Die Ferne des Himmels von Midnight (Zurück auf los) ================================================================================ Prolog: Damals, als wir noch Kinder waren ----------------------------------------- Jorden war seid ich ihn kannte übergewichtig und eine Heulsuse. Keiner mochte ihn, weil er einfach so schrecklich anders war, als die anderen. Er war unsportlich und jabste schon, wenn er nur wenige Meter weiter rennen musste. Im Sportunterricht war seine Trägheit gefundenes Fressen für die Klasse und in seinem roten Sport-T-Shirt, das bei anderen Sicher ausgesehen hätte wie ein Zelt, sah er aus wie ein rotes Ampelmännchen. Früher dachte ich noch, "Das ist ja quasi als wolle diese knallige Farbe uns signalisieren, "Achtung, nicht zu nah kommen, Überrollungsgefahr!"", oder so ähnlich. Er kam einfach nirgendwo mit. Jorden war langsam, viel zu langsam und war im Sport immer der Erste, der abgeworfen wurde, oder auf der Ersatzbank landete. Wir alle lachten ihn aus und spielten ihm Streiche, nur so zum Spaß. Damals machte sich niemand darüber Gedanken, warum wir das eigentlich machten, oder warum es Spaß machte. Jorden war einfach perfekt für solche Neckereien und Mobbe rein. Zumal er ja selbst im Unterricht nicht mal wirklich klar kam. Wann immer die Lehrerin ihn etwas fragte, zuckte er wortlos mit den Schultern und wann immer sie seine Hausaufgaben sehen wollte, hatte er sie nicht parat, oder behauptete, ein Hund hätte sie gefressen. Ansonsten war er schweigsam und schaffte es einfach kein bisschen sich auch nur ein bisschen zupassen. Man konnte ihn bestimmt in fast jeder Pause mit einem Schokoriegel sehen. Da war es ja kein Wunder, dass er so dick war. Bei seinem Lebenswandel...und nein, auch da machte sich keiner über die Hintergründe Gedanken, denn nur wenige Jahre später würde sich wohl eh keiner mehr daran erinnern, wenn es nicht etwas gab, was diese Erinnerung wieder auffrischte... Kapitel 1: Zurück auf los ------------------------- "Ich mache Schluss mit dir, ich habe es satt!", ertönte die Stimme meiner Freundin, die mich nach der Schule extra zum Schultor zitierte, nur um mir das zu sagen. "Ey, man, wieso zickst du denn schon wieder so rum?", nörgelte ich genervt. "Warum ich so rum zicke? Was war das denn bitte heute morgen, als du mit dieser Tussi rum gemacht hast. Du hast sie mit deinen Blicken ja fast ausgezogen, sie betätschelt und die ganze Zeit nur auf ihre Brüste gestarrt.", "Oh man, was hast du eigentlich für Probleme? Halluzinierst du etwa schon? Ich habe doch nur mit ihr geredet.", doch sie schüttelte den Kopf. "Nein, definitiv nicht. Du bist andauernd am flirten und triffst dich heimlich mit anderen Mädchen!", ich zuckte mit den Schultern. "Ach, hast du dafür etwa Beweise?", fragte ich belanglos und fühlte mich schon in Sicherheit, als sie anfing auf ihrem Handy herumzutippen und mir ein Foto vor die Nase hielt, auf dem ich..."Da hast du es. Willst du mir etwa immer noch unterstellen, dass ich halluziniere?", hinterfragte sie. "Okay, okay ich hab mal mit dem Mädel rum geknutscht, aber das war doch total belanglos.", redete ich mich raus. War es für mich ja auch. "Belanglos? Für dieses Mädchen war es aber nichts belangloses!", teilte sie mir mit. "Ach und woher willst du das wissen?", "Na weil ich sie zufälliger weise kenne. Sie ist mit meiner Schwester befreundet, die sie gütiger Weise darüber aufgeklärt hat, was du so treibst!", schimpfte sie. "Sie hat mich die ganze Zeit vor dir gewarnt, das du ein Frauenheld bist und einfach nicht treu sein kannst! Aber ich war ja blind vor liebe!", "Hättest dich ja nicht auf mich einlassen müssen. Ich habe dir nie was von Treue versprochen.", konterte ich. Sie presste ihre Lippen aufeinander, sie bebten nahe zu und sie schaute sehr wütend drein. Mit einem Mal schallte es an meiner Wange, die nun wohl rot glühte. Denn sie gab mir eine schallende Backpfeife, die gewaschen hatte. Ich stand völlig perplex da. Das mich ein Weib so aus der Fassung bringen konnte. Nicht zu fassen! "Vollidiot! Es wird langsam mal Zeit, dass dir mal jemand klar macht, was für ein Arsch du eigentlich bist und dir mal so richtig die Leviten liest. Vielleicht lernst du ja dann deine Mitmenschen mit mehr Wertschätzung zu behandeln!", schleuderte sie mir wutentbrannt entgegen und machte auf dem Absatz kehrt. Ja, das war es wohl mit meiner Beziehung. Die Erste, die mal länger als einen Monate andauerte. Das war ja schon Record. Aber was sollte es schon. Es gab genug Frauen und sie war nicht die Erste und würde sicher auch nicht die Letzte sein. Trotzdem erschien mir dieses Resultat irgendwie ernüchternd. Dieses Weib stellte mich ja gerade wie den totalen Vollidioten dar. Und das auch noch vor meinen Mitschülern. Diese blöde Kuh! Aber was kümmerte es mich. Spätestens morgen würde wieder ein Ansturm von Mädchen auf mich zukommen. Da war ich mir sicher. Plötzlich schlug mir jemand von hinten auf die schulter. Es war Billy einer meiner Kumpels. Mit ihm ging ich häufig feiern."Hey Benji, nah, hat sie jetzt doch Schluss gemacht?", fragte er amüsiert. "Jub, hast du doch gesehen. Die hat vielleicht Probleme...", Billy winkte ab. "Na wenn das so ist, können wir ja mal wieder feiern gehen ohne, dass sie wieder rum zickt. Sie war doch eh nicht wirklich dein Typ, ich hab mich schon die ganzen Zeit gefragt, warum du dich auf sie eingelassen hast.", berichtete er mir kopfschüttelnd. "Weiß nicht, vielleicht war mir einfach langweilig, sie hat eh genervt...", gab ich zu. "Hey hast du Lust noch mit in die Stadt zu kommen? Da hat n neuer Saturn aufgemacht. Laut Werbung sollen die da das neue Spiel haben.", fragte er mich ohne weiter auf das Thema einzugehen. Ich zuckte mit den Schultern. "Von mir aus, hab eh nichts vor.", nicht mehr jedenfalls. "Okay, dann lass uns gleich gehen.", schlug er vor und wir schlenderten den Weg entlang. Um in die Stadt zu gelangen mussten wir an einem Park vorbei, an dessen Rande ein Basketballplatz war. Direkt gegenüber begannen die vielen Stadtläden und die großen Gebäude. Es war alles recht nah aneinander. So das man nicht alt zu weit laufen musste, was praktisch war. An der roten Ampel wurde Billy schon ganz zappelig. "Mensch, warum muss das doofe Ding ausgerechnet jetzt rot sein?!", jammerte er. "Hey, beruhig dich mal, du wirst dein Spiel schon noch bekommen.", grinste ich. Billy nickte hibbelig. "Neiiin, bei sowas muss man schnell sein! Sonst wird einem alles weggeschnappt!", antwortete er ungeduldig. Endlich wurde die Ampel grün und wir gingen über die Straße. Dann vorbei am Basketballplatz, der von hohen Gittern und etwas Grün umgeben war. Rings um, war ein schmaler Fußweg aus As-falt. Vom äußeren Gehweg gut einsehbar. Auf dem Platz spielten einige Kids und hatten Spaß. Dieser Sport schien zur Zeit schwer angesagt zu sein. Auch an unserer Schule. "Lass uns den Weg neben dem Platz nehmen, dann sind wir schneller.", hörte ich Billy, der bereits den Weg einschlug. "Okay.", antwortete ich lautlos, ihm folgend. Mir war es ja sowas von egal welchen Weg wir nahmen. Hauptsache ich musste mir morgen nicht sein Gejammere anhören, wenn er es nicht schaffte eines der Spielexemplare zu ergattern. Plötzlich hörte ich das Geräusch eines hüpfenden Balles. "Hey, er rollt durchs Tor.", hörte ich eine Stimme."Ja, hab's gesehen. Ich hole ihn.", hörte ich eine andere Stimme und ich blieb plötzlich wie paralysiert stehen und starrte auf den Ball der mittlerweile ins Rollen gekommen war. Dann hockte ich mich herunter und sah plötzlich die Räder eines Rollstuhles, die auf mich zugerollt kamen. Ich blickte auf und sah einen Typen mit blondiertem Haar. Sehr schmal gebaut und dabei leicht muskulös, aber dennoch sehr dünn an den armen, und mit einer Haut die fast weiß erschien. Ich starrte ihn an. Wenn ich nicht wüsste, dass zu 100 Prozent hetero war, würde ich sagen, dass ich noch nie einen so vollkommenen Menschen gesehen hatte, abgesehen davon, dass er in einem Rollstuhl saß und mein Stolz eindeutig größer war, als meine plötzliche Bewunderung für diesen...schönen Menschen. Innerlich schüttelte ich den Kopf über meine Gedanken. Er war ein Krüppel und hatte hier nichts zu suchen. "Hey, wärst du wohl so freundlich mir den Ball zu geben, wenn du schon da unten hockst?", und schon gar keine Befehle zu erteilen! Ich stand auf, ohne den Ball auf zu heben und schaute boshaft grinsend auf ihn herab. "Heb ihn doch selber auf, du Krüppel!", erwiderte ich in einem herablassenden Ton. Der Typ sagte erst nichts, bis sein Gesicht kurzfristig entgleiste und dann wieder zu seiner ursprünglichen Form zurückfand. Dann grinste er mich an. "Bist du immer so höflich?", stellte er mir die Frage. "Nur zu Krüppeln wie dir, die nicht mal in der Lage sind einen Ball alleine aufzuheben.", entgegen meiner Erwartung, sah er mich kein bisschen entsetzt an. Sondern blieb standhaft und gut gelaunt. "Wer hat denn behauptet, dass ich es nicht selber kann?", rasch stellte er die Bremsen seines Rollstuhls fest und beugte sich mit einigen Tricks leicht nach unten. Ich sah, dass er mit einem Bauchgurt gesichert war. Tze, wie in einem Kinderwagen. Wie lächerlich. "Sag mal wird man in einem Rollstuhl immer so festgeschnallt wie in einem Kinderwagen? Sieht ganz schön albern aus.", "Na wenn du meinst? Ich dachte mir schon, dass du ein Idiot bist.", ließ er mich wissen. Ganz schön mutig, dieser Krüppel, der mittlerweile den Ball vom Boden gefischt hatte. Das er das hinkriegte, war wahrscheinlich der Rollstuhl, der mir weniger erschien, als die meisten anderen, die ich so kannte, die weit aus klobiger wirkten. "Jorden, kommst du mal wieder? Wir wollen weiter spielen.", hörte ich die Stimme eines anderen Typen, die mir irgendwie bekannt vorkam und mir fiel die Kinnlade herunter. Jorden? Dieser Name erinnerte mich doch an jemanden...ja genau an einen kleinen, fetten Jungen aus der Grundschule. Den hatte ich immer gejobbt. Aber der Typ, der hier vor mir rum rollte, war alles andere als Fett, eher etwas untergewichtig und er saß ihm Rollstuhl. Der Jorden von damals, konnte laufen und war auch nicht halb so selbstbewusst. Der hätte sich sofort runter machen lassen. Das musste ein dummer Zufall sein! Ein sehr dummer Zufall! Und diese Stimme, die ich eben hörte...war sicher nur eine Halluzination. Jorden drehte sich mit samt Rollstuhl in die andere Richtung, mich ignorierend. "Ja, ich bin schon auf dem Weg.", rief er dem anderen zu. Dann schaute er sich noch einmal zu mir um und lächelte viel zu gut gelaunt. "Machs gut.", waren seine Worte und ließ mich wortlos zurück. Nicht zu glauben, wie dieser Mensch noch lächeln konnte in seiner Lage. Das mürbte an mir und machte mich nachdenklich. Ich hasste es, wenn über so unnütze Dinge nachdenken musste! "Hey, Benjiiii, jetzt beeil dich! Sonst kommen wir zu spät!", jammerte eine nervige Person auf der Stelle tretend, und risse mich vorerst aus meinen Gedanken. "Jaaa, jetzt nerv nicht!", nörgelte ich und folgte Billy, bevor ihm noch vor lauter Aufregung in die Luft ging. Im Laden stellten wir fest, dass die Ware bereits ausverkauft war. "Was? Das kann doch nicht ihr ernst sein! Das ist doch ganz neu! Also, wo haben sie die anderen versteckt!?", beschwerte er sich lautstark, während ich ihn ignorierte und mich ein bisschen umsah. "Hey Benji, jetzt sag doch auch mal was, und lass mich nicht hier so alleine stehen!", versuchte er mich ins Bot zu holen. Ich zuckte desinteressiert mit den Schultern. "Was jammerst du mich an? Das interessiert mich doch gar nicht.", machte ich ihm klar. "Waaas? Du bist so ein Arschloch Benji! Wieso kommst du dann überhaupt mit?", wieder zuckte ich mit den Schultern. "Mir war halt langweilig. Können wir jetzt gehen? Hier ist es öde...wenn du nicht mitkommst gehe ich auch ohne dich.", antwortete ich gelangweilt und machte mich schon auf den Weg. "Hey, jetzt warte doch mal! Benjiii...", doch ich hörte ihm schon gar nicht mehr zu. Es interessierte mich einfach nicht. "Ich gehe nach Hause.", ich hob noch eben die Hand und ging meines Weges. Als ich wieder zu Hause war, ließ ich mich auf mein Bett fallen und setzte mir die großen Kopfhörer auf um ein bisschen Musik zu hören. Da war so ziemlich alles was den Raum füllte. In diesem Haus herrschte immer so eine bedrückende Stille, die irgendwie gefüllt werden musste, hatte ich das Gefühl. Denn es war leer, Menschenleer. Nur für wenige Momente schien ich abschalten zu können, bis ich wieder an diesen Jungen im Rollstuhl denken musste, der trotz seiner Lage so entsetzlich gut gelaunt war. Das war mir völlig unverständlich. Und dieser Name, ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Der Name, der so gar nicht zu dem Bild in meinem Kopf passte. Jorden...das war doch völlig unmöglich. Das war nur ein dummer Zufall. Zumindest dachte ich das eine ganze Weile... * "Hey Benji, stimmt es, dass deine Freundin mit dir Schluss gemacht?", fragte wie erwartet eines der insgesamt sechs Mädchen, die mich in der großen Pause belagerten. Ich sah schon, wie sie ihre Chance witterten. "Jab, hat sie.", antwortete ich , als würde ich ein wenig darunter leiden, was natürlich nicht stimmte, "Oh, du armer, die weiß ja gar nicht was sie verpasst.", hörte ich eines der Mädchen sagen, während ein anderes mir fürsorglich über den Arm strich. "Ach was, ich werde es schon irgendwie überleben.", erklärte ich. "Stimmt, du findest bestimmt eine, die dich zu würdigen weiß.", damit meinte das Mädchen wohl sich selber. Ich nickte einfach nur und lehnte mich an der Mauer zurück und beobachtete ein Mädchen mit bunten Haaren, das mir schon einige Male aufgefallen war. Sie sah aus wie eines dieser Emo-Kids, die überall in der Stadt rumliefen. Die hatten auch alle so merkwürdige Frisuren und Klamotten. Überwiegend schwarz. "Sagt mal, wer ist eigentlich das Mädchen da hinten? Die sitzt doch fast jeden Tag da, oder?", fragte ich die Mädchen, die einen Blick zu ihr rüber wagten und fast angewidert das Gesicht verzogen. "Ach die, beachte das kleine, dumme Ding nicht. Die grenzt sich immer aus und will wohl mit niemandem was zu tun haben. Keiner mag die.", zogen sie über sie her. Das war ja beinahe vorhersehbar. Mädchen wie diese wurden tierisch schnell eifersüchtig, wenn man den Blick auf eine andere begrenzte, was ziemlich belustigend war. "Sie heißt Yui und ist eine Klasse unter uns, falls dich das interessiert.", mischte sich Billy in das Gespräch ein und schob einige Mädchen bei Seite, um sich neben mich zu setzten. "Hey! Was fällt dir ein?!", meckerten sie. "Ne ganze Menge, zum Beispiel, dass die Pause fast vorbei ist und man euer Gegacker fast über den ganzen Hof hören kann.", merkte er an. Die Gesichter der Mädchen waren einfach unbezahlbar. Ich grinste amüsiert in mich hinein. "Kümmer dich doch einmal um deinen eigenen Kram!", beschwerte sich eine. "Lasst ihn, der taucht einfach immer dann auf, wenn man ihn am wenigsten gebrauchen kann.", flüsterte eines der Mädchen den anderen zu. "Gehen, wir...wir sehen uns Benji.", ich hob nur eine Hand und sie verzogen sich. Billy neben mir schüttelte den Kopf. "Man du ziehst die Weiber ja magisch an, als hättest du ne Klette am Arsch.", erklärte er mir. Ich zuckte mit den Schultern. "Ich weiß, manchmal nervt es auch, aber es ist immer so amüsant.", grinste ich. "Du bist wirklich ein Arsch! Aber sag mal was hast du mit Yui zu schaffen? Du hast dich doch noch nie für sie interessiert.", ich zuckte mit den Schultern, "Ach sie ist mir halt nur aufgefallen. Mit diesen bunten Haaren ist sie doch unübersehbar, wie ein Paradiesvogel oder so.", ich grinste amüsiert und machte mich mit Billy wieder zum Unterricht. Billy schaute mich skeptisch an und zog eine Augenbraue hoch. "Was geht nur wieder in deinem Kopf ab Benjamin? Lass sie bloß in Ruhe, sie hat dir nichts getan. ", " Wer sagt, dass ich ihr was tun will?", Billy zwickte mich in die Seite. "Au, was soll das?", "Ach es kam so über mich. Wir sollten uns beeilen, sonst kommen wir noch zu spät.", und so schliff er mich in den wahnsinnig spannenden Unterricht. * Einige Tage später, am Wochenende, war es Nachmittags ziemlich verregnet und ich hatte natürlich keine Wetter tauglichen Klamotten dabei. Ausgerechnet jetzt, wo ich mich von Billy nach Hause machte. Er hatte mich dazu überredet mit ihm eine Zockernacht zu machen. Jetzt war ich natürlich völlig übermüdet und dieses Wetter machte es auch nicht besser, als ohnehin schon, aber ich hatte auch einfach keine Lust noch weiter bei ihm abzuhängen. In der Wohnung seiner Eltern war rauchen verboten, was mich halb wahnsinnig machte, vor allem, wenn man dann mitten in der Nacht nach draußen gehen musste. Bei mir zu Hause, interessierte es niemanden, ob ich rauchte oder nicht, da eh fast nie jemand zu Hause war, außer Molly, eine Katze, die meine Mutter einmal angeschafft hatte. Damit ich mal etwas sinnvolles zu tun hatte, meinte sie. Na wenn ich nicht lachte. Das Tier war eh stinkend faul und lag fast den ganzen Tag nur irgendwo rum. Katzen halt... "Mist! Wieso muss es ausgerechnet jetzt regnen! Hätte das Wetter nicht warten können, bis ich zu Hause bin?", schimpfte ich das Wetter schlecht gelaunt aus, ohne zu bemerken, dass mir jemand zuhörte. "Wieso schimpfst du denn so? ", hörte ich eine Stimme, die mich direkt zu einem Rollstuhlfahrer führte. Ich zuckte zusammen, als ich ihn sah. Das war doch der von neulich. Dieser ....Jorden. "Das Wetter ist doch herrlich. Die letzten Tage waren so heiß.", erzählte er mir und musterte mich gründlich. Er lächelte, als hätte er das vergangene Geschehen bereits vergessen, "Du solltest dich nicht über das Wetter ärgern, sondern das Beste daraus machen.", grinste er mich an. Ich schnaufte und stellte mich quer. "Das ist doch wohl ganz allein meine Sache, wie ich mit dem Wetter umgehe.", motzte ich. Er kicherte. Unverschämtheit! Der lachte mich doch tatsächlich aus. Mich! "Hör auf zu lachen! Das ist nicht lustig!", regte ich mich künstlich auf. Doch Jorden lachte weiter. "Tut mir leid, es ist einfach zu komisch wie du dich aufregst.", kicherte er weiter und brachte mich zur Weißglut. Wenn ich schon so schlecht gelaunt war, sollte man mich lieber nicht provozieren. Doch der Kleine Rollstuhlfahrer lachte mich einfach aus. Nicht zu fassen. Der sollte mal nicht vergessen in welcher Position er mir gegenüber war. Knurrend ging ich auf ihn los und packte ihn am Kragen. "Hey! Was fällt dir ein, du kleine Kröte!", motze ich ihn an und wurde schnell unterbrochen. Jemand packte mich am Handgelenk. Ein großgewachsener junger Mann mit grünen Augen funkelte mich an. "Lass deine Finger von ihm!", raunzte er mich an und schubste mich bei Seite. Wieder knurrte ich und grinste kalt dazu. "Wusst ich's doch, diese kleine Kröte ist nichts ohne seinen großen Beschützer! Tze!", der Mann wollte wieder auf mich los gehen, doch wurde von dem Kleineren aufgehalten. "Du...!", "Schon gut Will. Beachte ihn nicht weiter. Das ist er nicht wert.", wagte der kleine mit den fast weißen Haaren zu sagen und ich staunte nicht schlecht, als ich den Namen 'Will' hörte. Den kannte ich doch auch. Ja, so hieß der große Bruder von dieser übergewichtigen Kröte Jorden aus meiner Kindheit und er sah ihm auch verdammt ähnlich. Schnell bemerkte ich, wie sich diese Bilder in meinem Kopf zurück meldeten. Die Bilder aus unserer Kindheit, die ich jetzt einfach nicht mehr verdrängen konnte...unfassbar... Kapitel 2: Sturz ins Fieber und danach... ----------------------------------------- Ich raufte mir wiederholt die Haare beim morgendlichen Anblick in den Spiegel. Seid dem ich diesem Jorden und Will begegnet war, fand ich einfach keine Ruhe mehr. Das was sich da Abspielte konnte doch kein blöder Zufall sein! Da wollte mich jemand ärgern, eindeutig! Andauernd litt ich unter Schlaflosigkeit und Alpträumen. Alpträume in denen Jorden vorkam und mich mit seinem Dauer-lächeln in den Wahnsinn trieb. Ich hatte meterdicke Augenringe und sah einfach nur noch völlig zerwühlt aus. In etwa so, als wäre ich Nächte lang feiern gewesen oder so. Ich glaubte mir sicher zu sein, dass ich selbst dann noch besser ausgesehen hätte. Diese Tatsache machte mich halb wahnsinnig. Was bildete sich diese kleine Zecke eigentlich ein, mich bis in meine Träume zu verfolgen und mich so da stehen zu lassen!? Das war ja eine Frechheit! Sollte nicht eigentlich er der Gepeinigte sein und nicht ich? Während er am laufenden Bande ein Lächeln für seine Situation übrig zu haben schien, war ich schon völlig genervt, wenn es nur regnete. Sollte es nicht normal sein, dass man sich bei schlechtem Wetter eher ärgerte? Also, wieso tat er es nicht?! Verdammt noch mal! Da lief doch eindeutig was verkehrt! Hoffentlich musste ich ihm nie wieder begegnen und konnte die Sache einfach vergessen. So wie ich es eigentlich immer Tat, wenn ich Unannehmlichkeiten aus dem Weg gehen wollte. Sie ignorieren und einfach nicht mehr daran denken. Nur leider schien das dieses Mal nicht zu funktionieren. Denn das Schicksal wollte mir da offenbar einen Strich durch die Rechnung machen und mich einfach weiter ärgern. Vielleicht, bis ich den Verstand endgültig verlor oder so und gar nicht mehr zurechnungsfähig war. Das hatte immerhin den Vorteil, dass ich meine ganzen Fehlschläge meinem nicht vorhandenen Verstand in die Schuhe schieben konnte! Das war doch sicher das Beste, wenn man nicht für seine Taten belangt werden konnte. Nur warum war ich innerlich der festen Überzeugung, das mir niemand Glauben schenken würde? Vermutlich, weil ich mir das Alles nur einbildete, oder nur einbilden wollte. Da stand ich nun vor einem Spiegel, völlig durcheinander und mir den Kopf über solch unsinnige Dinge zerbrechen und sah einfach nur schrecklich aus. Dieser Alptraum sollte auf der Stelle enden! Ja, sofort! * "Du du sieht schrecklich aus! Als ich dich heute morgen sah, wusste ich nicht wer frucht einflößender aussah, du, oder die alte Schabracke, die immer den Musikunterricht in der fünften gemacht hat.", knallte mir Billy die eiskalte Wahrheit ins Gesicht, ohne Rücksicht auf Verluste, als wir auf dem Heimweg waren. Klar war das ein Teil seiner Art, die ich ja schon irgendwie mochte, da ich selber ein bisschen so war, aber heute konnte ich das irgendwie so gar nicht gebrauchen. Ich brummte ihn also genervt an. Billy gab sich davon jedoch unbeeindruckt. "Brumm nicht so rum. Lass mich raten, du hast kaum geschlafen und dich plagt irgendwas, das dich total ankotzt und das du nicht mehr aus dem Kopf bekommst." Jetzt wusste ich, was noch viel unheimlicher war. "Hey, hör auf meine Gedanken zu lesen! das ist gruselig!", und das konnte jemand, der mich noch nicht mal sonderlich lange kannte. Lag wohl daran, dass er ständig an mir klebte, wie n' altes Kaugummi und scheinbar jede meiner Reaktionen, Worte und Gewohnheiten in sich auf zu saugen schien. Gruselig. Wirklich gruselig. "Also stimmt es. He he...sorry, wenn ich dich so schocke, aber es ist ziemlich leicht dich zu durchschauen. Du lässt dich sonst durch fast nichts aus der Ruhe bringen, aber wenn du so durcheinander bist, dass ich dich noch nicht mal zurecht weisen muss, wenn du deine Mitschüler ärgerst, dann muss etwas passiert sein. Anders lässt es sich wirklich nicht erklären.", stellte er fest. Ach ja? War ich denn so leicht zu durch schauen? War ich so einfach gestrickt? Niemals!...Oder? Na ja, wenn ich so recht darüber nachdachte, musste ja irgendwas an der Sache dran sein. Auch wenn ich es nicht zugeben konnte. Das ging gegen meinen Stolz! Ich musste doch mein Gesicht waren. Was mir heute nichts sehr gut gelungen war. Ich hatte noch nicht mal eine Verabredung für das Wochenende klar machen können, so verstört war ich. So eine kleine Kröte hatte es doch tatsächlich geschafft, es an zu kratzen. Sollte er mir noch mal über den Weg laufen, oder viel mehr ...rollen, würde er mir das noch büßen! Aber nur für den Fall der Fälle, denn eigentlich hatte ich gar nicht das Bedürfnis ihn wieder zu sehen! Nur, meinen verdammten Schicksal schien das nicht zu interessieren. Es trieb mich einfach in seine Richtung, ohne Vorwarnung. Ganz offensiv. Und um mich noch ein bisschen mehr zu ärgern schickte es uns auch noch den Regen vorbei, der nach und nach immer mehr wurde. "Scheiße eh! Verdammt noch mal Himmel, ich verfluche dich!", schimpfte ich gen Himmel. Billy neben mir zog seine Kapuze etwas mehr in sein Gesicht. "Jetzt mecker nicht, dass macht es auch nicht besser. Lauf lieber schnell nach Hause, sonst holst du dir noch den Tod. Also ich muss dann hier lang, bis Montag.", gab er mir noch seine letzten Worte zu hören, bevor er in eine Straße einbog und mich allein ließ. Ungewöhnlicher Weise ohne weiter nach zu bohren, was mit mir los war. Na der hatte Nerven mich erst zu analysieren und dann im Regen stehen zu lassen. Toller Freund. Ich brummte genervt vor mich hin, während der Regen meine Kleidung nur so durchtränkte. Nur wenige Minuten später, als ich meinen Weg schon fortgesetzt hatte, hörte ich wieder eine Stimme. Die Stimme, die ich so verfluchte. Ich wagte zu glauben, dass ich halluzinierte. Aber ich tat es nicht. Je weiter ich ging, desto lauter wurde diese Stimme. Die Stimme, die zu der Person gehörte, die mich bis in meine Träume verfolgte. Nur wenige Schritte weiter und ich konnte ihn sehen wie er sich mit Will unterhielt, der ihn verabschiedete. Ein ovales, grünes, vor Regen tropfendes Schild , das seitlich das kleine Cafe ausschilderte trug die meiner Meinung nach viel zu verschnörkelte, silberne Aufschrift: "Debbies Cafe'", was mir sagte, dass die Inhaberin wohl Debbie hieß. Wirklich sehr einfallsreich. Ich blieb einen Moment wie angewurzelt stehen und starrte an dieses dämliche Schild, ohne zu bemerkten, dass meine Anwesenheit bereits bemerkt wurde. "Hey, du haben wir uns nicht neulich schon mal getroffen?", hörte ich Jorden, der strahlender Weise auf mich zu kam, oder eher angerollt. So wie neulich. Als es auch geregnet hatte und mich sein großer Bruder attakkirte, der jetzt auch da stand und mich mit seinen Blicken tötete. Ob sie wussten wer ich war? Das hieß, wenn die Beiden tatsächlich die waren, für die ich sie hielt. Spätestens wenn Jorden erfuhr, wer ich war, würde ihm sein dämliches Dauer grinsen sicher aus seinem Gesicht fallen! Aber allen Anschein nach war bei dem alles Friede, Freude Eierkuchen. Na herrlich! "Du hast dich ziemlich über den Regen aufgeregt.", kicherte er amüsiert. Musste er mich jetzt gerade daran erinnern? Ich stemmte die Fäuste in die Seite und schaute ihn desinteressiert an. "Und du bist die kleine Kröte, die mir tierisch auf den Geist ging und deinen Wachhund hast du ja auch wieder dabei.", gab ich in einem ziemlich herabwürdigen Ton wieder, der seinem großen Beschützer so gar nicht zu gefallen schien. Der sah so aus also würde er sich jeden Moment auf mich stürzen. "Hey, lass gefälligst diese Abfälligen Bemerkungen! Wenn du ihm noch einmal zu nahe kommst kannst du was erleben! Und jetzt verzieh dich!", schimpfte er. Ja, das war Will, wie ich ihn kannte. Das konnte einfach kein Zufall mehr sein. So viel war schon mal sicher und zugleich ziemlich schockierend. Jorden zog seinen Bruder an seiner Hand. "Ist schon gut Will, ich komm schon zurecht. Du solltest reingehen, oder willst du deine Kunden nachher klitschnass bedienen?", lächelte er und dieses Lächeln schien eine beruhigende Wirkung auf den groß gewachsenen Wachhund zu haben. Mir noch einen tödlichen Blick widmend wand er sich noch einmal Jorden zu. "Pass auf dich auf ja? Und mach keinen Umweg, bis du zu Hause bist. Und vergiss nicht dich gleich abzutrocknen. Ich will nicht, dass du dich erkältest.", erinnerte er den Kleineren, wie eine über fürsorgliche Mutter glucke. Na sowas würde mich ja total ankotzen. Aber hey, bei mir zu Hause interessierte es eh niemanden, wenn ich krank wurde oder so."Ja mach ich, keine Sorge.", antwortete er ihm und Will verschwand. Drinnen schien er schon er wartet zu werden, denn ich hörte eine Frauenstimme, die ihn zu sich rief. Ob das Debbie war? Na konnte mir ja auch egal sein. Was machte ich überhaupt noch hier?Was veranlasste mich noch mal hier Wurzeln zu schlagen? Ach ja diese dämliche Schild und diese kleine Kröte hatten mich ja aufgehalten. Ich war viel zu leicht auf zu halten. Eindeutig. Dabei ließ ich ich doch sonst nicht so leicht von irgendwelchen Schildern und Kröten aufhalten, sondern ging einfach weiter. Aber sonst war auch irgendwie anders. Zur Zeit schien einfach alles anders zu sein und ganz und gar nicht zu meinem Vorteil. Aber ich sollte hier weniger über mein merkwürdiges Verhalten nachgrübeln, sondern endlich handeln! Handeln in dem Sinne nach Hause zu gehen und es mir in meinem kuscheligen, riesigen Bett gemütlich machen und schauen was der Fernseher so hergab. Auf zocken hatte ich nämlich keine Lust, das hatte ich ja vergangenes Wochenende mit dem werten Herr Billy hinter mich gebracht und wollte jetzt nur noch meine Ruhe. Etwas wo ich mein Gehirn nicht anstrengen musste. Ich war nämlich von Haus aus faul und eher gemächlich. Das Einzige was mich ein bisschen interessierte war Sport, weil man sich dabei ganz gut auspowern konnte. Nur dieser Sportunterricht war meist eher langweilig, weil die Meisten keinen Bock hatten und wenn man dann richtig spielen wollte, hieß es immer man solle auf die Rücksicht nehmen, die nicht so sportlich waren und blah, blah, blah. Da war auch wieder dieses Beispiel aus Jordens und meiner Vergangenheit. Dieses fette Etwas war doch einfach zu unfähig gewesen einen weichen Ball auch nur ansatzweise zu fangen, dazu war er einfach zu ungeschickt. Eine Runde um die Matten laufen, nicht aus zudenken! Da war er schon völlig aus der Puste. Weichei. Wenn mir damals jemand erzählt hätte, dass er mal so aussehen würde, hätte ich es für einen schlechten Scherz gehalten. Ja, ganz ehrlich. Naja, laufen konnte er ja immer noch nicht, oder viel mehr...nicht mehr. Ich fragte mich wie das passiert war. Das Alles schockte mich einfach durch und durch und wollte sich nicht mehr aus meinem Kopf verdünnisieren. Warum, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Das würde ich erst etwas später erfahren. Grummellig stand ich immer da. und wurde schon wieder ungewollt angesprochen. Der Kleine hatte aber auch Nerven mich einfach weiter zu, zu labern. Ich hörte ihn kichern. "Sag mal wie lange willst da eigentlich noch Wurzeln schlagen?", fragte er mich fast ein bisschen ZU amüsiert für meinen Geschmack. "Lass mich doch! Ich schlage Wurzeln wo ich will! Klar?", ja war ich denn ein Baum? Von mir aus, aber ich lies mich ganz sicher nicht weiter von ihm zu labern. Aber das schein ich keines wege zu beeindrucken. Denn er winkte lächelnder Weise ab. "Ist ja schon gut. Jetzt rege dich nicht so auf. Also ich muss dann auch mal. Man sieht sich.". meinte er noch und machte sich mit seinem Rolli auf den Weg an mir vorbei durch den Regen. Dieser Dauer Grinser...das war doch alles nicht wahr oder? Hatte denn für alles ein Lächeln übrig? Das war ja kaum aus zu halten. Und was verdammt noch mal machte ihn so sicher, dass wir uns überhaupt je wiedersahen!? Mein Innerstes sagte mir, dass es wohl daran lag, dass wir scheinbar seid einer Weile wieder in der gleichen Stadt wohnten. Da war es nur logisch, dass man sich hin und wieder über den Weg lief, aber warum gerade ihm? Ach das war doch zum Mäuse melken! Einfach nicht akzeptabel! Ganz und gar nicht akzeptabel! Der sollte mal ruhig wieder aus meinem Leben verschwinden, so wie damals, als er mich noch nicht bis in meine Träume verfolgte und eigentlich alles Gut war! Und was hieß hier eigentlich, EIGENDLICH? Wer hatte dieses Wort nur erfunden...?! Nach und nach sah ich ihn verschwinden und schnaufte noch einmal verächtlich, ehe ich meine Hände in die Hosentaschen stopfte und durch den Regen stiefelte. Ja stiefelte! Ich war nämlich mittlerweile Platschnass! Dämliches Scheißwetter! Ich konnte schon diese grässlichen Geräusche hören, die die Feuchtigkeit in meinen Schuhen bei jeder meiner Schritte machte. Ich hasste es nasse Füße in meinen Schuhen zu haben, ich hasste den Regen! Und ich hasste diese kleine Kröte! * Tage später machte mein kleines, feuchtes Abenteuer mit Jorden im Regen mir mein Leben erneut schwer. Als ob ich nicht so oder so schon genug mit meinem Schlafmangel zu tun hatte, beschwerte es mir nun auch noch eine fette Erkältung! Ich konnte einfach nicht mehr... mir war schlecht, ich fieberte, hatte Kopfschmerzen vom ewigen hochziehen meiner Nase, mein Hals tat weh vom ständigen Husten und ich mochte mich nicht mal in meinem Bett drehen,weil mir sofort schwindelig wurde. Verdammte Scheiße! Warum ließ ich mich auch von Schildern und kleinen Kröten aufhalten? War ich denn komplett bescheuert? Allen Anschein nach ja! Definitiv! Der einzige, der sich jetzt um mich kümmerte war natürlich Billy. Der tauchte sowieso immer dann auf, wenn man eigentlich seine Ruhe haben wollte, aber schwamm drüber. Es war ja nett gemeint und ohne ihn wäre ich sicher niemals zum Arzt gekommen, da ich mich kaum bewegen konnte. Billy hatte immerhin einen Führerschein. Nur leider kein Auto. Daher lieh er sich das seiner Mutter, die davon erst nicht so begeistert war, da síe mich nicht sonderlich leiden konnte. Sie meinte, ich würde Billy negativ beeinflussen, wegen meiner ständig wechselnden Weibergeschichten. Dabei wusste sie gar nicht, dass wir uns im Endeffekt gegenseitig negativ beeinflussten, weil Billy nicht viel besser war. Nur mit dem Unterschied das er das Wort "Moral", in seinem Wortschatz beherbergte. "Na du machst Sachen...was treibst du dich auch so lange draußen rum bei dem Mistwetter? Ich habe immer gedacht, dass du alt genug bist, um zu wissen, dass solches Sauwetter einem den Tod bringen kann.", belehrte er mich und ich stöhnte genervt auf. Konnte dieser Kerl nicht einfach mal die Klappe halten und mich stumm gesund pflegen, wenn er schon darauf bestand? Sein ständiges Gelaber bereitete mir nur noch mehr Kopfschmerzen und die plagten mich ohnehin schon genug. Alles was ich jetzt brauchte waren meine Tabletten und jede Menge Schlaf. Das hieß, wenn mich meine ungesunden Alpträume nicht wach hielten. Wirklich klasse. Sonst noch was? "Du kannst echt froh sein, dass du so einen guten Kumpel hast wie mich, der sich um dich kümmert. Also, ich setze dann gleich mal die Suppe auf und du gehst jetzt am Besten mal duschen, du bist nämlich extrem verschwitzt.", grinste er mir entgegen, klaute mir die Decke und zog mich auf die Beine, ohne weiter auf mein genervtes Gebrumme zu hören, dass ich mehr lautlos von mir gab. Zu mehr hatte ich