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Durchgeknallte Traumsequenzen

(was mein Hirn alles so fabriziert?)
von

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Traum 35 (Eine ganz andere Cinderella Story)

Jenna: 15 Jahre alt, Seto: 18 Jahre alt
 

Katie: 16 Jahre alt, Hautfarbe: Hellbraun, Haare: Schwarz gelockt

*****************************************************
 

Ich, Jenna White, bin dazu gezwungen, als Hausmädchen bei der reichen Familie Montgomery – bestehend aus der Hausherrin Dominique und ihrer 17-jährigen Tochter Elisabeth, kurz Beth - zu arbeiten, da meine Eltern verschwunden sind, die mit der Familie gut befreundet war, und ich mir irgendwie meinen Unterhalt verdienen muss, um zu überleben. Der Hausherr ist kurz vor dem Verschwinden meiner Familie verstorben.
 

Das einzig Schlimme an meiner Arbeit ist, dass ich behandelt werde, wie eine Sklavin. So komme ich mir zumindest öfter mal vor. Und an einen Wechsel meines Jobs kann ich nicht denken, da ich sonst nicht genug Geld verdienen könnte, um später zu studieren. Schließlich gibt mir diese Familie auch ein Dach über den Kopf in einem Schuppen, den ich mir als Zimmer eingerichtet habe.
 

Außerdem bin ich der Familie ebenso zu Dank verpflichtet, weil sie mich ohne Bedenken einfach so aufgenommen und mir diesen Job angeboten hatte. Zudem ist derzeit die Hausherrin mein Vormund und darf somit über die Nachlassenschaft meiner Eltern verfügen, um für mich aufzukommen. Ich kann nur froh sein, dass mir wenigstens gestattet ist, zur Schule gehen zu dürfen, weil ich in dieser Zeit meinen Aufgaben als Hausmädchen nicht nachkommen kann.
 

Ich werde dennoch nur solange bleiben, bis ich alt genug bin, um mir eine eigene Wohnung mieten zu dürfen. Denn ich will mein Leben hier nicht vergeuden.
 

„Jenna! Wo bleibt das Frühstück!“ werde ich durch eine Sprechanlage aus dem Schlaf gerissen.
 

Schwerfällig, da ich bis spät in die Nacht noch gelernt hatte, erhebe ich mich aus dem Bett und ziehe mich um. Nach einem Besuch im Bad, um mich frisch zu machen, eile ich dann endlich hinaus in den großen Garten und hinüber ins Haus.
 

In der Küche bereite ich schnell das Frühstück zu und richte es auf dem Esstisch im Esszimmer an, wo bereits alle drei am Tisch ungeduldig warten.
 

„Was hat denn da so lange gedauert?“ beschwert sich die Hausherrin.
 

„Entschuldige, Dominique. Ich hatte gestern Abend noch gelernt.“
 

„Dafür gibt es keine Entschuldigung. Wenn du deiner Arbeit nicht nachkommst, muss ich dein Gehalt kürzen.“
 

„Ich werde mich bessern. Versprochen.“
 

„Das will ich für dich auch hoffen. Du weißt doch, wie ungern ich dir dein Gehalt kürzen würde. Schließlich sparst du ja bereits für dein Studium.“
 

Missmutig senke ich meinen Kopf. Denn jedes Mal klingen ihre Worte wie Erpressung in meinen Ohren. Ich sollte aber nicht vom Schlimmsten ausgehen. Schließlich war diese Familie mit meiner sehr gut befreundet.
 

Ich setze mich nun ebenfalls an den Tisch und beginne mit der Familie zu essen.
 

„Mutter, ich werde Seto Kaiba heute erneut den Hof machen.“ erklärt Beth.
 

„Tu´ das, Schätzchen. Und tu´, was ich dir gesagt habe. Du musst mehr mit deinen Reizen spielen, wenn er sich in dich verlieben soll. Mach´ ihm schöne Augen.“ antwortet ihr Dominique.
 

„Mutter. Das mach´ ich jetzt schon seit Monaten und er beachtet mich immer noch nicht. Hast du eine Ahnung, wie viele Mädchen versuchen, ihm schöne Augen zu machen? Er hat mehrere Fanclubs. Wie soll er da gerade auf mich aufmerksam werden?“ erwidert Beth.
 

„Dann musst du mehr aus der Masse hervorstechen. … Streng´ dich einfach mehr an.“
 

„Ich geb´ mein Bestes.“
 

Nach dem Frühstück geht Beth bereits zur Schule, während ich noch das Geschirr abräumen und waschen muss. Erst nach getaner Arbeit darf ich selbst zur Schule aufbrechen. Doch, zuvor muss ich noch einmal in mein Zimmer zurück, um meine Schulsachen zu holen, dann verlasse ich auch schon das Grundstück, auf dem Weg zur Schule.
 

Auf dem Schulhof begegne ich meiner Schulfreundin Katie. Sie ist bisweilen meine einzige und beste Freundin. Wir begrüßen uns mit einer Umarmung.
 

„Konntest du gestern noch für die Prüfung lernen?“ erkundigt sie sich bei mir.
 

„Ja. Dominique hat heute früh wenigstens keinen Aufstand gemacht, weil das Frühstück nicht pünktlich auf dem Tisch gestanden hat.“
 

„Vermutlich hatte sie heute Morgen gute Laune?“
 

„Vielleicht. … Aber Tischgespräch war schon wieder nur Seto Kaiba. … Ich versteh´ einfach nicht, wie man jemandem nur so penetrant auf die Nerven gehen kann.“
 

„Bist du nicht auch schon seit Ewigkeiten, in ihn verschossen?“
 

„Schon. Aber ich bin realistisch. Er würde sich niemals, für so jemanden wie mich, interessieren. Ich bin ein Niemand. Und er sieht auf Niemande herab.“
 

Sie seufzt, ehe sie meint:
 

„Du bist erst 15 Jahre alt. Man kann von dir nicht erwarten, dass du etwas auf die Beine stellst, ohne Mittel. … Hast du denn schon etwas von deinen Eltern herausgefunden?“
 

„Nein. Immer noch nichts. … Es ist, als hätten sie nie existiert. … Mir fehlen einfach die Mittel, um bessere Nachforschungen anstellen zu können.“
 

„Ich bin aber zuversichtlich, dass du eines Tages herausfinden wirst, was mit ihnen passiert ist.“
 

„Das hoffe ich. … Im Geheimen vermute ich ja, dass ein Komplott dahintersteckt. … Ich mein, erst stirbt Mr. Montgomery und kurz darauf verschwinden meine Eltern auf mysteriöse Art und Weise. … Die Montgomery´s nehmen sich meiner an und alles geht in ihren Besitz über, weil ich noch nicht volljährig bin und deshalb einen Vormund brauche, weil sie eben gute Freunde meiner Eltern waren.“
 

„Deshalb bin ich zuversichtlich, dass sich alles geben wird. Und ich werde dich auch gerne dabei unterstützen.“
 

„Danke, Katie. Du bist meine beste Freundin.“ umarme ich sie wiederholt.
 

Dann läutet auch schon die Schulglocke und wir betreten das Schulgebäude, um in unsere Klassen zu gehen.
 

~~~
 

In der großen Pause finden sich alle Schüler auf dem Schulhof ein, wo auch Seto Kaiba sich die Ehre gibt, auf seinem Stammplatz auf einer Bank unter einem Baum. So kann ich beobachten, wie Beth versucht, ihm schöne Augen zu machen, während sie ihm ihre Reize verdeutlicht und versucht, ihn um ein Date zu bitten, wie schon viele Male davor, und doch jedes Mal abgeblitzt ist.
 

Und wie nicht anders zu erwarten, gibt er ihr einen weiteren Korb. Jeder weiß, dass er Single ist, und es auch bleiben will. Kein Mädchen hat eine Chance bei ihm. Deshalb versuche ich es auch gar nicht erst. Es hätte ja ohnehin keinen Sinn. Sein Herz erreichen zu wollen, ist ohnehin verschwendete Liebesmüh´. Er wird nämlich viel zu sehr von seiner Firma beherrscht, die ihn vollkommen gefühlskalt werden hat lassen.
 

Gut, im Grunde kennen wir seine Hintergrundgeschichte nicht, aber bisher hat er ja auch noch nichts von sich offenbart. Und das wird vermutlich auch immer so bleiben. Weil er niemandem sein Herz öffnet.
 

Nachdem wieder der Unterricht begonnen hat und alle Schüler in ihren Klassen sind, verkündet der Lehrer:
 

„Zur Erinnerung: Heute Abend um 20 Uhr findet die diesjährige Kostümparty statt. Das Motto verlangt eure Kreativität. Es lautet nämlich: ‚Mystische Wesen aus Geschichten und Sagen.‘ Und die Party findet in der großen Aula statt. Es steht jedem frei, zu dieser Veranstaltung zu erscheinen.“
 

Heute Abend ist es also so weit. Ich habe monatelang gespart, um mir mein Kostüm leisten zu können. Denn noch habe ich niemandem verraten, als was ich gedenke, mich zu verkleiden.
 

So, wie ich Beth kenne, wird sie sich sicher als Prinzessin verkleiden. Wie einfallslos. Aber sie wird bestimmt Seto Kaiba beeindrucken wollen, mit ihrer Schönheit. Gut, sie ist schon recht hübsch und auch beliebt, wie eben eine typische Blondine. Aber ihr Charakter ist einfach mies. Wenn ich es recht bedenke, würde sie schon gut zu Seto Kaiba passen. Aber ich glaube eben nicht, dass er so ist, wie er sich gibt. Ich bin sicher, dass er tief in seinem Inneren ganz anders ist.
 

Ich bin allerdings neugierig, als was er erscheinen wird, falls er denn kommt. Es ist aber eigentlich gestattet, Familienangehörige mitzubringen. Und da sein Bruder Mokuba Kaiba bestimmt auf diese Kostümparty gehen wollen wird, wird dieser darauf bestehen, dass sein großer Bruder mitkommt, damit er reindarf. Also darf man annehmen, dass beide Brüder heute Abend anwesend sein werden.
 

Ob sich heute Abend allerdings Tanzpaare finden, weiß ich nicht. Viele haben zwar Verabredungen, aber Katie und ich kommen nur zu dieser Veranstaltung, um vielleicht nette Jungs kennenzulernen, und um uns zu amüsieren. Außerdem muss ich erst noch Dominique fragen, ob ich auf die Kostümparty gehen darf, weil ich normalerweise meinen Aufgaben als Hausmädchen nachkommen müsste.
 

Da der Lehrer das Thema Kostümparty beendet hat, schreiben wir endlich den Test, für den ich gelernt habe. Ich kann alle Fragen und Aufgaben lösen.
 

~~~
 

Nach der Schule gehe ich nach Hause und mache erst einmal meine Hausaufgaben. Anschließend arbeite ich die Aufgabenliste ab, die mir Dominique erstellt hat, die ich nach zweieinhalb Stunden erledigt habe, weil ich mich extra beeilt habe, damit ich zu der Party gehen kann.
 

Um 19 Uhr mache ich auf, zu Dominique. Sie liegt auf einer Liege und wird von drei Herren massiert.
 

„Dominique?“
 

„Was ist denn? Hast du nichts zu erledigen? Du siehst doch, dass ich gerade eine Massage genieße.“
 

„Ich störe dich auch nicht lange.“
 

„Was willst du, du Nervenplage.“ gibt sie genervt von sich.
 

„Du weißt, ich habe dich noch nie um etwas gebeten. Deshalb bitte ich dich, mir die Erlaubnis zu erteilen, heute Abend zu der Kostümparty an meiner Schule zu gehen.“
 

„Das kommt überhaupt nicht in Frage. … Hast du überhaupt schon deine Arbeiten erledigt, die ich dir aufgetragen habe?“, setzt sie sich auf und winkt die drei Männer weg.
 

„Ich habe alles geputzt und gereinigt, was du mir aufgeschrieben hattest.“
 

„Du weißt, Beth hat in drei Tagen Geburtstag und es findet eine große Geburtstagsparty für sie statt. Da muss das ganze Haus blitzblank sein. Deshalb kann es durchaus sein, dass ich nicht an alles gedacht habe. Kontrolliere noch einmal das ganze Haus, und wenn es sein muss, putzt du alles noch einmal, bis alles glänzt.“
 

„Das ganze Haus?“ frage ich sie entsetzt.
 

„Ja, das ganze Haus. … Da fällt mir ein, … der Keller könnte eine gründliche Reinigung vertragen. Erledige das jetzt, wenn du sonst nichts mehr zu tun hast.“
 

„Mutter. Fährst du mich mit dem Auto zur Schule?“ kommt da unerwartet Beth hinzu.
 

„Hinreißend sieht du aus, meine Liebe. So wirst du Seto Kaiba ganz bestimmt den Kopf verdrehen.“ erwidert Dominique ihrer Tochter.
 

Sie ist eine Prinzessin. Wie ich sie doch nur durchschauen konnte.
 

„Jenna, du musst meine Wäsche noch mal waschen.“ erteilt mir Beth sogleich eine weitere Aufgabe.
 

Ich seufze. Wie soll ich das alles nur schaffen? Die Kostümparty kann ich ja so was von vergessen.
 

„Nachdem ich Beth zur Schule gebracht habe, werde ich zu meinem Yoga-Training fahren. Und nachdem ich Beth um Mitternacht wieder abgeholt habe, will ich, dass du den Keller gereinigt und alle sonstigen Aufgaben erledigt hast. Ist das klar?“
 

„Alles klar, Dominique.“ seufze ich und mache mich, mit Verdruss auf den Weg in den Keller, um die Lage unter die Lupe zu nehmen.
 

Na, toll. Der ganze Keller ist mit Gerümpel vollgeräumt, überall Staubschichten und Spinnweben. Wozu soll ich hier putzen, wenn allem Anschein nach, ohnehin nie jemand hier runterkommt? Das aufzuräumen wird Ewigkeiten brauchen. Am besten fange ich gleich damit an.
 

Zuerst räume ich das Gerümpel aus dem Keller, um es zu entsorgen.
 

Zwischenzeitlich werde ich angerufen. Ich nehme das Gespräch an, als mir bereits eine fröhliche Stimme zuzwitschert:
 

„Jenna, wo bleibst du denn? … Ich dachte, du wolltest mich abholen, damit wir gemeinsam zu der Kostümparty gehen können.“
 

„Tut mir leid, Katie, aber ich kann nicht zu der Kostümparty gehen. Dominique hat mir aufgetragen, den Keller aufzuräumen und zu reinigen.“
 

„Jenna, das tut mir leid. Dabei hast du dir doch extra ein teures Kostüm dafür gekauft, wofür du noch dazu monatelang sparen musstest. … Ich komme vorbei und helfe dir. Denn alleine und ohne dich, will ich dort auch nicht hin.“
 

„Danke, Katie, aber du musst das nicht tun. Wenigstens du sollst dich amüsieren können. Bitte geh´ auf die Party.“
 

„Nicht ohne dich, meine Liebe.“ und aufgelegt.
 

Mist. Sie wird mir keine Ruhe damit geben. Aber deshalb ist sie ja meine beste Freundin. Sie will mir beistehen und das finde ich wirklich rührend von ihr.
 

Deshalb beginne ich schon mal mit dem Staubwischen und Spinnweben entfernen, bis es an der Haustür klingelt. Seufzend gehe ich nach oben und öffne die Haustür.
 

„Hey, Jenna. Sieh´ mal, was ich in deinem Zimmer gefunden habe.“ hält sie mir ihr und mein Kostüm unter die Augen.
 

„Katie. Du warst in meinem Zimmer? Was wird das, wenn es fertig ist?“ will ich wissen.
 

„Na, wir werden auf die Kostümparty gehen.“
 

„Hast du mir nicht zugehört? Dominique wird um Halb nach Mitternacht wieder hier sein und erwartet, dass ich den Keller gereinigt und Beth´s Wäsche gewaschen habe.“
 

„Ich habe auch nie behauptet, dass deine Arbeit liegen bleiben wird. Ich bin nämlich nicht alleine gekommen.“
 

Katie tritt zur Seite und lässt drei ältere Jungs herein.
 

