zum Kommissar gemausert. Was also war es, das ihn in diesem Fall so blind werden ließ? Natürlich der Fall von damals, die Verbindung mit Bell und dem Holmes-Fall, die er vermutete. Aber dennoch, normalerweise war Hattori dann erst Recht zurückhaltend, man hatte ihm jeden Wurm aus der Nase ziehen müssen, weil der Kommissar selbst so ungern darüber sprach. Warum beeinflusste also ausgerechnet Bell ihn so? „Wieso?“ Megures Augen, die sonst gerne vom dunklen Schatten seines Hutes verdeckt wurden, richteten sich scharf, aber auch neugierig auf seinen jungen Partner. Der aber blinzelte aufgrund der allein stehenden Frage nur, sah seinen Vorgesetzten aus dem Augenwinkel heraus an, sodass es ihm nicht entgehen würde, wenn sich vor ihnen etwas tat. „Mhm?“ „Wieso hängst du dich so an ihm auf? Weshalb stört er dich so?“ Die Frage hing in der Luft wie die Schwüle des Gewitters, schwer, stickig und nur mit viel Wasser weg zu spülen. Widerwillig richteten sich Heijis Augen nun ganz auf den Hauptkommissar, jedoch nur, um kurz darauf die in dunkelgrau gehaltene Armatur des Wagens zu studieren. Das Trommeln der Regentropfen auf dem Dach wurde nun immer lauter, instinktiv kurbelte der Hauptkommissar ein Fenster ein Stück herunter, um das Beschlagen der Scheiben zu verhindern, jedoch ohne seinen Kollegen dabei aus den Augen zu lassen. „Was ist es, Heiji?“ Die grünen Augen richteten sich kurz auf Megure, ehe sie sich langsam wieder senkten. Er könnte ihm jetzt alles erzählen, sagen, dass Bell Ran und Kazuha beobachtet hatte, sagen, dass er bei dem Anblick Eisukes zu einem Eisblock erstarrt war, wie angespannt er heute in der Anwesenheit Rans gewesen war und wie er versucht hatte, sich bei ihr über Eisuke schlau zu machen. Sagen… das mit diesem Kerl einfach irgendetwas nicht stimmte. Aber er tat es nicht, genauso wenig wie er dem ergrauten Hauptkommissar sagte, welches Leben vor so vielen Jahren wirklich zerstört worden war, und wieso. Dennoch, aus dem Augenwinkel heraus erhaschte er einen kurzen Blick auf Megure, ohne eine Antwort würde er hier jetzt nicht mehr raus kommen. „Er weiß mehr, als er vorgibt zu wissen.“ Der Hauptkommissar nickte. „Ja, das sagtest du bereits.“ Doch der Osakaner schüttelte nur den Kopf. „Nein, nein das meine ich nicht, ich vermute das nicht nur, ich weiß das…“ Doch der Kommissar kam nicht dazu, seinen Satz zu beenden, denn ein greller Schrei zerriss ihre Unterhaltung. „Shit!“ Fluchend riss der Kommissar die Wagentür auf und rannte auf das kleine Café zu. „Warte doch, Heiji!“ Doch die Stimme des Hauptkommissars ging im Tosen des Gewitters unter und selbst wenn er ihn gehört hätte, hätte der aufgebrachte Kommissar ihm in diesem Moment bestimmt nicht gehorcht. Nachdem er den Schrei gehört hatte war er losgerannt, dem angstvollen Wimmern entgegen, durch eine Seitentür, bis er die kleine Terrasse des Cafés erreicht hatte. Das einzige Licht kam von zwei diffusen Lampen, dessen Glanz sich auf den Seen aus Regentropfen spiegelten, sodass es so aussah, als würde der Boden selbst aus hunderten von flimmernden Kerzen bestehen. Der Regen peitschte nun in sein Gesicht und das Donnern des Gewitters war schon längst kein leises Grummeln mehr, aber all das nahm Shinichi im Moment nicht wahr, sein Blick galt allein der Szene vor ihm, die plötzlich wie eingefroren schien. Ihre vor Angst und Schrecken weit aufgerissenen Augen dominierten das Bild, eine Hand war krampfhaft an ihrem Hals, während die andere versuchte, die