grad einfach keine Kraft. Ich fühlte mich unheimlich schlapp. Nicht mal in Bewegung setzte ich mich von selbst, weil mir so schwindlig war. Daher nahm Billy auch das in Angriff und stützte mich, bis wir im Badezimmer angekommen waren. "So das Duschen kriegst du doch von selber hin oder?", ich nickte tonlos. Billy lächelte zufrieden. "Okay, ich dann werde ich dir noch eben frische Klamotten aus dem Schrank holen. Du kannst dann ja schon mal loslegen.", beschloss er und auch dazu nickte ich. Ich fing an mich aus zu ziehen und mich unter die Dusche zu stellen. Ich stellte das Wasser an und fluchte ein kurzes, "Arh Scheiße!", als mir das Wasser eiskalt den Rücken herunter lief. Bei dem kurzen Schock merkte ich, wie ich langsam wieder wacher wurde, aber dafür fror ich jetzt wie sau. Schnell drehte ich weiter am Wasserhahn, um das Wasser auf die richtige Temperatur einzustellen. Dieses Mist ding wollte mich entweder Schockfrosten oder aber verbrühen. Meistens dauerte es eine gefühlte Ewigkeit, bis es die richtige Temperatur hatte. Das war wohl auch meine erste und einzige halbwegs schnelle Handlung für diesen Tag. Zwischendurch schneite Billy ins Badezimmer, um mir frische Klamotten rein zu reichen. "Alles klar bei dir? Ich habe dich eben fluchen hören.", hallte es durch die Badezimmerwände. "Alles okay, jetzt geh schon raus! Ich krieg das auch alleine hin!", murrte ich. Billy kicherte amüsiert. "Bist du sicher? Bis eben hast du doch noch den sterbenden Schwan gespielt.", der amüsierte sich ja köstlich, auf meine Kosten! Irgendwie schien in letzter Zeit mehr Menschen auf diesen Trichter gekommen zu sein. Das war doch alles Mist! "Jetzt geh endlich und schlag keine Wurzeln!", meckerte ich. Um ehrlich zu sein hatte ich einfach nicht das Bedürfnis, dass er mir bei Duschen zusah. Der Gedanke war irgendwie schwul. "Ist ja gut, jetzt reg dich mal nicht so auf. Spar dir deine Kraft lieber fürs Essen auf.", lachte er und verschwand aus der Tür. Na der hatte ja die beste Laune. Bildete ich mir das nur ein, oder war er irgendwie schadenfroh? Naja was soll's. Ich duschte noch zu ende und bemühte mich keines Wegs mich zu beeilen. Wozu auch...sollte Billy doch warten, wenn er das unbedingt wollte. Das einzige was passieren konnte war, dass er das Warten satt wurde und nach Hause ging. Das würde mich auch nicht sonderlich stören. Dann hatte ich meine Ruhe. Wie sonst auch. In diesem Haus passierte eh nie viel. Es war wie leer gefegt und die einzigen Bewohner, die hier wirklich lebten waren dieses faule Etwas von Katze und ich. Das Fellknäuel schien sich aber mindestens genauso wenig für mich zu interessieren wie für es. Denn es war selten im gleichen Raum wie ich. Nur wenn Billy da war schien es zum Leben zu erwachen. Dann schnurrte das Vieh die ganze Zeit und schleimte um seine Beine. Keine Ahnung warum, aber Billy mochte dieses Vieh. "Da bist du ja. Molly und ich haben schon auf dich gewartet. Essen ist auch fertig.", erzählte er mir, als ich die Küche betrat. "Achja?", ich zog eine Augenbraue hoch bei dem Anblick, der sich mir bot. Da machte sich das Katzenvieh es sich doch auf seinem Schoß gemütlich und würdigte mich keines Blickes. So wie eigentlich immer und es störte mich auch nicht sonderlich. Solange mich dieses Fellkneul in Ruhe lies und mich nicht vollharrte. "Setz dich, es gibt lecker Rinder brühe. Die wird dir sicher gut tun.", ich zuckte mit den Schultern. Als Billy Anstalten machte sich zu bewegen sprang das Katzentier von seinem Schoss und folgte ihm auf Schritt und Tritt. Immer nach oben starrend, um gegebenen Falls noch was zu ergattern. Wenn man es mal so recht betrachtete waren Katzen doch ganz schöne Gier lappen und Meister darin sich ein zu schleimen. Aber nicht mit mir. Bei mir wirkte das nicht. Ich ließ mich eben nicht so schnell einlullen und war da eher emotionslos! Ich ließ mir also die Suppe servieren und löffelte sie auf. Danach verabschiedete sich Billy auch schon und ließ mich mit Molly allein zurück...oh und mit dem schmutzigen Geschirr...ganz toll. Erst den Helden spielen und dann nicht aufräumen. Waren Helden eigentlich immer so? Na wie gut, dass meine Eltern an eine Spülmaschine gedacht hatten, bevor sie mich hier allein zurück ließen. Die Katze und ich starrten uns gegenseitig eine Weile an und gingen dann wieder unserer Wege. Nachdem ich genervt das Geschirr in die Maschine eingeräumt hatte ließ ich mich kaputt ins Bett fallen und schlief sofort ein. * Irgendwann war ich dann wieder fit, und endlich lachte mal die Sonne. Na herrlich. Besser ging es doch gar nicht. Zu meiner Freude wurde der Sportunterricht nach draußen verlegt. War mal was anderes als diese langweilige Sporthalle, aber der Unterricht würde dadurch sicherlich auch nicht besser werden. Der Einzige, der sich mit mir mit zu freuen schien war Billy ,der sich schon den Basketball geschnappt hatte und sich eine Mannschaft zusammensammelte. Ich war natürlich der erste, den er in sein Team wählte und noch ein paar Andere, die sich für Basketball gemeldet hatten. Wahrscheinlich aus purer Verzweiflung, weil sie keine Lust auf Fußball auf dem immer noch etwas feuchten und leicht matschigen Rasen hatten. Verstand ich irgendwie und das Interessante war, dass wir zusammen mit einer Klasse aus dem Unterkurs Sport hatten, weil ein Lehrer ausfiel. Da war es natürlich klar, dass wir mehrer Mannschaften bilden mussten und außerdem....In der Klasse waren viele hübsche Mädels. Die Meisten standen am Rand und kreischten irgendwelche Anfeuerungsrufe. Einige kreischen auch einfach nur meinen Namen, zum Ärger einiger anderer Jungs. Tja, ich war eben beliebt. Unter anderem war da auch dieses eine Mädchen, das mir neulich aufgefallen war. Allerdings war es auch eine der Wenigen, die nicht kreischen, sondern einfach nur still am Rand standen. Das mit dem bunten Haaren, wie hieß sie noch gleich? "Es ist dir also aufgefallen. Yui ist in diesem Kurs.", erinnerte Billy mich an den Namen den ich schon wieder vergessen hatte. Ich nickte. Sie stand nicht nur abseits, sondern wurde von den anderen gemieden. Hin und wieder sah man mal zu ihr rüber und tuschelte über sie. "Komm bloß nicht auf dumme Gedanken, Benji.", erinnerte mich Billy, der schon wieder seinen moralischen hatte. "Wieso sagst du mir das? Bist du etwa verknallt oder so?", erwiderte ich mit hochgezogener Augenbraue. Der Jüngere schüttelte den Kopf. "Nein, nein, aber ich werde das Gefühl nicht los, das du ganz großen Mist bauen könntest.", na wenn er nicht verliebt war, hatte er wohl einfach daran Gefallen gefunden ihren Wachhund zu spielen. So wie Will. Aber der war ja noch viel schlimmer... Billy war dagegen schon irgendwie in Ordnung, auch wenn er mich manchmal tierisch nervte. "Ja, ja, hab schon verstanden und jetzt hör auf zu nerven. Lass uns lieber anfangen.", murrte ich. "Okay, dann mal los. Sind alle bereit?", rief er zu den Anderen rüber und bekommen ein , kräftiges "Ja", als Antwort. Zumindest von den Meisten. In der Menge viel mir ein Schüler auf, den ich noch nie gesehen hatte. Okay, ich schenkte den Wenigsten überhaupt Beachtung, und kannte auch kaum jemanden beim Namen, aber der...der war echt auffällig. Warum war er mir noch nie aufgefallen? Der wäre mir sicher aufgefallen mit seinen asiatischen Gesichtszügen und dem blondiertem Haar. Er war recht klein und auffällig zierlich fast wie ein Mädchen und er machte einen verdammt unsicheren Eindruck. Die ganze Zeit über schaute er nervös durch die Gegend. Ob er irgendwas suchte? Vielleicht den Tag von gestern? Ich grinste in mich hinein. Das war doch zu verlockend. Eine Pfeife ertönte, alle gingen in Position und wir fingen an. Anschlag. Meine Wenigkeit und einer aus der anderen Klasse sprangen in die Höhe, um den Ball zu bekommen und ich konnte ihn einem unserer Spieler zuschlagen, der ihn sofort abpasste. Der Ball flog nur so über den Platz. Ein Pass zum nächsten. Ein Korb nach dem Nächsten. Und dieser kleine blondierte Typ stand die ganze Zeit über dumm rum oder lief völlig planlos durch die Gegend. Ganz genau so wie ich es mir schon dachte. Immer wenn er einen Ball nicht erwischte, wurde er mit bösen Blicken bedacht. Hin und wieder rempelte ich ihn "versehentlich" an, oder er bakam den Ball einfach mal in die Magengrube geworfen. Dafür musste ich allerdings nicht viel tun. Das taten seine Klassenkameraden schon von selbst. Es war doch zu belustigend, diesem Wicht dabei zu zu sehen wie er versuchte sich vor den Bällen zu schützen und letzten Endes völlig verängstigt das Feld verließ. Er stellte sich neben Yui, die sich die ganze Zeit nicht vom Fleck bewegte. Ich spielte weiter und zeigte auch weiter kein Erbarmen, auch mit den Anderen nicht. In Sport war ich einfach unschlagbar. Das wussten auch die Anderen. Zwischendurch kam der Lehrer vorbei, um mich und meine Mitschüler zurecht zu weisen ein bisschen mehr Rücksicht auf die Schwächeren zu nehmen. So wie immer. Das ich nicht lachte. Was konnte ich denn dafür, dass sie alle nicht richtig spielen konnten? Kapitel 3: Der durch meine Gedanken irrt... ------------------------------------------- Laut knurrend trat ich gegen die Tür der Umkleide. Diese blöde Kuh hatte mir doch alles versaut. Wie konnte sie es nur wagen sich da ein zum mischen? Mein bester Freund saß belustigt grinsend auf einer der Bänke. Natürlich ohne jedes Verständnis für das, was mich so aufregte. Das machte mich gleich noch wütender. "Kannst du vielleicht mal aufhören zu grinsen? Diese dämliche Kuh hat mich auf dem Spielfeld voll zum Narren gemacht!", schimpfte ich. Billy zuckte mit den Schultern und winkte ab. "Na da hat sie doch gute Arbeit geleistet. Irgendjemand musste dich doch mal zurecht weisen. So wie du den armen Akira drangsaliert hast auf dem Spielfeld. Du hättest wohl nie erwartet, dass ausgerechnet dieses Mädchen dir den gar aus machen würde. Sie scheint sehr sportlich zu sein.", ich nickte zustimmend. Diese Yui, machte auf den ersten Blick nicht wirklich den Eindruck, dass sie so dermaßen sportlich war. Sie wirkte eher wie ein Einsiedlerkrebs, der keinen Anschluss fand. Aber, dass sie mich ausgerechnet im Sportunterricht so demütigen musste, war doch echt das Letzte! Das hatte noch keiner mit mir gemacht. Schon gar kein Mädchen. Es hatte doch echt schon gereicht, das meine Ex mich so blöd hat dar stehen lassen. Eigentlich müsste sie es sein, die blöd dar steht nicht ich! "Mach dir nichts draus. Das war doch nur ein Spiel. Nichts weiter.", winkte Billy ab und nahm seine Tasche über die Schulter. "Also ich werde dann mal nach Hause gehen. Meine Mom hat heute Geburtstag.", meinte er dann und ging schon mal vor. Ich knurrte und zog mich weiter zu Ende an. Dann nahm ich ebenfalls meine Tasche und machte mich auf den Weg nach Hause. Meine Laune war eh auf dem Tiefpunkt und ich beschloss für den Rest des Tages in der Sonne zu faulenzen. In meinem Zimmer, auf meinem Bett und von dort aus Fernsehn. Auf mehr hatte ich eh keine Lust. Vielleicht würde ich auch ein bisschen Musik hören. Wurde wohl eher eine spontane Entscheidung. Ja, ich schätzte, das war jetzt angebracht. Doch sobald ich das Schulgebäude verließ traute ich meinen Augen kaum. Da stand dieser Akira und direkt neben ihm,...Jorden! Kannten die sich etwa? Ein Alptraum! Wieso konnte es nicht einfach aufhören? Ich wollte diesem Typen einfach nicht mehr begegnen! Der machte mich nur rasend vor Wut! Wieso also wollte der liebe Gott allen Anschein nach, das sich unsere Wege permanent kreuzten? Das konnte doch schon kein Zufall mehr sein. Das war doch knallhart geplant, von irgendjemanden der mich ärgern wollte! Innerlich raufte ich mir schon die Haare. Als sei das Alles nicht schon genug wurde Jorden auch noch auf mich aufmerksam. "Hey! Dich kenne ich doch. Akira, geht ihr etwa auf die gleiche Schule?", unfassbar, der wagte es doch tatsächlich mich anzusprechen. Akira druckste vor sich hin und wagte es nicht mal mich an zu sehen. Gut so. Braver Junge. Dann kam ein schlichtes, schüchternes, "Ja...". Unglaublich, wie verklemmt und verschüchtert Menschen doch sein konnten, wenn man sie nur ein kleines bisschen verunsicherte. Nur ein Wort genügte oft schon dafür. "Was für ein Zufall. Ich habe ihn neulich am Basketballplatz getroffen und seid dem scheinen sich unsere Wege immer wieder zu kreuzen.", schlaues Kerlchen. Konnte ich er Annahme sein, das er wohl auch langsam verstand, das diese Ereignisse nicht mit rechten Dingen vor sich gehen konnten? Akira schien das recht wenig zu interessieren. War wohl auch besser so. Der kleine Wicht stand total unsicher neben Jorden, der im Gegensatz zu Akira wie immer bestens gelaunt war, und sich von nichts beirren lies. Erstaunlich. Sollte es nicht eher umgekehrt sein? Aber so langsam sollte ich aufhören mich darüber zu wundern. Jorden hatte sich einfach verändert, so unvorstellbar das für mich auch war. Nur glauben, wollte ich das immer noch nicht. Das war ja fast so was wie ein Kulturschock! Ja damit konnte man das umschreiben, was hier abging. Der schüchterne Akira rieb sich nervös die Hände. Es war ja gerade zu göttlich mit an zu sehen wie konsequent er es vermied mich an zusehen. Ob er wusste, dass das rein gar nichts brachte? Den Einzigen, den das nicht zu gefallen schien war unser Sonnenschein Jorden, dessen Gesicht plötzlich nicht mehr so strahlte wie noch bis eben. Ein Fortschritt. "Hey Akira ist etwa irgendwas zwischen euch vorgefallen? Du bist ja total eingeschüchtert.", erfasste er plötzlich. Gratulation, zu dieser Erkenntnis. Akira aber schüttelte den Kopf und hielt den Mund. War doch echt erstaunlich, das die Menschen selbst dann noch den Mund hielten, wenn ihnen Hilfe nahte, aus Angst vor den Konsequenzen. Feigling! Gerade sowas machte es einem doch erst leicht ihn zu triezen und zu demütigen. Eben weil man wusste, dass er den Mund nicht aufmachte und man immer so weiter machen konnte. So war es auch bei Jorden damals. Das war doch zu herrlich. Akira war zwar weder fett noch hässlich, aber dafür dürr und schnell einzuschüchtern. Akira war jemand, der sein tiefstes innerstes nicht nach außen kehren konnte wie er wollte. Sicher war er irgendwo wütend, nicht nur auf mich oder die Welt, sondern auch auf sich selbst. Selbst dann wenn es dafür eigentlich keinen Grund geben sollte. Aber das musste man ja auch nicht in die Welt hinausposaunen. Dann war je der ganze Spaß weg. "Also, ich muss dann mal nach Hause.", sagte ich, und wollte gerade gehen, da hielt Jorden mich am Handgelenk fest und sah mich etwas böse an. Man konnte es auch als einen kläglichen Versuch geltend machen, denn Jorden, war nicht gerade ein Meister darin seine Miene wirklich "böse " zu verziehen. Das war er noch nie. Aber irgendwie hatte sich etwas verändert. Jorden war entschlossener und stärker geworden und lies sich nicht mehr so einfach einschüchtern. Nicht mehr so wie früher. Das reizte mich irgendwie. Machte mich innerlich wütend und unruhig. Und diese Berührung an meinem Handgelenk gefiel mir irgend wie auch nicht. Ich zog mich von ihm los. Fast schon schreckhaft. Das war ungewohnt. "Also, was hast du mit ihm gemacht?!", wollte er standhaft wissen. Ich zuckte mit den Schultern. "Hör auf mich zu zulaben und lass mich in Ruhe!", gab ich wieder. "Wenn es dir so wichtig ist, dann fragt doch Akira. Das heißt, wenn er es dann schafft den Mund auf zu machen.", gab ich belustigt von mir. Ich wusste, dass ich mir da sicher sein konnte. Akira würde den Mund nie so einfach aufmachen. Dazu war er gar nicht mutig genug und das nutzte ich natürlich...sagen wir mal schamlos aus. Und nein, ich schämte mich nicht dafür. Wenn ihn irgendwas störte, sollte er den Mund ruhig aufmachen. Jorden sah zu Akra. Doch der machte wie schon gedacht, den Mund, keinen Millimeter auf. Gut für mich. Das ersparte mir Ärger und vielleicht hörte Jorden auch auf mich voll zusülzen. Sollte er den armen, kleinen Akira doch trösten. War mir ja sowas von egal! Der kleine Knirps senkte nur den Kopf und schien einfach nur weg zu wollen. Ja Akira! Nur weiter so. Sollte er mir diese nervige kleine Kröte doch vom Hals halten! Jorden seufzte schwer und sah leicht wütend zu mir, als ahnte er etwas. Ganz sicher tat er das, sonst würde er mich nicht so ansehen. Irgendwie war das ja niedlich. Niedlich...was für ein seltsamer Gedanke. Schlussendlich schien Jorden doch noch einzusehen, dass es nichts brachte mich noch weiter zu nerven und wandte sich wieder Akira zu. "Schon gut Akira, wenn du nicht darüber reden willst, ist das okay. Aber wenn er dir irgendwas angetan hat sagst dus mir ja?", Akira nickte. Das war wohl eine glatte Lüge. Als würde der es je zu Stande bekommen den Mund auf zu machen. Na ja ich sollte nicht weiter darüber nachdenken und mich nicht weiter aufhalten lassen. Mein Bett rief ja schon nach mir. Schön gemütlich und kuschelig, ohne jemanden der mich nervte! "Also wars das dann? Ich habs eilig! Also ich werde dann mal.", teile ich ihnen mit und machte mich so schnell wie möglich aus dem Staub. Alles weitere ignorierte ich, da ich nicht das geringste Interesse noch weitere Pläuschchen mit ihnen zu halten. Das machte ja noch müder, als ich ohnehin schon war. In dem riesigen Haus meiner Eltern angekommen, legte ich erstmal alles im Flur nieder, was ich nicht brauchte. Es war mal wieder leer wie immer eigentlich. Leer und kalt. Ich ging noch eben die Katze füttern, die mich wie immer keines Blickes würdigte und einfach nur wie selbstverständlich neben ihrem Napf stand und auf das Essen wartete. Undankbares Vieh! Dann ging ich ohne Umschweife in mein Zimmer. Dort machte ich den Fernsehr an und pflanzte mich aufs Bett. Für mehr hatte ich einfach keine Motivation. Wirklich mitbekommen, was da in der Flimmerkiste passierte, tat ich nicht. Eher lag ich da und starrte an die weiße Zimmerdecke. Diese war mit diesem hässlichen Stuck verziert, das meine Eltern so toll fanden und überhaupt nicht in dieses Haus zu passen schien, dass ansonsten sehr modern wirkte. Ja...oder gar monoton und unbewohnt. Das Geräusch des Fernsehers nahm ich nur noch verschwommen wahr.Die Worte und Hintergrundgeräusche verschmolzen und waren kaum mehr auseinander zu halten. Ich nahm sie kaum noch wahr. Vielmehr versank ich in meiner Gedankenwelt, in der sich alles um Jorden drehte. Dieser Kerl...machte sich dort unaufhaltsam breit und bestimmte diese Welt, die doch eigentlich nur mir gehören sollte. Da war sein Gesicht, das trotz seiner Sanftheit so entschlossen war. Seine Stimme, die mir klar begreiflich machen wollte, dass er nicht mehr Derselbe war wie früher... aber stimmte das wirklich? War er wirklich komplett anders? Konnte sich ein Mensch so dermaßen verändern, dass von seinem vorigen Ich nichts mehr vorhanden war? ...oder blieben wohl möglich Bruchstücke zurück, die an die Vergangenheit anbanden und ein Stück des alten Fadens zurückließen? Egal wie sehr er sich auch äußerlich verändert hatte und wie stark er nach außen wirkte, war mir sein Innerstes noch verborgen geblieben... und blieb ein Rätsel. Jorden, den ich früher so gern ärgerte und über ihn lachte,...hatte er mich etwa...überholt? Jedes mal, wenn wir uns wieder begegneten blieb das Gefühl zurück, dass er mich einfach überholt hatte...und letztlich er der Jenige war, der über mich lachte...ohne den Eindruck zu vermitteln zurück zu schauen. Schon allein, wie er sich vor diesen kleinen Angsthasen gestellt hatte, scheinbar ohne jede Furcht vor mir, der ihm früher solche Angst einjagte. So unbekümmert...war es das, was mich so wütend machte? Das ich die Angst in seinen Augen nicht mehr sehen konnte? Knurrend legte ich eine Hand auf meine Stirn, “Was denke ich mir da nur für einen Scheiß zusammen!?”, ich setzte mich aufrecht auf mein Bett und griff in meine Hosentasche, aus der ich meine Zigaretten und mein Feuerzeug hervorholte und ging auf meinen Balkon, wo ich mich auf einen kleinen Hocker setzte, um eine zu rauchen. Meine erste Zigarette rauchte ich mit 14 und hatte schnell Gefallen daran gefunden. Anfangs nicht unbedingt, weil es mir so gut schmeckte, sondern weil es Aufmerksamkeit auf mich zog. Unzählige Male wurde ich auf dem Schulhof mit Zigaretten erwischt und unzählige Male, wurden meine Eltern über mein nicht sehr vorbildliches Verhalten in Kenntnis gesetzt. Damals hatte ich noch den Hauch einer Hoffnung, dass sie sich vielleicht doch noch für mich interessierten. Doch diese Hoffnung wurden schnell im Keim erstickt. Sie erschienen nicht mal zu den Elterngesprächen. Alles was von ihnen zurückkam waren kurze Telefongespräche mit der Schule in denen sie sich mit den Konsequenzen, die auf mich zukamen einverstanden gaben. Doch in Wirklichkeit war es ihnen egal. Das wusste ich schon, als ich noch in der Grundschule war. Nur weil ich ein Kind war, bedeutete das nicht, dass ich nichts mitbekam. Heute rauchte ich, weil es mich beruhigte, wenn ich aufgebracht war, schlecht gelaunt oder schlecht geschlafen hatte... und weil es eine Gewohnheit war, die ich mir von niemandem ausreden lassen wollte. Ich zog kräftig an der Zigarette und atmete tief ein und blies kurz darauf den Qualm wieder aus. Genoss den Geruch des Qualms, den viele so abstoßend fanden und schaute in den Himmel. Dünne, weiße Wolken, zogen sich langsam über den weiten, blauen Himmel, der so fern war, wie nichts anderes auf dieser Welt. Wären die Wolken nur einen Ton grauer würden sie der Farbe der Qualmwolken der Zigaretten ähneln und den nervigen Regen ankündigen. Der Himmel war schon etwas trügerisches.... Als sich die Zigarette dem Ende neigte, drückte ich sie aus und ließ sie in dem kleinen, blauen Aschenbecher zurück, der auf einer Ablage stand. Ich steckte meine Hände in meine Hosentaschen und ging zurück in mein Zimmer, in dem noch immer der Fernsehr lief. Stumpf starrte ich auf den Bildschirm mit den sich bewegenden Bildern und beschloss ihn auszuschalten. Danach herrschte wieder Stille. Alles was ab und zu, durch die geöffnete Balkontür zu hören war, war das die Geräuschkulisse die der Wind mit sanften Stößen verursachte. Mit seiner Kraft ließ er die Blätter der Bäume rauschen, und bewegte leicht die Gardine neben der Balkontür. Geräusche die man in einer schnelllebigen Stadt sonst kaum bemerkte, weil sie von der Lautstärke der Menschen, Autos und dem Geschäftsleben übertönt wurde...Diese Stille...beruhigend und beklemmend zu gleich... * “Also, da du keinen speziellen Wunsch hast, was du essen willst, werde ich jetzt einfach eine Pizza Speziale in den Ofen schmeißen.”, meinte Billy, nachdem er vergebens versuchte mir meinen Essenswunsch zu entlocken. “Tu was du nicht lassen kannst...”, antwortete ich, zurückgelehnt auf einem der Küchenstühle sitzend, während ich in die Richtung der Katze starrte, die wie so oft an Billys Beinen klebte. Die lebte ganz sicher in der Hoffnung, dann noch etwas mehr zu fressen ab zu stauben und genau diese Erfüllte sich auch meistens. Dieses kleine Biest wusste aber auch genau womit es bei Billy punkten konnte. Der verwöhnte sie eindeutig zu sehr. Er war immer der Meinung, dass ich ihr viel zu wenig Aufmerksamkeit schenkte, und sie sich mir schon zuwenden würde, wenn ich sie hin und wieder mal etwas mehr beachtete. Dabei hatte ich daran doch gar kein Interesse. “Sag mal Benji, wann hast du eigentlich das letzte Mal aufgeräumt, dein Zimmer sieht aus wie ein Schweinestall.”, fragte er eher nebenbei, als er die Pizza aus seiner Folie befreite und in den vorgeheizten Ofen schob. Unwissend zuckte ich mit den Schultern. “Woher soll ich das denn wissen? Du verhältst dich wie ne verdammte Mutter-glucke, Billy.”, brummte ich schlecht gelaunt. Ich hasste es, wenn er das machte. Schließlich machte machte mir sonst keiner hier Vorschriften. Schon mehrere Jahre nicht mehr und seid ich vor einiger Zeit Volljährig wurde ließ ich mir noch weniger sagen als vorher. Eigentlich stand nur noch die Frage im Raum, wann meine Eltern mich raus schmissen und sich ihrem Sohn endgültig entsagten, um endlich ihre Ruhe zu haben. Für sie existierte ich eh nur noch auf dem Papier meiner Geburtsurkunde und wohnen ließen sie mich auch nur hier, um ihren guten Ruf zu wahren. So waren sie eben. Ich hatte mich damit abgefunden. “Mensch Benji, langsam solltest du aber echt mal die Kurve kriegen, du bist fast erwachsen und kannst immer noch keine Ordnung halten.”, schimpfte er, wie er es immer tat. Billy war seid Jahren, der einzige Mensch, der es scheinbar nicht müde wurde mich zurecht zu weisen und mir hinterher zu putzen. So, als hätte er sonst keine Hobbys, außer dem Zocken natürlich. “Bist du nur her gekommen, um mir das zu sagen?”, sagte ich monoton und zündete mir eine Zigarette an. Billy seufzte. “Nein natürlich nicht. In aller erster Linie bin ich ja hier, um dir Gesellschaft zu leisten. Sonst bist du dieses Wochenende doch wieder allein oder? Seid deine Freundin mit dir Schluss gemacht hat, setzt du kaum noch einen Fuß vor die Tür, wenn man dir nicht mal in den Arsch tritt.”, setzte er meiner monotonen Antwort entgegen. “Ach, Partys und shoppen waren eh, eher ihr Ding und weniger meins. Sie hat immer so lange genervt bis ich es nicht mehr ertragen konnte und bin dann eben mitgekommen. Sonst hätte sie mir wieder ewig Vorträge über die Bedeutung einer Beziehung gehalten. Darauf hatte ich halt keine Lust!”, brummte ich pissig. Ja, dieses Weib hatte mich einiges an Nerven gekostet. Sie regte sich einfach wegen jeder Kleinigkeit auf. Was war schon so schlimm daran, wenn man mal ein bisschen flirtete. Auch wenn ich in der Schule als Frauenheld gald, war ich doch keine so treulose Tomate wie immer alle dachten. Doch...wenn man diesen Ruf einmal hatte, wurde man ihn so schnell nicht mehr los. Damit musste ich eben Leben. Es machte mir auch nicht so viel aus, wenn ich ehrlich war. Denn, wenn ich so weitermachte wie bisher, würde ich sicher bald von der Schule fliegen. Dann war es eh egal welchen Ruf ich dort hatte. "Also ich schlage vor, dass wir beide nach dem Essen erstmal aufräumen. In dem Saustall kann man doch nicht leben.", bestimmte er und so geschah es. Im Grunde machte ich da ja nur mit, damit er mich danach in Ruhe ließ. Mit einigen Unterbrechungen waren wir in etwa ein ein halb Stunden fertig, als Billy und ich die Mülltüten rausbrauchten. "Also Benji so schlimm war das doch nicht oder?", grinste er mich an. "Ach lass mich bloß in Ruhe!", meckerte ich und ging wieder schnurstracks nach drinnen, gefolgt von Billy. "Mensch, jetzt reg dich doch nicht so auf. So schlimm war es ja nun auch wieder nicht.", meinte er. Ich stapfte genervt und vor mich hin knurrend in mein Zimmer und ließ mich auf mein Bett fallen. Mein Kumpel setzte sich neben mich und seufzte erneut. "Du bist wirklich ein sturer Esel weißt du das?", "Hm...", "Hab schon verstanden, du willst jetzt nicht reden. Morgen ist Samstag. Da findet in der Bar meines Kumpels eine kleine Party statt. Da sollen auch ein paar heiße Mädels auftauchen. Lass uns da doch hingehen. Du brauchst dringend einen Tapetenwechsel mein Freund.", schlug er vor. Na der hatte immer Ideen, aber vielleicht hatte er zur Abwechslung ja mal recht. Mit etwas Ablenkung konnte ich vielleicht diese kleine Kröte aus meinem Kopf verbannen, sei es auch nur für einen Abend. Etwa gegen 21 Uhr gingen wir ins Bett. Mag sein, das, das für die meisten Menschen am Wochenende viel zu früh war, aber mir war nicht danach die Nacht durch zu machen. Billy würde spätestens morgen dafür sorgen, dass ich Sonntag wieder völlig zerstört aussah, wenn er mich in diesen Club zerrte und ich hatte ja auch keine Ahnung was mich da erwartete. Also ging ich jetzt lieber schlafen. Billy platzierte sich auf meinem Schlafsofa und schlief schnell ein, während ich noch lange wach lag. Mein Kumpel war daran nicht ganz unschuldig, da dieser bei seinem gesegneten Schlaf, hin und wieder ein entsetzlicher Schnarcher sein konnte. Heute hatte er wieder diese Phase erreicht. Na ja zumindest träumte ich dann nicht von dieser kleinen Kröte. Dafür hatte ich aber jede Menge Zeit mir den Kopf wegen Jorden zu zerbrechen. Ach es war doch einfach nur zum aus der Haut fahren! Nicht aus zuhalten. Wütend über diesen Missstand zog ich mir die Decke über den Kopf. Später wälzte ich mich im Bett, versuchte es mit rauchen, aber...es brachte alles nichts. Und so blieb diese Nacht...ziemlich schlaflos. * Billy, der mir gegenüber saß, legte überrascht den Kopf schief. "Du siehst ziemlich zerstört aus. Hast du etwa wieder die ganze Nacht nicht geschlafen?", na der hatte Nerven. Ich brummte nur genervt, während ich an meinem Kaffee nippte. Der Kerl hatte leicht reden. Der hatte immerhin die ganze Nacht seelenruhig geschlafen. Dazu fast die ganze Zeit laut geschnarcht. Ganz im Gegensatz zu mir. Dazu kam noch, dass er dann pünktlich um viertel vor acht ausgeschlafen hatte und mir spätestens seid um acht tierisch auf die Nerven ging, weil er da bereits fertig geduscht und angezogen war. Innerhalb einer Stunde hatte er mich aus dem Bett gezerrt, mich ins Badezimmer geschliffen, damit ich duschte und in der Zwischenzeit Frühstück gemacht. Manchmal war das ja schon ein bisschen schockierend. Billy gab die perfekte Hausfrau ab. Wenn er mal ne Freundin haben sollte konnte man wohl gespannt sein, wer wegen wessen Pingeligkeit die Beziehung beendete. Nun saßen wir da und frühstückten, oder viel mehr Billy. Meine Wenigkeit hatte noch nichts angerührt. Trotz Dusche war ich noch nicht ganz wach und geraucht hatte ich auch noch nicht. Ohne meine Zigarette am morgen war ich eh nicht zu gebrauchen. Frühstücken war nicht mein Ding, weil ich um diese Uhrzeit noch gar keinen Hunger hatte. Nach all den Jahren war es auch zur Gewohnheit geworden. "Benji, iss doch auch was. Ich habe extra Brötchen gebacken.", erinnerte er mich, doch ich schob nur mein Frühstücksbrettchen zur Seite. "Entschuldige...aber mir ist nicht danach...", sagte ich und stand auf. Ich ging an die Tür der Terrasse, die von der Küche bis zum Wohnzimmer reichte. Mit einem kurzen Handgriff öffnete ich die Tür und trat hinaus. Mit meinem Feuerzeug zündete ich mir eine Zigarette an, die ich mir zuvor in den Mund steckte. Ich zog kräftig an der Kippe und inhalierte tief. Für einen Moment konnte ich entspannen. Hier draußen herrschte eine angenehme Temperatur. Nicht zu kalt und nicht zu warm. Plötzlich stand Billy neben mir. Er lehnte am Rahmen der geöffneten Tür. Tief atmete er durch. "Wirklich sehr angenehm die frische Luft. Aber ich bin ziemlich enttäuscht, dass du nichts von meinem Frühstück angerührt hast, wo ich mir doch so große Mühe gegeben habe.", sagte er enttäuscht und verschränkte die Arme vor der Brust. Wie gesagt, der erinnerte einen an eine Mutter-glucke, "Hmm, ich sagte doch, das mir nicht danach ist.", murrte ich, "Kannst du das nicht einfach so hinnehmen?", fragte ich genervt. Billy zog kurz eine beleidigte Schnute und grinste dann wieder. "Ach, ist doch kein Problem, ich weiß ja, das du kein Morgenmensch bist. Ist nur schade, dass du es nicht mal was angerührt hast.", sagte er und ging dann in die Hocke, um die Katze zu streicheln, die sich gerade wieder um seine Beine schleimte. "Guten morgen Molly. Ich hoffe du hast genauso gut geschlafen wie ich.", grinste er. Ich schnaufte verächtlich. "Verwöhn sie bloß nicht zu sehr, sie gewöhnt sich noch dran!", knurrte ich und ging wieder rein. Mein Besucher kicherte vergnügt. "Gibs zu Benji,...du tust zwar immer so als könnte dich nichts erfreuen, aber in Wirklichkeit willst du doch auch nur ein bisschen gestreichelt werden.",gab er mit erhobenen Händen und schwer überzeugt von sich selbst wieder. "Red nicht immer so einen Blödsinn!", murrte ich und machte auf dem Absatz kehrt. Dieser Spinner hatte sie doch nicht mehr alle! Kapitel 4: Samstag! Partyabend! ------------------------------- Nun war es also schon Samstagabend und Billy schien sich schon tierisch auf das Spektakel des Abends zu freuen. Ganz im Gegensatz zu mir. Natürlich war ich immer noch der Meinung, das mich dieser Tapetenwechsel sicher mal ein bisschen von meinen ganzen Gedanken ablenken könnte, aber ernsthaft motiviert war ich ja nicht wirklich. Billy hatte den ganzen Tag schon hier im Haus meiner Eltern verbracht, die Katze eindeutig viel zu sehr verwöhnt und mich fast in den Wahnsinn getrieben. Billy war mir heute nämlich eindeutig viel zu gut gelaunt! Denn wenn er das war, quasselte er noch mehr, als er es eh schon tat. Lag wohl auch daran, dass er sich schon den ganzen Tag auf die Party freute. Er erzählte mir von seinem Kumpel, der an der Bar arbeitete, von der guten Musik, die in diesem Laden an der Tagesordnung war, der tollen Lichtshow und natürlich von den vielen hübschen Mädels. So wie ich ihn kannte, erhoffte er sich ganz sicher auch bei einem der Mädchen zu landen. Wäre gar nicht mal so schlecht, wenn ich es mir recht überlegte. Dann hätte er endlich mal eine andere Beschäftigung, als mir ständig auf die Nerven zu gehen. Ja, das war doch mal eine Option! Hurra! "Benji, willst du dich nicht ein bisschen mehr rausputzen, wenn du schon mal ausgehst?", machte mein Kumpel mich auf mein Outfit aufmerksam. Recht gleichgültig sah ich an mir herunter und zuckte mit den Schultern. Um mein Äußeres hatte ich mir nicht wirklich Gedanken gemacht. Ich war halt nicht so der Typ der sich groß aufstylte. Hauptsache es war bequem, und sah nicht aus, als käme gerade aus dem Bett, oder sah aus wie der letzte Müllsack. Wie manche Leute sich daher in Jogginghosen stylisch finden konnten verstand ich nicht wirklich. Mode war ja nicht gerade mein Steckenpferd, aber wie man das als normale Freizeitkleidung geltend mache konnte war mir ein Rätsel. Wie gut, das ich mich damit zum Glück nicht weiter auseinander setzen musste. "Also ich finde es so gut, muss dir ja nicht gefallen.", meinte ich. Billy schüttelte unverständlich den Kopf, fragte jedoch nicht weiter nach. "Ok, wie du meinst. Dann lass uns mal los gehen. Die Bar öffnet gegen 20 Uhr bis dahin könnten wir noch ein bisschen was essen gehen, wenn du magst.", schlug er vor und ich bejahte nur mit einem Brummen. Wenn er einmal von einer Sache überzeugt war, konnte man ihn eh kaum noch bremsen und wenn wir erstmal unter Menschen kamen, würde ihn das eventuell auch ein bisschen von ablenken. "Also, auf was hast du Lust, Spagetti, Pizza, Döner, Crep, Mecces, Burger King, Subway...wir haben so viele Möglichkeiten. Da weiß man gar nicht, was man eigentlich essen will.", stellte Billy fest und schaute sich interessiert in der Stadt um. Die Straßen waren voller bunter Schilder, die dazu verführen wollten in den Läden einzukaufen, oder dort essen