Demütigung 2 von Tikila89 (Ich will sein Spielzeug sein.) ================================================================================ Kapitel 30: Ich wusste nicht, dass das so viele sind. ----------------------------------------------------- Kapitel 30 „Käpten, ich muss mit dir reden.“, flüstere ich leise und schaue im Augenwinkel zu Ruffy herüber. Er isst weiter, als hätte er mich nicht gehört, aber ich weiß, dass er mich gehört hat. Ich kann es spüren. „Naoki hat gesagt, wir müssen hier weg. Die Marine weiß, dass wir hier sind. Und wir sitzen hier-„ „Ich weiß.“ Jetzt schaue ich doch ganz zu ihm auf. Wie, er weiß es? Als er meinen Blick bemerkt, sieht er über die Schulter zu mir herunter, nickt dann sofort und grinst albern mit vollgestopftem Mund. „Ich warte schon drauf.“, murmelt er grinsend und dreht sich wieder von mir weg. „Du wartest schon d-„ „Sag es aber keinem, okay? Nami wird alles versauen und das Schiff wegfahren.“ Er flüstert nur leise, während sich Zorro und Nami im Hintergrund über Frisuren streiten. Sie ziehen alle Aufmerksamkeit auf sich, keiner hört, was Ruffy mir da sagt. Er scheint sich wirklich darauf zu freuen. Ich im Gegensatz zu ihm überhaupt gar nicht. Das letzte mal, als die Marine aufgetaucht ist, musste ich heiraten, damit ich aus meiner Zelle komme. Wie soll ich darauf reagieren? „Lass uns weg, Käpten. Ich hab Angst.“, gestehe ich irgendwann leise, doch er schüttelt nur sachte den Kopf. „Du hast noch nie wirklich gekämpft. Das ist gut für dich.“ „Gut für mich?“ Ich flüstere nur, starre ihn von der Seite an, zwinge mich dann aber nach unten weg zu sehen. Na toll. Der ist doch verrückt. Freut sich auf einen Kampf mit der Marine. Nimmt der das nicht ernst? Weiß er nicht, was das bedeutet? Ihn wird man hinrichten und mich- Wenn ich wenigstens auf den Tod hoffen könnte, dann hätte ich da nicht so große Angst vor. Das, was die mit mir machen werden, das ist für mich schlimmer als der Tod. „Sag es nicht.“, flüstert Ruffy mir noch einmal zu, bevor er sich seinen Teller ein zweites Mal vollpackt, dabei die Hälfte aber schon in seinem Mund verschwindet. Das war keine Frage. Ich weiß, ich muss auf ihn hören, aber der Gedanke gefällt mir gar nicht. Auch, als Ruffy sich vom Tisch erhebt und mir diesmal eindeutig zeigt, dass ich auch aufstehen kann, indem er fragt, ob ich mitkommen will, schüttle ich den Kopf. Nein, jetzt noch nicht. Das, was heute Morgen, heute Nacht war, war wunderschön. Ich habe es so genossen ihn wieder bei mir zu spüren, aber das, was ich jetzt machen werde, das muss ich einfach. Es dauert wieder eine Zeit, ehe Sanji und ich alleine sind. Er stellt das Geschirr in die Spüle, setzt sich dann aber neben mich, auch wenn ich nicht zu ihm aufgesehen habe. Er weiß, dass ich mit ihm reden will, auch wenn ich ihm das nicht gesagt habe. Er spürt es ganz genau, und er hat Recht. Erst warte ich darauf, dass er etwas sagt, doch als er sich eine Zigarette ansteckt wird mir klar, dass ich anfangen muss. Ich will ja immerhin auch mit ihm reden. „Das gestern war-„ Als ich mich das höre, mir meine eigene Stimme viel zu laut vorkommt, obwohl ich nur flüstere, breche ich den Satz ab. Ich seufze innerlich tief, als ich mir wieder meine Worte zurechtlege. Wie soll ich das sagen? Bring ihn zum Reden, ich muss erst wissen, was er denkt. „Wieso?“, frage ich dann leise und schau zu ihm rüber. Ich kann seine Augen nicht sehen, aber er schüttelt sachte den Kopf als er an den Abend zurückdenkt. „Sie war vorher ganz anders.