Die Prinzessin des Waldes von Mononoke92 ================================================================================ Kapitel 1: Teil 1 von 2 ----------------------- Ashitakas Sicht Mehrere Wochen waren vergangen, seit der Waldgott uns eine zweite Chance gegeben hatte. Die Eisenhütte war völlig zerstört und ich half der Herrin Eboshi und ihren Leuten sie wieder aufzubauen. Auch Eboshi schien den Zwischenfall als eine zweite Chance verstanden zu haben. Sie kündigte an Abstand von der Rodung des Waldes zu nehmen und neben der Eisenerzeugung auch andere Einnahmequellen in Betracht zu ziehen. Sie legte mehr Wert darauf, die Stadt selbst zu versorgen und ließ in der näheren Umgebung Reis und Gemüse anbauen und ich war voller Zuversicht, dass Eboshis Bemühungen sich lohnen würden. Der Grund für meine Reise hatte sich erledigt. Der Fluch, der mir beinahe das Leben gekostet hatte, war von mir genommen und somit stand einer Rückkehr in mein Heimatdorf eigentlich nichts im Wege. Aber auch nur eigentlich. Denn eins gestaltete meine Rückkehr unmöglich: San - oder, wie die meisten sie nannten: „Das Wolfsmädchen“. Die Gefühle, die ich für sie hatte und die sich mit der Zeit nur verstärkten, waren tiefer als ich je für ein Mädchen empfunden hatte und so stand mein Entschluss fest, in der Eisenhütte zu leben um in ihrer Nähe bleiben zu können. Der Hass, den San weiterhin gegen die Menschen hegte, hatte sich zwar gemindert, aber sie konnte sich nicht vorstellen ein Leben unter ihnen zu führen und auch wenn ich das verstehen konnte, war es schmerzlich sie nicht so oft sehen zu können, wie ich es gerne gehabt hätte. Das Einzige, was mir blieb, waren die Besuche, die ich ihr abstattete und auch heute war einer dieser seltenen Tage, an denen ich sie sehen konnte, sie für eine Zeit in meiner Nähe hatte und ihre Gegenwart spürte. Als ich aus meiner bescheidenen Hütte trat, die direkt an einer der Stadtmauern grenzte, wurde ich von der Sonne begrüßt, die bereits aufgegangen war und angenehm auf mein Gesicht schien. Zusammen mit Yakul, meinem treuesten Freund, machte ich mich auf den Weg. Es war noch sehr früh und nur ein paar Bewohner liefen mir entgegen und grüßten mich höflich. Auch Toki war unter ihnen. „Guten Morgen, Ashitaka. Was machst du denn heute schon so früh auf den Beinen?“ „Das Gleiche könnte ich dich doch auch fragen, oder?“, sagte ich zu ihr. „Wenn du schon so fragst, ich habe heute Frühdienst in der Eisenschmelze. Auch wenn wir sie nicht mehr so ausgiebig benutzen, wie noch vor wenigen Wochen, haben wir noch genug Arbeit. Also, wo gehst du hin?“ Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Es war erstaunlich, wie neugierig die zierliche und liebenswerte Frau doch war. „Ich werde heute San besuchen.“ „Ach so. Wie läuft es zwischen euch? Ist es nicht ... umständlich sie so selten zu sehen? Ich meine, es gibt auch sehr schöne Frauen hier im Dorf, die nicht ‚nein‘ zu dir sagen würden.“, meinte sie. Wie immer, wenn sie mich versuchte mit jemandem zu verkuppeln, schüttelte ich nur höflich meinen Kopf. „Ich bin mit dem zufrieden, was ich habe und die Gefühle, die ich für San habe, liegen nicht nur an ihrem Äußeren. Ich liebe sie für das, was sie ist. Ich liebe ihre Persönlichkeit, ihre Stärke und auch ihre Einzigartigkeit.“ „Würde Kouroku nur auch mal so etwas Schönes zu mir sagen.