Little Presents von Quiana (Wichtel-OS) ================================================================================ Icha-Icha ... Schicksal ----------------------- Sehr müde und sehr erschöpft fiel Kakashi rücklinks auf seine Matratze. Er federte einige Male auf und ab und schloss die Augen. Was für ein Tag. Dabei hatte er eigentlich nur die neuste Ausgabe der Icha-Icha-Reihe holen wollen und nicht gleich sein halbes Leben auf den Kopf stellen, auch wenn er das im Prinzip schon davor tun musste. Aber alles hatte seinen Grund. Denn wie es das Schicksal wollte – und es wollte eindeutig nicht gut mit ihm – lautete Godaime Hokage Tsunades Auftrag an ihn, dass er einer Sitzung mit Sunagakure beizuwohnen hatte. Ausgerechnet an dem Tag, an dem das neue Heftchen endlich, endlich in den Läden erschien! Es hatte volle zwei Jahre und einen weiteren endlos langen Winter Wartezeit gedauert und nun wollte er ganz genau keinen Tag länger ausharren müssen. Die vorherigen Bände hatte er nun schon so oft gelesen, dass er zugeben musste, von jedem die ersten paar Zeilen aufwendig aufsagen zu können. Es gab also genau drei Optionen, die ihm dann noch offenstanden: Erstens. Nicht bei dem Treffen erscheinen und sich Icha-Icha holen. Unmöglich, weil dann tot. Tsunades Faust trifft Kakashi. Keine weiteren Worte nötig. Zweitens. Bei dem Treffen erscheinen und sich Icha-Icha nicht holen. Unmöglich, weil Eigenmoral. Das wäre wie Selbstmord und nicht mit seinem Gewissen vereinbar. Und überhaupt. Ganz genau keinen Tag länger. Drittens. Einen Schattendoppelgänger zu dem Treffen gehen lassen und selber Icha-Icha holen. Einen Klon in den kleinen Buchladen loszuschicken war ausgeschlossen. In diesem Falle traute er nicht einmal sich selbst. Sollte ein weiteres Ich von ihm auf die Idee kommen, das Buch ohne sein Wissen vorab zu lesen … Er wollte die Worte mit seinen eigenen Augen sehen und nicht aus der Erinnerung eines verschwundenen Doppelgängers hören, der ihn wohlmöglich auch noch auslachte. Oder schlimmer noch: ihn spoilerte! Sein einziges Problem? Sollte ihn auch nur irgendjemand bei seinem kleinen Einkauf sehen und, schlimmer noch, Tsunade davon Wind bekommen, dass nicht er persönlich zu dem Treffen erschienen war, dann hatte sein letztes Stündlein schneller geschlagen, als dass er überhaupt das erste Kapitel beenden konnte. Denn dann würde automatisch wieder Option eins zutreffen und das musste ja nun wirklich nicht sein. Also musste Kakashi wieder einmal in die Trickkiste greifen. Ziemlich tief dieses Mal und eigentlich hatte er sich geschworen, gewisse Dinge nunmehr zu unterlassen. Gewisse Dinge, wie das Anlegen einer zweiten Persönlichkeit zum Beispiel. Die Gefahr aufzufliegen war zu groß, aber das hier war ein enormer Notfall. Vielleicht sogar einer der größten, dem er sich je zu stellen hatte. Es galt also zu tun, was getan werden musste! 'Sukea' war gut versteckt überall in seiner kleinen Wohnung verteilt, damit ihn auch ja niemand finden konnte. Wie gesagt, eigentlich nur für Notfälle und nicht für den täglichen Gebrauch. Die grauen Kontaktlinsen plantschten noch immer in ihren Döschen in dem Spiegelschrank in seinem Badezimmer, das lilafarbene Make-Up und die farblich dazu passenden Gesichtsstreifen lagerten in den Tiefen seines Kleiderschrankes und die Perücke lag eingebettet in seiner Wintermütze in einer Kiste voller Schals und Handschuhen, die nun nicht mehr gebraucht wurde, weil der Frühling in seiner ganzen Stärke angebrochen war. Nicht zu vergessen die Kamera, mit der 'Sukea' als Fotograf immer herumlief. Es