“, antwortet er mir leise und ich bin froh, dass er mich bei den Worten nicht ansieht. Ich weiche mit meinem Blick sofort nach unten aus, blicke auf die Tischplatte und muss einfach an sie denken. Das war so furchtbar. Sie hat es gemacht, wie damals. Erst hat sie mir ein Kompliment gemacht, etwas, was mich dazu gebracht hat, dass ich mich freue. Etwas, dass ich ihr kaum glauben könnte, weil sie es zu mir gesagt hat. Ich habe mich so gefreut, als sie zu mir sagte, dass ich gut aussehe. Sie hat es gesagt, als würde sie es wirklich so meinen. Und dann das. „Ihr habt-habt euch vorher schon mit ihr getroffen?“ Ganz ruhig. Ich muss jetzt nicht stottern. Sanji nickt sachte und zieht an seiner Zigarette. „Ja, wir wollten sicher gehen, dass es gut wird. Ich meine, natürlich haben wir über deine Worte nachgedacht, aber Sato kannte sie wohl schon etwas länger. Er sagte, sie sei eigentlich ganz anders und du müsstest dich nur mit ihr aussprechen. Sie Sagte, sie hat dir die Haare abgeschnitten, damit dich die Kerle nicht mehr ansehen. Sie hat nicht aufhören können, weil sie nicht wusste, wie sie sonst alles auf die Reihe bekommt. Das klang alles so logisch, ich weiß nicht, ich glaubte irgendwann, dass das alles nur ein riesen Missverständnis ist. Aber dann.“ Bei der Erinnerung schüttelt er sachte den Kopf und seufzt tief. „Das wollte ich nicht, Prinzessin.“ „Ich auch nicht.“, flüstere ich und schüttle den Kopf. Das alles war so viel, so heftig und unerwartet, dass ich noch keine Zeit hatte wirklich darüber nachzudenken. „Wann willst du Chopper alles erzählen?“, fragt er mich dann leise und sieht zu mir herüber. Die Frage habe ich befürchtet. Gestern schien es mir noch eine gute Idee zu sein, es ihm zu sagen, aber heute nicht mehr. Ich will keine Anti-Depressiver nehmen. Ich brauch das nicht. Ich hab mir ja nicht mal was angetan. „Ich weiß nicht.“, ob ich Chopper überhaupt noch etwas sagen will. Sanji schweigt auf meine Antwort. Ich bin froh, dass er mich nicht dazu drängt. Ich brauche erst noch Zeit, um mir über alles klar zu werden. „Du hast sie geschlagen.“, flüstere ich irgendwann leise. Als mich Sanji das sagen hört, seufzt er tief, nickt sachte und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. Jetzt kann ich ihn gar nicht mehr neben mir sehen, aber ich bewege mich nicht. Ich fand es gut, dass er sie geschlagen hat. Das war richtig. Aber er hat das getan. Ausgerechnet Sanji. Er zieht noch einmal an seiner Zigarette, atmet tief durch und antwortet dann leise. „Ja, hab ich.“ „Wieso?“ „Ich-„, er bricht den Satz sofort ab, zögert und sucht nach Worten. Wieder atmet er tief durch und lässt sich Zeit. Ich spüre, dass er jetzt noch damit zu kämpfen hat, dass er es getan hat. „Ich hab geschworen, dass ich nie in meinem Leben eine Lady schlage. Niemals. Ich würde eher sterben, bevor ich das mache. Aber das gestern-„ Wieder bricht er ab, lehnt sich dann wieder nach vorn und greift meine Hand auf meinem Schoß, lässt seine auf meiner liegen. Ich blicke nicht zu ihm auf, schaue auf unsere Hände auf meinem Schoß und spüre sofort meinen Herzschlag in meiner Brust. „Das ging nicht gegen mich. Ich musste nicht mich verteidigen. Sondern dich.“ „Du hast mich gekauft.“ „Ich wollte nicht-„ „Das war schon das zweite Mal, dass mich jemand gekauft hat.