“, meinte sie verträumt. „Das tut er doch. Nur auf seine Art und Weise. Du musst einfach genau darauf achte.“ Sie lachte nur und schüttelte fassungslos ihren Kopf. „ Hast du eigentlich immer solche weisen Sprüche auf Lager?“ „Langsam müsstest du mich doch kennen.“ Ich zwinkerte ihr zu und ging an ihr vorbei. Als ich aus das große Stadttor trat, konnte ich den prächtigen Wald sehen, der durch den Waldgott noch schöner und majestätischer war als je zuvor. Ich schwang mich auf Yakul und ritt auf den Feldwegen in Richtung des Waldes. In mir spürte ich schon Vorfreude San wiederzusehen. Mein letzter Besuch lag bereits zwei Wochen zurück, da ich momentan viel in der Eisenhütte zu erledigen hatte. Als wir den Wald erreichten, wurden wir von den Bäumen umhüllt und ich fühlte wieder die Ruhe, die dieser Wald ausstrahlte. Ich konnte gut verstehen, weshalb sich San hier heimisch fühlte. Nach einer Weile erreichten wir einen See und ich konnte Sans Kleidung am Ufer liegen sehen. Ich stieg von Yakul ab und blickte mich suchend nach ihr um und wie ich vermutet hatte, kam ihr Kopf aus dem Wasser zum Vorschein. Sie brauchte nicht lange, bis sie mich entdeckte und deutete mir, dass ich zu ihr kommen solle. Da San bei den Wölfen groß geworden war, kannte sie Gefühle wie Scham nicht. Kleidung hatte bei ihr lediglich einen schützenden Zweck und so dachte sie sich nicht viel dabei sich nackt vor mir zu zeigen, was mir manchmal nicht so einfach fiel auszublenden. Ich entledigte mich ebenfalls meiner Kleidung und stieg ins kalte Nass. Gemächlich schwamm ich zu ihr und es dauerte nicht lange, bis ich sie erreicht hatte. „Es ist schon länger her, Ashitaka.“, sagte sie zu mir. Es war kein Vorwurf. Lediglich eine Feststellung. Auch wenn ich es gerne gehört hätte, dass sie mich vermisst hatte, war ich mir im Klaren, dass es nicht ihre Art war so etwas zu sagen. „Zu lang.“ War das Einzige, was ich darauf erwiderte. Eine Weile verbrachten wir im Wasser und neckten uns gegenseitig, indem wir uns mit Wasser anspritzten, bis es uns zu kalt wurde und wir aus dem Wasser stiegen. Provisorisch kleideten wir uns wieder an und setzten uns ans Ufer. Sie erzählte mir von dem Wald. Was sich verändert hatte und sie erzählte mir, dass immer mehr Tiere zurückkehrten und sich der Wald immer mehr erholte. Aus jedem Wort konnte ich hören wie viel ihr das bedeutete. Für sie war der Wald mehr als eine Ansammlung von Bäumen und Pflanzen. Es war ihr Zuhause und es war etwas Lebendiges, etwas Einzigartiges. Mit dieser Weltanschauung hatte sie auch mich verändert. Schon bevor ich sie kannte, hatte ich Respekt vor der Natur, aber durch San lernte ich sie zu lieben. Schnell verstrichen die Stunden und als es bereits dunkel wurde klaubte ich Holz zusammen und zündete ein Feuer an, an das wir uns setzten um uns zu wärmen. Eine Weile sprachen wir noch über verschieden Dinge, bis alles gesagt war und wir ins Schweigen verfielen. Es war kein unangenehmes Schweigen. Im Gegenteil, es hatte etwas Vertrautes und Intimes. Nach einer Weile trafen sich unsere Blicke und ich verlor mich in ihren Augen. Wieder machte sich das Gefühl in mir breit, das man als Liebe bezeichnete und alles an ihr fand ich anziehend. Ihre Haare, ihr Gesicht, ihre Augen und ihre Lippen, die so einladend wirkten. Normalerweise hielt ich mich in ihrer Gegenwart zurück, da ich nie wusste wie weit ich gehen konnte, aber diesmal überwand ich die letzten Zentimeter, die