Primeval: New World Season III von kentasaiba ================================================================================ Kapitel 8: [Folge 06] Gnadenlose Welt ------------------------------------- Vancouver – Maitland-Street Billy Tune musste zugeben, noch nie so spät ins Bett gegangen zu sein wie heute. Geradezu ehrfürchtig starrte er die große Wanduhr im Wohnzimmer an und erkannte, dass es schon halb 11 war. Grund dafür war, dass sein Vater ihm versprechen musste, den neuesten Disney-Film ansehen zu dürfen. Doch wegen einer Nachrichtenunterbrechung besaß dieser nun Überlänge und Billys Vater akzeptierte die Begründung, dass er natürlich unbedingt erfahren musste wie der Film ausging. Wenn er das morgen in der Schule erzählen würde, würden ihn seine Klassenkameraden bestimmt cool finden. Besonders Garett dieser Angeber, der immer behauptete bis Mitternacht aufzubleiben, was ihm aber keiner abkaufte. Der Film hatte ein Happy End, Billy hatte es nicht anders erwartet. Sein Vater erhob sich und griff nach der Fernbedienung, gerade als der Abspann begonnen hatte. Er schaltete das Gerät auf und erhob sich. „So, jetzt genug für heute!“, entschied er und hob seinen Sohn hoch. Er trug ihn in Richtung seines Schlafzimmers und stieß die Tür mit seinem Ellbogen auf. Im Kinderzimmer war es ruhig, bis auf den Wind der durch ein geöffnetes Fenster pfiff. Sein Vater legte Billy ins Bett und schlenderte zum Fenster um es zu schließen. Danach deckte er den Jungen zu und strich ihm nochmal fürsorglich über die Haare. „Und jetzt schlaf schnell, damit du morgen in der Schule nicht gähnen musst.“, schärfte er ihn ein und wünschte ihm noch eine gute Nacht. Billy tat es ihm gleich und kurz darauf war sein Vater aus dem Zimmer verschwunden. Der Junge war sich sicher in dieser Nacht ruhig schlafen zu können, denn besonders aufwühlend war der Film nicht gewesen. Er vergrub seinen Kopf unter der Decke und schloss die Augen. Nach zwei Minuten war er beinahe eingeschlafen, als ihn ein kratzendes Geräusch weckte. Billy riss die Augen auf und sah in die Finsternis. Nur der Mond spendete Licht, doch das Fenster war geschlossen. Erst nahm er an, es wäre nochmals aufgegangen, was das Kratzen erklärt hätte. Doch dem war nicht so. Er blickte zur Tür und diese war geschlossen. War sie etwa einen Spalt breit offen gewesen und sein Vater hatte sie leise geschossen? Vermutlich. Billy ließ seinen Kopf wieder auf sein Kissen fallen und ließ die Augenlieder sinken. Nach wenigen Sekunden ertönte das Kratzen erneut. Es erinnerte wie das einer Katze, die gegen das Holz einer Tür kratzte, weil sie entweder hinein oder hinaus wollte. Doch Billys Familie besaß keine Katze. Er starrte gerade aus und sein Blick viel auf den großen Wandschrank auf der anderen Seite des Zimmers. Das Kratzen fuhr fort und Billy bekam es mit der Angst zu tun. „Papa! Papa!“, rief er hastig nach seinem Vater und nicht einmal eine halbe Minute später kam dieser bereits ins Zimmer gestürmt. Mit seiner rechten Hand tastete er die Wand entlang und fand gleich darauf den Lichtschalter. Er wirkte besorgt und torkelte sofort zu seinem Sohn. „Was hast du denn, Junge?“, fragte er. Billy schluckte und zeigte zum Wandschrank. „Da… da war so ein Kratzen im Schrank. Ich glaube… ich glaube, da ist ein Monster drin!“, erzählte er mit zittriger Stimme. Sein Vater seufzte und strich seinem Sohn über die Haare. „Ach Junge. Du hast nur schlecht geträumt, sowas kommt vor.“, unternahm er einen Versuch ihn zu beruhigen. Billy schüttelte jedoch hurtig den Kopf. Er war sich sicher, nicht geträumt zu haben. „Nein, das war als ich noch wach war! Irgendwas hat da drin gegen die Tür gekratzt weil es hinaus wollte!“, beharrte er. Sein Vater verdrehte die Augen, Billy hasste es, wenn man ihn wieder einmal nicht glaubte. „Monster gibt es nicht, verstehst du? Weder unter deinem Bett noch im Wandschrank.“, erklärte er dem Jungen. Billy reagierte nun beleidigt und presste die Lippen zusammen. „Nie glaubst du mir!“, beschwerte er sich. Sein Vater hob nun resigniert die Hände und nickte. „Also gut. Wenn ich nachsehe und dir zeige, dass da wirklich kein Monster drin ist, bist du dann brav und schläfst?“, hakte er nach. Billy pochte noch einmal darauf, dass er wirklich etwas gehört hatte, doch schließlich versprach er es. Sein Vater schritt zielstrebig auf den Schrank zu und griff mit beiden Händen nach den Henkeln. Er hob sie an und drehte den Kopf zu seinem Sohn um. „Siehst du? Keine Monster.“, rief er ihm zu, während er die Türen des Schranks aufzog. Als er seinen Kopf wieder wand, traute er seinen Augen nicht. Wo waren die Klamotten seines Sohnes hin? Die schwere Kiste mit den Spielzeugen? Stattdessen stand er vor einem hellen, pulsierenden Licht, dessen Fragmente immer wieder umherkreisten und wunderschön wirkten. „Was zum Teuf…“, murmelte er noch, bevor sich etwas hindurch schob. Es wirkte im ersten Moment wie eine grüne, mit Schuppen besetzte Hand mit Klauen die sich nun über sein Gesicht stülpte. Sie zog Billys Vater in das Licht, direkt hinein in sein Verderben. Billy, der das Schauspiel verfolgte begann wie am Spieß zu schreien. Er hatte trotz allem recht gehabt. Da WAR ein Monster! Cross-Photonics Als Mac Rendell den Vordereingang betrat wurde er umgehend von der charmanten Empfangsdame begrüßt. „Mister Rendell, Sie sind schon zurück?“, fragte sie freundlich und der Captain nickte. „Ja, ich komme frisch vom Flughafen. Ist Mister Cross bereits hier?“, hakte er nach. Die Frau musste erst in ihren Computer sehen, um ihm diese Frage beantworten zu können. „Laut dem System hat Mister Cross’ Sicherheitskarte vor 23 Minuten eingecheckt.“, informierte sie ihn. Mac dankte ihr und schritt zum Fahrstuhl. Er zog seine eigene, womit der Weg zur Kommando-Zentrale der Firma freilag. Er wartete geduldig bis er diese erreicht hatte und war kurz darauf am Kernpunkt des Gebäudes angelangt. „Hey! Hat einer schon das Überwachungsband des Saurierparks?“, vernahm er die Stimme von Toby Nance. „Ja, aber wir konnten es löschen. Keine Spur mehr von unseren Leuten. Detective Harlow hat uns mitgeteilt, dass die beiden Leichen als Tierangriff eingestuft wurden.“, antwortete ihr ein junger Mann mit Brille. Mac schritt zu der Mitarbeiterin, doch diese wirkte sehr beschäftigt. „Mac! Ich wusste nicht, dass du schon zurück bist.“, sah sie überrascht von ihrem Platz auf. Dieser gab sich nun etwas eingeschnappt. „Demnach hast du mich also nicht vermisst.“, stellte er trocken fest. Toby versuchte festzustellen, ob der Captain wirklich beleidigt war, doch scheinbar triezte er sie nur. „Habt ihr ohne mich die Stellung halten können?“, erkundigte sich, bevor sie antworten konnte. Toby nickte schnell und versicherte ihm, dass alles unter Kontrolle war. Daraufhin steuerte er sein nächstes Ziel an, den Raum neben seinem Büro. Zu seinem Glück war er besetzt und er klopfte leicht bevor er eintrat. Sam sah überrascht auf, rang sich dann aber sofort ein Lächeln ab. „Mac! Es ist schön, Sie wieder hier zu haben.“, sagte sie sofort charmant. Mac erwiderte das Lächeln und versuchte lockerer zu werden. „Auch schön wieder hier zu sein. Es gibt einiges, das ich mit Evan besprechen müsste, ist er in seinem… meinem Büro?“, hakte er nach, doch Sam musste verneinen. „Sie finden ihn im Besprechungsraum, Harold hat alle heute Morgen dorthin gebeten.“, berichtete sie. Mac dankte ihr und bat um einen kurzen Umriss der geschehenen Ereignisse, seit er Vancouver verlassen hatte. San erzähle, dass es nur eine Anomalie gegeben habe, doch beide Missionen abgeschlossen werden konnten. Evan und Donovan sollten leicht verletzt worden sein, hätten es aber bereits wieder überwunden. Mac dankte ihr für das Status-Update und machte sich dann zum Besprechungsraum auf. Durch das Fenster erkannte er, dass Sam ihn noch eine Weile nachstarrte und er seufzte. Auch wenn er in London sehr gefordert worden war, während seines Rückflugs hatte er doch einige Zeit zum Überlegen gehabt. In der Tat standen sogar große Veränderungen an, einige davon wollte er mit Evan besprechen. Er war gerade vor der Tür des Raums angekommen und streckte seine Hand nach dem Griff aus, als er von einem lauten Geräusch aufgeschreckt wurde. Im Prinzip kannte er dieses gut, gewöhnen würde er sich aber nie. Der Anomalienalarm in London war ein gänzlich anderer, soviel zum Thema, dass bei den Briten alles gesitteter zuging. Die Tür wurde aufgerissen und Luke stand ihm gegenüber. Beinahe wären sie aneinander gekracht, doch der Captain konnte sich schnell genug zur Seite drehen. Hinter ihm torkelten Evan und Dylan hervor und auch sie waren über das Auftauchen ihres Kollegen nicht minder überrascht. „Mac, wir haben gar nicht mit dir gerechnet.“, schien auch Dylan die Ankunft des zweiten Teamleiters quasi verdrängt zu haben. „Ja, ich komme direkt vom Flughafen, aber scheinbar habt ihr alles unter Kontrolle.“, erwiderte er. Evan nickte seinen Leuten zu und Luke und Dylan liefen schon mal voraus. „Du kommst gerade richtig, wie du siehst hat sich auch in Kanada das Anomalienproblem nicht gerade gebessert. Es sei denn du bist noch zu erschöpft vom Flug und möchtest aussetzen.“, bot er an. Mac musterte seinen Freund kurz. Stellte er ihn auf die Probe, oder war das Angebot ernst gemeint? Von England bis Kanada stellte sich nicht gerade ein großer Jetlag ein. Wollte Evan beweisen, dass er trotz eines Jahres Abwesenheit nichts verlernt hatte und die Aufgabe des Teamleiters mit Bravur weiterführen konnte? Mac hatte nie daran gezweifelt, doch das ARC hatte nun mal ihm den Job anvertraut und diesen würde er auch ausführen. „Na los, beeilen wir uns. Nach dem langen Sitzen im Flieger juckt es mir bereits in den Fingern.“, verriet er und zauberte ein Grinsen in Evans Gesicht. Dieser klopfte seinem Kumpel auf die Schulter und setzte sich dann in Bewegung. Wenige Sekunden später waren sie unten angekommen und Toby arbeitete bereits daran die Anomalie zu lokalisieren. „Ich hab’ sie! Maitland-Street, ich schicke euch den Fahrplan auf eure Smartphones.