“ Auf diese Worte schweigt er. Er bewegt sich keinen Zentimeter und ich weiß, dass er mich ansieht. So hat er das nicht gesehen. Daran hat er nicht gedacht. Er wollte das auf keinen Fall so darstellen, wie ich es jetzt nenne. Ich aber muss seit gestern daran denken. „Ich bin froh, dass du es diesmal warst.“, erlöse ich ihn dann leise und spüre sofort, wie er sich neben mir entspannt. Ich kann jetzt nicht zu ihm aufsehen. Nein, jetzt nicht. Ich würde anfangen zu weinen, das will ich nicht. „Ich wusste nicht, dass du noch darüber nachdenkst.“ Darauf nicke ich sachte, atme einmal tief durch und spüre schon, dass mein Atem zittert, da ich den Tränen nah bin. Aber ich halte es noch zurück. Ich will nicht weinen. „Jedes Mal, wenn ich mir Schuhe anziehe.“, flüstere ich und ziehe meine Beine unter dem Stuhl bei dem Gedanken an. Dominik hat mir die Fußsohlen aufgeschlagen. Die Beine, die Oberschenkel, den Hintern, den gesamten Rücken. Ich weiß es, obwohl ich die Narben selbst nicht sehen kann. Siebenundzwanzig Narben sind geblieben. Aber die unter meinen Füßen spüre ich immer, wenn ich mit Schuhe anziehe oder ausziehe. Meine Fußspuren sehen anders aus als früher. Man kann die Narben selbst darin sehen. „Hast du je darüber geredet?“ Ich nicke sachte auf seine Frage. Ich muss kurz schweigen. Kann jetzt nichts sagen. Ja, ich habe mit Robin damals geredet. Sie hat mir geholfen, auch wenn ich wahrscheinlich mein Leben lang daran zurückdenken muss. Das gehört jetzt leider zu mir. Zu meiner Geschichte. Genau wie der Abend gestern mit Mama. Als Sanji vergebens auf eine Antwort oder eine Erklärung wartet, legt er einen Arm um mich. Ich atme erneut tief durch, weiche mit dem Blick zur Seite und setze mich bei der Berührung aufrecht hin. Ich will nicht weinen. Nein, das muss ich nicht mehr. Schon lange nicht mehr. „Ach, Prinzessin. Das tut mir alles so leid. Ich-„ „Hör auf.“, unterbreche ich ihn leise und greife seine Hand, löse sie von meiner Seite und lege sie zurück auf seinen Schoß. Wenn er mich jetzt so bemitleidet, kann ich nicht aufhören mein Weinen zu unterdrücken. „Prinzessin…“, er sucht von unten meinen Blick, doch ich weiche wieder mit dem Blick zur Seite aus. Als er mich so sieht, legt er wieder einen Arm um meine Seite. Ich schüttle sofort den Kopf, beiße mir auf die Zunge und lege sofort eine Hand auf sein Handgelenk, will ihn von mir wegdrücken. Ohne ihm eine Changs zu lassen, mich zu sich zu ziehen, stehe ich auf, gleite aus seinen Händen und spüre, dass er mich zu sich ziehen wollte. Er bleibt hinter mir auf seinem Stuhl zurück und sieht mir nach. Ich gehe sofort, sage kein Wort und schlage die Tür hinter mir zu. Erst, als ich meine Tür hinter mir zuschlage, mit der flachen Hand gegen sie schlage, realisiere ich die Wut in mir. Ich bin wütend. Wirklich sauer, aber wieso? Und auf wen? Auf Sanji! Er hat mir in den letzten Tagen viele Gründe gegeben, dass ich sauer auf ihn bin, doch das gerade, das von gestern, das hätte alles wieder gut machen müssen. Eigentlich. Er ist schuld, dass das alles passiert ist. Hätte er nicht darauf bestanden, dass ich ihm alles erzähle, dann- Hör auf, in die Richtung zu denken. Du weißt, was dann passiert. Ich knirsche vor Wut mit den Zähnen, drehe mich zu meinem Schreibtisch und trete die Wasserflasche davor quer durch den Raum. Verdammt, was ist los mit mir?! Wieso kann ich nicht aufhören ihm die Schuld an allem zu geben. Er wollte nie etwas schlechtes für mich. Aber er kennt mich und er wusste, was