Helvetica von -Pride- ================================================================================ Kapitel 1: - OS - ----------------- Der kleine blondhaarige Junge sass ruhig auf dem Schoss seiner Mutter und sah ihr zu, wie sie vor seinem Körper strickte. Gespannt sah er zu, wie das Gestrickte immer länger wurde. Die Farbe war schlicht, ein sanftes Grün, wie das Gras draussen auf der Wiese. Sie hatten es bekommen von einer alten Frau die auf der Durchreise gewesen war. Seine grünen Augen folgten jeder Bewegung seiner Mutter, bis sie ihre Arbeit schliesslich zur Seite auf den kleinen Holztisch legte. Sie beugte sich nach vorne und sah ihrem Sohn ins Gesicht, der die Strickerei noch kurz nachdenklich ansah, ehe er zu ihr sah. Eine Frage bildete sich in seinem Kopf, doch wagte er diese nicht zu stellen… Er hatte sie schon mal geäussert und musste erleben, wie seine Mutter am Abend weinend beim Feuer sass und kein Wort sprach. Nachdenklich wendete er seinen Blick ab und sah vor sich auf den Boden, ehe er fühlte, wie seine Mutter aufstehen wollte. Rasch rutschte er von ihrem Schoss runter und machte ein paar Schritte, ehe er sie stumm ansah. Lächelnd stand sie auf, die langen Blonden Haare fielen über ihre Schultern und eine kleine dünne Strähne fiel in ihr Gesicht. Ihre tiefblauen Augen sahen in seine Wiesengrünen, ehe sie lächelnd über seinen Kopf strich. "Du bist heute so leise. Möchtest du mit mir über etwas reden?", fragte sie mit der sanften Stimme und lächelte ihn an. Der Junge schüttelte schnell den Kopf. "Ich habe nur nachgedacht Mutter.", entgegnete er ruhig und sah zu seinen Füssen. Er konnte ihr nicht in die Augen sehen, sie würde zu schnell rausfinden, dass er log und ihn etwas bedrückte. Doch anstelle weiter zu fragen, nickte sie und der Blondschopf fühlte, wie die Hand noch mal über seinen Kopf strich, ehe sie weg war. Er sah hoch und sah, wie sie sich umsah und schliesslich fand sie das Gesuchte. "Was möchtest du heute essen? Du weisst, du kannst dir alles wünschen.", fragte sie liebevoll und lächelte weiter sanft. Der Junge dachte kurz nach, ehe er ihr eine Antwort auf die Frage gab. "Hase?", fragte er scheu und zurückhaltend als würde er etwas falsches sagen. Seine Mutter nickte und schritt in die Küche. "….und das Vater zurück kommt…", fügte er in Gedanken hinzu und lief in sein Zimmer. In seinem Zimmer angekommen lief er zum Fenster und blickte hinaus. Draussen schien die Sonne und die leicht warme Frühlingsbrise brachte die Felder vor ihm zum tanzen. Er sah wie der silberne Schein hin und her tanzte. Lange sah er hinaus, wusste nicht wie viel Zeit verstrichen war und wartete. Er wartete darauf jemand am Horizont zu sehen, jemand den er kannte, jemand den er vermisste. Der Geruch des Hases kroch in seine Nase und erst jetzt vernahm er, dass seine Mutter unten kochte. Doch anstelle sich von dem Fenster zu lösen, blieb er weiter davor stehen und wartete. Er wusste nicht wie viele Monate verstrichen waren, er hatte sie aufgehört zu zählen. Wusste sein Vater wie sehr sein Sohn und seine Frau ihn vermissten? Und vermisste er sie überhaupt? Die Gedanken kreisten ihm im Kopf und er fühlte, wie er wieder einen dicken Hals bekam. Tief schluckend rieb er sich über die Augen damit die Tränen nicht über seine Wangen liefen. "Sei stark! Du bist ein Mann du kannst nicht weinen! Du darfst es nicht!", schoss ihm durch den Kopf. Als er sich beruhigt hatte lief er zu seiner Mutter und versuchte ihr so gut es ging zu helfen mit dem Kochen, ehe sie kurze Zeit später zusammen assen und es draussen immer dunkler wurde… Als es draussen finster war und der Junge zu Bett gehen wollte, rief ihn seine Mutter ins Wohnzimmer. Fragend ging er zu ihr und sie sass wieder auf dem Stuhl, die Strickerei wieder in der Hand. Nachdenklich winkte sie ihn zu sich. Kaum war er da, nahm sie seine Hand und schaute ihm tief in die Augen. "Sag mir bitte was dich bedrückt. Ich mache mir Sorgen um dich.", sagte sie sanft und schaute ihm bittend in die Augen. Der Blondschopf schwieg und sah auf den Boden, ehe er seinen Kopf hob und sie mit tief traurigen Augen ansah. "Wieso ist Vater noch nicht da? Wo ist er und warum kommt er nicht zurück?", fragte er mit erstickender Stimme und dicke Tränen rannen über seine Wange. Seine Mutter sah ihn traurig und nachdenklich an, ehe sie aufstand und ihren Sohn in die Arme nahm. Sie drückte ihn gegen sich und strich ihm über den Kopf. Er mochte sich als stark ausgeben, doch