Shopping von Fara_ThoRn (~ Ich mag Aprikosen ~) ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Halli, hallo! Ich mal wieder. Ich habe hier ein kleines, zweites Kapitel für euch, das ich euch nicht vorenthalten möchte. Wer also wissen möchte, wie es mit unsrem aprikosenliebenden Akio und Tobi weitergeht, der kann das hier nachlesen! Viel Spaß dabei. Kapitel 2 "Die sitzt nicht!" "Doch. Tut sie. Halt einfach mal still!" Akio zupft mir an der Fliege rum. "Du musst es ja wissen", grinse ich ihn an und bewundere seinen schmalen Finger. "Klar weiß ich das. Und sie steht dir ausgezeichnet." Lob vom Meister persönlich. Welch Ehre. "Dir steht deine Fliege aber auch ausgezeichnet." Seine wunderschönen braunen Augen strahlen mich an. Herzklopfenalarm! Dieser kleine Japaner hat mir doch tatsächlich das Herz gestohlen und das kurz nach unsrem etwas feuchtfröhlichen Date. Mein Bauch kribbelt noch immer, wenn ich nur daran denke. Wie lange ist das jetzt her? Ich kann es nicht genau sagen. Seit ich mich von Bea getrennt habe und ihn kennengelernt habe, zählt für mich nur noch die Zeit, in der wir zusammen sind. "Was ist? Habe ich was im Gesicht hängen?" Wie unschuldig er einen anschauen kann. Dabei weiß ich ganz genau, wie er sein kann. Mein kleiner, gieriger Akio! "Ja. Da ist was." "Was denn? Wo?" Unwirsch wischt er sich im Gesicht rum. "Hier", flüstere ich und lecke über seine Lippen. "Und was?", fragt er, als ich meine Zunge wieder von seinen Lippen gelöst habe. "Da war nichts." Manchmal steht er total auf dem Schlauch. Wie niedlich. Zum anbeißen. Oder zum ... küssen. Als wir uns wieder voneinander lösen, sieht er noch putziger aus. "Wir müssen los", lache ich, hole mich noch einen Kuss ab und entlasse den Kleinen aus meinen Armen. "Dann hast du mich veräppelt?" "Jaha!" "Warum?!" Ich bleibe stehen, die Autoschlüssel schon in der Hand. "Tu nicht so, als müsste ich dir noch erklären, weshalb ich dich küssen wollte." Akio legt den Kopf schief und grinst. "Würdest du jetzt bitte kommen? Die dämliche Hochzeit beginnt in einer Stunde." Endlich kommt auch er in die Gänge und eilt mir nach. Wir hetzen durch das Treppenhaus und laufen um den halben Block, wo mein Auto steht. "Hast du das Geschenk vorhin ins Auto gebracht?" "Ja Tobi. Ist im Kofferraum." "Super! Dann nichts wie los!" Ich starte den Motor, der laut aufheult (ich liebe meinen kleinen, schwarzen Flitzer!) und schon sausen wir davon. "Aufgeregt?", fragt mich Akio, nachdem wir auf der Autobahn sind. "Nein. Warum?" "Weil ich mitkomme." Ich grinse breit. "Du bist der einzige Lichtblick in diesem ganzen Theater." Im Seitenspiegel sehe ich Akio rot werden. Ich sag's doch. Niedlich! "Bist du nervös?" "Und wie." Er atmet einmal tief ein und starrt aus dem Seitenfenster. "Mach dir mal keine Gedanken. Alle werden auf das glückliche Brautpaar starren. Die werden uns gar nicht beachten." "Werden sie nicht fragen, warum du mir einem Mann auf die Hochzeit kommst und nicht mit deiner Freundin?" Ich zucke mit den Schultern. "Ich sage jedem gern mit Freuden, dass ich sie in den Wind geschossen habe. Aber das wird niemand. Glaub mir." "Okay." Erleichterung in seinen Augen. Wenigstens er ist beruhigt. Ehrlich gesagt, bin ich mir nicht so sicher, dass es niemanden auffallen wird, wer da an meiner Seite auf die Hochzeit meiner Mutter geht. Mir ist das eigentlich ziemlich egal, aber ich bin mir dessen sehr bewusst, dass ein großer Teil meiner Familie das nicht so berauschend finden wird. Aber am meisten habe ich Angst vor den Fragen. Den Fragen meines Bruders. 