A Doll's Lament von Flordelis (Ib ~ Alternatives Ende) ================================================================================ Part II: Flieder ---------------- Der Gang, der sich vor ihnen auftat, war fliederfarben, was Garry leise seufzen ließ. Es war eine neue Farbe in dieser Welt und das bedeutete, sie würden erst weitere Rätsel lösen müssen, ehe sie wirklich fliehen könnten. Immerhin entdeckte er aber auf den ersten Blick keine Gemälde, die Interesse daran haben könnten, sie anzugreifen. Sehr vertrauenserweckend wirkten jene, die er sehen konnte, allerdings auch nicht. Puppen waren darauf abgebildet, auf jedem einzelnen. Auf manchen Gemälden saßen sie zusammen wie bei einer Teeparty, auf anderen saßen sie in Reih und Glied auf Regalen und auf anderen schienen Menschen mit ihnen zu spielen. Vor einem solchen hielt Garry wieder inne und verzog das Gesicht. Zwei Porträts, die direkt nebeneinander hingen, zeigten einmal ihn und einmal Ib, doch während sie von niedlichen Plüschkaninchen umgeben war, lag er auf dem Boden, diese unheimliche Puppe, die ihn verfolgt und die er getreten hatte, unbeschadet in seinen Armen. Allein der Gedanke ließ ihn schaudern. „Deh jah fuh...“ Ibs Stimme holte ihn aus seinen Überlegungen, schon allein weil ihre Worte keinen Sinn für ihn ergaben und er herausfinden wollte, was sie meinte. „Was hast du gesagt?“ Sie deutete auf die Plakette unter den Bildern, von denen er direkt seine Antwort bekam: Déjà-vu Ib und Déjà-vu Garry. „Was bedeutet das Wort?“, fragte Ib. Im Laufe ihrer gemeinsamen Reise war es zu einem kleinen Ritual geworden, dass Garry ihr jene Wörter auf den Plaketten erklärte, die sie nicht verstand. Sie war äußerst lernbegierig und er hatte so Gelegenheit, ein wenig von seinem Wissen zu teilen, wozu er sonst nie kam. „Es bedeutet, dass einem etwas, was man sieht oder erlebt, bekannt vorkommt.“ Er lächelte ein wenig. „Bis gerade eben wusste ich aber nicht einmal, wie man es schreibt.“ Erkannt hatte er es natürlich, aber hätte man ihn zuvor gefragt, wie man die Akzente setzen musste, wäre er die Antwort schuldig geblieben. Ib nickte verstehend und zog ihn dann weiter, als wüsste sie genau, dass er nicht zu lange vor diesem Bild stehenbleiben sollte. Oder sie wollte einfach nur nach Hause und war der Rätsel langsam überdrüssig, was er gut nachvollziehen konnte. Der Gang mündete schließlich in einen großen Raum, ähnlich eines Ausstellungssaals – aber es gab nur eine einzige Besonderheit, eine gläserne Vitrine, direkt in der Mitte, die von einem Scheinwerfer beleuchtet wurde. Es war wie jener kitschige Moment in Filmen, in denen der letzte Hoffnungsschimmer so sehr beleuchtet wurde, dass auch der langsamste Zuschauer es verstand. Es fehlt nur noch die Musik. Er schmunzelte ein wenig, während er die Vitrine näher in Augenschein nahm. Im Inneren lag, auf schwarzem Samt gebettet, ein fliederfarbener Schlüssel, der eindeutig notwendig war, um diesen Teil des Labyrinths hinter sich zu bringen, wenn er dem vorigen Muster entsprach. Er wusste genau, dass er hätte misstrauisch sein müssen, weil es zu einfach war, aber die Euphorie war stärker und so versuchte er, die Vitrine zu öffnen – doch das Glas gab kein bisschen nach. Selbst als er mit den Fingern nach einer Lücke suchte, die helfen sollte, die Vitrine zu öffnen, war er erfolglos. Seine Nerven spannten sich immer mehr an. „Ib, halt dir die Augen zu und tritt einen Schritt zurück“, forderte er schließlich und wartete darauf, dass sie das auch tat. Nachdem er sichergestellt hatte, dass sie sicher war, holte er mit dem Ellenbogen aus und ließ ihn auf das Glas niedersausen. Ein scharfer Schmerz fuhr durch seinen Arm, schien ihn kurzzeitig zu lähmen und entlockte ihm ein leises Stöhnen. „Was zum...?!