“, meldete sie, was dem Team reichte um ihre nächste Station anzuvisieren. „Und? Was haben die feinen Herren im vereinten Königreich gesagt?“, hakte Evan im Laufen nach. Mac zögerte nun etwas. „Sie können sich nicht mit dem Gedanken einer möglichen Invasion anfreunden und brauchen etwas Bedenkzeit. Und da die Politiker überall gleich sind, dürfen wir noch 10 Jahre warten.“, antwortete er, auch wenn er wusste, dass es in 10 Jahren zu spät sein dürfte. „Und… wie liefs mit deiner Beurteilung?“, fragte Evan nun etwas, dem Mac entgehen wollte. Er erinnerte sich an sein Gespräch mit Lester zurück und was dieser ihm vorgeschlagen hatte. „Oh, die sind natürlich ganz begeistert von mir. Ich wollte noch etwas mit dir bereden, aber ich denke, dass ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.“, erkannte er schnell. Evan stimmte ihm zu. Dass sich eine Anomalie in der MAitland-Street aufgetan hatte, bedeutete dass es eine bevölkerte Gegend war und Menschen in Gefahr waren. Wie nicht anders von Donovan zu erwarten, hatte er bereits alles nötige an Ausrüstung herangeschafft und lud sie gerade in den Van. Luke erklärte sich bereit die Koordinaten ins Navi einzuspeisen, damit das Team auch keine unnötige Zeit verlor. Besonders Luke und Dylan rüsteten sich augenblicklich mit den EMDs aus, um wett zu machen, dass sie an der letzten Mission nicht teilnehmen konnten. Nach kürzester Zeit waren sie abfahrbereit und Donovan startete den Wagen, um schnellstmöglich ihr Ziel zu erreichen. Vancouver – Maitland-Street Die Karte vom Navi abzulesen war eine Sache, auch die richtigen Routen zu befahren eine andere. Donovan hatte sich entschieden, dass die Autobahn die beste Lösung war, zumindest bis sie an der Ortschaft angekommen waren, zu der sie wollten. Donovan hatte die erstbeste Ausfahrt genommen und auf eine Hauptstraße eingebogen. Eine schlechte Idee, denn es war Rushhour und vor ihnen stapelten sich die Fahrzeuge nur so. Donovan blieb nichts übrig als sich in die Schlange einzureihen. Zwar waren sie zu einem Notfall unterwegs, doch es wäre schwierig gewesen das den Behörden zu erklären. Eine laute, bekannte Sirene wurde nun hörbar und raste in einem Höllentempo an dem Van vorbei. „Ein Krankenwagen.“, erkannte es Luke richtig. Donovan kurbelte das Fenster der Fahrerseite hinunter und rief dem Kerl vor ihnen etwas zu. Ein junger Mann im Cabrio blickte überrascht zurück. Der Ex-Major wollte von ihm wissen was los sei. „Keine Ahnung, ich glaube es geht nicht weiter weil weiter vorne ein Unfall passiert ist.“, rief er zurück und widmete sich wieder seiner Hupe. Von was für einem Unfall sprach er? Ein gewöhnlicher Auffahrunfall, oder… etwa ein Tierangriff? „Also gut, Donovan, Sie bleiben hier und rücken so schnell nach wie möglich. Der Rest von uns schlägt sich zu Fuß durch, damit sind wir garantiert schneller.“, entschied Evan. Donovan wollte protestierten, da er als taktischer Leitung für die Sicherheit des Teams verantwortlich war. Andererseits war es nicht möglich den Van einfach so stehen zu lassen. Er wünschte Evan und den anderen viel Glück und kurz darauf, stiegen diese mit Rucksäcken beladen aus. Das Team eilte den Gehsteig entlang und brauchte 10 Minuten um bis zur Unfallstelle zu kommen. Der Krankenwagen hatte bereits quer geparkt und die Sanitäter hatten das Fahrzeug verlassen. Sie rannten zu einem auf der Straße liegenden Mann mit blutverschmiertem Gesicht. Sie ließen sich auf die Knie fallen und setzten ihm eine Beatmungsmaske auf. Einer der Sanitäter befühlte den Puls und nutzte Erste Hilfe um den Verletzten zu stabilisieren. Mac fiel der Wagen auf, der gegen einen Laternenmast geprallt war. Kühler und Motorhaube waren Totalschaden, doch die brüchige Fensterscheibe passte nicht zum Rest. Sie war nicht zur Gänze zerbrochen, sondern in ihr prangte lediglich ein 1 Meter großes Loch. „Wird er wieder gesund?“, vernahm das CPT plötzlich eine Stimme und erkannte eine junge Frau in der Nähe des Opfers. Der Wagen direkt hinter dem Unfallfahrzeug stand mit abgestellten Motor und geöffneter Fahrertür da, er musste also ihr gehören. „Wissen wir noch nicht, Mam.“, meinten die Sanitäter und begannen damit das Unfallopfer auf eine Trage zu hieven, welche sie wenig später in den Krankenwagen transportierten. Mac gab den anderen ein Zeichen und nutzten die Gelegenheit um die Frau anzusprechen. „Verzeihen Sie, wir sind vom Wildtier-Kontrollteam. Haben Sie gesehen was hier vorgefallen ist?“, sprach der Captain sie an und die Frau starrte ihn mit geöffnetem Mund an. Schockiert begann sie zu hecheln, weshalb Dylan sie erst beruhigen musste. „Dann… dann habe ich dieses Ding wirklich gesehen? Aber… das soll ein Tier gewesen sein?“, stammelte sie ungläubig. Damit schienen sie ins Schwarze getroffen zu haben und der Verletzte war tatsächlich angegriffen worden. „Mam, ich weiß es ist schwierig, aber Sie müssen uns erzählen was Sie gesehen haben!“, hatte Dylan sie an den Schultern gepackt und leicht gerüttelt. Die Frau nickte immer wieder und versuchte klar zu denken. „Vorne… auf der Straße… da war dieser Mann. Nein, es war gar kein Mensch aber irgendwie wirkte er genau so. Er war groß, etwa 1.80 und ist mit riesiger Geschwindigkeit auf die Motorhaube des Fahrzeugs vor mir gesprungen. Es hat die Windschutzscheibe eingeschlagen und den Fahrer angegriffen. Dann ist der Wagen… oh mein Gott, er ist direkt gegen den Laternenmast gekracht.“, berichtete sie stockend. Während sich Dylan diese genauer ansah, versuchte Evan ihr noch weitere Informationen zu entlocken. „Haben Sie gesehen was mit dem Tier war? Oder können Sie es noch besser beschreiben?“, wollte er wissen. Er ließ der Frau einige Sekunden zum Verschnaufen, aber nicht zu viele, solange die Erinnerung noch frisch war. „Es… es ging einfach alles viel zu schnell. Ich weiß nur noch, dass es dunkelgrün war wie ein Salamander. Nach dem Unfall ist es weggekrochen.“, fügte sie hinzu. Luke hob sein Kinn, doch scheinbar war es nicht nur der Zoologe, dem gerade eine Idee kam. Mac überzeugte die Dame sich wieder in ihren Wagen zu setzen und auf die Streifenwagen zu warten. Er selbst eilte mit den anderen dann zum Wrack, wo bereits Dylan über den Boden gebeugt wartete. Evan dachte erst daran etwas zu sagen, konnte sich aber noch rechtzeitig dafür behüten. Wenn Dylan einen tierischen Tatort untersucht, brauchte sie Ruhe um die Spuren auszuwerten. Nachdem sie mit der Straße fertig war, begutachtete sie die Motorhaube und nickte. „Wie ich es mir dachte. Auf dem Boden und dem Blech sind Blutspuren, aber genauso jede Menge auf dem Fahrersitz. Wenn der Verletzte aus dem Wrack gezogen wurde, erklärt das nicht, dass die Spuren soweit auseinander sind.“, entgegnete die Expertin. Luke griff den Faden unverzüglich auf. „Das Blut muss demnach von der Kreatur stammen.“, kombinierte er schnell. Dylan stimmte ihm zu und wand sich an ihre Freunde. „Wissen wir mit was wir es zu tun haben?“ „Die Frau erwähnte eine manngroße, dunkelgrüne Bestie, die ihr Opfer mit großer Geschwindigkeit angefallen hat. Wenn ich raten müsste, würde ich auf einen Arborealen Raptor, einem Baumkletterer wetten. Er könnte das Fahrzeug als Anhöhe angesehen haben, in dem sich zusätzlich noch Beute befand.“, spekulierte er. Doch egal ob er mit seiner Theorie recht hatte oder nicht, fest stand, dass diese Kreatur gefährlich war und unbedingt außer Gefecht gesetzt werden musste. „Wie sieht es aus? Kannst du seine Spur verfolgen?“, wollte Evan von seiner Freundin wissen. Dylan beugte sich noch einmal nieder und bestätigte es ihm dann. „Ja. Die Blutspuren sind zwar gering, aber ich weiß wo dieses Vieh lang ist.“ Die Teammitglieder nickten einander zu und setzten sich in Bewegung. Außer Sichtweite der Unfallzeugen, öffneten sie ihre Rucksäcke und holten die EMDs heraus. Dylan verfolgte die Spur bis zu einer Bushaltestelle und wies dann auf die Querstraße vor ihnen. Sie wollten sie schon betreten, als Mac sie zurückhielt. Stumm deutete er auf das Straßenschild und seine Kameraden verstanden. „Maitland-Street.“, las Luke laut vor. Das war die Adresse an der sich die Anomalie geöffnet hatte. „Will das Ding etwa zurück? Was Besseres könnte uns doch gar nicht passieren.“, meinte der Student, doch Evan warnte ihn davor zu selbstsicher zu werden. Der Leiter von Cross-Photonics glaubte erst, dass die Gefahr gebannt war, wenn er zusah wie die Kreatur zurück durch die Anomalie ging, oder sie sie eben gewaltsam zurückdrängen mussten. Während Dylan der Spur folgte überprüfte Mac die Hausnummer, die Toby ihnen geschickt hatte. Doch beide kamen unabhängig voneinander zum selben Schluss. Sie fanden sich vor einem gemütlich aussehenden Häuschen wieder, welche man oft in solchen Vororten antreffen konnte. Der Gartenzaun war gebogen und bereits auf Anhieb erkannte das Team das zerbrochene Fenster im ersten Stock. „Wir gehen hinein.“, entschied der Captain und niemand besaß Einwände. Wenn eine Familie in Gefahr war, durfte keine Zeit verloren werden. Sie durchquerten den Hof und waren bald im Eingangsbereich angelangt. „Abgeschlossen.“, vermeldete Luke als er am Griff der Haustür zog. „Wartet, ich mach das schon.“, meinte Mac und kramte in seinem Rucksack. Evan glaubte eine Art Dietrich zu erkennen, mit dessen Hilfe der Captain die Tür in wenigen Augenblicken entriegelte. „Ähh… hätte ich auch geschafft.