'Wer ist das? Seit ihr zusammen? Was ist mit Bea?' Und die Mutter aller Fragen: 'Liebt ihr euch?' Ich schiele zu Akio, der auf seinem Handy herumtippt. Was werde ich sagen? Ich weiß eigentlich schon, was ich am liebsten sagen würde. Nur weiß Akio noch nichts davon. Er hat noch keine Ahnung, was ich für ihn empfinde. Ich habe ja selbst einige Zeit dafür gebraucht, um es zu raffen. Und bis jetzt hatte ich noch nicht die Eier, es ihm zu sagen. Diese kleinen drei Worte, die so viel verändern. Die unsre Bekanntschaft auf ein höheres Level bringen. Die drei Worte, die ich noch nie zu jemanden gesagt habe, außer zu meinem Vater. Dem bisher wichtigsten Menschen in meinem Leben. Vielleicht fragt sich jetzt der ein oder andere, was mit Bea war. Bea war ... plötzlich da. Wir waren ein Paar und gut war's. Na ja. Eher schlecht. Anderes Kapitel! Jetzt geht es um Wichtigeres. Mein Liebesgeständnis. Bloß ob ich das auch schaffe, bleibt im Dunkeln. Ich war sogar mal ganz kurz davor es ihm zu sagen. Vor knapp zwei Wochen. Wir lagen zusammen auf dem Sofa, glotzten irgend so eine Komödie im Fernsehen und Akio lag halb auf mir, seinen Kopf auf meiner Brust und fing an leise zu schnarchen. "Akio?" Ich piekste in seine Nase. "Schläfst du?" Er brummte verschlafen und drehte sein Gesicht hoch zu mir. Müde blinzelte er mich an und da lag es auf meinen Lippen. Aber es ging nicht. Meine Kehle war zugeschnürt, weshalb ich ihn nur doof angrinste und fragte, ob wir ins Bett wollen. Akio nickte müde und das war's. Wir gingen schlafen und meine Chance war vertan. Seitdem habe ich es kein weiteres Mal versucht. Ich drehe das Radio lauter, damit ich auf andere Gedanken komme. Es macht mich ganz nervös, wenn ich darüber Nachdenke, dass ich ihm heute noch eine Liebeserklärung machen will. Oder auch nicht. Keine Ahnung. Entweder es passiert, oder es passiert später. Es bringt mir nichts, jetzt den Kopf zu verlieren. Außerdem schnürt mir die Fliege den Hals dermaßen zu, dass ich kaum Luft bekomme. Ich versuche sie mir mit einer Hand zu lockern. "Benötigt der Herr Hilfe?" "Ja. Das Ding sitzt so eng." "Warte." Akio beugt sich zu mir und befreit mich von der apricotfarbenen Seidenfliege. "Ich mach sie etwas weiter." "Tu das. Ist dir auch so heiß?" "Es geht." Ich schalte die Klimaanlage an. "Draußen sind es erst zehn Grad. Wie soll das nachher werden?" "Weiß nicht. Mir auch egal. Dann fliegt eben die Jacke samt Fliege." Akio lacht, verstummt dann aber. "Dein Hals ist ganz rot", meint er leise, schiebt meinen Hemdkragen nach unten und betastet meinen Hals. "Sieht aus wie ein Ausschlag." "Ausschlag?!" Auch das noch! "Wo?!" Ich verrenke meinen Hals um was im Rückspiegel zu erkennen. "Pass auf die Straße auf!", ruft Akio und klatscht mir auf den Oberarm. "Sorry." "Lass uns auf dem