passiert, wenn er sich einmischt. Er hat Ruffy angegriffen, als er falsch mit mir geredet hat! Er hat mich dazu gebracht am selben Tisch wie meine Mutter zu sitzen, mich mit ihr zu unterhalten! Sato aber auch. Aber Sato versucht es schon länger und hat es nicht hin bekommen. Seit Sanji es weiß, hat sich etwas verändert. Er hat Schuld. Wegen ihm ist das alles passiert! Als sich die Tür hinter mir öffnet, weiß ich sofort, dass er mir gefolgt ist. Das macht er mit Absicht! Noch bevor ich ihn sehe, laufe ich auf die Tür zu, hole mit der flachen Hand aus und schlage zu, sobald ich seine Wange sehe. Das ist nicht Sanji! Ich will mich noch bremsen, schaffe es aber nicht und verpasse Zorro eine schallende Ohrfeige, ziehe die Hand sofort zurück und verschleiere meinen Mund und Nase mit beiden Händen, drehe mich reflexartig von ihm weg, weil ich nicht sehen will, wie er reagiert. Ich halte die Luft in der Lunge, lausche und warte. Was hab ich gerade gemacht?! Wieso mach ich immer alles, bevor ich die Kerle erkenne, denen ich das antu? „Hab ich was gemacht?“, fragt Zorro irgendwann verwirrt, doch ich schüttle sofort den Kopf, bewege mich sonst aber nicht. Erst jetzt wage ich wieder zu atmen, aber nur einmal kurz, halte dann wieder die Luft in der Lunge. „Das wollt ich nicht. Tut mir leid.“, flüstere ich leise und höre, wie Zorro die Tür schließt. Aber ich bin nicht sicher, ob er aus meinem Zimmer verschwunden oder eingetreten ist. Doch als ich seine Hand auf meiner Schulter spüre, fahre ich sofort zusammen, schnappe nach Luft und schließe die Augen schlagartig. „Wenn du nicht trainieren willst, kannst du mir das auch anders sagen.“, sagt er irgendwann und ich kann hören, dass er schief grinst. Mit der Reaktion habe ich nicht gerechnet, daher muss ich auch auf lächeln, schüttle aber sofort den Kopf auf seine Äußerung. „Nein, ich hab nur-„ „Ober heißt das bei dir wieder was ganz anderes? Ich bin mir da bei dir nicht mehr so sicher.“ Jetzt kann ich nicht aufhören zu lächeln, doch ich schüttle nur wieder den Kopf über seine Worte, kann ihn aber nicht ansehen. „Tut mir leid.“, sage ich irgendwann und spüre, wie ich mich entspanne. „Hey, das war das erste Mal, dass du an mich ran gekommen bist, ohne dass ich abwehren konnte. Du machst Fortschritte.“, stellt er dann lächelnd fest und ich bin so froh, dass er es mit Humor auffasst. Erst jetzt kann ich zu ihm aufsehen, schüttle lächelnd, aber mit Tränen in den Augen den Kopf über seine Worte. „Du bist ein Schwachkopf.“, lächle ich und nehme meine Brille ab, um die Tränen von den Gläsern zu wischen. „Wieso hast du dir die Haare abgeschnitten?“, fragt er dann aber so unvermittelt, dass ich innehalte. Nicht du auch noch. „Ich hab ne-„ „Wette verloren? Wem willst du das erzählen? Ruffy?“ Ich seufze innerlich und merke, dass Ruffy es vielleicht glaubt, aber er muss das deswegen noch lange nicht glauben. Ich zögere lange, will es ihm nicht sagen, sonst müsste ich ihm alles erklären. Das werde ich nicht. „Sag mir nur, wie es dir geht. Dann lass ich dich in Ruhe.“ Wenigstens etwas. Aber wenn er schon auf mich zukommt, kann ich ihm wenigstens sagen, wie es mir geht. Wenn ich das selbst nur wüsste. „Gut, glaube ich.“ „Glaubst du?“ „Ja, ich denke schon.“ „Du denkst schon.“ „Ja, Herr Gott, es geht mir gut! Wäre schön, wenn sich mal zur Abwechslung keiner von euch sorgen um mich macht! Ich bin nicht aus Glas, verdammt! Und schon gar nicht aus Zucker! Ich kann nichts dafür, dass ich klein bin! Oder so aussehe! Aber wenn ihr wollt, besonders du, dass ich mich verteidigen kann, dann hört auf mich in Watte zu packen!