“ Das Glas war nicht zersplittert, obwohl er die volle Wucht eingesetzt hatte, es war nicht einmal ein kleiner Sprung zu sehen, so als hätte es die Vitrine nicht einmal bemerkt. Mit noch mehr Wut in seinem Inneren, wollte er nun mit dem Fuß ausholen, um einfach das gesamte Stück umzuwerfen, aber wieder war es Ib, die ihn mit leiser Stimme aufhielt: „Ich glaube, du solltest das nicht tun.“ „Warum nicht?“ Als er sich ihr zuwandte, stellte er fest, dass sie immer noch die Hände vor ihre Augen hielt, was seine Wut wieder ein wenig zerstreute. Als sie bemerkte, dass er innegehalten hatte, spreizte sie die Finger ein wenig und blickte ihn durch diese hindurch an. „Erinnerst du dich noch an das, was im grauen Korridor geschehen ist?“ Das tat er – mit Schrecken. Das von der Decke hängende Mannequin, die rote Farbe, die wie Blut in die Vase tropfte, das Poster und vor allem die Worte hinter diesem, all das hatte Spuren auf seiner mentalen Gesundheit hinterlassen. „Erhängter Garry“... Das will ich nicht noch einmal lesen. „Du hast recht“, sagte er schließlich. „Ich sollte nichts mehr kaputtmachen. Es muss einen anderen Weg geben, an den Schlüssel zu kommen.“ Derart beruhigt, inspizierte er die Vitrine genauer und bemerkte dank Ib, die wesentlich aufmerksamer war, als er, eine Vorrichtung, in der offenbar drei Gegenstände angebracht werden mussten. Sie war aus Holz, darin waren Löcher in verschiedenen Formen angebracht, ein Quadrat, ein Dreieck und ein Kreis. Er kam nicht umher, an Kinderspielzeug zu denken, in dem es darum ging, dass das Kind das eigens dafür gefertigte Spielzeug durch die passenden Öffnungen schob. „Vielleicht geht es auf, wenn wir da etwas reintun“, sagte Ib, die möglicherweise denselben Gedanken hatte. „Wie ein Schlüssel.“ „Dann lass uns herausfinden, was wir da benutzen müssen.“ Garry blickte sich um und entdeckte eine Spur von roten Klecksen, die von der Vitrine fortführten. Als sie dieser folgten, gelangten sie zu drei Türen, hinter denen sich, wie er hoffte, die erforderlichen Gegenstände befanden. Aber bestimmt wartet hinter jeder Tür ein Rätsel. Wäre auch zu schön, wenn es einfach wäre. Um Ib nicht zu beunruhigen, sprach er diese Gedanken allerdings nicht aus, sondern öffnete die linke Tür, um herauszufinden, was auf sie wartete. Der Raum dahinter war nicht groß, wie er erleichtert feststellte, an den Seiten standen Regale mit Mannequin-Köpfen, am Ende des Raumes war ein Bilderrahmen an der Wand angebracht, in dem sich eine dreieckige Figur aus demselben Holz befand, wie jene Vorrichtung an der Vitrine. Doch egal wie sehr Garry versuchte, diese Figur aus dem Bild zu lösen, es gelang ihm einfach nicht. Ib betrachtete derweil zwei rote Bodenplatten, die nicht im Mindesten zum Rest passten, was Garry sagte, dass es sich dabei um einen Teil des Rätsels handelte. „Es gibt zwei Platten“, bemerkte er. „Wir müssen wohl gleichzeitig draufsteigen.“ Ib nickte und legte den Kopf in den Nacken. „Was tust du da?“, fragte Garry. „Ich suche nach Fallen.“ Am Liebsten hätte er sich selbst gegen die Stirn geschlagen, dass ihm das nicht eingefallen war. „Gute Idee, Ib.“ Er folgte ihrem Beispiel, konnte aber nichts entdecken, was auf eine Falle hinwies. Die Decke sah erschreckend normal aus, aber nicht gefährlich. Nichts war dort angebracht, was vielleicht herunterfallen könnte. „Es sieht sicher aus“, sagte er schließlich. „Lass es uns versuchen.