nächsten Rasthof halten. Dann kann ich genauer nachschauen." "Keine Zeit. Wir knöpfen das Hemd auf und lassen ein wenig Luft dran. Das gibt sich schon." "Wenn du meinst." Skeptisch öffnet Akio für mich die ersten Knöpfe und zieht meinen Kragen auseinander. "Hast du ein neues Waschmittel? Könnte eine Allergie sein." "Das geht sicher gleich weg", wiederhole ich und ärgere mich über mich selbst. Ich weiß was das ist. Ich habe kein neues Waschmittel oder eine Allergie. Das ist die Aufregung. Das bekomme ich immer, wenn ich aufgeregt oder nervös bin. Das kann nur eins bedeuten: Mein Plan, Akio zu sagen, dass ich ihn liebe, macht mir ganz schön zu schaffen. Ich drehe die Klima voll auf. "Sag Bescheid, wenn es dir zu kalt wird." "Geht schon. Sieh du mal zu, dass du den Ausschlag wegbekommst." Mein Kleiner begutachtet noch immer die roten Flecken argwöhnisch, bleibt aber still. Ich muss mich beruhigen. Dann sage ich es ihm heute eben nicht. Ist ja auch nicht schlimm. Nicht wahr? *** "Wohin?" "Ich such noch." Wo steht es nur? "Ah! Hier. Standesamt, dritter Stock, Zimmer fünf." "Dann hop hop!" Akio greift meine Hand und zerrt mich hinter sich her. "Hoffentlich haben sie noch nicht angefangen!", ruft er mir über den Rücken zu, während wir die Stufen hochhechten. "Und? Wäre das so schlimm?" "Das wäre peinlich. Wenn alle gespannt aufs Brautpaar starren und ..." "Hier!" Ich bleibe stehen und Akio stolpert, fängt sich aber wieder, da ich ihn noch immer an der Hand habe und an mich ziehe. "Anklopfen", flüstert er mir zu und kichert. Ich klopfe also an und öffne vorsichtig die Tür. Lautes Geplapper erschallt. Wir sind nicht zu spät! Leise schleichen wir in den Raum und gelangen ungesehen unter die Gäste. Uns beachtet wirklich niemand. Bis mich mein Bruder entdeckt. "Tobias!" Er steht am anderen Ende des Raumes, neben meiner Mutter, und winkt mir lächelnd zu. "Tilo!" "Wer ist das?", will Akio wissen und drängelt sich an mich. Er fühlt sich sichtlich unwohl zwischen all meinen Verwandten und Bekannten. "Mein älterer Bruder." Tilo kommt auf uns zu und umarmt mich, wobei er mich fast den Rücken zertrümmert mit seinem Geklatsche. "Endlich bist du da! Mama war schon ganz aufgeregt. ... Nette Fliege." Ha ha. Scherzkeks. "Wann geht es los?", will ich wissen. "Gleich. Der Standesbeamte ist noch nicht da." Tilos Blick wandert zu Akio, der noch immer schüchtern an meiner Seite steht. "Und wer sind Sie?" "Akio. Ich bin ..." "Er ist mit mir hier", unterbreche ich meinen Kleinen. "Ach. Und wo ist Bea?" Was habe ich gesagt? "Die ist passé. Deshalb ist Akio mitgekommen." "Ach so! Dann ist er ..." in diesem Moment geht die Tür auf und der Standesbeamte rettet mir das Leben. Ich wette, das hat hier noch nie ein Mann gedacht. Das Gemurmel verstummt und alle drehen sich zum Brautpaar, das sich zum Standesbeamten begibt. "Dann geht es jetzt endlich los. Wir reden nachher", droht mir Tilo an und stellt sich neben unseren baldigen Stiefvater. Also ist er sein Trauzeuge. Wen wundert's? Akio und ich setzen uns ganz hinten hin und verfolgen still die Trauung. "Wir haben uns heute hier versammelt, um ..." Ich schalte ab. Ja, gemein, ich weiß. Aber ich