Das Werden, das Sein, das Vergehen von ChiaraAyumi ================================================================================ Kapitel 1: Frühlingserwachen ---------------------------- Walpurgisnacht. Cho erinnerte sich daran, wie ihre Mutter sie als sie noch klein war, mitgenommen hatte, damit sie den Hexentanz ums Feuer bestaunen konnte. Es hatte sie förmlich mitgerissen. Die Musik, die Trommeln, die immer schnelleren Bewegungen, die Hitze des Feuers und das Gefühl eins mit der Natur zu sein. Seitdem kam sie jedes Jahr hier in den Highlands, aus denen sie stammte, zum Fest und genoss es aller ihrer Sinne beraubt zu werden. Immer wenn sie mit den anderen um das Feuer tanzte, hatte sie das Gefühl ganz sie selbst zu werden. Und das fehlte ihr leider viel zu oft. Sie ackerte sich in ihrem Job ab, was ihr niemand dankte und schaffte es nicht eine Beziehung länger als zwei Monate aufrechtzuerhalten. Sie fühlte sich völlig kaputt und innerlich leer. Nachts plagten sie immer noch böse Träume und sie hatte das Empfinden in einen langen Winterschlaf gefallen zu sein, aus dem sie nie wieder erwachen würde und dass der Frühling nie wieder in ihrem Herzen erblühen würde. Cho hasste es so gefühlsdusselig zu sein. Sie hasste sich dafür immer noch Cedric hinterher zu weinen und selbst Harry ging ihr nicht aus dem Kopf. Genauso spuckten ihr die Bilder des Krieges durch den Kopf und ließen sie nicht los. Sie wollte sich davon befreien und einfach fallenlassen, aber das gelang ihr immer nur hier und es hielt nie länger als ein paar Tage an. Aber aus diesen Tagen mussten sie neue Kraft schöpfen. Cho schüttelte ihren Kopf und atmete tief durch. Die heutige Nacht würde sie in vollen Zügen genießen. Sie hatte den anstrengenden Weg den Hügel hinauf beinahe hinter sich und drehte sich um, um sich an der Aussicht zu erfreuen. Die Sonne war bereits dabei unterzugehen und ließ alles in rotem und goldenem Licht erschimmern. Der Wind fuhr ihr durch das Haar und sie schloss kurz die Augen bevor sie wieder hinuntersah. Das Tal lag schlummernd unter ihr, während von überall Hexen und Zauberer herbeikamen, um die Walpurgisnacht zu feiern. Nicht alle kamen mit dem Besen. Viele kamen wie sie mit einem Portschlüssel und landeten an unterschiedlichen Stellen in der Nähe oder auf dem Hügel. Bald war alles voller Gleichgesinnter und in wenigen Stunden würde das Fest beginnen. Cho lächelte glücklich und machte sich daran die letzten Meter zu erklimmen bevor sie an der Burgruine ankam, in der sich schon die Händler mit all ihren Waren breit gemacht hatten. An der einen Stelle wurden Tentakelsamen zum Spottpreis angeboten, aber Cho erkannte sofort, dass sie teuerer waren, als die aus der Winkelgasse und lehnte ab. Stattdessen besorgte sie sich einen Feuerwhiskey und spürte wie ihre Kehle brannte, als sie ihn in einem Zug hinunterkippte, aber es ließ ihr warm ums Herz werden. Heute störte sie sich nicht daran betrunken zu werden, denn es gehörte einfach dazu. Zwei Feuerwhiskey später fühlte sie sich bereits voller Elan und sie stürzte sich in die Menschenmenge, um mit ihr eins zu werden und die leidselige Cho Chang hinter sich zu lassen. Das schaffte sie auch bis jemand sie an der Schulter antippte und sie in dunklen Augen blickte. „Cho?“, fragte derjenige mit ebenso dunkler und tiefer Stimme, das sie fast angefangen hätte zu schnurren so angezogen fühlte sie sich davon. Das Fest und der Alkohol hatten sie schon völlig berauscht, sodass sie nicht mehr ganz bei ihren Sinnen war. Sie kicherte über ihre schmutzigen Gedanken, die in ihr aufkeimten und erkannte jetzt Viktor Krum, den sie nicht mehr gesehen hatte seit dem Trimagischen Turnier. Er sah gut aus und sie fragte sich was er hier trieb, denn sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass er zur Walpurgisnacht gekommen war. „Was machst du denn hier?