“, verteidigte Luke und alle schenkten ihm nur ein seichtes Lächeln. Evan erinnerte sich, dass sowohl dieser Mac als auch der Mac der alten Zeitlinie in den ärmeren Vierteln Englands aufgewachsen waren. Zumindest bis sie 19 waren, denn ab da trennten sich die Lebenswege der beiden. Einer bewarb sich beim Militär und wurde einige Jahre später Teil des Anomaly Research Centers, an der Seite von Männern wie Connor Temple und Captain Becker. Der andere wurde von Evan selbst nach Vancouver geholt und von ihm eingestellt. Eigentlich hatte er vorgehabt Mac von einem traurigen Schicksal zu bewahren, doch nichts war so grausam wie die Zeit. Und sie vergab nicht. Sein Mac starb erneut als er seinen besten Freund retten wollte. Die Zeit und das Schicksal holten sich das zurück was ihnen gehörte und erschufen Mac Rendell neu. Und nun stand dieser Mann hier, direkt vor Evan. Er war zurückgekehrt, damit sie erneut Seite an Seite kämpfen konnten. Die Tür war auf und der Gang dahinter frei. Der Captain machte den Anfang und sicherte den Eingang. Er gab den anderen ein Zeichen und diese folgten ihm. Zuerst inspizierten sie die Küche, dann Toilette und Schlafzimmer. Als sich auch im Wohnzimmer nichts regte, verwies Dylan auf die hölzerne Treppe, die hinauf in den ersten Stock führte. Alle atmeten noch einmal durch, dann wagten sie sich hinauf. Auch im Gang des oberen Stocks war es ruhig. Es existierten lediglich zwei Zimmer und Mac und Evan sicherten das Erste. Es war lediglich ein Badezimmer und nichts Verdächtiges daran. Es blieb nur noch ein Raum, wo sich jemand… oder etwas verstecken konnte. Die Tür war nur angelehnt, doch Evan trat sie mit ganzer Kraft auf. Das Team trat ein und erkannte sofort an der bunten Dekoration, dass es sich um ein Kinderzimmer handeln musste. „Evan!“, rief Dylan und weis nach rechts. Es dauerte nicht lange, bis auch die anderen die Anomalie bemerkten, die in mitten des Kleiderschrankes pulsierte. „Verschließen.“, befahl der Teamleiter und Luke legte seinen Rucksack ab und öffnete ihn. Er holte das Verschließgerät heraus und positionierte es vor der Anomalie. Nach ein paar Tastendrücken sammelten sich die Fragmente zu einer großen Kugel und das Portal wurde verschlossen. „Safe.“, konnte er berichten. Evan hätte diese Ansicht gerne geteilt, doch noch war nicht klar, ob die Kreatur wieder in ihre Zeit zurückgegangen war. Mac drehte sich einmal, doch nichts Auffälliges in dem Kinderzimmer. Dann das Jauchzen. Es war nur kurz, aber deutlich hörbar. Das Team geriet in Alarmbereitschaft und sah sich nach möglichen Verstecken um. „Das Bett!“, schrie Dylan und gemeinsam mit Evan und Mac kreiste sie es ein. Der Spalt darunter war nur dünn, kaum vorstellbar, dass sich darunter ein Raptor verbergen konnte. Evan senkte nun sein EMD und bat Dylan mitanzupacken. Mac wollte noch wissen was er vorhabe, doch da hatte er bereits angepackt und damit begonnen das Bett zu verschieben. Dylan half ihm ohne zu zögern und bald darauf hatten sie das Möbelstück versetzt. Vor ihnen kauerte nun ein etwa sechsjähriger, kleiner Junge der sich die Arme über den Kopf geschlagen hatte und lautstark wimmerte. „Hey! Hey! Es ist alles in Ordnung, wir wollen dir nichts tun.“, unternahm Evan sofort einen Versuch das Kind zu besänftigen. Dylan drängte sich an ihm vorbei und kniete sich auf den Boden. Sie schlang ihre Arme um den Jungen und zog ihn an sich. „Es ist alles gut, hörst du? Alles gut.“, flüsterte sie ihm ins Ohr und wartete bis er aufhörte zu zittern. „Mama?“, rief der Junge ängstlich und Dylan strich ihm über den Kopf. „Nein, deine Mama ist nicht hier. Aber ich bin auch ganz lieb, das kannst du mir glauben. Du bist bei mir sicher.“, redete sie ihm gut zu. Das Kind blickte zu ihr auf und versuchte anhand ihrer Augen zu lesen, ob sie es ehrlich meinte. „Wie heißt du denn, Kleiner?“, fragte Mac langsam, doch der Junge begann wieder sich zurückzuziehen und Dylan warf dem Soldaten einen erbosten Blick zu. Dieser beschloss daraufhin sich zurückzuziehen, denn eine Frau war für diesen Job wirklich besser geeignet. „Verrätst du mir deinen Namen?“, versuchte nun Dylan ihr Glück. Der Junge zögerte, gab dann aber nach. „Billy.“, erzählte er und Dylan lächelte ihn an. „Das ist ein sehr schöner Name, weißt du? Wo sind denn deine Eltern?“, startete sie den nächsten Versuch. Nun riss Billy die Augen auf und begann zu weinen. „Mama ist auf einer Reise. Aber… Papa! Dieses Monster in meinem Schrank hat Papa geholt!“, stieß er hervor. Evan erkannte nicht nur in seinen Augen, sondern auch denen von Dylan nun eine große Traurigkeit. Wenn die Kreatur Billys Vater wirklich durch die Anomalie gezogen hatte, kam für ihn jede Rettung zu spät. Dylan strich Billy nun über die Wange und strich die Tränen mit ihren Daumen weg. „Du musst jetzt ganz tapfer sein, hörst du? Weißt du noch wie dieses Monster aussah und wohin es gegangen ist?“, wollte sie wissen. Billy brauchte etwas bis er antworten konnte, doch diese Zeit musste sie ihm einfach zugestehen. Der Junge hatte gerade seinen Vater durch ein Urzeitwesen verloren, etwas, dass das CPT eigentlich verhindern sollte. „Es… war ein Echsenmensch!“, brach es aus ihm heraus. Evans Augen weiteten sich. „Was hast du gesagt?“, fragte er mit erhobener Stimme, bemerkte aber schnell, dass dies nicht dazu beitrug die Lage zu meistern. „Weißt du, Billy, wir sind Polizisten! Wir sind hier um das böse Monster einzufangen. Deswegen musst du uns verraten was du mit Echsenmensch meinst.“, fuhr sie fort. Billy schluckte und fuhr fort. „Es sah aus wie ein Mann! Wie dieser komische, kleine Troll aus Herr der Ringe, nur viel größer!“, sagte er. Ein kurzes Räuspern von Luke. „Also Gollum ist eigentlich kein Troll, sondern lediglich ein Hobbit, der…“, wand er ein, wurde aber mit düsteren Blicken seiner Teamkameraden zum Verstummen gebracht. Dylan konnte Billy davon überzeugen fortzufahren. „Er hatte überall Schuppen, wie ein Dinosaurier! Er ging auf zwei Beinen und hatte eine total breite Nase.“, erzählte er. Evan stieß einen Fluch auf und wand sich zur Anomalie. Nein, Luke hatte mit seinem Verdacht falsch gelegen. Es handelte sich definitiv um keinen Raptor, sondern um etwas noch viel gefährlicheres. Da der Zoologe aber sowas noch nie zu Gesicht bekommen hatte, konnte man über die Fehleinschätzung hinwegsehen. Doch Evan war diesen Kreaturen bereits begegnet, auch wenn er sich ungern daran zurückerinnerte. Mac fing seinen besorgten Blick auf und schritt zu ihm. „Du wirkst, als wüsstest du womit wir es zu tun haben.“, flüsterte er. Evan nickte langsam. „Ich und Kyle haben dir doch von ihnen erzählt, weißt du noch?“ Nun wurde auch Mac regelrecht blass und konnte kaum glauben was er da hörte. „Diese Bestien aus der Zukunft? Heißt das, wir haben es wirklich mit einem dieser Monster zu tun?“ Evan hätte am liebsten verneint, doch er konnte es nicht. „Und du hast dich gleich unter deinem Bett versteckt? Das war sehr tapfer von dir. Hast du auch gesehen wie das Monster wieder zurückkam?“, hakte Dylan nach. Billy nickte nun hastig. „Ja, es kam vorhin zurück, hat mich aber nicht bemerkt!“, sagte er mit einem Funken Stolz in seiner Stimme. Dylan atmete erleichtert auf. „Also ist es wieder in dieses glitzernde Licht da gegangen, ja?“, glaubte sie den Jungen richtig verstanden zu haben. Doch Billy schüttelte den Kopf. „Nein, es ist hochgeklettert! Ganz nach oben auf das Dach!“, sprach er und zeigte über sich. Das Team hatte gar keine Zeit mehr die Information zu verarbeiten, denn das Geräusch von noch mehr zersplitterndem Glas war zu hören. Mit unglaublichem Tempo war etwas auf die Fensterbank gesprungen und kreischte die Gruppe nun an. „Vorsichtig!“, schrie Mac und versuchte seine Waffe zu heben. Doch das Wesen war zu schnell und sprang in den Raum. Aufgrund der vielen Personen schien sich der humanoide Raptor erst orientieren zu müssen, wen und vor allem ob er angriff. „Luke! Öffne die Anomalie!“, schrie Evan und dieser stürzte sich sofort auf das Verschließtgerät. Billy brüllte wie am Spieß und Dylan presste ihn stark an sich um ihn vor der Bestie zu schützen. Die Kreatur sprang nun auf das verschobene Bett und im selben Moment öffnete sie die Anomalie im Wandschrank erneut. Der humanoide Raptor hopste erneut von einem Fleck auf den anderen, kurz bevor ihn Macs Impuls des EMDs treffen konnte. Er befand sich nun direkt auf dem Wandschrank und bevor das Team ihre Waffen auf ihn richten konnte, hangelte er sich hinab und verschwand durch das Portal. „Schließen!“ Auch ohne Evans Befehl, hätte Luke augenblicklich auf die nötige Taste gedrückt. Die Anomalie verformte sich wieder zu einer Kugel und ließ nichts mehr durch. Evan kam zu dem Studenten geeilt und griff ihm kurz auf die Schulter. „Ruf einen Krankenwagen, die sollen sich um den Jungen kümmern.“, trug er ihm auf und Luke versprach das sofort zu erledigen. Während er ins Erdgeschoss hinuntereilte, sah sich der Teamleiter die Anomalie genauer an. „Ob sie in dieselbe Zeit führt, aus der ich und Kyle geflohen sind?“, fragte er sich. Mac legte nun seinen Rucksack ab und holte ein Gerät heraus. Es besaß ein ähnliches Design wie das Ortungsgerät, doch Evan kannte es dennoch nicht. Der Captain betätigte ein paar Tasten und hielt es in Richtung Anomalie. „Was ist das?“, hakte Evan nun doch nach. Mac befeuchtete sich die Lippen und antwortete ihm, ohne ihn anzusehen. „Ein kleines Mitbringsel aus London, ein Datierungsgerät, Connor nennt es Date Finder, damit finden wir heraus woher unser Freund herkam.“, berichtete er. Evan hob beide Augenbrauen und fragte sich, was Mac sonst noch für Spielzeug mitgebracht hatte. „Und? Wohin geht sie? Ins Jahr 2052?“, hakte er nach, denn in dieser Zeit war er gelandet, nachdem er die Kreidezeit verlassen hatte. Mac presste nur die Lippen zusammen und gab ein ‚Hm’ von sich. Er stellte Evans Geduld hart auf die Probe, doch dann antwortete er ihm. „Der Date Finder hat das jetzige Datum benutzt und die zusätzliche Zeit angerechnet. Mit anderen Worten, diese Anomalie führt etwa 5356 Jahre in die Zukunft.“ Damit verdutzte er Evan für einen Augenblick, der versuchte seinem Freund zu folgen. Auch Dylan, die Billy immer noch im Arm hielt war von der Verkündung überrascht. „Moment! Dann führt diese Anomalie direkt…“, wollte sie sagen, wurde aber von Evan unterbrochen. „Ins Jahr 7370.