Luftpiratenprinzessin von abgemeldet (~ Die Legende von Rainbow-Island ~) ================================================================================ Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Schwach flatternd, kraftlos, glomm der bläuliche Schmetterling in der Hand des schwarzen Kapitäns, bis die Seele schließlich erstarb und sich das Tier in einem Schwarm blauer Lichtfunken auflöste und verging. „Lang lebe der König der Piraten.“ Flüsternd erklangen die Worte Souls in der Stille des Raumes, welche nur gelegentlich vom Knarren des Holzes oder dem Knattern der Segel unterbrochen wurde. Er saß in seiner Kajüte auf dem schmalen Fensterbrett. Einen Fuß hatte er auf das dunkle Holz gestemmt, die Arme waren vor der Brust verschränkt und ausdruckslos starrten seine schwarzen Augen in die Nacht. Am Himmel tanzten die Wolken einen stummen Reigen. Ein einzelner Tropfen, übrig von den Tagen in der Gewitterfront, schlängelte sich an der Scheibe entlang und ließ das Spiegelbild Soul Mikases eine einzelne Träne weinen. Ein kühles Schmunzeln schlich sich über die Lippen des Seelendiebes und er wand den Blick ab. Leicht humpelnd schritt er durch den im Dämmerlicht liegenden Raum auf seinen Schreibtisch zu und entzündete dort einige der Kerzen. Warmes, flackerndes Licht breitete sich im Raum aus und übergoss Karten und Bücher mit einem warmen Schimmer. Sehr langsam ließ sich der Kapitän der Black Soul auf seinem Stuhl nieder und gab schließlich ein schmerzerfülltes Stöhnen von sich. Im Moment fühlte er sich wie ein alter Mann, wo er doch gerade einmal 26 Jahre zählte. Aber bei dem Angriff auf die Yellow Stone war Soul verletzt wurden und der Schmerz erinnerte ihn wieder an die Schmach, die er dank Sakume erlitten hatte. Nur ungern dachte er daran zurück. Laut splitternd hatte das gelbe Holz der Tür der Kapitänskajüte nachgegeben und endlich stand Soul Sakume gegenüber. Ein triumphierendes Grinsen hatte sich auf seine Lippen geschlichen, doch war es je wie weggewischt als ihm die Details ins Auge fielen. Der Piratenkönig sah nicht erschrocken aus, sondern grinste ihm frech, fast siegessicher entgegen. Hinter ihm wehte der Wind, durch das offene Fenster, in den kleinen Raum und wirbelte Papiere und Dokumente durcheinander. Weit in der Ferne sah Soul einen Drachen sich schnell entfernen und auf seinem Rücken die Tochter Sakumes, die er an ihrem wild wehenden rosafarbenem Haar erkannte. Doch was seine Augen dann erblickten, als sie sich wieder dem Piratenkönig zuwandten, oder eher nicht erblickten, trieb ihm den blanken Zorn in die Adern. „Zu spät Soul. Die Kette wirst du dieses Mal nicht in deine Finger bekommen.“ Der blanke Spott klang in der Stimme Sakumes mit, was Soul schier blind vor Wut machte. Mit einem Aufschrei stürzte sich der schwarze Pirat auf seinen gegenüber. Taub für die Rufe des Bruders, der ihn zur Besonnenheit riet. Unüberlegt und hitzig schlug Soul Mikase auf seinen gegenüber ein. Es war sonst nicht seine Art, einfach die Kontrolle zu verlieren, aber er war dem Ziel so unglaublich nahe gewesen. Fast hatte er das in Händen gehabt, nach dem er schon so lange sehnte, fast schon gierte und dann spuckte ihm dieser elende Kerl so in die Suppe. Metall schabte kreischend über Metall. Funken stoben als die Klingen des Piratenkönigs und des Seelendiebes sich verkeilten und deutlich spürte Soul das Zittern der Klinge seines Gegners. Er sah den Schweiß auf der Stirn Sakumes, sah eine Spur von Angst in den dunkeln Augen und dieser Umstand schmeckte ihm besser als der süßeste Wein. Er schmeckte den Sieg schon auf den Lippen, als er sich mit der Zunge darüber fuhr um die, vom Wind trockenen Lippen zu befeuchten. Einen kleinen Sieg, eine geringe Genugtuung für die Schmach, die dieser Mann