dauerte, bis Kakashi endlich mit seiner Umwandlung fertig war. Vor allem das Verändern seiner Stimme war ein Hartes. Selbst die Aura seines Chakras zu verbergen fiel ihm einfacher, schließlich war das etwas, was er als guter Shinobi können musste. Dennoch zufrieden betrachtete er sich in dem kleinen Spiegel im Flur. Sein Sharingan leuchtete zum Glück nicht durch die Kontaktlinse hindurch und zur Not könnte er es einfach mit dem wuschigen braunen Haar verdecken, das nun sein Haupt zierte. Ohne seine übliche Maske sah er etwas befremdlich aus – und er fühlte sich auch so. Nackt, irgendwie. Normalerweise wurde sein Gesicht warmgehalten, doch ohne die ganze Verdeckung merkte er, dass sich die zimmerwarme Temperatur merkwürdig kühl anfühlte. Kakashi musste gestehen, dass er sich wahrscheinlich selbst nicht erkennen würde, wüsste er nicht, dass er es ist, der sich unter der Perücke und der restlichen Verkleidung versteckte. Sein nächster Blick galt dem Fenster. Kakashi stutzte kurz. Es war durchaus sonnig, ein für den Frühling sogar relativ warmer Tag. Aber der Wetterbericht hatte von Regen gesprochen. Die vereinzelten, kleinen Wolken die fast wie Schafe am Himmel aussahen, würden doch keinen Regen bringen, oder? Dennoch griff er vorsichtshalber doch zu dem Ungetüm, das er Schirm nannte. In einem fast schon knalligen Sonnengelb. Mit weißen Punkten. Kakashi wusste nicht, warum er diesen Regenschirm besaß – oder wo er ihn überhaupt herhatte (er stand nun schon so lange in seinem Flur herum, dass er einfach annahm, der Schirm war schon immer dagewesen), aber sollte es wirklich regnen, musste er vorbereitet sein. Wenn sein Make-Up Wasser abbekäme, dann wäre es aus mit seinem kleinen Ausflug. Ein unwohles Gefühl beschlich ihn und eine kleine Stimme in ihm sprach die dunkle Vorahnung aus, dass heute noch etwas gewaltig schief gehen würde. Kakashi schüttelte den Kopf. Trotzdem, er hatte eine dringende Mission zu erledigen, da mussten nun einmal ein paar Opfer gebracht werden! Wie gesagt, ein echter Notfall. ☆ "Oh, da ist Sukea!" Diese Stimme kam ihm nur allzu bekannt vor und Kakashi, also Sukea natürlich, hatte eigentlich gehofft, sie heute nicht zu hören (Dem Schattengänger-Kakashi hatte er zuvor sehr deutlich klar gemacht, was er zu tun und zu lassen hatte. Eigentlich bestand seine Aufgabe, lediglich auf seinem Stuhl in dem Konferenzraum zu sitzen und möglichst unauffällig zu sein). Aber das Glück mochte ihn wohl ebenso wenig wie das verdammte Schicksal und musste ihm von allen Bewohnern dieses Dorfes ausgerechnet Naruto über den Weg laufen lassen. Womit hatte er das nur verdient? Seufzend blieb er stehen und stützte sich auf seinem Regenschirm ab. Er könnte jetzt rückwärts runterzählen. Wenn er fertig war, würde Naruto bei ihm stehen. Drei, zwei, eins … "Wir haben uns lange nicht mehr gesehen!" Und Naruto stand breit grinsend vor ihm. Kakashi kannte seine Pappenheimer gut. Zu allem Überfluss folgte auch noch Sakura, wenn auch nicht ganz so enthusiastisch. Aber trotzdem mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht. "Da hast du recht, Naruto. Es ist schon eine ganze Zeit her." Sukea verzog den Mund zu einem Grinsen. Kakashi hingegen hätte am liebsten aufgeseufzt. Wäre weggerannt. Hätte sich in Luft aufgelöst. "Was führt dich zurück?", fragte Sakura, deren Blick auf die Kamera um seinen Hals fiel. "Lass mich raten, deine neuste Arbeit ist fertig und jetzt willst du eine Pause machen?" Gut, dass er ein schneller, logischer Denker war. "Ah nein, da liegt du leider falsch. Ich bin nur auf der Durchreise, eine Pause