“, sagte dieser, auch wenn die Rechnung an sich recht einfach war. „Wow…“, konnte seine Freundin nur beisteuern. Sie und Evan waren bereits einmal in die Zukunft gereist, doch lediglich etwas mehr als 200 Jahre. Über 5000 Jahre hingegen nahmen eine gänzliche neue Dimension an. Auf der anderen Seite war es logisch. Diese humanoiden Raptoren, so intelligent sie auch waren, besaßen menschliche Züge. Es musste schon sehr viel Zeit vergangen sein, wenn sie sich auf jenen entwickelten, oder sofern Kyle recht hatte, aus ihnen mutierten. Evan bückte sich und hantierte an dem Verschließgerät herum. „Was hast du vor?“, wollte Mac wissen. „Wir müssen durch und untersuchen wie es soweit kommen konnte. Wenn es Aufzeichnungen in der Zukunft gibt, dann finden wir bestimmt eine Möglichkeit die Invasion zu verhindern.“, sagte er entschieden. Mac hingegen glaubte nicht was er da hörte. Er stieß Evan vom Gerät weg und dieser starrte ihn erbost an. „Bist du verrückt geworden? Du hast die Kreatur gesehen, wenn dort noch mehr herumlaufen, ist das reiner Selbstmord!“, blaffte er seinen Freund an. Evan erhob sich und schubste Mac zur Seite. „Nein, du verstehst nicht! Das ist vielleicht unsere einzige Chance, so eine bekommen wir nie wieder.“, verteidigte er sein Vorhaben. Billy begann wieder zu heulen, doch die beiden Alphatiere beachteten ihn nicht weiter. Evan stürzte erneut zum Verschließgerät, doch Mac richtete nun sein EMD auf den Teamleiter. „Evan, ich will das nicht tun.“, sagte er ausdrucksstark und entschlossen. Wie sich Evan entschieden hatte, würde der Captain nie mehr erfahren. Wenige Sekunden später schloss sich die Anomalie von selbst und es war keine Spur mehr davon, dass sich in dem Wandschrank je etwas anderes als Kleidung befunden hatte zu sehen. „Hey, der Krankenwagen ist schon unterwegs!“, hustete Luke, der wieder im ersten Stock angekommen war. Sofort nahm er die angespannte Situation im Zimmer wahr. Die Anomalie war verschwunden, doch das Kind weinte und Evan und Mac funkelten einander böse an. Evan erhob sich und begann damit die Sachen des Teams zusammen zu sammeln. Bevor er den Raum verließ drehte er sich noch zu seinem Freund um. „Alles was weiter geschieht… ist deine Schuld.“ Cross-Photonics Kyle hastete die Treppe nach oben und hüstelte leicht, als er im Korridor zur Tiefgarage angelangte. Von weitem erkannte er bereits den schwarzen Van, der sich im Cross-Photonics Gebäude zurückmeldete und parkte. Es hatte damit begonnen, dass er sich große Sorgen um seine neuen Verbündeten gemacht hatte, die er inzwischen bereits als Freunde ansah. Er hatte Toby über die Schulter gesehen, während die sich in das System der Verkehrszentrale hackte. Es dauerte etwas, bis es ihr gelungen war die passende Kamera zu finden und das Videomaterial auszuwerten. Darauf war zu sehen, wie eine echsenhafte Kreatur einen Autofahrer angriff und schwer verletzte. Sie teilte dem Team ihre Informationen mit, doch dieses befand sich bereits am Tatort und hatte sich einen Überblick verschafft. Kyle hatte Toby beinahe weggestoßen und den Bildschirm zu sich gedreht. Mit weit aufgerissenen Augen hatte er die Bestie angestarrt, die so fremd in dieser Welt war. Und dieser Zeit. „Nein… das stimmt so nicht.“, hatte er gemurmelt und dann versucht Evan zu erreichen. Doch diese konnte nur bestätigen, was der Mann aus der Zukunft in der Aufnahme gesehen hatte. Das Wesen das sie diesmal jagten war ein Rap, einer der humanoiden Raptoren, die Kyles Gegenwart besetzt hatten. Die ihm alles geraubt hatten… Die Mitglieder des Teams stiegen aus dem Van und ihren Gesichtern nach, war nicht alles nach Plan gelaufen. „Hey, wie ist es verlaufen?“, fragte Kyle unsicher, denn er kannte die Kreatur, mit der es seine Verbündeten heute zu tun hatten. „Miserabel! Und das ist alles seine Schuld!“, verwies Evan auf Mac. Dieser stieß einen kurzen Lacher aus. „Ich habe mich wohl verhört! Ich habe dir das Leben gerettet, verdammt noch mal! Unser furchtloser Anführer wollte gleich durch die Anomalie in die Zukunft, auch wenn er dort augenblicklich in Stücke gerissen worden wäre.“, blaffte er. Evan schüttelte nur immer wieder verständnislos den Kopf. „Das wäre unsere einzige Chance gewesen, herauszufinden was in der Zukunft passiert ist. Der alte Mac hätte mir sofort zugestimmt und mir seine Unterstützung angeboten!“, beharrte er darauf. Mac stolzierte nun auf ihn zu und drückte ihn zwar nicht hart, aber eindrucksvoll gegen den Betonpfeiler der Tiefgarage. „OK, hier eine Info für dich. Mein Name ist Captain Mac Rendell und ich gehöre zur royalen, britischen Armee. Ich bin nicht dein Mac, den dieser ist soweit ich weiß bei genauso einer selbstmörderischen Mission abgekratzt.“, führte er ihn vor. Evan schluckte und starrte ihn ungläubig an. „Selbstmörderisch? Er hat ohne zu zögern sein Leben gegeben nur um meines zu schützen!“, erinnerte er. Mac starrte seinen Gegenüber weiterhin unverhohlen an. „Das scheint bei dir ja Öfter der Fall zu sein. Die Leute müssen deine vorschnellen und egoistischen Entscheidungen tragen, kein Wunder, dass die meisten am Ende draufgehen. Nein, dein Mac und ich haben rein gar nichts gemeinsam, denn so ein Idiot wie er bin ich nicht.“, redete er weiter auf Evan ein. Dieser riss sich nun los und stieß sein Knie in Macs Magen. Dieser keuchte auf, doch als Soldat waren seine Reflexe gut trainiert. Er griff nach Evans Hemd und setzte mit der anderen zum Schlag an. Evan wich auf und die Faust traf lediglich den Betonpfeiler. Evan wiederum nutzte die Gelegenheit um Mac seine Faust ins Gesicht zu rammen. Dieser stürzte, doch die Hand am Hemd verursachte, dass auch Evan zu Boden krachte. Der Captain versuchte sich von dem Ballast zu befreien und rollte sich zur Seite, so damit Evan nun unter ihm lag. Er holte aus und seine Faust traf Evans Kinn. Ein leichtes Knirschen war zu hören und Mac hätte weitergemacht, wären nicht Dylan und Kyle hinter ihm aufgetaucht und hätten ihn nach oben gezogen. Donovan griff nach Evans Schultern und half ihm ebenfalls beim Aufstehen. Der Teamleiter tastete seinen Kiefer ab, unterbrach den Blickkontakt zu Mac aber keine Sekunde. „Was zum Teufel bildet ihr euch ein? Ihr seid zwei erwachsene Männer, also verhaltet euch auch so! Gerade weil wir beide nun unsere Teamleiter seid, müsst ihr zusammenarbeiten!“, versuchte Dylan die beiden Streithähne zu besänftigen. Mac riss sich los, ging zu ihrem Glück aber nicht nochmals auf den Cross-Photonics Leiter los. „Nein, das siehst du falsch. Evan Cross ist ab sofort raus aus dem Team. Ich allein werde es in Zukunft führen, denn offensichtlich hat sich unser vermeintlicher Held zulange Abseits der Zivilisation aufgehalten um noch zu wissen was Vernunft ist.“, warf er seinem Kampfpartner vor. Evan stieß ein heißeres Lachen aus. „Was genau soll das werden? Ich war es der Cross-Photonics aufgebaut hat und das Anomalienteam! Du hast dich hier doch nur reingedrängt um meinen Platz zu füllen. Du warst lediglich mein Ersatz.“, warf er Mac vor. Dieser schüttelte unverzüglich den Kopf. „OK, du willst so weitermachen wie früher? In diesem Fall wird das Anomaly Research Center sämtliche Unterstützung einstellen. Das schließt die EMDs, die Verschließgeräte, sowie alle wertvollen Informationen ein, die wir mit euch geteilt hätten.“, drohte er. Das verpasste nicht nur Evan einen Schock, sondern auch den anderen. Aufgrund der ARC-Technologie waren sie besser ausgerüstet und hatten seither keine Verluste mehr erleiden müssen. Aber auch Macs Teilnahme an dem Projekt war von unschätzbarem Wert. „Ich wiederhole es nochmal. Entweder zu trittst von deinem Posten als Teamleiter zurück oder ich werde es tun.“, schien der Captain einfach nicht mehr mit Evans Leichtsinn klar zu kommen. Doch wenn er sein Team, seine Freunde fast ungeschützt zu Missionen schickte, war das nicht noch viel leichtsinniger? „Denk darüber nach.“, sagte Mac noch, bevor er sich zurückzog. Dylan versprach den anderen mit ihm zu reden und lief ihm hinterher. Evan stieß ein Schimpfwort aus, das man im der ganzen Tiefgarage hörte und welches als Echo widerhallte. Reichte es nicht, dass sich bereits Luke und Dylan im Klinsch lagen, mussten es nun auch zwischen ihm und Mac so ausarten? Donovan und Luke standen einfach so da und wechselten vielsagende Blicke. „Ohman, das ist doch ein Witz.“, hatte Kyle die Hände über seinen Kopf geschlagen. „Und auf euch setze ich meine ganze Hoffnung, dass sich die Zukunft doch noch retten lässt? Ihr schafft es ja nicht einmal untereinander klar zu kommen, wie wollt ihr dann die drohende Invasion stoppen?“, verschaffte er seiner Wut einen Ventil. Evan trat langsam zu dem Mann aus der Zukunft und musterte ihn. „Gehen wir in den Besprechungsraum.“, schlug er vor. Kyle beruhigte sich nur langsam, erklärte sich aber einverstanden. Cross-Photonics, Besprechungsraum Evan brauchte erst einmal einen Kaffee und bot auch Kyle einen an. Dieser genoss ihn sichtlich, scheinbar war es in der Zukunft schwer an welchen heranzukommen. Er leerte die Tasse in einem Anlauf und ließ sie klirrend auf den Holztisch nieder. Evan setzte sich ihm gegenüber und trank ebenfalls einen Schluck. „Und? Kannst du mir erklären woher dieser humanoide Raptor kam? Laut deiner Beschreibung müsste die Invasion erst in etwa 10 Jahren stattfinden.“, begann er nun. Kyle konnte nichts anderes tun, als mit den Schultern zu zucken. „Ja, so ist es auch. Keine Ahnung woher diese Kreatur kommt. Vielleicht ist sie eine Art Vorbote oder nur unwillkürlich durch eine offene Anomalie gestolpert.“, spekulierte er. Evan wartete etwas, bis er antwortete. Es lag nicht am fehlenden Vertrauen, er selbst hatte beobachtet, was Kyle alles verloren hatte. „Aber ich weiß es. Laut dem Date Finder führte die Anomalie aus dieser der Rap kam ins Jahr 7370, also über 5000 Jahre in die Zukunft.