ihm zugefügt hatte. Sakume stolperte, stürzte nach hinten und schrie schmerzhaft auf, als er auf seiner Hand aufkam. Deutlich hatte Soul ein dumpfes Knacken wahrgenommen und so vermutete er, dass die Hand gezerrt, wenn nicht sogar gebrochen war. Der Säbel des Piratenkönigs schlitterte über das Holz, war außer Reichweite und Soul holte aus zum Gnadenstoß. Wilde Mordlust in den Augen, die in die, vor verzweifelter Angst geweiteten, Augen des Mannes unter ihm blickten. Ein Klopfen riss den Kapitän der Black Soul aus seinen Gedanken und er sah auf. „Soul? Kann ich rein?“, erklang die Stimme Amarus durch das Holz der schwarzen Tür. „Es ist offen.“ „Wie geht es dir? Was machen deine Verletzungen?“ Auch wenn Amaru es nicht zugeben würde, so nahm Soul doch an, dass sein kleiner Bruder manchmal besorgter um ihn, als um sich selber war. „Mach dir keine Gedanken. Ich lebe noch. Auch diese Wunden werden heilen. Konntest du mittlerweile herausfinden wo die Prinzessin hingeflogen sein könnte?“, fragte er stattdessen und wich dem Thema auf diese Weise aus. Soul war nicht erzogen wurden um zu jammern. Seit jeher hatte ihn sein Vater gelehrt stark zu sein und Schmerzen zu ertragen, denn nur so konnte man es als angehöriger des Mikase-Clans wahrhaftig zu etwas bringen. Leider hatte der alte Mann da sehr veraltete Ansichten, wie man einem Kind bei brachte Schmerz zu ertragen. Amaru seufzte wobei ihm dabei eine Strähne ins Gesicht rutschte, die er fahrig wieder wegwischte. „Nein, konnten wir nicht.“, sagte der blonde, junge Mann und rieb sich am Hinterkopf. Dieser Umstand schien ihn ebenso zu ärgern, wie Soul, doch hatte sein kleiner Bruder seine Gefühle nicht immer so gut im Griff, wie Amaru es sich wünschte. Soul selbst konnte in ihm sowieso lesen wie in einem offenen Buch. „Einerseits, weil wir zu viele Männer verloren haben, und andererseits, weil das Schiff doch schwerer beschädigt zu sein scheint als wir zuerst eingeschätzt haben.“, fuhr er fort und sah seinen großen Bruder hilfesuchend an. Es war nicht dieser bettelnde Blick, den er als fünfjähriger immer aufgesetzt hatte, sondern eine abgeschwächte Variante, allerdings mit derselben Aussage: ‚Was soll ich tun? Hast du nicht eine Idee? Hilf mir doch mal, großer Bruder.‘ Soul schloss resignierend die Augen. Das fehlte ihnen gerade noch, wenn ihr Schiff unbrauchbar wurde, oder sie es lange und aufwendig erst wieder in Stand setzen mussten. „Mach eine Liste über alle Beschädigungen und benötigtes Material zur Reparatur. Ich suche den uns nächst gelegenen Hafen und gebe dir dann die Koordinaten durch.“ Amaru nickte und wand sich ab um seine Aufgaben zu erledigen, doch verharrte er kurz in der Tür und blickte noch einmal zu seinem Bruder zurück. Wieder war da Sorge in seinem Blick, aber auch eine Spur der Wut, die er seit geraumer Zeit so oft in seinem Blick trug. Soul gefiel das nicht, aber was hätte er dagegen tun sollen. „Glaubst du, dass wir Sakume und seine Mannschaft endlich los sind?“ „Wenn nicht, sollte es mit dem Teufel zugehen. So eine Explosion überlebt man nicht so einfach.“, erwiderte Soul und wand sich schließlich wieder seinen Papieren zu. Für ihn war das Gespräch beendet. Amaru ging nur zögerlich, aber er ging und so war der schwarze Pirat wieder allein und starrte auf die Karten, ohne sie wirklich anzusehen. Sakume war dem Schwertstreich ausgewichen in dem er sich zur Seite gerollt hatte, wobei die blanke Klinge Souls sich tief in die Planken gebohrt hatte, aus denen er sie nur unter äußerster Kraftanstrengung wieder hatte befreien können. In der Zwischenzeit war Sakume zu seiner Klinge gekrochen, was beschwerlich für ihn gewesen sein musste, da er nur eine Hand hatte benutzen können. Die andere, linke Hand, presste er eng an seinen