“ Ib nickte, zählte bis drei und stieg dann gemeinsam mit Garry auf die gefärbten Platten. Jene, auf der er stand, färbte sich blau, aber die von Ib blieb rot, selbst als sie es mit hüpfen versuchte. „Es funktioniert nicht“, stellte sie frustriert fest. Sie wollte zurück, genau wie er, deswegen verstand er das durchaus und sah sich bereits nach einer Möglichkeit um, die ihnen helfen könnte, doch das einzige, was er entdeckte, waren die Mannequin-Köpfe, die er eigentlich nicht berühren wollte. Aber Ib war sicher nicht stark genug, es selbst zu tun. Also blieb ihm nichts anderes übrig. „Ich habe eine Idee. Steig wieder von der Platte.“ Ib gehorchte sofort und trat wieder auf den normalen Boden, so wie er. Sie blieb vor dem Schalter stehen, während er an das nächstgelegene Regal trat und dort versuchte, einen der Mannequin-Köpfe zu bewegen. Er war nicht so schwer wie erwartet, aber dennoch sollte es ausreichen, Ibs Gewicht zu unterstützen. Also stellte er den Kopf dort ab, stellte sicher, dass er dort stehenbleiben würde und kehrte dann wieder auf seine Position zurück. „Jetzt kannst du wieder zählen.“ Ib wiederholte ihren Countdown, wieder stellten sie sich gleichzeitig auf die Platten, die sich diesmal beide verfärbten, worauf sich das Dreieck mit einem leisen Geräusch aus dem Rahmen löste und zu Boden fiel. Triumphierend sprang Ib wieder von der Platte und hob den Gegenstand auf. Die ganze Reise hindurch hatte sie wichtige Gegenstände für sie beide aufbewahrt, sie schien ihm sehr verantwortungsbewusst, deswegen störte es ihn nicht. Ihre Eltern haben sie wirklich gut erzogen. „Dann lass uns nachsehen, was wir als nächstes tun müssen.“ Sie verließen den Raum und betraten dann den in der Mitte, der Garry wesentlich besser gefiel. Abgesehen von einer Fliederpflanze gab es darin nichts, aber genau das fand er beruhigend. Er war in keinerlei seltsame Form geschnitten, stellte nichts da, es sah sogar fast so aus, als ob jemand das Gewächs nur aus Versehen abgestellt hatte. Schmetterlinge umschwirrten den Flieder, aber bei genauerem Hinsehen erkannte er, dass die Insekten nur aus Papier waren. „Das ist hübsch“, sagte Ib. „Ich dachte nicht, dass es hier auch so etwas gibt.“ Garry nickte zustimmend. „Ja, es wirkt fast schon unpassend. Aber wo finden wir jetzt...?“ Er verstummte, während er die Pflanze genauer betrachtete, genau wie die Schmetterlinge, die unablässig flatterten, als würde seine Anwesenheit sie nervös machen. „Vielleicht ist dieser Raum auch nur eine Ablenkung“, überlegte er murmelnd. „Aber normalerweise gibt es hier so etwas nicht...“ Es sei denn, der Raum diente lediglich zum Durchlaufen, aber ansonsten hatte jeder seinen eigenen Zweck besessen und das musste auch für diesen gelten. Doch ein „Ah!“ von Ib lenkte seine Aufmerksamkeit auf einen ganz bestimmten Schmetterling, der träge auf einem der Äste saß. Garry betrachtete ihn genauer und stellte fest, dass nur die Flügel aus Papier waren, während der Körper aus einer hölzernen Kugel bestand. „Das ist er.“ Doch als er nach ihm greifen wollte, flog der Schmetterling davon, an Ib vorbei, die ebenfalls die Hand danach ausstreckte, aber das Insekt wich erstaunlich wendig aus. Auch als Garry es noch einmal zu ergreifen versuchte, funktionierte das nicht. „Hmpf!“, brachte er empört hervor. „Ein richtiges Rätsel wäre mir lieber, als das hier.“ „Schmetterlinge mögen den Geruch von Blumen, oder?“, fragte Ib, die bereits wieder an etwas anderes zu denken schien. „Ja, ich denke schon.“ Er schwieg für einen kurzen Moment, aber da kam ihm, dank ihrer Bemerkung, bereits ein Gedanke, auf den sie vermutlich sogar gehofft hatte. Sie beide blickten auf ihre Rosen hinunter und sahen dann den jeweils anderen an. Auch ohne etwas zu sagen, wusste Garry, dass sie denselben Gedanken hegten, weswegen er Ib zuvorkam und seine Rose ausstreckte. Er glaubte nicht, dass diese Sache ohne Opfer ablaufen würde und er wollte nicht, dass sie diejenige war, die es erbrachte. Die anderen Schmetterlinge ignorierten seine Rose glücklicherweise, jener, den sie benötigten, widmete sich der Blume, flatterte hinüber und setzte sich auf die blaue Blüte. Garry lächelte zufrieden. „Das funktioniert wirk- au!