zu gehen. Am besten noch für viel Geld und schlechte Qualität, wenn man nur Pech genug hatte. "Entscheide du.", murmelte ich mehr, als ich wirklich sprach. Nachdenklich legte sich Billy den Zeigefinger an die Wange und sah sich mit einem, "Hmm...", weiter um, bis ihm scheinbar die Erleuchtung kam. "Ich würde sagen, wir gehen einfach zu Burger King, ich habe gerade tierisch Lust auf einen Wopper.", schlug er vor und lenkte auch schon in die Richtung ein, in die wir gehen mussten, ohne wirklich auf meine Antwort zu warten. Da hatte wohl jemand einen Bärenhunger. Ich folgte ihm wortlos durch die breite Fußgängerzone zu den Rolltreppen, die ins Einkaufszentrum führten. Die meisten Geschäfte waren bereits dabei langsam alles für den wohlverdienten Feierabend vor zu bereiten und der Stadttrubel neigte sich auch schon dem Ende zu. Dort wo man am Tage kaum durchkam vor lauter Leute, waren die Wege jetzt frei. Dafür würde es in der Bar sicher rappel voll sein. Das war ja voll Billys Welt, sich in die Masse einer völlig überfüllten Bar oder Disco zu schmeißen und ordentlich zu feiern. Komischer Weise schaffte er es morgens trotzdem auf zu stehen und nicht halb so zerstört aus zu sehen wie ich, selbst, wenn er was getrunken hatte. Erstaunlich... "Da ist es! Und es duftet schon so gut!", mit seinem Finger zeigte er auf den kleinen Burger King, der sich zwischen einigen kleinen Fast Foot-Restaurants einreite. Stimmte ja, die hatten hier ja alles neu gemacht. So neu, dass man sich glatt verlaufen konnte. "Sieht schick aus oder? Die haben über ein Jahr hier alles umgebaut, und an einigen Stellen bauen sie immer noch.", erwähnte Billy beiläufig, als er sich mit mir am Ende der Menschenschlange anstellte. Für diese Urzeit herrschte in diesem vergleichbar winzigen Bereich ein ganz schöner Andrang, wenn man mal den Rest der Stadt besah. Ob es nur daran lang, das Die Bürger dieser Stadt endlich ihren heißgeliebten Burger King direkt um die Ecke wieder hatten, nachdem sie den Alten vor etwa einem halben Jahr geschlossen hatten? Vielleicht lag es aber auch einfach daran, dass heute Samstagabend war. "Du bist dran Benji.", holte er mich aus meinen Gedanken und ich bestellte einfach das Gleiche wie er, da ich nicht so wahnsinnig Lust hatte groß zu über legen, was ich essen wollte. Außerdem war so ein Wopper nicht so klein und füllte den Magen für einen Weile. Nachdem wir beide bezahlten, nahmen wir unser Tablett und suchten uns einen Platz. Gar nicht so einfach, bei all den belegten Tischen. In letzter Sekunde ergatteten wir dann doch noch einen doppel Platz, bevor ihn uns jemand wegschnappen konnte. Der Typ mit dem Mädel an seiner Seite, mit dem mega knappen Kleidchen sahen ziemlich verärgert aus. Naja, wer zu Spät kam,...den bestrafte das Leben. So war das halt. Wir setzten uns hin und begannen unser Essen auszupacken. Voller Begeisterung biss Billy dann herzhaft in seinen Burger. Schien ihm zu schmecken. Nachdem ich einen Schluck von der Cola nahm, die wir uns teilten, beschloss auch ich einen Happen zu essen. Ich ließ mir dabei Zeit. Nur keine Eile. Der Abend war noch lang. Als wir uns die Bäuche zu Ende voll geschlagen hatten, gingen wir gemächlich los. Bis zur Bar, waren es nur noch etwa zehn Minuten und wir hatten noch etwa 20 Minuten bis zum Einlass. Mein Zeitgenosse rieb sich zufrieden den Bauch und lächelte gut gelaunt vor sich hin. "Hach, das wird bestimmt ein toller Abend. Vielleicht treffen wir ja sogar Leute, die wir kennen.", grinste er. Ich betete hingegen, dass es bitte nicht so sei. Von Begegnungen mit Bekannten hatte ich nämlich die Nase gestrichen voll! Aber zum Glück, würde ich höchstens meine Ex treffen, da ich mir nicht vorstellen konnte, dass sich Jorden oder Akira in einer Bar blicken lassen würden. Die waren nämlich weder behindertengerecht, noch was für schüchterne, kleine Angsthasen. Auf meine Ex konnte ich jedoch auch gut verzichten. "So da sind wir.", meinte Billy. Wie blieben vor einem, alten Gebäude stehen, dass in einer Seitenstraße stand. Es hatte eine leuchtende, bunte Aufschrift und trug den Namen, "Blue Star". Vor der Tür tummelten sich schon eine ganze Menge Leute, die schon richtig feier wütig waren. Darunter waren auch einige, die schon ziemlich angetrunken, oder gar völlig betrunken wirkten. Mal ehrlich... Was hatte man von einer Party, wenn man schon vorher zu betrunken war, um überhaupt was mit zu kriegen? Nicht, dass ich dem Alkohol gänzlich abgeneigt war, hier und da ein paar leckere Drinks oder ein kühles Bier waren schon nicht zu verachten, aber man musste doch nicht übertreiben! Der Witz an der Sache lag doch eher im Genuss...aber so dachten wohl nicht viele Menschen. Zehn Minuten nach unser Ankunft wurden wir dann eingelassen. Vorne am Thresen wurde bezahlt und wir bekamen einen Stempel auf unsere Handrücken, als Zeichen, dass wir bereits bezahlt hatten. Schon im Eingang ertönte laute Musik. Sie war ziemlich rockig und tatsächlich nicht schlecht. Viele Bars spielten ja nur Mist. Wir begaben uns gleich zur Bar und ergatterten uns zwei Plätze. Billy begrüßte sofort seinen Kumpel. Einen ziemlich groß und schlank gewachsenen jungen Mann mit einem hübschen Gesicht. Billy stellte mich vor und rasch wurde ich freundlichst begrüßt. Jack, hieß der junge Mann und hatte ein äußerst sanftes Lächeln. Obwohl ich ihn gerade erst kennen gelernt hatte, machte er auf mich einen äußerst ruhigen Eindruck. Er wirkte fast so, als könne ihn einfach nichts aus der Ruhe bringen und er war fast das krasse Gegenteil zu Billy, was echt mal erfrischend war. Der machte da eher den Eindruck eines Zappelphillips, und einer unverbesserlichen Quasselstrippe, da er weder ruhig sitzen, noch die Klappe halten konnte, wenn er mal wieder seine Phasen hatte. Manchmal war es mir schleierhaft, wie er es schaffte stundenlang hochkonzentriert vor seiner Spielkonsole zu sitzen. Ich schüttelte innnerlich den Kopf. Billy bestellte für uns beide jeweils ein kühles Bier. Gar nicht so schlecht für den Anfang. Viel würde ich aber eh nicht trinken. Mit einem Bier kam ich fast den ganzen Abend rum. Um uns herum tummelten sich die Leute. Einige waren wohl schon so besoffen, dass sie gar nicht mitkriegten, wenn sie einen anrempelten und von mir einen bösen Blick und ein knurren kassierten. Diese Trottel! Auf der anderen Seite, war es aber irgendwie auch kein Wunder, dass man hier vor lauter Menschen kaum Platz zum Laufen hatte. Innerhalb weniger Minuten war es geraschelt voll. Schätzungsweise war etwa die Hälfte der Leute hier eine Meute Teenager unter 18, die es bis Null Uhr noch mal so richtig krachen lassen wollten. Bis vor einem Monaten gehörten auch wir zu der Fraktion, die spätestens um Null Uhr hier raus mussten, da Billy und ich da noch nicht 18 waren. Doch so aufgeschlossen wie er war und bei all den Menschen, die er kannte, fand er immer eine Möglichkeit, sich irgendwo weiter amüsieren zu können. Sein größtes Vergnügen lag darin mich fast überall mit hin zu schleppen, ob ich wollte oder nicht. Im Grunde hatte ich nichte gegen Party machen, aber in letzter Zeit, war mir nicht mehr so danach. Der, über den ich gerade sinnierte, musste sich in der Zwischenzeit bereits irgendwo hin verzogen haben, da er plötzlich nicht mehr neben mir saß. Einen Blick weiter und ich sah wie er in der Masse der Menschen herum sprang und voller Begeisterung die Tanzfläche rockte. Er spielte sogar Luftgitarre. Den Mittänzern schien es zu gefallen, denn sie machten mit und ließen sich von der guten Stimmung treiben. Der Kerl war manchmal schon ein verrückter Vogel. Ich drehte mich wieder in Richtung meiner Bierflasche und sah direkt auf Jack, der voller Hingabe seiner Arbeit nachging. Geschickt mixte er diserve Cocktails. Einige sahen richtig kunstvoll aus. Fast zu schade, zum trinken. Mit einem Mal viel sein Blick auf mich. Er lächelte sanft, fast schon zu sanft irgendwie. "Möchtest du auch mal einen Cocktail probieren?", fragte er mich plötzlich. Ich schüttelte den Kopf. "Vielen Dank, aber, das Bier reicht mir völlig.", antwortete ich wahrheitsgemäß. "Das ist völlig ok. Ist tanzen auch nicht so dein Ding?", fragte er ruhig. Ich zuckte mit den Schultern, da ich keine Lust hatte schon wieder zu antworten. "Ah, dann hat er dich also einfach mitgeschleppt. Das ist typisch für ihn.", erkannte er scharfsinnig, ohne eine wirkliche Antwort von mir, mit einem Schmunzeln im Gesicht. Na der musste ihn ja ziemlich gut kennen. Ich stützte mein Gesicht auf meine Handinnenfläche und schaute Jack weiter beim mixen zu. Jeder seiner Handgriffe schien perfekt und genauestens durchdacht. Jeder Blick von ihm war freundlich und zugewandt. Keines seiner Worte war zu viel oder zu wenig, sondern genau so, wie man es sich erwartete. So jemanden war ich noch nie begegnet. Was war er wohl für ein Mensch? Ob er auch privat so war, oder setzte er lediglich für seine Arbeit eine Maske auf? Doch was kümmerte es mich? Plötzlich wand Jack sein Gesicht wieder auf dem Platz neben mir, als eine weibliche Stimme, ein Bier bestellte und neben mir Platz nahm. Jack ließ sich den Ausweis vorzeigen und überreichte ihr dann das Bier. Mein Blick wanderte zu der weiblichen Person und erstarrte augenblicklich. Die kannte ich doch! Die aus meiner Schule, die mich beim Sport so fertig gemacht hatte. Wie hieß sie noch gleich...ach ja, Yui. Unsere Blicke trafen sich. So wie sie mich anschaute, hatte sie wohl auch nicht damit gerechnet mich hier zu treffen. Ja Zufälle habs, auf die man lieber verzichten konnte. Dabei hatte ich mich gerade daran gewöhnt, mal nicht belagert zu werden, auch wenn es mir tierischen Spaß machte, die Mädels an der Nase herum zu führen und sie zu verarschen, aber die hätte echt nicht aufkreuzen müssen. Um ehrlich zu sein, hätte ich ihr das auch nicht wirklich zugetraut, weil sie sonst ja eher wie sone kleine Außenseiterin wirkte, die mit niemandem sprach, und die auch niemand leiden konnte. Letzteres stimmte sogar. Alles was an ihr auffällig war, waren ihre lilagefärbten Haare und ihre ungewöhnliche Kleidung und letztens auch ihre sportliche Leistung mit der sie mich vor meinen Mitschülern dastehen ließ wie einen letzten Depp! Das machte sie mir nicht gerade sympatischer. Genervt verzog ich das Gesicht. Sie wand mit einem Mal das Gesicht ab und wurde...rot? War sie etwa...beschämt? Nicht ernsthaft oder? Ich sah wie sie sich auf der Unterlippe herumkaute. "Was ist? Hab ich irgendwas im Gesicht?", fragte sie plötzlich leicht angekratzt. Ich zog erst eine Augenbraue hoch und verzog dann meinen Mund zu einem leicht gemeinen Lächeln. "...Außer Schminke nicht viel...", sagte ich fast belanglos, was sie nicht sehr zu begeistern schien. In ihrem Gesicht machte sich Ärgernis breit. Wie süß, sie war wütend. "Bist du etwa immer noch sauer, weil ich dich im Sport besiegt habe?", fragte sie mich völlig aus den Wolken gegriffen. Nicht ihr Ernst oder? Sie hatte mich dastehen lassen wie den letzten Loser! Dann war sie einfach abgezogen und lies mich stehen, ohne mich weiter zu beachten. Sie, die Außenseiterin! Ein Mädchen und dazu noch eines, dass sich doch sonst nicht um die Belange anderer kümmerte! Ganz im Gegenteil, sie kapselte sich doch sonst immer ab. Noch nie hatte ich sie gesehen, wie sie mit anderen kommunizierte. Warum also hatte sie ausgerechnet mich auserkoren, mich in einer Tätigkeit zu schlagen, in der ich sonst immer einer der Besten war? Etwa weil sie gegen die Ungerechtigkeit kämpfen wollte? Oder steckte da noch etwas ganz Anderes dahinter? Die meisten Menschen hatten irgendwelche Gründe, warum sie so handelten, wie sie handelten. So auch Yui, da war ich mir ganz sicher. Warum sollte sie sonst plötzlich so mutig sein? Na ja, vielleicht war es auch der Alkohol, den sie fröhlich in sich hinein schüttete. Ich wande meinen Blick ab und zuckte brummend mit den Schultern. "Und wenn schon, was geht dich das an?", gab ich forsch zurück. Ich hatte keine Lust mich mit ihr zu unterhalten. Ihre Anwesenheit nervte. Sie nervte extrem! Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, wie sie mich kurz ansah und dann wieder auf ihr Bier schaute. Sie kaute sich wieder an der Unterlippe herum. Das machte sie wohl immer, wenn sie nervös war. Als ich schon dachte, dass sie nichts weiter sagen würde, ergriff sie wieder mutig das Wort. "Es geht mich eine ganze Menge an! Schließlich behandelst du mich nicht gerade nett und das nur, weil ich dich im Sport besiegt habe und deinem Treiben gegen den armen Akira ein Ende gesetzt habe... Dabei dachte ich....", gab sie mir zu verstehen. "Was dachtest du? Das ich dich dann mehr beachte oder so?", gab ich kühl zurück, was sie kurz erstarren ließ. Da, schon wieder biss sie sich auf die Unterlippe. "...", kein Wort kam über ihre Lippen. Es vergingen Minuten, bis mich jemand von hinten an der Schulter packte. "Benji mein lieber Freund, was treibst du denn da? Du hast ja noch nicht einmal das Tanzbein geschwungen!", teilte mir Billy mit, der urplötzlich hinter mir auftauchte und auch gleich einen Blick auf Yui warf und sie freundlich anlächelte. "Hallo Yui, was für ein Zufall, hätte nicht gedacht, dass wir uns hier begegnen. Ist Benji auch nett zu dir?", harkte er nach. Sie verlor zunächst kein Wort. Was dann kam, überraschte mich dann aber, denn sie nickte. Was bezweckte sie nur damit? Wusste sie nicht, dass sie sich vor Billy nicht fürchten musste? Schließlich war er dafür bekannt, das er mir des öfteren die Leviten las, wenn ich es seiner Ansicht nach, mal wieder übertrieb. Billy schaute zunächst noch zwischen uns hin und her, weil er dem Braten nicht so ganz zu trauen schien, grinste dann aber zufrieden. "Na dann ist ja alles gut. Jack, noch ein Bier für jeden von uns drei, ich gebe eine Runde aus! Und danach werden wir noch eine Runde tanzen!", entschied er für uns alle. Das ich mit dem einen Bier, dass ich immer noch nicht völlig gelehrt hatte, und welches mir vollkommen ausreichte, ignorierte er gekonnt. Dieser Idiot! Schließlich schaffte er es mich dann tatsächlich zu überreden, noch dieses zweite Bier zu trinken. Yui musste er nicht überreden, die schluckte das Zeug wie Wasser. Ob sie das häufiger machte? Letzten Endes zerrte, Billy, Yui und mich auf die Tanzfläche. Yui, die zunächst ein bisschen perplex war, da sie wohl nicht mit dieser plötzlichen Attacke rechnete, ließ sich doch tatsächlich darauf ein und feierte mit ihm und der Masse mit. Auch ich fühlte mich mit der Zeit irgendwie lockerer und begann zu tanzen und zu feiern. War immerhin besser, als sich weiter mit Yui zu unterhalten und es lenkte ab. Es dauerte nicht lange und schon wurde ich auch von einigen Mädchen angetanzt. Hübsche Mädchen in sehr knappen Kleidchen, die wohl schon einiges getrunken hatten. Immer wieder tanzten sie mich ziemlich eng an. Es kam zu eng umschlungenen Tänzen und bald darauf, zu Zungenküssen und später zum Fummeln auf der Toilette. Yui und Billy waren derweil in der feier wütigen Masse verschwunden. Zumindest dachte ich das. Gerade, als meine Partybekanntschaft und ich die Toilette verließen und mir das Mädel, welches sich, das knappe Kleidchen zurechtrückte, mir noch einen Kuss und ihren Nummer zuschob, stand sie vor. Yui, dessen Gesicht wie erstarrt war. Sie senkte leicht den Kopf und presste die Lippen auf einander. Ihr Hände zupften an ihrem schwarzen Kleid. Sie wirkte, als wolle sie irgendwas sagen, doch sie blieb stumm. Gerade, als ich was sagen wollte, ging sie schnurstracks an mir vor bei in die Damentoilette. Ihre klackernden pinken Pumps, waren noch hinter der Tür geräuschvoll zu hören. Ich zog die Augenbraue hoch und verstand einfach nicht,was denn plötzlich mit ihr los war. Wieso verschwendete ich überhaupt einen Gedanken daran? Da ich mir darauf keinen Reim machen konnte, steckte ich meine Hände genügsam in die Hosentaschen und schlurfte wieder in Richtung Partyraum. Hier im Gang tönte die Musik nur gedämpft, doch je näher ich dem bunten Treiben kam, desto lauter wurde es. Billy, der sich gerade mit einigen Jungs und Mädels unterhielt, richtete seinen Blick sofort auf mich, sobald er mich sah. "Nanu? Wo hast du denn Yui gelassen? Sie wollte nach dir sehen, weil du so plötzlich verschwunden warst. ", teilte er mir verdutzt mit, als ihm plötzlich ein Licht auf zugehen schien. Scheinbar hatte er gerade geschnallt, warum ich verschwunden war. Schlaues Kerlchen. "Oh...jetzt verstehe ich mein Freund. Ich wusste ja, dass man nicht so lange auf der Toilette brauchen kann., oder um eine zu rauchen", grinste er und legte mir einen Arm um die Schulter. "Du hast es also wieder mal geschafft, ich beneide dich Benji.", meinte er voller Begeisterung und auch seine Bekanntschaften, schienen diesem Thema zugeneigt. Das wunderte mich allerdings nicht sehr. Einige der Typen sahen so aus, als dachten sie, sie wären die größten Frauenhelden überhaupt, andere wiederum wie jene, die niemals eine abkriegten, weil sie sich einfach nur verhielten, wie die letzten Looser. Die hatten bestimmt jede Nacht feuchte feuchte Träume, weil sie es in der Realität einfach nicht brachten. Trotzdem trauten sie sich in einen solchen Laden. Gratuliere! Die Mädels waren total überschminkt und eine von ihnen hielt wohl immer noch daran fest, dass sie irgendwann mal in ihre viel zu engen Klamotten passte. Wie einem sowas gefallen konnte, war mir schleierhaft. Ob sie von ihrer wesentlich schlankeren und hübscheren Freundin beraten wurde? Mal ehrlich, ich war ja der Überzeugung, dass nicht jeder einen Naturschönheit sein konnte, aber wenn man schon ein bisschen mehr auf den Hüften hatte, sollte man sich auch so kleiden, dass die Klamotten auch passten. Ich brummte nur vor mich hin und staunte nicht schlecht, als meine Ex plötzlich vor mir stand. Vanessa. Und das, was da an ihr klebte, war wohl ihr neuer Lover. Ich kannte ihn, er war mal auf unserer Schule und bestimmt schon seid 2 Jahren scharf auf meine Ex. War ja klar, dass sie sich den Nächstbesten angelte. "Benjamin. Das wir uns hier treffen hätte ich ja nicht gedacht. Und? Hast du schon wieder einem Mädchen das Herz gebrochen oder bist du noch auf Mission Heartbreaker?", fragte sie mich schnippisch und lächelte überlegen. Um ihre Überlegenheit noch zu übertönen, drückte sie sich eng an ihren Lover. Um mich eifersüchtig zu machen schätzte ich. Ich zuckte mit den Schultern. "Denk was du willst...", antwortete ich kurz angebunden. Verärgert verzog sie das Gesicht und zog mit ihrem Typen ab. Mein Kumpel kratzte sich am Hinterkopf. „Oh man, die kann auch nichts anderes als Stress machen.“, erkannte er. Ich nickte. So war es wohl, aber es sollte mich nicht weiter kümmern. Immerhin gab es Wichtigeres. Als gerade wieder Ruhe eingekehrt war kam Yui wieder zurück von der Toilette. Bildete ich mir das nur ein, oder sah sie irgendwie zerstört aus? Der erste, der sie in Empfang nahm war Billy. „Yui, da bist du ja. Alles okay? War dir schlecht?“, fragte er. Sie schüttelte den Kopf und wich meinem Blick offenbar absichtlich aus. „Nein, alles okay...ich denke ich werde jetzt nach Hause gehen, bin müde.“, suchte sie die Ausrede. Ja ich war überzeugt davon, dass es eine Ausrede war. Bei genauer Betrachtung konnte man erkennen, dass sie geheult hatte. Denn ihre Schminke war leicht verwischt und ihre Augen glänzten etwas rot. Billy blieb kurz vor ihr stehen und schien zu überlegen. „Hmm, es ist schon spät. Wir bringe dich nach Hause.“, entschied er für mich mit. Bitte was? Was hatte ich denn damit zu tun? Mein Blick entgleiste wohl etwas, denn Billy seufzte etwas. „Jetzt zieh nicht so ein Gesicht. Ich weiß, dass du darauf keine Lust hast, aber sie ist ein Mädchen und es ist schon spät. Das gehört sich so. Außerdem scheint es ihr nicht gut zu gehen.“, merkte er an, was mich wieder genervt brummen ließ. Yui wehrte sich nicht dagegen, sondern ließ es mit sich geschehen. Den ganzen Weg entlang schwiegen wir. Yui ging die ganze Zeit zwischen uns und führte uns zu einer Straße voller Doppelhäuser. Diese Gegend unterschied sich von der, in der ich wohnte. Die Gegend in der ich wohnte gehörte nämlich eher zu den nobleren. Dort waren die Häuser um einiges größer und teurer. War schon krass, wie sich diese Gegenden unterschieden, obwohl sie so nah an einander lagen. Vor ihrer Haustüre blieb sie stehen. „Da wären wir. Danke fürs Bringen.“, sagte sie leise. „Kein Problem. Das ist doch Ehrensache!“, antwortete Billy und kurz darauf verschwand sie hinter der Haustüre. Das war er also...unser Partyabend... Kapitel 5: Schleichende Wandlung -------------------------------- Montag morgen. Klingelte mein Wecker, oder bildete ich mir das nur ein? Auch wenn ich nicht viel davon hielt, betete ich, dass es nur Einbildung war! Ich war noch immer total übermüdet von der Partynacht von Samstag auf Sonntag. Denn Billy war nach unserem Besuch bei Yui immer noch in bester Feierstimmung. Ganz im Gegensatz zu mir. Zwar wollte ich mich nicht weiter darum kümmern, aber irgendwie war mir Yuis Bild im Gedächtnis verblieben und senkte meine Feierstimmung stetig. Ich verstand einfach nicht was plötzlich los war. Warum sie sich auf einmal so seltsam verhielt und fragte mich, ob diese Blamage beim Basketball und der Abend irgendwie im Zusammenhang standen? Was war nur plötzlich los? Wieso spielte nur auf einmal alles verrückt? Und wieso verdammt noch mal, stand ausgerechnet ich mitten im Geschehen? Was hatte ich nur falsch gemacht? Das gefiel mir überhaupt nicht! Mürrisch streckte ich eine Hand unter meiner Decke empor, um den Wecker vom Nachttisch zu nehmen. Ein Blick genügte, um mir meine Laune gänzlich zu verderben. Das Scheiß teil musste sich doch irren! Es konnte nicht schon sieben Uhr sein! Schließlich war ich vor einer Stunde erst eingeschlafen! „Hm....ätzend!“, murrte ich genervt. Am liebsten hätte ich das Teil ja einfach an die gegenüberliegende Wand geworfen, was ich dann aber doch lies. Billy meinte, dass mein Verschleiß an Weckern schon echt überirdisch sei, was auch stimmte. Innerhalb von 2 Monaten hatte ich drei Wecker vor Wut zerstört, einfach weil mir das Schrille Geräusch so tierisch auf die Nerven ging! Allerdings hatte ich keine Lust mir den Aufwand zu machen, schon wieder einen Neuen zu kaufen! * „Benjamin! Benjamin! Wach auf! Wenn du lieber schlafen willst, dann wärst du wohl lieber zu Hause geblieben!“, schimpfte die Lehrerin, die heute wieder unterirdisch schrecklich aussah und das Erstaunliche daran war, dass sie sogar mal Recht hatte. Ich hätte wirklich lieber zu Haue bleiben sollen und den Wecker, den hätte ich wohl doch lieber an die Wand geschmissen! „Bis morgen wirst du mir einen Aufsatz darüber schreiben, warum mein Unterricht so uninteressant ist!“, bestimmte sie mit diesem einen Klang in ihrer Stimme, der keinen Widerspruch duldete. Dann drehte sie sich in Richtung Tafel, um sich erneut dem Unterricht zu widmen. Grimmig verzog ich mein Gesicht. Die glaubte doch nicht ernsthaft, dass ich meine Zeit mit etwas so Überflüssigem verschwenden würde! So viel dachten sich bestimmt auch meine Mitschüler zusammen, die im Hintergrund bereits tuschelten, wie sie es immer taten, wenn jemand aus der Reihe tanzte. Besonders amüsiert würde Billy später sein. Der Rest des Unterrichts verlief quälend langsam. Daran konnte man erkennen, wie lang eine einzige Minute sein konnte. Nicht auszuhalten! In der Pause lachte Billy sich erst mal eine Runde ins Fäustchen, sehr zu meinem Ärger. Ich wusste wirklich nicht, was daran nun so witzig sein sollte. Schließlich war ja nicht er der Jenige, der seine Freizeit in so etwas Unnützes investieren sollte, „Benji, du bist echt der Größte. Wusstest du, dass sie hinter deinem Rücken bereits Wetten einreichen, wann du dir die nächste Strafarbeit einheimst?“, lachte er amüsiert. Das war doch wohl nicht sein Ernst! Verärgert warf ich ihm einen tödlichen Blick zu und knurrte ihn an. „Hör auf so eine Scheiße zu erzählen!“, Billy winkte ab, „Benji mein Freund, das ist keine „Scheiße“, sondern die Realität. Du hast dir einen gewissen Namen gemacht.“, sagte er fast ein bisschen Stolz. Mal ehrlich. Was stimmte nur nicht mit diesem Kerl!? Der hatte sie doch nicht mehr alle! Konnte er nicht einmal die Klappe halten? Ach wieso stellte ich mir diese Frage überhaupt noch? Genervt schüttelte ich den Kopf. „Ach die, die haben doch eh den ganzen Tag nichts Besseres zu tun. Die tratschen doch über jeden, der ein bisschen aus der Reihe fällt.“, Billy schaute, als würde er nachdenken, „Hm, du meinst...so wie über Yui.“, meinte er plötzlich. Wie kam er denn jetzt darauf? „Wieso Yui?“, wieso musste er ausgerechnet dieses Thema anschneiden? „Na ja, hast du es denn gar nicht bemerkt? Seid dir Yui aufgefallen ist sind sie doch noch mehr am Tratschen über sie.“, merkte er an und schaute dabei in den Himmel, als wollte er dort einen ganz bestimmten Punkt fixieren. „Ach was, das tun sie doch, weil sie sich immer ausschließt. Das hat sie ganz allein selbst zu verantworten!“, kommentierte ich seine Anmerkung. Mir war schon klar, dass ihre Mitschüler nicht viel von ihr hielten und sie schnitten, dass hatten sie bereits klar gemacht, als ich die Mädchen auf sie ansprach. Doch dass musste man ja nicht ausgiebig lamentieren. Billy schaute mich wieder an, lächelte kopfschüttelnd und wedelte dabei ein wenig mit den Armen herum. „Benji, Benji, du nimmst das alles viel zu gelassen fürchte ich! Und das, obwohl du doch mitten drin bist. Klar ist es nicht gerade Vorteilhaft, dass sie sich ausschließt, aber hast du dir mal überlegt, dass sie dafür vielleicht einen Grund hat? Kann doch sein, dass sie einfach keine Lust auf diese überheblichen Zicken hat. Es gibt so viele Mädchen, die auf dich stehen, da wird sie ihnen bestimmt ein Dorn im Auge sein. Sie werden sie sicher noch ordentlich drangsalieren. Spätestens jetzt, nach der Sache im Sport. Du weißt doch sicher noch, was sie mit der letzten gemacht haben, die es doch tatsächlich gewagt hat dich einmal länger anzusehen. Und da du jetzt wieder Single bist...bist du praktisch wie Freiwild. Da ist jedes Mädchen, das dir zu Nahe kommt eine Gefahr! Besonders jemand wie Yui, die eh schon keinen sehr guten Status hat. Ich hoffe das ist dir bewusst.“, erläuterte er wie ein Samariter, der gerade versuchte mir Vernunft einzureden, die mir eh schon bis zum Hals stand. Das versuchten die Lehrer auch schon ständig. Genervt winkte ich ab, „Ja, ja, schon klar, jetzt hör schon auf zu nerven...“, murrte ich und stand auf, Billy schaute zu mir auf und seufzte schwer. „Du bist echt, unverbesserlich Benji.“, merkte er an, als ob er mir das nicht schon gefühlte 1000 Male an den Kopf geworfen hätte. Ich wusste, dass ich es war, aber ich sah auch nicht ein, dass für andere zu ändern. Schließlich war ich, wer ich war. „Was hast du vor?“, „Brauch ne Kippe.“, antwortete ich knapp und ging einfach los in die Raucherecke. „Ist okay, dann gehe ich schon mal rein. Wir sehen uns dann in der Klasse.“, teilte mein Kumpel mir mit. Kurz bevor ich um die Ecke bog hörte ich weibliche Stimmen und sie waren nicht wohl gesonnen. Nur wenige Schritte weiter trat ich direkt in das Spektakel ein. „Hast du gehört? Halt dich fern von ihm! Wenn du es nicht machst wirst du es noch bereuen!“, ertönte die gehässige Stimme eines der insgesamt vier Mädchen, die in drohender Position vor Yui standen. Das Mädchen mit den langen, lilanen Haaren, saß auf die Wand gedrängt und sah mit verzweifelten, aber doch irgendwie mutigem Blick und zusammengepressten Lippen zu den Mädchen auf. Sicher hatten sie, sie geschubst. Mädchen machten das glaub ich häufiger als Jungs. Doch plötzlich tat Yui etwas, was die Mädchen wohl nicht erwartet hätten, womit ich allerdings schon irgendwie rechnete. Schließlich hatte sie mir auch schon mal gehörig den Tag versaut, in dem sie mit Dingen auftrumpfte mit denen niemand rechnete. Sie nahm all ihren Mut zusammen und stand auf, um ihnen etwas zu sagen. „Von euch, lass ich mir gar nichts sagen! Es ist ganz allein meine Sache und es geht niemanden was an!“, schimpfte sie, obwohl sie in dieser misslichen Lage war. Das wagten nicht viele. Die meisten Mädchen, die sie drangsalierten waren viel schneller eingeschüchtert. Jetzt wusste ich auch, warum ich über sie nachdachte. Sie hatte etwas an sich, was sie so anders machte, als die anderen Mädchen. Nur, so beeindruckend es auch war, schwante mir nichts Gutes. Ich wusste noch nicht, ob ich sie tatsächlich unsympathisch finden sollte, weil sie mir so den Tag versaute, oder ob ich sie doch irgendwie mögen könnte, wenn ich nur wöllte. Ich war nur froh, dass sie mich nicht so durch einander brachte wie Jorden. Der trieb mich ja sogar in meinen Träumen in den Wahnsinn. Keine Ahnung woran das lag. Woher sollte ich, unwissender Vollidiot auch wissen wie so was zu Stande kam. War ja schön, dass zumindest Billy Bescheid wusste, der würde mich schon zum gegebenen Zeitpunkt aufklären, nicht wahr? Mein Wecker, würde es jedenfalls nicht tun. So viel war schon mal sicher. Und verdammt noch mal, wieso musste ich jetzt wieder an Jorden denken? „Oh, wer hätte das gedacht, sie muckt auf. Soll das etwa heißen, du willst dich nicht an die Regeln halten?“, meinte eines der Mädchen mit verschränkten Armen vor der Brust, mit einem drohenden Blick. Auch die anderen Mädels sahen nicht aus, als seien sie Yui wohl gesonnen. Bestätigend nickte Yui, „Genau! Außerdem weiß ich nichts von euren komischen Regeln! Ihr habt nicht das Recht zu bestimmen, was ich zu tun und zu lassen habe!“, kam es klar und deutlich aus ihrem Mund. Nicht schlecht in Anbetracht dessen, dass ich diese Meute von Mädels noch nie so sauer gesehen hatte. Doch es hatte den Bogen wohl überspannt, denn jetzt konnte man richtig ihre tödlichen Blicke sehen, die sie durchbohren wollten. Also kamen sie ihr gefährlich nahe. „Das wirst du büßen! , schrie eines der Mädchen und wollte auf sie zu laufen. Mit der Hand schon in die Höhe schnellend. Nicht, dass ich ein netter Mensch war, aber irgendwie wurde mir das dann doch zu bunt. Also beschloss ich die Hand aufzuhalten, in dem ich ihr zur Hilfe eilte und sie festhielt. Die Mädchen die bis eben noch ihre tödlichen Blicke auf Yui fixierten waren nun wie erstarrt und ihre Gesichter rot vor Scharm. War schon ziemlich amüsant. „Schluss jetzt! Es reicht!“, gab ich auffordernd an die Mädchen weiter, die sich sofort einige Schritte von ihr entfernten. „B...Benjamin...wieso...“, begann eines der Mädchen. Doch ich schaute nur kalt zu ihnen rüber. „Nerv nicht!“, murrte ich und und wartete noch einen Moment ab, bis sie gereizt abzogen. Dann machte kehrt, um wieder ins Schulgebäude zurück zu kehren. Innerlich ärgerte ich mich, dass ich es jetzt ganz versäumte eine zu rauchen. Dabei juckte es mir doch so sehr in den Fingern. Ohne meine Kippen war ich eben nur ein halber Mensch. Ich war dabei so in meine Gedanken vertieft, dass ich gar nicht merkte, wie Yui mir hinterher gelaufen war. Erst, als sie nach mir rief bemerkte ich es. „B...Benjamin! Warte!“, rief sie hinter mir, was mich zum Stehen brachte. Da hatte ich es wieder, ich war eindeutig viel zu inkonsequent. Ich ließ mich schon wieder aufhalten. So wie neulich, als ich mich von diesem komischen Schild aufhalten ließ. Die Sache mit Jorden und seinem Bruder, Gott wie mich das nervte! Gereizt drehte ich mich zu ihr um. „Was willst du noch?“, knurre ich sie an, was sie leicht zurückschrecken ließ. „Ich...ich wollte mich nur bei dir bedanken.“, brachte sie leicht eingeschüchtert hervor. Na toll! „Schon gut...sie haben mich einfach genervt!“, redete ich mich raus. Schließlich hatte ich nicht das Bedürfnis, mich noch weiter mit ihr zu unterhalten. Der Abend in der Disco hatte mir echt gereicht! Ich entschied mich wieder auf den Weg ins Schulgebäude zu machen, ohne sie weiter zu beachten. „W...warte. Wo willst du hin?“, rief sie mir hinterher,. „In den Unterricht, da solltest du übrigens auch hingehen.“, antwortete ich schroff, ohne noch einmal zurück zu sehen. „Aber...“, widersprach sie noch, worauf ich nichts mehr antwortete und ließ sie zurück. Wie konnte ich auch nur auf diese total blöde Idee kommen ihr zu helfen? Billy hatte darauf natürlich eine passende Antwort, als ich ihm ein paar Tage später von meiner Begegnung mit Yui und den anderen Mädchen erzählte. „Na das ist doch klar, weil du eben doch ein netter Kerl bist Benji. Auch wenn du dich manchmal echt verhältst wie ein Volltrottel.“, sagte er völlig locker, während er in seinem Milchshake von Mecces herum rührte. Ekliges Zeug. Innerlich schüttelte ich den Kopf. Wie kam dieser Mensch nur auf solche Ideen? Ich und nett, das war ja wohl absurd! Doch Billy schien davon total überzeugt zu sein und hatte dabei ganz vergessen, dass er auch nicht immer ein glänzendes Vorbild war, wenn ich nur an das Feierwochenende zurückdachte. Da war so einiges an Alkohol geflossen und auch außerhalb der Bar wurde noch laut gefeiert. So laut, dass sich sogar die Nachbarn, seines Kumpels beschwerten, bei dem wir dann spät abends noch aufkreuzen mussten. Billy hatte mich da einfach mit hin geschliffen, ohne mich zu fragen. Ich war dann einfach gegangen, als ich endgültig die Nase gestrichen voll hatte. Nach seinem Milchshake biss Billy dann herzhaft in einen Burger. Manchmal fragte ich mich, wie er das ganze Zeug überhaupt herunter bekam. Ich war meist schon nach einem Burger mehr als gesättigt. Wie auch heute. Schon allein der Gedanke an das ganze Fett...nachdem die ganze Bude stank...widerlich! Na ja,...War ja auch nicht der größte Esser. Mein Essverhalten war sicher alles andere als Gesund, aber ich verspürte auch so gut wie keinen Hunger. Deshalb neigte ich wohl auch zu Untergewicht. Würde Billy mich nicht immer mal bekochen, würde ich noch weniger essen, auch weil ich einfach zu faul dazu war. Aber auch die Kippen reduzierten meinen Hunger. Manche Menschen nutzen sie ja auch als Appetitanreger, was ich von mir nicht behaupten konnte. Eher das Gegenteil. „Benji, jetzt iss doch auch noch was. Du hast bestimmt schon seid Tagen wieder nicht wirklich was gegessen, obwohl, da bin ich mir sogar ziemlich sicher, weil ich dich die letzten Tage nur in der Schule gesehen habe.“, meinte er. Na der wusste ja bestens Bescheid. Ich brummte mal wieder, meine Wange auf meine Handfläche stemmend. „Also habe ich recht.Aber mal zurück zu Yui. Das hatte bestimmt nicht nur sie beeindruckt, sondern auch deine Fans. Die waren davon sicher nicht begeistert.“, erzählte er und biss erneut in seinen Burger, und schluckte dann. „Lecker...das solltest du echt mal probieren.