Brustkorb. Soul setzte ihm augenblicklich nach, als das Holz seine Klinge wieder freigegeben hatte und wollte ihn angreifen, als der warnende Schrei seines Bruders ihn herum schnellen ließ. Gerade rechtzeitig. Einen Augenblick später und der Säbel Nejirus hätte Soul den Schädel gespalten, so aber schabten die Klingen nur kreischend übereinander und auf Souls Armen bildete sich eine Gänsehaut. Der erste Quartermeister der Yellow Stone war kräftig, das spürte Soul und doch hatte der vorangegangene Kampf mit Amaru auch Nejiru einiges an Kraft geraubt. „Lass deine dreckigen Griffel von meinem Käpt’n.“, stieß der dunkelhaarige durch zusammengebissene Zähne hervor und stieß Soul schließlich zurück. Der fing sich aber schnell und vermochte den Schlag, zu dem Nejiru angesetzt hatte, zu parieren, die Klinge zur Seite abzulenken und schließlich die Hand nach Nejirus Stirn auszustrecken. Sakume entfuhr ein erschrockener Aufschrei und Nejiru nur ein trockenes Keuchen als die Hand des Seelendiebes jetzt in einem tiefen Violettton erglühte. Ein kaltes Grinsen schlich sich auf Souls Gesicht und seine Hand ruckte ein Stück von der Stirn weg. Die Muskeln waren angespannt. Die besondere Gabe des Mikase-Clans war es, ihrem gegenüber die Seele entziehen zu können, nur allein durch das auflegen der Hand. Nun ganz so einfach war es dann doch nicht, aber zumindest brauchten sie Körperkontakt. Und genau das geschah gerade mit Nejiru. Soul riss noch einmal an seiner Seele. Diese verhielt sich äußerst widerspenstig, wie der Mann selbst, doch gelang es Soul nicht gänzlich, dem ersten Quartermeister die Seele zu entreißen, denn ein neuerlicher Ausruf von Amaru, ließ Soul alarmiert herumfahren und die Klinge von Sakume parieren. Nejiru musste er dadurch leider los lassen, welcher wie ein nasser Sack zu Boden fiel. Auge in Auge mit dem Piratenkönig sah Soul, dass diesen neuer Mut bestärkt hatte. Das war nicht gut. Mittlerweile war nämlich auch der schwarze Pirat erschöpft. Deutlich spürte er es in den Muskeln als schwaches Zittern. „Du wirst alt, Soul.“, kam die spöttische Feststellung Sakumes und ein Grinsen schlich sich über das Gesicht des Mannes. Doch Soul ging nicht darauf ein, er behielt seine störrische Miene. Er würde sich nicht noch einmal dazu hinreißen lassen, blind auf den Mann los zu gehen. „Fragt sich wer alt wird. Du keuchst schon jetzt. Du kannst nicht mehr.“, erwiderte Soul. „Du aber auch nicht mehr.“, kam der Konter und Soul gab ein missbilligendes Geräusch von sich. Der alte Fuchs hatte ihn durchschaut. Mist! „Dann bringen wir es wohl hier zu Ende, oder eure Majestät.“, knurrte Soul und stieß sich von Sakume ab um den letzten Streich zu landen, doch da hörte er das Zischen und stockte. Der Piratenkönig grinste hämisch, in der verwundeten Hand hielt er eine Granate deren Zündschnur zusehends kürzer wurde, als der Funken sich an ihr entlang fraß. Soul riss vor Entsetzen die Augen auf und reagierte ohne nachzudenken. Er drehte sich blitzschnell um und riss seinen Bruder zu Boden. Es war ein Reflex des großen Bruders, seinen kleinen Bruder zu beschützen, immer, egal was es kostete. Er hatte es gerade rechtzeitig geschafft, denn da explodierte die Granate und Soul spürte einen heftigen Schmerz im Rücken, anschließend merkte er wie der Boden unter ihnen beiden nachgab und sie dann schließlich im freien Fall hinabstürzten. Ihr Glück war gewesen, dass zwei ihrer Männer sie hatten fallen sehen und sie so mit den Skygleitern noch auffangen konnten. Mit einem bitteren Beigeschmack dachte er an das rauchende Loch im Rumpf der Yellow Stone zurück, aus dem sie gestürzt waren. Lange hatte er, so erinnerte er sich, hinauf gesehen und versucht, zwischen schwarzem Qualm und regnenden Holzsplittern eine Bewegung aus zu