“, verriet er. Kyles Pupillen weiteten sich und er schluckte. „Das… ergibt Sinn. Ich hatte auf ein paar Millionen Jahre gehofft, da sich die Menschheit dann nicht so schnell mit ihnen auseinandersetzen hätte müssen. Was ist genau vorgefallen?“, hakte er nach. Evan begann die ganze Mission neu aufzurollen, von ihrer Ankunft an der Unfallstelle, dem Verfolgen der Spuren und dem Entdecken der Anomalie in Billys Haus. Wie sie den Rap zurückschicken konnten, Mac ihn aber von seinem Plan abhielt. „Der arme Junge tut mir leid. Man hat ihn zu seinen Großeltern gebracht, seine Mutter wird derzeit verständigt.“ Evan wusste nur zu gut wie es war Familienmitglieder zu verlieren. Seine Eltern starben bereits sehr früh und dann war da noch Brooke. Jemand zu verlieren war immer schwer, aber zuzusehen wie eine geliebte Person durch eine Kreatur starb, war kaum zu ertragen. Der Junge würde sich kaum davon erholen und Evan wünschte, dieser Anblick wäre ihm erspart geblieben. „Dylan hat sich wirklich rührend um den Kleinen gekümmert. Sie kann das verdammt gut und hat ihn getröstet, bis er mit uns reden konnte. Vermutlich… sind Mutterinstinkte in ihr hochgekommen.“, fuhr er fort. Kyle starrte Evan beinahe schon verstört an. Dann lehnte er sich zurück und hielt kurz inne. „Evan, ich bin nicht dumm. Wir haben die Vergangenheit bereits so verändert, dass es unmöglich ist, dass ich jemals geboren werde. Mein Erscheinen in dieser Zeit, die Warnung vor der Invasion, der ganze heutige Tag. Ich… habe gesehen wie sie sich anblicken.“, sprach er nun. Evan nickte und trank weiter. „Du meinst Dylan und Luke, richtig? Er ist dein Vater, habe ich recht?“, sprach er seinen Verdacht aus. Kyle wich seinem Blick aus, antwortete aber dennoch. „Ich erinnere mich kaum an ihn, er wurde früh von den Raps getötet. Deshalb fällt es mir wohl leichter ihm in die Augen zu sehen als Mutter. Aber er… nein beide werden nicht mehr meine Eltern sein. Selbst wenn sie zusammenfinden sollten, was im Moment sehr in Frage steht, die Zeit wurde zu sehr korrumpiert. Ein Kind von ihnen wäre nicht ich, sondern eine ganz andere Person.“ Evan schnaufte erschöpft. „Aber du lebst und das ist das Wichtigste. Dein Leben und dein Erinnerungen kann dir niemand wegnehmen.“ Kyle lachte kurz auf. „Um mein Leben geht es hier doch gar nicht. Riskant oder nicht, du hättest durch die Anomalie springen sollen. Wenn wir die Raps nicht aufhalten, werden wir in 10 Jahren alle tot sein. Streitereien oder Befindlichkeiten spielen danach keine Rolle mehr. Evan biss sich auf die Zähne und sein Unterkiefer schmerzte dabei. Verdammt, Mac konnte wirklich ziemlich fest zuschlagen. Die Tür zum Besprechungsraum öffnete sich und Luke Hingle trat ein. „Ähhhm… ich wollte nur sagen, dass ich finde, dass du recht hast. Mac ist für uns verantwortlich und seine Sorge rechnen wir ihm auch hoch an. Aber wir sind keine Militäreinheit wir die Leute im ARC, wir haben unsere eigenen Vorstellungen und Verpflichtungen. Deshalb will ich vorschlagen… dass wir es tun! Starten wir eine Erkundungsmission in diese Epoche.“, schlug er vor. Evan freute sich über die ehrlichen Worte des Studenten, konnte mit seinem Enthusiasmus aber nicht mithalten. „Du hast doch gesehen, dass sich die Anomalie geschlossen hat. Wie wahrscheinlich ist es, dass wir bald wieder eine finden, welche in dieselbe Ära führt?“, zeigte er Luke das Problem auf. Dieser schritt näher an die beiden heran. „Sehr groß, wenn wir den Opener benutzen um eine künstlich zu erschaffen.“, erwiderte er. Evan starrte ihn verblüfft an. Eigentlich hatte er das Gedächtnis seines Teamkameraden sehr gut in Erinnerung, denn erst vor einem Monat hatte er den Opener quasi in den Rachen eines urzeitlichen Tintenfisches geworfen und dieser war somit verloren. Hatte sein Freund das wirklich vergessen? „Doch uns steht keiner zur Verfügung, richtig?“, war es Kyle, der seinen Vater auf das Offensichtliche hinwies. Luke räusperte sich nun und fuhr fort. „Also was das angeht… hätte ich eine Idee.“, verriet er. Evan und Kyle blickten ihn interessiert an, doch Luke wirkte plötzlich etwas Unsicherer. „Aber… sie wird euch nicht gefallen.“ Cross-Photonics, Waffenkammer Dylan hatte Mac endlich eingeholt und bereits befürchtet, dieser hätte die Tür hinter sich zu geschlossen. Doch Dylan war es möglich in den Raum einzudringen und den Captain dabei zu beobachten wie er die Waffen aus dem Einsatz zurücklegte. „Packst du jetzt schon alles zusammen weil du denkst, Evan zieht sich ohnehin nicht zurück?“, schnauzte sie ihn an. Mac fuhr mit seiner Arbeit fort, ohne sich zu ihr umzudrehen. „Evan hat sich bereits Entschieden, er musste nicht einmal darüber nachdenken. Der Tod seiner Frau hat nichts an seiner Sturheit geändert, im Gegenteil. Connor konnte ihn schon nicht überzeugen sich den Anomalien fernzuhalten und das Militär ebenfalls nicht. Verdammt, nicht einmal Angelika, die Frau die er angeblich liebt war dazu im Stande. Er wird einfach weiter machen egal wie viele Leute dabei sterben. Es wird erst enden wenn er selbst den Löffel abgibt, doch dann wird es zu spät sein.“, erkannte man die Wut in seiner Stimme. Als er vor 3 Jahren einen Geheimhaltungsvertrag unterschreiben musste und kurz darauf dem ARC zugeteilt worden war, war es schwer genug gewesen zu akzeptieren, dass Zeitreisen existierten und er tatsächlich seine Waffe auf lebendige Saurier richten musste. Dennoch war alles straff und organisiert gewesen, wobei es seinem neuen Team jedoch zu mangeln schien. Dylan fand jedoch, dass ihr Freund unfair wurde. „Evan war bereit sein Leben für uns zu geben! Er hat Harrison und seine Annexions-Anomalie gestoppt und es war ein reines Wunder, dass er überlebt hat!“, verteidigte sie ihren Freund. Mac wand sich nun um und setzte ein Lächeln auf. „Jaja, ich weiß, der große Evan Cross, der Retter der Welt! Könntest du bitte aufhören ihn ständig anzuhimmeln, könntest ihr das bitte alle?“, erhob er seine Stimme. Dylan ging nicht auf den Trotz ihres Gegenübers ein. „Ich himmle ihn nicht an, ich respektiere ihn. Sehr sogar. Du bist der Meinung er habe sich diesen Respekt nicht verdient, weil er ein leichtsinniger und sturer Anführer ist? Er jagt den Anomalien nicht wegen irgendwelcher Obsessionen hinterher! Als Project Magnet mich und Mac… den anderen für immer wegsperren wollten, hatten er sich ihnen unterworfen. Wir waren bereit für ihn bis zum Äußersten zu gehen, doch Evan wies uns ab, weil er immer nur sein Bestes versucht um alle zu beschützen. Es ist wahr, dass er nicht auf sich selbst achtet, doch das ist einer der Gründe, warum wir alle noch hier sind. Er passt auf uns auf und wir auf ihn.“, sprach sie ihre Gedanken aus. Mac schluckte und schüttelte nur unwillig den Kopf. „Tut mir leid, aber ich kann das einfach nicht. Und ich weiß auch nicht, wie es meinem Doppelgänger gelungen ist.“, erklärte er. Dylan zögerte einen Moment und fuhr dann fort. „Nun… es gibt eine Möglichkeit, wie du das könntest.“, gestand sie. Mac verschränkte die Arme und wartete gespannt ab, was das wohl war. Dylan fuhr fort, kratzte sich aber verlegen an der Wange. „Aber… sie wird dir nicht gefallen.“ Ontario– Clifford-Justizanstallt Es war nicht leicht gewesen, das Militär zu überzeugen. Ihr Verhältnis zu Cross-Photonics war nicht das Beste, doch mit Harolds Hilfe war es möglich General Mason doch noch zu überzeugen. Im Grunde war ihre Bitte nicht sehr groß gewesen, doch scheinbar hatte der General diese Kleinigkeit lieber vergessen wollen. Er hatte sie als ‚Pickel direkt auf der Nase’ bezeichnet. Evans Gefühle waren kaum anders, doch Lukes Plan war vermutlich die einzige Möglichkeit die ihnen blieb. Was sollten sie sonst tun? Die nächsten 10 Jahre warten und darauf hoffen, dass sich irgendwann eine Anomalie ins Jahr 7370 auftat? Das war ein reines Glückspiel und selbst wenn, wären sie in der Zukunft gefangen gewesen. Mit einem Opener besäßen sie die ultimative Technologie für eine Expedition ins diese zukünftige Epoche und konnten sich auch jederzeit zurückziehen, wenn es gefährlich wurde. Jedoch hatte Evan den Opener aus der Zukunft zerstört, den ihm Kyle anvertraut hatte. Ein Fehler? Er hatte es getan um sich, Dylan und Ange zu retten, also ein nachvollziehbarer Schritt. Kyles Leute hatten den Opener in einem alten Verschlag gefunden, doch der ehemalige Anführer des Widerstands hatte keine Informationen wo sich dieser befand. Jemand anderes vielleicht schon. Der Wärter hielt abrupt an und wies Evan an zu warten. Er war allein, jeder Kyle noch Luke begleiteten ihn. Mason hatte darauf bestanden, dass er allein kam und diskret vorging. Evan hätte ihm alles versprochen, wenn er seinem Ziel dadurch näher kam. Der Wärter begann die Tür vor ihm aufzuschließen und nickte dem Besucher zu. Er wollte ihn begleiten, doch Evan hielt ihm eine Hand entgegen. „Ich muss alleine mit ihm reden.“, beharrte er darauf. Der Wärter zögerte einen Moment und ließ ihn dann gewähren. Jedoch nicht ohne ihn nochmals auf die Gefahren hinzuweisen. Evan war nicht bewaffnet und der Insasse nicht gefesselt. Zwar würde der Wärter sofort zur Hilfe eilen, wenn diese benötigt wurde, aber dann konnte es bereits zu spät sein. Evan hingegen wusste, dass der Mann mit dem er sich gleich unterhalten würde, niemals seine bloßen Hände benutzen würde um ihn zu töten. Das Licht wurde angeschaltet und die Tür hinter dem Besucher geschlossen. Der Gefangene hockte mit angezogenen Knien auf dem schmalen Klappbrett und blickte langsam zu Evan auf. Sofort zogen sich seine Wimpern nach oben und er sprang vom Bett, direkt auf seinen Besucher zu. Evan erwartete einen Angriff und torkelte zurück. Doch dem war nicht so. Ken Leeds schlang seinen rechten Arm um ihn und drückte ihn an sich. „Evan! Mein Gott ist das eine Freude Sie zu sehen, ich dachte schon Sie besuchen mich gar nicht mehr.“, begrüßte er seinen Besucher aufmerksam. Evan versuchte sich von ihm zu lösen und starrte in ein fröhliches, erwartendes Gesicht. „Sie… haben mich erwartet?