„Das sind Cousins vom besten Freund meines Bruders und sie haben ihre Hilfe angeboten, nachdem ich ihnen von deinem Problem erzählt habe.“
 

Mir kommen direkt Tränen der Rührung.
 

„Das hast du für mich getan?“
 

„Sicher. Du bist schließlich meine beste Freundin und ich will mit dir gemeinsam auf diese Kostümparty gehen.“
 

„Danke, Katie.“ falle ich ihr um den Hals.
 

„Genug Zeit verschwendet.“, drückt sie mich von sich, „Wir sollten uns beeilen.“
 

Ich nicke und begleite erst einmal zwei von ihnen hinunter in den Keller, da dieser die meiste Zeit beansprucht. Mit dem dritten gehe ich in Beth´s Zimmer, nehme den Kleiderstapel und zeige ihm, wie er in der hauseigenen Waschküche die zwei Waschmaschinen bedienen muss, und wo er die Wäsche zum Trocknen aufhängen soll.
 

Danach zerrt mich Katie regelrecht mit sich, damit wir das Haus verlassen und in mein Zimmer kommen, damit wir uns umziehen können.
 

Danach brechen wir schnellstens auf, in die Schule zu kommen.
 

~~~
 

Als wir verspätet die Aula betreten, sind wir absoluter Blickfang. Und laute Tanzmusik dröhnt bis zu uns vor.
 

Katie ist als Nymphe verkleidet, und ich stelle einen waschechten weißen Engel dar, mit federechten Flügeln und einem Heiligen Schein als Haarreif. Mein schneeweißes Engelsballkleid glitzert im Licht und lässt mich so, wie einen echten Engel wirken.
 

Wir tragen beide je eine Maske, so wie alle anderen Mitschüler und Besucher auch, da man sich auf der Kostümparty nicht sofort erkennen soll.
 

Ich fühle mich von Jedermann angestarrt.
 

„Du sagtest, Dominique ist gegen halb Eins wieder da. Also stell´ an deinem Handy den Wecker auf Punkt Mitternacht, damit du pünktlich zurück bist.“ schlägt mir Katie vor.
 

„Gute Idee. Danke.“ erwidere ich ihr, hole mein Handy hervor und stelle mir den Wecker.
 

Das Handy stecke ich mir unter dem Kleid an meine Beintasche, die ich extra dafür besorgt hatte. Danach blicke ich mich erst einmal um.
 

Da erblicke ich zufälligerweise dann auch mein Gegenstück. Einen schwarzen Dämonenengel mit zwei Hörnern auf dem Kopf, ebenfalls mit einer Maske unkenntlich gemacht. Auch jener starrt mich gebannt an. Und da dieser wohl eine ähnlich außergewöhnliche Idee hatte, fühle ich mich von ihm besonders angezogen. Da ich aber zu schüchtern bin, lasse ich mich von Katie weiter in den Partyraum ziehen, bis wir beim Buffet ankommen.
 

Erstaunlicher Weise muss ich auch gar nicht die Annäherung beginnen. Denn der Dämonenengel kommt von selbst auf mich zu.
 

„Interessantes Kostüm.“ werde ich angesprochen.
 

Ich wende mich diesem zu und erwidere schüchtern lächelnd:
 

„Danke. Kann ich nur zurückgeben.“
 

Da erblicke ich etwa in der Mitte der Aula die Prinzessin mit Namen Beth, die verzweifelt Seto Kaiba zu suchen scheint. Mein Augenmerk liegt aber sofort wieder auf meinem Gegenüber.
 

„Willst du vielleicht tanzen?“ reicht er mir seine Hand.
 

„Ich kann leider nicht tanzen.“ gebe ich zu.
 

„Darf ich es dir dann vielleicht beibringen?“
 

„Hm, … Ein Versuch ist es zumindest wert.“ meine ich dazu und seine Lippen verziehen sich zu einem kleinen Lächeln, während ich meine Hand auf seine lege.
 

Er führt mich auf die große Tanzfläche, wo er zum DJ geht und etwas sagt, was ich auf Grund der lauten Musik nicht verstehen kann. Dieser nickt und schon werde ich weitergezogen.
 

Plötzlich beginnt ein langsameres Lied zu spielen und der Dämonenengel nimmt meine Hände, um sie an sich anzulegen. Zaghaft berühre ich ihn an den Stellen.
 

Meine rechte Hand liegt auf seiner Schulter und meine linke in seiner Hand. Nervös lausche ich auf die Musik, während ich auf unsere Füße starre. Er beginnt diese nun so langsam zu bewegen, damit ich nachfolgen kann. Schnell merke ich, dass es immer dieselbe Schrittfolge ist. In meinem Kopf beginnt sich die Schrittfolge allmählich zu verankern, bis ich mir zutraue, meinen Blick anzuheben, und ihm direkt in die Augen zu sehen.
 

Ich bin nahezu überwältigt von diesen Augen, so wunderschön strahlen sie mir entgegen.
 

„Das machst du gar nicht so schlecht? … Willst du´s etwas schneller versuchen?“ werde ich gefragt.
 

„Solange ich nicht über meine eigenen Füße stolpere?“ erwidere ich ihm mit einer Gegenfrage, was ihn allerdings abermals zu einem leichten Lächeln bringt.
 

Er scheint nun die Standardgeschwindigkeit anzunehmen, denn er wirbelt mit mir regelrecht durch die Gegend. Anfangs hinke ich etwas hinterher, aber schon bald habe ich es raus.
 

Als die Musik dann noch langsamer wird, und zu einem Schmusesong wechselt, kommt mir der Dämonenengel ganz nah und drückt seinen Körper gar an mich. Ich schlinge, zu dieser Gelegenheit, hemmungslos meine Arme um seinen Hals und schmiege mich an ihn, weil ich mich stark zu ihm hingezogen fühle, wie nie jemandem jemals zuvor.
 

So bemerke ich auch nicht, dass ich die Missgunst sämtlicher Mädchen auf mich ziehe, da diese bereits Seto Kaiba hinter Maske erkannt haben.
 

Während des Tanzens schmiegen wir uns immer enger aneinander, obwohl ich ihm geradeso bis zu den Schultern reiche. Aber ich fühle mich einfach nur glücklich. Denn das ist das erste Mal, dass ich einem Jungen so nah bin. Deshalb habe ich auch unentwegt meinen Blick in seine Augen gehoben und lächle ihn an, obwohl mein Kopf bereits an seiner linken Schulter liegt.
 

Plötzlich höre ich Mokuba Kaiba´s Stimme von der Seite, was den Dämonenengel mit dem Tanzen innehalten, und mich irritiert zu dem Ankömmling blicken lässt, weshalb ich mich von dem Körper des Dämonenengels löse:
 

„Seto. Seit wann tanzt du denn? … Ich hab´ dich doch noch nie auf einer Party tanzen gesehen.“
 

Plötzlich kommt mir die Erkenntnis. Ich habe die ganze Zeit mit Seto Kaiba getanzt. Und Seto Kaiba tanzt nie. Warum also mit mir?
 

Da er ohnehin von seinem Bruder enttarnt worden ist, nimmt er sich nun auch die Maske ab und sieht mir mit leuchtenden Augen in die meinen.
 

„Bei diesem Engel konnte ich einfach nicht widerstehen.“, antwortet er seinem kleinen Bruder und fragt mich gleich weiter, „Bist du enttäuscht?“
 

Auf meine Lippen legt sich ein breites verlegenes Lächeln, ehe ich ihm antworte:
 

„Nein, gar nicht. Auch, wenn ich nicht wirklich mit dir gerechnet habe.“
 

„Darf ich denn jetzt auch erfahren, wer du bist?“ will er wissen.
 

Mist. Wenn er erfährt, wer ich bin, wird er mich abschießen. Er wird nie wieder etwas von mir wissen wollen. Deshalb schüttle ich meinen Kopf. Es ist besser, wenn er es nie erfährt. Außerdem wird er mich morgen bereits wieder vergessen haben. Ich hätte ja sowieso nie eine Chance bei ihm.
 

„Darf ich dann wenigstens erfahren, ob du auf diese Schule gehst?“
 

„Ja, ich gehe hier auf die Schule.“ antworte ich ihm mit einem verschmitzten Lächeln.
 

Plötzlich erklingt der Alarm von meinem Handy. Ich hole es von unter meinem Rock hervor und blicke auf die Uhrzeit.
 

„Tut mir leid, aber ich muss jetzt gehen.“ wende ich mich eiligst von ihm ab, werde aber noch einmal von ihm aufgehalten:
 

„Werden wir uns wiedersehen?“
 

„Schon möglich.“ erwidere ich ihm, ehe ich mich jetzt endgültig von ihm entferne.
 

Beim Hinauslaufen schnappe ich mir Katie, während ich mein Handy versuche, wieder unter meinem Kleid zu verstauen. Doch unbemerkt verfehle ich die Halterung und verliere mein Handy, während ich eiligst mit Katie aus der Aula laufe.
 

„Bitte, warte!“ höre ich noch Seto Kaiba´s eindringlichen Ruf, doch er verklingt, nachdem wir die Aula verlassen, den Schulhof passieren und das Schulgelände hinter uns lassen.
 

~~~ Seto´s Sicht ~~~
 

Ich eile dem Engel hinterher und hebe das Handy auf, das sie verloren hat. Schnell marschiere ich weiter zum Ausgang der Aula und blicke nach draußen, doch sie ist nicht mehr zu sehen. Sie ist verschwunden. Ich senke meinen Kopf und schließe meine Augen. Denn mir wird soeben bewusst, dass dieser Engel mein Herz berührt hat. Ich muss sie wiedersehen. Egal, wer sie ist. Ich muss sie irgendwie wiederfinden.
 

Ich öffne meine Augen wieder und blicke mir das Handy an. Es scheint sich dabei um ein recht altes Modell zu handeln. Aber ich hatte ohnehin nicht angenommen, dass sie aus reichen Verhältnissen stammt. Das wusste ich bereits, als sie mir anvertraute, dass sie nicht tanzen kann.
 

Ich spüre eine Hand schwer auf meiner Schulter lasten und will schon losschnauzen, als ich bemerke, dass die Hand zu meinem kleinen Bruder Mokuba gehört.
 

„Seto? Alles in Ordnung?“ erkundigt er sich bei mir.
 

Nein. Nichts ist in Ordnung, solange ich nicht weiß, wer dieser Engel war. Ich werfe ihm ruckartig einen Blick zu und Mokuba stockt.
 

„Ich muss wissen, wer dieser Engel war.“
 

„Seto? Geht´s dir nicht gut?“ greift er mir an die Stirn.
 

„Lass´ den Unsinn. Ich bin nicht krank.“
 

„Da bin ich mir im Moment nicht so sicher. … Denn normalerweise wärst du froh, wenn die Mädchen von dir wegbleiben.“
 

„Sie ist eben anders.“
 

„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, sie hat es dir ganz schön angetan. … Denn normalerweise lässt du auch niemanden so extrem nah an dich heran. Und du hast wirklich sehr eng mit ihr getanzt. Sie fast schon an dich gedrückt, als wäre sie dir noch immer zu weit entfernt. Und so, wie du sie die ganze Zeit angesehen hast …“
 

Mist, er hat Recht. Als sie mir die ganze Zeit so nah war und mich angelächelt hat, hätte ich sie am liebsten geküsst und sie noch sehr viel enger an mich gedrückt. Was stimmt nur mit mir nicht?
 

~~~ Jenna´s Sicht ~~~
 

Während wir zu mir heimwärts eilen, meint Katie belustigt:
 

„Hast du gemerkt, wie Seto Kaiba auf dich abgefahren ist? Das hat bis jetzt noch keine geschafft.“
 

„Meinst du wirklich?“
 

„Jenna, du hättest euch sehen müssen. Ihr habt so eng aneinandergeklebt, dass man hätte geglaubt, man braucht einen Klebstofflöser, um euch wieder auseinander zu bekommen.“, sie seufzt, „Ihr habt so süß zusammen ausgesehen.“
 

„Du wusstest die ganze Zeit, dass er es war?“ hake ich nach.
 

„Klar. Du etwa nicht?“
 

„Nein. Woher denn auch? Seto Kaiba tanzt schließlich nie.“
 

„Alle deine Mitschüler waren erstaunt und alle Mädchen auf dich eifersüchtig. Beth hat richtig getobt, weil sie nicht wusste, wer der Engel ist.“
 

„Ist auch besser so. Denn sie hat es ja auf ihn abgesehen. Sollte sie oder Dominique jemals erfahren, dass ich der Engel war, bin ich tot.“
 

„Ich verspreche dir, von mir erfährt niemand etwas.“
 

„Danke, Katie. Das hilft mir schon sehr, damit ich keine Probleme bekomme.“
 

„Aber, glaubst du nicht, dass er wissen wollen wird, wer der Engel nun war?“
 

„Er wird mich morgen bestimmt schon wieder vergessen haben.“
 

„Ich glaube es zwar nicht, aber, wenn du meinst.“
 

Gerade noch rechtzeitig schaffe ich es, mich umzuziehen und die Putz- und Waschhilfe wieder fortzuschicken, bei denen ich mich auch reichlich für ihre Hilfe bedankt habe.
 

Ein Kontrollblick, ob auch alles passt, schon höre ich, wie die Tür aufgeschlossen wird, und Beth sich bei ihrer Mutter beschwert. Deshalb komme ich jetzt auch ganz unschuldig aus dem Keller heraus und erkundige mich:
 

„Was ist denn hier los?“
 

„Das geht dich nichts an.“, fährt mich Dominique an, ehe sie sich erkundigt:
 

„Hast du deine Hausarbeit erledigt?“
 

„Gerade fertig geworden.“
 

„Davon werde ich mich eigenhändig überzeugen.“ scheint sie mir nicht zu vertrauen.
 

Deshalb folge ich ihr wieder hinunter in den Keller, wo sie sich genau umsieht.
 

„Wenigstens kannst du einmal etwas richtigmachen.“
 

Was soll das denn heißen? Sie tut gerade so, als könnte ich gar nichts richtigmachen. Ganz schön mies von ihr.
 

„Na, dann geh´ in dein Zimmer. Morgen gibt´s aber pünktlich Frühstück.“
 

„Ja, versprochen.“
 

„Schön. Und jetzt verschwinde.“
 

Ui, sind wir heute aber nett. So richtig gut gelaunt. Kopfschüttelnd marschiere ich wieder aus dem Keller gefolgt von Dominique, und verlasse das Haus, um in mein Zimmer zu verschwinden.
 

Glücklich Aufseufzend, weil ich Seto Kaiba heute so nah, wie noch nie jemand sonst, war, lasse ich mich auf mein Bett plumpsen. Zu dumm, dass ich mein Handy verloren hab´. Aber ich wollte mir ohnehin bald mal ein Neues besorgen. Mir tut´s nur um die ganzen Telefonnummern leid, die ich mir hart erkämpft habe, um Recherchen über das Verschwinden meiner Eltern anzustellen. Jetzt muss ich eben ganz von vorne beginnen.
 

*** Seto´s Sicht ***
 

Am nächsten Morgen, beim Frühstück, oder besser gesagt, bei meiner Tasse Kaffee, starre ich das Handy in meinen Händen sehnsüchtig an. Es ist noch schlimmer geworden. Ich habe von diesem Engel geträumt.
 

Ich habe mit ihr getanzt und diesmal bin ich regelrecht über ihre Lippen hergefallen. Konnte einfach nicht genug von ihr bekommen. Ich habe sie fest gegen mich gepresst und mit ihr geknutscht, was das Zeug hält. Und als ich aufgewacht bin, hatte ich eine Latte.
 

Verdammt, ich hatte noch nie eine Latte, von irgendwelchen Träumen. Das ist die schlimmste Schmach in meinem ganzen Leben. Meine Hormone sind total aus dem Gleichgewicht. Ich muss schnellstens herausfinden, wer mein Engel ist.
 

In der Schule angekommen, eine halbe Stunde, bevor der Unterricht beginnt, verteile ich an jeder Wand ein Umrissbild meines Engels mit einem Fragenzeichen darin. Und wer wissen sollte, um wen es sich handelt, soll mich umgehend darüber informieren. Mein kleiner Bruder hat aber eine andere Idee:
 

„Seto. So findest du sie doch nie. … Lass´ deinen Engel doch zu dir kommen.“
 

„Und wie, soll ich das, deiner Meinung nach, bewerkstelligen?“
 

„Du hast so viele Fanclubs und Groupies. Glaubst du nicht, dass jede behaupten wird, dein Engel zu sein? … Außerdem, … wie soll dein Engel denn beweisen, dass sie es ist?“
 

„Nun, … Sie müsste doch noch im Besitz ihres Kostüms sein. … Ich werde für morgen veranlassen, dass nur sie im Engelskostüm erscheinen darf. Dann werde ich sie mit Bestimmtheit wiedererkennen.“
 

„Wenn das mal nicht in die Hose geht.“ murmelt Mokuba vor sich hin.
 

„Es muss einfach klappen.“
 

Kopfschüttelnd meint Mokuba nur mehr:
 

„Ich geh´ dann in meine Schule. … Und keine Sorge, ich helfe dir bei der Suche nach deinem Engel. Ich komme zu jeder großen Pause und Mittagspause herüber in deine Schule, um dir zu helfen.“
 

„Danke, kleiner Bruder.“ bedanke ich mich bei ihm und beende das Bilderaufhängen.
 