“, wechselte er das Thema, worüber ich erleichtert war. „Ne lass mal, ich bin satt und ich würde jetzt auch lieber eine rauchen.“, antwortete ich und stand auf. Billy seufzte. „Na gut, dann lass uns raus gehen. Meinen Burger kann ich auch draußen weiter essen.“ Noch eben brachte er das Tablett weg und gesellte sich dann zu mir nach draußen, wo ich schon mal meine Kippe anzündete. Genießerisch zog ich daran und inhalierte tief. Neben mir kaute mein Kumpel weiter an seinem Burger. Der Qualm den meine Kippe fleißig produzierte wurde von einem kaum spürbaren Windstoß davon getragen. Allerdings nicht unbeachtet. „Ich dachte mir schon dass du Raucher bist.“, hörte ich eine amüsierte Stimme neben mir. Mein Kumpel und ich schauten in die Richtung aus der die Stimme plötzlich kam. Es war Jorden, der uns entgegen lächelte. So gut gelaunt wie eh und je. Ja wahrlich zum kotzen war das! „Hallo, so sehen wir uns also wieder.“, begrüßte er mich. Billy legte nachdenklich den Kopf schief und ignorierte mein leises Knurren gekonnt. „Ihr kennt euch?“, fragte er überrascht. Jorden nickte. „Ja, seid Kurzem. Wir sind uns irgendwann mal über den Weg gelaufen am Basketballplatz vor der Stadt. Seid dem treffen wir uns immer wieder zufällig.“, teilte er ihm freudig lächelnd mit. Dieses Lächeln...das machte mich ganz fertig und rasend. „Ach so ist das. Davon hat er mir, seinem besten Kumpel, ja gar nichts erzählt!“, spielte er empört, und grinste dann. Ich verschränkte genervt die Arme vor der Brust. Billy hingegen schien sich über diese Neuigkeit zu freuen und beugte sich ein Stück zu Jorden herunter. Mit einer Hand neben seinen Mund hebend, stellte er sich zu Jorden in Tuschelposition. Wie die Klatschweiber standen sie nun da. „Aber sag mal, wie hast du vorher erkannt, dass er Raucher ist, wenn du ihn noch nie hast rauchen sehen?“, wollte er neugierig wissen. Jorden lachte leise. „Na das ist doch ganz einfach. Der Zigarettengeruch hat ihn verraten.“, Billy staunte nicht schlecht und stellte sich wieder normal hin. „Oh, stimmt. Der Gute ist ein Kettenraucher. Kein Wunder, dass man das riecht.“, stellte Billy fest. „Und was machst du hier?“, wollte Billy wissen. Na die hatten sich ja gesucht und gefunden. Der Gute war echt ein Meister darin, sich Freunde zu machen, weil er so unbefangen auf Menschen zugehen konnte. Für meinen Teil fand ich es in diesem Fall ein wenig zu unbefangen! Nicht dass ich Billy verbieten konnte sich mit ihm zu verstehen. Ausreden konnte ich ihm das eh nicht, aber wenn er ihn dann auch noch bei mir zu Hause anschleppte,... nicht auszudenken! Dann würde ich sicher noch endgültig durchdrehen! „Ach ich treffe mich gleich mit meinem großen Bruder. Wir wollen zusammen einkaufen gehen und dann zu Hause kochen. Das machen wir immer, wenn er früh Feierabend hat. Sonst ist er meistens fast den ganzen Tag auf der Arbeit, und manchmal macht er ja auch noch seinen Zweitjob. Dann kommt er erst spät nachts nach Hause...“, erzählte er zunächst noch so unbeschwert wie immer, bis ich etwas in seiner Stimme wahrnahm,...konnte es denn sein? Er verbarg etwas, dass er keinem zeigte, ganz sicher sogar. Er versteckte es hinter seiner immer fröhlichen Fassade, die er allen zeigte und die ich so hasste. In diesem Moment war ich mir ganz sicher, dass er nicht immer so unbeschwert war wie er tat und irgendwie gefiel mir das. Viel besser, als das was er allen immer vormachte. Dieses falsche Lächeln mit dem er seine Mitmenschen um den Finger wickelte. Das Lächeln mit dem er seine tiefsten Ängste und Sorgen überspielte. Kein Mensch konnte immer gut gelaunt sein, weil jeder etwas in sich trug, was ihn belastete. Auch ihn...zum Beispiel Einsamkeit. So wie sich das eben anhörte musste er sich manchmal sehr einsam fühlen, aber er gab es sicher nicht zu um seinen Bruder nicht zu belasten. Wie töricht musste man doch sein, wenn man jemanden hatte, mit dem man seine Sorgen doch teilen konnte. Er hatte immerhin einen Bruder, der ihn liebte. Das konnte man sehen. Auch wenn ich Will nicht sonderlich leiden konnte, wusste ich, dass er zu Jorden immer gut gewesen war. Schließlich beschützte er ihn schon damals immer vor mir. Auch heute tat er es noch, auch wenn ich in seinem Bewusstsein vielleicht ein Fremder war. Oder wusste er vielleicht mehr, als er zeigte? Jorden schien mich jedenfalls nicht zu erkennen. Es war auch schon viele Jahre her...aber irgendwie...kam ich damit nicht klar... „Will! Da bist du ja!“, hörte ich Jorden, der plötzlich wieder strahlte. Billy und ich drehten uns in die Richtung aus der Will kam. Sobald er ihn sah, lenkte er mit seinem Rollstuhl in seine Richtung ein. Dieser hob eine Hand zum Gruß und umarmte seinen Bruder, sobald er bei ihm war, „Jorden, hast du sehr lange gewartet?“, harkte er fast ein bisschen besorgt nach. Doch Jorden schüttelte den Kopf. Idiot! „Nein. Ich bin auch eben erst gekommen und dann habe ich diese Beiden getroffen und mich sehr nett unterhalten.“, erzählte er ihm voller Freude in seinem hübschen Gesicht, die mir nicht gefiel. Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Ich sollte nicht darüber nachdenken! Billy hob ebenfalls die Hand zum Gruß, während ich einfach nur neben ihm stehen blieb und vor mich hin murrte, wenn auch nur leise. Will erwiderte den Gruß mit einem freundlichem Lächeln, bis er mich erblickte. In diesem Moment verschwand sein Lächeln aus seinem Gesicht und verformte sich zu seinem schmalen Strich. Seine Augen verengten sich leicht und schienen mich erstechen zu wollen wie kleine Dolche. Schlecht gelaunt verschränkte er die Arme vor der Brust und sah mich fast schon giftig an, „So, so, nett unterhalten ja?“, wiederholte er Jordens Worte. Neben mir konnte ich Billy sehen, wie er bedächtig zwischen uns hin und her schaute. „Ja, stell dir vor, wir haben uns ziemlich gut unterhalten.“, grinste ich herablassend, „Was dagegen?“, Will knurrte. „Du kleiner...!“, fing er an und war schon wieder im Begriff auf mich los zu gehen. Ja, er wirkte ganz so, als schien er etwas zu ahnen. Doch bevor er auf mich los gehen konnte, hielt Jorden seine Hand fest. „Will! Beruhige dich! Er hat mir nichts getan, wirklich!“, beteuerte sein kleiner Bruder. „Also sei nicht wütend ja? Verzeiht, er ist immer so voreilig.“, entschuldigte er sich für seinen großen Bruder, der nun grummelnd neben ihm stand. Da konnte man sich fragen, wer hier eigentlich der Ältere und wer der Jüngere war. „Oh, kein Problem, er wollte dich ja nur beschützen. So sind große Brüder nun mal.“, meinte Billy schlichtend. Jorden nickte. „Und mein Kumpel hier zieht den Ärger scheinbar immer an, als hätte er nen Magneten am Hintern. Fast egal wo wir aufkreuzen. Also mach dir nichts draus.“, meinte er mit leicht erhobenen Schultern und zu den Seiten wedelnden Händen. Dieser Verräter, auf welcher Seite stand der? Leise knurrte ich. Billy klopfte mir darauf hin beschwichtigend auf die Schulter und seufzte. „Mach dir nichts draus Großer und knurr nicht immer so rum. Da ist es doch kein Wunder, dass man dich für ungehobelt hält.“, triezte er mich. „Billy...“!, murmelte ich beleidigt. Jorden lachte leise. Ziemlich... süß... ? Scheiße... der war doch nicht süß! Eben noch konnte ich sein Lächeln nicht leiden und jetzt fand ich es süß? Was war das nur für eine verdrehte Welt. Völlig behämmert! Wer sollte da noch durchblicken? Wie schaffte er das nur? „Jorden, wieso kicherst du so?“, wollte sein Bruder mit hochgezogener Augenbraue wissen, als verstünde selbst er seine Reaktion nicht. Na da waren wir ja schon zwei. Jorden winkte ab und beruhigte sich kurz darauf. „Ach ich dachte nur, was für gute Freunde die beiden sein müssen, wenn sie sich so triezen können.“, meinte er und ich staunte nicht schlecht, weil dieses Lächeln ehrlich war und einfach von Herzen kommen musste. Deshalb mochte ich es wohl auch...Wie schaffte es dieser Mensch nur immerzu so positiv zu sein, wo er doch früher so eine entsetzliche Heulsuse war, die einfach nichts auf die Reihe bekam? Und so ein Lächeln, hätte er damals ganz sicher nicht auf die Reihe bekommen! Dazu war er viel zu ängstlich und zu schnell verstört, sobald man ihn nur abwertend ansah. Doch heute...war er anders...es schien als machte er sich nichts mehr aus den Blicken der Leute. Selbst in diesem Moment nicht. Wie konnte er das nur aushalten? Ich war mir sicher, dass es viele Menschen gab die ihn trotz seiner offenen Art verachteten und hänselten... In mir spürte ich den Wunsch ihn weinen zu sehen...! Kapitel 6: Verlorene Leichtigkeit --------------------------------- „Nicht dein Ernst! Du kennst ihn also schon fast dein ganzes Leben lang und hast ihm nicht erzählt wer du bist, nachdem ihr euch neulich wieder getroffen habt?“, entfuhr es Billy empört und überrascht zugleich, als ich ihm von Jorden erzählte. Was blieb mir auch anders übrig? Billy hatte nämlich die nervige Angewohnheit einen mit seinen aufdringlichen Fragen zu löchern, bis man sich, am Beginn eines Nervenzusammenbruchs, doch seinem Schicksal ergab. Natürlich nur äußerst widerwillig! Ich schüttelte den Kopf. „Nein! Wozu auch, ich bin doch nicht verpflichtet ihm unsere Lebensgeschichte noch einmal aufzutischen. Wenn er mich nicht wiedererkennt ist das doch sein Problem!“, schimpfte ich unzufrieden. Billy schüttelte energisch den Kopf. „Nein ganz und gar nicht! Denn Jorden hält dich allen Anschein nach für den netten Kerl von nebenan. Wobei du doch der bist, der ihn früher immer aufs übelste gehänselt hat. Meinst du nicht, dass er die Wahrheit verdient hat?“, pflichtete er mir bei. Ein Knurren meinerseits. „Und wenn schon! Soll er doch denken was er will! Was kann ich denn für seine grenzenlosen Naivität? Irgendwann wird er schon noch merken, dass ich nicht der nette Kerl bin für den er mich hält!“, reagierte ich energisch. Der sollte ruhig weiter so fröhlich in sein Unglück rennen, oder besser rollen? Der hatte doch selber Schuld, wenn er die ganze Zeit nur lachte und niemals zeigte, wie er sich wirklich fühlte. Dabei sollte er doch selber wissen, dass das nicht gesund war. Lieber sollte er weinen und schreien! So wie damals. Zu dieser Zeit war er zwar ein unbeliebtes, dickes Weichei, dass nichts auf die Reihe kriegte und keine Freunde hatte, aber immerhin versteckte er seine wahren Gefühle nicht. Aber jetzt...belog er mit Hilfe seines hübschen Gesichtes sein Umfeld mit diesem widerwärtigen, falschen Lächeln! Das brachte mich auf die Palme und nervte mich dermaßen, dass ich allein diesen Gedanken am liebsten verbannen wollte. Irgendwo hin wo er mich nicht mehr belästigte. Damit ich es vergessen konnte und nicht weiter darüber nachdenken musste. Billy räusperte sich plötzlich und brachte ein wehmütiges Lächeln hervor. „Ach Benjamin. In Wirklichkeit willst du dir doch nur nicht deine eignen Schwächen eingestehen.“, stellte er fest und machte mich sprachlos. Meine eigenen Schwächen? Mir war schon klar das ich welche hatte, aber was meinte er denn jetzt wieder? Billy wurde ernster. „Deine Sturheit Benjamin. Weil du so unglaublich stur bist kannst du dich einfach nicht öffnen und über deinen Schatten springen. Dabei...machst du dir doch ständig Gedanken um ihn oder? Du hast es selbst gesagt, dass er dich auf die Palme bringt, weil er dich bis in deine Träume verfolgt. Denk mal darüber nach warum das so ist. Vielleicht hat es ja einen tieferen Grund, dem du dich mit deinem unverbesserlichem Sturschädel versperrst.“, meinte er nur und stand auf, um die Treppe herunter zum großen Eingangsbereich meines Elternhauses zu gehen und sich die Schuhe anzuziehen. „Also ich muss dann mal los. Wir sehen uns morgen in der Schule.“, verabschiedete er sich. Dann schloss er die Tür hinter sich und ließ mich allein zurück. Mit diesen Gedanken, die nun umso mehr in meinem Kopf herumkreisten. Was er wohl damit meinte...etwa, dass es einen Grund für all diese Gedanken gab, die ich einfach nicht los wurde? Ich verstand einfach gar nichts mehr. Mit einer Armbewegung hob ich meine rechte Hand und strich mir über die Stirn hinweg meine Haare zurück und stemmte meine linke Hand in meine Hüfte. Mein Blick richtete sich eine ganze Zeit lang monoton an die große, weiße verschlossene Haustür mit dem versilberten Rahmen. Ich wusste nicht was ich denken oder tun sollte. Alles was ich spürte war diese Verwirrung die mich von Zeit zu Zeit ruhelos werden ließ. Ein Gefühl, dass mir gar nicht behagte, doch abschütteln konnte ich es dennoch nicht. Verrückt. Als sich meine Starre löste, kehrte ich mit einem großen Glas Eistee zurück in mein Zimmer. Ich nahm auf meinem Drehstuhl vor meinem Schreibtisch platz und lehnte mich zurück. Mein Arm hob sich, um das Glas an meinem Mund an zusetzten, damit ich einen Schluck trinken konnte. Der Kühlschrank hatte das Getränk wirklich gut gekühlt. Ungekühlt verlor es irgendwie an Geschmack und wart nur noch eine süße, ungenießbare Brühe. Ich hasste es, wenn etwas zu stark gesüßt war, wie etwa Tee oder Kaffee. Billy streute manchmal gefühlte Tonnen von Zucker in die seinen Kaffee. Wie er das Gesöff herunter kriegte war mir ein Rätsel. Aber das war nur eine von vielen rätselhaften Angewohnheiten, die Billy hatte. Ein tiefer Seufzer entfuhr mir. Der restliche Tag würde ruhig verlaufen, ganz ohne weitere Vorkommnisse. Schließlich war doch absolut nichts los in diesem riesigen Haus. Manchmal, da lebte ich einfach in den Tag hinein, völlig ziellos und gedankenlos. Wie sehr sehnte ich mir diese Tage zurück, an denen alles voller Leichtigkeit erschien. * Eine Woche später... „Hey! Gebt mir sofort meinen Rucksack zurück!“, hörte ich eine wütende und zugleich verzweifelte Stimme, als ich gerade um die Ecke bog, um meine Einkäufe aus einem kleinen 24 Stunden Supermarkt nach Hause zu tragen. Es war so nach 22:00 Uhr, verregnet, leicht abgekühlt, und eines der wenigen Wochenenden, an denen mein Kumpel nicht bei mir aufkreuzte, um mich zu Tode zu nerven. Aufgrund der Uhrzeit war meine Verwunderung daher groß, als ich ausgerechnet Jorden sah, der sich einer Auseinandersetzung mit zwei Knilchen auslieferte, die sich wohl für die Größten hielten. Zumindest machten sie sich einen Spaß daraus dem kleinen seine Tasche mit seinen Einkäufen zu klauen und ihn in seinem Rollstuhl herum zu schubsen, so das er fast heraus stürzte. Provozierend grinsend wedelten sie immer wieder mit der Tasche vor seiner Nase herum, während sie, sie ausräumten und die für sie unwichtig erscheinenden Sachen, achtlos heraus zu schmeißen. Je länger diese Prozedur andauerte, desto verzweifelter wurde Jordens Gesichtsausdruck. Mir war bewusst, dass es nicht die feine englische Art war, ihm nicht sofort zu helfen, aber das war auch meine Absicht. Ich wollte sehen, wie er eine ehrliche Emotion zeigte, die nicht gespielt war. Sein verzweifeltes Gesicht hatte etwas schönes an sich. Viel angenehmer als diese Maske, die er sonst immer trug. Doch selbst jetzt versuchte er den Starken zu spielen, indem er seinen Mut sich zu wehren, nicht aufgab. Nur leider ohne viel Erfolg. Bevor es noch einem größeren Chaos endete, entschied ich mich einzugreifen. Ein Grund war auch der Regen, der mich noch völlig durchweichte, wenn ich nicht bald ins Trockene kam. Auf noch so eine fette Erkältung konnte ich echt verzichten und auf den Ärger mit seiner nervtötenden Bruderglucke ebenfalls. Nur für den Fall dass er es Spitz kriegte. Irgendwas sagte mir, dass ich meine gute Tat so oder so bereuen würde. Deshalb tat ich wohl auch nie Dinge, die nicht zu mir passten, aber einmal, war doch immer das erste Mal. Oder auch kein Mal? Blieben wir mal bei Letzterem. Nur für meinen inneren Seelenfrieden. „Hey ihr da! Findet ihr das etwa witzig euch an einem Schwächeren zu vergreifen?! Lass ihn sofort in Ruhe!“, knurrte ich genervt. Wie solche pubertären Volltrottel nun mal so sind, wollten sie sich nicht wirklich was sagen lassen und waren drauf und dran einen Streit mit mir zu provozieren. Das kam mir nur gerade recht, da ich so oder so schon lange niemanden mehr verprügelte hatte. Außerdem passte es mir nicht, aus einem mir nicht erklärbaren Grund, dass sie Jorden so penetrant auf die Pelle rückten, als seien sie die Größten überhaupt! Das Einzige Positive waren Jordens echte Emotionen. Doch auch das machte mich rasend! Ich wollte doch derjenige sein, der ihm diese Emotionen entlockte! Diese verdammten Penner! Was viel denen nur ein?! Ich sah in Jordens überraschtes Gesicht. „Du?...“, entrann es aus seinem Mund. Für weitere Worte war keine Zeit mehr, denn die Jungs kamen mit erbostem Gesichtsausdruck auf mich zu gestapft. Hatten wohl nicht damit gerechnet, dass dem Kleinen jemand helfen würde. Tja, so etwas nannte man dann wohl und glückliche Fügung des Schicksals. „Alter! Misch dich nicht ein! Der Kleine Krüppel hat doch selber Schuld, wenn er sich auf die Straße traut. Der soll sich mal nicht so anstellen!“, motze der eine und entlockte Jorden schon wieder so eine Gefühlsregung in seinem Gesicht. Ich sah, wie er sich zusammen riss. Natürlich. Niemand mochte es als Krüppel beschimpft zu werden. Besonders, wenn man tatsächlich in einem Rollstuhl fest saß und nicht einmal was dafür konnte. Auch ich hatte so gedacht wie diese Penner. Ich dachte, dass er minderwertiger sei als ich. Dass es in der Tat nicht so war, konnte ich vor ihm nicht zugeben. Dafür war ich zu stolz. Ich zuckte mit den Schultern. „Ja, das stimmt wohl...aber es ist nicht seine Schuld, dass solche penetranten Vollidioten ihre Grenzen nicht kennen und mir zufällig über den Weg laufen. Ich habe nämlich ziemlich schlechte Laune müsst ihr wissen!“, teilte ich ihnen mit lässig in den Hosentaschen steckenden Hände mit und ging langsam auf sie zu. Der Andere spuckte mir vor die Füße. „Da will sich wohl jemand mit uns anlegen! Komm nur, wir zeigen dir schon wo es lang geht!“, keifte er. Kaum, dass dieser fertig war, rannte er auch schon auf mich zu, gefolgt von dem anderen. Jorden stand da und verfolgte das Alles vom Rand aus. Er sah zu was ich mit den Jungs anstellte. Ich wollte ja nicht prahlen, aber sie hatten keine Chance. Sie verhielten sich so ungelenk, und ungeschickt, dass sie am Ende des Kampfes nur noch schreiend davon rannten. Mittlerweile musste Jorden bemerkt haben, dass ich nicht der nette Typ von neben an war. Denn ich gehörte nicht zu dem Menschen, die mit ihren Feinden sonderlich zimperlich umgingen. Einige meiner Mitschüler, die sich schon mal mit mir angelegt hatten, sagten mir sogar nach, dass mein Blick gerade zu eiskalt war, wenn ich mich prügelte. Das bekamen sie auch zu spüren. Das Ende vom Lied war, dass aufgeben mussten, wie ich es mir schon gedacht hatte. Viele Menschen litten doch tatsächlich an Selbstüberschätzung. „Der ist ja total krank! Das wirst du uns noch büßen!“, schrien sie noch während sie rannten. Ziemlich angeschlagen und humpelnd. Ja, ja, diese leeren Versprechen kannte ich zuhauf. Überflüssig wie sonst was. Meine Aufmerksamkeit ging wieder an Jorden, der wie angewurzelt in seinem Rollstuhl saß und leicht schockiert zu mir rüber schaute, ehe er sich aus seiner Starre löste. „Was ist? Bist du so schockiert?“, fragte ich emotionslos. Jorden fing sich schneller wieder als gedacht und schüttelte den Kopf. „Nein...ich war...eher überrascht...“, nun war es aber an mir verwundert zu sein. „Überrascht?“, er nickte. „Ja,...ich hätte...nie damit gerechnet...das du mir helfen würdest... ich hatte eher den Eindruck, dass du mich nicht leiden kannst.“, widerlegte er Billys Theorie, dass er mich für denn Typ von nebenan hielt. Das überraschte mich doch ziemlich. Dieser Knirps schien mehr mit zu bekommen, als man vermuten könnte. Dann war er vielleicht doch nicht so blind wie gedacht. Mit einem Mal nieste er. „Du solltest besser nach Hause gehen. Du wirst dich noch erkälten und dein Bruder wird sich sorgen machen, wenn du nicht heim kommst.“, und mich umbringen, wenn er Wind bekam, dass ich etwas damit zu tun haben könnte. Jorden schüttelte den Kopf. „Nein...Will wird heute Nacht nicht nach Hause kommen, weil er Nachtschicht hat.“, teilte er mir mit und wirkte dabei wieder etwas niedergeschlagen. Der Kleine mochte wohl nicht gern allein sein. War er ein Mann oder eine Memme? Über uns prasselte der Regen herein und durchweichte uns letztendlich doch noch. Dazu genügten nur diese wenigen Minuten, die wir hier standen. „Trotzdem wird er nicht begeistert sein, wenn du dir was holst, also solltest du wirklich schleunigst nach Hause gehen.“, oder fahren, wie mans nahm. Jorden schien von dieser Idee nicht sehr begeistert zu sein, aber er stimmte zu. „Ja, das wäre wohl besser. Danke, dass du mir geholfen hast.“, murmelte er und nieste erneut. Der Regen hatte ihn völlig durchweicht. Die sonst so schützende Decke auf seinem Schoss zeichnete seine schlanken Beine ab. Er würde sich den Tod holen, ehe er zu Hause war. Genervt schnaufte ich. „Hör mal, wie lange brauchst du bis nach Hause?“, fragte ich, „So etwa 20 Minuten. Aber bei dem Regen wohl länger.“, meinte er.„Okay, von mir aus kannst du mit zu mir kommen ...das sind nur etwa fünf Minuten von hier.“ Billy lachte mich bestimmt aus, wenn er das erfuhr, oder er würde es mir erst gar nicht glauben, oder gleich ganz aus allen Wolken fallen? Warum ich mir diese Gedanken machte? Ich hatte es doch tatsächlich getan! Ich hatte diese kleine, nervige Kröte doch tatsächlich mit nach Hause genommen! Jorden stand in seinem Rollstuhl im Eingangsbereich, des riesigen Hauses und staunte in die Leere hinein. Ob es ihm auch so starr und farblos vorkam wie mir? Dieses Haus war so unpersönlich und spiegelte nichts wieder, was dem Haushalt einer Familie glich. So war das eben, wenn etwas ja nahezu unbewohnt war. Das Ding diente auch eher dazu, zu zeigen wie reich meine Eltern waren und nicht was für ein tolles, harmonisches Familienleben sie führten. Wenn, dann sollte es lediglich den Schein waren. „Was starrst du so? So toll ist es hier auch nicht.“, murrte ich. Jorden lächelte mich trotz meiner mürrischen Art an, was mich nicht sehr erstaunte. „Hmm, es ist ziemlich groß. Ich war noch nie in so einem großen Einfamilienhaus. Ich hätte nicht gedacht, das du in einem solchen Haus wohnst, das passt irgendwie gar nicht zu dir.“, stellte er fest und nieste dann wieder. „Kann sein...du solltest dir schleunigst was trockenes anziehen, sonst holst du dir noch was. Du kannst das Badezimmer hier unten benutzen, Handtücher sind auch da. Ich bring dir was zum anziehen...“, sagte ich ohne ihn wirklich dabei anzusehen. Ganz automatisch redete ich einfach drauf los, als sei es etwas ganz Alltägliches. Lag es daran, dass ich ihn schon so lange kannte? Dabei habe ich ihn doch immer nur gemobbt. Unser Verhältnis war also nie das Beste. „Okay...“, antwortete er. Ich nickte und zeigte ihn das Badezimmer. Dort war sogar eine ebenerdige Dusche und eine riesige Badewanne. Das war der Vorteil, dieser modernen Einrichtung. Es fehlte einfach an so gut wie nichts. Ich sah zu wie Jorden im Badezimmer verschwand und ging dann auf mein Zimmer in den ersten Stock, um ich rasch von meinen nassen Sachen zu befreien, mich zu trocknen und mir war bequemes anzuziehen. Ein lässiges Muskelshirt und eine Jogginghose taten ihr übriges. Anschließend suchte ich noch eine weitere schwarze Jogginghose, ein frisches paar Socken und ein graues T-Shirt heraus. Das würde an ihm sicher noch weiter ausfallen, als an mir, da ich den Eindruck hatte, dass er noch dünner war als ich. Damals wäre ich im Leben nicht auf den Trichter gekommen, dass es mal so sein könnte. Schließlich war er schon ziemlich übergewichtig. Ich dagegen war schon immer sehr dünn. Als Kind lag das sicher auch daran, dass ich fast immer in Bewegung war und gerne Sport trieb. Heute war wohl eher meine schlechte Ernährung dafür verantwortlich. Meinen Gedanken nachhängend ging ich die Treppe herunter, um das untere Badezimmer, in dem Jorden sich befand, auf zu suchen. Ich war noch völlig gedankenverloren, als ich das Badezimmer betrat und sich mir das Bild von Jordens, zierlichen, nackten Rücken bot. Seine Haut erinnerte an makelloses, aber zerbrechliches Porzellan und an seinen schmalen Rücken entlang konnte man die perfekt geformten Schulterblätter und leicht die Knochen seiner Wirbelsäule sehen. Als er mich endlich bemerkte und mir mit seinem hübschen Gesicht ein Lächeln schenkte, durchzog es mich wie ein Blitz. Nie hatte ich etwas so Schönes gesehen und dass erschreckte mich. Nicht mal von dem Körper meiner Exfreundin hatte ich mich je so faszinieren lassen. Klar, sie hatte wohl in den Augen der meisten Menschen, die sie ansahen eine „tolle“ Figur und „geile Brüste“, aber irgendwie war es nie außergewöhnlich beeindruckend. Das ich mal einen Mann in der Art als „schön“ empfinden konnte, schöner, als eine Frau, die doch körperlich alles hatte, was man sich nur wünschen konnte, machte mir schon ein bisschen Angst. Ich wusste nicht, wie ich das ein kategorisieren sollte und das verunsicherte mich. Was machte dieser Jorden nur mit mir? Das gefiel mir nicht! „Ah, da bist du ja. Was starrst du so? Hab ich was im Gesicht oder so?“, wollte er wissen und strich sie mit seinen schmalen Fingern übers Gesicht und schaute dann seine Hände an, kurz darauf wieder mich. Dann machte er mit seinem Rollstuhl eine Wendung und zeigte mir dann auch noch seine perfekt geformte Vorderseite und seine ganz leichten Arm- und Bauchmuskeln, die er wohl vom Sport hatte. Erst jetzt viel mir auf, dass er ein Handtuch über seinem Kopf hatte. Kein Wunder, ich hatte ihn ja auch die ganze Zeit über wie son Spanner angeglotzt. Über dem Badewannenrand hingen seine nassen Klamotten, die er bereits ausgezogen hatte und die Wolldecke mit der er sich zugedeckt hatte. Verneinend schüttelte ich den Kopf, „Das wird wohl ne Weile brauchen schätze ich. Ich hab dir was frisches zum Anziehen mitgebracht“, murmelte ich mehr in mich hinein. „Äh, ja. Danke.“, er streckte seine Hände aus und nahm die Sachen entgegen. Er kicherte, „Hey, was gibt’s da zu kichern?“, reagierte ich etwas gereizt. Doch Jorden schüchterte das nicht ein. „Ach ich hab mir nur eben die Klamotten angesehen und dachte mir, dass sie bestimmt sehr weit sein werden. Aber sie sehen auch sehr bequem aus. Außerdem habe ich echt nicht damit gerechnet, dass du so zuvorkommend bist.“, meinte er, und sein Blick sagte mir, das er wohl was ahnte. Ob er sich wirklich nicht an unsere Vergangenheit erinnern konnte? Warum dachte ich nur so viel darüber nach? Plötzlich spürte ich dieses Herzklopfen. Schnell! Ich musste mir schnell etwas überlegen! „Ach das täuscht, ziehs halt an, oder lass es bleiben! Ich warte draußen auf dich.“, meinte ich etwas ruppig und verschwand vor die Tür, als ich merkte, das mein Herz plötzlich den Verstand zu verlieren schien. Das war doch nicht normal! Mit dem Rücken an die Tür gelehnt, blieb ich einen Moment dort stehen und fasste mir an die Brust. Meine andere Hand fuhr von meiner Stirn ein Stück Richtung Kinn hinunter. Was war das nur?! Um mich abzulenken ging ich hastig Richtung Küche, um mir dort eine Zigarette an zu zünden. Mit meiner Hand zog ich einen Stuhl heran und ließ mich darauf fallen. Tief inhalierte ich den qualmenden Tabak, ließ mich davon benebeln. Schnell spürte ich eine beruhigende Wirkung. Einspannung trat ein. Ich streckte meinen Hals nach hinten durch, so das ich an die Decke starren konnte. Sie war weiß und steril. Alles was sie etwas abheben ließ war dieser grässliche Stuck. Nicht sehr sehenswert, wenn man es jeden Tag anstarrte. Ich merkte gar nicht wie die Zeit verging. Ehe ich mich versah, kam ein Rollstuhl in die Küche gefahren. „Da bist du ja, ich wusste, dass ich nur dem Zigarettengeruch folgen muss.“, meinte er amüsiert. Er hatte sich komplett umgezogen. Ich fragte mich, wie er das alleine eigentlich machte? War sicher nicht so einfach, wenn man die Beine nicht bewegen konnte. Jordens Gelenke mussten trotz allem ziemlich beweglich sein. Erstaunlich. Er überraschte mich immer wieder. Als Antwort brummte ich genervt und zuckte mit den Schultern. „Hast du Hunger? Ich habe Pizza da.“, gab ich fast monoton von mir. Jorden nickte zufrieden. „Gerne.“, er rieb sich den Magen, der ein hungriges Knurren von sich gab. „Hi, hi, wie es sich anhört, habe ich wohl schon Hunger.“, „Ja, ich hör es.“, antwortete ich knapp. Dann holte ich die Pizza aus dem Gefrierfach, packte sie aus und schob sie in den Ofen. „Was willst du jetzt eigentlich machen? Es gießt immer noch in Strömen. Und es stürmt wie verrückt.“, merkte ich an und deutete zum regennassen Fenster. Dieses Wetter, war doch einfach zum weglaufen. Zwar, war Jorden ja der Annahme, dass es kein schlechtes Wetter, sondern nur die Falsche Kleidung gab, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass er bei diesem Wetter raus wollte. Der war doch glatt wieder so nass, bevor er überhaupt zu hause ankam. Jorden lehnte seine Ellenbogen auf den Tisch und stützte sein Gesicht auf seine Handflächen. „Ich werde wohl hierbleiben...wenn das okay ist...mein Bruder wird nicht begeistert sein, wenn ich mir tatsächlich noch was hole.“, offenbarte er mir mit einer gewissen Vorsicht. Gut so. „Wo du schon von deinem Bruder zu sprechen kommst. Willst du ihm nicht sagen, wo du bist? Vielleicht ist er aus Sorge ja vor dir zu Hause oder so. Dann sollte er doch zumindest wissen wo du bist.“, mit etwas Glück holte er ihn sogar schon vorzeitig ab, wenn er wusste, bei wem er war. Ob er dann wohl angerannt kam wie eine über-besorgte Furie? Würde er mich nur mit seinen Blicken versuchen zu erstechen, oder erwürgte er mich gleich mit eigenen Händen? Wäre echt mal spannend zu wissen. Der Kerl wusste mit ziemlicher Sicherheit von Anfang an mehr, als er preis gab. Bei Jorden war ich mir immer noch nicht wo wirklich sicher. Bei dem Gedanken fiel mir auf, dass er meinen Namen ja noch gar nicht kannte. Weder Billy noch ich hatten meinen Namen in Jordens Gegenwart erwähnt oder? Konnte das der Grund dafür sein, dass ihm meine Identität bisher verborgen blieb, oder machte er das mit Absicht? Ich freute mich schon auf sein Gesicht, wenn er das heraus fand. Würde er überrascht sein, oder geschockt? Keimte vielleicht sogar die alte Angst wieder in ihm auf? Könnte ihm diese kleine Information sein falsches Lächeln aus dem Gesicht wischen? Zeigten sich mir dann noch mehr seiner wahren Emotionen? Ich hasste es, wenn er sich so dermaßen beherrschte! Er sollte seine Fassung verlieren, weinen, angst haben... Jorden nickte, „Das stimmt, ich sollte ihm Bescheid geben...“, druckste er vor sich hin. Es war ihm unangenehm. Ganz sicher. So wie ich Will kannte, war er so eine Glucke, dass er es von sich aus niemals zulassen würde, dass er um diese Uhrzeit noch draußen noch rum fuhr, schon gar nicht allein. „Hey, er wird dir schon nicht den Kopf abreißen.“, und wenn doch, würde ich das nur zu gerne sehen. Ob er ihn hin und wieder auch mal anschrie? Was für ein Gesicht machte Jorden dann? Oh man, ich sollte wirklich nicht so viel über ihn nachdenken! Ich ging in den Flur, um das Haustelefon zu holen und drückte es ihm anschließend in die Hand zu drücken. „Ruf schon an. Ich warte neben an auf dich.“, meinte ich, während ich meine Kippe im Aschenbecher am Küchenfenster ausdrückte und ging in das große Wohnzimmer. Hier war ich wirklich äußerst selten. Es sah alles aus wie in einem Ausstellungsraum, eines modernen Möbelgeschäfts. Keines der hier vorhandenen Möbel wurde je effektiv genutzt. Das einzige Zimmer, dass hier wirklich genutzt wurde war mein eigenes, in dem ich mich fast ausschließlich aufhielt. Dieses Haus war einfach viel zu groß. „Dieser Raum ist ja noch größer. Hier passen ja locker zwei kleine Wohnungen rein. Werden diese Räumlichkeiten überhaupt richtig bewohnt?“, stellte er fröhlich fragen, ohne weiter auf das Telefonat mit seinem Bruder einzugehen. „Sag mal, wie ist es eigentlich mit deinem Bruder gelaufen?“, unterbrach ich seinen Redeschwall und er verstummte kurz. Dann zog er eine Schmolllippe. „Er war sauer, weil ich bei dem Wetter und der Uhrzeit noch rausgegangen bin. Er ist einfach viel zu über besorgt. “, er hatte es erkannt. Aber vielleicht war es für ihn sogar besser. Immerhin hatte er keine gesunden Beine mit denen er bei Gefahr einfach davon rennen konnte. Schon die kleinsten Stufen konnten für ihn zu unüberwindbaren Hindernissen werden. Wie konnte er da noch so entsetzlich fröhlich sein? „Ach ja...und er will mich morgen abholen kommen...“, fügte er noch hinzu. Scheiße! Vielleicht sollte ich lieber gleich die Flucht ergreifen, wer wusste schon welche Mordpläne diese Bruderglucke bereits ausheckte. Ich beschloss so zu tun, als wäre alles wie immer und mir nicht weiter Gedanken darüber zu machen, sonst würde ich wirklich nicht den Verstand verlieren. Ich zuckte also mit den Schultern, „Na ja...so ist das eben“, antwortete ich uns Jorden nickte. „Ich hol mal die Pizza aus dem Ofen.“, „Äh, ja...ich komme mit.“, „Von mir aus.“, brummelte ich. Kurz darauf lag die Pizza auf dem großen, runden Holzbrett und wurde von mir in acht Teile geschnitten. Als ich fertig war griffen wir beide zu. „Guten Appetit.“, wünschte mir mein Gegenüber, das offenbar ziemlich großen Hunger hatte. Das hätte ich in der Tat nie von ihm gedacht. Für seine zierliche Figur schien er einen ziemlich gesunden Appetit zu haben. Ganz im Gegensatz zu mir. Das viel auch Jorden auf. „Du isst ja kaum etwas...hast du denn keinen Hunger?“, wollte er wissen, als ich nach dem zweiten Stück aufhörte. Ich schüttelte den Kopf. Lieber würde ich eine Kippe rauchen, das schmeckte mir irgendwie besser. „Nein, mein Bedarf ist gedeckt. Iss ruhig den Rest.“, meinte ich emotionslos. Jorden schaute plötzlich besorgt drein. „Sag mal, isst du immer so wenig? Das ist total ungesund. Für deine Größe bist du ziemlich dünn. “, erkannte er. Was ging ihn dass überhaupt an? Ich beschloss Schweigen darüber zu bewahren und zwickte ihn in die Seite, worauf ein erschrockenes, „Aua, was soll das?“, folgte. „Lass mal, du bist für meinen Geschmack ein bisschen zu neugierig.“, antwortete ich und räumte meinen Teller weg. „Du solltest dir vielleicht mal Gedanken um deinen eigenen Körper machen. Du bist auch nicht gerade wohlgenährt.“, zog ich ihn auf und schien dabei seine Achillesverse zu treffen, denn mit einem Mal wurde er ganz ruhig und legte die Pizza nieder. „Na ja weißt du, ich bin ganz zu frieden mit meiner Figur...immerhin war ich früher ziemlich dick und unsportlich. Es ist ein Wunder, dass ich überhaupt so viel abgenommen habe. Teilweise durch Sport und anderen teils auch durch das Wachstum.