machen. Doch er hatte nichts gesehen. Er ging davon aus, dass Sakume und vielleicht auch Nejiru das nicht überlebt haben konnten. Ein kleiner Funke Genugtuung, der aber nicht lange anhielt, denn schnell kam ihm wieder ins Bewusstsein, dass er die Kette leider nicht bekommen hatte. Er war seinem Ziel so nahe gewesen und nun, war es wieder so weit entfernt. Wie sollte er also an diese verflixte Karte kommen, wenn er das Mädchen nicht fand. Fieberhaft überlegte er doch lenkte ihn der pochende Schmerz seiner Wunden zu sehr ab. Mit einem Seufzen lehnte er sich zurück, was er augenblicklich bereute und biss sich auf die Unterlippe. Einige der Granatensplitter hatten ihn im Rücken getroffen. Scheinbar hatte der Arzt doch nicht alle entfernt. Ärgerlich! Gerade als er für einen Moment die Augen geschlossen hatte, klopfte es wieder an seiner Tür. Eigentlich wollte Soul niemanden mehr empfangen, aber der Störenfried wartete nicht einmal darauf, dass er ihn herein bat, oder überhaupt antworten konnte. Pik kam gleich in den Raum stolziert und Soul verdrehte die Augen. Pik war ein junger Bursche, der eine Schwäche für auffällige Gesichtsbemalungen zu haben schien, denn sein Gesicht zierten eine Vielzahl von unterschiedlich großen, schwarzen Piksymbolen. Seine Haare waren auffallend rot und im Nacken schwarz und kurz. Der schwarze Pirat hatte den Jungen im letzten Hafen aufgelesen und bisher noch nicht geschafft ihn entsprechend zu erziehen. Darum erlaubte sich der Bengel noch immer diesen ungehörigen Ton, den er gerade wieder anschlug. „Also Käpt’n. Wie lautet der nächste Kurs?“, fragte er und stellte sich, mit vor der Brust verschränkten Armen vor den Schreibtisch aus dunklem Holz. Soul musterte ihn, als wolle er ihn jeden Moment erdolchen, aber entweder sah dass der junge Mann vor ihm nicht, oder er ignorierte es einfach. Auf jeden Fall verzog er keine Miene. „Ich höre, alter Mann?“ „Ich würde zu gern einmal die Farbe deiner Seele betrachten.“, kam es Soul wie beiläufig über die Lippen als er den Blick wieder auf die Karten senkte um sie in aller Ruhe zu studieren. Natürlich brodelte der blanke Zorn in Soul, aber er war nicht so dumm Pik gegenüber das zu zeigen und ihm so vielleicht irgendwelche Triumphgefühle zu schenken. Als er kurz aufblickte, war das Gesicht des anderen immer noch unbewegt, aber eine Spur blasser, was dem schwarzen Piraten ein Schmunzeln entlockte. In aller Ruhe vermaß er die Strecken, nahm verschiedene Inseln ins Visier und verwarf Routen wieder, ehe ihm die Karte des Südreiches in die Hände fiel. Lange sah er auf das Papier. In seinem Kopf entstanden Ansätze, die sich schließlich zu einem handfesten Plan zusammenfügten und den schwarzen Piraten grinsend die Karte wieder auf den Tisch gleiten ließen. Pik sah Soul an, nachdem sein Blick scheinbar gelangweilt in der, mit Büchern vollgestopften Kajüte umhergewandert war. Soul glaubte nicht, dass er sich für die alten Schriften interessierte, sondern eher dafür welchen Wert sie hätten. Zumindest schätzte er den jungen Mann so ein. „Nehmt Kurs auf das Südreich. Statten wir einer alten Bekannten einen netten Besuch ab.“ Pik sah ihn eine Weile an, ehe er nickte. Wahrscheinlich hatte er gehofft zu erfahren, wer die „alte Bekannte“ war, aber Soul schwieg sich darüber natürlich aus. Erst als der junge Mann aus seiner Kajüte getreten war, stand der schwarze Pirat auf und trat wieder ans Fenster. Die Wolken hatten sich wieder verdichtet und kein Stern spendete sein spärliches Licht in dieser Nacht. Die Nacht war finster, finster wie die Seele des Mannes dem ein kaltes Grinsen das Gesicht zu einer dämonisch wirkenden Fratze verzerrte, bevor er in ein dunkles und triumphierendes Lachen einstimmte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)