hatte noch nie was für Hochzeiten übrig. Die ewige Treue und Liebe. Schwachsinn! Doch wenn ich so darüber nachdenke ... Akio neben mir drückt sein Bein gegen meins. Es glüht förmlich und macht mich ganz kribbelig. Natürlich denke ich gerade nicht über eine Hochzeit mit ihm nach. Eher sterbe ich allein und enthaltsam! Aber das mit der ewigen Liebe und besonders das mit der ewigen Treue hört sich plötzlich gar nicht mehr so furchtbar an, wie ich früher immer dachte. Ich sage es ihm! Heute! Ich will nicht mehr warten! So unauffällig wie möglich schiebe ich meine Hand zu ihm rüber und lege sie auf seinen Oberschenkel, auf dem seine Hand liegt. Vorsichtig taste ich mich mit meinem kleinen Finger zu der Hand vor, doch er schiebt sie von seinem Oberschenkel und meine gleich mit. Stirnrunzelnd drehe ich mich zu ihm. Er schüttelt kaum sichtlich den Kopf. Schöner Mist! Frustriert starre ich den Rücken meiner Mutter an. Ich hasse Hochzeiten! *** Der ganze Spuk dauert nicht allzu lange. Trotzdem haben wir es immer noch nicht geschafft. Vom Standesamt aus geht es direkt in einen Park, in dem meine Mutter und mein Stiefvater sich nochmal von ihrem geistigen Führer, oder was auch immer, trauen lassen. Alle Gäste versammeln sich vor dem Gebäude und jetzt ist erstmal Händeschütteln und umarmen angesagt. Ich halte mich im Hintergrund und warte, bis das größte Gedränge vorbei ist. "Oh Tobias! Wie schön, dass du hier bist!" Fest werde ich an Mamas Busen gedrückt. Hilfe! "Klar bin ich hier", murmle ich und entweiche aus ihrem Klammergriff. "Herzlichen Glückwunsch." Harrie, meinen Stiefvater, schüttle ich verhalten die Hand. "Danke, mein Sohn." Ich schlucke meinen Ärger hinunter. Ich werde jetzt keinen Streit vom Zaun brechen, obwohl ich mir fast sicher bin, dass Harrie das als reine Provokation zu mir gesagt hat. Ich mag ihn nicht. Keiner ersetzt mir meinen Vater. Und bestimmt nicht er. "Wo ist den Bea?", will Mama wissen und schaut sich um. "Die ist nicht mitgekommen." "Oh nein! Sag bloß, ihr beide habt euch gestritten?" "So ähnlich. Dafür habe ich jemand anderen mitgebracht." Ich deute auf Akio, der sich noch immer schüchtern im Hintergrund hält. "Das ist Akio." "Oh. Konichiwa, Akio-san." Ich beiße mir auf die Zunge, um nicht laut loszulachen. "Hallo. Auch von mir meinen herzlichsten Glückwünsche zur Vermählung." Mama lächelt meinen Kleinen offen an, doch Harrie zieht eine Fresse. Ich werde das Gefühl nicht los, dass er mich hier am liebsten nicht dabei hätte. Womit wir schon mal zwei wären. Hinter uns drängen sich schon die anderen Gratulanten und ich bin erleichtert, dass wir wieder aus dem Mittelpunkt rücken. "Wir fahren los. Bis zum Park ist es nochmal ein ganzes Stück", kläre ich Akio auf und schnappe ihn mir. "Außerdem will ich mir das Beglückwünsche nicht die ganze Zeit reinziehen." "Du magst deinen Stiefvater nicht", sagt Akio leise zu mir. "Was hat mich verraten?" "Einfach alles." Ich streiche mir nervös durch die Haare und warte, bis wir genug Abstand zu meiner Familie haben. Erst dann rede ich weiter. "Er kann mich nicht leiden, weil ich ihn nicht leiden kann. Unser Verhältnis war schon immer angespannt. Mein Vater war