“, hakte er nach. Leeds nickte ganz aufgeregt. „Aber ja, auch wenn ich zugebe, etwas früher. Aber dafür habe ich Verständnis, ich weiß ja wie viel Sie mit der Anomalienarbeit zu tun haben. Mason dieser alte Glatzkopf hat mir erzählt, Sie wären getötet worden, aber ich habe ihm natürlich kein Wort geglaubt! Nichts und niemand haut den großen Evan Cross um, habe ich nicht recht?“, grinste er über beide Backen. Evan hingegen jagte es einen kalten Schauer über den Rücken. „Scheinbar… scheint es Ihnen hier drin sehr gut zu gehen.“, wagte er es zu sagen. Leeds presste seine Lippen zusammen und wiegte mit dem Kopf. „Ja, ein netter Vorhang und ein paar Poster wären ganz nett gewesen. Aber es gibt schlimmeres als so eine kleine Zelle. Ich hatte nicht einmal einen anständigen Prozess, die haben mich behandelt als hätte ich Landesverrat begannen.“, kicherte er. Evan wurde ernster. „Sie haben Colonel Hall ermordet. Außerdem haben Sie Anomalien geöffnet, durch welche Kreaturen drangen, die dutzenden Menschen das Leben gekostet haben! Und hätten wir Harrison nicht gestoppt, wäre wegen Ihnen beinahe die ganze Welt untergegangen!“, warf er ihm vor. Leeds’ Grinsen verschwand und er wirkte von einem Moment auf den anderen sehr traurig. „Ja… ja, das habe ich getan. Und… das tut mir wirklich leid, ich möchte mich dafür entschuldigen.“, sah er Evan geradezu treuherzig an. Dieser verengte die Augen und glaubte nicht was er da hörte. „Ich… habe eingesehen, dass ich etwas Böses gemacht habe. Es war ein Fehler. Ich gebe zu, dass ich verbittert war und Sie für den Verlust meines Arms verantwortlich gemacht habe. Doch seit ich hier drin bin, habe ich beschlossen ein besserer Mensch zu werden. Ich hoffe Sie nehmen meine Entschuldigung an.“, klang er auf seine Weise tatsächlich ehrlich. Evan dachte nicht einmal im Traum daran diesem Mann das zu vergeben, was er durchmachen musste. Wegen ihm waren tapfere Soldaten gestorben, einschließlich Henderson Hall. Auch in der Zukunft hatte er getötet und einen Carnotaurus auf sie losgelassen. Bei diesem Ereignis starb nicht nur ein enger Freund von Luke, sondern auch viele Unschuldige. Selbst am Schluss konnten sie ihn nur überwältigen, indem sich Mac ein Messer im Bauch einfing. Nein, Vergebung stand für ihn außer Frage. „Sie wollen ein besserer Mensch werden? Dann verraten Sie uns die Adresse, wo sich Harrison, Wells oder wie auch noch er sich nannte an seiner kleinen Annexions-Anomalie gearbeitet hat.“, kam er schließlich zum Punkt. Das schien Leeds einen Moment zu irritieren. Dann riss er den Mund auf und eine Idee flog ihm zu. „Ahhh! Sie suchen das AOD!“, entfuhr es ihm dann. Evan sah ihn nur fragend an. „AOD?“, hakte er nach und Leeds nickte aufgeregt. „Das Anomaly Opening Device, so hat Wells es genannt. Sie haben eine kleine Zeitreise geplant, richtig? Wohin soll es diesmal gehen? Zu den Dinosauriern? Den alten Römern? Oder zu den Hippies? Ach, egal wohin Sie auch immer wollen, wenn Sie unterwegs zufällig meinen abgebissenen Arm sehen… nehmen Sie ihn bitte mit!“, lachte er zuletzt lauthals. Evan hielt sich an der Wand an. Ihm war klar, dass ihm dieser Besuch viel Kraft kosten würde, doch das war lächerlich. „Sie müssen mir unbedingt sagen wo ich dieses Gerät finde! Uns steht eine große Bedrohung bevor und wenn ich damit nicht in die Zukunft reise, sind wir alle verloren!“, versuchte er nun Klartext zu reden. Leeds verstummte sofort. Dann hielt er sich eine Hand vor den Mund und analysierte die Situation. „Achso ist das! Evan Cross muss wieder einmal die Welt retten! Warum sagten Sie das nicht gleich?“, klang er ganz ehrfürchtig. Evan hatte schon Angst weiterreden zu müssen, doch Leeds fuhr von sich aus fort. „Wells hat sich in einer verlassenen Wohnung in der Edington-Street herumgetrieben. Wenn bisher noch keiner dort war, müsste das AOD noch dort sein.“, erklärte er. Das war alles was Evan hören wollte. Er wollte an die Zellentür klopfen, doch Leeds rief ihn zurück. „Moment! Die Mission, wann startet die?“, hakte er nach. „Sie eilt, also sobald wir das Gerät gefunden haben.“, antwortete der Leiter von Cross-Photonics. „OK, Sie können jederzeit auf mich zählen. Ich stehe bereit, verfügen Sie jederzeit auf meine Dienste, Sir!“, salutierte er. Evan schüttelte stoisch den Kopf. „Glauben Sie etwa ernsthaft, ich würde Sie mitkommen lassen? Alles was ich von Ihnen wollte war der Aufenthaltsort des Openers. Zumindest dafür bin ich Ihnen dankbar, auch wenn mir der Gedanke Ihnen etwas schuldig zu sein anwidert. Für wen halten Sie sich eigentlich? Sie haben so unglaublich viele Menschenleben zerstört und reden jetzt davon, dass Sie ein besserer Mensch geworden sind? Von Wiedergutmachung? Nein Leeds, diese Zelle hier ist genau der richtige Ort für jemanden wie Sie. Sie werden hier ewig bleiben und niemandem mehr Schaden zufügen. Wir sind zumindest fertig und das für immer. Leben Sie wohl.“, sagte Evan und wenig später öffnete sich die Zellentür. Leeds war noch ganz perplex als sie sich bereits wieder schloss. Seine Fassade bröckelte und er hämmerte wild gegen das Metall. „Hey Cross, wohin gehen Sie? Ich dachte wir wären jetzt ein Team! Sie können mich nicht einfach so zurücklassen, Sie sind extra gekommen um mich um meine Hilfe zu bitten! Das machen Freunde doch so, oder? Sind Sie jetzt denn nicht mein Freund, Cross? Was… was wollten Sie dann hier? Sehen wie schlecht es mir geht? Sie… sie verdammtes Arschloch, ich hoffe Sie verrecken während Ihrer Mission zur Rettung der Welt! Nein, ich wünsche dieser Gott verdammten Scheiss-Welt sogar, dass sie untergeht! Und Sie mitten drin!“, startete er einen erneuten Versuch zu lachen, doch das Ergebnis war ein kontinuierliches Wimmern. Leeds ließ sich auf sein Bett fallen und kauerte sich ein. Er beschimpfte Evan noch stundenlang, doch vergeblich. Dieser hatte das Gefängnis bereits längst wieder verlassen. Ottawa-Friedhof – Toronto Die Fahrt hatte wertvolle Zeit in Anspruch genommen. Es gab sehr viel zu tun, wie sich um die Ausrüstung zu kümmern und Berichte an das ARC zu schreiben. Doch in seinem Inneren war Mac klar, dass es sich dabei lediglich um Ausreden handelte. Er hielt nichts von Papierkram, was er Harold Kanan jedes Mal spüren ließ. Und was sollte er in einen Bericht an das ARC schreiben? Das er einfach wie ein Diktator die Macht an sich riss? Cross-Photonics unterstand nicht mit ARC, ja nicht einmal der britischen Zugehörigkeit. Cross-Photonics hatte Mac als Verbindungsoffizier akzeptiert, aufgrund seiner Erfahrung, seiner Ressourcen und auch seiner Informationen. Und weil sie einen Ersatz für Evan Cross brauchten. Doch dieser war zurück, auch wenn dadurch alles nicht unbedingt leichter wurde. Mac hatte seine Drohung nur zum Teil ernst gemeint. Er konnte gar nicht einfach so verschwinden, geschweige denn wollte es. Niemals konnte er seine neuen Freunde, Dylan, Luke und Donovan schutzlos zurücklassen. Und genauso wenig könnte er es sich verzeihen, wenn Evan diesmal wirklich etwas zustoßen sollte. Er wollte dem Rückkehrer nur einen Denkanstoß verpassen, damit dieser kapierte, dass er nicht mehr alleine in der Kreidezeit saß und dort ums Überleben kämpfen musste. Er war wie ein Soldat der aus einem Kriegsgebiet zurückkehrte. Seine Sinne und Reflexe waren geschärft, er handelte impulsiv. Doch genau das war ein Fehler, ein verheerender sogar. Evan war ein Anführer und er musste sich auch dementsprechend verhalten. Es ging auch um sein Team, das ihm blind vertrauen musste. Mac betete dafür, dass Evan dies einsehen mochte. Endlich hatten sie ihr Ziel erreicht und der Captain schluckte als er das betreffende Schild las. Dylan behielt jedoch ihre Miene bei und stieg aus. Mac seufzte und begann ihr zu folgen. Sie betraten das Gelände und seine Freundin führte den Captain zur richtigen Stelle. Sie sagte rein gar nichts, sondern ließ alles auf ihn einwirken. Mac schüttelte abrupt den Kopf und starrte Dylan unsicher an. „Was genau tun wir hier?“, wollte er konkret von ihr wissen. Das weibliche Mitglied des Teams begann sich hinzuhocken und wirkte etwas traurig als sie antwortete. „Einen Grabbesuch machen. Tut ihr sowas in England nicht?“ Natürlich tat man dies in England, in welchem Land der Erde auch nicht? Dennoch war es für Mac skurril und sogar etwas gruselig. Zum einen kannte er die Person nicht, die hier begraben lag, auf der anderen Seite irgendwie auch wieder schon. Er musterte den Grabstein und seine Nackenhaare stellten sich auf. Ehrfürchtig las er die Inschrift darauf. Mac Rendell, Sohn, Soldat und enger Freund. Eigenschaften die ihn selbst beschrieben, doch die Person unter der Erde in ihrem Sarg war nicht er. Er atmete, spürte die Luft auf seiner Haut und selbst sein Magen fing an zu knurren. Er lebte, daran bestand kein Zweifel. Mac Rendell lag unter diesem Grabstein, doch gleichzeitig stand er davor und sah auf ihn herab. „Was willst du mir damit sagen? Wo liegt der Sinn darin, dass du mich hierher geschleift hast?“, wurde der Captain nun ungeduldig. Dylan sah zu ihm auf und senkte den Kopf. „Mac war ein Freund von mir und ich verspürte das Bedürfnis ihn wieder einmal zu besuchen. Du hättest nicht mitkommen müssen, aber ich dachte mir, du möchtest ihn vielleicht kennen lernen.“, verriet sie. Mac zögerte etwas, er tat bereits einen schritt zurück um zum Auto zurückzumarschieren. Dann hielt er jedoch inne und gab seiner Freundin eine Chance. „Also gut. Wie… war er so?