Wolkenlos von Beba ================================================================================ Kapitel 5: Eine warme Hand -------------------------- Reno führte sie in eine enge kleine Nebenstraße, wo sie ein winziges Restaurant betraten. Im Inneren herrschte südländisches Flair, und außer ihnen war kein anderer Gast dort. Ein älterer Mann mit Schnurrbart und freundlichem Lächeln führte sie zu einem Tisch. Er wollte sich den Stuhl greifen, auf dem Tifa sich hinzusetzen wollte um ihr zu helfen, doch Reno kam ihm zuvor. “Danke..” sprach Tifa etwas verdattert, als sie Platz genommen hatte. Dass Reno nicht nur Charme sondern auch Manieren hatte, hätte sie gar nicht erwartet. Er setzte sich ihr gegenüber, was sowieso die einzige Möglichkeit war, weil der Tisch recht klein war und nur die zwei Stühle hatte. Der schnurrbärtige Mann zündete eine Kerze an, rückte sie in die Mitte des Tisches und lächelte freundlich. “Was möchtest du trinken?” fragte Reno. “Ich glaube ich nehme erstmal nur ein Wasser.” erwiderte Tifa und bedankte sich, als der Ober ihr die Karte reichte. “Nicht vielleicht einen Wein oder ähnliches?” fragte Reno überrascht. “Ich lade dich ein. Es ist okay, wirklich.” Tifa schüttelte verdutzt den Kopf. “Das geht doch nicht. Ich muss noch arbeiten!” Reno grinste angetan. “Na und? Nimmst du das so ernst? Ein Glas Wein wird doch nicht schlimm sein.” “Ich weiß nicht.. Aber trotzdem.. Nein, danke.” Der Rothaarige zuckte bedauernd die Schultern. “Na gut, dann eben nicht.” Er bestellte ein Wasser für Tifa und der Solidarität halber auch für sich selbst etwas nicht-alkoholisches zu trinken. Danach sahen sie sich die Karte an. Tifa bestellte ein Nudelgericht und Reno ein blutiges Rumpsteak. Während sie auf ihr Essen warteten, spielte Reno wie ein kleines Kind an der Kerze in der Mitte des Tisches herum. Bildete Tifa es sich bloß ein, oder war er etwa aufgeregt? “Ich hätte nicht gedacht, dass du wirklich mit mir essen gehst.” gab er zu, während er etwas Wachs von der Tischdecke kratze. Tifa lächelte. “Ich auch nicht.” antwortete sie. Reno lachte. Der Raum war recht dunkel, seine roten Haare glänzten im Kerzenlicht, und Tifa fragte sich plötzlich, wie sich seine Haare wohl anfühlten. Der Gedanke war etwas seltsam, aber sie sahen so unglaublich weich aus. Clouds Haare waren immer steinhart, denn ihre stachelige Form hatten sie nicht etwa von Natur aus, sondern weil er sie mit tonnenweise Haargel so formte. Igeljunge.. Sie schmunzelte, denn eigentlich war der Spitzname, den Reno Cloud verpasst hatte, gar nicht so abwegig. “Ein Königreich für deine Gedanken.” sprach Reno plötzlich und riss sie damit aus ihre Gedanken. “Wie bitte?” fragte sie verwirrt. Der Rotschopf stürzte sein Kinn auf eine Hand. “Woran hast du gerade gedacht?” wollte er wissen. “Du warst so abwesend eben. Das müssen ja tiefschürfende Gedanken gewesen sein.“ Tifa überlegte. “An Haare.” erwiderte sie schließlich schulterzuckend. “An Haare?!” Reno hob mit verdutztem Blick eine Augenbraue. “Ja, an Haare.” kicherte Tifa. “Deine sehen so weich aus. Nicht so wie die von Cloud.” “Na, weil meine auch weich sind.” grinste der Rothaarige und fügte dann hinzu: “Willst du mal fühlen?” “Fühlen?” Tifa lachte. “Nein danke.” “Doch, mach mal!” Reno griff nach ihrer Hand und legte sie sich ohne Zögern auf den Kopf. Weiches rotes Haar umspielte Tifas Finger. Aber was fast genau so weich war wie seine Haare, war seine warme Hand, die die Ihre festhielt. Eilig zog Tifa ihren Arm zurück und merkte, wie ihr warm wurde. “Oh ja. Wirklich sehr weich..” stammelte sie, während sie über ihren Handrücken rieb, fast so als würde sie etwas Unsichtbares wegwischen, was Reno dort hinterlassen hatte. Der junge Mann musterte sie mit neugierigen Augen und war plötzlich ungewöhnlich ruhig geworden. Tifa schluckte. Was war das gerade? Warum machte er sie so nervös? Es war doch nur Reno! Sie kannte ihn schon länger, als ihr lieb war. “Schon merkwürdig, dass ich