uns trennten und drückte meine Lippen sacht auf ihre. Erst versteifte sie sich und wusste wohl nichts damit anzufangen. Denn auch das Küssen war ihr fremd und hatte für sie eine andere Funktion als seine Zuneigung zu zeigen, aber nach wenigen Augenblicken entspannte sie sich und ließ sich darauf ein. Es war ein wunderschönes Gefühl sie auf diese Art und Weise spüren zu können. Ich wusste nicht wie lange wir am Feuer saßen und ich ihre Lippen auf meinen spürte, bis wir uns voneinander lösten. Wieder blickten meine Augen in ihre und ich sprach das laut aus, was ich immer spürte, wenn ich bei ihr war. „Ich liebe dich.“ Überrascht, aber auch überfordert blickte sie zur Seite. Vielleicht war der Zeitpunkt zu früh gewählt um ihr offen zu sagen, was ich für sie empfand. Ich wusste, dass auch ich ihr etwas bedeutete, aber trotz alledem war ich einer von „ihnen“ und sie ein Kind des Waldes. „Es ist spät. Du solltest gehen.“ Ihre Reaktion kam nicht überraschend, auch wenn ich mir eine andere erhofft hatte. „Mein nächster Besuch wird nicht so lange auf sich warten lassen.“, sagte ich zu ihr, bevor ich aufstand und zu Yakul ging. Als ich mich auf ihn schwang und noch einmal zu San blickte, konnte ich sehen, dass sie mich beobachtete. Vieles hätte ich gegeben um in diesem Augenblick ihre Gedanken lesen zu können. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, ritt ich zurück zur Eisenhütte. Jeder Meter, den ich mich weiter von ihr entfernte, fühlte sich unangenehm an. Fühlte sich falsch an. Als ich zurück in der Eisenhütte war und mein kleines Haus betrat, war meine Laune mittlerweile auf dem Tiefpunkt gesunken. In meinem Dorf war ich als Prinz geboren und erzogen worden. Mir wurde gelehrt voller Zuversicht zu sein, wo andere sie schon längst verloren hatten. Machte ich das auch bei San? Bildete ich mir ein, dass sich zwischen uns etwas entwickeln könnte? Ich war mir sicher, bei dem was ich für sie empfand, aber reichte das aus? Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett fallen und bevor ich einschlief drehten sich meine Gedanken um das Mädchen, das mir wohl nie aus meinem Kopf gehen würde. In der Nacht wurde ich plötzlich wach, als ein Geräusch mich weckte. War jemand bei mir eingebrochen? Bevor ich mich aufrichten konnte, um nach meinem Schwert zu greifen, wurde sachte meine Decke zur Seite geschoben und im nächsten Moment spürte ich, wie sich jemand zu mir ins Bett legte. Auch wenn es zu dunkel war, um etwas zu erkennen, wusste ich, dass es San war. Erst wollte ich sie fragen, was sie hier machte, aber ich entschied mich dagegen als sie mich umarmte und ihren Kopf an meine Schulter legte. Es brauchte keine Worte. Ich schloss einfach wieder meine Augen und erfreute mich daran sie bei mir zu haben. „Ich liebe dich auch.“, kam es so leise von ihr, dass es beinahe nicht zu hören war. Ein Lächeln legte sich auf meinen Lippen. So wenige Worte, die mir so viel bedeuteten. Egal was ich dafür tun musste, es würde ein ‚Wir‘ geben. Kapitel 2: Teil 2 von 2 ----------------------- Sans Sicht Wie jeden Morgen wurde ich mit dem Sonnenaufgang wach. Ich erhob mich von meinem Schlafplatz und ging aus der Höhle, in der ich einst zusammen mit Moro und meinen Brüdern gelebt hatte. Als ich auf dem Felsvorsprung stand, der direkt an der Höhle angrenzte, breitete sich der Wald, der in das goldene Licht der aufgehenden Sonne getaucht