“, war ja klar, dass es damit zu tun hatte und die Art wie er darüber sprach, lies ich wissen, dass er sich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nicht an mich erinnerte und das machte mich irgendwie wütend. So wollte ich nur noch um so mehr wissen, wie er auf meinen Namen reagierte. Wie es war, wenn in ihm die alten Erinnerungen aufkamen. War es nicht so oder so ein eigenartiger Umstand in dem wir uns gerade befanden? Immerhin übernachtete man doch nicht jeden Tag bei jemandem, dessen Namen man nicht mal kannte. Für ihn musste ich doch ein völlig Fremder sein. Ob er überhaupt an den Nachnamen am Klingelschild geachtet hatte? * Nach dem Essen entschieden wir uns schlafen zu gehen. Ich merkte, dass er leicht nervös wirkte. Als wollte er mir etwas sagen, was ihm aber peinlich zu sein schien. Diese Nervosität machte mich halb wahnsinnig! „Sag mal, was ist eigentlich los mit dir? Wieso bist du so nervös?“, hatte er vielleicht doch gemerkt, dass er im Grunde bei einem eher Fremden übernachtete, oder gar seinem Feind und Peiniger von damals in die Arme gerollt war. Wenn ja, kam diese Einsicht aber mit deutlicher Verspätung. Er nestelte am unteren Saum seines, beziehungsweise meines T-Shirts. Er wurde leicht rot. „Na,ja ich müsste unbedingt mal auf die Toilette...und...da sind keine Haltegriffe.“, presste er unter schames Röte hervor. Einen Moment brauchte ich, bis mir klar wurde, was ihm so unangenehm war und mir beinahe die Kinnlade herunterfallen lies. Mir stockte der Atem vor lauter Schock und trat einen Schritt zurück. „Äh...“, „Hör mal, mir ist das auch unangenehm, aber ich muss meine Blase unbedingt leeren!“, machte er mir begreiflich. Ich nickte einfach nur und folgte ihm ins Badezimmer. Das hatte ich ja gar nicht bedacht. Die Toilette war ja nicht wirklich behinderten gerecht, weshalb es für ihn auch schwierig war sich dort allein auf die Toilette zu setzen. Wie unangenehm. Ich war bestimmt noch nie in einer so eigenartigen Situation. Will hatte das bestimmt schon unzählige Male durch oder? Für ihn, war das bestimmt normal. Vor der Toilette angekommen, zog Jorden seine Hose unter hochrotem Kopf schon etwas herunter. Dazu bewegte er sich leicht hin und her. Sah etwas aus wie robbende Bewegungen. Gleich würde ich unter diesen... besonderen Umständen mehr sehen, als mir lieb war. Für meinen Geschmack hatte ich vorhin schon genug gesehen. Aber Jorden wandte einen Trick an. Das T-Shirt das ich ihm gegeben hatte war weit genug, um alles zu bedecken, was ich nicht zwingend sehen musste. Anschließend legte ich meine Arme unterhalb seiner Achseln um ihn, um ihn hoch zu heben. Dann zog er mit seinen freien Händen seine Hose weiter herunter. Anschließend setzte ich ihn auf die Toilette. So gut es ging, ohne ihn genauer an zu sehen. Das trieb mich echt an meine Grenzen! Die ganze Situation war komisch und absolut nicht normal! Sobald er saß verließ ich den Raum, da ich nicht das Bedürfnis hatte ihm dabei zu zusehen! Zum Glück war eine Wand direkt neben der Toilette, an der er sich abstützen konnte, um nicht um zu kippen. War bestimmt nicht leicht, wenn man dieses Problem hatte. Als er fertig war trug ich ihn hoch in mein Zimmer. Das passierte wohl ziemlich mechanisch, weil ich immer noch von der Situation von eben traumatisiert war. Daher versuchte ich meine Gedanken an etwas zu richten. Zum Beispiel die Bauweise dieses Hauses. Ja, nicht zu glauben, dass ich darüber nachdachte... Dieses Haus hatte wirklich fast alles, aber an einen Fahrstuhl, oder behinderten gerechte Toiletten hatten sie nicht gedacht. Dabei waren meine Eltern doch so vermögend, und mussten stehts damit prahlen. Mit dem was sie besaßen, aber nicht zu würdigen wussten. Ich glaubte das war für sie schon selbstverständlich. Ich schüttelte den Kopf. Beinahe hätte ich sogar vergessen, dass ich Jorden auf meinen Armen trug. „Du...alles okay? Du stehst bestimmt seid fünf Minuten wie angewurzelt vor der Zimmertür.“, hörte ich Jordens belustigte Stimme. Was war denn jetzt wieder so komisch? Der hatte sich ja schnell von eben erholt. Ich knurrte leise, „Geht dich nichts an.“, damit war diese Frage für mich erledigt. Mit meiner Schulter stieß ich seitlich die Tür auf und betrat das Zimmer. Ich ging geradewegs auf mein Bett zu, um ihn dort abzusetzen. Sofort musste ich darüber nachdenken, wie lange hier schon niemand mehr außer mir geschlafen hatte. Selbst meine Ex hatte hier schon bestimmt einen Monat vor unserer Trennung nicht mehr übernachtet, weil sie von einer Freundin erfahren hatte, dass ich ihr hier fremd gegangen war. Sie sagte, dass sie nicht in dem Bett schlafen wolle in dem ich es mit einer anderen Frau getrieben hatte. Na ja, das war wohl eher belanglos, da sie nicht meine erste Freundin war und auch nicht die Erste mit der ich je geschlafen hatte. Jorden zog eine Schmollippe. „Mensch, jetzt sei doch nicht so verbohrt. Jetzt sitzen wir hier schon zusammen und du markierst immer noch den Idioten!“, warf diese kleine Kröte mir völlig unbefangen an den Kopf. Eins musste ich ihm lassen, mutig war er. „Bitte?!“, brummte ich, Jorden nickte und verschränkte die Arme vor der Brust, „Ist doch wahr! Du bist doch ständig am rum mosern und ziehst andauernd eine Grimasse. Du bist doch immer von irgendwas genervt, egal zu welcher Tageszeit man dich antrifft. Mensch, jetzt lächel doch mal! Das steht dir bestimmt total gut!“, nicht zu fassen. Der redete mich in Grund und Boden, und erzählte mir auch noch, was ich zu tun und zu lassen hatte! Was viel dem überhaupt ein? Verstand der denn nicht in was für einer Lage der sich befand? Das schien ihm total egal zu sein. Jedenfalls zeigte er mir gegenüber keinen Funken Angst. Im Gegenteil! An ihm war kaum noch etwas übrig geblieben, was an den dicken, verstörten Jungen von damals erinnerte. Hätte ich seinen Namen nicht gehört, oder wäre seinem Bruder begegnet, wäre ich nicht mal auf diese Idee gekommen. Mir vorzustellen, dass er eigentlich ein anderer sein könnte, dem ich nie zu vor begegnet war, brachte mir rein gar nichts. Ich war mir einfach zu sicher, dass er es wahr. Mein Inneres wusste es einfach und war nicht mehr in der Lage diesen Gedanken zu verdrängen. „Ich lächel...wenn es mir passt...und gerade passt es mir überhaupt nicht. Wozu auch, wenn ich keinen Grund dazu habe!“, gab ich ihm rau zu verstehen und brachte ihn damit zumindest für ein paar Sekunden aus der Fassung oder auch länger...Er wirkte leicht angeschlagen. „Ach so,...du hast also keinen Grund...zu lächeln.“, murmelte er. Nicht sein Ernst, das konnte ihn doch nicht derartig aus der Bahn werfen! Ha, ha hatte ich es doch tatsächlich geschafft. „Das ist wirklich sehr ...schade.“, meinte er leiser werdend. Er verlor doch nicht etwa die Stimme? „Lass uns...schlafen...mir ist...irgendwie kalt.“, ich sah wie er seine Arme um seinen Körper legte und tatsächlich leicht zitterte. Von meiner stehenden Position, kam ich ihm näher und griff nach seiner Hand. „Mensch, du bist ja eiskalt! Los! Schnell unter die Decke!“, entfuhr es mir und packte ihn schnell in die warme Decke ein. Was mich wohl zu dieser guten Tat trieb? Für heute sollte ich aufhören mir solche Fragen zu stellen, der Tag war so wieso gelaufen. Vielleicht konnte ich ja morgen wieder gemein sein, so wie ich es sonst auch war. Zu meiner alten Form zurückkehren. Jawohl! „Warte!...Wo gehst du hin?“, fragte er mich etwas unsicher, als ich mich mit einer Wolldecke auf das ausklappbare Sofa verkrümeln wollte. Ja, so nett war ich, ihm mein Bett zu überlassen. Und jetzt? Wollte er jetzt etwa auch noch meckern? „Na auf das Sofa! Wir hatten doch beschlossen schlafen zu gehen!“, nörgelte ich und legte den Schalter des Nachtlichtes um, und machte das große Licht aus. Jorden schien mir bei jeder Bewegung mit seinen Blicken zu folgen. „Was ist? Guck mich nicht so an. Das ist gruselig!“, schimpfte ich und legte mich hin und zog die Decke bis in mein Gesicht. Für eine Nacht ging es wohl, aber lange nicht. Schlafsofas fand ich noch nie sonderlich bequem. Wenn meine Ex wütend auf mich war, verbannte sich mich oft darauf. Wurde mit der Zeit ganz schön unbequem. Jorden zögerte einen Moment. „Würdest du...bei mir schlafen?“ Kapitel 7: Wie wir leben ------------------------ Ich hatte mich tatsächlich breitschlagen lassen! Ich! Von dieser kleinen, nervigen Kröte. Was hatte er nur an sich, dass ich all diese Dinge tat? Es war doch Jorden, den ich auf den Tod nicht ausstehen konnte. Oder zumindest hatte ich das immer gedacht. In meinem Unterbewusstsein musste irgendwas erwacht sein, oder aber in meinem Oberstübchen stimmte irgendwas nicht. Möglich war auch, dass da irgendwas erstorben war, was ich nur nicht bemerkte. Jorden bat mich nämlich darum, mit ihm in einem Bett zu schlafen. Hoffentlich erwartete er jetzt nicht, dass ich jetzt mit ihm ne Kuschelparty veranstaltete, oder so. Das Einzige was ich wollte, war einfach nur in Ruhe schlafen. Ob mir das nun vergönnt war stand wieder auf einem ganze anderen Blatt Papier, denn wie ich vor einer Stunde feststellte, hatte Jorden ein kleines Problem, dem er sich auch Nachts entledigen musste. Ich befürchtete bereits, dass ich auch Nachts noch einmal das Vergnügen hatte ihm dabei behilflich zu sein. Schon der Gedanke daran ließ mich ins Schwitzen kommen. Warum hatten meine Eltern auch nur nicht an so eine praktische Haltevorrichtung gedacht? Für den Fall des Alters vorsorgen, oder für plötzliche, unangekündigte Besuche von Rollstuhlfahrern, die allen Anschein nach nicht alleine schlafen konnten. Eventuell, weil sie von einer gewissen Person ihr Leben lang verhätschelt wurden. Doch ich wollte hier nicht zu sehr hineininterpretieren. Irgendwie musste man dem Kleinen das Leben ja so leicht wie möglich machen. Und nun? Nun liege ich in meinem Bett. Wohl bemerkt zum ersten Mal mit einem Jungen neben mir. Mit einem Jungen! Nicht mal mit Billy habe ich je in einem Bett geschlafen.Das war schon eine ziemlich ungewohnte Situation für mich, die mich einfach nicht schlafen ließ. Zwar wusste ich, dass, dass ich im Gegensatz zu Jorden einfach wegrennen konnte, wenn mir danach war, aber irgendwas hielt mich davon ab. Keine Ahnung warum. Musste schon scheiße sein, wenn man so an diese bitteren Tatsachen gefesselt war. Bei einer solchen Konfrontation wurde einem erst richtig bewusst, wie glücklich man sich schätzen konnte gesunde Beine zu haben. Trotzdem war mir nicht so ganz lieb bei der ganzen Sache. Mit meiner Ex hatte ich nie ein Einschlafproblem. Sie beschwerte sich sogar oft morgens bei mir, dass ich einfach eingepennt sei und wir gar nicht mehr richtig kuscheln konnten. Was mich übrigens nicht auch nur die Bohne interessierte. Darüber beschwerte sie sich übrigens auch immer. Was zum Teufel hatte mich nur geritten je mit dieser Frau zusammen gewesen zu sein? Sicher wars der Sex, was das Einzige war, was sie nie kritisierte. Doch Jorden...der schien irgend wie selten etwas zu finden, was er kritisieren konnte. Der fand ab fast allem etwas Positives. Dieser schlief nun ruhig neben mir. Ziemlich schnell war das passiert. Sicher war er tot müde. Kein Wunder. So ein Wetter ist ja auch sehr ermüdend. Nur ich kann einfach nicht einschlafen. In mir macht sich immer mehr der Drang breit, eine Kippe zu rauchen. Ein Lungenbrötchen, etwas gutes für meine Lunge tun. Ja wohl. Ich bin ja der Hoffnung, dass ich dann besser einschlafen kann. Innerlich bin ich nämlich schon wieder total aufgewühlt und unruhig. Mir ist aufgefallen, dass es besonders intensiv ist, wenn Jorden in meiner Nähe ist. Das Alles...ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll... Früh am morgen wurde ich aus dem Bett geklingelt. Meine Laune war sofort im Keller. Ein Blick auf den Wecker sagte mir, dass es kurz nach sieben war. Wer wagte es mich so früh zu wecken, nach dieser schlaflosen Nacht, in der Jorden mich mindestens einmal zur Verrichtung seiner Notdurft aus dem Bett gedrängt hatte. Allerdings hatte ich das in diesem Moment schon fast wieder verdrängt. Aber um auf das vorige Thema zurück zu kommen. Da konnte es nur eine Antwort geben. Billy war der Einzige Mensch, der sich das trauen würde. Murrend bewegte ich mich aus dem Bett. Ich war noch gar nicht richtig wach, hatte ganz vergessen, das Jorden neben mir schlief. Also stapfte ich murrend durch mein Zimmer und ging die Treppe gemächlich nach unten. Warum sollte ich mich auch beeilen? Er wusste genau, dass ich um diese Zeit nicht der richtige Ansprechpartner für seine irrsinnigen Ideen war. Doch mein Besucher war nicht von der geduldigen Sorte und klingelte wie ein irrer. „Ja, ist ja gut, bin ja gleich da! Nerv nicht. “, murrte ich. Gähnend, am Hinterkopf kratzend, schloss ich die Tür auf und drückte die Türklinke herunter. Doch wer da vor mir stand war nicht Billy, sondern ein ziemlich missgelaunter Will. Der erstach mich schon wieder mit seinen Blicken. Im ersten Moment dachte ich schon er würde darauf warten, dass seine Blicke tatsächlich wirken würden. Zum Glück kam er aber schnell zur Sache. „Wo ist Jorden?“, wollte er wissen. Er wirkte mindestens genauso miesepetrig wie ich und ziemlich unausgeschlafen. Ich brauchte einen Moment, um einen Zusammenhang zu den Dingen die er sagte und meiner Situation zu finden. „Jorden?“, fragte ich dümmlich, Will schnaufte verächtlich. „Ja verdammt Jorden! Sag bloß du bist so daneben, dass du das vergessen hast! Er hat doch heute bei dir übernachtet!“, fuhr er mich ungeduldig an. Stimmte ja. Will war schon immer so, wenn es um Jorden ging. Dann tickte er immer völlig aus, sobald was nicht so lief wie es sollte. Nur Jorden gegenüber nahm er sich immer zusammen. Selbst wenn er laut wurde, wurde er doch nie so ausfallend wie jetzt. Erneut gähnte ich müde. „Ach ja, stimmt ja...der ist oben...der schläft noch.“, murmelte ich mehr, als dass ich redete. Will sah mich an, als fiele ihm in diesem Moment alles aus dem Gesicht. „Oben? Und du lässt ihn einfach so allein, ohne ihn zu wecken?“, knurrte er mich an. Alter! „Jezz krieg dich mal wieder ein. Er hat gepennt und du warst doch der Jenige, der mich wie ein geisteskranker wach geklingelt hat!“, entgegnete ich ihm schlecht gelaunt. „Übrigens siehst du ziemlich scheiße aus...“, fiel mir auf. Will verzog seine Mundwinkel zu seinem schmalen Strich und erwiderte nüchtern, „Kein Wunder, im Gegensatz zu dir, habe ich bis tief in die Nacht gearbeitet und habe natürlich kein Auge zu bekommen.“, erläuterte er. Ich zuckte mit den Schultern. Im Grunde war es mir egal, ob er gut schlief oder nicht. „Also, würdest du mich nun zu Jorden bringen?“, kam er angepisst auf unser voriges Thema zu sprechen. „Oh...der ist oben in meinem Zimmer.“, antwortete ich und bat ihn missmutig herein. Würde Jorden nicht oben in meinem Bett schlafen, wäre ich im Traum nicht darauf gekommen, ihn in dieses Haus, geschweige denn in mein Zimmer zu lassen. Diese Situation war schon seltsam. Gerade kam ich mir vor wie ein ungeliebter Schwiegersohn, dem man die hysterische Mutter glucke seiner Freundin auf den Hals gehetzt hatte. Diese Mutter glucke, oder in diesem Fall „Bruderglucke“, fand den Weg in mein Zimmer erstaunlich schnell, als hätte er ein Gespür dafür. Schon unheimlich irgendwie. Ich kaum so schnell hinter ihm her, wie er oben war. Als ich in meinem Zimmer angekommen war, hockte er schon vor meinem Bett. „Jorden!“, rieft er besorgt. Der Angesprochene rührte sich und rieb sich die Augen. „Will...was machst du denn hier?“, erwiderte Jorden müde. Will wuschelte ihm liebevoll durch die Haare. Seine schlechte Laune war fast wie weggeblasen. Ob das an Jorden lag? Der Kerl war mir echt ein Rätsel. Denn ich hatte er wartet, dass er Jorden schon ein bisschen zurecht stutzte, aber dazu war er wohl zu müde. Will seufzte, „Na warum wohl,... Ich bin gekommen, um dich abzuholen. Hab dir doch gestern gesagt, dass ich komme sobald meine Schicht zu Ende ist. Leider hat es ein bisschen länger gedauert, weil sie niemanden für die Nacht hatten.“ Da fragte ich mich, was er wohl für einen Job machte, so mitten in der Nacht. Vielleicht als Stripper oder so...aber nein, so was würde der brave Will niemals machen. Dazu war er viel zu anständig. So wie man das beobachten konnte, arbeitete er wohl tatsächlich ziemlich viel. Deshalb wirkte Jorden wohl auch manchmal so verlassen, wenn er von Will redete. Er schien sehr viel allein zu sein. Was das anging, waren wir gar nicht so verschieden. Mit dem Unterschied, dass ich es mir zu einem großen Teil sogar aussuchte. Zwar lag das auch daran, das meine Eltern den Großteil des Jahres irgendwo in der Weltgeschichte herumreisten, aber wenn ich wollte, müsste ich dennoch nicht allein sein. Nur ein Wort genügte und Billy würde sofort bei mir auf der Matte stehen und sicher auch noch einige andere Menschen. Mit den meisten wollte ich je doch eher weniger, oder viel mehr gar nichts zu tun haben, da die Meisten, ekelhafte Heuchler waren. Was so ein großes Haus und reiche Eltern doch für Menschen anzog war doch einfach unfassbar. Jorden war immer noch müde, nickte aber. Mit seinen verwuschelten, hellen Haaren und dem verpeilten Blick, wirkte er fast wie ein niedliches Haustier. Das hieß, wenn ich Haustiere denn niedlich fände. Tat ich aber nicht. Betroffen schaute ich zur Seite. Was dachte ich mir da nur wieder für einen Schwachsinn zusammen? „Was machst denn für Sachen mitten in der Nacht noch raus zu fahren und das bei dem Wetter, du hättest dir den Tod holen können. Du weißt doch, dass ich mir schreckliche Sorgen mache.“, hielt er ihm erstaunlich ruhig, aber schon streng vor. Komische Mischung. Jorden presste die Lippen auf einander. „Ich weiß doch...Ich wollte was für heute einkaufen, damit ich dich mit einem leckeren Essen überraschen kann...“, murmelte er. Will gewann seine gewohnte Fassung wieder. „Ach, das ist wirklich süß von dir, das weiß ich zu schätzen. Lass und nach Hause gehen ja?“, sagte er so liebevoll beruhigend, wie ich ihn noch nie gehört hatte. Sein Blich war schon immer fast nur auf Jorden gerichtet und er wich ihm so gut wie nie von der Seite. Für Jorden nahm er ziemlich hohe Verantwortung in Kauf. Dabei war er doch selbst noch recht jung, aber was kümmerte mich das? Ich wollte nicht so viel vor mich hin sinnieren, das tat mir eindeutig nicht gut. „Ja...aber nur unter einer Bedingung...“, unterbrach Jorden meine Gedanken, die auch Will stutzen ließ, „Bedingung?“, sprach dieser meinen Gedanken aus. „Ja! Ich möchte, dass ihr euch vertragt, und... ich würde gern...noch mehr Zeit mit ihm verbringen.“, sprach er das wohl schockierenste aus, dass er je sagte. Was zum Teufel faselte er denn da? So wohl mir, als auch seinem Bruder viel die Kinnlade herunter. „Du willst was?“, harkte er noch mal nach. Jorden nickte. „Du hast mich schon richtig verstanden. Ich weiß, dass ihr euch nicht leiden könnt. Daher möchte ich, dass ihr euch vertragt.“, forderte er und wante seinen Blick dann mir zu. Er wurde ein bisschen rot. „Und...wenn es dir nichts ausmacht, würde ich dich gerne besser kennen lernen...Benjamin...“ Plötzlich war mir, als fiele ich aus allen Wolken...eine Überraschung folgte der Nächsten. Ich hasste Überraschungen... * Billy war mindestens genauso überrascht wie ich, als ich ihm in der großen Pause von dem Ereignissen am Wochenende erzählte. Zunächst wollte er mir nicht glauben, bemerkte aber schnell, dass ich keine Witze machte. Im Großen und Ganzen war ich so oder so gern großer Witzereißer. Wozu auch, so was erschien mir eher sinnlos. Sarkasmus lag mir viel eher. Es half mir zumindest einigermaßen der Welt, in der ich lebte, zurecht zu kommen. „Ich nehme an, dass er es von Anfang an gewusst haben musste. Immerhin war er doch auch nicht sehr überrascht, als er gesehen hat, wie du mit deinen Gegnern umgegangen bist.“, erläuterte er mir ziemlich logisch, als er mit mir über meine kleinen Abenteuer mit Jorden am Wochenende rätselte. Ich sollte ein Tagebuch darüber führen, über all die Dinge, die ich in letzter Zeit so erlebte, seid ich Jorden wieder begegnet war. Das würde sicher niemals an Spannung verlieren und jeder würde es lesen wollen. Ganz bestimmt sogar. Einfach der Wahnsinn. Ohne weiter auf das Gesagte einzugehen, ging er weiter im Text. „Und was hast du ihm geantwortet, als er sagte, er wolle dich näher kennen lernen?“, fragte er neugierig. Neugierde war so was wie Billys Berufung. Im Löchern war er schließlich einsame Spitze. Wenn man es ganz genau nähme und dass was ich hier sagte tatsächlich passierte, sähe ich schon längst wie ein Schweizer Käse aus. Also seufzte ich tief, legte mein Gesicht in meine Handfläche, und stützte meinen Ellenbogen auf der Tischplatte. „Tja, ich schätze, dass ich nicht nein sagen konnte.“, antwortete ich mürrisch und unzufrieden. Ich war unzufrieden mit mir selbst und mit meiner Situation. In letzter Zeit war ich wirklich inkonsequent. Billy allerdings grinste ziemlich breit. „Ah, Benji, Benji, so kenne ich dich ja gar nicht. Aber irgendwie musste es ja so weit kommen. Ist bestimmt die Strafe für deine vergangenen Schandtaten.“, witzelte er. War ja klar, dass so was kommen musste. Ich verzog genervt die Mundwinkel. „Jetzt guck nicht so. So schrecklich ist es nun auch wieder nicht. Jorden ist doch ganz nett.“, das traf es nicht wirklich. Nett war eigentlich der kleine Bruder von Arschloch und Jorden war keineswegs ein Arschloch. Zu meinem Leidwesen. Denn dann würde es mir sicher leichter fallen ihn einfach zu ignorieren. „Hmm und außerdem ist er doch ganz schön mutig zu sagen, dass er will, dass du dich mit seinem Bruder verträgst. Ihm muss etwas an dir liegen, wenn er darauf solchen Wert legt. Immerhin ist sein Bruder sein Ein und Alles.“, erinnerte er mich an diese unwiderlegbare Sache. Billy trank einen Schluck von seiner Wasserflasche und lehnte sich entspannt zurück. Er schien im Gegensatz zu mir zufrieden mit sich selbst und seiner Welt zu sein. Manchmal fragte ich mich, wie er diese Welt genau betrachtete. Seine Art und Weise musste ziemlich positiv sein. Obwohl ich hier und da das Gefühl hatte, dass er mit seinem Kopf in den Wolken hing, wusste ich dass er darüber hinaus niemals zu hoch schwebte oder die Realität vergaß. Er kam immer wieder auf den Boden Tatsachen zurück. Jorden war ähnlich, aber anders. Jorden war verletzlicher, berührbarer und irgendwie auch stark. So stark, dass er mich einfach mit riss, wie kein anderer Mensch. War das was Gutes, oder was Schlechtes? Ich konnte es nicht richtig einschätzen. Vielleicht hatte ich mich aber auch einfach nur verändert...In einigen Momenten fühlte ich mich bedrängt, gereizt...ein anders Mal...staunte ich... Manchmal stellte ich mir vor, dass jeder Mensch auf eine ganz bestimmte Weise lebte und sich somit seine eigene Welt erschuf. Jeder versuchte sein Leben irgendwie zu meistern und sich einen Weg zu schaffen, darin überleben. So wie ich, so wie Billy, ...so wie auch Jorden. Doch wollte ich in Jordens Welt mitgerissen werden? Innerlich sträubte ich mich vehement dagegen. Denn ich wollte keine Schwäche zeigen. Nein! So schwach war ich nicht! Stur und miesepetrig starrte ich an Billy vorbei aus dem Fenster. Der Himmel war auch heute wieder fern... * Einige Tage Später. „Seht mal, den hats wieder mal erwischt.“, „Kein Wunder, der lässt sich ja auch alles gefallen. Nie sagt er etwas.“, hörte ich das Lästern meiner Mitschüler. Ein Blick in den Flur, den Billy und ich gerade betraten, zeigte uns eine Ansammlung von Mitschülern, die sich mal wieder über unser beliebtestes Mobbing-opfer ausließen. Das Schikanieren schwächerer Mitschüler, war an jeder Schule so was wie ein steinernes Gesetz, an das sich die Meisten hielten, weil die meisten Menschen feige waren. Wie hieß es doch so schön: Jeder war sich selbst der Nächste. Nach einigen Schritten auf die Menge zu, konnten wir genauer sehen, um wen es sich handelte. Natürlich war es Akira, der eingeschüchtert zu Boden sah und nervös an seinem Pullover nestelte. So weit ich mich erinnern konnte, wurde er fast jeden Tag Opfer solcher Schikanen. Seine Kleidung war ganz nass und an seinem Gesicht tropfte auch etwas herunter. Seine Lippen presste er fest auf einander. Glücklich war was anderes. Aber auf der anderen Seite tat er tatsächlich nie etwas dagegen. Er sagte nie auch nur einen Ton und ließ es einfach geschehen, war klein und schwächlich. So wie auch neulich beim Sport. Eine perfekte Zielscheibe, kein besonders guter Überlebenskünstler. Immer wieder prasselte das Gerade auf ihn nieder, immer wieder schubsten und bedrängten sie ihn. Ich konnte sehen, wie sich in seinen Augen etwas widerspiegelte. Furcht und ...etwas noch ganz Anderes. „Benjamin...wir sollten etwas tun.“, meinte Billy plötzlich, der sich in Bewegung setzte. Ich hielt ihn am Arm fest. „Warte,...“, Billy sah mich fassungslos an. „Ich weiß ja, dass du ihn auch nicht gut leiden kannst, aber findest du nicht, dass...“, mit meiner Hand unterbrach ich Billy, der mich immer noch böse anstarrte. Selbst habe ich noch nie besonders viel von Akira gehalten. Nun, ich gehörte ja auch zu denen, die ich gerne quälten, doch etwas sagte mir, dass er heute irgendwie anders wirkte und ich behielt recht. Im nächsten Moment schaute Akira plötzlich auf und schubste die Jungs weg, die ihn bedrängten und ihn natürlich auch gleich erzürnt ansahen. „Hört auf! Lass mich in Ruhe, ich habe euch nichts getan!“, fasste er all seinen Mut zusammen. Wieder folgte ein Getuschel. „Habt ihr das gesehen? Der hat sich gewehrt.“, „Au wei, das wird er sicher noch bereuen.“, tuschelten sie, um uns herum. „Stimmt, das werden die Jungs nicht auf sich sitzen lassen. Schließlich kann ihn keiner leiden.“, was auch stimmte. Billy sah mich ernst an, „Benjamin, wir sollten jetzt wirklich was machen!“, bestand er nun und setzte erneut an, als die Jungs sich wieder an ihm zu schaffen machten und ihn erneut herum schubsten. Aber sehr weit kam er nicht, denn da tauchte ein Mädchen auf, dass die Jungs mit den richtigen Griffen in die Knie zwang. „Lasst das! Akira hat euch doch gesagt, dass ihr ihn in Ruhe lassen sollt. Wie ignorant seid ihr eigentlich?“, schrie Yui, die sich in das Gerangel einmischte und sich schützend vor Akira stellte. Mutig war sie ja, das musste man ihr lassen. „Hey, was...“, „Lass gut sein..., die ist total irre. Nicht normal, lass uns gehen.“, beschwichtigte einer der Jungs, einen anderen und sie zogen plötzlich ab. Der Eine gab Akira noch einen verächtlichen Blick. Dieser schaute sie nicht an, sondern wand sich ab. Das Getümmel lichtete sich wieder, doch ein Rest blieb gaffend stehen. Yui stemmte die Hände in die Hüften. „Was glotzt ihr so!? Jetzt haut schon ab!“, schimpfte sie laut und auch der Rest lichtete sich. Jedoch nicht ohne weiteres Getuschel. „Ist das nicht diese Yui?“, flüsterte ein Mädchen, „Ja, dass ist sie. Das ist die, die so unverschämt war sich an Benjamin ran zu machen.“, Empörung machte sich breit, „Echt? Davon hab ich auch schon gehört, ob sie mit Akira auch was anfängt?“, verwunderte, ungläubige Gesichter, und kichern. „Ha,ha von mir aus kann sie den haben...solang sie die Finger von Benjamin lässt.“ Als ob mich eine von diesen Tussen interessieren würde. Die bekamen ja nicht mal mit, das ich überhaupt da war. Yui presste die Lippen auf einander, man konnte ihr ansehen, dass ihr dieses Geplapper, nahe ging. Sie schnappte sich Akiras Handgelenk und zog ihn mit sich, in eine der Gänge. Dieses Mädchen... „Oh man, Akira kann einem echt leid tun, aber sag mal...woher wusstest du das? Woher wusstest du, dass Akira sich wehren wird?“, flüsterte Billy mir zu. Ein Schulter zucken. „Nennen wir es einfach Intuition.“, antwortete ich nur. „Intuition? Das war sicher nicht der einzige Grund. Benji, ich werde das Gefühl nicht los, dass du Menschen analysieren kannst. Das ist echt gruselig.“, erläuterte er mir. Wieder ein Schulter zucken. Darüber, wollte ich mich nicht weiter auslassen. Nicht jetzt. Es gab ganz andere Dinge, über die ich mich verlor. Über Jorden zum Beispiel. Auch als er weg war, konnte ich kaum schlafen. Bin Mittendrin immer wieder aufgewacht, weil ich geträumt habe, er würde wieder neben mir liegen. Eine Horrorvorstellung. Billy seufzte. „Ich versteh schon, du hast keine Lust darüber zu reden was? Aber ich hoffe dir ist klar, dass auch deine Beliebtheit noch ein echtes Problem werden könnte.“, machte Billy mich aus heiterem Himmel aufmerksam. Der hatte einfach das Thema gewechselt. Ich verstand den Zusammenhang nicht wirklich. „Ja, das weiß ich doch, jetzt nerv doch nicht ständig damit.“, murrte ich. „Schon gut, schon gut, ich halt ja die Klappe.“, meinte Billy gelassen. Darüber war ich ganz glücklich. Mir war nicht sehr nach Reden zu mute. Schon gar nicht über dieses leidige Thema. Es war doch immer dasselbe. Für den heutigen Tag hatte ich nur noch eine Hoffnung. Das das Schultag schnell endete und ich bald nach Hause kam. In der Tat, das war wirklich alles was ich gerade wollte. Nach Hause, eine rauchen und mich hinlegen. Vor mich hin sinnieren. Dieser Welt entfliehen und einfach alles um mich herum vergessen. Wie so oft. Klang sicher nicht sehr erfüllend. Doch das war meine Art und Weise mit dieser Welt klar zu kommen und in ihr zu leben. Wenn man es nüchtern betrachtete, war es wohl eine Art Flucht aus der Realität. Meine Füße klebten noch zu sehr auf dem Boden und ließen sich nicht fortbewegen. An Ort und Stelle würde ich verweilen, bis...etwas passierte, was mich veränderte. Mir Kraft verlieh. Denn meistens fühlte ich mich ausgemergelt, kraftlos. Kein Wunder bei meiner Lebensweise. Tief in meinem Inneren war mir das schon lange klar. Auch wusste ich, dass nicht viel passieren würde, wenn ich nicht auch selbst etwas dafür tat. Etwas in Bewegung setzte. Aber war nicht schon etwas in mein Leben getreten, was mich irgendwie verändert hatte...wollte ich überhaupt darüber nachdenken? Und wie würde es werden, wenn ich es nur zuließe...Mein Kopf war voller Fragen. Fragen, die lange unbeantwortet blieben und deren Antwort ich lange nicht wissen wollte. „Benji, hast du Lust nach der Schule noch was zu machen? Ich hab ein neues Game.“, schlug Billy vor. Ich knurrte leise. „Nein!“, „Ohh, warum denn nicht? Du hast mich wohl gar nicht mehr lieb.“, jammerte er. „Ganz recht, eher friert die Hölle zu!