ist mir nicht vergönnt. Nachher muss ich gleich wieder weiter." Nicht, dass Sukea noch in irgendwelche Verabredungen hineingezogen wurde, auf die Kakashi nun so gar keine Lust hatte. Dann müsste er sich nämlich in naher Zeit noch einmal verkleiden. Narutos freudiges Lachen fiel ein Stückchen in sich zusammen. "Das ist schade. Ich musste gerade daran denken, wie wir versucht haben, unter Kakashis Maske zu gucken! Du erinnerst dich bestimmt noch daran, oder?" Ah ja. Jener Tag hatte ihm viel Energie und Selbstbeherrschung abverlangt und musste deswegen nicht unbedingt wiederholt werden. Etwas, worauf Naruto nun bestimmt hinauswollte. Das konnte Kakashi mit ziemlicher Sicherheit sagen. Sukea nickte. "Ich bin mir sicher, dass sein Gesicht noch immer sein großes Geheimnis ist. Ich wüsste zu gerne, wie es aussieht … Nur habe ich heute leider keine Zeit für weitere Beobachtungen." Schließlich war er ja eigentlich gerade dabei, das neuste Buch der Icha-Icha-Reihe zu besorgen (ein Frühlings-Spezial, wie er sich hat sagen lassen). "Und wie sieht es mit morgen aus?" Naruto wippte unschuldig auf seinen Schuhsohlen auf und ab. Kakashi hasste es, derjenige zu sein, aber er musste den Hoffnungsschimmer, der sich gerade auf Narutos Augen legen wollte, ganz schnell wieder in seinem Keim ersticken. "Ah, tut mir leid. Ich bin eigentlich nur auf der Durchreise. Ein wenig Proviant auffüllen und dann werde ich mich gleich wieder auf den Weg machen." "Oh", sagte Naruto enttäuscht. "Das ist wirklich schade", schob Sakura nach. Auch sieh sah so aus, als hätte sie sich tatsächlich auf ein Treffen mit Sukea gefreut. Kleine Gewissensbisse durchschossen Kakashi, die er so schnell er nur konnte wieder in die hinterste Ecke seines Herzens verbannte. Nein, er würde sich dieser dämlichen Verkleidungsprozedur bestimmt nicht noch einmal unterlegen, nur um Naruto und Sakura eine kleine Freude zu bereiten. Ein Treffen mit Sukea würde nämlich unweigerlich zu weiteren Einladungen führen. Und zu Spekulationen über sein, also Kakashis, Aussehen unterhalb seiner Mundmaske. "Ich bin mir sicher, dass wir uns irgendwann wiedersehen werden. Meine Arbeit führt mich schließlich des Öfteren wieder zurück." Er nickte und war zufrieden mit sich selbst. Damit waren hoffentlich Naruto, Sakura sowie sein Gewissen beruhigt. Dann neigte er seinen Kopf noch einmal, hob seine Hand zum Gruß und ging ohne ein weiteres Wort. Als er sicher war, dass sie ihm nicht folgten, stieß Kakashi ein erleichtertes Seufzen aus. Die erste Hürde war gemeistert. ☆ Seinen Weg zum Buchladen sollte er, ganz wie er es sich gedacht hatte, tatsächlich nicht ohne weiteres fortsetzen können. Kurenai stand vor dem Blumenladen der Yamanakas und betrachtete ergiebig die ausgestellten Pflanzen. In diesem Moment widmete sie sich einer Auswahl verschiedenfarbiger Tulpen. Weit vornüber gebeugt betrachtete sie jede der Pflanzen einzeln, ganz so, als würden sie der Kunoichi etwas zeigen, das nur sie wussten. Kurenai schaute nicht nur, ebenso strich sie immer wieder vorsichtig über die ausgestellten Exemplare. Ob ihr die Entscheidung deswegen leichter fiel? Kakashi tendierte zu den Tulpen, deren Blütenblätter in einem kräftigen Karminrot strahlten, aber Kurenais Hand fand ihren Weg zielsicher zu den gelben, die seiner Meinung nach nicht einmal halb so schön anzusehen waren, wie die anderen. Dann begann Kakashi einen Fehler. Er seufzte einmal auf, denn was sollte man schon gegen die Entscheidung anderer tun? Letztendlich war es nicht er, der mit den Resultaten leben und jeden Tag Blumen in fragwürdigen