war er genau so emotional wie jeder andere Mensch. Er durfte nicht weinen, er war schliesslich der Sohn des Oberhauptes, er musste stark sein und beweisen, dass er würdig wäre der Nachfolger zu werden. Er musste die Last auf seinen Schultern ertragen, bis sie leichter wurden und neue darauf kommen würde. Er durfte nicht zerbrechen wie es andere durften, er durfte keine Schwäche zeigen…. "Er wird bestimmt bald zurückkehren.", sagte sie sanft und umarmte ihn weiter. "Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird er wieder da sein.", redete sie weiter beruhigend auf ihren Sohn ein und versuchte selber die Würde zu bewahren und verkniff sich das weinen. Es war eine lange Zeit vergangen und sie hatte gehört wie die Helvetier die Legion von Vindonissa angegriffen hatten und das die Römer nun anfingen die Dörfer zu plündern und die Menschen abzuschlachten wie Tiere… Sie verbann den Gedanken, dass ihrem Mann das gleiche passieren würde. Sie wollte sein totes Gesicht nicht vor ihren inneren Augen sehen wie in ihren Träumen immer. Sie schlang die Arme fester um ihren Jungen, dessen Körper ab und zu kurz zuckte von den Schluchzern die in ihrer Kleidung erstickte. "Es ist alles gut mein Sohn, weine nicht, er wird zurück kommen, ganz bestimmt.", flüsterte sie beruhigend und. "Weine nicht, es wird alles gut.", wisperte sie leise und auch zu sich selbst. Nach diesem Abend hatte der Junge nicht mehr nach seinem Vater gefragt. Er fing an es zu vermeiden über ihn zu sprechen oder zu erwähnen, doch dachte er jeden Abend vor dem einschlafen an ihn… Nach ein paar Monaten kam ein Mann in schwarz gekleidet in das kleine Dorf mit einem Karren voller Taschen. Er verlange mit allen Familien einzeln zu sprechen. Als er schliesslich bei dem Jungen und seiner Mutter vor der Tür stand, öffnete sie ihm zögerlich die Tür und er trat leise ein. Der Junge starrte ihn an und auch auf die Tasche die er in den Händen hielt. Es brauchte keine 5 Sekunden als der Junge aufsprang und zu ihnen rannte, die Hände nach der Tasche ausgestreckt und mit Tränen in den Augen. Er wusste, dass sein Vater diese Tasche genommen hatte als er gegangen war und nun verstand er auch, warum der Mann mit allen einzeln sprechen wollte. Er verstand warum er da war. Er verstand das die Tasche das einzige war, dass zurück kommen würde. Er verstand, dass sein Vater nicht mehr zurückkehrte… Weinend nahm er die Tasche, drückte sie gegen seinen schmalen Körper und weinte. Er vergass seine Würde, seinen Rang und was auf ihn zu kommet. Er vergass alles. Seine Gedanken waren leer als er mit der Tasche hinaus rannte und seinen Namen hörte der gerufen wurde. Schnell rannte er weg, rannte über Wiesen zu einem Wald. Rannte hinein zu einer Lichtung und schliesslich gaben seine Beine nach. Die Kraft verliess ihn, die Gefühle übernahmen die Herrschaft seines Körpers, der unter den Schluchzern bebte. Der Junge schrie, hörte nicht mehr auf, doch war es ihm egal ob ihn jemand hörte oder nicht. Es war ihm egal wer ihn jetzt sehen würde, es war ihm alles egal… Das Reich Helvetien war aufgelöst, die romanisierung begann und setzte sich im Westen und Osten durch. Das keltische verschwand nach und nach, doch blieben manche Namen bestehend von Städten und Flüssen. Durch die Auflösung verschwanden zwar die alten Helvetier, doch entstand etwas Neues daraus. Etwas Kleines und Besonderes mit den 4 Landessprachen. Auch aus dem Jungen entstand ein junger Mann, entschlossen und willensstark, die Vergangenheit nicht vergessend. Er hatte dieses kleine Land weiter aufgebaut, vermied Konflikte, versuchte friedlich sein Land zu gewinnen ohne einen weiteren Kampf dulden zu müssen, ohne weitere Menschen zu verlieren und Familien zu trennen. Er wusste, irgendwann würde er vielleicht wieder alles verlieren. Er würde sterben, doch waren sie nicht geboren um zu sterben? Für was waren sie alle da? Wer waren sie? Fragen die oftmals unbeantwortet zur Seite gelegt wurden, da man die Antwort nicht darauf fand. Doch wusste er eines: Jeder hatte eine Aufgabe, jeder war wegen irgendetwas geboren, jeder hatte einen Sinn in seinem Leben, auch wenn dieses schnell vorbei gehen konnte. Mit erhobenen Hauptes hatte er sein Land aufgebaut und würde dies nicht aufgeben, solange er lebte! Voller Stolz rief er den Namen seines Landes zu seinem Volk und zu den anderen Völker hinaus: Confoederatio Helvetica «Unus pro omnibus, omnes pro uno» Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)