“ Zorro starrt mich fassungslos an, und auch ich habe mit dem Ausbruch nicht gerechnet, ich ziehe die Luft scharf zwischen den Zähnen ein, will noch etwas sagen, verschlucke die nächsten Worte aber lieber, als sie auszusprechen. Ich will ihm keine Vorwürfe machen. Er hat mit dem ganzen gar nichts zu tun. Absolut gar nichts. Er war nicht einmal dabei. Erst jetzt reiße ich meinen Blick von ihm los, blicke vor ihm auf den Boden und atme einmal tief durch um ich zu beruhigen. „Tschuldige.“, sage ich irgendwann und setze mir meine Brille wieder auf. Er sagt nichts, ich bin mir nicht mal sicher, ob er mich ansieht, doch wir stehen uns lange schweigend gegenüber. Ich bin es, die die Stille unterbricht. „Du wolltest mit mir trainieren?“ Er nickt nur sachte als Antwort, verschränkt dann die Arme vor der Brust. „Gehst du vor?“ „Glaubst du, du packst das heute?“ „Ich muss mich irgendwie abreagieren.“ Und ich denke nicht daran, Sanji zu schlagen. Ich muss besonders gut werden. Besonders beim Kämpfen. Wenn die Marine uns angreift, muss ich bereit sein. Ich muss mich verteidigen können. Ich darf die anderen nicht ablenken. Ich darf keine Schwachstelle sein. Daher bin ich es wieder, die Zorro angreift. Ich bin schnell, schneller als sonst, aber nicht schnell für ihn genug. Doch nach den ersten Schlägen, kann er sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er merkt sofort, dass ich heute anders bin. Und das will ich ihm auch zeigen. Dann stößt er mich von sich weg, trifft mich an der Schulter, doch diesmal kann ich mich nicht einfach wegdrehen. Ich stolpere nach hinten und bleibe ein paar Schritte vor ihm stehen. „Ich glaube, wir bekommen heute wieder was Neues hin.“, grinst er mich dann an, greift sein Schwert mit beiden Händen und hält es mir Waagerecht entgegen. Ich verenge die Augen für einen kurzen Moment, will schon wieder auf ihn los laufen, als er mit einem Ruck die Klinge aus der Scheide befreit. Ich halte die Luft in der Lunge, als ich die schwarze Klinge vor mir sehe. Das ist nicht sein ernst! Der wird mich umbringen! „Bereit?“, fragt er mich dann und legt die Scheide neben sich auf den Boden. Ich starre ihn fassungslos an, bewege mich keinen Zentimeter. Der wird mich umbringen. Bis jetzt war das Training sicher, aber das!? Das ist extrem gefährlich! Das ist Wahnsinn! Ich weiß, wie scharf diese Schwerter sind! Wenn ich ein Tuch auf die Klinge fallen lasse, dann fällt das Tuch einfach auf den Boten, es wird gar nicht merken, dass es sich teilt, einfach so wird es in zwei Teilen auf den Boden fallen. Ich werde gleich sterben! Der bringt mich um! Als er merkt, dass ich nicht auf ihn zulaufe, kommt er auf mich zu, ich fahre zusammen, erwache aus meinem Schock und starre auf die Klinge, die auf mich zukommt. Das ist echt nicht sein ernst! Ich weiche sofort nach hinten aus, als er ausholt, lasse ihn gar nicht an mich ran, weiche immer weiter zurück, bis ich irgendwann wirklich vor ihm weglaufe. Als er das sieht, bleibt er stehen und schüttelt seufzend den Kopf über mich. „Schieda…“, sagt er leise und blickt mir nach, ich bleibe erst vor der Wand stehen, drehe mich wieder zu ihm und starre wieder auf die Klinge vor mir, zeige mit dem Finger auf sie. „Das ist nicht faire! Du bringst mich um!“ „Ich tu dir nichts.