Farben ansehen musste. Allen Anschein nach war sein Seufzer allerdings lauter als beabsichtigt, denn Kurenai richtete sich erstaunt auf und betrachtete ihn stirnrunzelnd. Ertappt wandte er seinen Blick ab, warf seinen Regenschirm, den er bis jetzt an seinem Griff festgehalten hatte, ein Stück hoch, sodass er stattdessen den gelben Stoff umfasste und beeilte sich, seinen Weg fortzusetzen. Gut, dass Kurenai ihn als Sukea nicht erkannte und sein Verstand klar und scharf genug dafür war, nicht einfach stehenzubleiben. Sie weiterhin anzuschauen. Ihr zuzunicken. Oder am schlimmsten, ihr zu grüßen. Denn jetzt, genau in diesem Moment, in dem er dabei war, die neuste Ausgabe von Icha-Icha zu kaufen, waren sie Fremde. Allerdings verunsicherte es ihn ein wenig, warum sie ihn noch immer anstarrte. Oder viel mehr seinen Schirm, den er eigentlich nur aufgehoben hatte, um schneller voranzukommen. Er mochte mit seinem Sonnengelb und den weißen Punkten vielleicht nicht das typischste Modell sein und Kakashi hätte sich tatsächlich auch mit einem schlichten, schwarzen abgegeben, aber so schlimm sah er nun auch wieder nicht aus. Oder? Wie dem auch sei, er beeilte sich, aus Kurenais Blickfeld zu kommen. Ihr Starren wurde ihm langsam aber sicher unheimlich. Nicht, dass sie ihn noch ansprechen wollte. ☆ Die Tüte in seiner zitterte leicht und Kakashi hatte seine Mühen, ein erfreutes Jauchzen und einen federnden Gang zu unterdrücken. Nachdem er Kurenai gesehen hatte, ist tatsächlich alles so gelaufen, wie er es sich erhofft hatte. Sein Schattendoppelgänger schien noch immer bei der Versammlung anwesend zu sein, da Kakashi bis jetzt noch keine plötzlichen Informationen in seinem Kopf hatte, die er zuvor noch nie gehört hatte und niemand ist ihm mehr über den Weg gelaufen. Auch Naruto und Sakura hat er kein weiteres Mal getroffen. Allerdings musste er gestehen, dass ihm gerade noch rechtzeitig eingefallen ist, dass er an Ichirakus kleinem Laden vorbeimusste. Und es war weitverbreitetes Wissen, dass Naruto dort an manchen Tagen mehr als nur einmal (mehr schlecht als recht zahlender) Gast war und Unmengen an Ramen in sich hineinschaufelte, als wäre er ein bodenloses Fass oder des Gleichen. Kakashi war also vorher abgebogen und ging nun einen kleinen Umweg, der seiner Stimmung allerdings keinerlei Abbruch tat. Als er den Bücherladen betreten hatte, nickte er dem Verkäufer leidglich einmal zu, als wären sie Fremde gewesen – was in diesem Moment ja auch gestimmt hatte – und war dann zielstrebig zu dem großen Regal gegangen, in dem sämtliche Bände der Icha-Icha-Reihe ausgestellt waren. Darunter natürlich auch das neuste, das Kakashi sich noch energischer griff, als sein Gang ausgesehen hatte. Zugegeben, er hatte sich etwas komisch gefühlt. Immerhin sah Sukea in seinen Augen nicht wie jemand aus, der diese kleinen Heftchen mit gewissem Inhalt lesen würde … Aber letztendlich sollte es dem Verkäufer wahrscheinlich egal sein, nicht? Hauptsache, er hatte Geld in seiner Kasse. Und das hatte er von Kakashi bekommen. Auf den Betrag genau. Es hatte also alles wie am Schnürchen geklappt und in wenigen Minuten sollte er auch schon wieder zuhause sein und endlich, endlich die heiligen Seiten aufschlagen und sich in einer Welt voller Wunder verlieren. Er spielte sogar ernsthaft mit dem Gedanken, seine Verkleidung gar nicht erst abzulegen. Immerhin würde dies auch noch wertvolle Zeit kosten, die er nicht verplempern wollte. ☆ Im Prinzip hatte er schon seine Wohnung sehen können. Oder zumindest riechen. Kakashi hätte nur noch um die Ecke gehen und