behandschuhten Finger, die sich auf ihren Mund pressten, zu lösen. In ihren Augenwinkeln standen Tränen, die ihre Wangen hinunter liefen, bis das unsichtbare Salzwasser an ihrem Hals plötzlich rot wurde. Der Nylonfaden schnitt ihr tief ins Fleisch, einzelne Tropfen Blut reihten sich wie Perlen an das Garn und formten, indem sie ihren Hals hinunter liefen, ein blutrotes Collier. Er musste einen starken Griff haben, wenn er mit nur einer Hand in der Lage war, dieser Frau die Luft abzuschnüren. Shinichis Blick fixierte den Täter und auch wenn sein Gesicht durch eine schwarze Kapuze verdeckt war, so wusste er, dass der Mörder ihn genauso anstarrte wie er ihn. Die Starre, in die sowohl der Detektiv als auch der Täter gefallen war hielt nur wenige Sekunden an, denn in dem Moment, als Shinichi den ersten energischen Schritt auf den Mann in Schwarz zumachte, ging plötzlich alles ganz schnell, der Mörder ließ von seinem Opfer ab und stieß die junge Frau energisch von sich weg. Shinichi hatte kaum Zeit zu reagieren, grade noch konnte er sie auffangen und stützen, bevor sie auf dem Steinboden aufschlug. Nur zu gerne hätte er sich erst dem Täter gewidmet, aber die Regungslosigkeit mit der sie jetzt am Boden lag, zwang ihn, sich zu vergewissern. Durch den mondlosen Himmel trat der blasse Schimmer ihrer Haut nur noch mehr hervor, ihre Haare hatten sich teilweise aus einem Zopf gelöst, lagen zu Strähnen gepaart im Wasser und wurden von den Regentropfen hin und her getrieben. Shinichi holte Luft, nahm ihre Hand behutsam in die seine. Kalt. Einmal mehr spürte er, wie sich Bells Kleidung immer mehr mit Regen voll saugte und zu einer immer größeren Last für ihn wurde. Shinichi spürte, das Zittern seiner eigenen Fingerspitzen, während er ihren Puls suchte und auf den erlösenden Schlag wartete. Er hasste diesen Moment. Hatte es von je her gehasst, denn jetzt würden sich Angst und Hoffnung trennen und zur unausweichlichen Gewissheit werden. Grade als sein Blick ihre bläulich schimmernden Lippen streifte, spürte er den befreienden Impuls unter seinen Fingerspitzen. Erleichtert atmete der junge Detektiv hinter der Maske auf, wartete auf einen zweiten, dritten und vierten Pulsschlag. Dem wässrigen Gurgeln der Kanäle und Gullys mischte sich nun ein heiseres Röcheln bei, das langsam wieder etwas Menschliches bekam, während sich ihr Brustkorb unregelmäßig hob und senkte. Aber um aufzuatmen blieb Shinichi keine Zeit - noch ehe er hätte reagieren können, hatte ihn jemand von hinten gepackt und zerrte ihn auf die Füße. Er versuchte sich zu wehren, doch der Überraschungsmoment war nicht auf seiner Seite. Der behandschuhte Griff schnürte nun ihm die Luft ab. Shinichi konnte den heißen Atem seines Angreifers auf Bells Wangen spüren, doch das spärliche Licht versagte ihm noch immer einen Blick in das Gesicht des Mörders. Er wollte sich grade wehren, hatte sein Bein schon zum Tritt erhoben, als er den Schlag auf seinem Gesicht spürte. Der Schmerz folgte schnell, Shinichi hörte ein leises Klirren und bemerkte, wie jemand heißer nach Luft schnappte… dann wurde es ruhig. Für wenige Sekunden schien die Zeit still zu stehen. Der Angriff. Der Schlag. Und jetzt… nichts. Nur das Grummeln des Gewitters und das Orchester der Regentropfen hauchten der Szene etwas Lebendiges ein. Sowohl der Detektiv als auch der Mörder hielten in diesem Moment inne. Shinichi spürte, wie sich sein Atmen beschleunigte und sich etwas in seinem Inneren zusammenzog, während