“ „Das Teil ist scharf! Das ist kein Witz!“ „Nein, das soll es auch nicht sein. Aber du musst dich daran gewöhnen. Was glaubst du, wie du reagierst, wenn es ernst wird? Willst du dann wieder weglaufen?“ „Ich-ich hab aber- Das ist was anderes!“ „Ja, das ist es. Denn dann schlagen die nicht mit der stumpfen Seite zu.“ „Stumpfe Seite?“ „Ich tu dir nichts. Komm wieder her und lass und weiter machen.“ „Du willst, dass ich so mit dir kämpfe, als wenn es ernst wäre?“ „Das will ich schon die ganze Zeit. Und jetzt tu nicht so, als ob du-„ Kurzschlussfunktion. Mal wieder. Und ich ziehe mir mein Shirt mit einer Bewegung über den Kopf aus, unterbreche ihn so und verunsichere ihn, ohne nur ein Wort zu sagen. Meine Hose lasse ich aber an, aber mein BH ist heute so schön, den musste ich ihm einfach zeigen. Bei dem Gedanken muss ich lächeln, werfe das Shirt zurück und heben den Dolch in meiner Hand vor mich. Zorro starrt mich ungläubig an, den Mund noch immer offen. Er glaubt nicht, was ich hier mache. Ich weiß, man traut es mir nicht zu. Aber das ist es, was ihn aus dem Konzept bringt. Also laufe ich los, auf ihn zu und erst, als ich nah vor ihm bin, bewegt er sich wieder und fängt meinen Schlag mit seiner Klinge ab. Als meine Klinge auf seine trifft, fühlt sich selbst der Griff meines Dolches anders an. Ich spüre sofort, dass das ganze Training anders ist. Und er kann es nicht übersehen. „Du mogelst.“, flüstert er mir zu, aber ich kann ein Lächeln nicht unterdrücken. „Verunsichert?“ „Beeindruckt.“ Er will den Spieß umdrehen, damit habe ich nicht gerechnet, presse die Luft bei seinen Worten aus der Lunge, stoße mich von ihm ab und sorge dafür, dass er mich nicht verunsichert. Nein, das ist mein Spiel. Nicht seins. Wieder schlage ich zu, merke aber sofort, dass er selbst nicht zuschlagen will. Er hat Angst, mich an der falschen Stelle zu treffen. Er ist sehr verunsichert, was mir einen großen Vorteil gibt. Ich schlage zu, wieder und wieder, bin mir sicher, ihn nicht treffen zu können und spüre sofort das Adrenalin und die Endorphine in meinen Adern, als ich sehe, dass er einen Schritt zurück weicht. So weit hatte ich ihn noch nie! Das gibt’s nicht! Ich bin wirklich besser! Naja, was heißt besser? Ich bin am Mogeln. Irgendwann schlägt er doch zu, trifft mich an der Seite, ich zucke bei der Berührung zusammen, stolpere zurück und spüre, wie sich der Schmerz bis in mein Bein zieht. „Alles okay?“, fragt er sofort, als er sieht, dass ich mit dem Bein einen Moment nicht auftrete, doch ich weiß, dass er mich das nur fragt, weil eben ich kein Shirt trage. Das ist so eine psychische Sache. Das hat mir Sato mal erklärt. Das ist der Grund, wieso Frauen im Krieg verboten waren. Wenn ein Mann eine verletzte Frau sieht, schaltet sich so gesehen sein Gehirn aus. Er gerät in Raserei und achtet nicht mehr auf seine Verteidigung. Das find ich gar nicht so schlecht. Ich antworte ihm gar nicht, will mir das noch aufsparen und schlage erneut zu. Er weicht diesmal aus, was mich ins Stolpern bringt, da ich damit gerechnet habe, dass er den Schlag abfängt, wie die vorherigen eben auch. Plötzlich spüre ich einen Schlag in meinem Rücken, ich verliere das Gleichgericht und lange hart for mir auf dem Boden. Zorro zieht die Luft scharf ein, aber ich kann seinen Gedanken nicht folgen. Ich presse mich mit den Armen vom Boden ab, drehe mich noch während des Aufstehens um und weiche mehrere Schritte zurück, um