Melodie der Nacht von Kurenai_chan ================================================================================ Kapitel 2: Das Phantom an der Treppe ------------------------------------ Wir alle starrten ihn fassungslos an. Wie bitte, ein Vampir!? So ein Unsinn! Was dachte er sich nur dabei uns so etwas zu sagen? Die anderen fingen schließlich an ihn auszulachen. Miriam und Selina kicherten sich einen ab, auch Cindy konnte sich nicht mehr halten. „Alle Hühner haben gelacht!“, grinste sie. Der Butler begutachtete unsere Reaktionen mit seinen scharfen Blicken und hob die Augenbrauen. Frau Meier sagte zu der ganzen Sache gar nichts und hielt sich raus. Plötzlich meldete sich Mell zu Wort: „Ist das Ihr ernst, dass hier ein Vampir leben soll?“ Wir alle sahen sie überrascht an. Wobei… ich mich ja selbst für Mythologie und Nachtgestalten sehr interessierte, vor allem für Vampire und Werwölfe. Also stieg ich einfach mit ein. „Können Sie uns dazu genaueres sagen?“ Der Butler überlegte. „Tja… dieser Vampir ist einfach eine echte Plage! Er jagt mir meine ganzen Kunden weg! Erst glauben sie mir alle nicht, aber ihr werdet es schon sehen... Bitte, helft mir ihn zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen“, er ging auf die Knie, „Ich flehe euch an!“ Verwirrt und verdutzt glotzten wir ihn an, konnten uns aber dabei ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Warum stand in der Beschreibung nichts darüber?“, setzte Mell nach. Da fiel Feli ihr ins Wort: „Och, ihr seit echt beknackt, es gibt doch keine Vampire! Ist vielleicht so’ne Art Gag des Hauses!“ Der Butler starrte sie mit schmalen Schlitzen an und lachte dann: „Du hast mich erwischt! Ein kleiner dummer Scherz von mir um euren Aufenthalt interessanter zu gestalten! Vampire sind das Motto des Hauses! Meine Güte bist du klug! Ha, ha, ha, ha…“ Irgendwie war ich durch seinen Meinungsumschwung noch verwirrter als vorher. Es war so seltsam… das alles kam unglaubwürdig rüber… Schließlich klatschte er in die Hände und geleitete uns zum großen Tor. „Ich wünsche euch allen einen schönen und erholsamen Aufenthalt!“ Nachdem wir endlich die Burg betraten, zeigte uns der Butler die einzelnen Räume und Sehenswürdigkeiten. Begonnen hatten wir mit den Schlafräumen, die sich je im Ost und Westflügel befanden. Jedes besaß auch ein eigenes Bad mit Toilette und Dusche. Selbst ich war überrascht. Es war wirklich modern eingerichtet. In Richtung des Westflügels gab es eine Treppe die nach oben führte. Der Butler erklärte uns, dass dort sein Arbeitszimmer war und er nicht bei der Arbeit gestört werden möchte, wir ihn daher allein lassen sollen. Im Erdgeschoss gab es, auf der rechten Seite, den Festsaal, wo wir die Frühstücks-, Mittags- und Abendzeiten gemeinsam verbringen würden. In der Nähe befand sich auch eine Toilette. Direkt daneben gab es für uns noch einen Aufenthaltsraum, wo man die Freizeit mit chillen auf der Couch, Billard, Schach und anderen Gesellschaftsspielen totschlagen konnte. Auf der linken Seite ging es zur Bibliothek. Dort gab es wirklich alle möglichen Bücher von Shakespeare bis zur modernen Literatur. Doch auf einmal bekam ich ein sehr mulmiges Gefühl. Der Butler erklärte den anderen Mädchen weiterhin alles Mögliche und beantwortete freundlich ihre Fragen. Ich sah mich um. Mir kam es so vor, als würden wir beobachtet werden. Aber der Butler meinte ja, dass wir alleine wären. Spielte er jetzt mit uns sein Spiel dennoch, obwohl wir alle schon eingeweiht waren? Eigentlich wäre dies ja unlogisch. Dieses Gefühl wurde ich trotzdem nicht los. „Sari, alles in Ordnung?“, fragte Mell besorgt und legte ihre Hand auf meine Schulter. „Nein, nein, alles Bestens.“, log ich. Sie nickte nur darauf und meinte. „Wenn was ist, komm zu mir.