~~~ Jenna´s Sicht ~~~
 

Als wir das Schulgelände betreten, bin ich regelrecht platt.
 

„So, so. Er hat dich also schon wieder vergessen.“ meint Katie zynisch zu mir.
 

„Oh, mein Gott. Er sucht nach mir? … Er darf niemals herausfinden, dass ich es bin.“
 

„Dann lass´ uns besser schnell in unsere Klassen gehen.“
 

Ich nicke nur, und wir beeilen uns in unsere Klassen.
 

~~~ Seto`s Sicht ~~~
 

In der großen Pause erhoffe ich mir also, dass mein Engel zu mir kommt, um ihr Handy zurückzuholen. Doch leider tauchen nur etliche Mädchen bei mir auf, die behaupten, mein Engel zu sein. Und doch weiß ich, dass es keine von ihnen ist. Diese Mädchen sind nämlich einfach nur aufdringlich. Und von der Art meines Engels weiß ich, dass sie nicht so ist. Sie wirkte nämlich eher schüchtern auf mich.
 

Nach der großen Pause gehe ich also in die Direktion und setze durch, dass mein auserwählter Engel, morgen ein Engelskostüm tragen darf, damit ich sie wenigstens so wiedersehe.
 

~~~ Jenna´s Sicht ~~~
 

Nach der Mittagspause wird uns in der Klasse unerwarteter Weise verkündet, dass der Engel, den Seto Kaiba sucht, für morgen die Erlaubnis hat, mit dem Engelskostüm zur Schule zu kommen. Ich bin entsetzt, wie verzweifelt er nach mir zu suchen scheint. Aber ich weiß auch, dass ich morgen unter keinen Umständen im Engelskostüm zur Schule gehen darf. Andererseits hätte ich schon gern mein Handy zurück, wegen der ganzen eingespeicherten Nummern. Was soll ich nur tun?
 

~~~
 

Als ich mit Katie nach der Schule den Heimweg antrete, meint sie zu mir:
 

„Du musst es ihm sagen.“
 

„Das geht nicht. Ich werde mächtigen Ärger bekommen.“
 

„Dann zieh´ dich eben erst in der Schule um. Niemand wird wissen, wer du bist, solange du deine Maske trägst.“
 

„Bist du dir sicher? … Ich mein, was mache ich, wenn Seto Kaiba mir die Maske abnimmt?“
 

„Dann wirst du wissen, ob er es ehrlich mit dir meint, oder eben nicht.“
 

„Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich mit ihm zusammenkommen könnte?“
 

„Warum denn nicht?“
 

„Hallo? Wir reden hier von Seto Kaiba.“
 

Plötzlich bricht Katie in Gelächter aus.
 

„Ja, Seto Kaiba ist schon ein Fall für sich. Da stimme ich dir zu.“ meint Katie anschließend.
 

„Du hast echt einen Knall.“ erwidere ich ihr.
 

***
 

Am nächsten Morgen überlege ich mir, ob ich mir wirklich das Engelskostüm mitnehmen soll. Sollte ich mir das Kostüm nämlich wirklich in der Schule anziehen und doch entlarvt werden, mache ich mich zum Gespött der ganzen Schule. Und wenn ich Seto Kaiba gegenüber entlarvt werde, wird er nie mehr ein Wort mit mir wechseln. Ich habe einfach Angst. Was soll ich nur tun?
 

Na, ja, mitnehmen kann ich es ja. Ich muss es ja nicht unbedingt anziehen. Außerdem gehe ich ohnehin davon aus, dass alle Mädchen in Engelskostümen erscheinen werden. Da fällt bestimmt nicht auf, dass ich keins trage. Oh, und Katie wird auch keins tragen.
 

Seufzend mache ich mich also auf den Weg zur Schule, wo ich Katie vor dem Schultor treffe.
 

„Und? Hast du es mit?“
 

Ich nicke nur.
 

„Wirst du es auch anziehen?“
 

Ich schüttle unsicher mit dem Kopf.
 

„Ach, komm´ schon. Er wird nicht aufgeben, ehe er dich gefunden hat.“
 

„Dann sag´ du ihm doch, dass er aufhören soll, nach mir zu suchen.“
 

„Ich weiß was Besseres. Morgen findet doch Beth´s Geburtstag bei euch statt. Ich werde ihm zukommen lassen, dass er zu der Geburtsparty kommen soll, wenn er dich wirklich finden will. … Und wenn er morgen dann zu euch kommt, werde ich ihn direkt zu dir bringen. Na, was meinst du?“
 

„Na, ich weiß nicht. Das klingt mir fast zu einfach. … Außerdem, sollte er wirklich zu Beth´s Geburtstagsparty kommen, wird bestimmt Beth ihn die ganze Zeit belagern. Wie willst du ihn da, zu mir bringen? … Dominique wird mich sicher nicht dabeihaben wollen, wie jedes Jahr.“
 

„Mach´ dir keinen Kopf. Ich kriege das schon hin. Verlass´ dich nur auf mich. Ich verhelfe dir schon zu deinem Liebesglück.“ grinst sie mich schelmisch an.
 

„Red´ nicht so einen Stuss.“ werde ich verlegen.
 

„Ich weiß doch, dass du ihn liebst. Jetzt fang´ doch endlich an, zu kämpfen. Deine Chancen sind nämlich enorm gestiegen.“
 

„Aber, ich würde mich doch gar nicht trauen, ihn anzusprechen.“
 

„Er kriegt dich schon zum Reden, glaub´ mir.“
 

Da die Schulglocke läutet, machen wir uns auf den Weg in unsere Klassen. So stelle ich schon einmal fest, dass alle Mädchen in Engelskostümen stecken und sichtlich miteinander streiten, weil jeder Seto Kaiba´s Engel sein will. Dabei sehen ihre Kostüme nicht einmal schön aus.
 

Bei einer dickeren Mitschülerin quillt sogar eklig das Fett aus den Seiten heraus. Deshalb bin ich mir ziemlich sicher, dass Seto Kaiba das Entsetzen, in der großen Pause, packen wird. Und der Direktor wird einen Aufstand machen, weil nur einer Schülerin die Erlaubnis erteilt wurde, ihr Engelskostüm anzuziehen. Und zwar mir. Aber, das weiß ja niemand. Vielleicht ist es auch besser, wenn es niemand erfährt.
 

~~~
 

Zur großen Pause sehe ich mir das Spektakel aus der Ferne mit an. Und irgendwie tut er mir einfach nur leid. Er wirkt tatsächlich enttäuscht, weil sein Engel nicht bei den Engeln dabei ist. Vielleicht sollte ich ihn wissen lassen, dass ich nicht gefunden werden will. Aber direkt kann ich es ihm nicht sagen.
 

Da Katie gerade auf mich zukommt und mich vorwurfsvoll ansieht, weiß ich, was los ist.
 

„Warum steht nicht vorne bei ihm?“ wirft sie mir vor.
 

„Ich kann das nicht. … Er soll aufhören, nach mir zu suchen.“
 

„Das kommt auf keinen Fall in Frage. Du wirst nicht auf dein Glück verzichten. Denk doch wenigstens einmal nur an dich selbst. Er könnte dir dabei helfen, herauszufinden, was mit deinen Eltern passiert ist.“
 

„Stimmt auffallend, da er über die Mittel und die Macht verfügen würde. Aber ich würde ihn nie ausnutzen wollen. Also, vergiss´ das ganz schnell wieder. Ich will es auf eigene Faust schaffen.“
 

Unerwartet tritt Mokuba Kaiba auf uns zu.
 

„Du wolltest mir etwas mitteilen?“ fragt er an Katie gewandt und meine Augen weiten sich.
 

Schnell verstecke ich mich hinter dem Baum, an dem ich gelehnt hatte, ehe Katie zu mir gestoßen ist.
 

„Ja. Morgen findet doch bei den Montgomery´s Beth´s Geburtstag statt. Ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass der Engel sich dort aufhalten wird. Aber, nicht unter den Partygästen.“ erzählt ihm Katie gelassen und ich schicke ihr Mörderblicke.
 

Wie kann sie mir so dermaßen in den Rücken fallen? Sie sollte es doch lassen, mich mit Seto Kaiba verkuppeln zu wollen. Ist aber eigentlich klar, dass Seto Kaiba´s kleiner Bruder jeder Spur nachgeht, die seinem größeren Bruder bei der Suche helfen könnte. Was soll ich denn jetzt nur tun? Katie hat mich indirekt verraten.
 

„Danke, für den heißen Tipp.“ lächelt Mokuba Kaiba erfreut, endlich einen Hinweis zu haben.
 

Dann beugt sie sich zu ihm und flüstert ihm auch noch etwas zu, was ich nicht verstehen kann. Wie unfair.
 

Daraufhin leuchten allerdings Mokuba´s Augen und seine Lippen verziehen sich zu einem Grinsen.
 

Nachdem Mokuba Kaiba gegangen ist, fahre ich sie an:
 

„Was soll dieser Mist?“
 

„Ich werde dir zu deinem Glück verhelfen, ob du willst oder nicht.“ entgegnet mir Katie.
 

„Was hast du ihm überhaupt zugeflüstert?“ will ich jetzt wissen.
 

Sie aber grinst mich nur spitzbübisch an, ehe sie meint:
 

„Jetzt reg´ dich doch nicht so auf. Ich helfe doch nur deinem Glück auf die Sprünge, weil ich weiß, dass du ihn liebst.“
 

„Dann werde ich eben leugnen, dass ich sein Engel bin.“
 

Sie schüttelt nur seufzend den Kopf, ehe sie mich fragt:
 

„Bist du sicher, dass du auf dein Glück verzichten willst?“
 

Ich verdrehe aber nur meine Augen. Das ist schließlich meine Sache. Und ich weiß, dass er mich abweisen wird, sobald er erfährt, dass ich sein Engel bin. Und das will ich mir eben ersparen. Außerdem wird Beth mir das nie verzeihen.
 

Plötzlich kommt Beth mit meiner Tasche auf mich zugestampft und beginnt sofort mit mir zu schimpfen:
 

„Du verdammtes Miststück. Du warst die ganze Zeit der Engel. Wie konntest du mir das nur antun? Das werde ich meiner Mutter erzählen.“
 

Au, Weiha. Ich ahne Schlimmes auf mich zukommen.
 

„Und du hast das scheinbar auch noch gewusst. Dass du dich gar nicht schämst.“ spricht sie jetzt Katie an, die sichtlich in sich zusammenschrumpft, weil sie damit offensichtlich nicht gerechnet hat.
 

„Andererseits, …“ scheint Beth eine fiese Idee zu kommen, „Ich werde mir dein Engelskostüm aneignen und selbst anziehen. Das schuldest du mir einfach, nach deiner miesen Nummer. Und wehe, du wagst es noch einmal, auch nur in die Nähe von Seto Kaiba. Er gehört mir, klar?“
 

Ich senke meinen Kopf resigniert und nicke eingeschüchtert.
 

Nachdem Beth wieder davongestöckelt ist, meint Katie:
 

„Es tut mir so leid. Das wollte ich nicht. Ich habe alles nur noch schlimmer gemacht.“
 

„Schon gut. Ich wusste, dass so etwas passieren kann. … Mir ist klar, dass Seto Kaiba auf sie hereinfallen wird. Und ich werde nichts dagegen tun können. … Außerdem wollte ich ja ohnehin nicht gefunden werden.“
 

Plötzlich beginnt Katie breit zu grinsen.
 

„Was grinst du jetzt auch noch so blöd?“ fühle ich mich von ihr verarscht.
 

„Ach, nichts.“ grinst sie mich nur weiterhin an.
 

Und es kommt mir so vor, als hätte es etwas damit zu tun, was sie Mokuba zugeflüstert hat. Aber, ich werde es schon noch herausfinden.
 

~~~
 

In der Mittagspause ist es dann soweit. Beth stöckelt in meinem Engelskostüm zu Seto Kaiba´s Parkbank und drängt sich ihm regelrecht auf. Natürlich erkennt er sofort das Kleid wieder, in dem er mich erblickt hat, doch er sieht sichtlich skeptisch drein.
 

Mich würde wirklich interessieren, was Katie Mokuba Kaiba zugeflüstert hat. Denn Seto Kaiba müsste auf sie reinfallen. Aber er wirkt keineswegs so, als wäre er von Beth´s Aktion angetan. Ob er wohl mitbekommen hat, dass ich eher schüchtern war? Ich habe ehrlich gesagt, keine Ahnung.
 

„Ich hab´ die Schnauze voll. Bitte, keine Engel mehr!“ ruft er über den Schulhof aus und ich bin erleichtert, dass er seine Suche scheinbar aufgibt.
 

Das erspart sowohl ihm, als auch mir weiteren Kummer.
 

***
 

In der Schule gab es diesmal keine besonderen Vorkommnisse, außer, dass die Suchbilder von den Wänden verschwunden sind, und dass noch einige Mädchen versucht haben, Seto Kaiba davon zu überzeugen, dass sie sein Engel sind. Er ist aber gar nicht mehr darauf eingegangen, wie ich ihn beobachten durfte. Ich konnte ihn sogar gestikulieren sehen, dass er die Suche aufgibt.
 

Na, ja, nicht ganz, keine besonderen Vorkommnisse.
 

Auf dem Flur sind wir uns begegnet und er hatte das erste Mal seinen Blick gehoben, als ich an ihm vorbeigegangen bin. Sein direkter trauriger Blick in meine Augen war zwar nur kurz und doch hat er mein Innerstes stark aufgewühlt. Ich würde ihm so gerne sagen, dass ich sein Engel bin, damit er nicht mehr so traurig aussieht. Sein trauriger Blick hat mich richtig geschmerzt.
 

Eigentlich hätte er sich wundern müssen, dass ich ihn nicht gleich angeflogen bin, vonwegen ‚Ich bin dein Engel.‘ Denn jedes Mädchen hat es heute bereits mehrmals versucht. Doch ich bin einfach an ihm vorbei. Ich hatte meinen Kopf gesenkt und meine Augen geschlossen, während ich einfach weitergegangen bin, damit ich nicht doch auf die Idee gekommen wäre, ihm nachzusehen.
 

Und jetzt bin ich in der Küche der Montgomery´s, um das Buffet zu kochen. Beth´s Geburtstagsparty beginnt schließlich um 18 Uhr, also in einer Stunde, und da muss alles perfekt sein, wie Dominique so schön sagte. Das Schlimmste allerdings ist, dass ich diesmal den Pool grundreinigen darf, während Beth´s Geburtstagsparty. Schöner Schlamassel.
 

~~~
 

Um Punkt 18 Uhr ist die Geburtsparty bereits in vollem Gange und es kommen stetig immer mehr Gäste. Ich habe mir bereits der Putzutensilien angenommen, um den Pool zu schrubben.
 