seine Hand ganz langsam hinauf zur pochenden rechten Hälfte seines Gesichtes wanderte. Er wusste längst, was passiert war, die dicken nassen Regentropfen und der erbarmungslose Wind, den er in seinem Gesicht spüren konnte, hatten es ihm erzählt. Dennoch zuckte der Detektiv zusammen, als seine Fingerspitzen seine, Shinichis, Wange berührten. Die feinen Haare unter Bells nassen Klamotten stellten sich auf, als Shinichi bemerkte, dass auf dieser Seite seines Gesichtes von dem amerikanischen Kriminalistikprofessor William Bell nicht mehr übrig war, als ein paar vereinzelte dünne Fetzen, an denen der Wind jetzt zerrte und riss. Shinichi wusste, dass seine Lüge, die Person William Bell nun nicht mehr, oder zumindest nur noch halb existierte, denn während der Professor auf der einen Seite den Mörder noch immer fixierte, schaute ihm nun ebenso Shinichi Kudo leicht fassungslos entgegen. Fluchend rieben die Zähne des Detektivs aufeinander. Sein Gegner hatte ihn bloßgestellt, wie sicher würde sein Geheimnis in den Händen eines Mörders sein, der sich „Sherlock Holmes“ nannte? Er spürte, wie sein Körper vor Aufregung und Kälte anfing zu zittern, versuchte dies krampfhaft zu unterdrücken, um wenigstens den Schein zu wahren, den der Mörder eben mit nur einem Schlag zerstört hatte. Nachdem dieser, als er das Ergebnis seines Fausthiebs gesehen hatte, beinahe erschrocken ein paar Schritte nach hinten getaumelt war, schien er sich jetzt zu fangen. Shinichis Augen wurden schmal, als er unter der schwarzen Kapuze plötzlich Zähne aufblitzen sah, die Lippen seines Gegners verzogen sich zu seinem schmalen Lächeln, das Shinichi den Magen umdrehte. Das war’s. Er war erledigt. Schon so gut wie tot, wenn die Organisation davon erfahren würde, und wenn die ihn nicht gleich umbrachten - Shinichi schluckte, verkniff sich ein bitteres Lächeln. Wenn sie es nicht gleich tun würden, hätten ein paar Leute des FBIs bestimmt auch nicht wenig Spaß daran, ihm den Hals um zu drehen. Er hatte alles vermasselt. Ruiniert. Shinichi schaute auf, noch immer grinste ihm der Mörder entgegen, er glaubte, ihm überlegen zu sein und genoss dieses Gefühl jetzt anscheinend sichtlich. Shinichis Hand ballte sich zur Faust, so einfach konnte er diesen widerlichen Dreckskerl nicht entkommen lassen. Doch genau in diesem Moment durchbrach ein Blitz die Stille, der nächste und übernächste folgte, sodass der Himmel hinter dem kleinen Café nun regelmäßig von blauten Lichtern durchzogen war, denen sogleich ein Shinichi wohl bekannter Donner folgte. Doch das zu erwartende Lächeln auf den Lippen des Detektivs blieb aus. Der Regen trieb die Nervosität in Shinichis Innerstes, wie das kalte Wasser sickerte sie immer tiefer in ihn hinein und brachte den Detektiv zum Frösteln. Die Polizeisirenen brachten sogar den Regen zum Schweigen, sie waren so laut, dass Shinichi Mühe hatte, seine eigenen Gedanken zu verstehen. Doch das hielt ihn nicht davon ab, zu begreifen was sein Gegner vorhatte. Auch sein Blick hatte sich in Richtung Blaulicht gewandt, ehe er den Detektiv jetzt wieder fixierte. Nach dem kurzen Schock darüber, dass ihm die Polizei so dicht auf den Fersen war, sah Shinichi nun wieder das verhasste Lächeln aus der Dunkelheit aufblitzen. Doch die Geste hielt nur kurz, denn im selben Moment drehte er sich um und drohte mit der Dunkelheit zu verschmelzen. „Nichts da!