Never a Hero von cork-tip (FF VII CC / Timetravel / Rebirth) ================================================================================ Kapitel 1: rebirth. ------------------- Als das große Erdbeben den Berg Nibel erschütterte und überall in der Stadt die Gläser aus den Schränken fielen, setzten die Wehen ein. Kaum zwei Stunden später rollte eine Lawine über die einzige Zufahrtstraße Nibelheims und blockierte sie kilometerweit. Der Schneefall stoppte und die Wolken trieben auseinander. Im Licht der untergehenden Sonne glühten sie rot gegen den Abendhimmel, als wäre oben in den Bergen ein Feuer ausgebrochen. Wie leicht und frei die Wolken sind, dachte Isolda Strife, als die Hebamme zurückkehrte und ihr den kleinen Jungen zeigte, den sie zur Welt gebracht hatte, während draußen vor dem Fenster die Elemente tobten. Wie leicht und frei und wunderschön … Müde und erschöpft von den Anstrengungen der Geburt betrachtete sie ihr Kind. Es hatte den ersten Atemzug getan, den ersten Schrei ausgestoßen und jetzt war es still. Fast glaubte Isolda, in dem weichen, roten, runzligen Gesicht dieselbe Müdigkeit zu sehen und etwas, das Verwirrung gleichkam. Wie mochte es sich anfühlen, aus dem warmen, sicheren Dunkel in die kalte, gefährliche Welt geworfen zu werden? Noch dazu in das unerbittliche Klima Nibelheims, auf dessen Bergen selbst im Sommer Schnee lag? So klein, so wehrlos und auf die Fürsorge anderer angewiesen. So voll Vertrauen. Geistesabwesend streichelte sie den blonden Flaum auf dem kleinen Köpfchen, küsste die kleine Stirn. Wer konnte eine Wolke berühren, wer konnte ihr schaden? Sie schwebte über den Dingen, leicht und frei und unantastbar. Wunderschön, bewundert und geliebt. Ach, wie schön, wie gut musste das sein! „Und, hast du schon einen Namen für ihn?“, fragte die Hebamme. Sie hatte einen Stuhl aus der Stube geholt und sich neben das Bett gesetzt. „Hältst du mich etwa für nachlässig, Friederika Lockhart?“, antwortete Isolda gespielt indigniert mit einer Gegenfrage. „Ich habe schon sehr lange darüber nachgedacht. Ich denke, ich nenne ihn Cloud.“ Lautes Donnergrollen erschütterte die Stadt, hallte von den Steilwänden des Gebirges wider wie von tausend Trommeln. Cloud presste seine Knie ganz eng an die Brust und versuchte, sich so klein wie möglich zu machen. Er hasste Gewitter. Wenn es ein Gewitter gab, hatte jemand den Zorn Odins auf sich gezogen. Zumindest sagten das die älteren Jungen. Und selbst wenn das nicht stimmte, war es immer noch entsetzlich laut und unheimlich. Nicht einmal die Wölfe heulten in Nächten wie dieser. Das Wetter war so böse, dass sich nur die größten und stärksten Monster aus ihren Höhlen wagten. Einmal, als er noch ganz klein gewesen war, hatte er einen Nibeldrachen durch die schwarzen Gewitterwolken am Horizont fliegen sehen. Seitdem hielt er in der Nacht die Vorhänge geschlossen. Er konnte auch nicht versuchen, zu seiner Mutter ins Bett zu kriechen, sie hatte ihn erst vor ein paar Tagen wieder weggeschickt. Manchmal war es überhaupt nicht schön, älter zu werden. Was hatte er schon groß davon? Er mochte vielleicht zu alt sein, um bei seiner Mutter zu schlafen, aber er war angeblich noch zu klein, um alleine die Stadt zu verlassen, eines der längeren Küchenmesser zu benutzen oder auch nur eine Kerze anzuzünden. Auf diese Weise würde er es nie zu etwas bringen. Der zeitliche Abstand zwischen Blitz und Donner war auf weniger als zwei Sekunden geschrumpft und das Krachen so laut geworden, dass Cloud vom Ohren Zuhalten bald die Hände weh taten. So hörte er nicht, wie sich die Türe einen Spalt breit öffnete und seine Mutter ins Zimmer trat. Er bemerkte