Das sanfte Licht von dem umgebenden Licht der Gartenlaternen bietet mir ausreichend Sicht, um den Pool überblicken zu können. Wenigstens muss ich nicht blind putzen.
 

Ich bin gerade dabei, die Wände des Pools ordentlich einzuschäumen, als ich Schritte vernehme. Skeptisch lausche ich. Denn meines Wissens ist Katie heute zuhause geblieben, weil sie ohnehin nicht zur Party eingeladen ist. Genauso wenig, wie ich.
 

Als ich mir einer Silhouette gewahr werde, klettere ich aus dem leeren Pool und rufe ängstlich aus:
 

„Wer ist da?“
 

Könnte sich jemand von den Partygästen hier raus, in den Garten, verirrt haben? Dennoch hat meine Stimme leicht gezittert. Ich bin es nicht gewohnt, so laut meine Stimme zu erheben.
 

Ich erhalte keine Antwort, aber die Schritte haben innegehalten. Die Silhouette ist aber immer noch zu sehen.
 

„Zeigen Sie sich.“ fordere ich die Person auf, die sich im Schatten versteckt.
 

Unerwartet macht die Person einige weitere Schritte, bis sich das Gesicht im Licht erkenntlich zeigt. Meine Augen weiten sich.
 

Katie hat scheinbar wirklich bewirkt, dass Seto Kaiba hier auftaucht. Und verdammt. Er hat mich gefunden. Was mach´ ich denn jetzt?
 

Verunsichert blicke ich auf mich herab. Ich sehe einfach nur furchtbar aus. Wie kann Katie mir so etwas antun?
 

„Ich habe gehört, dass sich hier mein Engel finden lässt.“ lässt er mich wissen, nachdem ich ihn offensichtlich erkannt habe.
 

Nervös antworte ich ihm:
 

„Du musst dich verhört haben. Hier gibt es keinen Engel.“ und weiche seinem Blick aus, weil ich mich meiner einfach nur schäme.
 

Seine Lippen verziehen sich zu einem leichten Lächeln, als ich kurz wieder zu ihm blicke.
 

„Dann beweise es.“ fordert er mich auf, während er mir unerwartet eine Tasche auf den Rand des Pools in die Mitte zwischen uns wirft, die eine Distanz von fünf Metern beschreibt.
 

Irritiert nähere ich mich der Tasche und hole den Inhalt heraus. Mit Entsetzen stelle ich fest, dass es mein Engelskostüm ist. Das hatte mir doch Beth weggenommen. Wie ist er darangekommen?
 

„Zieh´ es an und beweise mir, dass ich mich irre, dass es hier einen Engel gibt.“ formuliert er seine Aufforderung um.
 

Ich presse meine Lippen zusammen und überlege mir, ob ich mich dieser Nummer entziehen kann. Aber, mir fällt im Moment nichts Anderes ein, als vielleicht, an meinem Aussehen die Anpassung an seinen gesehenen Engel, sowie die Accessoires wegzulassen.
 

„Also schön.“ erwidere ich ihm, denn ich habe ja ohnehin keine andere Wahl, als seiner Aufforderung nachzukommen.
 

Ich drehe mich um und verschwinde in den Schuppen, der mein Zimmer beherbergt. Ich lege das Engelskostüm auf meinem Bett ab, gehe ins Bad, um mich zu waschen und meiner Schutzkleidung zu entledigen. Danach kehre ich ins Zimmer zurück und schlüpfe ins Engelskostüm.
 

Anschließend betrachte ich mich im Spiegel. Meine Haare sind immer noch zu einem Pferdeschwanz gebunden, obwohl ich sie offengetragen hatte.
 

Nickend verlasse ich daraufhin mein Zimmer, als ich beinahe in ihn hineinrenne. Gerade noch rechtzeitig weiche ich zurück, an meine geschlossene Zimmertür.
 

„Siehst du? Ich bin nicht dein Engel.“
 

„Hm, … Da fehlt noch etwas.“ tritt er unerwartet näher auf mich zu, während er belustigt geklungen hat, und zieht mir mein Haargummi aus den Haaren.
 

Er streicht mir auch zweimal durch meine Haare, um sie aufzulockern. Danach zieht er doch beinhart den Haarreif hinter seinem Rücken hervor und setzt ihn mir auf den Kopf.
 

Anschließend setzt er mir auch noch die Maske vor die Augen, die ich verzweifelt schließe. Jetzt sehe ich tatsächlich aus, wie der Engel, der mit ihm getanzt hat.
 

„Ich wusste es.“ flüstert er mir zu, während ich wieder meine Augen öffne und zu ihm nach oben blicke.
 

Sein Blick ist zu mir herabgesenkt.
 

„Endlich habe ich dich gefunden.“ haucht er kaum hörbar, während ich spüre, dass er seine Hände an meine Wangen legt.
 

Er hat mein Gesicht in seine Hände genommen, während ich an meiner Zimmertür lehne. Ich sitze in der Falle und bin ihm vollkommen ausgeliefert. Aber, viel schlimmer ist, ich bin enttarnt.
 

Dann bemerke ich allerdings, wie er mit seinem Gesicht meinem immer näherkommt. Ich versinke regelrecht in seinen wunderschönen blauen Augen, während ich mich wiederholt stark zu ihm hingezogen fühle. Die Schmetterlinge in meinem Bauch toben.
 

Dennoch lege ich meine Hände an seine, weil ich es niemals soweit kommen lassen wollte. Ich werde einen mordsmäßigen Ärger bekommen, wenn man uns hier erwischt.
 

Doch, dann ist es schon zu spät. Seine Lippen berühren meine und es fühlt sich überwältigend an. Und wollte ich ihn vorhin noch daran hindern, mir zu nahe zu kommen, so will ich ihm jetzt einfach nur nahe sein. Deshalb entferne ich meine Hände von seinen, streiche seine Arme entlang über seine Schultern und schlinge schlussendlich meine Arme um seinen Hals, weil ich ihm nicht nah genug sein kann.
 

Der Kuss ist anfangs vorsichtig und herantastend, doch schon kurz darauf spüre ich seine Zunge an meinen Lippen. Ich öffne ihm meine Lippenpaare, um ihn einzulassen, während ich ihm mit meiner Zunge bereits entgegenkomme.
 

Schon schmiegen sich unseren Zungen zärtlich aneinander und beginnen ein sanftes Spiel, das allmählich ungestümer wird, während wir uns immer fester aneinanderpressen. Seine linke Hand schiebt sich sogar von meiner Wange in meinen Nacken, um mich bei ihm zu halten.
 

Erst, als uns der Sauerstoff knapp wird, lösen wir unsere Zungen und dann auch unsere Lippen voneinander. Und mir wird auch sofort ein umwerfendes wunderschönes Lächeln zugeworfen, begleitet von einem leuchtenden, strahlenden Blick.
 

Ich werde sofort verlegen und meine Wangen beginnen zu brennen. Aber meinen Blick abzuwenden, schaffe ich nicht. Zu schön wirkt er im Moment in meinen Augen.
 

Ich kann noch immer nicht glauben, dass ausgerechnet Seto Kaiba von mir so sehr angetan ist, dass er nichts unversucht gelassen hat, mich zu finden.
 

„Ich nehme an, dass das hier dein Handy ist.“ reicht er mir nun mein Handy zurück.
 

Erfreut, es endlich wieder zu bekommen, nehme ich es ihm ab und bedanke mich:
 

„Danke. Ich hatte es schon vermisst.“
 

„Willst du mir vielleicht verraten, wobei ich dich eigentlich gestört habe, bevor ich erschienen bin?“ erkundigt er sich sichtlich neugierig.
 

Oh, Weiha. Mir fällt gerade wieder ein, dass er eigentlich gar nicht hier sein sollte.
 

„Du musst wieder gehen.“ versuche ich ihn zum Verschwinden zu bringen.
 

„Aber, wieso denn?“ will er eindringlich wissen.
 

„Wenn man dich hier bei mir entdeckt, kriege ich Ärger.“
 

„Irgendwie komme ich da nicht so ganz mit.“ gibt er zu.
 

„Na, weil Dominique mir die Hölle heiß machen wird, weil doch Beth auf dich steht. Dominique ist die Hausherrin und Beth ihre Tochter. … Ich bin nur das Hausmädchen.“ beichte ich ihm dann endlich.
 

„Das verstehe ich jetzt nicht. … Wenn du nämlich das Hausmädchen wärst, müsstest du dann nicht im Haus bei den Partygästen sein?“ spricht er etwas Wahres an.
 

„Das ist etwas kompliziert. … Dominique ist mein Vormund.“ gestehe ich ihm das, was kein Mensch sonst weiß, außer meiner besten Freundin Katie.
 

Seine Augen weiten sich und sein Blick verfinstert sich.
 

„Bist du adoptiert?“ fragt er nach, doch ich schüttle nur meinen Kopf.
 

„Sie hat mich aufgenommen, nachdem meine Eltern spurlos verschwunden sind. Und da Edwin Montgomery und mein Vater sehr gute Freunde waren, bis zu seinem Tode, hat mich seine Frau aufgenommen, um ihren guten Willen zu zeigen. … Ich vermute aber eher, dass sie es nur auf die Hinterlassenschaft meiner Eltern abgesehen hatte, über das sie, da sie als mein Vormund fungiert, Zugriff hat. … Es wurde nämlich alles verkauft. … Nur habe ich von dem Geld noch nie einen Cent gesehen und musste für mein Leben hier als Hausmädchen arbeiten. … Im Schuppen befindet sich mein Zimmer.“
 

„Edwin Montgomery? Der Name sagt mir etwas.“, hat er seine Stirn gerunzelt, „Wenn du mir jetzt noch deinen Namen verrätst?“ grinst er jetzt schelmisch.
 

„Jenna White.“ antworte ich ihm verlegen.
 

„Du weißt aber schon, dass zu arbeiten neben der Schule nicht gestattet ist?“
 

„Ich weiß. Aber, du wirst mich doch nicht verraten?“ sehe ich ihn ängstlich an.
 

„Keine Sorge. Ich werde niemandem etwas verraten. … Ich finde nur interessant, dass Dominique Montgomery dir nicht die Chance genommen hat, weiterhin zur Schule zu gehen.“
 

„Na, ja, sie nimmt die Schule oft als Erpressungsversuch. Und solange ich tue, was sie will, lässt sie mich auch zur Schule gehen. … Nur stört es sie gewaltig, dass ich gegen ihr Verbot, auf die Kostümparty zu gehen, verstoßen habe. Darum jetzt auch die Strafarbeit, den Pool zu reinigen und das Verbot, mich dir anzunähern oder auch nur ein Wort mit dir zu wechseln. Außerdem habe ich lebenslangen Hausarrest.“
 

„Oh.“ scheint ihn die Erkenntnis zu treffen.
 

„Ja, oh. … Deshalb musst du jetzt auch gehen, bevor dich noch jemand bei mir sieht. … Außerdem putzt sich der Pool nicht von alleine.“
 

„Ich werde gehen. Sei dir aber sicher, dass ich wiederkommen werde. … Wir sehen uns in der Schule.“ beugt er sich zu mir herab und stiehlt sich einen Kuss, ehe er sich abwendet und wieder im Schatten verschwindet.
 

Kurz blicke ich ihm verträumt nach, dann reiße ich mich zusammen und lasse die Beweise, dass er hier war, schnellstens in meinem Zimmer verschwinden. Das Engelskostüm verstaue ich wieder in der Tasche und verstecke es unter meinem Bett. Danach schlüpfe ich wieder in die Schutzkleidung und mache mich daran, den Pool weiter zu reinigen.
 

***
 

Am nächsten Tag treffe ich wieder Katie vor dem Schultor und werde sofort gefragt:
 

„Und? War Seto Kaiba gestern bei dir?“
 

„Pscht.“ mache ich ihr klar, dass sie nicht so laut reden soll.
 

„Entschuldige.“
 

„Ja, er war gestern bei mir und hat herausgefunden, dass ich sein Engel bin.“ flüstere ich ihr zu.
 

„Und weiter? Wie hat er reagiert?“ will sie flüsternd wissen.
 

„Wir haben uns geküsst.“ gestehe ich ihr leise.
 

„Das ist ja toll. … Und wie küsst er so?“ fragt sie mich flüsternd.
 

„Es war einfach toll. … Wir haben uns aber auch unterhalten.“ erzähle ich ihr leise.
 

„Das ist gut. … Ich bin sicher, dass ihr jetzt zusammen seid.“
 

„Wie kommst du denn darauf?“
 

„Jenna. Er hat dich geküsst. Das sagt doch schon alles.“
 

„Das sagt überhaupt nichts.“
 

Sie rollt mit ihren Augen.
 

Zum Glück erklingt die Schulglocke und erlöst mich von diesem Gespräch.
 

„Das Thema ist noch nicht beendet.“ lässt mich Katie allerdings wissen.
 

Na, toll, das hatte ich befürchtet. Nichts destotrotz marschieren wir jetzt ins Schulgebäude, um in unsere Klassen zu gehen.
 

Auf dem Flur zu meiner Klasse weiten sich allerdings meine Augen.
 

„Was machst du hier?“ frage ich Seto Kaiba.
 

„Ich habe auf dich gewartet. Ich will mir nur von dir etwas holen.“
 

„Und was?“
 

„Das.“ und schon liegen seine Lippen auf meinen.
 

Mein Herz macht Freudenhüpfer. Und meine Sehnsucht nach ihm, will ihn auch gar nicht mehr gehen lassen. Ich kralle verzweifelt meine Finger in seinen Rollkragenpulli, während ich ihm gar nicht nah genug sein kann.
 

Der Kuss zieht sich mehrere Sekunden in die Länge, als mein Lehrer, der gerade in meine Klasse marschieren wollte, uns erblickt und sich räuspert, ehe er meint:
 

„Sollten Sie nicht in ihren Klassen sein?“
 

Wir schrecken auseinander und blicken ertappt zum Lehrer. Dessen Blick scheint aber bei Seto Kaiba liegen zu bleiben.
 

„Los, gehen Sie.“, dann richtet er sich an mich, „Kommen Sie, Miss White. Es hat bereits zum Unterricht geläutet.“
 

Seto Kaiba nickt nur dankbar, ehe er sich abwendet und geht. Und ich lächle, während ich ihm nachblicke. Der Lehrer lässt mich sogar vor ihm hinein, somit erwartet mich keine Strafe, für das zu späte Eintreten in die Klasse.
 

~~~
 

In der großen Pause belagert mich auch wieder Katie. Und weil sie keine Ruhe gibt erzähle ich ihr alles. Auch das Zusammentreffen auf dem Flur vor meiner Klasse.
 

Sie freut sich einfach nur riesig für mich. Und ich kann es auch nicht lassen, immer wieder verträumt zu ihm zu blicken, während er auf seiner Parkbank hockt und sich mit seinem kleinen Bruder Mokuba unterhält. Auch Seto scheint ihm alles zu erzählen, während sich öfter mal unsere Blicke treffen.
 

Seto Kaiba verzieht alsbald allerdings eine ernste Miene und deutet auch einmal in Beth´s Richtung. Daraus schließe ich, dass er Mokuba begreiflich zu machen versucht, dass er nicht einfach so zu mir rüberkommen kann. Danach zeigt er ihm auch etwas auf dem Laptop und Mokuba´s Gesichtszüge werden entsetzt.
 

Worüber unterhalten sich die beiden jetzt nur? Es hat aber scheinbar nichts mehr mit uns zu tun. Vielleicht hat er auch einfach Probleme in seiner Firma?
 

„Hey. Du hörst mir ja gar nicht mehr zu.“ bemerkt Katie richtig.
 

„Entschuldige. Ich war komplett mit meinen Gedanken bei Seto Kaiba.“
 

„Du nennst ihn immer noch Seto Kaiba? Ich denke, er hätte nichts dagegen, wenn du ihn nur Seto nennst.“
 

„Spinnst du? Du weißt doch, dass er es nur zulässt, ihn Kaiba zu nennen.“
 

„Du bist aber jetzt seine Freundin.“
 

„Das steht doch noch gar nicht fest.“
 

„Doch. Da wette ich sogar drauf.“
 

„Argh.“
 

Und schon kichert Katie über mein Verhalten.
 

„Ach, komm schon, Jenna.“, meint sie, nachdem sie sich wieder beruhigt hat, „Jeder Blinde sieht, dass ihr zusammengehört.“
 

„Ja, klar. Jeder Blinde, außer Beth und die ganze Schule.“
 

Wieder lacht Katie kurz auf, ehe sie mir erklärt:
 

„Die wollen es nur einfach nicht wahrhaben. So ist das, und nicht anders.“
 

Jetzt kann ich nur grinsend den Kopf schütteln und klarstellen:
 

„Du hast wirklich einen Knall. Und zwar einen Gewaltigen.“, was sie nun zum Lachen bringt.
 