“ Shinichi setzte grade zum Sprint an, dieser Mistkerl würde ihm ganz sicher nicht entkommen, doch schon nach nur wenigen Schritten kam er langsam zum Stehen, wie ein Spielzeug, das man vergessen hatte aufzuziehen. Sein Blick war zu Boden gerichtet, doch Shinichi spürte nicht, wie sich die Regentropfen an seiner Nasenspitze sammelten ehe sie zu Boden fielen. Seine Pupillen huschten hin und her, ohne dass er etwas sah. Das Wort wiederholte sich, lief sich in seinen Gedanken leer, ohne jemals leiser zu werden. Er konnte ihm nicht hinterher. Er konnte ihn nicht stellen und bei der Polizei abliefern… nicht so. Instinktiv wanderte seine Hand zu seinem Gesicht. Nein, er konnte sich so nicht zeigen. Vielleicht… vielleicht gab es eine Chance und der Mörder wusste nicht wer er war. Aber wenn er ihm jetzt nachlief, ihn bekam und bei der Polizei ablieferte, war alles umsonst. Shinichi schloss die Augen, seine Lieder zitterten als er sie wieder öffnete und sich dem vermeintlichen Opfer zuwandte. Langsam, wie in Trance ging er auf sie zu, das rote Band an ihrem Hals hatte der Regen verwaschen doch ihre Lippen waren blau und zitterten noch immer vor Kälte. Schwerfällig atmete er aus, schaute in Richtung Café. Jemand würde kommen, jemand würde sich um sie kümmern, ganz bestimmt. Mühsam schnappte Shinichi nach Luft, griff an ihrem Kopf vorbei nach seiner Brille die der Schlag des Mörders ihm vor der Nase gerissen hatte. Shinichi bemerkte den krummen Bügel, steckte sie jedoch ohne weiter darüber nachzudenken ein. Sein Blick fiel kurz besorgt zurück auf sie, als er sich aufrichtete, aber er hatte keine Wahl, zu viel stand auf dem Spiel. „Es tut mir leid.“ Er konnte nicht bleiben. Er konnte den Täter nicht verfolgen. Er konnte nur weglaufen. Schon wieder. „Meint ihr nicht, wir sollten nachsehen? Deswegen sind wir doch hier, oder nicht?“ „Spinnst du, Genta! Wenn Megure uns bemerkt, sind wir raus aus dem Fall, dass weist du genau.“ Mitsuhikos zischende Antwort bekam Genta allerdings in den falschen Hals und wollte grade zurück pöbeln, doch Ayumi kam ihm in sachlicher Tonlage zuvor. „Mitsuhiko hat Recht, Genta. Außerdem sind Heiji und Megure ja grade ins Café gegangen.“ Einmal mehr spähte Ayumi aus der kleinen Seitenstraße heraus, in der sie heute Abend Position bezogen hatte. Es goss noch immer in Strömen und sie mussten sich schwer zusammenreißen, um bei Blitz und Donner nicht jedes Mal zusammenzuzucken, aber wenigstens schützte sie hier ein kleiner Hausvorsprung vor dem Regen. „Außerdem ist Professor Bell ja auch noch da, es wird besser sein, wir machen es so wie Mitsuhiko vorgeschlagen hat. „ Doch statt sich über den Zuspruch seiner Mitschülerin zu freuen, presste der Oberschüler die Lippen zusammen und trat unwohl von einem Fuß auf den anderen. „Weißt du, Ayumi… um ehrlich zu sein, macht mir gerade das ein wenig Kopfzerbrechen.“ „Mhm?“ Mit einem Mal hatte das sommersprossige Mitglied der Detektivboys die volle Aufmerksamkeit der anderen. „Wie meinst du das denn jetzt?“ „Nun… es ist doch so, Heiji scheint ihn ja nicht grade sonderlich zu mögen und das heißt ja eigentlich oft nichts Gutes.“ „Der is doch bestimmt nur sauer, weil der sich besser mit Holmes aus-…“ „Schhht! Da kommt jemand!“ Mit diesem plötzlichen Ausruf hatte Ayumi die beiden unterbrochen; alle drei drückten sich nun näher an die Mauer, um sich von ihrem Schatten schützen zu lassen. Dem wässrigen Schlucken der Gullys und dem taktlosen Trommeln des Regens hatte sich ein weiteres Geräusch beigemischt. Schritte. Das peitschenartiges Knallen von Wasser, welches durch schnelle Tritte verdrängt wurde, und sie kamen genau in ihre Richtung. „Was jetzt?