seinen Schlüssel aus der Kameratasche herauskramen müssen und seine Mission wäre beendet gewesen. Zumindest fast, aber er traute seinem Klon insoweit, dass er nicht plötzlich mit dem Gesicht voran in eine Messerspitze oder ähnliches fallen und sich deswegen auflösen sollte. So viel Intelligenz sprach er sich selbst dann zu. Wie gesagt, es waren nur noch wenige Meter bis zu seinem Ziel – aber Kakashi wäre nicht Kakashi und das Schicksal nicht das Schicksal, wenn nicht doch noch irgendetwas passieren musste. Oder besser, irgendjemand. Gai. Das grüne Biest von Konoha. Höchstpersönlich. Er trug wie immer seinen grauenvollen, viel zu engen Anzug und …? Spielten ihm seine Augen einen Streich, oder trug Gai tatsächlich knallrote Gummistiefel, die sich fürchterlich mit seiner Gesamterscheinung bissen? Wahrscheinlich war auch er von der Regenvorhersage hereingelegt worden. Jegliche Wolke hatte sich nämlich bis zu diesem Zeitpunkt verzogen und Kakashi war der Meinung, dass seine Wetterkenntnisse mittlerweile gut genug waren um zu sagen, dass es auch nicht mehr regnen würde. Aber zurück zu seinem sich ihm nähernden Problem. Eigentlich konnte Kakashi jetzt nur noch hoffen und zu allen guten Mächten beten. Hoffen und beten, dass Gai ihn einfach in Ruhe ließ. Und was sollte er sagen – für einen ganz kurzen, kostbaren Moment sah es tatsächlich danach aus. Bis Gais Blick im Vorbeigehen erst auf ihn und dann seinen Regenschirm fiel. Gai machte eine regelrechte Vollbremsung, wirbelte herum und legte Kakashi, also Sukea, der sichtlich zusammenzuckte, die große Pranke auf die Schulter. "Guter Mann", begann er ernst, dann zog sich ein blendendes Grinsen über sein Gesicht. Sukea schluckte angestrengt und Kakashi geriet ins Schwitzen. "Du musst wahrlich ein guter Freund meines guten Freundes Kakashi sein." Das hier, genau das hier war tatsächlich noch schlimmer als alles zusammen, was er heute hatte erleben müssen. Gai war so ungefähr der schlimmste Hund in ganz Konoha und kannte Kakashi leider besser, als er es gerne hätte. Wenn jemand durch seine Verkleidung schauen konnte, dann war es Gai. Zumal er schon des Öfteren miterleben musste, wie Gai sein extraordinäres Riechorgan sehr weit in den persönlichen Radius einer anderen Person geschoben und an ihr geschnüffelt hatte. Kakashi würde es also nicht wundern, wenn er ihn spätestens an seinem Geruch erkannte. Das war Grund genug für ihn, unruhig zu werden, oder? "K-Kakashi?" Ihm musste wirklich etwas Gutes einfallen – und vor allem durfte er sich nicht versehentlich versprechen und verraten. "Das ist eine sehr freie Behauptung", nuschelte er deswegen und weil er wirklich nicht wusste, wie Gai so schnell von Sukea auf Kakashi schließen konnte, ohne je ein Wort mit ihm gewechselt zu haben. Ihn überhaupt zu kennen. "Dieser Schirm hier", begann Gai und deutete auf das sonnengelbe Ding in Kakashis Hand, "habe ich selbst vor vielen Jahren an Kakashi verliehen, nachdem ich ihn mir selbst von einer erfahrenen Kunoichi namens Kurenai ausgeliehen habe. Ich schätze, anstatt ihn zurückzugeben, hat er die Tradition fortsetzen wollen und ihn jemandem gegeben, dem er wirklich vertraut. Etwas anderes kann ich mir nämlich nicht erklären." Die Rädchen in Kakashis Kopf ratterten, während Sukea bemüht lässig aussah. Irgendwo in seinem Hinterstübchen klingelte es und sagte ihm, dass Gai recht hatte. Deshalb konnte er sich auch nicht mehr erinnern, wo um alles in der Welt er sich gerade so einen für einen Mann doch merkwürdigen Schirm gekauft haben sollte. "Du kannst sagen, dass es sich dabei um genau