“, fragte sie ihn auch direkt und sah ihn auffordernd an. Er streckte die Arme aus. „Bin hier um zu feiern.“ Cho musste wieder kichern und griff nach seinem Arm. „Dann tanz mit mir ums Feuer!“ Er ließ sich bereitwillig mit sich führen und sie musste grinsen. Heute war sie viel mutiger als sonst und sie würde sich auch keine Gedanken darüber machen, was andere von ihr dachten. Sie wollte einfach Spaß haben und die Nacht genießen. Ums Feuer tanzten schon viele Leute und Cho und Viktor reihten sich einfach in die Reihe der Tanzenden ein. Schon bald spürte sie nur noch den Klang den Trommeln und fühlte mit jeder Faser den Lichtschein des Feuers auf ihrer Haut. Irgendwann zog Viktor sie wieder aus der Menge heraus und in ihrem Kopf drehte sich noch alles. Cho konnte sich nicht mehr daran erinnern, wie lange sie so getanzt hatten, aber der Mond stand immer noch nicht ganz am Himmel, also hatte die Nacht erst begonnen. „Lass uns über den Marktplatz ein wenig gehen und Luft schnappen“, schlug Viktor vor. Sie fragte sich, warum er hier bei ihr blieb und sich nicht ein anderes Mädchen angelte, aber vielleicht war sie einfach eine leichte Beute so betrunken und in Ekstase wie sie schon war. Und interessierte sie es wirklich, ob er gut von ihr dachte? Morgen war es bereits vergessen und man lachte darüber. Also beugte sie sich schnell vor und küsste ihn, was er zu ihrer Freude auch erwiderte. Heute konnte sie sich selbst vergessen und auch all ihren Kummer hinter sich lassen. Sie wollte geliebt werden und sich frei fühlen. Und irgendwie gab ihr Viktor dieses Gefühl. Der zweite Kuss wurde leidenschaftlicher und ihre Hand glitt unter sein Hemd, um seine Muskeln zu erspüren. Da trat er einen Schritt zurück und sah sie einfach nur an. Sie konnte nicht erkennen, ob er wütend war und ob es ihm einfach nicht gefallen hatte, aber sie fühlte sich zurückgewiesen und kam sich plötzlich so schmutzig vor. Bevor er etwas sagen konnte, um sie noch weiter zu demütigen, drehte sie sich um und rannte davon. Irgendwo am anderen Ende der Ruine kam Cho wieder zum stehen und sie fühlte sich gar nicht mehr so betrunken. Das Ekstasegefühl war auch verschwunden und sie spürte wieder den Schmerz, den sie so verzweifelt versucht zu vergessen. Da waren auch wieder ihre Gedanken, die sie für ihr törichtes Verhalten strafte und fragte, was sie sich dabei gedacht hatte. „Na meine schöne Dame, wie wäre es mit zerstoßenen Fledermausherzen oder ein wenig Feuersalamanderblut? Damit können sie atemberaubende Zaubertränke kreieren und jeden Mann an sich fesseln, der ihnen gefällt.“ Der Händler war aus dem Nichts aufgetaucht und hielt ihr seine Ware unter die Nase. „Nein danke“, schnaubte Cho nur wütend und wollte sich vorbeidrängeln, als noch ein weiterer Mann auftauchte und sich ihr in den Weg stellte. Sie sah sich um und erkannte, dass alle Stände um sie herum zwielichtiger wirkten, als die, wo ihr vorhin jemand Tentakelsamen angeboten hatten. An einer Stelle wurde sogar ein Wiedergeburts-Elixier angeboten. Natürlich zogen solche Feste auch schwarzmagische Händler an und sie war direkt zwischen ihnen gelandet, als sie den Kopf verloren hatte. Cho verzog wütend das Gesicht. Diese Typen glaubten wohl, dass sie leichtes Spiel mit ihr hatten, aber sie zog ihren Zauberstab und zögerte keine Sekunde ihnen ein Flederwichtfluch ins Gesicht zu zaubern. Die beiden stolperten zurück und Cho konnte sich ihren Weg zurück zur Mitte der Ruine bahnen, wo alles wieder seinen ganz normalen Gang nahm. Viktor fand sie nur wenige Minuten später, wie sie immer noch keuchend und zitternd versuchte sich zu beruhigen, da ihr erst jetzt klar geworden war, was alles hätte passieren können. „Alles in Ordnung Cho?