~~~
 

In der Mittagspause sehne ich mich bereits nach seiner Nähe, halte es kaum noch aus, ihn nur aus der Ferne betrachten zu können. So bemerke ich auch nicht, wie sich uns Mokuba Kaiba annähert.
 

„Hey, Katie und hallo, Jenna. Ich habe eine Nachricht von Seto für dich.“ reicht er mir einen gefalteten Brief.
 

Ich nehme den Brief an mich und entfalte ihn, um ihn zu lesen:
 

„Liebste Jenna.
 

Es ist für mich nicht auszuhalten, dich nur aus der Ferne betrachten zu können, damit du keinen Ärger bekommst. Ich will dich in meiner Nähe wissen. Dich ganz nah bei mir haben. Deshalb werde ich mir eine Lösung einfallen lassen.
 

Doch vorerst würde ich dich bitten, mich nach der Schule vor dem Schultor zu treffen, damit ich dir noch einmal für einen Moment nah sein kann, bevor sich unsere Wege endgültig trennen, für den heutigen Tag.
 

Aber sei dir sicher, dass ich heute Abend noch einmal zu dir kommen werde. Ich muss dir einfach nah sein. Denn ich halte es nicht aus, so lange von dir getrennt zu sein.
 

Teile Mokuba bitte deine Entscheidung mit.
 

Dein Seto.“
 

Katie, die, über meine Schulter gebeugt, mitgelesen hat, meint:
 

„Das ist schon beinahe eine Liebeserklärung.“
 

„Red´ doch nicht immer so einen Unsinn.“ stemple ich Katie´s Aussage als Einbildung ab.
 

Grinsend wirft Mokuba ein:
 

„Deine Freundin hat Recht. Seto ist nämlich total in dich verschossen.“, nun wird sein Gesichtsausdruck allerdings sehr ernst, „Darum warne ich dich. Solltest du Seto nur ausnutzen wollen und eigentlich nichts für ihn empfinden, dann kriegst du es mit mir zu tun.“
 

„Keine Sorge, Jenna ist schon wesentlich länger, abgöttisch, in deinen großen Bruder verknallt, als, seit der Kostümparty.“ mischt sich Katie sehr offenherzig ein.
 

Ich bedenke sie mit einem finsteren Blick, ehe ich ihr vorwerfe:
 

„Musst du ständig alles offen breitschlagen?“
 

„Sicher. Du selbst kriegst ja deinen Mund nicht auf.“ rechtfertigt sie sich, mit einem hinterlistigen Grinsen.
 

Ich schnaube frustriert und Mokuba grinst nun wieder, ehe er sich erkundigt:
 

„Und wie lautet deine Entscheidung? Wirst du nach der Schule auf Seto warten?“
 

„Ja, sicher.“ antworte ich nur verlegen.
 

„Sie kann es kaum erwarten. Sie starrt ständig zu ihm rüber, weil sie es selbst kaum aushält, ihm wieder nah zu sein. Sie ist die ganze Zeit sogar nicht einmal mehr ansprechbar.“ plaudert Katie wiederholt einfach drauf los.
 

„Ich sollte dir ein Klebeband über deine vorlaute Klappe kleben.“ lasse ich sie wissen, wenn sie weiterhin einfach vertraute Informationen ausplaudert.
 

Sofort hebt sie abwehrend grinsend ihre Hände und Mokuba beginnt sogar zu kichern.
 

„Argh.“ ärgere ich mich, weil ich scheinbar kein Mitspracherecht mehr besitze, obwohl es hier eigentlich nur um Seto und mich geht.
 

Wieso mischen sich die Beiden eigentlich so penetrant in diese Sache ein? Muss das sein?
 

Zumindest verabschiedet sich Mokuba jetzt endlich und geht zu Seto zurück, um ihm meine Antwort mitzuteilen. Sofort, nachdem Mokuba ihm scheinbar alles erzählt hat, finde ich mich mit seinem erfreuten Gesicht konfrontiert.
 

Ich kann nicht einmal verhindern, dass meine Wangen höllisch brennen, weil mir das Verhalten von Katie einfach viel zu peinlich war. Vor allem, was sie Mokuba alles offenbart hat. Sie konnte einfach nicht ihre Klappe halten.
 

Doch Mokuba scheint noch nicht fertig, mit seiner Erzählung, zu sein. Denn unvorhergesehen verziehen sich seine Lippen zu einem Grinsen, bis er doch tatsächlich ins Kichern verfällt. Auch Mokuba grinst breit, während er ihm scheinbar noch den Rest erzählt.
 

Etwas später verabschiedet sich Mokuba dann zum Glück wieder von Seto, weil er in seine Schule zurückmuss, bevor die Mittagspause zu Ende ist. Dennoch freue ich mich bereits riesig darauf, Seto nach der Schule wieder nah sein zu dürfen.
 

Nachdem das Ende der Mittagspause durch die Schulglocke eingeläutet wird, kehren wir wieder in unsere Klassen zurück.
 

~~~
 

Als die Schulglocke das Ende der letzten Unterrichtsstunde für den heutigen Tag einläutet, räume ich meine Sachen flink zusammen und beeile mich, das Schulgebäude zu verlassen.
 

Auf dem Schulhof treffe ich dann auch wieder Katie und wir gehen gemeinsam über den Schulhof, bis vor das Schultor, wo sie mit mir auf Seto warten will. Denn laut seinem Brief, den ich mir aufheben werde und eingesteckt habe, darf ich ihn jetzt Seto nennen.
 

Dann bemerke ich allerdings seine Limousine vor der Schule warten. Er wird wohl anschließend in seine Firma fahren. Aber, wird es denn nicht auffallen, wenn er nicht sofort in die Limousine steigt und wegfährt?
 

Wir beobachten eine ganze Weile die Welle an Schülern, die die Schule verlassen. Doch allmählich werden es immer weniger, bis ich auch endlich Seto aus dem Schultor treten sehe. Er geht schnurstracks auf seinen Chauffeur zu, der gerade aus der Limousine steigt, und flüstert ihm etwas zu. Dieser nickt, da er Seto wohl gerade die Fahrgastkabinentür öffnen wollte, und steigt wieder hinter das Steuer. Schon fährt die Limousine ohne ihn weg, biegt in die nächste Straße ein und parkt dort, wie es scheint.
 

Dann erblickt mich Seto auch endlich, kommt auf mich zu und verwickelt mich in einen stürmischen Kuss, während er mich fest an sich drückt. Sofort schlinge ich meine Arme um seinen Hals und erwidere den Kuss genauso stürmisch. Gerade so, als hätten wir uns Ewigkeiten nicht gesehen.
 

Wenig später höre ich auch Mokuba Katie begrüßen, während Seto und ich einfach nicht voneinander ablassen können.
 

Um zwischenzeitlich Sauerstoff zu tanken, setzen wir ab und fallen sofort wieder über unsere Lippen her. Gott, wie hatte ich Sehnsucht nach ihm. Ich habe das Gefühl, einfach nicht genug von ihm zu bekommen.
 

Doch irgendwann beschwert sich Katie:
 

„Jetzt ist es aber mal langsam genug. Wir sind auch noch da.“
 

Somit trennen wir unsere Zungen und Lippen widerwillig voneinander, während mich Seto bei sich behält, um sichtlich meine Nähe nicht missen zu müssen.
 

„Jenna, hast du auch daran gedacht, wann du wieder Zuhause sein musst, damit Dominique keinen Verdacht schöpft?“ erinnert mich Katie glücklicherweise.
 

Seto und Mokuba bedenken sich mit besorgten Blicken, während ich in meinem Kopf nachrechne, wie lange ich bis nach Hause brauche, und wann Dominique mich spätestens erwartet. Deshalb antworte ich, nach einem Blick auf meine Armbanduhr:
 

„Ich habe maximal zehn Minuten, bis ich da sein muss, wenn ich die Wegzeit einberechne.“
 

Sofort wirken alle drei erleichtert.
 

„Ich wollte dich ohnehin etwas fragen.“ macht jetzt wieder Seto auf sich aufmerksam und ich sehe ihn fragend an.
 

„Du hast mir doch gestern Edwin Montgomery erwähnt und ich erinnere mich an einen Artikel in der Tageszeitung, in der etwas gestanden hat, wegen seines Todesfalls. … Kennst du zufällig die näheren Umstände?“ wirkt Seto tatsächlich interessiert.
 

Wenn er schon fragt, kann ich ihm eigentlich über alle meine Kenntnisse einweihen. Deshalb erzähle ich ihm auch, was ich weiß:
 

„Meines Wissens wollte er sich von Dominique scheiden lassen. Das wurde aber nie offiziell. … Zumindest hatte er meinen Vater einbezogen, um Vorsichtsmaßnahmen vorzunehmen und schrieb ein Testament, in dem mein Vater alle seine Besitztümer erben sollte, das er auch von einem Notar beglaubigen ließ. Da Dominique davon aber noch nichts erfahren sollte, ließ er es meinen Vater auf unserem Grundstück im Garten unter einem Blumenbeet vergraben. … Damals verstand ich noch nicht, weshalb Edwin so einen Aufwand betrieb, nur, weil er sich von seiner Frau scheiden lassen wollte. … Zumindest ist es nie zur Scheidung gekommen, da Edwin diesen tödlichen Unfall hatte.“
 

„Hinter dem einhundert Prozentig Dominique steckt.“ wirft Katie ein.
 

„Dafür haben wir keine Beweise.“, blicke ich sie finster an, weil sie mich unterbrochen hat, „Auf jeden Fall dürfte mein Vater, Dominique gegenüber, irgendwann das Testament von Edwin erwähnt haben. Denn nur wenige Tage drauf, verschwanden meine Eltern spurlos. Es ist, als hätten sie nie existiert. Und die Zeitungen haben auch nichts davon gebracht. … Und da ich nicht wusste, dass das Testament so wichtig war, habe ich auch niemandem etwas je davon erzählt. … Ich weiß nur, dass ich verzweifelt auf der Straße nach meinen Eltern gerufen hatte. Aber nur Dominique ist auf mich zugekommen und hat mich aufgenommen. Und dafür war ich ihr auch dankbar, weil ich so nicht mehr alleine auf mich gestellt war. Ich war ja auch erst 10 Jahre alt. … Mittlerweile ist mir klar, dass Dominique mich nur deshalb aufgenommen hat, damit sie über die Hinterlassenschaft meiner Eltern verfügen kann, als mein Vormund.“
 

„Würde das Testament allerdings gefunden werden, würde all das, was Dominique gehört, automatisch in deinen Besitz übergehen. Denn deinem Vater gehört schließlich auch die Erbschaft von Edwin Montgomery.“ erwähnt mir Seto.
 

„Ich weiß ja, wo sich das Testament befindet. Nur kann ich nicht mehr auf das ehemalige Grundstück meiner Eltern gehen, um dort den Garten umzugraben. Denn in der Zwischenzeit steht dort ein Supermarkt und alles ist asphaltiert, auf Grund von Parkplätzen. … Dominique hat es damals an jemanden verkauft, der einen Supermarkt bauen wollte. … Es ist unmöglich geworden, an das Testament zu kommen.“
 

„Hat dein Vater Dominique etwa verraten, wo sich das Testament befindet?“ hakt Katie nach.
 

„Ich weiß es nicht.“ kann ich ihr nur antworten.
 

„Sie könnte aber vielleicht geahnt haben, dass Edwin es deinem Vater überlassen hat, weil er davon wusste. Die beiden waren schließlich gute Freunde. … Und ich bin ziemlich sicher, dass Dominique etwas mit dem Verschwinden deiner Eltern zu tun hat.“ meint sie jetzt.
 

„Auch dafür haben wir keine Beweise. Wir können ja nicht einmal beweisen, dass sie je existiert haben.“ erwähne ich ihr.
 

„Ganz so korrekt ist das nicht.“, meint Katie unerwartet, „Die Cousins von besten Freund meines Bruders haben beim Aufräumen des Kellers, letztens während der Kostümparty, einige Dokumente und Unterlagen gefunden, die sie haben mitgehen lassen. Sie meinten, dass ich mir das unbedingt ansehen sollte. … Ich soll sie heute Abend treffen, um sie mir anzusehen.“
 

„Darf ich dich begleiten?“ erkundigt sich Seto.
 

„Klar, warum nicht? … Du kennst dich vielleicht damit aus.“ zuckt Katie mit ihren Schultern.
 

„Und was das Testament angeht, werde ich dafür sorgen, dass ich eine Genehmigung bekomme, den Parkplatz aufzugraben.“, erwähnt mir jetzt Seto, „Du musst mir nur die ungefähre Stelle zeigen.“
 

Ich blicke ihn ungläubig an.
 

„A…Aber, wieso willst du das tun?“ bin ich fassungslos.
 

Ich wollte ihn doch nie damit belästigen. Denn das fühlt sich so an, als würde ich ihn nur benutzen. Aber genau das will ich doch nicht.
 

„Weil ich dir helfen will. … Paare tun das doch füreinander, oder?“ erwidert er mir.
 

Sofort zeigt Katie auf mich und lacht, weil sie Recht hatte:
 

„Ich hab´s dir gesagt.“
 

Ich bedenke sie mit einem finsteren Blick. Als ich dann aber zu Seto aufsehe, lächelt er mich liebevoll an und ich seufze:
 

„Danke, dass du mir helfen willst.“, während ich meinen Kopf an seine Brust schmiege.
 

„Alleine käme sie ohnehin nie an das Testament. Sie wollte nämlich alles alleine herausfinden und schaffen. Nur bringt sie eben nichts mehr weiter, ohne ausreichende Mittel.“ plaudert schon wieder Katie aus.
 

Ich schnaube. Kann sie nicht einmal einfach den Mund halten? Das kam nämlich grade so rüber, als hätte ich es darauf abgesehen, ihn als Geldquelle zu nutzen. Deshalb sehe ich sie jetzt auch mit gerunzelter Stirn an, um zu erfahren, was sie damit bezweckt.
 

Sie rollt mit den Augen, was so viel heißt, wie, dass ich es wieder mal in den falschen Hals gekriegt hab´.
 

„Wann triffst du diese Cousins?“ will Seto jetzt von Katie wissen.
 

„Gegen 18 Uhr.“, antwortet sie ihm, „Komm einfach zu dieser Adresse.“ reicht sie ihm jetzt einen Notizzettel.
 

„Und wie lange bist du im Dienst?“ erkundigt sich Seto bei mir.
 

„Bis Dominique schlafen geht, gegen 22 Uhr.“ antworte ich ihm.
 

„Dann werde ich um 22 Uhr zu dir kommen.“ erklärt er mir.
 

„Du musst aber sehr leise sein, wenn du kommst.“, erwähne ich ihm, „Nicht, dass sie dich erwischen.“
 

„Lass´ das nur meine Sorge sein.“ sichert er mir zu, während er über meine linke Wange streichelt.
 

Gott, ich liebe ihn so sehr. Verliebt blicke ich ihm in die Augen.
 

Wir sind jetzt also wirklich zusammen? Ich kann es immer noch nicht glauben.
 

„Die zehn Minuten sind um. Wir müssen los.“ erinnert mich Katie.
 

Mein Blick zu ihm wird wehmütig. Denn ich will ihn noch nicht verlassen. Fest schmiege ich mich an ihn, während ich meine Arme um seine Taille schlinge. Ich will nämlich noch länger bei ihm bleiben.
 

Er erwidert meine Umarmung und drückt mich fest an sich.
 

„Jetzt komm´ endlich, Jenna. Du siehst ihn doch heute eh noch mal gegen 22 Uhr.“ klingt Katie ernst.
 

„Aber das dauert so lange, bis dahin.“ nuschle ich traurig, während sie mich von ihm wegzieht.
 

„Dominique hat bestimmt genug Ablenkung für dich, bis er kommt.“ zieht sie mich bereits den Weg entlang.
 

Meine Augen beginnen zu brennen, während ich meine freie Hand versuche, nach ihm auszustrecken, weil Katie mich von ihm immer mehr entfernt und ich mich dagegen wehre. Ich kann ihm sogar ansehen, wie er mir wehmütig nachblickt.
 

Mokuba hat sich jetzt sogar zu ihm gestellt und streicht ihm aufmunternd über den Rücken, während er nur langsam in dieselbe Richtung folgt, gerade bis zu seiner Limousine.
 

Und als wir in eine Straße einbiegen und ich ihn nicht mehr sehen kann, brechen meine Tränen aus. Denn die Zeit mit ihm war mir viel zu kurz. Und ich vermisse ihn jetzt schon ganz furchtbar.
 