diesen hier handelt?" Sukea hob den Schirm einmal kurz an, um Gai zu verdeutlichen, was er meinte. Kakashi musste nun wahrlich aufpassen, was er sagte. Es gab mehr als nur eine Falle, in die er tappen und sich daraufhin verdächtig machen könnte. Vor allem, wenn er jetzt irgendetwas eindeutig verneinte. "Aber sicher!", erwiderte Gai stolz und streckte ihm seine Brust entgegen. "Hierbei handelt es sich nämlich um eine Sonderanfertigung, die Kurenai sich nach einer besonders komplizierten, aber dennoch erfolgreichen Mission hat anfertigen lassen. Ich erkenne ihn nicht nur am Muster, sondern auch an seinem Griff wieder." Sukea nickte anerkennend und warf einen schnellen Blick auf den Griff des Schirms, der in seinen Augen nicht weiter besonders war. Aber wenn es stimmte, was Gai sagte, und das nahm Kakashi stark an, war es nicht nur unerhört, dass er den Schirm nicht längst wieder zurückgegeben, sondern dass Gai ihn überhaupt an erster Stelle weiterverliehen hatte. Er sollte zusehen, dass Kurenai in nächster Zeit wieder zu ihrer Sonderanfertigung kam … "Du hast recht, dass ich Kakashi kenne. Nicht gut, will ich meinen. Aber er hat mich im wahrsten Sinne des Wortes nicht im Regen stehenlassen wollen und gab mir diesen Regenschirm mit auf den Weg. Ich bin auf der Durchreise und möchte ihn Kakashi wieder zurückgeben." Gai nickte einmal anerkennend, schüttelte dann aber gleich wieder den Kopf. "Ich denke, Kurenai würde sich sicherlich freuen, wenn sie ihn gleich wieder zurückbekommt. Wenn ich es recht überlege, sagte sie mir, dass sie heute einige Pflanzen kaufen wollte." "T-Tatsächlich? Dann ist es ja gut, dass ich an dem Laden vorbeigehen muss", kam es gepresst von Sukea. Kakashi konnte sein Pech nicht fassen. Zwanzig Meter wären es vielleicht noch bis zu seiner Haustür gewesen. Mehr nicht. Und jetzt musste er wieder weitergehen. In seiner Vorstellung hätte der Tag folgendermaßen ausgesehen: Er und sein Doppelgänger verlassen das Haus. Sein Doppelgänger muss die Versammlung aussitzen und er wäre nur schnell zum Buchladen und wieder zurückgegangen. Danach hätte er auf seinem Sofa den restlichen Tag in seiner neuen Lektüre vertieft verbracht. Naruto und Sakura waren nicht eingeplant gewesen. Ebenso wenig Gai und Kurenai, zu der er nun wahrscheinlich auch noch gehen musste. Womit hatte er das verdient? "Guter Freund", begann Gai und legte feierlich seine Pranke auf Sukeas Schulter. "Ich werde dich selbstverständlich begleiten. Auch ich bin Kurenai eine Erklärung schuldig." ☆ "Und deswegen kam es, dass Sukea hier deinen Regenschirm in seinem Besitz hatte und du ihn bis zu diesem Zeitpunkt nicht hast wiederbekommen können." Gai hatte Sukea den Schirm abgenommen und ihm dafür die Blumen, die Kurenai getragen hatte, in die Hände gedrückt und darauf bestanden, dass sie sie nach Hause begleiteten. Nun saßen sie bereits seit endloser Zeit in dem kleinen Wohnzimmer Kurenais und Gai hatte lange und ausführlich und sehr ausgeschmückt davon berichtet, wie es zu dem wandernden Regenschirm kam. Sukea hatte einfach nur stumm daneben gesessen, genickt und immer wieder auf die Uhr geschaut. Es vergingen mehr als nur zwei Stunden, die Sonne legte sich bereits und jeder Versuch seinerseits aufzubrechen, wurde energisch von Gai unterbunden, der ihn jedes Mal erneut wieder auf das Sofapolster drückte. Die Tüte mit dem Buch raschelte verheißungsvoll zu seinen Füßen und Kakashi hatte noch nie das so starke Verlangen zu weinen gespürt. Das Leben war grausam und hatte sich gegen ihn verschworen. Eindeutig. Vor allem, als mit einem Mal eine