“ Ein scharfer Schmerz ließ ihn nicht nur verstummen, sondern wischte auch das Lächeln aus seinem Gesicht. Ein Blütenblatt segelte zu Boden, aber Garrys Blick galt vielmehr dem plötzlich erschienen Schnitt auf seinem Handrücken. Ich kann es kaum erwarten, hier wieder draußen zu sein, damit so etwas nicht mehr geschieht. Zu seinem Glück lohnte sich das Opfer allerdings auch, denn die Flügel des Schmetterlings verbrannten und der kugelförmige Körper fiel zu Boden, wo er von Ib aufgehoben wurde. Dann wandte sie sich ihm mit besorgter Miene zu. „Alles in Ordnung?“ „Natürlich, alles bestens.“ Er lächelte aufmunternd, um ihm zu zeigen, dass ihn das nicht weiter störte, immerhin hatte er schon eine schlimmere Situation hinter sich. „Lass uns weitergehen.“ Sie folgte dem nur allzu gern und so betraten sie den rechten, als letzten vorhandenen, Raum. In diesem stand ein Tisch, auf dem ein Rahmen lag, genau wie ein Glaskasten, in dem das hölzerne Quadrat lag und der nicht geöffnet werden konnte. An der Wand hing ein Gemälde, dessen zentrales Thema eine Sanduhr war, deren ganzer Inhalt im unteren Bereich aufgestaut war, aber Garry beachtete es nicht weiter und kümmerte sich stattdessen lieber um den Rahmen, der auf dem Tisch lag, genau wie Ib es tat. „Das ist ein Milchpuzzle, oder, Garry?“ „Sehr gut, Ib“, lobte er sie lächelnd. „Du hast es dir wirklich gemerkt.“ Tatsächlich befand sich ein komplett weißes Puzzle im Rahmen, das bereits fertig gelegt war. Dennoch war der Glaskasten fest verschlossen, also war das Rätsel noch nicht gelöst – oder aber es hatte noch gar nicht begonnen. „Wollen wir das Puzzle zusammen machen?“, fragte Ib. „Zusammen macht es bestimmt Spaß.“ „Dann glaubst du auch, dass es ein Teil des Rätsels ist?“ Sie nickte zustimmend und wartete darauf, dass er etwas tun würde, um es in Gang zu setzen. Er war sich zwar nicht so sicher, was er tun sollte, beschloss aber, das nächstgelegene zu tun und hob den Rahmen an, um irgendwie an das Puzzle zu kommen. Kaum schwebte es ein wenig, brachen die Stücke aus dem Rahmen heraus und landeten quer durcheinander verstreut auf dem Tisch. Im selben Moment drehte sich die Sanduhr und die Körner begannen träge, sich in Bewegung zu setzen und in den unteren Bereich zu fallen. Gleichzeitig erschienen Wörter auf dem Bild, die ihnen verrieten, was sie zu fürchten hatten: Wenn der Sand der Zeit verrinnt, welken alle Rosen, doch Milch wird euch erlösen. Garry brauchte keine weiteren Erklärungen. „Lass uns anfangen, Ib.“ Gemeinsam machten sie sich an die Arbeit. Sie übernahm automatisch die Aufgabe, alle Randstücke zu finden, während er sich auf das Innere zu konzentrieren versuchte. Er wusste nicht, wie viel Zeit genau ihnen diese Sanduhr verschaffen würde, ob sie überhaupt richtig funktionierte oder die Körner nicht zu schnell durch den Spalt fielen. Waren es zehn Minuten? Fünf? Zwei? Vielleicht nur eine? Wie lange saß er nun schon daran und wie viel Zeit blieb dann noch? Er wusste es nicht, versuchte, nicht darüber nachzudenken, auch nicht, als er plötzlich einen stechenden Schmerz spürte und dann bemerkte, dass ein weiteres Blütenblatt abgefallen und ein Schnitt auf seiner anderen Hand erschienen war. Schweiß bildete sich auf seiner Stirn, seine Augen huschten über die Teile, in seinen Gedanken versuchte er sie bereits zu verbinden, so dass seine Hände nur noch folgen und seine Überlegungen umsetzen mussten. Es lief gut, aber immer wieder kam ihm die Frage in den Sinn, wie viel Zeit sie noch