gerade mit der Frau esse, gegen die ich früher unzählige Male gekämpft habe.” meinte er mit einem Lächeln. “Das nennst du kämpfen?” spöttelte Tifa. Sie lachte laut, als sie sein entsetztes Gesicht sah. Der Ober kam aus der Küche und brachte ihnen ihr Essen. Und Reno hatte nicht übertrieben, er hatte wirklich Hunger. Innerhalb kürzester Zeit war sein Rumpsteak verschwunden, während Tifa’s Teller noch immer halb voll war. “Stört es dich, wenn ich rauche?” fragte er, während er eine Kippenschachtel aus seiner Brusttasche zog. “Um ehrlich zu sein, ja.” erwiderte Tifa ernst. Reno hielt ein und steckte die Packung Zigaretten ohne zu protestieren wieder in sein Jackett zurück. “Wie geht es eigentlich dem Präsidenten?” wollte Tifa wissen, während sie in ihren Nudeln herumrührte. Eigentlich hatte sie gar keinen Hunger mehr. “Ich darf dir dazu leider nichts sagen.” fing Reno mit ernstem Blick an. “Aber ich glaube, es wird schon keinen umbringen, wenn ich dir erzähle dass er wohlauf ist.” “Ich finde es ziemlich unsinnig, dass er so viel Geld in diese Gedenkstatue steckt.” brummte Tifa missmutig. Reno zuckte die Schultern. “Er ist der Meinung, dass es die zerstörte Moral der Bevölkerung stärken wird.” “Trotzdem Wahnsinn, so viel Geld für einen ‘Glücksbringer’ auszugeben.” “Solange er mich noch bezahlen kann, soll es mir egal sein.” Tifa musterte den jungen Mann irritiert. “Etwas anderes hatte ich auch nicht erwartet.” Reno tat, als hätte ihn ihr Satz schwer getroffen. Er verzog voller gespielter Empörung sein Gesicht. “Autsch..” stöhnte er, “Warum bist du bloß so hart zu mir? Alle anderen Frauen fressen mir aus der Hand.. Nur du nicht.” Tifa kniff die Augen zu kleinen Spalten zusammen. “Weil ich nicht wie alle anderen Frauen bin.” erwiderte sie mit angehobenem Zeigefinger. “Stimmt.” gab Reno einsichtig zu. Er stützte sein Kinn wieder auf die Hände, sah sie mit seinen grünblauen Augen an und hauchte leise: “Du bist wirklich etwas Besonderes.” Völlig überrumpelt erwiderte Tifa seinen Blick. Sie suchte fieberhaft nach einer schlagfertigen Antwort, doch genau jetzt fiel ihr natürlich nichts ein. Um sich nicht anmerken zu lassen, dass Renos Kommentar sie tatsächlich beeindruckt hatte, griff sie nach ihrer Gabel und steckte sich eilig etwas zu essen in den Mund. “Stimmt.” antwortete sie mit einem Lächeln, als sie zu Ende gekaut und ihre Fassung wieder errungen hatte. “Ich dachte eben schon, es hätte dir tatsächlich mal die Sprache verschlagen.” scherzte Reno. Tifa lachte, während sie innerlich ein Stoßgebet gen Himmel schickte um sich dafür zu bedanken, dass er nichts gemerkt hatte. Das fehlte ja noch, dass dieser Typ sich auch noch einbildete, sie beeindrucken zu können! Reno zahlte irgendwann wie versprochen die Rechnung für sie Beide, denn die Zeit war wie im Flug vergangen und sie mussten beide zurück zur Arbeit. Sobald sie das Restaurant verlassen hatten, packte der Rothaarige seine Zigaretten aus und schob sich eine in den Mund. Tifa sah ihm zu, wie er sie anzündete und als er ihren Blick bemerkte, wirkte er fast beschämt. “Ich wollte eigentlich aufhören.” seufzte er, nachdem er einen kräftigen Zug genommen hatte, “Aber ich schaff’s nicht. Dieser verdammte Stress auf der Arbeit.. Es ist das einzige, das mich entspannt. Ne schöne Kippe.. vielleicht noch ein Drink.” Tifa dachte daran, dass das Einzige was sie wirklich entspannte, Sex war. Aber leider nicht die Art von unbefriedigendem Sex, wie sie ihn gestern mit Cloud gehabt hatte. Richtiger Sex. Gegen so was konnte keine Schokolade, kein heißes Bad und ganz sicher auch keine Kippe ankommen. Leider fand man diese Art von Sex aber nicht im Regal bei den Süßigkeiten, beim Aufdrehen eines Wasserhahns oder vorn an der Kasse im Supermarkt. Sie konnte es Reno also nicht verübeln, dass er stattdessen zu Zigaretten griff. Ein tiefer Seufzer entfuhr ihr und Reno, der ihren verklärten Blick bemerkt hatte, stupste ihr gegen die Schultern. “Hey, alles okay