ungeahnte Welle an Informationen auf ihn einprasselten, die er im ersten Moment nicht einordnen konnten. Das Treffen mit Sunagakure hatte sein Ende gefunden und sein Doppelgänger gleich mit. Ließ ihm unangekündigt alle Informationen zukommen und Kakashi mit plötzlich aufsteigenden Kopfschmerzen zurück. Na vielen Dank auch. "Ist alles in Ordnung? Du siehst plötzlich sehr blass aus." Besorgt betrachtete Kurenai Sukea, der mit einem Mal mehr schlecht als recht auf ihrem Sofa hing. Ein bisschen sah es so aus, als würde er einfach jeden Moment umkippen. "Vielleicht ist es besser, wenn du eine Nacht in Konoha bleibst und dich ausruhst." Kakashi stöhnte. Innerlich natürlich. Nicht das auch noch. Alles, nur das nicht. "Ich muss wirklich weiter, aber vielen Dank für das Angebot", röchelte Sukea, obwohl Kakashi wollte, dass er entschieden und selbstbewusst klang. Aber sein Kopf schmerzte immer stärker und seine Seele blutete immer mehr. Weil er sein neustes Heft noch immer nicht lesen konnte und es wahrscheinlich heute auch nicht mehr konnte. Selbst wenn er es schaffte, von hier wegzukommen. Mit einem brummenden Schädel war nicht zu spaßen. "Aber-", setzten sowohl Kurenai als auch Gai gleichzeitig an, doch Sukea hob die Hand, um zu zeigen, dass sie schweigen sollte, griff nach seiner Tüte, stand auf und steuerte die Haustür an. Endlich. Immerhin war Kurenai erfreut gewesen, ihren Schirm wiederzuhaben und war keinem der beiden Männer (und Kakashi auch nicht, aber sie wusste ja nicht, dass er praktisch vor ihr saß) böse. Was für ein heilloses Chaos doch entstanden war. Ein weiterer schlimmer Punkt an der ganzen Sache: Sobald er Gai wiedersah, würde dieser ihm wahrscheinlich noch einmal die ganze Geschichte brühwarm auftischen, ihn mit Fragen zu Sukea durchlöchern und seine Zeit stehlen. Und er musste alles mit anhören und so tun, als wüsste er von nichts. ☆ Es war dunkel, als er endlich in seiner Wohnung ankam. Sein Magen knurrte und trug nicht wirklich zu seinen Kopfschmerzen bei, aber Kakashi entschied sich dafür, keine Kraft mehr dafür zu haben, sich noch einmal in die Küche zu stellen. Nicht einmal mehr ein Fertiggericht wollte er anrühren. Er hatte es gerade noch so geschafft, seine Verkleidung in den Kleiderschrank zu pfeffern und sich abzuschminken, danach war er in sein Schlafzimmer gestolpert. Kakashi schmiss sich rücklinks auf seine Matratze, die einige Male auf und abfederte. Das war ein Tag, den er nie wieder erleben wollte. Vielleicht noch nicht einmal für die nächste Ausgabe von Icha-Icha. Und das sollte etwas heißen. Aber immerhin hatte er es geschafft, die jetzige zu kaufen. Der Einband fühlte sich verheißungsvoll in seinen Händen an, von dem Anblick des Covers einmal ganz zu schweigen. Wenigstens das erste Kapitel wollte er noch lesen. Das sollte sein Kopf noch aushalten können. Das war er ihm nach den letzten Stunden schuldig. Ein breites Grinsen zierte sein Gesicht (das übrigens nackt war), als er nach einigen Mühen die ersten Zeilen entzifferte. Gleich würde es ihm bestimmt besser gehen. Es braucht seine bestimmten Kniffe und Tricks, um eine Frau zu verführen. Besonders ratsam ist es- "Kakashi!" Durfte er schreien? So laut, dass er das Klopfen an seiner Tür einfach nicht mehr hörte? "Ich bin es, Gai! Naruto und Sakura sind auch hier! Wir haben vorhin deinen Freund Sukea getroffen! Es geht ihm nicht gut, aber er war erpicht darauf, seinen jugendlichen Weg fortzusetzen! Wir brauchen deine Hilfe, ihn zu finden! Sonst könnte ihm noch etwas passieren!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)