hatten, aber er versuchte krampfhaft, nicht den Blick zu heben. Als Ib einen leisen Schmerzenslaut von sich gab, der ihm verriet, dass sie abwechselnd verletzt wurden, bemerkte er aus den Augenwinkeln, dass Puppen neben der Sanduhr erschienen, die sie wirklich zu beobachten schienen und dabei grinsten, als würden sie ihnen sagen wollen, dass es ohnehin sinnlos war und sie lieber aufgeben sollten. Garrys Finger begannen zu zittern, immer wieder ließ er Teile fallen, die er aufgenommen hatte, um sie woanders mit dem passenden Gegenstück zusammenzusetzen. Ib arbeitete still und konzentriert weiter, er wusste nicht, ob es daran lag, dass sie das Gemälde nicht beachtete oder ob sie einfach nur eine beneidenswerte Ruhe innehatte – aber er wusste, dass er sich zu sehr von all diesen Gedanken ablenken ließ. Ein weiteres Blütenblatt fiel von seiner Rose und verschaffte ihm einen brennenden Schmerz in seiner linken Schulter. Aber es brachte ihm durch das entstehende Adrenalin auch genauso einen neuen Konzentrationsschub, der ihn wieder besser arbeiten ließ. Und so – nach einer gefühlten Ewigkeit – setzten er und Ib gemeinsam die jeweils bearbeiteten Stücke beisammen. Kaum war das Puzzle beendet, gab es ein leises Geräusch, der Glaskasten öffnete sich und die Sandkörner fielen nicht mehr. Garry atmete tief auf, während Ib ein leises Summen von sich gab, das allerdings nur einen kurzen Moment anhielt und ihre Freude zum Ausdruck zu bringen schien. Ohne zu zögern griff sie sich das Holzquadrat, dann sah sie ihn mit leuchtenden Augen an. „Das war echt toll, Garry! Ich wusste gar nicht, dass du so gut darin bist.“ „Letztes Mal habe ich länger gebraucht“, erwiderte er lachend. „Ich steigere mich anscheinend. Auch dank deiner Hilfe, Ib. Du warst auch sehr gut.“ Sie lächelte wieder zufrieden über sein Lob, dann nahm sie seine Hand. „Holen wir uns jetzt den Schlüssel.“ Doch bevor er loslief, kniete er sich noch einmal vor sie. „Geht es dir auch gut? Du siehst blass aus.“ „Ich habe zwei Blütenblätter verloren, das ist alles. Wenn wir zu einer Vase kommen, geht es mir wieder besser – und dir auch.“ Er war davon überzeugt, dass er auch blass aussah, aber darum wollte er sich erst einmal nicht kümmern, solange sie noch in diesem Labyrinth festsaßen. Also nickte er ihr lediglich zu und erhob sich dann wieder, um mit ihr in den Ausstellungsraum zurückzukehren. Dort drückte Ib seine Hand ein wenig fester und er erwiderte diesen Druck nur allzu gern. In den Ecken saßen plötzlich überall diese Puppen. Im Gegensatz zu jenen auf dem Bild, schienen diese sie aber nicht zu beobachten. Sie waren leblos. Garry wollte Ib raten, sie zu ignorieren, aber er war sich nicht sicher, ob sie diese wirklich sah – außerdem zog sie ihn bereits mit sich, während er noch darüber nachdachte, ob er etwas sagen sollte. Sie setzte die drei Holzstücke ein und erntete dafür ein leises Geräusch, das verriet, dass die Vitrine offen war. „Es hat funktioniert“, frohlockte Garry, als sich, zu seiner Überraschung, eine unscheinbare Klappe im Glaskasten öffnete, die es ihnen erlaubte, den Schlüssel herauszunehmen. „Hoffentlich steht uns jetzt nichts mehr im Weg.“ „Ganz bestimmt nicht“, sagte Ib. „Wir kommen jetzt hier raus, ganz sicher!“ Mit diesem neu gefundenen Optimismus strebten sie beide in Richtung der Tür, ohne die Puppen weiter zu beachten oder gar die Inschriften, die erschienen, als sie an der Wand vorbeiliefen und immer noch ein Ruf danach waren, dass sie doch beide bleiben sollten. Als sie die Tür aufschlossen und hindurchgingen, hoffte Garry wieder einmal, dem Ausgang näher gekommen zu sein – und diesmal hatte er zumindest ansatzweise recht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)