“, fragte er, obwohl er sich nicht sonderlich behaglich fand. Dylan begann die mitgebrachten Blumen in die Vase zu stecken und zündete die Kerze an. Die noch vorhandene war noch verwendbar und trotz des kühlen Winds in dieser Region, loderte kurz darauf die Flamme. „Er war mutig, sehr sogar. Eigentlich ein Draufgänger, so wie Evan. Deswegen dürften sich die beiden auch so gut verstanden haben. Sie lagen auf einer Wellenlänge, aber dennoch hat er Evan nie widersprochen. Klar, dieser war sein Vorgesetzter, doch Mac ordnete sich immer unter. Er vertraute und respektierte ihn. Sicher, da war die Sache, dass Evan den Zeitverlauf änderte und ihn nach Vancouver holte. Als Mac die ARC-Version von sich in einer Kühlkammer entdeckte war er erst gar nicht gut auf seinen Boss zu sprechen. Er fühlte sich verraten, doch selbst in dieser Zeit war er immer bereit uns zu unterstützen. Er verstand, dass Evan das nur tat um sein Leben zu retten. Es war diese besondere Art von Loyalität, welche die beiden verband. Und wohl auch der Grund warum sich unser Mac schließlich für ihn opferte. Findest du das dumm?“ Mac ging kurz in sich und schüttelte dann den Kopf. „Er hat getan, woran er geglaubt hat. Er wusste, dass er wahrscheinlich sterben würde, doch das hielt ihn nicht davon ab. Jedoch… ist Evan anders. Sein Vorhaben war einfach nur leichtsinnig, er hätte sich für nichts geopfert, wenn er in der Zukunft von diesen Kreaturen getötet worden wäre.“, wand er ein. Dylan erhob sich und legte dem Teamleiter beide Hände auf die Schultern. „Und das ist der Grund warum er dich braucht. Ich denke nicht, dass es schlecht ist, dass ihr beiden denselben Posten bekleidet, im Gegenteil. Ihr macht das wett, was dem je anderen fehlt. Mit deinen Fähigkeiten und Evans Scharfsinn bin ich sicher, dass wir die Zukunft retten können und wahrscheinlich wärt ihr gemeinsam noch zu sehr viel mehr im Stande.“, redete sie auf ihn ein. Mac verstand was sie sagen wollte und nickte. „Das kann durchaus sein, aber ich bin nicht der Mac, den ihr verloren habt und der nun hier liegt.“, glaubte er erwähnen zu müssen. Dylan trat einen Schritt zurück und fuhr sich durchs Haar. „Mein Gott, das war mir doch schon von Anfang an klar. Ihr seid euch so ähnlich, aber dann auch wieder nicht. Diese Zeitparadox-Geschichte ist zwar verwirrend, aber ich habe begriffen, dass du eine andere Person bist. Und Evan hat das auch. Doch wir… das gesamte Team mag und respektiert dich. Klar streiten wir untereinander, wir sind keine Militäreinheit, die stumm Befehle befolgt, das macht Cross-Photonics so einzigartig. Und auch wenn du es im Moment vielleicht nicht spürst, ich bin sehr froh, dich in so einem einzigartigen Team zu haben.“, erklärte sie. Mac ließ das Gesagte einen Moment auf sich wirken und begann dann zu lächeln. „Ja, ich hab’s schon kapiert. Ich werde euch nicht im Stich lassen, besonders nicht jetzt. Fahren wir zurück und tüfteln einen Plan aus.“, schlug er vor. Freude drang in Dylans Gesicht, scheinbar war dies genau das, was sie erreichen wollte. „Aber dafür, dass du mich hierher geschleift hast, fährst du.“, verlangte er, doch seine Freundin besaß keine Einwände. Wenig später hatten sie das Friedhofsgelände verlassen und der eisige, kanadische Wind löschte erneut die kleine Flamme an Mac Rendells Grab. Cross-Photonics Evan war selbst überrascht davon, dass Ken Leeds scheinbar die Wahrheit gesagt hatte. Das CPT hatte unter den größten Sicherheitsmaßnahmen die Wohnung gestürmt, in der Julian Harrison während seines Aufenthalts in der Vergangenheit gewohnt hatte. Evan hätte bei Leeds sogar mit einer versteckten Bombe gerechnet, doch im Gegenteil. Es gelang ihnen tatsächlich den Opener sicherzustellen, auch wenn dieser wie erwartet über keine Energiezellen mehr verfügte. Aus diesem Zweck hatte Harrison Evan seinerzeit entführt und dessen Opener an sich genommen. Doch aufgrund Evans Abstecher ins Jahr 2052 wusste er was zu tun war. Er nutzte die Impulsenergie der EMDs um die Energiezellen des Geräts aufzuladen. Auf diese Weise hielt er bald darauf eine funktionierende Zeitmaschine in Händen. Den ganzen nächsten Tag verbrachten sie mit Vorkehrungen für die Mission, die in Kürze beginnen sollte. Das Gebäude wirkte beinahe wie die Version, die Evan im Jahr 2052 gesehen hatte. Alle Türen waren verriegelt und nichts und niemand konnte aus der Sektion entkommen. Niemand war sonderlich erpicht darauf, die Invasion vorzuverlegen. Evan trat ein paar Schritte nach vorne und drehte sich dann um. Hier war der Ort an dem alles begonnen hatte. Vor 8 Jahren hatte Evan zusammen mit seiner Frau Brooke das Gebäude betreten um zu erkunden, ob es sich um einen geeigneten Ort handelte, wo er später seiner Firma gründen konnte. Er hatte mit allen gerechnet. Brüchige Wände, kaputte Rohre und sogar Schimmel. Jedoch nicht mit einem Koloss von Fleischberg, der sich ihnen in der Gestalt eines Albertosaurus aus der Kreidezeit näherte. Evan war so überschwänglich, dass er vorgegangen und Brooke zurückgelassen hatte. Der Albertosaurus war unglaublich schnell, was seiner Frau das Leben kostete. In dieser Halle war nicht nur sie gestorben, sondern auch Mac. Zwei mal sogar. Noch immer stand der Tiefkühlbehälter in der Ecke, in der Evan ihre Leichen aufbewahrt hatte. „Ich habe nicht die geringste Lust ebenfalls da hinein zu steigen.“, murmelte Mac nun und Evan nickte. „Danke, dass du eingewilligt hast. Ich schulde dir etwas.“, sagte er nun etwas reumütig. Mac schüttelte abrupt den Kopf. „Nein, dieser Plan hier ist besser als einfach blindlings nach vorne zu stürmen.“, musste er zugeben. „Dennoch… möchte ich mich bei dir entschuldigen.“, gestand er. Der Captain der britischen Armee musterte ihn und reichte ihm schließlich die Hand. „Ja, ich habe ebenfalls überreagiert.“, sah er seinen Fehler ein und ein Händeschütteln war die Folge. „Umarmen wir uns jetzt?“, hakte Mac nach, der die kanadischen Gepflogenheiten immer noch nicht beherrschte. Evan wehrte zum Glück ab und ließ seinem Freund seinen britischen Stolz. Donovan trat durch die Tür und überprüfte das Sicherheitsschloss. „Chambers, wenn etwas anderes durch die Anomalie kommen sollte als wir haben Sie den Befehl das Tor zu versiegeln und alles innerhalb dieser Halle für immer wegzuschließen.“, erteilte er den Befehl. Der Soldat salutierte und zog seinen Sicherheitsausweis draußen durch den Schlitz. Das schwere Tor ratterte herab und schloss das Team ein. Evan stellte sich vor die Gruppe und taxierte sie. „Jetzt kann ich ihm noch befehlen das Tor ein letztes Mal zu öffnen und euch hinaus zu lassen. Ich betone noch einmal, dass dies hier eine freiwillige Mission ist. Ich zwinge oder dränge keinen von euch hier teilzunehmen. Anders als sonst wird das hier keine Abwehr-Mission und dementsprechend gefährlich. Jetzt habt ihr noch die Gelegenheit umzukehren, ich verspreche, dass ich keinem von euch sauer wäre oder etwas nachtragen würde. Ihr könntet bei dieser Mission sterben, dies müsst ihr bedenken.“, entschied er sich für klare Worte. Ohne zu zögern trat Kyle vor und aktivierte sein EMD. „Für mich gibt es nur diesen einen Weg und das weißt du.“, war die Entschlossenheit in seinem Gesicht unverkennlich. Donovan trat neben ihn und nahm militärische Haltung an. „Sir, das letzte Mal haben Sie sich für uns an den Rand des Todes begeben, diesmal lasse ich Sie nicht im Stich.“, schwor er. Evan lächelte ihn dankbar an und sah zum Rest der Mannschaft. „Ich habe gar keine andere Wahl als dich zu begleiten, alleine stellst du doch nur wieder Unsinn an.“, warf ihm Dylan vor. Luke kratzte sich verlegen am Hals. „Wieso habe ich das Gefühl, dass dies unsere letzte Mission sein könnte?“, fragte er schwarzseherisch. Dylan sah ihn ernüchternd an. „Du kannst immer noch hier bleiben.“, erinnerte sie, doch das schien für den Studenten keine Option zu sein. „Nein, ich werde dich sicher nicht im Stich lassen.“, entgegnete er und Dylan wand den Blick ab. Die letzten Tage hatten sie sich nur gestritten und kaum angesehen, diese loyale Haltung verstörte sie nun zugegebenermaßen. Mac trat nun neben Evan und reichte diesem den Opener. „Ihr habt ihn verstanden! Das hier wird eine reine Erkundungs-Mission, es geht darum Informationen zu sammeln um die Zeitlinie wenn möglich so zu verändern, dass wir die Invasion dieser humanoiden Raptoren verhindern können. Kyle, bitte erkläre allen was auf sie zukommt.“, überließ er den Rest dem Mann aus der Zukunft. Dieser wand sich mit ernstem Gesichtsausdruck an das CPT. „Ich habe einen Großteil meines Lebens mit diesen Geschöpfen verbracht. Wenn ihr ihre Körper betrachtet und ihnen in ihre Augen starrt wird es euch so vorkommen, als würdet ihr einen Funken Menschlichkeit darin erkennen. Das ist eine Illusion, denn diese Raps haben nichts mit uns gemeinsam. Ihre Physiologie beinhaltet menschliche DNA, doch das ist schon alles. Es sind in erster Linie Reptilien, angriffslustig und gnadenlos. Und noch etwas. Intelligent. Ihr Gehirn besitzt dieselbe Größe wie unseres und auch wenn sie über kein Bewusstsein verfügen, so lernen sie schnell. Wendet keine Strategie zweimal an und greift sie aus der Distanz an. Sie jagen meistens in Gruppen, also trennt sie bei Möglichkeit. Wenn sie rennen schießt nicht direkt auf sie, sondern dorthin so wie sein werden, denn diese Biester sind verdammt schnell. In der Zukunft wurden alle meine Leute von ihnen getötet, aber inzwischen habe ich auch dieses Team kennen gelernt. Ich lege meine ganze Hoffnung in euch, versuchen wir gemeinsam die Zukunft zu verändern. Zum Besseren.“, schloss er seine Ansprache. Luke begann langsam zu klatschen, riskierte aber schon wieder einen strengen Blick seitens Dylans. Evan hantierte am Opener herum und hielt ihn dann nach vorne. „Ich habe die Koordinaten der letzten Anomalie eingegeben, allerdings den Standort etwas verändert. Schließlich wollen wir ja nicht direkt in das Nest dieses Monsters.“, gab er an und drückte dann die nötige Taste. An der Stelle, wo sich damals die erste Anomalie befunden hatte, die Evan je gesehen hatte, öffnete sich nun eine weitere. Er betete nur, dass es nicht gleichzeitig die letzte war. Zwar hatte hier alles begonnen, durfte aber keinesfalls enden. Es war nicht das erste Mal, dass das Team durch eine Anomalie gehen würde und nicht wusste, was sie dahinter erwartete. Evan und Dylan waren zusammen im frühen Jura, im Silur, ja sogar in Evans eigener Vergangenheit. Danach im Eozän und der Zukunft in 200 Jahren. Diesmal hingegen führte dieses Portal 5000 Jahre in die Zukunft, niemand konnte vorhersagen wie sehr sich die Welt verändert haben würde. Selbst Luke mit all seinem Wissen über die vergangenen Epochen wäre ratlos. „Waffen bereit halten.