noch nicht mal ein Jahr Tod, als meine Mutter ihn anschleppte. Ich habe es gehasst, wie er sich praktisch sofort in unser Leben einmischte und versuchte mich zu bevormunden. Es sind einige unschöne Wörter zwischen uns gefallen und seit er weiß, dass ich auch auf Männer stehe, hält er mich für das Letzte, was er aber unter keinen Umständen zugibt, weil er ja ach so tolerant ist und mit seiner Naturreligion so verbunden ist. Einen Scheiß ist er!" Ich schnaufe höhnisch, versuche mich zu beruhigen. Ich sehe ihn ja zum Glück nicht mehr oft. Akio bleibt stehen und starrt mich mit offenen Mund an. "Und dann schaust du seelenruhig dabei zu, wie deine Mutter ihn heiratet?" "Sie ist mit ihm glücklich, weshalb auch immer. Nur das zählt." "Und dein richtiger Vater? Du hast mir nie von ihm erzählt.", fragt er weiter nach und läuft wieder neben mir her. "Der ist gestorben als ich dreizehn war." "Oh." "Ich mag nicht weiter drüber reden, ja?" "Ist gut", flüstert er und lässt den Kopf hängen. Kommentarlos lege ich meinen Arm um seine Schulter und steuere mit ihm den Wagen an. Genau das liebe ich auch so an ihm. Keine nervigen Fragen, wenn man ihn darum bittet, es sein zu lassen. Wenn die Zeit gekommen ist, werde ich ihm von meinem Vater erzählen. Doch heute ist weder der richtige Tag dafür, noch möchte ich großartig an ihn denken. Nicht, wenn meine Mutter diesen Öko-Harrie heiratet. Mit dem Auto sind wir innerhalb von zehn Minuten am Park angekommen, und sogar einer der Ersten hier. "Fährt man eigentlich nicht hinter dem Brautpaar hier und hupt?" "Eigentlich ja", entgegne ich. "Aber Harrie will das nicht. Wegen der Vögel. Frag mich nicht warum." "Deshalb auch kein Reiß zum streuen", lacht Akio, was mich dazu bringt, ihm einen schnellen Kuss aufzudrücken. "Genau. Deshalb auch kein Reiß." Nochmal schauen wir uns tief in die Augen und dann steigt mein kleiner Japaner schon aus. Ich beiße mir auf die Unterlippe. Eben wäre es so passend gewesen! "Hier lang." Ich deute auf den Eingang und laufe voran. "Ist das schön hier!" "Ja. Als ich klein war, waren wir oft hier. Bis mich eine Ente gebissen hat. Danach musste immer mein Vater … auf mich aufpassen." Wieso erinnere ich mich gerade jetzt daran?! "Du hast Angst vor Enten?" Akio grinst schief und vertreibt damit den Klumpen in meinem Bauch. "Ich hatte! Jetzt esse ich sie viel lieber." An einer großen Linde bleiben wir stehen. Hier liegen überall Sitzkissen und unter den langen Zweigen der Linde sitzt ein Bärtiger Kerl in heller Leinenkleidung. Sicher der Guru meiner Mutter. "Sag mal … Ist deine Mutter in einer Sekte?", fragt Akio mich leise. Ich fange an zu lachen. "Nein. Das ist alles harmlos", versichere ich ihm. Aber er hat irgendwie recht. Es sieht schon strange aus, wie der Kerl da sitzt und meditiert. "Bist du auch dabei?" "Hast du mich je meditieren sehen?" Akio verneint. "Na also! Ich bin weder spirituell veranlagt, noch brauche ich einen Guru." Ich lege meine Arme um meinen hübschen, kleinen Akio. "Ich brauche jemand ganz anderen", wispere ich. Mein Herz rast und ich sammle all meinen Mut zusammen. "Akio. Ich …" Mir bleibt der Rest im Hals stecken. "Tobi?" Braune Augen mustern