wurde, in seiner vollen Pracht vor mir aus. Ein Anblick, der sich mir täglich bot, aber an dem ich mich nicht sattsehen konnte. Mehrere Minuten stand ich einfach nur da und genoss das Werk des Waldgottes. Dank ihm erblühte der Wald in einem neuen Glanz und ich würde alles dafür geben, dass er auch so blieb. Das war meine Aufgabe. Ein Vermächtnis von Moro, das ich mit allen möglichen Mitteln erfüllen würde. Die letzten Wochen verbrachte ich damit die Grenzen zusammen mit meinen Brüdern abzulaufen um zu kontrollieren, ob die Menschen sich unserem Wald wieder näherten, was sie jedoch nicht taten. Sie schienen ihren rücksichtslosen Feldzug aufgegeben zu haben, auch wenn ich es kaum glauben konnte. Mir fiel auch auf, dass immer mehr Tiere zurückkehrten und somit der Wald wieder zu diesem wunderschönen Ort wurde, der er einst war. Man konnte sagen, dass alles perfekt lief oder sogar noch besser, aber so fühlte es sich nicht an. Ich fühlte mich unzufrieden und ich war mir nicht sicher woran das lag. Auch wenn ich mittlerweile eine Vermutung hatte. Eine Vermutung, die aufkam, wenn mich Ashitaka besuchte. Denn nur, wenn er in meiner Nähe war, war ich wirklich glücklich und zufrieden. Sein letzter Besuch lag bereits eine Weile zurück und ich ertappte mich dabei, dass ich ständig nach ihm Ausschau hielt und bei dem kleinsten Geräusch hoffte, dass er zum Vorschein kam, was er jedoch nicht tat. War ich ihm überdrüssig geworden? Um mich auf andere Gedanken zu bringen, entschied ich mich im nahe gelegenen See schwimmen zu gehen. Es dauerte nicht lang, bis ich ihn erreicht hatte und mich von meiner Kleidung trennte. Einer der wenigen Dinge, die mir vor Augen führten, dass ich ein Mensch war, auch wenn ich versuchte, diesen Gedanken möglichst zu verdrängen. Das Wasser war angenehm kalt und fühlte sich gut auf meiner Haut an. Nachdem ich mich an die Temperatur gewöhnt hatte, zog ich ein paar Bahnen im See und tauchte gelegentlich unter die Wasseroberfläche. Plötzlich konnte ich Ashitaka am Ufer stehen sehen, was mein Herz schneller zum Schlagen brachte. Ich deutete ihm zu mir zu kommen, woraufhin er sich auszog. Seine Kleidung verschwand und enthüllte seinen Körper, der mir durchaus gefiel. Er hatte ein breites Kreuz und straffe Muskeln. Einzelne Narben zierten seinen Körper, die ihn jedoch nicht unattraktiver machten und ich fragte mich, ob er oft in Kämpfe verwickelt war. Als er zu mir schwamm, machte sich neben der Freude und Erleichterung ihn zu sehen, auch noch ein anderes Gefühl breit, das eine Mischung aus Wut und Trauer war. Ich hätte ihn gerne zur Rede gestellt, gefragt warum er erst jetzt auftauchte, aber stattdessen schluckte ich meine Verärgerung nur hinunter. „Es ist schon länger her, Ashitaka.“, sagte ich und versuchte möglichst neutral zu klingen. Eigentlich lag sein letzter Besuch nur zwei Wochen zurück, aber es fühlte sich an, als ob ich ihn Monate nicht gesehen hatte. Sogar die Tage hatte ich gezählt, was sehr untypisch für mich war. Zeit hatte in meinem Leben nie eine Rolle gespielt, also warum jetzt? Mir war es unangenehm über die Sache weiter nachzudenken und so zettelte ich eine kleine Wasserschlacht an. Nach einer Zeit wurde uns kalt, woraufhin wir aus dem Wasser gingen und uns ans Ufer setzten. Mein Ärger war verflogen und so erzählte ich Ashitaka über den Wald und den schönen Beobachtungen, die ich machen konnte. Ihn schien