sie überhaupt nicht, bis sie sich zu ihm setzte, ein Ziegenfell um seinen ausgekühlten Körper schlang und ihn an sich zog, so dass sein Kopf an ihrer Brust zu ruhen kam. Mit sanfter Gewalt nahm sie ihm die Hände von den Ohren und ersetzte sie durch ihre eigenen. Der Druck, den sie ausübte, war nicht ganz so stark, doch er genügte, den schlimmsten Lärm zu dämpfen. Sie blieb sitzen, noch lange, nachdem der letzte Donnerschlag in der Ferne verklungen war, wärmte ihn, küsste sein Haar und summte leise ein Lied. Die Töne ließen ihre Brust vibrieren. Als nur noch das Prasseln des Regens zu hören war, gab sie seine Ohren frei und stützte ihr Kinn auf seinen Kopf. „Mama?“ „Hm?“ „Warum darfst du bei mir schlafen, wenn ich nicht mehr bei dir schlafen darf? Du bist echt schon zu alt für sowas.“ Er wollte wenigstens ein bisschen männlich wirken, wenn er schon das Gewitter nicht würdevoll über sich hatte ergehen lassen können. „Hm …“ Sie lachte sanft, drückte ihn aber nur enger an sich. „Vielleicht hatte ich Sehnsucht nach meinem kleinen Helden?“ „Mama!“ Um seiner Empörung Nachdruck zu verleihen, versetzte er ihr spielerisch einen schwachen Hieb in die Seite. Dann fügte er ein bisschen kleinlaut hinzu: „Ich hatte keine Angst.“ „Sicher, mein Schatz“, pflichtete sie ihm bei. Es klang beinahe aufrichtig. „Es gibt ja auch nichts, wovor du Angst haben müsstest. Gewitter entstehen, wenn mächtige Wolken im Streit aufeinander treffen. Wenn du dich nicht einmischst und zu Hause bleibst, gibt es nichts, wovor du dich fürchten musst.“ Sekundenlang herrschte Stille, während Cloud überlegte, was die Wolken so wütend gemacht haben könnte. Ihm fiel nichts ein. „Sind die Wolken immer so böse?“, erkundigte er sich schließlich vorsichtig und atmete auf, als er seine Mutter den Kopf schütteln fühlte. Es gab so schöne Wolken. Es wäre schade gewesen … „Nein, Cloud“, erklärte Isolda nachdenklich. „Nichts und niemand kann immer nur böse sein. Aber manchmal geschieht etwas, das das Gleichgewicht zwischen den Wolken durcheinander bringt. Einige von ihnen tragen sehr viel Kraft in sich und wenn sie in Streit geraten, kämpfen sie. Aber dann, wenn das Gewitter vorbei ist, ist alles wieder gut.“ Sie lachte wieder und küsste sein rechtes Ohr, bevor sie flüsterte: „In ein paar Jahren bist du bestimmt auch so groß und stark wie eine Gewitterwolke.“ Sie erschrak ein wenig, als Cloud sich plötzlich von ihr losriss und dichter an die Wand rückte. „Nein!“, sagte er so bestimmt und gleichzeitig so ruhig, dass sie einen Augenblick lang glaubte, statt eines Kindes einen erwachsenen Mann vor sich zu haben. Im Dunkeln schienen seine sonst so strahlend blauen Augen mit einem Mal grün zu glühen. „Wenn das die einzige Art von Stärke ist, dann will ich nicht stark sein.“ Isolda hatte das Gefühl, etwas sehr dummes gesagt zu haben. Sie wusste doch, dass ihr Cloud Angst vor dem Donner hatte. Und trotzdem war ihr seine Reaktion nicht ganz geheuer. Vorsichtig streckte sie eine Hand nach ihm aus und fasste ihn, als er nicht zurückwich, sanft an der Schulter. „Tut mir leid, Schatz“, entschuldigte sie sich. „Aber weißt du: Große Kraft muss nicht zerstören.“ Er zog ihre Worte in Erwägung, sie konnte ihn förmlich denken sehen. Dann, in eben demselben unheimlichen Tonfall wie zuvor und ohne auch nur einen Zentimeter näher zu rücken, fragte er: „Und warum sind dann nach dem Gewitter immer alle Wolken verschwunden?“ Isoldas Augen weiteten sich vor Staunen. Sie fühlte sich ertappt. Ihr fünfjähriger Sohn hatte ihr soeben eine Frage gestellt, die sie nicht mehr gedankenlos beantworten konnte. 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