“ An dem Klang von Ayumis Stimme, wenn sie Angst bekam, hatte sich nichts geändert und auch Mitsuhiko musste kurz schlucken. „Das- das kann eigentlich nur der Täter sein.“ Für einen kurzen Moment wurde es still zwischen den drei Detektiven, natürlich musste es der Täter sein. Wer sonst sollte hier, im Dunklen und bei diesem Wetter wie vom Teufel gejagt durch die Straßen hetzen? Nach der Stille genügte den dreien ein Blick, sie sahen sich kurz an, in den Gesichtern von allen dreien spiegelten sich zugleich Angst, aber auch Entschlossenheit wieder, so wie es schon vor zehn Jahren gewesen war. Dann nickten sie knapp und einstimmig ehe sich jeder von ihnen noch enger an die Hausmauer presste. Sie würden sich auf ihn stürzen, wenn er an ihnen vorbei wollte, aber dafür brauchten sie das Überraschungsmoment auf ihrer Seite. So warteten sie, lauschten angespannt in die von Wasser verschwommene Dunkelheit. Sein heiseres Keuchen wurde langsam hörbar, der Atem war unregelmäßig, zittrig und nicht minder schnell als seine Schritte. Er rannte auf sie zu als ginge es um sein Leben. Als er zu ihnen in die Gasse bog hielten alle drei geradezu automatisch die Luft an, doch aus dem geplanten Überfall wurde nichts. Er lief an den Detektivboys vorbei, ohne dass diese sich auch nur rührten. Keiner von ihnen hatte sich in diesem Moment bewegen können. Und das, obwohl er nur wenige Meter von ihnen entfernt gewesen war. Doch das Gesicht des vermeintlichen Täters hatte sich den dreien tief ins Gedächtnis gebrannt. Er hatte die Augen fest zusammen gekniffen, es interessierte ihn nicht, wohin sein Weg ihn führte, Hauptsache weg von hier. Die aschblonden Haare saßen unnatürlich schief, sodass die dunkelbraunen Ponysträhnen sich ihren Weg an die frische Luft gesucht hatten. Das eigentlich viel zu junge Gesicht trug noch immer Einzelteile einer Miene, die ihnen ebenso geläufig war. Die plötzlich unpassende Statur als auch die mit Wasser vollgesogenen Klamotten hätten die drei als Erkennungsmerkmal nicht mehr benötigt. Er hatte sie nicht gesehen, war an ihnen vorbei gerast, ohne sie auch nur flüchtig zu registrieren oder wahrzunehmen. Schon längst waren seine Schritte in der Ferne verklungen, keiner der drei war ihm nachgelaufen, denn noch immer war niemand in der Lage sich zu rühren - ihre Blicke waren nun ziellos in den Regen gerichtet, dorthin, wo er an ihnen vorbei gerannt war. Ayumi war die erste, die eine Reaktion zeigte, mehr als ein heiseres Schluchzen, nachdem sie sich den Handrücken gegen den Mund presste, brachte sie jedoch nicht heraus, Mitsuhiko konnte nichts mehr als zu zittern, während Genta einen keuchenden Laut von sich gab. „Das war…“ <…Bell.> <…Shinichi.> Doch während die beiden Jungen ihn nur in Gedanken benennen konnten, war Ayumi als einzige Herrin über ihre Stimme, wenn diese auch brüchig im Regen versank. „…Conan.“ Hallo ihr Lieben! Erst mal vielen Dank für die Rückmeldung beim letzten Mal, freut mich das ihr es nicht zu sehr als „Füller“ empfunden habt. Ich hoffe dieses Kapitel hat euch ebenso gefallen. Vielleicht wird es jetzt deutlich warum Heiji es bisher noch nicht wissen sollte, denn einigen von euch wird jetzt bestimmt klar sein was mit unserem lieben Shinichi passiert *muhahaha* Wie immer würde ich mich natürlich über eure Meinung freuen! Liebe Grüße, eure Shelling Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)