es wirklich zu interessieren und so fiel es mir auch leicht Stunden zu reden. Er erzählte mir von der Eisenhütte und auch, dass Eboshi sich verändert hatte. Ich wusste nicht so recht, was ich davon halten sollte, aber ich vertraute seinem Urteil. Als die Sonne wieder langsam unter ging und den Wald in einem dunklen Rot erleuchtete, machte uns Ashitaka ein Feuer, an das wir uns setzten. Ich war Kälte gewohnt, aber dennoch fühlte es sich gut an, die Wärme des Feuers auf meiner Haut zu spüren. Eine Weile sagte keiner etwas und nach einer Zeit trafen sich unsere Blicke. Er hatte so bezaubernde Augen. Sie waren braun und strahlten eine Wärme aus, die sich gut anfühlte und sie hatten etwas anziehendes, sodass ich ihn Stunden hätte anstarren können. Unerwartet kam er mir näher und drückte sachte seine Lippen auf die meinen. Erst wollte ich mich von ihm lösen, was sollte das auch? Aber irgendetwas hielt es mich zurück. Auch wenn ich nicht wusste warum, gefiel es mir. Es fühlte sich schön an ihn zu spüren und als er mit seiner Zungenspitze über meine Lippen fuhr, stellten sich meine Nackenhaare auf. Ohne zu wissen, was ich eigentlich tat, öffnete ich etwas meinen Mund und bot ihm Einlass. Unsere Zungen berührten sich und mich überkam ein wohliger Schauer. Als wir uns nach einiger Zeit voneinander lösten, war ich darüber beinahe enttäuscht. „Ich liebe dich.“ Seine Worte kamen unerwartet und auch wenn ich mich aus unerklärlichen Gründen darüber freute, fühlte ich mich überrannt. Aus Sorge er könnte meinen Zwiespalt sehen, blickte ich zur Seite. „Es ist spät. Du solltest gehen.“ Meine Worte kamen unüberlegt und als er sich von mir verabschiedete und mir sagte, dass sein nächster Besuch nicht so lange auf sich warten lassen würde, biss ich mir auf die Unterlippe. Ich wollte nicht, dass er ging. Ich wollte, dass er bei mir blieb. Ich wollte, dass er mich wieder in seine Arme nahm und ich wollte, dass ich ihn wieder spürte wie zuvor. Ich war beunruhigt auf diese Art und Weise von ihm abhängig zu sein, aber das spielte keine Rolle. Als er sich auf Yakul schwang, wollte ich aufstehen. Sagen, er solle noch bleiben, aber eine Mischung aus falschem Stolz und die Angst, er würde mich zurückweisen, hielten mich davon ab. Er ritt davon und als ich ihn nicht mehr sehen konnte, fühlte ich mich elend und in meiner Herzgegend spürte ich ein unangenehmes Stechen. Eine Weile blieb ich sitzen und konnte nicht verhindern, dass düstere Gedanken sich in meinen Kopf drängten. Was war, wenn ich ihn gekränkt hatte und er mich nicht noch einmal besuchen würde? Was war, wenn er den Eindruck gewonnen hatte, ich würde nichts für ihn empfinden? Würde er sich eine Andere suchen? Würde er sich in ein anderes Mädchen verlieben? Die alleinige Vorstellung tat mir weh. Ich konnte unmöglich die Sache bei sich beruhen lassen. Ich musste irgendetwas tun. Ohne viel nachzudenken trugen mich meine Beine zu dem Platz, von dem ich wusste, dass sich meine Brüder dort aufhielten und auch jetzt lagen sie da und öffneten ihre Augen, als sie mich bemerkten. „Einer von euch muss mich zur Eisenhütte bringen. Sofort.“ „Was ist passiert? Haben sie ihre Lektion nicht gelernt?“, fragte mich einer der Beiden und fletschte die Zähne. „Nein... ich meine darum geht es nicht. Kann mich jemand von euch bitte hinbringen?“ Meine Brüder tauschten einen Blick aus und nach einer erwartungsvollen Anspannung, erhob sich einer und deutete mir aufzusteigen. „Ich danke dir.