“, Billy grinste breit und lachte schließlich. Sehr witzig... Leben,...in einer Welt in der, der Himmel doch so fern war, wie nichts anderes... Kapitel 8: Aufgedrückte Verantwortung ------------------------------------- Der Tag hatte schon beschissen begonnen, da lass ich plötzlich diesen Slogan, "Sex, Drucks und Rockn' Roll." Wer auch immer dafür verantwortlich war, hatte sie eindeutig nicht mehr alle! Genauso wie Billy, der mir hell auf begeistert von dieser After Party nach dem "spießigen" Schulfest am kommenden Freitag erzählte, für das ausgerechnet ich für das Kostümcafe eingeteilt wurde. Wer dafür verantwortlich war? Na wer wohl, mein bester Freund. "Das kann nicht dein ernst sein! Erst muss ich bei dieser bescheuerten Veranstaltung mitmachen und dann willst du mich auch noch auf diese Party mitschleifen! Eher friert die Hölle zu!", gab ich miesepetrig zur Antwort. Das fehlte noch. Ich wusste mindestens so gut wie er, das auf dieser Party so ziemlich alle von diesem oberflächlichen und nervigen Tussen und ihren Testosteron gesteuerten Volltrotteln anwesend sein würden, worauf ich ja mal so gar keine Lust hatte! Ständig dieses dumme Gekreische, und Rumgemache über all. Jeder der nur halbwegs klar denken konnte, wusste was auf dieser Party so abgehen würde. Doch der eine oder andere schien sein Gehirn abgeschaltet zu haben und schaltete auf durchzug. Ohne mich! Billy setzte natürlich wieder alles daran, mich zu einer Zusage zu bewegen, der ich nicht einwilligen wollte und jammerte wie ein kleines Kind vor sich hin, bis mir fast der eh schon dünne Geduldsfaden riss. Nur leider fand ich den Knopf zum "ausschalten" nicht. Konnte mir bitte jemand einen Spaten geben,...nein lieber nicht, denn dann geschah noch ein Unglück! "Nein verdammt! Ich habe keine Lust auf diese Party! Nach diesem Fest will ich einfach nur noch meine Ruhe haben!", erläuterte ich ihm nun schon bestimmt zum 1000 Mal. Ich war mir noch nicht mal sicher, ob ich überhaut erscheinen würde. Doch Billy wäre nicht Billy, wenn er nich noch ein Ass im Ärmel hatte, mit dem er mich aus der Reserve locken konnte. Kurz rümpfte er die Nase und das verhieß nicht Gutes. Dessen war ich mir voll bewusst. "Aber du,...Jorden wird auch da sein. Da kannst du doch nicht fehlen! Er wäre sicher enttäuscht, wenn du nicht da wärst.", mir viel die Kinnlade herunter. "Nicht dein ernst! Du hast ihn doch nicht etwa eingeladen? Willst du mich umbringen? Sein Bruder wird mich töten, wenn er das raus findet.", ja im ernst, hoffentlich hatte er ihm nicht noch diesen Flyer in die Hand gedrückt mit diesem Motto. Der drehte doch total durch, ja er würde zum Massenmörder werden! Und ich, wäre der Erste, dem er den Kopf ab schlüge, obwohl Billy diesen Mist verzapft hatte. Wie als hätte er meine Gedanken gelesen, erzählte er, dass er ihm den Flyer nicht in die Hand gedrückt hatte. "Ha,ha, wenn Will das gelesen hätte, hätte er Jorden sicher nicht hin gelassen.", was mit Sicherheit auch besser gewesen wäre sowohl für Jorden, als auch für meine Gesundheit. Ja dann wäre sicher nicht Billy, sondern ich dran gewesen. Warum eigentlich? Was hatte ich eigentlich jetzt schon wieder verbrochen, dass ich der Sündenbock war? Schließlich konnte keiner behaupten, das ich in letzter Zeit nicht über die Maßen Hilfsbereit und freundlich gegenüber dieser kleinen ....nein ich sprach es lieber nicht aus. War es laut Gesetz nicht so, dass man niemals zwei mal für ein Verbrechen belangt werden konnte, für das man schon verurteilt wurde? Hier war es wohl nicht der Fall. Da stellte sich die Frage...hatte ich deswegen überhaupt je Schuldgefühle, oder hatte ich gar gelitten? ...Obwohl ich mir der Antwort immer so sicher war, konnte ich sie mit einem Mal nicht mehr beantworten...in meinem Kopf...war so ein heilloses Durcheinander...schon wenn Jorden mich nur ansah... So wie es schien hatte Billy sich auf ein Spiel eingelassen und seine freundliche und zuvorkommende Art alles für ihn erledigen zu lassen....anders konnte ich es mir nicht erklären, da es mir trotzdem schleierhaft war, dass Will da überhaupt zugestimmt hatte. Der musste doch gesehen haben, das Billy mit mir rum hing. Das konnte doch kein guter Umgang für seinen kleinen Bruder sein. Wenn er er wollte, konnte er die Leute so einlullen, oder nerven, bis sie von seiner Sache überzeugt waren, oder aber so genervt waren, dass sie einfach einwilligten. Bei mir war es meistens zweites. Ich grummelte vor mich herum. Billy ließ sich davon aber nicht abschrecken. "Mensch, jezz grummle doch nicht so vor dich hin, so schlimm ist es doch nicht und wenn wir keine Lust mehr haben gehen wir eben wieder heim.", ich sehe ihn miesepetrig an. Am liebsten hätte ich einfach wieder abgelehnt, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich Jorden nicht mit ihm und diesen...Menschen allein lassen konnte. Wenn da irgendwas passierte, würde Will mir das nie verzeihen.... * Freitag. Der Horrorvormittag war im vollem Gange und ich hatte wahnsinnig schlechte Laune. Ich musste einen Smoking tragen und dazu weiße Hasenohren und kam mir unglaublich bescheuert vor. Billy war natürlich reichlich amüsiert über meinen Look und auch die Gäste schienen davon sehr angetan. Jedenfalls wurde verdächtig oft nach der Bedienung mit den weißen Hasenohren gefragt. "Benji, sei doch froh, dass du nicht in der Theatergruppe mitmachen musst, da hättest du bestimmt den Prinzen in Romeo und Julia spielen müssen.", lachte er. Sehr witzig. Beides waren nicht die besten Optionen. Beides war unheimlich lächerlich und absolut gleich grauenvoll! Wer in Teufels Namen hatte sowas unsinniges wie Schulfeste erfunden? Zum Teufel damit verdammt! Plötzlich hörte ich im Hintergrund das Getuschel der Mädchen. "Seht mal da. Der sieht je süß aus. Welchen von Beiden meinst du? "Na den Großen mit den dunkelbraunen Haaren.", tuschelte Anna neben ihrer Freundin. "Ja, aber der mit den hellen Haaren sieht auch sehr niedlich aus. Schade...das er im Rollstuhl sitzt. Der würde bei den Mädchen sicher gut ankommen.", meinte Rosalia ein wenig enttäuscht. Aber Moment mal, helle Haare, Rollstuhl? Mit einem großen Typ neben sich? "Ich meine ich habe ihn schon öfters auf dem großen Platz im Park Basketball spielen sehen, er ist wahnsinnig gut.", erzählte Anna. "Was echt? Das hätte ich nicht gedacht.", antwortete Rosalia und auch einige andere Mädels klebten zur Abwechslung mal nicht an mir, sondern an Will und Jorden. Wo nahmen die nur die Zeit her? Musste Jorden nicht zur Schule und Will zur Arbeit? Oder hatte er ausnahmsweise mal einen Tag frei? Das wäre ja das reinste Wunder. Neben mir sprachen sich die Mädchen ab, wer die beiden bedienen durfte und Anna wurde erwählt und freute sich nen Keks. Warum mussten die denn jetzt so nen Aufstand machen? Es waren doch nur Will und Jorden. Mein Blick folgte Anna zur Tür und dann hinaus. Ich konnte genau hören was sie sagte. "Hey wollt ihr beiden was bestellen?", fragte sie, den Blick intensiv auf Will gerichtet. Dieser schüttelte nur den Kopf. "Nein danke, wir suchen eigentlich nur Benjamin Held. Der soll hier arbeiten.", meinte er nur nüchtern. Dabei dachte ich immer er sei so ein Gentleman, da hatte ich wohl falsch gedacht. Aber Moment, warum verlangte er nach mir? Noch ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, saß ich auch schon im Schlamassel. "Benjamin? Ja, der arbeitet hier, ich kann ihn herholen, wenn ihr wollt.", "Das wäre wirklich toll.", antwortete Jorden begeistert. Von Will hörte ich nur ein leichtes Murren. "Okay, ich bin gleich wieder da." In meiner Verzweiflung sah ich mich nach Billy um, um ihn zu fragen was das sollte. Leider war er plötzlich verschwunden und ich hatte es nicht einmal bemerkt. Eines war klar, das war garantiert auf seinem Misthaufen entstanden! Plötzlich stand Anna neben mir, so als sei sie ein Geist, der durch Wände schweben konnte, völlig still und unbemerkt. Denn sie erschreckte mich fast zu Tode, als sie mich in einem Unachtsamen Moment ansprach. "Du Benjamin, dein Typ wird verlangt. Da stehen zwei Jungs an der Tür, die dich unbedingt sprechen wollen.", teilte sie mir mit und wusste sicher nicht, dass sie mit ihrer zuvorkommenden Art möglicherweise gerade ein Todesurteil unterschrieben hatte. "Äh...ja...", hätte sie nicht einfach "Nein." sagen können? Was war so schwer an diesem Wort, nur vier Buchstaben! "Benjamin, willst du nicht zu ihnen gehen, sie warten sicher schon.", meinte Rosalia und zwinkerte mir zu. Was hatte das nur wieder zu bedeuten? "Das Häschen braucht doch auch mal wieder einen Auftit. Na los, du bringst uns viele Kunden, also zeig dich!", meinte einer der wenigen Jungs, die sich nur hier eingeschrieben hatten, um die Mädchen in Maidkostümen und Schulmädchenuniformen zu sehen. Die Röcke waren immerhin schön kurz geschneidert. Auch das war Taktik. Ganz bestimmt sogar! Ich hätte ihn umbringen können, hielt mich aber zurück! Auch wenn mir eine innere Stimme sagte, dass ich mich doch lieber beeilen sollte, ging ich recht gemächlich in Richtung der Beiden. Die Hände locker in den Hosentaschen. Jorden war der Erste, der mich sah und strahlte mich an wie ein Honigkuchenpferd. Mal ganz ernsthaft, es gab doch echt spannenderes als mich die ganze Zeit anzustarren oder? Na,ja abgesehen von der Tatsache, dass ich grade weiße Hasenohren trug und mich zum Deppen der Nation machte und das auch noch vor Will! Wie nervig! "Da bist du ja, wir haben dich überall gesucht, bis wir dann herausgefunden haben, das das Cafe in dem du arbeitest hier eingerichtet ist. Allerdings hat uns keiner gesagt, was das...für ein Cafe ist. Hi,hi, aber die Hasenohren, die stehen dir echt gut!", erzählte er mir fröhlich mit, und schien sich ja prächtig zu amüsieren, was ich nicht wirklich wissen wollte. Lieber wäre es mir, dass er diesen Umstand ignorierte und nicht noch zusätzlich darauf aufmerksam musste. Aber was ich wohl eher wissen musste war, was die beiden hier trieben und vor allem, was sie von mir wollten! Verdammte Axt! Will schlug sofort das Wort an und sah nicht sehr begeistert aus. Ja den schien mein kleiner Ausflug in die Kostümwelt nicht halb so sehr zu amüsieren. Darauf verstand er sich wirklich prächtig, als nüchtern oder unbegeistert zu sein, aber das war mir eh ziemlich egal. "Benjamin, ich bin hier, um Jorden vorbei zu bringen. Billy hat mir von der Party erzählt und mir versichert, dass du dich während dessen um Jorden kümmerst und nicht von seiner Seite weichst! Und dass ihr vor Null Uhr wieder bei dir zu Hause seid.", äh Moment mal...warum zu mir? " Ich komme ihn morgen Nachmittag abholen!", fuhr er fort und wirkte ziemlich angespannt und hatte einen Blick, der mir gar nicht gefiel. Zu meiner Freude rückte er noch an mich ran. Herrlich... Diese Nähe war mir nicht wirklich recht. "Pass gut auf ihn auf klar?!", bei seiner Stimme gefror so ziemlich alles in mir und im selben Moment drohte mir auch noch die Kinnlade herunter zu fallen. Vor Entsetzen! Da hatte der kleine Billy ja hervorragende Arbeit geleistet und das ohne mich ein zu weihen. Kein Wunder, dass er so darauf erpicht war, dass ich unbedingt mitkommen musste. So schaffte er einen Grund mehr für den ich auf jeden Fall auf die Party gehen musste, schon allein, weil er meinem Lieblingsfeind ohne mein Wissen einfach eingetrichtert hatte, ich würde schon auf seinen kleinen, nervigen Bruder aufpassen. Ja war ich denn ein Babysitter oder was? Das hatte er ja toll eingefädelt. Auf die ein oder andere Weise schaffte ich es doch immer wieder mich in die ein oder andere Situation zu verfrachten. Und ich war noch nicht mal immer selbst Schuld daran. War ja nicht auszuhalten! Verdammt, wie kam ich da nur wieder raus?! Gar nicht, schätzte ich nüchtern ein. Benjamin, du solltest wirklich mit den Träumereien aufhören! "Also abgemacht, ich muss dann auch wieder zur Arbeit. Ich wollte mich nur versichern, dass das auch klar geht. Jorden, schreib mir eine SMS wenn ihr wieder zu Hause seid okay?", meinte er, ohne eine Antwort meinerseits abzuwarten. Dafür schaute er Jorden umso besorgter und gleichzeitig wahnsinnig liebevoll an. Blicke, die mir immer verwährt geblieben waren, seid ich denken konnte. Der Einzige, der sich mal um mich sorgte war Billy, aber das war irgendwie anders...ja völlig anders. "Und du bist dich sicher, dass du ohne mich auch nicht einsam bist?", vergewisserte sich Will noch einmal. Jorden nickte und sagte, "Ja, ich schaff das schon und außerdem ist ja Benjamin bei mir, ich werde schon nicht einsam sein!", teilte er ihm voller Optimismus mit und versetzte mir damit einen Stich, ohne dass ich wusste, was es war, oder woher das rührte. Er überraschte mich doch jedes aufs Neue, wenn wir uns begegneten...was war das nur? Jorden lächelte seinen Bruder zufrieden an und ließ sich von ihm über den Kopf streicheln, ehe er ihn verließ. Erst, als er sich auch ganz sicher war, dass er ihn nicht mehr sehen konnte, bemerkte ich wie seine Mundwinkel ein wenig absanken. Er sehnte sich nach seinem Bruder, er war traurig, dass er nicht bei ihm war, weil er so wenig Zeit mit ihm verbrachte. Fast so, als wäre er nicht halb so egoistisch wie ich...aber stimmte das wirklich? Bevor ich richtig zu Ende denken konnte, drehte er sich auch schon zu mir um, als erwartete er etwas von mir. Es stellte sich heraus, das er mir lächelnder Weise eine Frage stellte. "Und? Musst du noch lange arbeiten?", wollte er wissen. Natürlich, aber...vielleicht... "Äh...nein, meine Schicht ist gleich zu Ende." Das Rumoren im Hintergrund verhieß schon nichts Gutes, aber das war die Gelegenheit mich hier herauszureden. "Leute! Wie ihr gerade mitbekommen habt, habe ich noch zu tun! Ich mache Feierabend!", teilte ich der Mannschaft mit und setzte mine Hasenohren ab. "Was? Das kannst du nicht machen! Du bist die beliebteste Bedienung hier! Ohne das heiße, weiße Häschen werden uns die Gäste ausbleiben!", jammerten sie. Dabei wussten sie doch ganz genau, dass, das nicht stimmte. Viele der Typen kamen doch eher wegen der kurzen Röcke und der hübschen Mädchen. "Tut mir leid, aber ich muss los.", sagte ich bestimmt und sah mich um zu Jorden, der mich verwirrt ansah und dann den Kopf schüttelte. "Aber du kannst die Anderen doch nicht im Stich lassen! Mach doch noch ein wenig weiter. Ich warte so lange auf dich. Ja? Außerdem... stehen dir diese Ohren doch total gut Benjamin!", predigte er mir mit ernster Miene und wich wie aus Reflex einen Schritt zurück, als ich hörte, wie er meinen Namen aussprach. Wie konnte mich das nur so aus der Bahn werfen? Geschweige denn..."Also gut...aber nicht mehr lange!", stellte ich klar und zog mir wiederstrebend die Ohren wieder auf. Natürlich waren sie alle hellauf begeistert und jubelten. "Hört schon auf zu jubeln und geht an die Arbeit!", moserte ich. Nun, ich war eben nicht gut im freundlich sein...aber irgendwas hatte dieser Kleine an sich....was mich noch in den Wahnsinn trieb.... So kellnerte ich also noch eine Weile weiter, bis ich meine Grenze beinahe überschritt und es nicht mehr aushielt. So war das eben bei eher unsozialen Menschen wie mir. Ich war halt egoistisch und ich stand dazu. Da war es mir herzlich egal was andere von mir dachten! Billy war übrigens immer noch nicht aufgetaucht. Was zum Henker machte er nur? Das wollte ich nur zu gerne wissen. Wie auch immer, Jorden hatte jedenfalls seinen Spaß mir dabei zu zusehen, wie ich mich zum Deppen machte und irgendwie war ich ihm deswegen kein bisschen böse. Nein es amüsierte mich sogar auf eine Weise. Jeden anderen, hätte ich dafür mit meinen Blicken getötet. Bei ihm konnte ich es nicht. Als ich dann aus der Umkleide kam, zupfte Jorden mir am Ärmel. "Du, das war richtig lustig mit den Anderen. Es sah fast so aus, als hättest du auch Spaß gehabt.", meinte er und ließ mich einen Moment wie erstarrt da stehen, bis ich mich wieder fing. "Ach, das bildest du dir nur ein!", meinte ich, da ich tatsächlich nichts davon bemerkt habe. "Du bist so ein Spinner! Ich hab's genau gesehen!", beharrte er darauf, ließ mich aber nicht antworten. "Und? Was wollen wir machen, bis die Party steigt? Bis dahin ist ja noch ein bisschen Zeit.", stellte er fest. Ich seufzte. Sollte ich ihm tatsächlich sagen, dass ich nicht wirklich Lust darauf hatte? Das ich viel lieber zu Hause über das Leben sinnierte und mich dann schlafen legte...am liebsten den ganzen Tag. Das war nicht sonderlich aufregend, aber lieber als zu dieser Veranstaltung zu gehen. Ganz ernsthaft! "Tja, ich weiß nicht, bin darauf nicht wirklich vorbereitet.", wer konnte denn auch ahnen, das Billy es veranlasste, dass Will Jorden einfach bei mir ablieferte und sich dann zu meinem Leidwesen aus dem Staub machte. "Hmm, dachte ich es mir... Billy hat dich also übers Ohr gehauen, hab ich recht?", offenbarte er mir plötzlich seine Vermutung. Nicht ernsthaft...der blickte ja besser durch, als ich dachte. "So in etwa...er hat es abgesprochen, ohne mich zu fragen, wenn ich recht so darüber nachdenke.", erzählte ich ihm wahrheitsgemäß. "Weißt du...wir können auch was anderes machen, wenn du nicht auf die Party willst.", willigte er ein. Ich zuckte mit den Schultern. “Willst du denn nicht?”, antwortete ich mit einer Frage. Was besseres fiel mir einfach nicht ein. Reden war auch nicht unbedingt meine Stärke, eher nachdenken und sinnieren... klar, das war nicht sehr kommunikativ. Störte mich aber nicht im Geringsten. Jorden sah aus als musste er scharf überlegen, “Ach weißt du...ich habe eigentlich nur zugestimmt, weil Billy meinte, dass du auch da sein würdest und ich wollte...na ja...”, er rieb sich nervös die Hände. “Ich wollte dich unbedingt wiedersehen...”, erklärte er mir, mit leicht roten Wangen und wich meinem Blick aus. Was sollte das denn jetzt? Was war nur los mit ihm...”Also, wenn du möchtest, können wir auch einfach nur zu dir nach Hause gehen und Filme gucken, oder vielleicht was kochen. Du kochst doch bestimmt nicht alleine oder? Deine Küche sah so leer und unbenutzt aus.”, sagte er, als kannte mich schon viele Jahre und so war es ja im Grunde auch, nur, dass wir uns eher viele Jahre nicht gesehen hatten und wir uns viel mehr auf eine ganz neue Weise kennen lernten. Eine Weise, die damals undenkbar gewesen wäre. Leise murrte ich vor mich hin. Im Grude war ich doch ziemlich überrascht, dass er in meinen Willen einlenkte, aber ich wollte es nicht wahrhaben. So wie ich das Alles nicht wahrhaben wollte. Das ich so freundlich zu ihm war, dass ich ihn einfach nicht hassen konnte, dass ich ihm einfach nicht böse sein konnte, egal was er tat. Selbst wenn er mich nervte, erheiterte er mich in einem gewissen Maße auch. “Was meinst du? Hast du Lust auf kochen?”, ich zuckte einfach mit den Schultern. “Mir egal.”, Hauptsache wir mussten nicht auf diese schreckliche Party! Kapitel 9: "Sex, Drugs & Rockn' Roll" ------------------------------------- "Benjamin, jetzt mach nicht so ein griesgämiges Gesicht, du machst den Leuten ja Angst.", belehrte Jorden mich, als wir an der Kasse des Supermarktes standen. Eine riesige Schlange bäumte sich vor uns auf. War ja klar, das sowas kommen musste an einem Freitag abend. Da kauften die Leute ein, um fürs Wochenende gewabnet zu sein. Nur vor Feiertagen war es schlimmer und natürlich machte auch keine weitere Kasse auf. Das Schild über den Kassen, das in Signalfarben darauf hinwies, das ab fünf Kunden vor einem, auf Ansprache eines Angestellten des Supermarktes, eine weitere Kasse öffnete, war wohl nur überflüssige Deko die keiner brauchte. Denn selbst auf mehrmalige Ansprache an die Kassierer passierte nichts. Nichts! Natürlich waren auch weitere Mitarbeiter dieses Ladens nicht in unmittelbarer Reichweite. Es war eine Katastrophe, die meine Nerven strapazierte. Aber ich musste mich ja unbedingt von Jorden überreden lassen was zum Kochen ein zu kaufen. Mittlerweile fragte ich mich, ob es nicht doch besser gewesen wäre auf dir Party zu gehen, als hier in einer ewigen Warteschlagen zu versauern. "Lass mich! Wenn die es mal schaffen würden eine Kasse mehr zu öffnen, müssten wir uns hier nicht die Beine in den Bauch stehen!", nörgelte ich. Na, ja, eigendlich stand ja nur ich mir die Beine in den Bauch, Jorden saß ja. Da hatte der Rollstuhl ja zur Abwechlung mal was Positives. Ja, das klang jetzt fies, aber so war es nun mal! Gefühlt verging eine Ewigkeit, schleichend und langsam. Zeit, die ich sehr viel angenehmer hätte verbringen können! Jorden seufzte, "Ja, das verstehe ich, aber das ändert doch auch nichts an der Situation.", erklärte er. Als ob ich das nicht wusste. Es verging wieder eine gefühlte Ewigkeit, als ich plötzlich Jordens Stimme hinter mir hörte, "Was soll das? Ihr seid doch noch gar nicht dran!", schimpfte er. "Jetzt reg dich mal ab, wir haben doch nur unser Bier...he, he und von so einem Krüppel lassen wir uns mal gar nix sagen klar? Also mach mal nicht so einen Aufstand! Ist doch wahr.", sagte dieser Spinner von oben herab, als sei er der König der Welt.Pah! Aber nicht mit mir! Niemand redete so mit Jorden, außer mir! Kaum das der Typ seinen Monolog zu Ende geführt hatte, drehte ich mich zu ihm um und ich war mir sicher, wenn Blicke tatsächlich töten konnten, wären sie jetzt umgekippt wie die Fliegen. "Hey ihr da! Ihr nervt! Stellt euch gefälligst hinten an, so wie jeder Andere auch!", gab ich angepisst von mir. "Hey Mann, beruhig dich mal wieder...ist doch nichts passiert!", wollte der Typ sich rausreden. Ich grinste kalt, "Ja stimmt...es ist nichts passiert, zumindest noch nicht und jetzt stellt euch schön brav hinten an bevor ich mich vergesse, alles klar?", meine Hände ballten sich bereits zu Fäusten zusammen. Meine Stimmung war wirklich im Arsch. "Benjamin! Die Leute gucken schon!", machte Jorden mich aufmerksam. Mein Blick richtete sich an ihn. Er sah mich ernst an, ohne Angst in seinem Blick und schon beruhigte ich mich wieder, ganz im Gegensatz zu diesen Typen, die mich immer noch irretiert anstarrten und sich dann verzogen. War auch besser für sie. Allerdings wäre eine Prügellei in einem Laden auch nicht so günstig, da wir dann sicher Hausverbot bekommen hätten. Ich schätzte allerdings dass wir so oder so genug Aufmerksamkeit bekamen, wenn ich mich so umsah. Die Leute um uns herum hatten sicher noch Tage später so viel Gesprächsstoff, dass es noch glatt für einen Zeitungsartikel reichte. Sie alle hatten gesehen, was sich diese Kerle herausnahmen und keiner machte den Mund auf. "Hey man, glotzt nicht so blöd!", murrte ich und witmete mich wieder dem Einkauf. "Jorden, es geht weiter.", machte ich ihn aufmerksam und fuhr den Wagen an die Kasse, wo ich alles aufs Laufband legte, in der Hoffnung endlich dran zu sein, wenn da nicht wieder diese Oma wäre, die sich nun doch nicht so einig war, ob sie ihre Einkäufe nun wirklich vollständig hatte. Nein verdammt! Das konnte doch nicht wahr sein! Ich hasste Einkaufen, jawohl ich hasste es! Jorden schien meine Anspannung zu spüren. "Benjamin? Schon gut, wir sind ja gleich dran.", erinnerte er mich. Ich drehte mich zu ihm ihm. "Du hast leicht reden...ich dreh gleich ab! Ich muss hier raus!", moserte ich. Jorden hingegen schien seinen Spaß zu haben. "Was ist denn jetzt so witzig!? Es ist nervig und zeitraubend!", regte ich mich auf. "Ach ich hab nur noch nie jemanden gesehen, der sich beim Einkaufen so aufregen kann.", wollte der mich verarschen? Jorden musste ja Nerven haben wie Drahtseile, wenn er das Alles so locker nehmen konnte. Ich hingegen bekam fast die Kriese. "Weißt du, stressig ist es nur für den, der sich den Stress macht.", Klugscheißer! Ich wingte ab. "Ja, ja...schon klar...", murrte ich, als es endlich weiterging. Die Oma hatte sich tatsächlich entschieden und ihre Einkäufe von der Kasse zur Ladentür befördert und wenig später standen auch wir vor der Ladentür. Endlich! Jetzt wollte ich aber nur noch nach Haus, das hieß, wenn uns nicht wieder jemand oder etwas aufhielt. Sowas kam ja eh immer dann wenn man es nicht gebrauchen konnte. Wir hatten gerade etwas mehr als die Hälfte der Strecke zurückgelegt, da sah ich plötzlich Billy, der mit einer Gruppe von Leuten unterwegs war. Seiner Kleidung nach zu urteilen, war er bereits Partybereit.Nicht das ich Billy nicht mochte, aber das kam mir gerade reichlich ungelegen. Er würde uns sicher rüberreden wollen doch auf die Party zu gehen und so wie ich ihn kannte, würde er das sicher auch schaffen mit seiner unbändigen Überredenskunst. Manchmal dachte ich, dass er auch Scheiße zu Gold reden konnte, wenn er nur wollte. Genau das war das Problem! "Sieh mal, da ist Billy. Das sind doch Mitschüler von dir oder? Ich hab sie im Kaffee gesehen. Nur das Mädchen kenne ich nicht.", stellte Jorden fest. Als ich das Wort "Mädchen" hörte, sah ich kurz auf, nur rein aus Neugierte, wen er sich denn da für die Party angelacht hatte. Ich staunte nicht schlecht, als ich diese bunten Haare sah, die mir sehr wohl bekannt waren. Es war Yui, die auch auf der letzten Party war. Was hatte sie denn mit Billy zu schaffen? Nicht das es mich interessierte, aber seltsam war es schon. Neben mir zupfte jemand an meinem Shirt und sah zu mir hoch. Da wollte wohl jemand meine Aufmerksamkeit. Na ich war ja nicht so und erbahmte mich zu ihm herunter zu schauen. "Was denn?", " Willst du nicht zu ihm gehen? Er wird sich sicher freuen, wenn du zu ihm gehst. Außerdem hast du ihm doch sicher noch nicht gesagt, dass wir nicht zur Party gehen oder?" Innerlich stöhnte ich auf. Warum musste er nur recht haben? Natürlich hatte ich ihm noch nicht davon erzählt. Warum erläuterte ich ja eben schon. Das war so, als würde man einem Löwen gegenüber stehen und sagen, "Bitte friss mich." Nein! Darauf hatte ich nun wirklich keine Lust und auch auf Yui hatte ich keine Lust. Die machte mir irgendwie ein unbehagliches Gefühl, wenn ich ihr gegenüberstand. Sie schaute mich immer so seltsam an, als wolle sie mir etwas sagen, was ich weiß Gott nicht hören wollte. So war es doch meistens, wenn man auf solche Menschen traf, man wollte gar nicht wissen was sie wirklich von einem dachten, oder wollten, was auch besser so war. So hatte ich das Gefühl. "Nein, hab ich nicht...und ich hab auch nicht vor es ihm zu sagen.", murrte ich also wahrheitsgemäß. Jorden zog eine Augenbraue hoch und sah mich an, als würde ich beinahe ein Verbrechen begehen. Ja war es denn ein Verbrechen, wenn man einfach nur seine Ruhe haben wollte? Dieser Blick hielt aber nicht lange an, als er sah, dass wir beobachtet wurden. "Sie mal, dieses Mädchen schaut zu uns rüber. Kennst du es?", wollte er wissen. Ich zuckte mit den Schultern. "Niemand wichtiges.", antwortete ich kurz angebunden und war bereits im Begriff weiter zu gehen. Nur leider kam ich nicht weit. "Benji? Hey Benji mein Freund! Ah und Jorden ist auch da, na das ist ja passend, wir waren gerade auf dem Weg um euch abzuhohlen!", winkte Billy mir fein fröhlich, als er uns sah und lenkte damit die Aufmerksamkeit auch auf den Rest der Gruppe. Na toll! Und das nachdem er mich vorhin so ohne weiteres mit Will und Jorden allein gelassen hatte, na der hatte Nerven... Billy legte verwundert den Kopf schief. Mit dem Finger deutete er auf die Einkaufstüten in meinen Händen. "Du hast eingekauft? Mal abgesehen davon, dass du dich sonst niemals freiwillig in einem so großen Supermarkt blicken lässt, außer, wenn es wirklich nötig ist...hattest du etwa vor dich vor der Party zu drücken?", stellte er erschreckend schnell fest. Mit seiner Hand fasste er sich an die Stirn. Die Gruppe wurde hellhörig. Ein Raunen war zu hören. "Was? Benjamin du wolltest dich drücken? Das kannst du nicht machen, wegen dir kommen doch die ganzen süßes Mädels!", jammerte Franko. "Ja, das kannst du uns nicht antun!", meinte Rico, der zufällig sein bester Freund war. Yui verhielt sich zum Glück die ganze Zeit über ruhig. Das fehlte mir noch, wenn sie auch noch ihren Senf dazu geben musste, wo die Anderen mir bereits den letzten Nerv raubten. Mir persönlich hatte der schier endlose Marathon im Supermarkt ja gereicht. Billy hatte die Hände in die Seiten gestemmt und grinste vor sich hin. Verfucht, was fand der denn jetzt wieder so witzig? "Ach was, sowas swürde er niemals tun, er wollte bestimmt nur Jorden vor den ganzen bösen Jungs abschirmen, weil er einen Beschützerinstinkt entwickelt hat.", lachte Billy. Bitte was? War der denn jetzt völlig von Sinnen? Ich und einen Beschützerinstinkt? Was für ein ausgemachter Unsinn! Mist, wie kam ich denn da wieder raus? Die Antwort musste "gar nicht" sein, denn jetzt wurde ich von allen Seiten angestarrt, denn es schien mir, als hätten sich alle um mich herum versammelt. Sogar Yui stand dabei und auch Jorden schaute mich verwirrt an. So verwirrt wie noch nie. "Ist das wahr?", wollte Jorden wissen. "Äh...Nein! Natürlich nicht!", ich war doch kein Samariter oder sowas. Konnte es noch schlimmer werden? * Und es wurde schlimmer! Etwa eineinhalb Stunden später saß ich in einer Runde voller Partywütiger und murrte vor mich hin. Ich wusste nicht mehr, wie oft das eine oder andere Mädel vorbeikam und versuchte mich zu einem Tanz oder einem Cocktail zu überreden. Als ich noch mit Vanessa zusammen war, hatte ich damit nicht so viele Probleme mal auf nen Firt einzugehen, was sie ja schon megaeifersüchtig gemacht hatte, aber zur Zeit hatte ich daran irgendwie kein Interesse mehr. Ich fragte mich, ob es mich einfach mehr reizte, wenn ich einem Risiko ausgesetzt war. Schließlich hieß es doch "No Risk, no Fun". War ich etwa prüde geworden? Immerhin war ich am Anfang noch davon überzeugt, dass sich sicher bald ein anderes Mädel finden würde und jetzt turnte es mich nicht mehr an? Die Weiber, die sich hier niederließen und mich anmachten, war schon nicht potthässlich, aber mindestens siebzig Prozent von ihnen verhielten sich wie "Nutten". Von meinem Platz aus, konnte ich beobachten, wie sie sich sogleich an den Nächsten ranschmissen, wenn sie nicht bei mir landeten. Hatte mich das je gestört? Ich wusste es nicht mehr. "Du, Benjamin, willst du nicht doch mal tanzen gehen oder so? ", wollte Jorden wissen, der neben mir auf dem Sofa saß, auf dass ich ihn gesetzt hatte. Na das hätte er wohl gern, dass ich nachher den ganzen Ärger einheimsen würde, wenn ihm etwas in meiner Abwesenheit passierte. Denn die Aussicht mir Wills Mörderblick und seine dämlichen Strandpauken antun zu müssen war nicht das, was ich mir vorstellte. Was mich aber noch viel mehr ärgerte war, dass der ganze Einkauf umsonst war! Billy hatte mich so lange belagert, bis ich mal wieder einlenkte. Ich war ein inkonsequenter Vollidiot! "Passt schon. Mir ist eh nicht danach.", brummelte ich und nippte an meinem Bier. Ich hatte schon lange keinen Alkohol mehr getrunken. Schon gar kein Bier und jetzt wusste ich auch wieder wieso. Ich hasste Bier! Es schmeckte furchtbar! Trotzdem ließ es mich diese grauenhafte Musik aushalten. Bushido vom feinsten! Alter, wer hatte die Musik ausgesucht!? "Benjamin...wenn du dich wegen mir zurücknimmst...", begann Jorden, und ich wollte schon etwas erwiedern, als plötzlich Vanessa, meine Exfreundin, neben mir stand und mich mit einem verachtenden Blick bedachte. "Hallo Benjamin. Lange nicht gesehen.", ich sah sie desinteressiert an. "Was willst du Vanessa?Du bist doch wohl nicht zu mir gekommen, weil du dich so freust mich zu sehn.", antwortete ich. Vanessa wedelte mit der Hand in der Luft herum. "Nein, natürlich nicht. Ich habe dich nur schon eine Weile beobachtet, von dort drüben.", sie zeigte auf die kleine Bar, auf der gegenüberliegenden Seite der Sofaecke. Auch Jorden schaute rüber und dann wieder zurück und betrachtete sie ein wenig irritiert. "Du hast noch kein einziges Mädchen angesprochen und hast alle, die dich angesprochen haben wieder weggeschickt. Da habe ich mich natürlich gefragt, was mit dir los ist.", erklärte sie mir und setzte sich so dreist neben mich und betatschte mir den Oberschenkel, als sei es eine Selbstverständlichkeit. "Was ist los Benjamin? Du bist doch sonst nicht so prüde. Wenn ich mich recht erinnere, hast du doch früher alles genommen, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.", sie flüsterte mir ihre Worte ins Ohr, nachdem sie sich näher an mich drückte und mir Stück für Stück näher gekommen war. Nur Sekunden später schob jemand ihre Hand von meinem Bein. Es war Jorden, der sich plötzlich an meinem Arm festklammerte und sich so ein wenig über meinen Schoß gebäugt hatte. "Nein! So einer ist er nicht! Jedenfalls nicht mehr! Auch wenn Benjamin in der Vergangenheit ein Idiot war, hat er sich verändert!", ergriff er plötzlich das Wort. Ich konnte genau sehen, wie Vanessa augenblicklich zurückwich und selbst ich musste schlucken. Das ausgerechnet Jorden sich für mich einsetzte,...war ein seltsames Gefühl, dass sich in mir festsetzte... Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, setzte Vanessa wieder an. "Ach wirklich? Du hast doch keine Ahnung! Du kennst ihn doch überhaupt nicht! Pass bloß auf! Du denkst er hat sich geändert? Pah, warts nur ab, er wird dich genauso verarschen, wie er es bei mir gemacht hat!", schimpfte sie und riss ihre Hand los. Jorden presste die Lippen zusammen. "Nein! Du hast keine Ahnung! Ich kenne Benjamin besser als du denkst!", antwortete er wärend er sich weiter an mich klammerte. Dabei vergaß ich fast, dass er ohne diese Stütze ganz sicher umgekippt wäre. Sein Blick klebte, so ernsthaft, wie ich ihn noch nie erlebte, an dem von Vanessa. Diese zog sich schulterzuckend zurück. "Wenn du meinst...mach was du willst. Aber heul nicht rum, wenn du es früher oder später bereust.", meinte sie und machte auf dem Absatz kehrt. Jorden schaute ihr noch eine Weile nach und begab sich dann wieder in eine aufrechte Position. Wie ich Jorden nun ansah, stimmte Vanessas Auftritt auch mich nachdenklich. Warum ließ er sich auf einen Menschen wie mich ein und warum verteidigte er mich? Obwohl ich so fieß zu ihm war? Was war, wenn Jorden tatsächlich wieder zu Schaden kam, wenn er sich weiter mit mir abgab? Sollte es mich überhaupt scheren, was mit ihm wahr? Was ging es mich überhaupt an? "Na? Was war denn eben bei euch los? Wenn mich meine Augen nicht täuschen, war das doch eben Vanessa, deine Ex?", hörte ich Billy, der plötzlich mit Yui neben uns stand. Sowohl Jorden, als auch ich erschracken. "Billy! Was soll das? Du kannst uns doch nicht so erschrecken!", moserte ich sofort und kam zu meiner alten Form zurück. Eine gute Sache hatte dieses plötzliche Auftauchen also. Es half mir demnach auch meine alte Fassung wieder zu erlangen. Diese ständige Nachdenkerei brachte mich noch völlig aus dem Konzept. Billy lachte. "Jetzt mecker mal nicht so viel rum Benjamin. Geh lieber mal ne Runde tanzen oder so und komm mal wieder ein bisschen runter. Du siehst nähmlich so aus, als bräuchtest du mal wieder ein Ventil zum Druck ablassen oder so.", er zwinkerte mir zur und schien mit dieser Ansage Jorden total durcheinander zu bringen. "Bitte was? Billy!", ich stand auf und zog ihn am Kragen ein wenig zu mir. "Billy, das kannst du doch nicht bringen! Nicht wenn Jorden da ist!", flüsterte ich ihm zu. "Was? Wieso denn? Der Kleine ist doch nicht aus Zucker...obwohl. Autsch...Benjamiiinnn...", ich knief ihn inn die Seite und er wurde augenblicklich kleinlauter. "Du weißt ganz genau, wenn irgenwas passiert, bin ich tod! Also hör auf irgendwelche anzüglichen Bemerkungen in seiner Gegenwart zu machen klar!", ganz genau. Ich hatte nämlich nicht vor schon zu sterben! Schon gar nicht durch Wills Hand! Billy stemmte die Hände in die Seiten. "Benji, Benji, wer hat denn irgendwas anzügliches gesagt? Ich sagte lediglich, dass du vielleicht mal ne Runde tanzen gehen solltest um ein bisschen Stress abzubauen. Was ist denn daran anzüglich?", lachte er dann auf und deutete auf Yui. "Hier, nimm Yui und schwing dich auf die Tanzfläche!", nun war es an Yui, Wiederspruch einzulegen."Was? Aber Billy!", ich konnte erkennen wie sie rot wurde. "Kein aber! Du willst doch schon die ganze Zeit mit ihm tanzen, also los! Habt Spaß! Und um Jorden kümmere ich mich so lange!", ich sah zu Jorden, der noch etwas mich schon in Richtung Tanzfläche geschoben und schon wurden wir von der Menge verschluckt. Nach wenigen Minuten konnte ich Jorden und Billy schon gar nicht mehr sehen und irgendwie beunruhigte mich das. Zum Nachdenken blieb mir allerdings nicht viel Zeit. Die feierwütige Menge schob uns weiter in Richtung Tanzmitte und nun standen wir da und starrten uns an. Yui lächelte unbeholfen. "Also...dann mal los.", meinte sie mit vorerst schüchnernen Optimismus in der Stimme und begann sich zu bewegen und war bereits nach wenigen Minuten gar nicht mehr so schüchtern, sondern schwang die Hüften im Rythmus der Musik und steckte auch mich damit an. So kam es, dass wir beide das Tanzbein schwangen und das obwohl die Musik scheißlich war. Unglaublich, ich war sogar der Meinung so etwas wie "Spaß" zu empfinden und für einen kleinen Moment sogar mein schlechtes Gefühl zu vergessen. Gar nicht so schlecht. Sie tanzte wirklich reizend und hatte richtig Rythmusgefühl. Erstaunlich wie sie sich bewegte. Beim Tanzen vielen mir zum ersten Mal ihre weiblichen Rundungen auf. Sie war schlank, aber kein Gerippe. Sie hatte ein hübsches Gesicht und ihre langen lilanen Haare schwangen mit ihren Bewegungen mit. Sie trug sie offen, was ihr gut stand. Ich war so angetan, dass ich der Musik folgend näher mit ihr tanzte und auch anzüglicher. Es geschah ganz automatisch. Mir war, dass wir uns immer näher kamen. Gefährlich nahe und ich dachte nicht weiter darüber nach, sondern ließ es einfach geschehen. Kein Ahnung, ob das an dem Bier lag, dass ich plötzlich so hemmungslos wurde. Normalerweise vertrug ich ja schon so einiges. Aber da ich schon lange nichts Alkoholisches mehr zu mir genommen hatte...möglich war alles. Wir tanzten immer enger und irgendwie...intimer mit einander, bis wir uns irgendwann an den Lippen klebten und heiße Küsse austauschten, wärend wir unsere Körper rythmisch weiter bewegten. Nach einer Weile wurde es ganz schön heiß und scheiße, ich wollte sie flachlegen! Kein Wunder, sie war ja alles andere als unatraktiv. Solche Gedankengänge waren mir seid einer Weile nicht mehr in den Sinn gekommen. War ich etwa notgeil geworden oder lag es einfach daran, dass ich seid einiger Zeit schon keinenn Sex mehr hatte? Nur eines war mir klar, dass ich ein Mann war... Keine Ahnung, wie das kam, aber es schien, dass sie meine Gedanken lesen konnte und zog an meinem Arm und deutete auf den Flur.Ganz unauffällig, als wir unseren Kuss schwer atmend lösten. Lag bestimmt auch and er erstickten Luft hier drin, das wir so schwer Luft bekamen. Ich nickte einfach nur und folgte ihr, ohne weiter darüber nach zu denken. Ich war im Rausch und wie benebelt...ohne die Folgen zu bedenken... Etwa zehn Minuten später drängten sich unsere Körper an einander und ächzten nach der Berührung des Anderen. Küsse, Kleidungsstücke die auf den Boden des Badezimmers vielen. Keuchen, Wärme und