mich wieder auf den Kampf konzentrieren zu können. Was war los? Ich habe ihn doch nicht getroffen. Oder doch? Er stellt sich sofort wieder richtig hin, hält mir die Klinge, wie in den ersten Kämpfen, entgegen und sieht mich an. Sein Lächeln ist allerdings ganz verschwunden. Okay, dann jetzt keine Spiele mehr. Wir beide laufen los, treffen uns in der Mitte und pressen unsere Klingen gegeneinander. Er sieht mir in die Augen, ich tu es ihm gleich. Nein, jetzt werde ich nicht ausweichen. Jetzt werde ich mich nicht unterwerfen. Nicht jetzt! Ich sehe, dass Zorro mit der freien Hand zuschlagen will, weiche mit einer kleinen Bewegung, einem Tango-Tanzschritt, zur Seite aus, und spüre, dass er nicht damit gerechnet hat, ins Leere zu treffen. Er rutscht mit seinem Schwert ab, ich ziehe den Dolch schnell nach unten weg, docke mich selbst und weiche ihm so nach unten hin aus, befinde mich in dem Moment unter ihm und schlage einmal mit der Faust von Unten gegen seinen Bauch. Steinhart. Er merkt es bestimmt gar nicht. Doch als er sich von mir entfernt, sehe ich, dass er sich die Stelle hält. „Du bist tot.“, sagt ich kurz, lockere meine Haltung ihm gegenüber jedoch nicht. Ich habe Recht. Wenn das nicht meine Faust, sondern mein Dolch gewesen wäre, dann hätte ich jetzt gewonnen. Ich glaub es nicht. Ich hab gewonnen! Zorro sieht mich verwirrt an, scheint in Gedanken noch einmal die Situation durchzuspielen, blickt dann aber an sich herunter um sich die Stelle, die ich mit der Hand getroffen habe, anzusehen. Beschichtet. Klar, wie könnte ich es ihm sonst beweisen, wenn er es nicht gemerkt hat? Als er das sieht, sieht er wieder zu mir auf. Erst, als er lächelt, lächle auch ich auf, lockere meine Haltung und lasse den Dolch sinken. „Das war echt…“ „Gut?“ Er nickt, sieht sich dann nach der Scheide seines Schwertes um. Und auch ich sollte mir wieder was anziehen. Ich packe meinen Dolch in die Scheide an meinem Schuh zurück, drehe mich um und suche mein Shirt, was immer noch da liegt, wo ich es hingeworfen habe. Ich greife es, ziehe es mir über den Kopf und höre Zorro noch, als ich ihn noch gar nicht sehen kann. „Ich wusste nicht, dass das so viele sind.“ Er flüstert nur, sieht mich nicht an, als ich mich zu ihm umdrehe, doch ich weiß nicht, was er- Doch, ich weiß es. Deswegen trage ich keine Bikinis mehr. Deswegen bin ich eigentlich froh darüber, dass es hier so viel regnet. Deswegen will ich das Licht immer dunkel haben, wenn ich mich ausziehe. Deswegen habe ich in der Turnhalle darauf geachtet, dass mich niemand von hinten genommen hat. Deswegen sieht man mir doch an, was ich schon erlebt habe. Aber nicht von vorne. Nicht, wenn ich angezogen am Tisch sitze. Nicht, wenn es ein ganz normaler Tag ist. Ich weiß, wieso er gerade die Luft so scharf eingeatmet hat, als ich vor ihm auf dem Boden landete. Ich weiß, was er gesehen hat. Als es mir einfällt, bereue ich sofort, mein Shirt ausgezogen zu haben. Ich antworte nicht, beiße die Zähne aufeinander und spüre sofort, wie sich Wut in mir aufbaut. Ich will nicht daran denken. Ich will nicht, darüber sprechen und ich will nicht, dass jemand mich nach den Narben fragt. Als ich zur Falltür gehe, ohne ihn auch nur anzusehen, spüre ich, dass er mir nachsieht. Was das angeht, bin ich sehr empfindlich. Ich gehe, ohne ein weiteres Wort. Soll er merken, dass er nicht mit mir darüber sprechen soll. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)