~~~ Seto´s Sicht ~~~
 

Meine Atmung zittert, als Jenna von ihrer Freundin in eine Straße mitgezogen wird. Ich hätte nie vermutet, dass Liebe so sehr schmerzen kann.
 

„Alles in Ordnung, Seto?“ werde ich von Mokuba gefragt.
 

„Geht schon. … Soll ich dich nach Hause fahren?“
 

„Wenn du nichts dagegen hast, werde ich mich mit Yugi treffen.“
 

Ich seufze genervt, ehe ich ihm meine Erlaubnis erteile:
 

„Hau´ schon ab.“
 

„Danke, Seto. Bis heute Abend, falls ich noch wach bin.“
 

„Das bezweifle ich doch sehr. … Sei´ um Punkt 23 Uhr im Bett. Ich werde Henry fragen, wann du schlafen gegangen bist.“
 

„Ach, Menno. … Dann eben bis morgen Früh.“
 

„Ok.“
 

Schon macht sich Mokuba auf den Weg und ich setze mich nun in die Limousine, um mich in die Firma fahren zu lassen.
 

~~~
 

Gegen 17.30 Uhr verlasse ich das Firmengebäude, um Jenna´s Freundin bei diesen Cousins zu treffen.
 

Bei der Adresse angekommen, wartet bereits Jenna´s Freundin auf mich.
 

„Hey.“ begrüßt sie mich.
 

„Hier bin ich.“ grüße ich zurück.
 

„Wie soll ich dich eigentlich ansprechen?“ scheint ihr einzufallen, was mich darauf bringt, dass ich auch noch gar nicht ihren Namen kenne, falls dieser überhaupt relevant sein sollte.
 

„Sag´ einfach Kaiba zu mir.“
 

„Dachte ich mir schon.“
 

„Und wie lautet dein Name überhaupt?“ frage ich jetzt doch nach.
 

„Oh, entschuldige. Ich bin Katie Mallow. Kannst mich aber ruhig Katie rufen.“
 

„In Ordnung.“
 

Schon klingelt sie an der Haustür.
 

Als uns die Haustür geöffnet wird, werde ich erst einmal irritiert angestarrt, bevor Katie am Unterarm ins Haus gezogen wird.
 

„Er gehört zu mir.“ lässt Katie die Jungs wissen, die alle drei hinter der Tür zu stehen scheinen.
 

Deshalb winkt mir Katie jetzt auch, ihr zu folgen.
 

Hinter mir wird sofort die Tür zugeschlagen und Katie scheinbar ins Wohnzimmer weitergezogen.
 

„Du musst dir das unbedingt ansehen.“ meint einer der Jungs, während ein anderer gar nicht mal so wenige Dokumente und Unterlagen auf dem Tisch aufbreitet.
 

„Darf ich?“ erfrage ich.
 

Sofort wird Katie fragend angesehen, die aber nur nickt.
 

„Nur zu.“ wird mir dann zugestimmt und ich trete näher, um mir die Dokumente und Unterlagen genauer anzusehen.
 

„Das sind Dokumente von einem Mr. White und einer Mrs. White.“
 

„Oh, mein Gott. Das sind bestimmt Jenna´s Eltern. … Der Beweis, dass sie existiert haben.“ bemerkt Katie.
 

„Geburtsurkunden, Staatsbürgerschaftsnachweise, Meldezettel und Reisepässe. … Das hatte alles Mrs. Montgomery einkassiert?“ bin ich entsetzt.
 

„Also scheine ich, mit meiner Vermutung, dass Dominique schuldig ist, gar nicht so falsch zu liegen.“ stellt Katie fest.
 

„Scheint ganz so. Es fehlen aber die Beweise.“ teile ich ihr mit und gehe mal die weiteren Unterlagen durch.
 

„Belege von Bestechungsgeldern. … Wer lässt sich bitte Belege ausstellen, wenn man jemanden bestochen hat?“ bemerke ich fassungslos.
 

Wie kann ein einzelner Mensch nur mit so einer Dummheit gestraft sein. Nun, ja, diese Dummheit kommt uns ja nun eigentlich Zugute. Mal weitersehen. Ich blättere durch die Unterlagen und wische sie über den Tisch, um auch nichts Wichtiges zu übersehen. Moment. Da war eben etwas. Hab´ ich mich jetzt verguckt?
 

„Hier! Sieh´ dir das mal an.“ zeige ich Katie, was ich gefunden habe.
 

Sie bricht in schallendes Gelächter aus, ehe sich meint:
 

„Ich wusste es. Ich hatte die ganze Zeit Recht. Das sind die Beweise, dass Dominique für den Tod Edwin´s und für das Verschwinden von Jenna´s Eltern verantwortlich ist.“
 

Sie beruhigt sich aber schnell wieder.
 

„Ja. Aber, wer ist so bescheuert und hebt sich die Aufträge von Profikillern auf?“
 

„Jemand, der genauso dumm ist, und sich Belege von Bestechungsgeldern ausstellen lässt.“ spricht sie etwas Wahres an.
 

Meine Lippen verziehen sich zu einem fiesen Grinsen, ehe ich meine:
 

„Wenn ich jetzt noch dafür sorge, dass das Testament in unsere Hände gelangt, können wir dafür sorgen, dass Jenna aus der Obhut von Mrs. Montgomery kommt. … Ich müsste mir aber noch überlegen, wo oder wie Jenna dann untergebracht wird, bis sie volljährig ist, damit sie mit dem Besitz dann auch etwas anfangen kann. … Und ich werde erwirken, dass Mrs. Montgomery Jenna alles zurückzahlen muss, was sie ihr bisher vorenthalten hat, bevor sie auf Lebenszeit ins Gefängnis wandert. … Was mit Beth wird, ist mir dabei vollkommen egal.“
 

Dann kommt mir allerdings etwas Anderes in den Sinn.
 

„Sag, mal, Katie. Weißt du eigentlich, ob Jenna einen Dienstvertrag als Hausmädchen unterschreiben musste, als sie 10 Jahre alt war?“ will ich wissen.
 

„Uhm, … Keine Ahnung. Das wirst du Jenna selbst fragen müssen.“ antwortet sie mir ahnungslos.
 

„Das werde ich heute, wenn ich zu ihr gehe.“
 

Wenn ich es nämlich geschickt anstelle, bringe ich vielleicht durch, dass Jenna im Haus bleiben darf, wenn ich jemanden finde, der für sie die Vormundschaft übernimmt, der auch im Haus leben will. Ein Angestellter vielleicht, den ich selbst für Jenna besorgen werde, damit dieser wirklich vertrauenswürdig ist. Denn Jenna sollte nicht gezwungen sein, das ganze Haus selbst in Schuss zu halten. Sie sollte sich eher auf die Schule und mich konzentrieren können, damit unserer Beziehung nichts mehr im Wege steht.
 

„Darf ich mir die Unterlagen und Dokumente behalten? Ich werde sie heute Jenna zeigen und mich selbst um alles kümmern.“ erfrage ich.
 

„Klar. … Aber, warte. … Hier habe ich noch etwas Wichtiges gefunden. … Hier sind noch Verkaufsbelege über die Besitztümer Jenna´s Eltern. Könnten die wichtig sein?“ reicht mir Katie einen Stapel Papier.
 

Ich nehme sie in meine Hände und sehe sie mir einmal durch, während sich meine Augen immer mehr weiten. Dann lasse ich Katie wissen:
 

„Wenn ich diese Belege alle zusammenrechne, kommt eine sehr hohe Summe zusammen. … Was hat Mrs. Montgomery nur mit dem Geld davon gemacht?“
 

„Ich behaupte mal, es für sich selbst ausgegeben. Dominique lebt nämlich in ganz großem Stil.“ zuckt Katie mit ihren Schultern.
 

„Habt ihr alles durchgesehen?“ werden wir von einem der Cousins gefragt.
 

„Ich denke, wir haben alles Wichtige beisammen. Den Rest könnt ihr entsorgen.“ teilt Katie ihnen mit, nach einem Kontrollblick zu mir, den ich nur abnicke.
 

„Lass´ uns gehen. Ich denke, wir sind hier fertig.“ erkläre ich und nehme alles an mich, um es in meinem Aktenkoffer zu verstauen.
 

Sie nickt, bedankt sich und verabschiedet sich von den drei Cousins, schon verlassen wir das Haus wieder.
 

„Ich werde jetzt gleich wieder in die Firma fahren und den Papierkram in eine Ordnung bringen, damit ich ihn Jenna übersichtlich vorzeigen kann.“ erwähne ich Katie.
 

„Ok. Dann sehen wir uns erst wieder am Montag in der Schule.“ verabschiedet sich Katie.
 

„In Ordnung. Bis Montag.“ erwidere ich ihr nur und mache mich auf den Weg in die Firma.
 

In meinem Büro angekommen, breite ich alles noch einmal auf meinem Schreibtisch aus und beginne es in eine Ordnung zu bringen. Die Rechnungen klebe ich auf A4-Papier, um sie übersichtlich aufzulisten und verstaue alles feinsäuberlich in Klarsichtfolien in eine lederne braune Heftmappe. Die Dokumente von Jenna´s Eltern liegen auf, danach folgen die Aufträge für die Profikiller und die Belege von den Bestechungen, die ich mir kopiert habe, und die Rechnungen in übersichtlicher Reihenfolge.
 

Über die Profikiller werde ich Informationen einholen, ehe ich sie mir vorknöpfen werde. Und mit den bestochenen Personen werde ich ein ernstes Wörtchen reden. Ich muss nämlich in Erfahrung bringen, wofür sie bestochen worden sind. Ich muss schließlich vor Gericht alle Beweise vorlegen, wenn ich Mrs. Montgomery für ihr Handeln verantwortlich machen will.
 

~~~ Jenna´s Sicht ~~~
 

„Gute Nacht!“ wünsche ich Dominique, die sich soeben zu Bett begibt.
 

Puh! Endlich Feierabend. Heute hat sie mir wirklich keine Ruhe gegönnt.
 

Schnell mache ich mich daran, das Haus zu verlassen und mich in mein Zimmer zu begeben. Erledigt lasse ich mich rückwärts ins Bett fallen und werfe einen Blick auf meine Armbanduhr. Seufzend erhebe ich mich wieder. Seto wird gleich kommen. Deshalb ziehe ich mir etwas Anderes über, um nicht so schäbig vor ihm zu stehen.
 

Dann höre ich es auch schon leise gegen meine Zimmertür klopfen. Sofort bete ich innerlich, dass es nicht Dominique oder Beth ist, während ich an die Tür meines Zimmers gehe.
 

Als ich sie öffne, erblicke ich Seto und falle ihm sofort um den Hals, aus Freude, ihn endlich wieder zu sehen.
 

„Langsam. Nicht so stürmisch. … Lass´ mich doch erstmal reinkommen.“ flüstert er mir zu.
 

Ich löse mich von ihm verlegen und lasse ihn in mein Zimmer hereinkommen.
 

Nachdem ich hinter ihm die Tür geschlossen habe, bemerke ich, dass er etwas auf meinem Bett ablegt. Eine braune Heftmappe? Dann kommt er auch schon wieder auf mich zu, nimmt mein Gesicht in seine Hände und presst seine Lippen auf meine. Gott, hatte ich ihn vermisst.
 

Jetzt schlinge ich erst recht meine Arme um seinen Hals und erwidere seinen Kuss. Sehnsüchtig drücke ich mich gegen ihn, während er nun seine Arme um mich schlingt und mich an sich drückt.
 

Erst, als uns der Sauerstoff knapp wird, lösen wir uns wieder voneinander. Aber, weil ich neugierig bin, erkundige ich mich bei ihm:
 

„Was ist das für eine Mappe, die du mitgebracht hast?“
 

„Dokumente und Unterlagen, die ich mir heute mit Katie bei den Cousins herausgesucht habe. Die solltest du dir ohnehin durchsehen.“ antwortet er mir und zieht mich zum Bett, auf dem wir uns niederlassen.
 

Dann öffnet er mir auch schon die Mappe und meine Augen beginnen zu brennen. Denn ich habe soeben die Geburtsurkunde meines Vaters erblickt. Ich blättere weiter, obwohl die Mappe auf Seto´s Schoß liegt und entdecke noch Staatsbürgerschaftsnachweis, Meldezettel und Reisepass meines Vaters. Anschließend folgt selbes von meiner Mutter und ich schlucke die Tränen wieder hinunter, als ich die Aufträge der Morde erblicke.
 

„Dominique hat ihre Morde beauftragt?“, bin ich entsetzt, „Mir war ja klar, dass meine Eltern bestimmt nicht mehr leben, aber das …“
 

Plötzlich klingelt mein Handy und ich hebe ab, mit:
 

„Ja?“
 

„Hey, Jenna. Stell´ dir vor, nachdem Kaiba und ich von den Cousins gegangen sind, und sie die restlichen Unterlagen entsorgen wollten, sind ihnen die Scheidungspapiere von Edwin in die Hände gefallen, die Dominique hätte unterschreiben sollen.“
 

„Die Scheidungspapiere sind aufgetaucht?“, blicke ich Seto an, „Das ist ja toll. Kannst du sie mir morgen vorbeibringen? … Oder nein. Gib´ sie besser Seto. Wenn Dominique die ganzen Unterlagen bei mir findet, lässt sie sie sonst noch verbrennen und wir haben gar nichts mehr in der Hand. … Sie hatte vielleicht schon vergessen, dass sie sie im Keller gelagert hatte, den ich letztens aufräumen sollte.“
 

„In Ordnung. … Ist er gerade bei dir?“
 

„Ja. … Soll ich ihn dir kurz geben?“
 

„Danke, Süße.“
 

Somit reiche ich mein Handy an Seto weiter, der lächelnd meint:
 

„Ich sollte dir dringend ein neues Handy besorgen. Dieses Ding ist ja nicht mitanzusehen.“
 

Ich verdrehe nur meine Augen.
 

~~~ Seto´s Sicht ~~~
 

„Kaiba, hier.“ melde ich mich dann auch schon am Handy.
 

„Hey. Hast sicher mitgehört. Die Cousins sind auf Edwin´s Scheidungspapiere gestoßen, die Dominique unterzeichnen sollte. Doch, wie wir bereits wissen, hat Edwin den Tod gefunden, bevor die Scheidung stattfinden konnte. … Wann und wie soll ich dir die Scheidungspapiere zukommen lassen? Oder reicht es, wenn ich sie dir am Montag gebe?“
 

„Da ich heute ohnehin nichts mehr schaffen werde, da für alle Leute bereits das Wochenende begonnen hat, werde ich ohnehin bis Montag warten müssen. Es reicht daher völlig, wenn du mir die Papiere am Montag durch Mokuba zukommen lässt.“
 

„In Ordnung. Ich will euch jetzt auch gar nicht mehr länger belästigen. Also, bis Montag.“
 

„Ja, bis Montag.“ und ich lege auf.
 

„Alles geklärt.“ teile ich Jenna mit und reiche ihr ihr Handy zurück, das sie sich auch sofort wieder einsteckt.
 