“, fragte er vorsichtig und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Verwirrt sah sie ihn an. Was war das heute eigentlich für eine verrückte Nacht? Erst erwiderte er den Kuss, dann ging er auf Abstand und jetzt sah er sie auf eine zärtliche besorgte Art und Weise an, das es zum dahin schmelzen war. Und dann beugte er sich vor und küsste sie. Überrascht erwiderte sie den Kuss und schon fühlte sie sich wieder vollkommen berauscht von der Nacht, als wäre nichts passiert gewesen. „Lass uns über den Markt schlendern“, flüsterte er ihr ins Ohr und nahm ihre Hand. Cho verstand die Welt nicht mehr. Eben noch hatte sie in Viktor nur ein kleines Abenteuer für die Nacht gesehen, aber jetzt schien es auf einmal so viel mehr zwischen ihnen zu sein. Oder war es der Rausch, der ihr hunderte von Schmetterlingen in den Bauch gezaubert hatte? Sie griff nach seinem Arm und gemeinsam gingen sie über den Markt. Dabei unterhielten sie sich und lachten über Kleinigkeiten. Viktor machte Witze und Cho fühlte sich so gut wie lange nicht mehr, obwohl sie nicht ums Feuer tanzte und sich selbst vergaß. Nein sie war an der Seite von Viktor noch Cho Chang, aber zeitgleich war sie es auch nicht, denn sie fühlte sich verändert und neugeboren. Ein wenig später verließen sie den Markt und schlenderten den Hügel hinunter, wo es einen kleinen See gab, an dessen Ufer sie es sich unter einem Kirschbaum gemütlich machten. In den letzten gemeinsamen Stunden hatte sich die Stimmung zwischen ihnen gewandelt, war romantischer geworden und Cho fragte sich, ob sie das alles nur träumte. Sie war einfach zu neugierig und musste Viktor danach fragen, auch wenn es vielleicht die Stimmung verdarb zwischen ihnen. Sie wollte einfach wissen, warum er ausgerechnet mit ihr Zeit verbrachte. Viktor zog überrascht die Augenbraue hoch bei dieser Frage und lächelte dann. „Lach mich aber bitte nicht aus, wenn ich es dir verrate“, bat er sie und Cho nickte. „Ich komme schon seit drei Jahren hierher, weil ich beim ersten Mal als ich hier war völlig verzaubert von dir war, als du so völlig losgelöst von der Welt wie einer Elfe gleich um das Feuer tanztest. Ich konnte mich von deinem Anblick nicht loslösen, aber ich hatte das Gefühl, wenn ich dich anspreche, würde der Zauber, der von dir ausgeht, verschwinden und ich hätte mir alles nur eingebildet.“ Cho sah ihn belustigt und zeitgleich auch gerührt an. „Das heißt du hattest Angst ich wäre eine Illusion und würde mich auflösen?“ Sie musste bei der Vorstellung einfach grinsen, sodass er ihr einen kleinen wütenden Blick zuwarf, worauf sie ihm sofort entschuldigend einen Kuss auf die Wange hauchte. „Das ist romantisch“, versicherte sie ihm. „Ich bin froh, dass du mich angesprochen hast.“ Viktor sah sie erleichtert an und gab ihr einen langen Kuss, den sie voller Leidenschaft erwiderte. Sie konnte ihr Glück heute Nacht kaum fassen. Irgendwo in der Ferne quakte ein Frosch, so als wolle er sie anfeuern und die beiden gaben sich auch ihrem Liebesspiel ganz hin, denn es fühlte sich gut und richtig an. Cho hatte nicht mehr das Gefühl irgendetwas zu überstürzen und hoffte, dass es keine einmalige Sache blieb, als sie sich ungeachtet aller Augen, die sie vielleicht beobachten, miteinander vereinigten und sich ganz der Natur hingaben. Das hier war die pure, lebendige Kraft der Natur und mit ihr erwachte Cho aus ihrem Winterschlaf. Der Frühling hatte wirklich begonnen in dieser Nacht und mit dem Beginn des Mais zog auch endlich die Liebe wieder in ihr Leben ein. Sie war sich sicher, dass es dieses Mal länger als zwei Monate hielt, denn sie hatte ein gutes Gefühl bei dieser Beziehung. Sie entstand schließlich am Ursprung alles Lebens: dem Frühling. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)