unterdrückte Geräusche die an den weiß gefließten Wänden wiederhallten. Sie drückte sich immer wieder an mich und reagierte auf jede meiner Berührungen. Sie war so empfindlich und schien auch ein Gefühl dafür zu haben, was ich mochte....ich hatte das Gefühl einen Jahrhundertelangen Druck ablassen zu können, der sich in mir drängte... und dann...war es geschehen..Es war einfach geschehen,...und sie hing erschöpft in meinen Armen und ich blieb eine Weile an den Toilettenkasten gelehnt. Um mich zu erholen verstand sich. Nach weiteren gefühlten zwanzig Minuten löste sie sich von mir und zog sich langsam wieder an und auch ich zog mir die Hose wieder hoch sammelte mein T-Shirt vom Boden auf. Erst als ich so langsam wieder bei Verstand war, wurde mir klar, was wir hier eigentlich getan hatten. Wir tauschten Blicke aus. Sie errötete leich und kratze sich am Hinterkopf. "Und jetzt?", sie war die Erste, diem die Worte wiederfand. Ich zuckte mit den Schultern, weil ich nich wirklich wusste, was ich sagen sollte. Gefühlsduselleien waren ja noch nie mein Ding. Aber was noch viel erschreckender war, dass ich mich auf einmal schlecht fühlte. So als sei es nicht richtig, was ich da getan hatte. Plötzlich waren meine Gedanken wieder bei Jorden und je mehr ich an ihn dachte, desto mehr fühlte ich mich wie ein verdammter Verbrecher... Diese Party machte ihrem Namen alle Ehre,... Kapitel 10: Nach der Party... ----------------------------- Jorden "Sag Jorden,was ist eigentlich los? Ist irgendwas passiert?", wollte mein Bruder wissen, als wir am Essenstisch saßen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er bemerkte, dass irgendwas mit mir nicht stimmte. Wie immer traf er genau ins Schwarze. Ich traute mich bisher nur nicht es ihm zu erzählen. Um Zeit hinaus zu zögern presste ich die Lippen auf einander. Für einige Sekunden gab mir dass, das Gefühl, er würde sein Interesse an der Beantwortung seiner Frage einfach verlieren. Doch zu meiner Enttäuschung tat er es nicht. Natürlich tat er es nicht! Wie konnte ich auch nur so dumm sein, das zu glauben. Will interessierte sich immer dafür was mit mir los war. Außerdem hatte er eine Antenne dafür zu spüren, wenn etwas nicht stimmte. Schon als wir noch Kinder waren, wusste er stehts das was nicht stimmte, bevor ich es wusste. In letzter Zeit besonderes und ich wusste ganz genau wieso. Wegen Benjamin. Will konnte Benjamin auf den Tod nicht ausstehen, weil er sich sorgte. Weil er höchstwahrscheinlich schon mit so etwas rechnete, weil Benjamin mir in der Vergangenheit auch nichts Gutes getan hatte. Eher das Gegenteil...er war ein Arschloch...und trotzdem wollte ich an ihn glauben... Warum musste er nur recht haben!? Das war doch unfair! Unsicher druckste ich herum, wollte am liebsten darüber schweigen, also versuchte ich es mit einer Ausrede. "Nein, was soll denn sein, es geht mir gut!", versicherte ich ihm, als ich mir eine Gabel voll Spagetti mit Hackfleischsoße in denn Mund stopfte. "Hm, schmeckt gut Will, bischt...ein pfwahrer , Meischterkoch.", bestätigte ich ihm mit einem gefaketem Lächeln im Gesicht. Es stimmte zwar, dass er schon nicht schlecht kochen konnte, aber im Herrstellen süßer Leckereien war er doch noch um einiges besser. Kein Wunder, er war Konditor...aber ich schweife ab. Mein Bruder war leider nicht so leicht an der Nase herum zu führen, wie ich es mir gerade wünschte. "Hey, jetzt versuch nicht abzulenken. Ich weiß genau, dass du versuchst das Thema zu umschiffen! Ich sehs dir an der Nasenspitze an. Also raus mit der Sprache.", machte er mir brüderlich klar, auf eine Art und Weise, wie man es eigentlich nur von Müttern kannte, die von Haus aus eingebaute Antennen besaßen und so immer wussten was mit ihren Kindern los war. Genau so war Will. Sicher würde er später einen guten Vater abgeben. Nur in diesem Moment wäre es mir lieber gewesen, er besäße diese Antenne nicht, oder ignorierte seinen Spürsinn einfach mal. Nervös ließ ich die Gabel auf den Teller sinken und schaute auf den Teller vor mir, der mir plötzlich riesig erschien. Viel zu riesig. Hilfe! "Na ja weißt du...es ist wegen Benjamin. Er scheint mich seid über einer Woche zu Ignorieren...", mit meiner Gabel fing ich an im Essen herum zu stochern, auf das ich plötlich überhaupt keine Lust mehr hatte. Zu meinem Erstaunen sah er mich nur an, stützte dann sein Gesicht in seine Hände und seufzte ernüchtert. An seinem Gesicht war nicht viel abzulesen, außer das er eine Vermutung anstellte, aber nicht viel dazu sagen wollte. Zumindest nicht das, was ihm eigentlich im Kopf schwirrte. Ich habs dir doch gesagt. Dieser Kerl hatte es eben nicht ernst mit dir gemeint. Aber genau das sagte er nicht. Stattdessen schwieg er und das machte mir irgendwie Angst. Ich hasste es wenn er so schwieg. Dann brodelte er innerlich vor sich hin, obwohl ihm irgendwas überhaupt nicht passte. Es war mehr als klar, das er schwieg, um mir genau das nicht an den Kopf zu werfen, weil er wusste, dass es mich verletzte, wenn er sowas sagte. Dabei war es doch genau so. Benjamin ignorierte mich, reagierte auf keine SMS, auf keinen Anruf. Schon seid Tagen, seid dieser Party, die übrigens in einem Disaster endete. Vorbote war allen Anschein nach Vanessa, Benjamins Ex-Freundin, die es offenbar beabsichtigte, sich wieder an ihren Ex ranzuschmeißen. Allerdings nicht, so wie man es von einer Frau erwartete, die noch in ihren Ex verliebt war...sondern eher mit abschätzigen Bemerkungen und betatschen seiner Oberschenkel. Zwar hatte sie recht mit dem, was sie über ihn sagte, aber ich konnte nicht anders, als ihn zu vertreidigen. Es war wie ein Impuls, der mich antrieb. Seid unserer ersten Begegnung, nach all den Jahren, hatte mein Herz nicht mehr so schnell und aufgeregt geschlagen wie in diesem Moment. Selbst Benjamin schien einen Moment Sprachlos. Aber immerhin schien mein Kommentar so wirksam zu sein, dass Vanessa sich zurückzog und meinte nur noch, dass ich nicht heulen sollte, wenn ich es am Ende bereute. Zuerst wollte ich es nicht glauben, bis sich eine Kettenreaktion löste. Sollte sie am Ende sogar recht behalten? Einer der Partygäste hatte zu viel getrunken und sich mitten aufs Tanzpackett übergeben, direkt neben mir kassierte einer von Billys Kumpels eine schallende Backpfeife von seiner Freundin und auf der gegenüber liegenden Seite viel ein weiterer Gast betrunken vom Thresen und musste vom Krankenwagen abgeholt werden. Verdacht auf Alkoholvergiftung und Gehirnerschütterung nach dem Sturz. Es war wie eine Kettenreaktion, die sich durch die Menge zog. Zum Schluss kam Benjamin aus dem Getümmel hervor und machte ein Gesicht, als hätte er irgendwas mieses verschluckt. Er schien mir noch miesepetriger gelaunt zu sein, als vor der Party. Ich hätte nicht mal gedacht, dass das überhaupt noch möglich war. Doch Billy bestätigte mir das Gegenteil und dass es ein Normalzustand war. Das Verrückte war, das Billy, obwohl er schon eine Menge getrunken hatte noch nicht mal annähernd beschwibst wirkte. Nur seine Geschichten schienen mir noch etwas fantasievoller, als zu Anfang der Party, an der er Benjamin dazu gedrängt hatte sich auf der Tanzfläche ein wenig aus zu lasten. Mit Yui, die laut Billys Erzählungen, eine Mitschülerin der Beiden war und irgendwie gefiel mir die Situation nicht. Ich konnte es spüren, diese Spannung die zwischen ihnen herrschte. Dieses Mädchen war ziemlich hübsch und sah ihn auf eine Weise an, die mir so ein mulmiges Gefühl gab. Als wäre es einen böse Vorahnung. War es das? War dieses Mädchen daran schuld, dass er sich nicht mehr bei mir meldete und auch auf nichts mehr reagierte? Denn, als er wieder zu uns stieß, kam auch Yui hinter ihm her und verhielt sich seltsam verhalten. Und Benjamin, der sah mich nur genervt an und zog mich schneller als ich gucken konnte auf seine Arme und brachte mich zu meinem Rollstuhl. Billy rief er nur noch ein raues, bestimmendes, "Wir gehen jetzt!" und schob mich hinaus, ließ mich nicht einen Meter selbst fahren, sondern beeilte sich, dass wir schnell wieder bei ihm zu Hause waren. Kaum das wir angekommen waren, lag ich auch schon in seinem Bett und er machte es sich auf dem Sofa bequem, sofern das dann bequem sein konnte. Das Alles verlief ziemlich wortlos. Auch am nächsten Morgen machte er nur die gewohnte Rotiene, machte mir morgens Frühstück und machte grießgrämig die Tür auf, als mein Bruder mich abholen kam. Alles was ich vom ihm hörte war ein tonloses "Tschüss." und schloss die Tür hinter uns. Er gab mir nicht mal die Möglichkeit richtig mit ihm zu reden. Alles um ihn herum schien leblos, fast emotionslos, bis auf weniger Brummelgeräusche, die er hin und wieder von sich hab, wenn er mir kurz angebunden antwortete. Alles was einigermaßen mit Leben gefüllt zu sein schien, waren die Blicke die er mit meinem Bruder austauschte. Die Luft war dick und gereizt. So wie immer eigentlich. Beide ließen nur ein Schnaufen von sich. "Das wird schon wieder, vielleicht braucht er ja nur ein bisschen Zeit für sich. Wenn er auch nur ein bisschen an dir hängt wird er sich schon wieder melden. Wahre Freunde machen das nähmlich weißt du?", dann lächelte er und strubbelte mir sanft über den Kopf. Schon seltsam, meinen Bruder lächeln zu sehen, wenn er über Benjamin redete. Das tat er sonst nie. Nein, sein Blick war normalerweise voller Feuer und alles an ihm zeichnete das Wort "Beschützerinstinkt" ab. So war er eben. "Ja, meinst du? Er wirkte schon nach der Feier total abweisend, irgendwas musste ihm reichlich die Laune verdorben haben.", ja, was war, wenn es doch an mir lag und nicht an Yui. Was war, wenn er es einfach hasste wegen mir so eingeschränkt zu sein. Immer wieder machte er mir klar, dass er mich nicht anderen überlassen konnte und auf keinem Fall Ärger kassieren wollte. Dabei wollte ich ihn doch nur besser kennenlernen und verstehen, warum er mich immer so zu hassen schien. Als wir uns in diesem Park getroffen hatten war es für mich wie ein Schlag mitten ins Herz. Da stand der Typ, der mich seid meiner Kindheit mobbte, mich verfolgte und mir gemeine Sachen an den Kopf schmiss. Ich hatte ihn sofort wieder erkannt. Benjamin hatte noch immer die selben Augen wie früher. Sein Blick hatte sich in all den Jahren kaum verändert, abwertend und herablassend. Doch entgegen meiner Erwartung, schien er sehr zurück gezogen zu leben, wo er doch früher in der Schule immer so viele Menschen um sich hatte, so wie auch heute. Sie scharrten sich einfach um ihn. Er war beliebt und dennoch schien er darauf nicht viel Wert zu legen. Was war das nur? In mancherlei Hinsicht verstand ich ihn einfach nicht. Nach Außen hin wirkte er so, als könne ihn nichts erschüttern und er nörgelte immerzu und wirkte unzufrieden und dabei wie ein einsamer Wolf der mit gefletschten Zähnen sein Revier verteidigte, obwohl er nicht mal wusste warum. Als hätte alles an Bedeutung verloren. Spätestens, als ich das riesige Haus sah in dem er lebte, wurde mir bewusst, wie einsam er auf mich wirkte. Dieses riesige, leere Ungetüm, das irgendwie so gar nicht zu ihm passte. Ich biss mir auf die Unterlippe. Was sollte ich nur tun? Will zuckte mit den Schultern. "Also mir schien es, als wäre er eigentlich immer übel gelaunt. Ich habs nich nicht einmal erlebt, dass er gelächelt hätte oder mal nicht vor sich hin grumelt. Das war bestimmt nicht dein Fehler, also mach dir mal keinen Kopf. Und wenn es dir so viel bedeutet, dann schau doch einfach mal bei ihm vorbei, mehr als dich nach Hause schicken kann er ja wohl kaum.", meinter und räumt das Geschirr ab, als wir fertig sind und wäscht es ab. Die Idee war vielleicht gar nicht so schlecht, trotzdem hatte ich irgendwie Angst...Angst von ihm abgewiesen zu werden. Aber warum? Warum war es mir so wichtig, dass er mich nicht abwies? Benjamin Er war wirklich sein Hobby mich zu nerven wie es schien. Einfach unglaublich. Konnte er sich nicht einfach verziehen wie jeder andere und mich in Ruhe lassen? Was war so schwer an dem Satz, "Zieh endlich leine!", zu verstehen. Er bestand aus drei einfachen Worten, aber Billy interessierte sich ja nich nie dafür was ich wollte. Nein, er musste ja immer nachharken, selbst wenn es irgendwie sinnlos war. Sollte es nicht eigentlich so sein, dass ein bester Freund es respektierte, wenn sein Freund mal allein sein und in Ruhe gelassen werden wollte? Das Wort "Privatsphähre", war für ihn wohl sowas wie ein Fremdwort. Diese lässtige Neugierde trieb mich noch mal in den Wahnsinn. "Jetzt sag schon, was da gelaufen ist, seid der Party bist du total abweisend zu dem Kleinen. Meinst du nicht dass er es verdient hätte, dass du dich mal bei ihm meldest, statt ihn immer wieder wegzudrücken und seine Nachrichten zu ignorieren?", wollte er wissen. Dabei war es doch seine Schuld, dass es erst soweit kommen musste. Hätte er mich nicht dazu gezwungen mit Yui zu tanzen, hätte ich niemals mit ihr Sex gehabt und dann wäre ich jetzt mit Sicherheit auch nicht so verwirrt und hätte nicht dieses scheiß schlechte Gewissen. Aus irgendeinem Grund, konnte ich ihm irgendwie nicht mehr unter die Augen treten, geschweige denn seine Stimme hören. Schon wenn ich seinen Namen auf dem Display meines Handys las, bekam ich diese abscheulichen Schuldgefühle ihm gegenüber. Es war ein Teufelskreis. Verfluchte Scheiße! "Oh und da fällt mir ein, das Yui an dem Abend auch irgendwie komisch war, nachdem ihr so Hals über Kopf aufgebrochen seid. Mir schien, dass sie dir noch was sagen wollte, aber du hast ihr ja gar nicht zugehört, hast dir Jorden einfach gepackt und bist abgehauen. Sag mal, du hast ihr doch nicht etwa das Herz gebrochen?", meinte Billy und zog die Augenbrauen zusammen und brachte mich dazu ihn verwirrt anzustarren. "Das Herz gebrochen? Wie kommst du denn auf so einen Blödsinn?", murrte ich. Billy winkte ab, als wisse er etwas wovon ich nicht den blassensten Schimmer hatte, und wie sich herraus stellte war dem auch so. "Na ja, das ist halt deine Benjamin typische Art nicht darüber nach zu denken, was du tust, bevor es passiert. Du merkst ja nicht mal was um dich herum passiert.", meinte er nur und stand auf, um sich seine Jacke zu schnappen. Ich verstand immer noch kein bisschen, was er eigentlich von mir wollte. Ich erinnerte mich noch an Yuis Frage, als sie wissen wollte, was denn jetzt sei und ich hatte ihr einfach nur geantwortet, "Vergessen wir die Sache einfach, okay?", warauf sie einfach nur nickte, ohne noch etwas zu sagen. Was hatte sie nur erwartet? Das es nicht einfach nur ein Techtel, Mechtel war? Alles was ich mir dabei dachte war, das wir beide was getrunken hatten, dass die Luft heiß war und die Geglegenheit günstig. Schien etwas zu sein, was uns beiden gefiel und was wir beide in diesem Moment wollten. Nichts war erzwungen und damit auf freiwilliger Basis. Und um ihr irgendetwas zu versprechen, was ich nicht halten konnte, war ich eindeutig nicht betrunken gennug. Also musste ich ihr gegenüber auch keine Schuldgefühle haben. Ich hatte sogar an die Verhütung gedacht. So geistegegenwärtig war ich also, ich Held. Aber egal wie sehr ich auch über diesen ganzen Abend und über Yui und Jorden nachdachte, so kam ich zu keinem Ergebnis. Nicht warum ich Yuis Gefühle verletzt haben könnte, geschweigedenn, warum ich mir so dermaßen den Kopf über Jorden zerbrach. Wie er wohl reagierte, wenn er erfuhr, was ich getan hatte? Diese Schuldgefühle würden mich noch um den Verstand bringen und ich wusste nicht wie ich sie aus der Welt schaffen konnte. War ja nicht so, als wäre mein Tag nicht sowieso schon versaut genug gewesen, dass er in einer solchen Katastrophe endete. Aber zum Glück war ich an jedem Abend ja nicht der Einzige, dem das Glück nicht hold war, nach der einer quer über die Tanzfläche gekotzt, hatte und ein weiterer Typ besoffen von diesem beschissenen Thresen gefallen war, und ein Rettungswagen nötig war, war der Abend ohnehin gelaufen. Nicht zu fassen... Ich wusste schon, warum mir dieses Motte nicht geheuer war... Kapitel 11: Die grausame Wahrheit --------------------------------- Etwa zwei Wochen später... "Was willst du hier?", grummelte ich, als ich Jorden die Tür öffnete. Er war nun wirklich der Letzte mit dem ich gerechnet hatte. Seid der Party mied ich ja auch jeglichen Kontakt mit ihm. Und das hatte auch einen Grund. Ich wusste einfach nicht wie ich mit ihm umgehen sollte. Immerzu wenn ich an ihn dachte, hatte ich so ein schrecklich unbehagliches Gefühl. Jetzt wo er vor mir stand und so erwartungsvoll zu mir hochblickte, wurde es nur noch unerträglicher. Mit seinen Fingern zupfte er sich am Saum seiner Jacke herum und wirkte erst ein wenig unentschlossen, ehe sein Blick sich korrigierte und ernster wurde. "Ich möchte wissen, warum du mich plötzlich ignorierst!? Was habe ich dir getan, dass du mich so behandelst!?" Um ehrlich zu sein. Rein gar nichts. Nein. Es war alles meine Schuld! Obwohl ich mich doch gar nicht schuldig fühlen müsste! Schließlich tat ich ja nichts Verwerfliches. Ich hatte niemanden betrogen, oder belogen, keine unechten Gefühle vorgegaukelt, niemandem irgendwelche Versprechen gemacht, nichts getan, was der Andere nicht auch wollte. Und trotzdedem löste Jorden diese Schuldgefühle in mir aus. Als tat ich ihm irgendwas schreckliches an. Wenn ich an Gott glauben würde, würde ich ihn fragen, ob er mich für alles bestrafen wollte, für das, was ich ihm angetan hatte. Dabei fühlte ich mich so reumütig wie noch nie in meinem Leben. Das einzige was ich zu bedauern hatte war meine Ex, die mich einfach zu tode nervte! Und dieses Gefühl, dass sich manifestierte wie ein lässtiger Parasied! Ich hasste dieses Gefühl! Ich hasste es, dass nicht damit umgehen konnte! Ich hasste es, dass ich überhaupt so viel darüber nachdachte! Ich hasste es, dass Jorden dieses Gefühl in mir auslöste! "Ach ich hatte einfach keine Lust. Wollte halt mal meine Ruhe haben. Außerdem kann ich mich nicht erinnern, dass wir uns jemals als Freunde betitelt hätten. Ich habe keinerlei Verpflichtungen dir gegehüber mich zu melden oder so! Also lass mich einfach in Ruhe!", erklärte ich ihm. Immerhin war es die Wahrheit. Auch in diesem Punkt, hatte ich ihm nie irgendwelche Hoffnungen gemacht! Also, wieso war er nur so schrecklich hartnäckig! "Keine Lust? Willst du mich verarschen? Du ignorierst mich seid der Party! Danach warst du doch auch schon so komisch. Was ist passiert?", wollte er hartnäckig wissen. Sein Blick war entschlossen, seine Lippen hingegen pressten sich fest auf einander, wie die eines kleinen Kindes. Auf eine Weise...fand ich das sogar...fast süß. Für einen Moment war ich sprachlos. Alles um mich herum spielte verrückt. Hatte ich je schon mal jemanden süß gefunden? Wohl kaum! Kurz schüttelte ich den Kopf. Welch Hirngespinste mir da auch immer im Kopf herum spuckten...Sie mussten aufhören! Sie verwirrten mich eh nur und meine Welt, drohte nur noch mehr aus allen Fugen zu geraten. Dabei sollte sie doch so bleiben wie sie war. Versteckt in einem Winkel zwischen allen anderen Welten, in denen die Menschen lebten. Dort wo sie niemand sah und in Ungleichgewicht bringen konnte! Doch Jorden schien es mir unmöglich zu machen. Er machte mir schon wieder Chaos in meinem Kopf. Er durchschaute mich und das gefiel mir nicht! Auch meine Lippen pressten sich fest auf einander und mein Blick musste ziemlich angespannt und genervt sein. Denn ein Blick auf seine Beine verriet mir, wie sehr ihn das Alles beschäfftigen musste. Mehr, als mir lieb war. Seine Hände drückten sich fest an seine Knie. Ob er das überhaupt spürte? Warum tat er das nur? Doch nicht wirklich meinetwegen! Er wirkte dabei fast so, als hoffte er inständig etwas zu spüren, was nicht da war. Nicht mehr. So wie damals. ... "Nein Bitte! Lasst mich in Ruhe! Ich hab euch doch nichts getan!", jammerte der kleine, dicke Junge, der sich an die Wand der Jungentoilette drängte. Umzingelt von drei älteren Jungs, die eine Klasse über ihm waren. "Was? Na und ob du uns was getan hast. Du lebst!", lachte Benjamin kalt. Der Junge, sah ihn angsterfüllt an. "A...ber.", stotterte der Kleinere. "A..ber was?", echote einer der Anderen lachend. "Was meinst du, was wollen wir heute mit ihm machen?", "Ich weiß was! Wir waschen seine Haare in der Toilette!", meinte der zweite begeistert. Benjamin schüttelte den Kopf. "Nein, ich weiß was Besseres!", grinste er. Über dem Kleineren verdunkelte es sich. Zitternd und ängstlich, rutschte er langsam, die glatte, kalte Wand herunter, die Hände an seine Knie gedrückt, als wolle er etwas fühlen, was nicht da war. Gelächter, wo man auch hinsah. Alle lachten und zeigten mit dem Finger auf ihn. Der Kleine rannte, rannte um sein leben. Gepeinigt, verängstigt, weinend. "Sieh mal, der Dicke aus der C.", "Iiihhh, ist ja eklig!", spottete ein anderer Junge. "Der ist ja nackt!", Empörung bei den Mädchen. Da rannte der Kleine, ohne Kleidung durch den Korridor. Gelächter. "Die haben ihm die Sachen geklaut." Niemand tat irgendwas. Keines der anderen Kinder half ihm. Selbst die Lehrer schienen immerzu weg zu sehen. Solche gemeinen Streiche waren schon längst keine Seltenheit mehr. Niemand kümmerte sich um den kleinen, hilflosen Jungen... Zu diesem Zeitpunkt wusste ja noch niemand um die ungeahnten Konsequenzen die sich aus einem dieser grausamen Streichen ergeben würden... ... Verstand er denn nicht, was für ein grausamer Mensch ich war? Schließlich habe ich ihm nie irgedwas Gutes getan. Ihn immer nur gequält und grausame Dinge angetan, ohne einen Grund dafür zu haben. Was machte ihn nur so optimistisch, dass wir Freunde werden könnten? Warum hasste er mich nicht? Oder war das Alles nur Schein? Nein! Das konnte ich nicht glauben! Seine Hände drückten sich noch immer fest an seine Knie und sein Blick hatte noch immer bestand. Dieser Kleine war doch unverbesserlich. Ich seufzte tief. "Sag mal, was versprichst du dir eigentlich davon?", fragte ich plötzlich, wärend ich ihn fest ansah, direkt in seine klaren Augen. Für Sekunden wich sein Blick nach unten, ehe er mich wieder ansah "Na, ich hoffe wirklich,...das wir Freunde werden können! Benjamin! Ich verstehe dich einfach nicht! Ich verstehe nicht warum du mich so sehr hasst!", antwortete er mit, lauter, ausdrucksvoller Stimme, dessen Worte einen schweren Beigeschmack hatten. Sie setzten irgendwas frei, was tief in mir verankert war. Ihn hassen? Ich wusste nicht mal genau, was das für ein Gefühl das war, das ich für ihn empfand. Ich wusste nur, dass ich seinen Anblick nicht ertragen konnte. Schon damals nicht. Seine Art und Weise brachte mich einfach auf die Palme. Wenn er mich verängstigt ansah, wenn er sich von mir pisacken ließ. Wenn er einfach nur da saß und aß und scheinbar mit niemandem was zu tun haben wollte. Er setzte sich komplett ins Aus. In seine kleine Ecke, in der er sich unbeobachtet zu fühlen schien. Aber ich habe ihn immer gesehen. Ganz egal, wo er sich auch versteckte. Ich fand ihn immer. Seine Angst gab seinem Gesicht so viel Leben, dass sich sonst nie zeigte und gleichzeitig wollte ich ihm wehtun. Ich glaube, ich wollte sogar dass er mich hasst, weil es die einzige Emotion war, von der ich glaubte, dass ich sie bei ihm als Endresultat auslösen konnte. Doch ich konnte spüren, dass er mich trotz allem niemals hasserfüllt ansah. Nein, in seinen Augen flackerte die Angst und noch etwas, was tief in ihm verborgen war. Stärke! Die Stärke, dass alles zu ertragen und zu dem Menschen zu werden, der er jetzt war. Ja, Jorden war stark. Er war das genaue Gegenteil von mir. Ich war all das, was ich nicht sein wollte. Ein ängstlicher Feigling, der davon rannte, weil er den Anblick eines Menschen nicht ertragen konnte vor lauter Schuldgefühlen. Vielleicht war ich auch nur ein Ertrinkender, der einen Rettungsanker suchte, dessen Farbe ihm nicht gefiel und ihn deshalb nicht ergriff...ein storrisches Kind... Aber ihn hassen? Nein...ich hasste ihn nicht...! "Ich kann dir leider nicht versprechen, dass wir Freunde werden. Freundschaften schließen war noch nie so mein Ding.", erklärte ich ihm wahrheitsgemäß. Auch wenn es früher immer so wirkte, als hätte ich Freunde, entsprach das nicht der Wahrheit. Keiner von denen mochte mich, weil ich, ich war. Sie mochten mich, weil meine Eltern reich waren, weil ich ständig Scheiße baute und weil sie sich in der Gruppe stark fühlten. Dabei wollte ich doch nichts, außer die Aufmerksamkeit meiner Eltern. Dafür musste Jorden all die Zeit leiden, obwohl er rein gar nichts für meine Probleme konnte. Alles was ich brauchte war ein Opfer. Jemanden, den ich einfach nicht leiden konnte. Das war die grausame Wahrheit! Doch es gab noch eine andere Wahrheit. Nicht wahr? "Aber wieso sollte es denn nicht funktionieren? Wir haben uns doch...ganz gut verstanden oder?", wiedersprach er mir. "Wenn dir das Alles so unangenehm wäre, hättest du dich doch nicht mit mir abgegeben!", wurde er lauter. Seine Hände zitterten bereits, sein Blick zeigte, dass er verärgert war. Presste die Lippen zusammen, bevor er wieder das Wort ergriff. "Spring doch endlich mal über deinen verdammten Schatten!", schrie er heraus, wie eine verzweifelte Klage. Sein Blick ernst und gleichzeitig voller Hoffnung. Es musste ein Wunder sein, dass er sie noch nicht aufgegeben hatte. So wie es jeder andere täte, der in seiner Situation war. Nur das Jorden nicht jeder andere war. Jorden hatte bewiesen, dass es auch anders ging. Das ging mir gegen den Strich! Trotzdem konnte ich nichts dagegen tun. Es war, als sein ich machtlos. Emotionslos zuckte mit den Schultern. "Mach was du willst...", grummelte ich. Jorden zauberten diese Worte ein Lächeln aufs Gesicht, obwohl meine Antwort, auf seine Worte nicht wirklich passte. "Willst du mich noch lange hier stehen lassen, oder darf ich endlich rein? Das wird langsam ungemütlich hier draußen.", meinte er und schon trat ich zurück. Das musste schon ein Reflex sein. Sonst wäre ich nicht so inkonsequent. Ich ließ die Tür hinter mir ins Schloss fallen und Jorden rollte in seinem Rollstuhl Richtung Treppenaufgang, wo er auf mich wartete. Wie so oft fragte ich mich, warum meine Eltern an alles gedacht hatten, nur nicht an einen Aufzug. Ich folgte Jorden und hob ihn aus seinem Rollstuhl, um ihn die Treppe hinauf zu tragen. Nachdem ich ihn auf meinem Sofa abgesetzt hatte, holte ich seinen Rollstuhl hoch, damit er sich frei bewegen konnte, wenn er wollte. Zum Glück konnte man das Ding zusammenklappen, sonst wäre es echt umständlich. "Hier, dein Rollstuhl. Willst du dich wieder reinsetzen?", Jorden schüttelte den Kopf. "Danke, aber nein. Hast du Lust einen Film zu gucken? Irgendwie habe ich da richtig Lust drauf.", ich zuckte mit den Schultern. Ganz ernsthaft, es war mir egal was wir taten. Hauptsache ich musste dafür nicht viel tun nd ich hatte meine Ruhe... Kapitel 12: Manchmal ist die Realität wie ein nicht endender Traum... --------------------------------------------------------------------- Akira Seid ich denken konnte, war ich allein. Meine Eltern waren beide gestorben, als ich noch ein Baby war. Das hatte zur Folge, dass ich einen Teil meines Lebens in einem Kinderheim aufwuchs, fernab von einer glücklichen Familie mit liebevollen Eltern oder Geschwistern. Von Zeit zu Zeit lebte ich auch in verschiedenen Pflegefamilien, in denen ich mich eher geduldet, als willkommen fühlte. Keine dieser Familien gab mir das Gefühl ein zu Hause zu haben. Ich hatte schon immer das Gefühl irgendwie anders zu sein, nicht rein zu passen. Ich war nur ein kleiner, unbedeutender Punkt in einer großen, kalten Welt. Meine Schüchternheit und mein feminines Aussehen gaben ihr übriges dazu. Wo auch immer ich mich länger aufhielt wurde ich zur Zielscheibe, ohne, das ich wirklich etwas tat. Mobbing war an der Tagesordnung. In der Schule, sogar in den Pflegefamilien. Bis hin zu Beschuldigungen ich würde die leiblichen Kinder meiner Pflegeeltern auf Umwege führen und mit meinem Aussehen verführen. Sie sagten ich sei selbst schuld, an meiner Lage. Ich sei sogar selbst schuld, wenn man mich anfasste und zu Dingen zwang, die niemals wollte. Nicht selten wurde ich für das Vergehen meiner Ziehgeschwister bestraft, eingesperrt oder mit einem Gürtel geschlagen. Meine Kindheit war ein Spießrutenlauf mit Stolpersteinen vor mir und Pfeilen in meinem Rücken. Meinen Körper zierten unzählige Narben, aber die schlimmsten Narben zierten meine Seele. Das Einzige was mich aus dieser grausamen, kalten Welt entführen konnte war die Kunst. Ich konnte darin versinken, mir meine eigenen Welten erschaffen. Manchmal stellte ich mir vor, dass die Realität wie ein nicht endender Traum war, aus dem ich einfach nur erwachen musste, so dass meine Traumwelt zur Realität werden konnte. Und auch, wenn ich wusste, dass, das nicht möglich war, so flüchtete ich mich wenigstens in meine eigenen kleinen Welten, solange ich nur malen konnte. Als ich mal wieder in einem Kinderheim gelandet war, zog ich mich vermehrt zurück. In einen kleinen Kunstraum, der zur Anlage des Kinderheims gehörte. Dort malte ich meine Bilder, meine kleinen, heilen Welten, die das Gegenteil meiner Seele wiederspiegelten. Auf meinen Bildern war es hell und warm, in meiner Seele jedoch war es dunkel und kalt. Sie zeigten meine geheimsten Wünsche, die sich seid Jahren in meinen Gedanken manifestierten. Eines Tages wollte ich mich an einem dieser warmen Orte befinden, an denen ich mich zu Hause fühlen konnte. An denen ich keine Angst mehr haben musste nicht gewollt zu sein. Ein Ort, an dem ich eine Familie hatte, die mich liebte. Trotz allem blieb mein Leben farblos und trist. Bis ich eines Tages, ich war elf, mittem im Winter, ihm, Yoru, das erste Mal begegnete, waren meine Bilder mein einziger Halt in dieser Welt. Eine schöne Illusion. Ein Zufluchtsort. Ein schlank gewachsener Junge, mit einem hübschen Gesicht, nur ein Jahr älter als ich, belebte meine Illusionen von dem einen auf den anderen Tag. Er sollte mein neuer Zimmernachbar werden. Yoru stand einfach nur da und streckte mir lächelnd die Hand entgegen. "Hey! Ich bin Yoru, freut mich dich kennen zu lernen. Ich hoffe, dass wir uns gut vertragen werden!", strahlte er mich an, wie der Sonnenschein, den meine schönsten Bilder schmückten. Ein kunstvolles Lächeln, welches ich am liebsten einfangen wollte, damit ich es niemals vergaß. Doch ich war zu schüchtern, ziemlich wortkark im Umgang mit anderen Menschen. Deshalb schaffte ich es auch nicht mich anderen anzuschließen. Die meisten sahen nur die Oberfläche, und obwohl sie alle, die hier lebten, irgendwas mit mir gemeinsam hatten, hatte ich das Gefühl nicht zu ihnen zu gehören. Yoru war da anders. Ihn interessierte das Alles nie. Von Anfang an nicht. Er sah mich einfach als der Mensch, der ich war und akzeptiere mich. Er schenkte mir seine schönsten Lächeln. "H...hey...", stammelte ich schüchtern und wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, wagte es nicht mal seine ausgestreckte Hand zu berühren, obwohl sie mir ganz deutlich zeigte, dass er mich nicht ablehnte. Ich saß auf dem Bett mit angezogenen Beinen und meiner Zeichenmappe in der ich einige Skizzen einheftete. Jeder andere hätte mich wohl als ziemlich unfreundlich betitelt, aber er tat es nicht. Stattdessen zog er sich einen der zwei Schreibtischstühle heran und setzte sich mir gegenüber. "Was machst du da?", er betrachtete das wirr herrum liegende Papier auf meinem Bett. "Wow, hast du das etwa gezeichnet?", staunte er. Ich nickte zurückhaltend. "Das ist ja der Wahnsinn! Ich beneide dich. Ich wünschte ich könnte so gut zeichnen!", teilte er mir unverbindlich mit. "Darf ich mir deine Bilder mal näher ansehen?" fragte er mit einem hell leuchtenden Lächeln. Ich nickte. Das nahm er zum Anlass von seinem Stuhl aufzu stehen und sich zu mir auf die Bettkante zu setzen. Er nahm einige der Skizzen in die Hand und betrachtete sie. Da waren einige, die einfach nur aus Bleistift bestanden, andere, die ich mit Bundstiften ausgemalt hatte. Er hielt die Bilder immer wieder hoch und bestaunte sie mit einem klaren Blick. "Sag mal, Zeichnest du auch auf Leinwand?", wollte er wissen. Wieder ein zurückhaltendes Nicken. "Nimmst du mich irgendwann mal mit, wenn du auf Leinwand zeichnest? Ich würde gern mal deine fertigen Bilder betrachten!", teilte er mir voller Vorfreude mit. Erneut nickte ich. Yoru grinste. "Also abgemacht!", beschloss er und hielt mir den kleinen Finger hin. Ich wusste nichts damit anzufangen und starrte ihn einfach nur an. "Na los, du musst mit deinem kleinen Finger einharken, das gild als Versprechen, das nicht gebrochen werden darf.", erklärte er mir. Zögerlich starrte ich weiter auf seinen Finger. Sollte ich es wagen? Sollte ich ihm vertrauen? "Magst du nicht?", fragte er mit geschürzten Lippen. Ich konnte es mir nicht erklären, aber irgendwie hatte es was Sympatisches und ich harkte ein. Darauf strahlte er wieder. "Also versprochen!", freute er sich. Dann stand er wieder auf und sortierte seelenruhig seine Kleidung in den Schrank ein. Dabei summte er eine fröhliche Melodie, die ich nicht kannte. Ich wusste nicht warum, nur schien es mir, als sei er trotz seines Schicksals nicht wirklich unglücklich. Ein bewundernswerter Mensch, der mit jedem auskam und sich nicht wie ich abschottete, sondern seine Welt in all ihren Farben und Fasseten bewunderte. Für ihn war diese Welt scheinbar kein farbloser, trostloser Ort ohne Wärme. Aber, dass war nicht die ganze Wahrheit. . . Das Abendessen fand im großen Speisesaal statt. Überall saßen kleine Grüppchen. Nur ich saß alleine an einem Tisch. Großen Appetit hatte ich nicht. Yoru war sofort, sobald er den Raum betrat, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Alle interessierten sich für ihn, besonders die Mädchen. Aber er hob mit keinem Schritt, den er tat ab. Sein erster Blick gald keinem dieser Menschen. Sein erster Blick, gald mir. Mir! Den niemand mochte. Den niemand als Menschen wahrnahm. Sobald er mich sah, winkte er mir fröhlich zu. Dann verschwand er und tauchte kurz darauf wieder mit seinem Essen neben mir auf und setze sich neben mich. "Wieso bist du vorhin so schnell verschwunden? Ich dachte wir gehen zusammen zum Abendessen.", schmollte er. Ich sah kurz zu ihm auf, dann senkte ich den Blick und stocherte in meinem Essen herum. Hinter uns herrschte ein Getuschel, dass mir ziemlich unangenehm war, aber Yoru kümmerte sich nicht darum. Er schien deswegen eher eingeschnappt. So hatte noch nie jemand auf mich reagiert. Den anderen war ich immer egal, aber ihm nicht. "Weiß auch nicht...", murmelte ich schulterzuckend. "Akira, Akira, so kannst du doch nicht mit deinem Zimmernachbarn