mich fragend. "Ich glaub's nicht." "Was ist den?" Ich lasse Akio los und laufe auf den Ausgang zu. "Tobi?" "Was suchst du hier?!" "Überrascht mich zu sehen?" Ein überhebliches Grinsen begegnet mir. "Erinnerst du dich, dass ich auch eingeladen war? Ich habe doch gesagt, dass du das noch bereuen wirst." Bea, du kleine Hexe! Hochnäsig steht sie vor mir. An ihrer Seite ein Schrank von einem Kerl. "Mit Begleitung wie ich sehe." "Auf eine Hochzeit geht man schließlich nicht alleine." "War er teuer? Oder bezahlt er für dich?" Das musste raus. "Nicht so teuer wie deine billige Fliege." Wenn Blicke töten könnten, würden wir beide jetzt tot umfallen. "Hast du Rabatt bekommen, weil du den Verkäufer vögelst?" "Du kleine …" "Na na." Beas Begleiter stellt sich zwischen mich und meine Ex. "Wir wollen doch keine Schlägerei auf einer Hochzeit." "Ach. Der da ist dein Bodyguard?" "Denk was du willst", faucht sie und harkt sich bei dem Bodyguard ein. "Wir lieben uns." Ich balle meine Hände zu Fäusten. Sie wagt es, von Liebe zu sprechen, während sie meine Liebeserklärung zunichte gemacht hat?! Ich muss hier weg! Ich drehe mich um und laufe zu Akio, der noch immer an Ort und Stelle steht. "Ich wusste gar nicht, dass deine Ex auch kommt." "Ich auch nicht! Komm mit!" Ich greife Akios Hand und ziehe ihn mit mir. Ich will so viel Abstand zwischen mir und diese Hexe bringen, wie es geht. Leider befürchte ich, dass Bea da anderer Meinung sein wird. Was auch immer sie vorhat, sie wird es durchziehen. "Soll ich gehen?" "Was?" "Ob ich lieber gehen …" "Machst du Witze?! Wenn, dann gehen wir zusammen", blaffe ich Akio an. "Du bleibst bei mir." Ich führe ihn an den See, von den man noch auf die Hochzeitsgemeinschaft schauen kann und setze mich auf eine der Bänke. Mit zittrigen Finger ziehe ich mir eine Zigarette aus der Hose. Ich wusste, dass ich heute noch eine gebrauchen kann! Nur, dass das so läuft, hätte ich nie für möglich gehalten. Akio setzt sich neben mich und schaut mir zu, wie ich mir die Zigarette anstecke. "Mach dich nicht so verrückt wegen ihr. Sie ist es nicht wert." Angespannt lasse ich den Zigarettenqualm aus meiner Nase entweichen. "Sie hat irgendwas vor", sage ich eher zu mir selbst. "Das geht nicht gut." "Was kann sie dir denn schlimmes antun?" "Ich weiß nicht. Aber da ist was im Busch." "Das bekommen wir schon hin", sagt Akio, verschlingt seine Finger mit meinen und drückt meine Hand aufmunternd. Wir … Er hat wir gesagt. In meinem Bauch treten tausende von Schmetterlingen ihren Dienst an und verursachen in mir ein heilloses Durcheinander. Ich könnte es ihm jetzt sagen. Hier am See. Es wäre perfekt. Wäre da nicht der laute Applaus und die ganzen Leute, die den Park stürmen. "Scheint, als müsstest du deine Zigarette ausmachen und deine Mutter begrüßen." Ja. Scheint so. "Am liebsten würde ich abhauen." "Du willst sie gewinnen lassen?" "Wen?" "Na Bea! Wenn du jetzt abhaust, dann hat sie gewonnen." Akio hat recht. Ich lächle ihn dankbar an und verschließe seinen Mund. "Danke, dass du mitgekommen bist." "Du schmeckst nach Tabak." Kleiner Spaßvogel! *** "Die Zeremonie war so anrührend! So bezaubernd! Ich musste die ganze Zeit