bei dir?” Sie sah ihn an und lächelte. “Ja, alles in Ordnung.” Sie setzten sich langsam in Bewegung und sprachen während des Rückwegs kein Wort mit einander. Erst als sie am Rathaus angekommen waren und anhielten, griff Reno sich mit unsicherem Blick in die Haare. “Ich ehh.. fand’s echt nett.” gestand er ihr zögernd. “Ja, ich auch.” entgegnete sie ihm. Ausnahmsweise konnte sie ihm ja auch mal ein wenig schmeicheln. Er war ja schließlich ganz anständig gewesen. “Wollen wir es morgen wiederholen?” fragte er vorsichtig. “Wir könnten ein anderes Restaurant besuchen, wenn du magst.” Tifa legte die Stirn in Falten und überlegte kurz. “Wieso nicht.” meinte sie schließlich schulterzuckend. Auch wenn er versuchte, es zu verbergen; Reno freute sich sichtlich darüber, dass sie ihm keine Abfuhr erteilte. “Super!” brachte er freudig hervor. “Dann sehen wir uns morgen, ja? Und ich hole dich wieder ab.” Tifa nickte. “In Ordung.” “Wieder um halb eins?” “Ja, prima.” “Wir wollen ja schließlich, dass deine Kollegen genug Gesprächsstoff haben.” witzelte er vergnügt. Sie kicherte. “Ja, genau.” Er hob eine Hand zum Abschied, grinste freudig und ging ein paar Schritte zurück. “Dann.. sehen wir uns morgen.” Tifa nickte noch mal. “Ja, bis morgen. Mach’s gut.” “Mach’s besser!” Sie streckte ihm die Zunge heraus, aber er hatte sich bereits umgedreht und lief davon. Schweigend sah sie ihm nach. “Spinner..” brachte sie leise hervor. Und wieder rieb sie sich unbewusst die Hand, genau an der Stelle, wo er sie vor nicht all zu langer Zeit berührt hatte. Reno schlenderte die Straße entlang, zog an seiner Kippe und grübelte vor sich hin. “Und?” erklang eine tiefe Stimme, als er sich einem großen Gebäude näherte. Er sah zur Seite, zu dem Mann im Anzug mit der dunklen Haut und der Sonnenbrille. Grinsend schmiss er seine Zigarette auf dem Boden. “Was, und?” fragte er, während er den letzten Rauch aus seinen Lungen pustete und den glühenden Kippenstummel mit dem Schuh zertrat. “Wie ist es gelaufen?” wollte Rude wissen. “Ich denke, gut.” erwiderte Reno. Rude schmunzelte. “Du kannst denken?” “Haha, sehr witzig.” brummte Reno voller Sarkasmus. “Warum hast du ihr überhaupt gesagt, dass ich im Urlaub bin?” wollte sein dunkelhäutiger Freund wissen. “Hättest du sie nicht einfach so fragen können?” “Nein, niemals. Dann hätte sie nie zugestimmt.” “Aber es ist umständlich.” “Natürlich ist es umständlich.” gab Reno zu. “Es war auch umständlich, gleich das ganze Restaurant anzumieten, damit wir unter uns sind. Und teuer. Du glaubst nicht wie teuer. Aber es hat sich gelohnt.” “Hat es das?” fragte Rude ungläubig. So ganz überzeugt schien er nicht zu sein. “Ja, das hat es.” antwortete Reno nickend, “Denn sie geht morgen wieder mit mir weg.” Jetzt war sogar Rude beeindruckt. “Glaubst du, sie mag dich?” “Ich glaube es nicht nur.. Ich bin mir sogar sicher. Auch wenn sie es nie zugeben würde.” “Aber sie hat Cloud.” “Der Igeljunge.. Ja, das stimmt...” Reno sah seinen Freund mit nachdenklicher Miene an. “Aber ich glaube, Cloud weiß noch nicht mal ansatzweise zu schätzen, was für eine geile Frau er da hat. Und lass mich dir eins sagen, mein Freund: Das wird ihm irgendwann zum Verhängnis werden. Und dann..” “Dann bist du zur Stelle.” ergänzte Rude vorahnungsvoll. Reno schnippte lachend mit den Fingern. “Genau so ist es.” Sein riesiger, finsterer Freund verschränkte die Arme und musterte ihn interessiert. “Und dann?” “Jetzt sei nicht so neugierig!” protestiere der Rothaarige und grinste. Aber Rude ließ so schnell nicht locker. “Willst du sie nur erobern, weil sie die Einzige ist die dir bisher noch nicht verfallen ist, oder magst du sie wirklich?” Es schien Reno nicht zu passen, dass sein Kollege diese Frage gestellt hatte, denn er antwortete ihm nicht. Stattdessen verschwand er mit ernstem Gesicht durch die Eingangstür des Gebäudes hinter ihnen, und ließ einen kopfschüttelnden Rude hinter sich zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)