“, befahl Donovan und gab das Zeichen zum Ausrücken. Er und Mac machten den Anfang, dicht gefolgt den Kyle. Dylan trat vor die Anomalie, wurde aber von Luke aufgehalten. „Warte, ich gehe vor, nur für den Fall.“, sagte er. Dylan wollte einwenden, dass sie auf sich selbst achten konnte, bewunderte aber gleichzeitig den Mut ihres Freundes. Nachdem er sie durchschritten hatte, holte auch sie tief Luft und trat die Reise an. Eine Reise in eine fremde Welt, aus der es womöglich keine Rückkehr gab. Amerikanisches Territorium, Yvalon – Jahr 707 nach tantounischer Zeitrechnung, Omega-Stützpunkt Vyrim Gall gestand sich ein, seine Eskorte hin und wieder als lästig zu empfinden. Stunde um Stunde schritt sie an seiner Seite entlang und ließ ihn nicht aus den Augen. Selbst vor der Toilette schlugen sie ihre Welt auf und bewachten diese sogar mit gezückten Waffen, damit der Magistrat in aller Ruhe sein Geschäft verrichten konnte. Doch sie waren der Preis für seine stete Sicherheit. Er als Magistrat Yvalons, dem ganzen Quadranten des nördlichen, amerikanischen Kontinents konnte nicht vorsichtig genug sein. Es existierten genug Feinde, innerhalb und außerhalb des Landes, die ihm nach dem Leben trachteten. Doch das würde sich bald ändern. Bald würde er seine Position ändern und kein anderer Magistrat konnte ihm mehr etwas anhaben. Doch es gab eine Kleinigkeit, die er noch nicht kalkulieren konnte. Und dessen Name lautete Konzil Nayem. Sein Projekt durchzusetzen war mit der Unterstützung des obersten, militärischen Führer wesentlich einfacher, doch konnte er dem Mann vertrauen? Nayem war ein Soldat, aber auch ein Taktiker. Galls Plan war nicht ungefährlich und Nayem könnte seine Zustimmung verweigern. In diesem Fall würde es ihm genauso ergehen wie allen anderen. Sie würden schlichtweg aus der Zeitlinie getilgt werden. Nach einigen Schritten war der Magistrat samt Eskorte am Ziel angekommen und ein Mann schritt ihnen entgegen. Er schob seine flache Hand an seine Brust und verbeugte sich leicht. Das sollte einen Ausdruck von Respekt widerspiegeln. „Magistrat Gall, der erste Test hat wie Sie es befahlen begonnen und das Subjekt wurde durch das Portal geschickt.“, meldete Hauptmann Vesst. Ein Funkeln drang ein Galls Augen und ein breites Lächeln zierte sein Gesicht. Er beschleunigte seinen Gang und Vesst gesellte sich an seine Seite. „Wie lange läuft der Transfer bereits?“, hakte der Magistrat nach und Vesst öffnete seine linke Hand. Er drückte mit einem Finger in die Mitte der Handfläche, in welche während seiner Kindheit ein Eraw-Chip eingepflanzt wurde. Ein kleiner Bildschirm aus Energie bildete sich und der Hauptmann betätigte ein paar Tasten. „Der Counter liegt bei 2 Stunden und 51 Minuten, wir erwarten das Subjekt in 9 Minuten zurück.“, berichtete er und gemeinsam betrat die Gruppe das Laboratorium in dem die Versuchsreihe stattfand. Mehrere Männer und Frauen mit Geräten um Armen und Beinen tummelten sich herum und gaben Daten in Terminals ein. Das Ziel der Gruppe war eine Sektion, die äußerst gut bewacht wurde und dies hatte seinen Grund. Auf mehreren Tischen waren die Versuchsobjekte angeschnallt worden. Die meisten von ihnen wehrten sich und gaben heulende Geräusche von sich. Doch die Platinumgurte verhinderten, dass sie sich freikämpfen konnten. Ihre Haut schimmerte grün und niemand der Soldaten wagte es, ihnen in ihre grausigen Fratzen zu sehen. Ein älterer Mann schritt auf die Eskorte zu und vollführte dieselbe Geste wie Vesst einige Minuten zuvor. „Ineeng Oss, scheinbar konnte das Projekt ohne Schwierigkeiten gestartet werden.“, grüßte der Magistrat den Leiter des Laboratoriums. Der Mann nickte und wies auf die humanoiden Raptoren. „Ich habe mich für das Objekt H7 entschieden, es war am wenigsten aggressiv und am geeignesten für die erste Testreihe.“, berichtete der Ineeng sofort. Gall wusste nicht was er davon halten sollte, H7 war beinahe schon ein Haustier, ähnlich wie die Katze, die er sich in seinen Räumlichkeiten hielt. Zwar war H7 ebenfalls aufs Töten fixiert, ergriff aber sehr schnell die Flucht wenn es brenzlig wurde. „Leider war es uns nicht möglich die kognitiven Leistungen für Angst und Selbstschutz zu neutralisieren, doch wir stehen auch erst am Beginn unserer Reihe, nicht wahr?“, fügte Oss hinzu. Erst hoffte er, Gall damit nicht enttäuscht, oder noch schlimmer, ihn wütend gemacht zu haben, doch dem war nicht so. Dieser rieb sich erfreut die Hände und schritt in Richtung des abgeschotteten Raums. Vor der Tür blieb er stehen und wies Vesst an sie zu öffnen. „Magistrat, so warten Sie doch! Wir erwarten H7 jeden Moment zurück, lassen Sie erst meine Leute hinein um ihn zu sedieren.“, schlug der Ineeng hastig vor. Doch Gall wehrte ab und wiederholte seinen Befehl. „Der DNA-Code wurde doch einprogrammiert richtig? H7 erkennt automatisch Menschen mit Eraw-Chip und wird somit niemanden von uns angreifen.“, erwiderte er. Der Ineeng schluckte und nickte zögerlich. „Das ist wahr, aber wir haben es noch nicht ausführlich getestet. Zudem wissen wir nicht welche Nebenwirkungen das Portal auf H7 haben könnte.“, wand er ein. „Gut, dann testen wir es eben jetzt.“, entschied Gall und sah zu, wie der Hauptmann die Tür entriegelte. Ineeng Oss warnte noch einmal vor den Konsequenzen, doch Gall war zu erpicht darauf, die Früchte seine Arbeit bewundern zu dürfen. Vesst gelang es schließlich doch seinen Vorgesetzten überzeugen zu können, ihn doch begleiten zu dürfen. Er lud seine Waffe und folgte Gall in den abgesicherten Raum. Bereits von weitem erkannten sie das funkelnde Licht des Zeitportals. Draußen wurden aus Sicherheitsgründen die Tür wieder verriegelten und die beiden Männer saßen fest. Vesst empfand Galls Entscheidung für töricht, hätte seine Kritik aber nie laut ausgesprochen. Das Grinsen des Magistrats erlosch von einem Augenblick auf den anderen, als plötzlich etwas mit dem Portal vor ihnen geschah. Es begann sich zu verändern, pulsierte wie wild und verkleinerte sich schließlich zu einer runden Kugel. Gall schritt nach vorne, doch Vesst hielt ihn zurück. „Vorsichtig, Sir!“, bat er, doch der Magistrat war fassungslos. „Was… ist das? Das haben die Portale zuvor noch nie getan! Waren Sie das, Oss?“, schrie er nach draußen. Durch eine gläserne Luke erkannte er das Kopfschütteln des Ineegns, der ebenballs ganz verdutzt zu sein schien. Vesst aktivierte erneut seinen Eraw-Chip um das Portal zu scannen, doch ohne verwertbare Daten. „Ziehen wir uns erst einmal zurück und lassen die Wissenschaftler das Phänomen untersuchen.“, schlug er vor. Er wollte Gall zurückziehen, doch dieser wurde geradezu magnetisch von der Kugel angezogen. Dann explodierte sie quasi vor ihm und die Kugel öffnete sich erneut. Die scherbenartigen Fragmente pulsierten erneut in der Luft und das Portal wirkte, als wäre nie etwas passiert. Vesst zog seinen Vorgesetzten zur Sicherheit dennoch zurück und dies erwies sich als kluge Entscheidung. Kurze Zeit später trat H7 durch das Portal und sprang wild hin und her. Der Hauptmann stellte sich vor Gall und erhob seine Waffe. Doch er wurde unverhohlen zur Seite gedrängt und der Magistrat torkelte auf sein Baby zu. H7 sprang vor die Männer und selbst Vesst packte das Grauen, als er in die Fratze der Bestie starrte, die zumindest DNA-technisch zur Hälfte ein Mensch war. Oder zumindest sein sollte. H7 begann Gall zu beschnubbern und der Hauptmann war klug genug seine linke Hand auszustrecken. H7 roch auch daran und Vesst befürchtete schon, die Kreatur würde einfach darüber lecken. Doch im Gegenteil. H7 hockte sich auf den Boden und wirkte kurz darauf so zart wie eine Katze. „Schalten Sie das Portal ab!“, befahl Vesst nach draußen und Oss betätigte ein paar Tasten. Das Zeitportal löste sich auf und Gall beugte sich nun zu seinem Geschöpf hinab. Langsam legte er seine Hand auf den Schädel von H7 und strich hinüber. „So viel zu den Tests. H7 ist so gefolgsamer als Sie, Hauptmann.“, scherzte Gall und das Funkeln in seinen Augen kehrte zurück. Vesst schluckte und bemerkte, wie ihn H7 direkt in die Augen starrte. Er wusste, dass diese Kreatur kein Mensch war, aber wusste sie es auch selbst? „Tragen Sie Oss auf, er soll untersuchen was mit dem Zeitportal los war.“, befahl Gall nun und der Hauptmann versprach sich sofort darum zu kümmern. Die Wissenschaftler brachten H7 zurück zu den anderen Exemplaren, doch im Gegensatz zu ihnen, musste er nicht fixiert werden. Die etwa 1 Dutzend weiteren Wesen besaßen noch keinen DNA-Code und waren deshalb gefährlich. „Nanu? H7 hat eine Verletzung erlitten.“, wies Gall auf eine Narbe am Bein der Kreatur. Oss stimmte ihm zu und begann sie zu untersuchen. „Vielleicht hat er sich mit einem anderen Tier angelangt.“, spekulierte er. Gall hob seine Augenbrauen. „Hatten Sie ihn nicht nur 5000 Jahre zurückgeschickt? Welche Kreaturen könnten ihm dort schon etwas anhaben?“, wollte er wissen. Der Ineeng erhob sich wieder und antwortete. „Wenn Sie es genau wissen wollen… die schlimmste und gefährlichste Spezies die jemals auf diesem Planeten gelebt hat.“, verriet er. Galls Stirn zog sich in Falten, im ersten Moment verstand er den leitenden Wissenschaftler nicht ganz. Dieser musste erst konkreter sein, bis der Magistrat die Analogie erkannte und breit grinsen musste. „Der Mensch.“, erwiderte der Wissenschaftler. Gall schritt vor und klopfte dem Forschungs-Leiter auf die Schulter. Er war einer seiner besten Leute und hatte recht. Niemand war so gefährlich und zielstrebig wie er. Und die Menschen der Vergangenheit… würden das bald am eigenen Leibe erfahren. Fortsetzung folgt… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)