weinen!" Und ich kotze gleich! Was kann Bea schleimen! "Schön, dass du doch gekommen bist, Bea." Meine Mutter drückt ihr einen Kuss auf die Wange, wie jedem hier. "Bleibst du noch ein bisschen?" "Natürlich bleibe ich noch! Wie könnte ich das hier versäumen wollen?" Dabei wirft sie mir einen gemeinen Seitenblick zu. Zicke! Ich bediene mich am Buffet. Alles absolut vegan. Nichts gegen fleischloses Essen, aber man kann es auch übertreiben. "Nachher halten wir in einem Fastfoodladen", sage ich zu Akio, der sich ebenfalls bedient. "Sieht doch lecker aus." Er beißt in etwas, das aussieht wie ein Minitaco. "Und schmeckt auch." "Wenn du das sagst." Ich lade mir gleich vier von denen Dingern auf meinen Teller. Auf sein Urteil vertraue ich blind. "Und? Schon was Leckeres gefunden?" Mein Bruder steht plötzlich neben mir. Den kann ich jetzt gar nicht gebrauchen! Erst muss ich mit Akio reden, ihm sagen dass ich … "Dein Neuer und deine Ex auf einer Party. Doof, was?" Unauffällig schiele ich zu Akio rüber. Hat er das gehört? "Bea nervt ganz schön. Aber ich gehe ihr einfach aus dem Weg", rede ich drauf los und hoffe, dass Tilo nicht weiter nachfragt, was mich und Akio betrifft. "Und was sagt dein Freund dazu? Oder ist er gar nicht dein Freund?" Jetzt mal ohne Scheiß. Warum bin ich nur hier her gefahren? "Ähm Tobi? Können wir mal reden?" Mein Kleiner packt mich an der Hand. "Allein." Mir einer Mischung aus Erleichterung und Aufregung folge ich ihm. Er bringt mich zu der großen Linde, die jetzt verlassen ist und wir somit unsre Ruhe haben. Vorerst. "Was gibt's denn?", frage ich und versuche meinen Teller nicht fallen zu lassen, so sehr vibriert es in mir. "Nichts. Ich wollte dich nur vor deinem Bruder retten." Würde ich ihn nicht schon so sehr lieben, täte ich es jetzt mit Sicherheit. Okay. Jetzt! Jetzt muss ich es ihm aber sagen. Wie sieht das sonst aus? "Hör zu Akio. Das eben war …" "Du musst nichts sagen. Ist schon gut." "Doch muss ich! Hör mir bitte zu." Ich nehme ihm den Teller ab und stelle ihn zusammen mit meinem auf den Boden vor der Linde. "Wir kennen uns jetzt noch nicht so lange, aber …" "LEUTE?! WIR WOLLEN FOTOS MACHEN! ALLE HERKOMMEN!" Fotos?! AHHH!!! "Wir reden besser, wenn wir ganz unter uns sind", meint mein kleiner Japaner und lässt mich einfach stehen. Gibt's denn sowas?! Wer wurde denn schon bei fünf Liebeserklärungen an einem Tag unterbrochen?! Mal wieder nur ich! Ich laufe hinter Akio her und beeile mich, damit ich noch rechtzeitig bei ihm bin, bevor alle in Stellung gehen. "Was soll der denn hier? Muss der mit aufs Foto?" Sprachlos schaue ich meine Ex an. Hat die das eben tatsächlich gesagt?! Mein Kleiner wird noch kleiner und ich stelle mich provokant neben ihn. "Natürlich muss er mit aufs Foto. Ich frage mich bloß, warum du und dein Bodyguard da mit drauf müssen." "Hört auf zu streiten!", zischt Tilo uns zu. "Ihr gehört alle mit aufs Foto." Mit knirschenden Zähnen stelle ich mich dorthin, wo der Fotograf mich haben will, Akio immer neben mir. Die ersten Fotos werden gemacht und ich probiere mein schönstes Lächeln zu Schau zustellen. Ob es klappt kann ich erst sagen, wenn ich die Fotos sehe. "Na ja. … schon