“ Mein Bruder kannte den Wald - so wie ich - in- und auswendig und so dauerte es nicht allzu lang, bis wir den Wald verließen und die Eisenhütte in Sichtweite kam. Das letzte Mal, dass ich mich dort aufgehalten hatte, war an dem Tag, an dem ich versucht hatte Eboshi zu töten. Ich wäre dort gestorben, wenn mich Ashitaka nicht gerettet hätte. Hatte er zu diesem Zeitpunkt schon diese Gefühle für mich? Wir erreichten die Stadtmauern und ich stieg von meinem Bruder ab. „Danke. Du kannst wieder zurückgehen. Ich werde alleine nach Hause finden.“ Er war verwirrt über meine Aussage, ging aber fort, jedoch nicht ohne mir noch einen fragenden Blick zuzuwerfen. Als er außer Sichtweite war, begann ich die Mauer hochzuklettern, was mir durch meine Fertigkeiten nicht besonders schwer fiel. Nachdem ich auf der anderen Seite hinunter geklettert war, orientierte ich mich, indem ich mir meine Umgebung durch meine an die Dunkelheit gewöhnten Auge genauer ansah. Die Anordnung der Häuser hatte sich verändert. Es schein, dass sie die Stadt nicht ganz so aufgebaut hatten, wie sie einst war. Die Straßen waren leer und die meisten schienen bereits zu schlafen. Um Ashitakas Haus zu finden, schloss ich meine Augen und konzentrierte mich auf die verschieden Gerüche, die mir in der Nase lagen. Jeder Mensch roch anders und so fiel es mir nicht schwer ihn auszumachen. Ich verfolgte die Spur, bis ich ein Haus erreichte, das ihm zu gehören schien. Eine längere Zeit stand ich vor der Tür und rang mit mir selbst. Ich konnte, und wollte jetzt nicht umkehren, aber was war, wenn er mich nicht sehen wollte und ich mich zum Narren machen würde? Ich wollte mein Gesicht nicht vor ihm verlieren, aber nach einer Zeit legte ich diesen Gedanken bei Seite. Ich öffnete die Tür und schlich mich lautlos hinein. Auch wenn es sehr dunkel war, konnte ich Ashitaka schlafend in seinem Bett liegen sehen. Bei seinem Anblick schlich sich ein Lächeln auf mein Gesicht. Er wirkt so friedlich , dachte ich mir. Ich wollte ihn nicht wecken, aber dennoch wollte ich bei ihm sein und so entschloss ich mich, möglichst leise meinen Wolfspelz auszuziehen und mich zu ihm zu legen. Leider waren meine Bemühungen umsonst, denn er hörte mich und schreckte aus seinem Schlaf. Bevor er sich aufrichten konnte, schob ich seine Decke beiseite und legte mich zu ihm. Er schien überrascht und verwirrt, aber schnell entspannte er sich und legte seine Arme um mich. Ich schloss meine Augen und genoss den Augenblick. Es fühlte sich richtig an bei ihm zu sein. Auch wenn ich mich in seiner Gegenwart so ungewohnt verletzbar und schwach fühlte, fühlte ich mich dennoch sicher, geborgen und vor allem geliebt. All das wollte ich ihm sagen, aber stattdessen sagte ich ihm das, was ich ihm hätte schon früher sagen sollen: „Ich liebe dich auch, Ashitaka.“ Ich spürte wie er mir liebevoll über die Schulter strich und ich war froh, dass ich ihm das gesagt hatte, was mich schon eine Weile beschäftigt hatte. Es dauerte nicht lange, bis ich in seinen Armen einschlief und ich war mir sicher, dass ich ihn nicht so schnell wieder loslassen würde. ________________________________________________________________________________________ @Leser: Das war meine kurze Geschichte. Ich hoffe sie hat euch gefallen! :) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)