~~~ Jenna´s Sicht ~~~
 

„Ich wollte dich ohnehin noch fragen, ob du eigentlich einen Dienstvertrag als Hausmädchen unterschrieben hast, als du hier angefangen hast, zu arbeiten.“ fragt er mich daraufhin.
 

„Häh?“ blinzle ich ihn irritiert an.
 

„Wenn man jemanden einstellt, muss der Arbeitnehmer einen Dienstvertrag vom Arbeitgeber unterschreiben.“ erklärt er mir.
 

Ich schüttle vehement den Kopf und entgegne ihm:
 

„Dominique ist mein Vormund. Das wäre gesetzeswidrig.“
 

„So, wie alles, was sie bisher getan hat.“ fügt Seto an und schüttelt ungläubig, sowie fassungslos seinen Kopf.
 

Dann scheint ihm aber noch etwas durch den Kopf zu gehen, was er mir mitteilen will:
 

„Das heißt, du könntest gar nicht beweisen, dass du für sie als Hausmädchen arbeitest.“
 

Ich verdrehe meine Augen und erwähne ihm:
 

„Man muss mich nur dabei beobachten, wie Dominique mit mir umgeht und was sie mir immer für Aufgaben gibt.“
 

Schon verziehen sich seine Lippen zu einem hinterlistigen Grinsen, ehe er mich wissen lässt:
 

„Ich weiß schon, was ich zu tun habe. … Du wirst sehen. Noch darauffolgende Woche bist du Mrs. Montgomery als Vormund los.“
 

Und meine Augen werden groß, aus Überraschung.
 

„Hast du am Wochenende eigentlich frei?“ will er dann wissen.
 

„Äh, … nicht wirklich. Aber sie lässt mir die Möglichkeit, für ein paar Stunden am Nachmittag, um mit Katie etwas zu unternehmen. … Nur, habe ich ja jetzt lebenslangen Hausarrest. Also darf ich sicher nur Besuch empfangen.“ erkläre ich ihm.
 

„Dann werde ich mich mit Katie absprechen. Wir deichseln das schon, dass du einen Ausgang erhältst. … Du musst mir schließlich noch die Stelle zeigen, wo das Testament vergraben wurde. … Kannst du mir ihre Handynummer geben?“
 

„Ja, sicher.“ und ich reiche ihm wiederholt mein Handy.
 

Schnell hat er sich ihre Nummer herausgesucht und tippt sie nun in sein Handy ab.
 

„Und wie geht deine Handynummer?“ fragt er gleich weiter, was mich zum Grinsen bringt.
 

Also sage ich sie ihm an und er ruft auf meinem Handy an, nur um gleich wieder aufzulegen, damit er meine Nummer unter Jenna einspeichern kann. Danach speichert er sich selbst in meinem Handy unter Seto ein. Als er es mir zurückreicht, meine ich deshalb:
 

„Danke.“
 

„Nein, ich danke.“ erwidert er jedoch und beugt sich zu mir, um meine Lippen zu verschließen.
 

Später verlässt er mich dann wieder und nimmt die braune Heftmappe wieder mit.
 

Ich schwinge mich dann nur noch in mein Schlafgewand und kuschle mich glücklich in mein Bett, um von Seto zu träumen, wie er als mein Ritter in der Silberrüstung mit einem weißen Schemel angeritten kommt und mich aus den Händen von Dominique befreit.
 

*** Seto´s Sicht ***
 

Das ganze Wochenende über habe ich Pläne geschmiedet, wie ich Schritt für Schritt vorgehen muss, um Jenna aus den Fängen von Mrs. Montgomery zu bekommen.
 

1. Bestechungsopfer befragen und Beweise sammeln.
 

2. Genehmigung erwirken, beim Supermarkt auf dem Grundstück Jenna´s Eltern, für Umgrabungen auf dem Parkplatz.
 

3. Ausgang für Jenna, wegen Hausarrest, um Vergrabungsort von Testament zu erfahren.
 

4. Mit einem vertrauenswürdigen Rechtsanwalt Kontakt aufnehmen und Beweise vorlegen.
 

5. Mit einem Jugendamtbeamten Kontakt aufnehmen, und dazu bringen, Undercover Beobachtungen im Hause Montgomery anzustellen, für eine weitere Beweisaufnahme für den vertrauenswürdigen Rechtsanwalt.
 

6. Testament ausgraben und vertrauenswürdigen Rechtsanwalt überreichen, zur Vollstreckung.
 

7. Mrs. Montgomery verhaften lassen, auf Grund der Beweislast.
 

8. Gerichtsverhandlung zum Sieg führen.
 

9. Für Jenna einen vertrauenswürdigen Vormund besorgen, bis sie volljährig ist.
 

Somit sollte ich an alles gedacht haben.
 

***
 

Bereits am Montag beantrage ich die Genehmigung für das Umgraben an der Adresse, die ich mir am Wochenende von Jenna besorgt habe, und mache auf dem Amt auch noch etwas Druck, damit es schneller durchgeht.
 

Anschließend mache ich mir einen Termin mit einem vertrauenswürdigen Rechtsanwalt aus, nachdem ich in der Schule die Scheidungsunterlagen von Katie erhalten habe.
 

Auch mit dem Jugendamt setze ich mich in Verbindung, um die Lage aufzuklären.
 

Ich hoffe nur, dass das alles nicht zu viel Zeit in Anspruch nimmt.
 

Und ich habe auch schon eine Idee, was Jenna´s Ausgang anbelangt. Ich werde mich dann, sobald ich die Genehmigung besitze, mit dem Direktor der Schule deswegen absprechen, da es passieren kann, dass Mrs. Montgomery nachfragt. Deshalb fertige ich für den Direktor auch eine Notiz an, was er in diesem Fall erzählen soll, da ich gezwungen sein werde, ihm die Problematik von Jenna zu erklären.
 

Darüber werde ich Jenna heute Abend erzählen, um ihr Einverständnis für diese Idee zu bekommen.
 

*** Jenna´s Sicht ***
 

Jetzt ist bereits eine Woche vergangen, seit mir Seto seine Idee für den Ausgang unterbreitet hat. Und ich habe das Gefühl, das Dominique spürt, dass ich etwas hinter ihrem Rücken gegen sie unternehme. Sie nimmt mich die letzten Tage wesentlich härter ran und gibt mir reinste Schundarbeiten zu tun. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch ertrage.
 

Im Moment sitze ich in der Schule und bin froh, Seto in der großen Pause sehen zu können. Wenn auch nur aus der Ferne. Beth versucht immer noch Seto rumzukriegen, da sie natürlich nicht wissen kann, dass er bereits mit mir zusammen ist. Eigentlich so, wie die ganze Schule, ist sie unwissend.
 

Dann ertönt auch endlich die Schulglocke, die die große Pause einläutet.
 

Schnell packe ich meine Sachen zusammen und mache mich auf den Weg auf den Schulhof, wo ich Katie bei unserem Baum antreffe.
 

„Hey.“ begrüßt sie mich.
 

„Hey.“ erwidere ich ihr seufzend.
 

Sie seufzt ebenfalls.
 

Ich weiß, dass sie sich Sorgen um mich macht, weil mich Dominique immer schlimmer behandelt. Aber ändern kann ich es auch nicht.
 

„Wie geht´s dir?“ erkundigt sie sich bei mir.
 

„Es geht. ... Aber, lange halte ich sie nicht mehr aus. Es wird allmählich immer unerträglicher.“
 

„Wenn das alles doch nur schneller über die Bühne gehen könnte und wir dich dort rausholen könnten.“
 

Ich seufze schwer.
 

~~~
 

In der Mittagspause kommt Mokuba auch gleich auf uns zu.
 

„Hey, ihr beiden. … Ich habe tolle Neuigkeiten. … Gestern Nachmittag ist endlich die Genehmigung gekommen. … Seto will heute seine Idee in die Tat umsetzen, um dir heute einen Ausgang zu verschaffen. … Dann dauert es auch sicher nicht mehr lange, bis du endlich Mrs. Montgomery loswirst.“
 

Ich atme erleichtert auf. Denn ich kann es kaum erwarten, Dominique loszuwerden.
 

„Für heute Vormittag hat Seto bereits dafür gesorgt, dass schon einmal der Parkplatz aufgerissen wird, wo früher die Blumenbeete angepflanzt waren, als das Grundstück gekauft wurde. … Also können wir heute problemlos das Testament bergen.“
 

Ein erleichtertes Lächeln legt sich auf meine Lippen.
 

„Das sind wirklich tolle Neuigkeiten.“ meint Katie sofort.
 

Ich nicke nur.
 

„Spätestens übermorgen bist du die Hexe los.“, richtet sich Mokuba an mich, „Seto hat bereits für alles vorgesorgt.“
 

„Richte ihm meinen herzlichen Dank aus.“ bitte ich Mokuba.
 

„Mach´ ich.“ und schon winkt er uns, ehe er sich abwendet und zu Seto zurückgeht.
 

~~~
 

Nach der Schule gehe ich, wie gewöhnlich, mit Katie in Begleitung, nach Hause.
 

Als ich meiner Arbeit nachgehen will, kommt Dominique auf mich zu und schimpft sofort mit mir:
 

„Was hast du nur angestellt? Der Direktor deiner Schule hat angerufen, dass du um 16 Uhr wieder in der Schule erscheinen sollst.“
 

Ich starre sie eingeschüchtert an.
 

Seto hatte nämlich seine Idee etwas abgeändert und den Direktor beauftragt, von vornherein anzurufen, um mir den Ausgang zu verschaffen. Jetzt kommt es nur darauf an, dass sie auch darauf anspringt.
 

„Na, los. Mach´ schon. … Umso schneller du wieder zurück bist, desto eher kannst du dich deinen Aufgaben widmen. … Und mach´ mir ja keinen Ärger.“ befiehlt sie mir.
 

Ich nicke ängstlich und verlasse wieder das Haus.
 

Unsicher verlasse ich das Grundstück und sehe nach, ob Dominique mich vielleicht beobachtet. Aber, nein. Sie hat gerade ihre drei Masseure zu sich gerufen.
 

Schräg gegenüber erblicke ich dann einen Bagger, der die Asphaltbrocken auf einen LKW lädt. Neugierig nähere ich mich der Begebenheit und betrete das alte Grundstück meiner Eltern.
 

Ich schließe meine Augen, um mir Grundstück meiner Eltern in Erinnerung zu rufen, wie es damals ausgesehen hat. Blind mache ich dann Schritte, die ich abzähle und versuche das Bild meiner Erinnerung aufrechtzuerhalten, während ich zeitweise meine Augen einen Spalt öffne, um nicht zu stolpern.
 

Bereits nach einigen Schritten erreiche ich das bildliche Blumenbeet und gehe in die Knie, um die Position der kleinen Kiste auszumachen, in der sich das Testament befinden soll.
 

„Hier muss es sein.“ sage ich vor mir her, während ich meine Augen ganz öffne, und beginne mit meinen bloßen Händen zu graben.
 

Nach einigem Graben stoße ich dann auf einen Fund. Euphorisch wische ich den Dreck von der Oberfläche und stelle fest:
 

„Ich hab´ sie gefunden.“
 

Schnell grabe ich die kleine Kiste aus und hole sie aus dem Loch, das ich gegraben habe. Ich putze sie noch etwas ab und atme tief durch, ehe ich sie öffne.
 

Ich nehme das zusammengerollte Papierstück heraus und rolle es aus. Sofort benetzen Tränen meine Augen aus Erleichterung, nachdem ich mir das Geschriebene durchgelesen habe.
 

„Du bist ja schon da.“ höre ich Seto´s Stimme.
 

Ich blicke lächelnd zu ihm, mit Tränen, die meine Wangen benetzen. Katie und Mokuba sind ebenfalls dabei.
 

Seto kommt auf mich zu und ich strecke ihm das Testament entgegen.
 

Er nimmt es in die Hand und mich in seine Arme, ehe er es sich durchliest.
 

„Jetzt haben wir Mrs. Montgomery in der Hand.“, erwähnt er, „Komm mit. Wir werden sofort zu meinem Rechtsanwalt fahren. Er erklärt uns die nächsten Schritte.“
 

Ich nicke und lasse mich von ihm zu einem unauffälligen Auto geleiten. Wir setzen uns hinein und Seto setzt sich auf den Fahrersitz, als er auch schon das Auto startet.
 

~~~
 

Beim Rechtsanwalt angekommen, erklärt dieser:
 

„Es ist wenig sinnvoll, das Testament zu vollstrecken, solange Dominique Montgomery die Vormundschaft von Miss White besitzt. … Doch sollte dieser die Vormundschaft vom Jugendamt entzogen werden, so sieht die Sache anders aus und läuft nach ihren Vorstellungen, Mr. Kaiba.“
 

„Daran wird bereits gearbeitet. … Ich bin zuversichtlich, dass das Jugendamt bereits genug Beweise gesammelt hat, um ihr die Vormundschaft zu entziehen. Dann noch die Beweislast für die Polizei …“
 

„Stimmt. Es ist Zeit vor Gericht zu gehen. … Ich werde mich um alles kümmern.“, nickt der Rechtsanwalt, „Sie kommt noch heute hinter Gitter. Dafür sorge ich persönlich.“
 

Schon ruft der Rechtsanwalt bei der Polizei an und verklagt Dominique, auf Grund mehrerer Straftaten.
 

Danach gehen wir wieder und Seto küsst mich ausgiebig zum Abschied, nachdem er mich zuhause abgesetzt hat. Ich soll ihn aber anrufen, sobald sich etwas tut. So trennen sich vorerst wieder unsere Wege.
 

~~~
 

Ich bin gerade dabei, das Abendessen zu kochen, als es an der Tür klopft. Wütend stampft Beth an die Tür, weil sie weiß, dass ich gerade beschäftigt bin.
 

„Mutter, da ist ein Herr, der zu dir will.“ brüllt sie dann durch das ganze Haus.
 

Ich lasse mich nicht aus der Ruhe bringen und koche einfach weiter. Dann vernehme ich keine Geräusche mehr und beende die Zubereitung des Abendessens.
 

Ahnungslos richte ich das Abendessen auf dem Tisch an, als ich Polizeisirenen vernehme, die sich ziemlich nah anhören. Dann vernehme ich auch Geheule mit lautstarkem Gejammer von Beth.
 

Stirnrunzelnd gehe ich an das nächstbeste Fenster, als ich draußen vor dem Haus Zeuge werde, wie Dominique abgeführt wird. Ich bin viel zu geschockt, um mich darüber zu freuen, weil ich jetzt nicht weiß, was folgen wird.
 

Da kommt aber schon ein Mann auf mich zu und erkundigt sich:
 

„Sie sind Jenna White?“
 

Schüchtern nicke ich.
 

„Ich bin vom Jugendamt und für Sie zuständig. … Mrs. Montgomery wurde festgenommen und wird wohl einige Zeit in Untersuchungshaft sitzen, auf Grund schwerer Straftaten, die ihr erst noch nachgewiesen werden müssen. … Deshalb ersuche ich Sie, sich ein paar Sachen zusammenzupacken. Ich werde Sie und Elisabeth Montgomery vorerst in einem Heim unterbringen, bis die Sachlage geklärt ist.“
 

„Können Sie bitte Mr. Kaiba informieren? Er ist mein derzeitiger Freund. … Vielleicht wäre es auch möglich, bis alles geklärt ist, dass ich bei ihm unterkommen kann?“ kommt mir eine Idee.
 

Dann könnte ich Seto wesentlich öfter ganz nah sein. Der Gedanke würde mir gefallen. Jetzt kommt es nur darauf an, was Seto von dieser Idee hält.
 

„Da müsste ich mich rechtens erst darüber mit meiner Vorgesetzten unterhalten, ob das möglich ist.“
 

„Bitte tun Sie das und teilen mir die Entscheidung mit.“ bitte ich fast flehend.
 

Denn nirgends wäre ich lieber als bei Seto. Ich will nämlich in kein Heim. Davor habe ich nämlich irgendwie Angst.
 