lange nichts mehr … bringst nicht … kein Wunder … schwul eben." Ist das Beas Stimme? Aber wer soll das sonst sein? Ich strecke mich und versuche zu erkennen, wo die fiese Hexe steht. Nicht weit von mir entfernt, wie ich feststelle. Ich spitze meine Ohren und probiere mehr von dem Gespräch zu erfahren. Anscheinend redet sich mit meiner Cousine. Da hat sie ja die Richtige gefunden für ihre Hasstiraden! "Und dann schleppt er auch noch diese kleine Schwuchtel mit. Ist das zu fassen?" "Das reicht jetzt Bea! Halt deine gemeine Klappe!", brülle ich los und drehe mich zu ihr. Der Rest meiner Familie ist still und schaut mich entsetzt an. "Ich weiß, es war nicht gerade die tollste Art, wie ich mit dir Schluss gemacht habe, aber das ist noch lange kein Grund, meinen Freund zu beleidigen! Ich lasse nicht zu, dass du den Mann, den ich liebe, zum Gespött meiner Familie machst! Und was auch immer du für eine Intrige gegen mich geplant haben magst, die kannst du dir in die auftoupierten Haare schmieren!" Trotzig drehe ich mich wieder zum Fotografen und ergreife Akios Hand. Noch immer sagt keiner ein Wort. Dafür aber, räuspert sich der Fotograf und knipst erneut drauf los, nachdem er uns alle wieder zum Lächeln aufgefordert hat. Bei diesem Satz musste ich wirklich anfangen zu lächeln. Als der Fotograf dann meine Mutter und ihren neuen Ehemann alleine fotografieren möchte, löst sich die Versammlung laut plappernd auf. Mein Bruder klopft mir auf die Schulter und lächelt mich an. Hier und da fliegen mir böse Blicke zu, die mir aber am Hintern vorbeigehen. Das Einzige, das zählt, ist mein Kleiner neben mir. "Tobi? Darf ich dich was fragen?" "Klar." Ich ahne, was jetzt kommt. "Wer ist es? Der Mann, den du liebst?" Grinsend stelle ich mich vor meinen Kleinen. "Mamas Guru. Es war Liebe auf den ersten Blick." Akio legt den Kopf schief. "Ehrlich? Schade. Ich hatte auch ein Auge auf ihn geworfen." "Ich glaube, wir werden beide bei ihm abblitzen", seufze ich und halte seine Hände fest. "Irgendwas sagt mir, dass das nicht schlimm ist." Er schaut zu mir auf und lächelt mich an. Ich atme tief ein. Jetzt wird mich niemand mehr unterbrechen! "Ich wollte es dir schon den ganzen Tag sagen. Aber immer kam was dazwischen. Tut mir leid, dass es so passiert ist." "Was ist denn passiert?" Zertrampelt da wieder jemand einen Schlauch? Hm. Ich glaube, dass macht er diesmal extra. "Du willst es also ganz genau von mir erklärt bekommen?" "Haargenau. Bis ins kleines Detail. Man bekommt schließlich nicht immer von seiner großen Liebe eine Liebeserklärung gemacht." "Du liebst mich auch?" "Zweifelst du da wirklich dran?" Ich schüttle den Kopf und hauche ihm ein Nein entgegen. Zu mehr ist mein Sprachzentrum nicht mehr fähig. Ich ziehe Akio in meine Arme, umarme ihn fest, was er erwidert und drücke meine Nase in sein Haar. Mein Herz schlägt so schnell, dass ich es in meinen Ohren rauschen hören kann. "Und wo bleibt jetzt die Liebeserklärung?", fragt Akio lachend. "Nachher", wispere ich. "Zuhause bekommst du sie ganz langsam und ausführlich von mir erklärt." "Ich freue mich schon drauf." Und ich mich erst! Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)