“ Ich erwiderte ebenfalls mit einem kurzen Nicken. Als die Burgführung vorbei war, gingen alle hoch um sich in ihren Zimmern einzurichten. Was ich toll fand ist, dass wir alle ein Einzelzimmer bekamen. Schnell räumte ich meine Kleidung in die Schränke, die Wertsachen in das Safe und bereitete mich auf das bevorstehende Abendessen, um 18 Uhr, vor. Als es 17:50 Uhr war, ging ich los zum Festsaal. Doch dann geschah etwas, was mir bis heute in Erinnerung blieb. Es passierte, als ich gerade die Treppen hinuntersteigen wollte. Da erfasste mich ein eiskalter Schauer, der in jede Pore meines Körpers hindurch drang. Ich zitterte, fragte mich wieso es plötzlich so kalt wurde. Es war sehr seltsam, aber es kam mir so vor, als wäre jemand in meiner Nähe. Meine Atmung beschleunigte sich, mein Umfeld nahm ich gar nicht mehr war. Bildete ich es mir nur ein, oder rief tatsächlich eine starke männliche Stimme nach mir? Dann spürte ich, wie ein eisiger knochiger Finger zärtlich über meinen Hals streichelte. Mein Herz setzte abrupt aus und ich drehte mich blitzschnell um. Aber da war niemand. Ich stand ganz alleine auf der Treppe und die Raumtemperatur war völlig normal. Was war nur los mit mir? Beschämt schüttelte ich den Kopf. Das alles musste ich mir eingebildet haben, es gäbe ja schließlich keine Vampire! Doch dieses seltsame Ereignis ging mir nicht mehr aus meinem Kopf. Zum Abendessen kam ich noch pünktlich. Es gab eine einfache Kartoffelsuppe mit Brot, die der Butler für uns kochte. Obwohl ich anfangs misstrauisch war, schmeckte die Suppe ganz gut. Wir saßen alle zusammen an einem Tisch, wobei Selina und Miriam mit Frau Meier etwas abseits von unserer Clique saßen, da Mell und Selina mal einen üblen Streit hatten, was die Clique spaltete. Ich hielt mich aus ihrem Stress heraus, das sollten sie unter sich klären, mich ging es auch nichts an. Wieso auch immer fiel mir wieder das seltsame Ereignis auf der Treppe ein. „Du Mell, irgendetwas stimmt hier nicht.“ Sie sah mich überrascht an. „Wieso, was hast du denn?“ Zögernd antwortete ich: „Weißt du, eben auf der Treppe, da war etwas seltsames geschehen. Ich ging ganz normal die Stufen herunter, doch auf einmal wurde es so… kalt. Ich hätte wirklich schwören können, dass die Raumtemperatur drastisch gesunken war, ich fror. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass ich nicht alleine war. Denn plötzlich spürte ich, wie jemand mit seinem Finger meinen Hals streichelte. Als ich mich umdrehte war niemand da und die Temperatur war völlig normal, aber wie kann das sein?“ Mell sagte dazu gar nichts mehr, sie war einfach sprachlos. Schließlich mischte sich Feli ein. „Das war sicher ein Gag vom Butler, wie er vorhin ja gesagt hatte. Du bildest dir echt zu viel ein! Wir wissen ja, dass du gerne einen Vampir bei dir im Bett hättest! He, he, he…“ Sie schaffte es, dass ich knallrot anlief. Cindy ergänzte: „Wird echt Zeit, dass du dir einen Freund holst!“ Am aller liebsten wollte ich unter den Tisch kriechen, damit niemand meinen Gesichtsausdruck sehen konnte. Die anderen fanden es ganz lustig, selbst Frau Meier lachte herzlich mit. Eine tolle Lehrerin. „Och Sari, wir meinen es doch nur gut mit dir!“, meinte Alex dazu. Ich wünschte mir letzten Endes nur noch, dass das Abendessen schnell vorüber war. Nach dem Abendessen ging ich direkt auf mein Zimmer, um mich zu duschen und bettfertig zu machen. Nach der entspannenden Dusche zog ich mir mein weißes langes Nachthemd mit Blümchenmuster an und holte aus meinem Schrank meinen tragbaren DVD-Player und legte den Film Bram Stokers Dracula ein. Irgendwie hatte ich schon immer ein Faible für düstere Romantik. Die Liebesgeschichte zwischen ihm und Mina war sehr tragisch. So was fand ich schon immer schön. Schließlich starb er ja durch sie, indem sie einen Pflock in sein Herz rammte, um ihm so seinen Frieden zu schenken. Nachdem der Film zu Ende war, musste ich erneut über die Vampirgeschichte dieser Burg nachdenken. Zuerst der seltsame Empfang des Butlers, dieses seltsame Gefühl der in der Bibliothek, dann der rasche Temperaturwechsel auf der Treppe… das musste irgendwie zusammenhängen. Außerdem glaubte ich ihm nicht, dass das alles inszeniert sei, um Gruppen anzulocken. Es stimmte tatsächlich mit dem Laden etwas nicht, und ich entschloss mich herauszufinden, was hier nun los war. Das bedeutete folgendes: Ich musste den Vampir suchen, diese Nacht noch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)