„Ich muss Sie dennoch jetzt mitnehmen, damit Sie unter Aufsicht sind.“
 

„Ich bin doch kein Baby mehr. Ich komme schon alleine klar.“ beschwere ich mich.
 

„Das ist mir bestens vertraut. Dennoch könnten Sie Folgeschäden von der Misshandlung von Mrs. Montgomery haben, ohne davon etwas zu wissen. Es ist auch von Nöten, eine Gesundheitsuntersuchung und einen psychologischen Test zu vollziehen.“
 

„Verstehe. Dann werde ich mir eben eine Tasche packen. … Aber vorher werde ich noch meinen Freund anrufen, wenn Sie gestatten. … Ich möchte ihn gerne dabeihaben.“
 

„Tun Sie sich keinen Zwang an.“
 

„Danke.“
 

Ich schlängle mich an ihm vorbei und husche in den Schuppen, der mein Zimmer beinhält, hole unter meinem Bett eine kleine Reisetasche hervor und beginne die wichtigsten Sachen für Übernachtungen einzupacken. Danach schnappe ich mein Handy und rufe Seto an.
 

„Kaiba?“
 

„Hey, Seto. … Bei mir hier geht´s gerade rund. … Dominique wurde verhaftet und ich soll jetzt mit dem Jugendamtbeamten mitgehen für eine ärztliche und psychologische Untersuchung. … Er meinte auch, ich würde für die Zeit in der Dominique in Untersuchungshaft sitzt, in ein Heim gesteckt werden. … Ich habe Angst ganz alleine. Bitte komm´ zu mir.“ zittere ich am ganz Leib, weil ich einfach Angst habe, was nun mit mir geschehen soll.
 

„Hab´ keine Angst. Ich bin in zehn Minuten bei dir. Ich werde dem Jugendamtbeamten erklären, dass ich für dich vorgesehen habe, einem Angestellten deine Vormundschaft zu überlassen. … Das durchzubringen geht aber leider nicht über Nacht. Du wirst wohl eine Weile woanders untergebracht werden müssen.“
 

„Kann ich nicht bei dir bleiben?“ heule ich jetzt.
 

Schweigen tritt ein, während ich zu schluchzen beginne.
 

Das alles ist einfach schon zu viel für mich. Die letzten Tage reinster Folter und jetzt die spontane Erlösung. Ich bin strikt überfordert. Man könnte auch meinen, ich habe fast einen Nervenzusammenbruch.
 

„Ich kann dir nichts versprechen, aber einen Versuch ist es allemal wert.“ meint er dann nachdenklich.
 

„Bitte komm schnell.“ flüstere ich mit weinerlicher Stimme.
 

„Bis gleich.“ beendet Seto das Gespräch, um sich vermutlich zu beeilen, zu mir zu kommen.
 

Nachdem ich meine kleine Reisetasche fertig gepackt habe, verlasse ich mein Zimmer und stelle fest, dass die Polizei bereits abgefahren ist.
 

Nur noch der Wagen des Jugendamtbeamten steht am Randstein, wo Beth bereits auf der Rückbank platzgenommen hat und ihr sichtlich Tränen über die Wangen laufen, während ihr Kopf gesenkt ist.
 

Ich wische mir die Tränen aus den Augen und Gesicht und trete anschließend auf den Jugendamtbeamten zu, um ihn zu bitten:
 

„Können wir noch auf meinen Freund warten? Er wird mich vorerst begleiten, und um den weiteren Fortgang zu erfahren, noch mit Ihnen sprechen wollen.“
 

„Gut, dann warten wir.
 

~~~
 

Zehn Minuten später fährt dann Seto´s Limousine an und parkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Der Fahrer steigt aus und öffnet für Seto die Tür.
 

Erst, nachdem Seto um die Limousine herumgegangen und auf meiner Straßenseite angekommen ist, laufe ich auf ihn zu und werfe mich in seine Arme.
 

Endlich bin ich nicht mehr allein. Mein Seto ist gekommen, um für mich da zu sein.
 

Seto legt seine Arme um mich und streichelt mir den Rücken auf und ab, um mich zu trösten. Währenddessen tritt der Jugendamtbeamte bereits auf uns zu und begrüßt Seto:
 

„Guten Abend, Mr. Kaiba.“
 

„Ebenfalls.“ erwidert Seto nur.
 

„Sie wollen uns begleiten?“ hakt der Jugendamtbeamte nach.
 

Seto nickt nur und winkt seinem Fahrer. Dieser steigt in die Limousine und fährt ohne Seto davon.
 

„Gut, dann steigen Sie bitte ein.“ fordert der Jugendamtbeamte uns beide auf.
 

Wir folgen ihm und ich lasse Seto einstweilen wissen:
 

„Beth sitzt auch im Wagen.“
 

„Dann sorge bitte dafür, dass ich nicht neben ihr sitze. Ich will mir ihr Gesülze einfach nicht mehr anhören müssen.“
 

„Kann ich verstehen.“ versuche ich zu lächeln, was mir misslingt.
 

Kein Wunder. Ich fühle mich gerade nicht sehr rosig.
 

Ich steige zuerst in den Wagen und hintennach Seto, sodass ich zwischen Beth und Seto sitze. Beth ist nahezu geschockt, als sie mitbekommt, dass Seto mitfährt. So bin ich gezwungen, ihr beizubringen, dass ich mit Seto zusammen bin, und sie keine Chance mehr bei ihm hat.
 

Ihre erste Reaktion ist die Übliche, dass sie sich bei ihrer Mutter beschweren will, aber, als sie wieder ihrer Situation bewusstwird, verstummt sie und wieder fließen Tränen über ihre Wangen.
 

Sie tut mir ja fast leid. Aber nur fast, da sie mich ebenfalls immer nur schlecht behandelt hat. Sie ist, bei Gott, nicht viel besser als ihre Mutter.
 

~~~
 

Wir werden zu einem mir unbekannten Gebäude gefahren und in einen Warteraum gebracht, wo Beth und ich untersucht werden sollen.
 

Ich lasse Beth als Erste zum Arzt rein, weil ich sicher bin, dass Seto anschließend mit dem Jugendamtbeamten sprechen wird. Aber leider allein und unter vier Augen. Vermutlich wegen Beth. Wenn sie aber nicht mehr da ist, kann ich vielleicht mithören. Ich will schließlich mitkriegen, wie es nun mit mir weitergehen wird.
 

Nachdem Beth wieder aus dem Arztzimmer kommt, widmet sich sogleich ein anderer Mitarbeiter ihrer und verlässt mir ihr das Gebäude wieder. Somit bin ich nun dran.
 

Unsicher marschiere ich mit Seto in das Arztzimmer, wo ein freundlich wirkender Arzt mittleren Alters auf mich wartet.
 

Er bittet mich, mit einer bloßen Handbewegung Platz zu nehmen. Ich tue, wie geheißen, und werde nachfolgend intensiv untersucht. Danach muss ich noch einen psychologischen Test absolvieren und das war´s.
 

Als wir wieder in den Raum kommen, spricht Seto sofort den Jugendamtbeamten an:
 

„Jenna soll jetzt bestimmt in einem Heim untergebracht werden.“
 

„Das ist korrekt.“
 

„Wäre es vielleicht in Betracht zu ziehen, sie bei mir unterzubringen, bis Jenna´s Vormundschaft von einem meiner zuverlässigsten und vertrauenswürdigsten Leute übernommen wurde?“
 

Jetzt wirkt der Jugendamtbeamte direkt erstaunt.
 

„Das müsste ich erst mit meiner Vorgesetzten besprechen. … Aber, da ich weiß, dass Sie auf sie aufpassen würden, so, wie auf ihren Bruder, werde ich für drei Tage ein Auge zudrücken. Aber, keinen Tag länger.“
 

Schon kann man miterleben, wie sich mein Gesicht aus Freude aufhellt.
 

„Drei Tage.“ deutet mir der Jugendamtbeamte nachdrücklich.
 

Ich nicke einfach nur freudig.
 

Danach verabschieden wir uns und Seto lässt sich von ihm seine Visitenkarte geben, von wegen Kontakthalten.
 

***
 

So kommt es, dass Seto die Zeit dieser drei Tage nutzt, um für mich alles zu regeln.
 

Seto hat mir sogar schon den Angestellten vorgestellt, der meine Vormundschaft übernehmen wird.
 

Sein Name ist Roland und der ist Seto´s persönlicher Assistent und rechte Hand in seiner Firma. Roland hat eine nette Frau und zwei erwachsene Kinder, die nicht mehr bei ihnen leben. Somit würde ich bei dieser Familie leben und ich kann entscheiden, was mit meiner Erbschaft geschieht.
 

Natürlich werde ich auch noch Geld vom Staat wegen Dominiques Schulden an mich vorgeschossen bekommen, wobei nicht einmal das wenige Taschengeld, das ich von ihr bekommen habe, berücksichtigt wird. Seto meinte nämlich, dass Dominique dazu verpflichtet sei, mir die fünf Jahre Dienstzeit nachbezahlen zu müssen, mit einer saftigen Strafgebühr, weil es illegal war. Und das wäre auch nur dank des Jugendamtes möglich.
 

Sie muss mir ja auch das Geld für den Verkauf des Grundstücks meiner Eltern wieder zurückzahlen. Seto hat mir das genau erklärt und mir sogar einen Schrieb vom Rechtsanwalt gezeigt, was da alles so zusammenkommt. Und ich muss sagen, es ist gar nicht mal so wenig.
 

Zumindest könnte ich mir mit dem Geld problemlos das gesamte Studium leisten und sogar noch mehrere Jahre problemlos davon leben.
 

Nur, frage ich mich, wie der Jugendamtbeamte auf die Idee kommt, mir drei Tage zu erlauben, bei Seto zu bleiben, wenn der dritte Tag auf einen Samstag fällt. Hat das Jugendamt etwa täglich geöffnet?
 

Vorgestern und gestern hatte ich von Seto zumindest kaum etwas. Aber heute ist Seto schon den ganzen Tag zuhause. Mokuba hat mir sogar gestanden, dass Seto die zwei Tage, nur für mich, schon früher von der Firma nach Hause gekommen ist, damit er überhaupt Zeit mit mir verbringen kann, weil er das normalerweise nicht tut, und noch wesentlich länger arbeitet. Aber, sei´s drum. Ich freue mich einfach, überhaupt Zeit mit Seto verbringen zu können.
 

Heute haben wir ja sogar etwas zu dritt unternommen. Und es hat Spaß gemacht, nicht die ganze Zeit in der Villa festzusitzen. Aber, zu der Zeit hatte ich ja Katie zu Besuch, die mir Gesellschaft geleistet hat. Also, halb so schlimm. Nur heute war sie nicht dabei. Fast wie ein Familienwochenendausflug. Und es war total schön.
 

Den ganzen Tag über befürchten wir schon, dass jeden Moment der Anruf oder Besuch von dem einen Jugendamtbeamten eintreffen wird. Ich habe Angst, von Seto wieder wegzumüssen, wo ich doch gerade dabei bin, mich an die luxuriöse Umgebung zu gewöhnen und mit ihr anzufreunden. Ich will nicht mehr von Seto weg. Jetzt konnte ich ihm nämlich wesentlich öfter nah sein, als, wenn ich noch Dominique am Hals hatte.
 

***
 

Nun sind bereits drei Monate vergangen und der Jugendamtbeamte hat überhaupt nichts mehr von sich hören lassen. Als hätte er mich vollkommen vergessen.
 

Mein Glück allerdings. Da ich, nach wie vor, bei Seto lebe.
 

Nur, weiß ich jetzt seit einer Woche, dass bereits die Gerichtsverhandlung von Dominique stattfindet, weil so viele Leute geladen sind. Es sollen sich sogar noch welche gemeldet haben, die von der Gerichtsverhandlung gehört haben, um ihr Gewissen zu erleichtern.
 

Seto meinte, dass es nicht nötig sei, dass ich anwesend bin, wenn ich mich vor ihr fürchte. Wenn es allerdings notwendig werden sollte, würde mir nichts Anderes übrigbleiben. Das würde aber nur passieren, wenn Beweise fehlen. Meines Wissens haben wir aber mehr als genug gesammelt.
 

Mich würde glatt interessieren, wie Dominique reagiert hat, als sie erfahren durfte, dass Seto mein Freund und mit mir zusammen ist. Zugern hätte ich ihr doofes Gesicht gesehen. Mir ist aber lieber, ihr erst gar nicht in die Quere zu kommen, sonst käme sie noch auf die Idee, mir den Hals umzudrehen. Auf eine Straftat mehr, käme es ihr wahrscheinlich auch nicht mehr an. Denn, dass sie ins Gefängnis muss, ist eine Tatsache.
 

~~~
 

Nun warte ich, seit Vormittag, auf die Rückkehr von Seto aus dem Gericht. Denn es ist mittlerweile 14 Uhr und ich mache mir allmählich Sorgen. Keine der Verhandlungen hat bis jetzt so lange gedauert.
 

Auch Katie, die mir beisteht und neben mir im Wohnzimmer auf der Couch sitzt, macht sich allmählich Gedanken darüber, wo Seto nur bleibt.
 

~~~
 

Eine Stunde später kommt Seto endlich zur Tür herein und ich springe regelrecht auf, um in die Eingangshalle zu eilen.
 

Sofort falle ich ihm um den Hals und frage ihn sorgenvoll:
 

„Wo warst du nur solange?“
 

„Beruhige dich wieder. Mir geht´s gut und es ist nichts passiert.“, er streicht mir über den Rücken und behält mich im Arm, „Heute wurde das Urteil gesprochen und Details besprochen, wie es nun mit dir weitergehen soll, da du nach wie vor bei mir wohnst, und das Jugendamt bis jetzt nichts dagegen unternommen hat.“
 

„Und was ist rausgekommen?“ erkundigt sich nun Katie an meiner statt.
 

„Das Gericht hat beschlossen, dass du weiterhin bei mir bleiben darfst, solange wir zusammen sind, da ich über die Mittel verfüge, gut für dich zu sorgen. Dabei spielt auch die Anwesenheit meiner Bediensteten eine Rolle, weil darunter sich hauptsächlich Erwachsene befinden und dir auch beistehen bzw. ihre Aufsicht übernehmen können, wenn ich nicht da bin. Deshalb benötigst du auch keinen Vormund, und nur ein Treuhänder wacht über deine Besitztümer, bis du volljährig bist. Der Rechtsanwalt konnte es sich zum Schluss nämlich nicht verkneifen, gleich das Testament vorzulegen und das Gericht entscheiden zu lassen.“
 

„Und was ist jetzt mit Dominique?“ will ich wissen.
 

„Nachdem das Gericht alle Beweise durchgesehen hatte, wurde sie zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt. Und Beth wurde in ein Heim gesteckt, um zu einem späteren Zeitpunkt in einer Pflegefamilie untergebracht zu werden. … Und um das alles zu klären, hat die heutige Verhandlung etwas länger gedauert. Denn es wurde alles schriftlich festgehalten und musste noch von mehreren Stellen unterschrieben werden. … Und in meinem Aktenkoffer habe ich das 20-seitige Dokument, das dir gehört, Jenna.“
 

„20 Seiten?“ frage ich überrascht.
 

„Hat sich so ergeben. Es sind nämlich viele Klauseln, die zu beachten sind und die mussten angefügt werden, damit nichts außer Acht gelassen wird. … Hauptsächlich das Zusammenstellen dieses Dokuments hat so viel Zeit in Anspruch genommen. … Deshalb kann ich dir jetzt auch sagen, dass du sie endlich los bist. Und zwar für immer.“
 

„Das ist ja toll. Das sollten wir unbedingt feiern.“ meint Katie sofort.
 

„Ja.“, stimme ich zu, „Endlich bin ich frei.“
 

Schon verschließen Seto und ich unsere Lippen zu einem Kuss. Denn jetzt kann mein Leben endlich beginnen.
 

~~ Ende ~~


Nachwort zu diesem Kapitel:
Diesen Oneshot zu verfassen, war echt ein Horror, kann ich euch sagen. Zumindest was das letzte Drittel angeht.
Hoffe, es gefällt dennoch.

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