umgehen.", stellte er für sich fest. "Schließlich wünsche ich mir, dass wir uns gut verstehen.", erklärte er mir. "Gut verstehen.", murmelte ich. Yoru nickte und sah dann zu meinem Teller. "Hast du denn keinen Hunger?", wollte er wissen und ich schüttelte den Kopf, was aber nicht ganz der Wahrheit entsprach. Mein Körper verlangte sehr wohl danach, aber ich hatte keinen Appetit. Mir war jedes Mal, als müsste ich mich übergeben, wenn ich etwas aß und bekam Bauchschmerzen. Das hatte einen Grund. . . Seid dem ersten Tag auf an folgte Yoru mir wie ein Schatten. Stehts war er bei mir, beschützte mich, erhellte meine Welt, die immer so dunkel erschien, mit seinen unverkennbaren, kunstvollen Lächeln. Yoru wurde mein allerbester und einziger Freund auf dieser Welt. Mit ihm hatte ich das Gefühl, dass aus meinen eigenen, kleinen Welten tatsächlich ein Stück Realität werden konnte und aus unserem Versprechen vom ersten Tag wurde tägliche Rotine. "Deine Bilder sind immer so wunderschön, Akira. Aber ich habe irgendwie das Gefühl,...dass sie wie aus einer anderen Welt sind. Das wurde mir nach und nach klar.", erläuterte er mir eines Tages seine Beobachtung. "Aus einer anderen Welt?", echote ich. Yoru nickte. "Aus einer anderen Welt.", wiederholte er. "Außerdem finde ich, dass die Bilder, die du mir anfangs gezeigt hast, irgendwie unecht wirkten, wärend deine neuen Bilder viel mehr Leben ausstrahlen.", erklärte er weiter. Das brachte mich dazu mich in diesem Raum um zu sehen. Hier lagerten nur meine Bilder, weil dieser Raum ausschließlich von mir benutzt wurde. Auf der gegenüberliegenden Seite, standen einige der älteren Bilder und neben mir einige der Neueren. Da erkannte ich es. Jedes einzelne Bild, dass ich malte, war wie aus einer anderen Welt, weil sie alles das abzeichneten, was ich nicht hatte. Aber erst die Bilder, die ich in seiner Gegenwart malte wurden wirklich lebendig, weil sie das zeigten, was ich in seiner Gegenwart fühlte. Weil es mit ihm an meiner Seite Realität wurde. An diesem Tag lächelte ich das erste Mal seid Jahren. Yoru lächelte ebenfalls und alles Stille um uns herum war voller Leben. . . "Akira? Ist alles gut?", rief er, wärend er besorgt an die Toilettentür klopft und die spottenden Worte unserer Heimmitbewohner ignorierte. "Hör schon auf, das ist doch sinnlos. Der kotzt ständig, dass ist doch nichts neues. Das hast du doch sicher auch schon mitbekommen.", hörte ich sie lachend sagen. "Hört auf so über ihn zu reden und verzieht euch! Das ist nicht witzig!", verteidigte er mich, wofür ich ihm wirklich dankbar war und gleichzeitig verfluchte ich mich dafür so schwach zu sein. So dass er ständig das Gefühl hatte, mich beschützen zu müssen.War ihm das nicht irgendwann zu wider? Ich hing über der Toilettenschüssel und übergab mich wie so oft. Das Essen heute wollte einfach nicht drin bleiben. Dabei hatte ich mich doch so bemüht meinen knurrenden Magen damit zu füllen. Für Yoru, um ihn glücklich zu machen. Erst, als ich fertig war, öffnete ich still die Tür und schlich an ihm, in den bereits leeren Raum, vorbei. An einem Waschbecken spühlte ich mir den Mund aus. "Akira? Schon wieder der Magen?", ich nickte. Yoru seufzte. "Das ist meine Schuld oder? Ich hätte dich nicht dazu überreden sollen etwas mehr zu essen, als ein halbes Stück Brot.", er machte sich deswegen Vorwürfe, obwohl er doch gar nichts dafür konnte. "Was ist nur passiert, dass du dich ständig übergibst? Das hat doch irgendeinen Grund.", forschte er der Ursache nach. Ich nickte, brachte aber keine erklärenden Worte über die Lippen, sondern schwieg. Vier Wochen hatte er es sich mit angesehen, wie ich mich spätestens jeden dritten oder vierten Tag übergab, hielt immer den Mund und nun hielt er es offentsichtlich nicht mehr aus. Er bohrte nach und eines Nachts, als wir nicht schlafen konnten, erzählte ich es ihm. "Was? Sie haben dir verdorbenes Essen untergemischt?", seine Stimme klang zu tiefst schockiert. "Ja. Seiddem krieg ich...Essen kaum runter.", sagte ich leise in die Dunkelheit. "Es passierte in einer der Pflegefamilien. Eines Tages wurde ich deswegen ins Krankenhaus eingeliefert, mit unerträglichen Magenschmerzen. Sie haben mich gezwungen zu essen...Sie haben gedroht meine Hand zu zertrümmern...wenn ich es nicht tue.", erwiederte ich und drückte mein Gesicht in das Kissen. Es herrschte bereits Nachtruhe. "Was für eine Gemeinheit! Sowas darf man absolut niemandem antun! Die hätten das mal selbst essen sollen, damit sie wissen wie das ist!", schimpfte Yoru vom Bett über mir. "Ja...", erwiederte ich nur leise. "Du musst stärker werden Akira! Damit dir sowas nie wieder passiert! Damit du eines Tages glücklich und zufrieden leben kannst!", erklärte er mir mit kampfesstarker Stimme. Nur wie sollte ich das machen? Ich wollte so gerne stark sein. Für ihn, würde ich alles tun. Ich wusste nur nicht wie. Yoru war mir so nah wie noch niemand auf dieser Welt. Yoru war stark, so stark, wie ich nie sein würde. "Aber du, Akira...", flüsterte er mir plötzlich verheißungsvoll zu. "Hm?", "Egal was passiert. Ich werde dich trotzdem immer beschützen!" Diese warmen Worte hallten noch bis zum nächsten Morgen in meinen Ohren wieder, wie ein Echo aus einer anderen Welt. Wie einer meiner unzähligen Träume, die sich mit ihm Stück für Stück erfüllten. Und ich dachte, es würde für immer so weiter gehen... * Drei Jahre später. Mit den Jahren, wuchs unsere Zuneigung für einander immer mehr an. Yoru war mein ganzes Glück, mein Halt. Er war der Mensch, der mich das Gefühl der Liebe lehrte. Er war da, wann immer ich ihn brauchte, brachte mich zum lachen, nahm mich in den Arm zu jeder Gelegenheit, die sich ihm bot und erfüllte mich mit seiner Wärme. Er war der Einzige, der mich je berühren berühren konnte, ohne, dass ich Angst vor all den Dingen bekam, die man mir einst angetan hatte. Nachts hielt er mich im Arm und sorgte dafür, dass ich ruhig schlafen konnte, da ich oft an Alpträumen litt. Natürlich passten wir gut auf, so das uns keiner erwischte. Immer wenn die Zimmervisite vorbeigezogen war, schlich er sich zu mir ins Bett. Dann kicherten wir leise vor uns hin. . Wie nah wir uns standen, blieb irgendwann auch den anderen Jugendlichen unter uns nicht verborgen. Wann immer Yoru nicht bei mir war nutzten sie die Chance mich zu fertig zu machen. Da Yoru ein Jahr älter war, gingen wir nicht in die gleiche Klasse. Unsere Klassen waren nicht mal im selben Trakt, da die zehnte Klasse und auch die Oberstufe in einem anderen Takt untergebracht waren. Uns trennte ein ganzer Schulhof und lange Flure. Da war es ein Leichtes für meine Mitschüler mich in der Pause zu verschleppen und fertig zu machen. Irgendwo in einem abgeschiedenen Winkel der Schule landete ich hart auf dem Boden. Meine Handflächen, Ellenbogen und Kni schmerzten vom Aufprall auf die nackte Haut. Über mir mehrere Schatten. "Hmm, seht ihn euch doch mal genauer an. Der Kleine sieht aus wie ein Mädchen. Kein Wunder, dass die Typen auf ihn stehen.", grinste Sedrik, der Anführer der Gang, dreckig. Seine Kumpel lachten. "Tz! Sag mal Akira, wurdest du von deinem Freund auch schon mal so richtig durchgenommen? Ich würde ja gerne wissen wie deine Stimme so klingt, wenn man dir so richtig zeigt wo's lang geht.", grinste Sedrik und leckte sich die Lippen. Als die Schatten sich über mir verdunkelten, wurde meine Angst fast unermesslich. Sie waren zu nah, viel zu nah! Stumme Schreie...die immer nur den einen Namen riefen. Tränen, die den Schmerz verwischten. Yoru...! Yoru...!! YORU...!!! . . "Akira! Akira! Hey! Gott sei Dank, du bist wieder wach", hörte ich eine besorgte Stimme neben mir. Ich spürte einen Händedruck, der mir nicht unbekannt war und auch diese Stimme drang an mein Ohr wie keine zweite. Er war es. Yoru! Trotzdem...zog ich erschrocken meine Hand weg. Denn als ich aufwachte spielten sich die Bilder wieder vor meinen Augen ab und ich schrie erschrocken auf, völlig hystherisch und Angst erfüllt. Immer wieder ein nein. Ein lautes, "NEIIIIN!" "Akira! Es ist vorbei! Sie werden dir nichts mehr tun!", versprach er mir immer wieder. So lange bis ich es endlich glaubte, oder der Angst und den Tränen müde war und mich zitternd an ihn drückte. Zitternd vor Schmerzen, die meinen ganzen Körper durchfuhren. Ich musste einige Tage zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben. Yoru besuchte mich jeden Tag. Seid es ihn an meiner Seite gab, hatte ich das Gefühl geliebt zu werden, eine Familie zu haben. Dennoch hatte ich in diesem einen Moment Angst vor ihm gehabt. Der Moment in dem er mich berührte. . . "Zwei Tage also.", murmelte ich in mich hinein. "Ja, die Ärzte sagten, dass der Schock wohl so groß war, dass du das Bewusstsein verloren hast, um dich damit zu schützen. Dann hast du zwei Tage durchgeschlafen.", erklärte Yoru mir, als wir wieder ins Heim zurückgekehrt waren, da ich im Krankenhaus nicht in der Lage war mir irgendwas anzu hören. Ich wollte einfach nur zurück in diesen Raum, in dem ich mit Yoru lebte. Dieser saß an meinem Bett, hielt meine Hand, als bedrückte ihn irgendwas. In die Schule konnte ich immer noch nicht gehen. Ich vergrub mich in diesem Zimmer, in dem ich nun schon drei Jahre mit ihm lebte, ohne, dass sich irgendein Erwachsener für uns interessierte. Aber das sollte sich schneller ändern, als mir lieb war. Von den einen, auf den anderen Tag veränderte sich mein ganzes Leben erneut. Yoru drückte wieder meine Hand, presste kurz die Lippen zusammen. "Du Akira, ich muss dir etwas sagen...auch wenn es jetzt unpassend ist.", rückte Yoru plötzlich herraus. Es kam völlig unerwartet. Ahnend, dass mir seine Neuigkeit nicht gefallen würde, schaute ich zu ihm auf. Schon bevor er seine Worte über die Lippen brachte zerbrach mein Herz schmerzvoll in Scherben. . . Schluchzend klebte ich an Yoru, der sanft über meine Haare streichelte.Neben uns standen seine gepackten Koffer. "Sei nicht zu traurig, Akira. Wir werden uns ganz bestimmt wiedersehen. Das verspreche ich dir! Selbst, wenn es in einem anderen Leben sein sollte!" Ich schüttelte den Kopf. Konnte und wollte es nicht glauben. Sollte das etwa alles gewesen sein? Wieso war das Schicksal nur so schrecklich grausam? Wieso nahmen sie nicht uns beide? "Aber, ich will nicht dass du gehst! Du bist doch der Einzige der mich versteht, der Einzige, der für mich lächelt!", schluchzte ich verzweifelt. Dieses Lächeln, dass so schön war, dass ich es malen wollte, damit ich es niemals vergaß, damit ich es für immer festhalten konnte und niemals verlor. Warum hatte ich es nur nicht getan? "Dann will ich dir eines schenken!", sagte Yoru plötzlich und ließ mich los. "Yoru?", er kramte in meiner Tasche herum und holte eine Sofortbildkamera herraus. Ich wusste gar nicht dass er so etwas besaß. Dann drückte er mich wieder an sich, drückte sein Gesicht an meines und strahlte wie die Sonne. "Komm schon Akira, du musst auch lächeln!", befahl er grinsend und tatsächlich lächelte ich. "Noch einmal!" Noch einmal...Zwei Fotos...eines überreichte er mir, das Andere behielt er für sich. "Yoru. Es wird Zeit!", rief die Erzieherin diesen unerbittlichen Moment herbei, an dem er meine Hand das letzte Mal berührte und ein letztes Mal für mich lächelte. "Jahaa..Bin ja schon da.", antwortete er. Dann drückte er mich noch einmal an sich, "Akira, vergiss mich nich!", bat er mich. Ich weinte. "Niemals!", ich konnte spüren wie er lächelte. "Akira..", flüsterte er in mein Ohr und sagte mir diese letzten drei Worte, die mir den Atem raubten. Das Foto drückte ich fest an mich und ehe ich mich versah, war er aus meine Leben verschwunden. Ganz plötzlich und unerwartet. Eine ganze Zeit schrieben wir noch Briefe, bis diese eines Tages unbeantwortet zurück kehrten und der Kontakt brach ab....seid unserem Abschied, sah ich ihn nie wieder... * Nur ein halbes Jahr später wurde auch ich adoptiert, und wechselte die Schule noch einmal, da ich sie nach dem Vorfall auch schon gewechselt hatte...Nun aber bedingt durch den Umzug. Die Familie, in der ich nun lebte gab sich wirklich viel Mühe mit mir und zeigte mir das ich aufs herzlichste willkommen war und dennoch gewöhnte ich mich nie daran. Trotz allem schotte ich mich ab und vergrub mich wieder in meine Bilder und die Realität wurde wieder zu einem Traum aus dem ich aufwachen wollte. Auch auf meiner neuen Schule war ich das Opfer. Nur mit dem Unterschied, dass der Feind, der mich am meisten trietzen sollte, es nur selten tat und meistens ein stiller, kalter Beobachter war und irgendetwas an sich hatte, was mich sehr traurig stimmte. Irgendwie wusste ich, dass er eine schwere Last mit sich trug, die ihn eines Tages zu erdrücken drohte. Eines Tages, als ich mal wieder gemobbt wurde, trat er in die Menge und hielt seinen Kumpel, der fast immer an ihm klebte zurück. Ich wusste, dass dieser Billy mir helfen wollte und ich sah, dass Benjamin ihn aufhielt, als ahnte er, dass seine Tat ungeahnte Kräfte in mir freisetzte. Denn es war das erste Mal, dass ich mich wehrte. Auch, wenn eine Mitschülerin mir schließlich doch helfen musste, so erkannte ich das erste Mal, dass ich nicht völlig wehrlos war... . . Doch auch hier saß ich am liebsten im Kunstraum, wo fast nie jemand hinkam, außer zum Unterricht, wenn es unbedingt sein musste. Ich malte meine Bilder, immer in dem festen Glauben, dass sie mich eines Tages wieder zu Yoru bringen würden. Denn Yoru war der erste Mensch, der mich mit einem Lächeln beschenkte, der erste...der mich zum lächeln brachte. Der erste, der mir seine Gefühle gestand, der Erste für den ich das Gleiche fühlte... Akira...Ich liebe dich... Kapitel 13: Weit, weit entfernt... ---------------------------------- "Nein! Bitte! Lass mich in Ruhe!", schrie Jorden seinem Verfolger zu, der hinter ihm her rannte. Wie ein gehetzter Hund lief er über den Schulhof, in der Hoffnung, dass sein Verfolger die Lust verlieren würde ihm weiter hinterher zu jagen. Doch es schien aussichtslos. Benjamin fand ihn einfach überall. Egal wo auch immer er hinflüchtete, egal wo auch immer er sich zu verstecken versuchte. Nie gab es einen Ort, an dem er vor ihm sicher war. Benjamin kannte das Schulgelende wie seine Westentasche. Und er kannte so ziemlich jedes Versteck, in dem Jorden schon mal versuchte sich vor ihm zu verstecken. Sich vom ihm fern zu halten. Jede noch so kleine Niesche. Immer wenn er ihn gefunden hatte, sah dieser kleine, dicke Junge ihn mit seinen großen, blauen Augen an. Diese Augen, die voller Tränen, Angst und aus einem ihm nicht erklärbaren Gund auch von einem Hauch der Hoffnung erfüllt waren. Dieser Blick, der ihm etwas zeigte, was er selbst nicht besaß. Stärke! Stärke, die er nur zeigte, wenn er ihn mit diesem Blick ansah, den er nicht ertragen konnte. Benjamin wurde das Gefühl nicht los, dass Jorden nur ihm diesen Blick schenkte. Nur warum war das so? Es war ihm unbegreiflich. Lieber sollte er ihn verachten, aus tiefsten Herzen hassen! Doch er spürte, dass es nicht so war. Nicht in einer einzigen Sekunde. Nicht wenn er eine Hetzjagt auf ihn veranstaltete, oder seinen Kopf in die Toilettenschüssel drückte, seine Kleider versteckte, oder stahl und ihn nackt durch die Schule jagte, oder ihn einfach nur herrumschubste und ihn dabei mit seinen Mitschülern auslachte. Grausam und hämisch. Was war es nur, was Jorden dazu trieb trotzdem so standhaft zu bleiben, obwohl er sich nicht mal richtig wehrte? Jorden stolperte über eine Treppenstufe und fiel hin. Der Versuch sich rechtzeitig auf zurichten scheiterte, da ihm der Fuß umgeknickt war. Mit schmerzverzehrtem Gesicht sah er in die Richtung aus der Benjamin angerannt kam. Bis er bei ihm war dauerte es nur wenige Minunten. Dann stand er vor ihm. Mit einem fiesen Grinsen im Gesicht. Jorden, der die Augen wegen der Schmerzen zugekniffen hatte, stand die Angst ins Gesicht geschrieben. "Na also. War doch klar, das du mir nicht entkommen kannst. Du bist ja völlig aus der Puste. Kein Wunder, wenn man so fett ist. Da hat diese kleine Jagt ja doch einen Zweck erfüllt. Und? Was ist? Hast du etwa Angst?", fragte er ihn. Jorden presste die Lippen auf einander. "Na los, antworte! Ich will was hören!", bestimmte er, packte Jorden am Haarschopf und zog dessen Kopf unsanft nach hinten, um ihn in seine angsterfüllten Augen zu sehen. Er war wie ein dunkler Schatten über Jorden, der alles um ihn herum verdunkelte. Ein kleiner Schmerzensschrei entkam Jordens Kehle. Denn es schmerzte, wie er ihn an seinen Haaren zog. In seinen Augen bildeten sich Tränen. "Das tut weh..Bitte lass mich los!", jammerte er kleinlaut und packte dabei reflecksartig Benjamins Arm. Er wollte dass er ihn losließ, ihn enfach nur in Ruhe ließ. Er hatte ihm rein gar nichts getan. Er war einfach nur ein Opfer, das ins Bild passte und gerade recht kam. "Ich lass dich los, aber erst, wenn du mir sagst dass du Angst hast!", sagte Benjamin mit einem hämischen Grinsen im Gesicht. Jorden biss sich auf die Unterlippe und die Tränen purzelten nur so über seine warm gewordenen Wangen. Es war doch so ersichtlich, dass er Angst hatte. Doch das reichte Benjamin nicht. Das reichte ihm nie. Er wollte immer mehr. Jorden zitterte, öffnete langsam wieder die Augen. Die Angst war noch immer nicht aus seinen Gliedern gewichen, aber er wollte los kommen. Also sagte er das, was Benjamin von ihm verlangte. "Ja,...ich habe Angst...ich habe Angst...bitte lass mich los...das tut weh!", sagte er mit stotternder, zittriger Stimme. Doch so sehr seine Stimme auch zitterte und er beteuerte, dass er Angst hatte. Da war wieder dieser Blick. Die Hoffnung war nicht aus diesem Blick gewichen. Trotz seiner Lage strahlte Jorden diese Stärke aus...Ein Blick, der immer in seiner Erinnerung verbleiben sollte...und ihn niemals loslies... Schweißgebadet wachte ich auf. Einen solchen Traum hatte ich schon lange nicht mehr. Das lag alles schon so viele Jahre zurück...Warum träumte ich gerade jetzt davon? Von Jordens Blick, den ich eine ganze Weile verdrängt, aber nie vergessen hatte. Wie hätte ich das auch je tun können? Er hatte sich in meinem Gedächtnis eingebrannt...Ich fasste mir an den Kopf und atmete einmal tief durch. Langsam drehte ich mich auf die Seite und schob meine Beine aus dem Bett. Um mich zu beruhigen und auf andere Gedanken zu kommen, beschloss ich eine Kippe zu rauchen. Weit kam ich allerdings nicht. Sobald ich mich aus dem Bett bewegen wollte, bemerkte ich, dass mich etwas an meinem T-Shirt festhielt. Ich seufzte. Daran hatte ich ja gar nicht mehr gedacht in diesem Moment. Nachdem Jorden wieder bei mir aufgetaucht war, trafen wir uns wieder regelmäßiger. Und von gestern auf heute übernachtete er bei mir. Dieser Kerl hatte einfach so lange gedrängelt, bis ich nicht mehr nein sagen konnte. Mit Billys Unterstützung natürlich. Der hatte ihm diese Flausen in den Kopf gesetzt und ihm scheinbar haarklein erzählt, wie er mich am besten rumbekommen konnte. Immerhin hatte er es genauso gemacht wie Billy das immer machte. Mit nervtötendem drängeln.Ich hatte genau zwei Wahlmöglichkeiten. Das Wochenende mir Jorden zu verbringen, oder von Billy von einer Party auf die Andere geschliffen zu werden. So weit ich wusste war sein Programm bis Sonntagabend randvoll. Außerdem hatte er mir erzählt, dass Yui auch auf einer der Partys sein würde. Darauf hatte ich nun wirklich keine Lust! Nein! Denn dieses ungute Gefühl, dass ich bei ihr hatte, war nach wie vor vorhanden. Dieser Abend wollte mir einfach nicht mehr aus Kopf gehen, wie so vieles in letzter Zeit... Ich drehte mich zu ihm um und sah in sein schlafendes Gesicht. Erstaunlich friedlich sah er aus. Ob er wohl schöne Träume hatte? Jedenfalls sah er nicht gequält aus. Schon seltsam.. Wie so oft fragte ich mich auch dieses Mal, wie er sich in meiner Nähe nur so wohlfühlen konnte? Ohne weiteres schlief er neben mir, ohne sich zu fürchten. Er hatte sogar darauf bestanden. Nach all diesen schrecklichen Dingen, die ich ihm angetan hatte. Trotzdem wollte er mit mir befreundet sein, Zeit mit mir verbringen. Mit mir...diesem grausamen Menschen, der ihm nichts als Leid beschert hatte. Dabei war es doch alles meine Schuld...er sollte mir nicht einfach so blind vertrauen. Sein Bruder war wohl der Einzige, der, der gleichen Meinung war wie ich. Jorden hingegen setzte alles, alles was er hatte und der Ausgang dieses Spiels war noch lange nicht entschieden, obwohl man einen Ausgang erahnen konnte... Behutsam, aber bestimmt löste ich seine Hand von meinem T-Shirt, da ich nicht wollte, dass er aufwachte. Aus der Schreibtischschublade holte ich mir eine neue Packung Zigaretten und öffnete die Balkontür. Draußen zündete ich eine Kippe an und inhalierte wie so oft tief in meine Lunge. Für diesen einen Augenblick beruhigte sich mein Inneres und entspannte sich. Manchmal wünschte ich, dass es einfach immer so sein konnte. Ruhig und entspannt. Ohne diese Gedanken, die immer wieder in meinem Kopf herrumirrten und mich verwirrten, oder dazu bewegten nur noch mehr nach zudenken. Über all die Dinge, die ich lieber vergessen wollte, loswerden wollte. Für immer verschließen. Doch war das überhaupt noch möglich? Mir war bewusst, dass meine Welt, in der ich mich zurückgezogen hatte in Wirklichkeit gar nicht existierte und das die Realität ganz anders war, als ich es mir wünschte. Vielleicht prallten diese Welten auch einfach auf einander und vermischten sich unaufhörlich, so das eine Grenze kaum noch erkennbar war. Ich konnte es nicht verhindern, nicht verändern. Alles was ich noch tun konnte war meine Zukunft zu gestalten. Ich wusste nur noch nicht, wie sie aussehen sollte, weil mir alles so unwirklich und unnahbar vorkam. Sogar Jorden, der direkt neben mir geschlafen hatte, war weit, weit weg von mir. Mein Blick gald dem Himmel, dem trügerischem Himmel. Er war von Wolken befangen, die über das Blau hinwegsegelten. Noch waren sie weiß, aber wenn man nur weiter sah, war erkennbar, wie sich der Himmel weiter hinten graufärbte, dunkler wurde. Die Sonne drückte noch einige wenige Sonnenstrahlen durch sie hindurch, bis er irgendwann ganz bedeckt sein würde. Es würde Regen geben. Ganz sicher. Regen...Diesmal hatte der Wetterbericht also ausnahmsweise mal Recht. "Hmm...Benjamin?...Bist du schon wach?", hörte ich eine Stimme aus meinem Zimmer. Jorden war also aufgewacht. Es war jetzt neun Uhr morgens. "Ja, bin ich.", antwortete ich kurz angebunden und begab mich wieder nach drinnen, und schloss die Balkontür. Jorden stützte sich auf seine Arme. "Konntest du nicht schlafen?", wollte er wissen. "Unsinn! Hast du hunger?", brummte ich vor mich hin. Jorden legte eine Hand auf seinen Bauch, der anfing zu brummen. "Ja, so scheint es, aber bist du sicher, dass alles in Ordnung ist? Du siehst so blass aus.", bemerkte er und ich zuckte mit den Schultern. "Das bildest du dir ein. Lass uns was essen. Ich backe die Brötchen auf.", ich zog eine Swetshirtjacke hervor, um sie Jorden zu reichen. "Zieh das über.", Jorden nahm die Jacke entgegen und rutschte zunächst an die Bettkannte, ehe er sie sich überzog. Dazu musste er sich abwechselnd auf die Hände abstützen, um nicht umzukippen. Eines musste man ihm lassen, geschickt war er. Anschließend nahm ich ihn auf meine Arme, um ihn die Treppe herunter zu tragen. "Warte, ich muss vorher unbedingt auf die Toilette gehen,..du weißt schon...", erinnerte er mich. Das hatte ich ganz vergessen. Für ihn war das ja alles ein wenig umständlicher, weil die Toiletten hier nicht beindertengerecht waren. So musste ich also auch nachts aufstehen. Also brachte ich ihn auf die Toilette. Das war wirklich nicht die angenehmste Aufgabe, aber anders ging es nicht. Ich hatte das Gefühl bereits mehr von ihm gesehen zu haben, als mir lieb war. Ich sollte nicht so viel darüber nachdenken. "Danke. Tut mir leid, für die Umstände.", wieso um alles in der Welt bedankte er sich, wenn er sich im selben Atemzug schon wieder entschuldigte? Menschen hatten manchmal schon seltsame Angewohnheiten. Ich schwieg und trug ihn einfach die Treppe herunter und setzte ihn in seinem Rollstuhl ab, den ich diesmal einfach unten gelassen hatte. Mir war aufgefallen, das Jorden so gut wie nie in seinem Rollstuhl sitzen wollte, wenn wir oben waren. Eher ließ er sich auf meinem kleinen Sofa oder dem Bett absetzen, auf dem er sich selbst bewegen konnte. Bewegung war für ihn ziemlich wichtig, damit er keine Druckstellen und Gelenkversteifungen bekam. Das lange Sitzen in seinem Rollstuhl förderte nähmlich nicht gerade die Durchblutung, wie er mir mal erzählte. Deshalb stemmte er sich in seinem Rollstuhl mit Hilfe der Armlehnen manchmal nach oben um sein Gesäß zu entlasten. "Oh, die sehen aber schon sehr gut aus. Ich freu mich schon aufs Frühstück.", strahlte er mich an. Ich nickte. "Möchtest du ein Ei dazu?", "Hört sich gut an.", was wohl so viel heißen sollte wie, "Ja.". Also legte ich die Eier in den Eierkocher und schüttete das nötige Wasser dazu. Jorden deckte in der Zwischenzeit den Tisch mit den Dingen, an die er selbst heran kam. Die Brettchen musste ich ihm reichen. Als alles fertig war setzte ich mich auf einen der Stühle und Jorden rollte an den Platz an dem ich den Stuhl schon vor einger Zeit entfernt hatte, damit wir ihn nicht jedes Mal umstellen mussten. Stören würde es eh niemanden. "Wie lecker! Ich liebe es schön gemütlich zu frühstücken. Besonders im Winter, zur Advendszeit.", sagte er fröhlich strahlend. Ich sah ihn dabei nicht an, sondern trank einen Schluck Tee. Dann antwortete ich. "Tja da wirst du wohl noch eine Weile warten müssen. Wir haben demnächst gerade mal Herbstanfang.", erklärte ich ihm. Jorden zog eine Schnute. "Jetzt verderb mir doch nicht alles.", jammerte er. "Ich verderbe gar nichts. Es ist nun mal die Realität.", gab ich etwas schroff zurück. Mein Tee leerte sich nach einigen Zügen und bald darauf ertönte ein schrilles Pfeifen. Die Eier waren fertig. Ich stand auf, um sie mit einem Tuch aus dem Eierkocher zu holen und sie sie in die Spühle zu legen. Dort spühlte ich sie kalt ab, sonst waren sie zu heiß. Als ich fertig war stellte ich Jorden eines der Eier in einem Eierhalter neben sein Frühstücksbrettchen. "Vielen Dank!", murmelte er und strahlte das Ei an. Ehrlich, Jorden war wirklich ziemlich bescheiden. Man konnte ihn schon mit Kleinigkeiten erheitern und sei es, dass man ihm ein Ei kochte. Bewundernswert sollte man meinen. Immerhin war Bescheidenheit in dieser Welt nicht unbedingt bei jedem groß geschrieben. Ha, ha und dass sagte jemand wie ich, der in einer riesigen Villa wohnte. Aber im Entefekt war es mir ziemlich egal. Früher oder später würde ich mich eh verkleinern. Spätestens nach der Schule. Allerdings hatte ich auch schon mal daran gedacht, die Schule abzubrechen, mir einen Job zu suchen, um Geld zu verdienen. Alles das, damit ich aus diesem riesigen, kalten Möbelhaus-Flair-Ungetüm ausziehen konnte. Volljährig war ich eh schon und ich hatte auch nicht vor in die Fußstapfen meiner Eltern zu treten. Das wäre ja noch schöner! Manchmal fragte ich mich eh, warum ich überhaupt Abitur machte. Wozu war das überhaupt gut, wenn man nicht studieren wollte? Schule kotzte mich ziemlich an! Als wir fertig waren, räumten wir den Tisch ab und wuschen ab. Anschließend ging es wieder zurück in mein Zimmer. Jorden klammerte sich dabei immer ziemlich fest. Fast als hätte er Angst, dass ich ihn fallen ließ. Dafür gab es bestimmt viele mögliche Ursachen, aber eine ging mir ständig durch den Kopf. Anfangs dachte ich, dass es an mir lag. Dass er tatsächlich Angst vor mir hatte. Angst, dass ich ihm wieder etwas antun würde, wenn er mir nur zu sehr vertraute. Diese Angst könnte man ihm nicht übel nehmen. Doch irgendwie kaufte ich mir diese Vorstellung selbst nicht ab. Etwas sagte mir, dass er es tat, weil er es tun wollte...nicht aus Angst...denn ich hatte irgendwann bemerkt, wie er seinen Kopf jedes Mal an meine Halsbeuge schmiegte, wenn ich ihn trug und es fühlte sich keineswegs schlecht an...und wenn man weiter darüber sinnierte konnte man denken, dass er diese Lage ein kleines bisschen ausnutzte? Dabei dachte ich immer, dass mir das eigentlich zu wieder sein musste... "Wann holt dich dein Bruder eigentlich ab?", fragte ich nebenbei. "Morgen Mittag nach der Arbeit.", antwortete er. "Muss er danach wieder los?", der Typ machte auch vor Sonntagen nicht halt. Ich kannte ihn fast nur arbeitend.Wenn er es gerade mal nicht tat, holte er Jorden irgendwo ab, oder strafte mich mit seinen tödlichen Blicken. Ob ihm da wohl Zeit für eine Freundin blieb? Sicher nicht, schließlich wohnte er mit seinem Bruder zusammen, der im Rollstuhl saß. Jorden war zwar trotz seiner Behinderung sehr selbstständig, aber es gab immer wieder Hindernisse, die für ihn allein unüberwindbar waren. Er konnte nicht mal in einen Bus ein-und aussteigen, ohne die Hilfe anderer. Erst vor kurzem wollten wir zum Becker. Ein Laden, den er nicht allein betreten konnte, weil am Eingang nur eine Stufe für den Eintritt bereit war. Sein Rollstuhl passte nicht mal durch die Tür, weil der Eingang so eng war. Deshalb musste er draußen warten. Doch zurück zu Will. Um ehrlich zu sein amüsierte mich seine Lage fast ein bisschen. Dafür konnte er mich auch ruhig weiter mit seinen Blicken erdolchen. Sowas nannte man Schadenfreude. Jorden schüttelte den Kopf. "Nein. Er sagte, dass er heute Nachmittag nicht mehr los müsse und erst morgen wieder arbeitet.", erzählte er mir und sah dabei sehr glücklich aus. Kein Wunder. So selten wie Will zu Hause war, musste es manchmal fast so sein, als wohnte er gar nicht wirklich dort. "Na dann ist ja alles gut.", antwortete ich knapp und richtete meinen Blick wieder auf den Film zu, den wir uns gerade ansahen. Da es nun tatsächlich regnete, war es mir draußen zu ungemütlich. Der Sommer kündigte den Herbst an. Es wurde bereits kühler...und der Himmel wurde unerreichbarer, als je zuvor... . . . Kapitel 14: Alles was ich will ist zu lernen wie man fliegt... -------------------------------------------------------------- Yui Fliegen... Ja, alles was mir wünschte war, zu lernen wie man fliegt... "Sie nur, da ist diese Yui. Sie ist neu hier und scheint sich mit niemandem abgeben zu wollen.", "Stimmt, ich habe auch noch nie gesehen, wie sie sich mit jemandem unterhält. Aber es heißt, dass sie die Blicke vieler Jungs auf sich zu ziehen scheint.", "Schon krass...aber wen wunderts..." Das war nicht das erste Mal, dass ich sowas hörte. Schon früher war das so...es hatte sich nichts geändert...rein gar nichts...nicht mal durch den Schulwechsel. . . Seid meiner Kindheit war ich es gewohnt, abgelehnt zu werden. Immerzu sagte man mir, dass ich nichts weiter als Ballast und zu nichts wirklich nütze sei. Meine Mutter war früh gestorben und mein Vater, ein Alkoholiker und Kettenraucher, hatte Lungenkrebs, zwar noch nicht im Endstadium aber... eine Heilung war ausgeschlossen... Aber ob er nun starb oder nicht machte für mich keinen Unterschied mehr, da ich eh nicht gewollt war. Als meine Mutter schwanger wurde, war noch nicht mal klar, ob mein Vater auch wirklich mein leiblicher Vater war und um ehrlich zu sein, wusste ich es bis heute nicht...Ich konnte auch genauso gut das Kind eines Anderen sein. "Yui! Hey Yui! Wo ist das Essen?! Wieso habe ich noch nichts zu essen?", brüllte mein Vater mich an. Er war wie immer betrunken, stank nach Alkohol und Zigaretten. Wirklich unangenehm! Ekelhaft! Wiederwertig! Ich hasste diesen Geruch! Aus tiefsten Herzen! "Ich hatte bis eben Schule, falls du das vergessen hast!", schrie ich ihn an. "Das ist mir egal! Wenn du nach Hause kommst, hast du mir unverzüglich was zu Essen zu machen! Oder muss ich dir das etwa erst wieder einbläuen!?", brüllte er zurück. Ich biss mir auf die Unterlippe. "Ach, mach dir gefälligst selber was! Du bist doch den ganzen Tag zu Hause!", schrie ich wütend. Es war jeden Tag dasselbe. Jeden verdammten Tag! "Mir reichts! Ich verschwinde!", versuchte ich ihm klar zu machen und machte auf dem Absatz kehrt. Als ich die Haustür gerade erreichte packte er mich am Kragen und zog mich mit voller Wucht zurück. Ich landete auf dem Boden. Er war über mir, fletschte die Zähne und knurrte mich an wie ein tollwütiger Hund. Seine Faust traf mich direkt ins Gesicht. Ich schrie und versuchte mich zu wehren. Wie immer schrie er wildes Zeug herrum, von wegen, dass er mich lehren musste, was ich zu tun und zu lassen hatte. Es hörte erst auf, als ich ihn mit meinem Knie gekonnt in die Magengrube traf und er vor Schmerz zur Seite kippte. Die jahrelangen Schläge hatten mich veranlasst, mir ein bisschen selbstverteidigung bei zu bringen...Das verhalf mir, dass ich mich befreien konnte und lief weg. Wie so oft. Was anderes blieb mir nicht übrig. Sonst würde er mich noch windelweich prügeln. Schon mehr als einmal hatte ich eine Gehirnerschütterung, oder gebrochene Rippen. Ich rannte hinaus. Weg von zu Hause, an einen Ort, wo ich allein war. Auf den Spielplatz im Park. Auf einer Bank sakte ich zusammen und hielt mir die Hände vor das Gesicht, das schrecklich demoliert aussehen musste. So konnte ich nicht zur Schule gehen. Was sollten die Anderen von mir denken? Sie würden noch schlechter von mir denken, als sie es ohnehin schon taten. Ich weinte...ich weinte für mich allein. So wie immer...schaute dabei zum fernen, fernen Himmel empor...von dem aus die Sonne mich auslachte... An solchen Tagen wünschte ich mir, dass mir Flügel wuchsen, das sie mich einfach davon trugen, weit, weit weg, an einen besseren Ort...aber das war nur ein kindischer Traum, der sich niemals erfüllen würde nicht wahr?... . . Ich blieb mehrere Tage von der Schule fern, bis die Verletzung nicht mehr zu sehen war. Sah anfangs schlimmer aus, als es war. Es tat auch schnell fast nicht mehr weh. Ja, ich glaubte, dass ich irgendwann vergessen hatte wie es war Schmerz wirklich zu spühren. Aus eigener Erfahrung wusste ich, dass es weit aus schlimmeres gab, als verprügelt zu werden. Dennoch gab es noch einen Schmerz, den ich noch nie zuvor gespürte hatte. Ein Schmerz, den ich erst nicht wahrnahm, da ihm ein Gefühl vorran ging, dass mich vollends ausfüllte und mein verwundbares Herz mit heilsamer Wärme umschloss. Ein Gefühl das ich für eine kurze Zeit spürte und erfuhr was es hieß so etwas wie Glück zu empfinden. Dieses Gefühl sollte intensiver sein, als alles andere ...und zugleich das schmerzvollste, bitterste und süßeste von allen...Es sollte Momente geben in denen ich Flügel bekam, wenn gleich auch nur für einige, wenige Augenblicke... Das erste Mal, dass ich dieses Gefühl hatte war, als ich ihn das erste Mal sah. Benjamin, der am Schultor auf jemanden zu warten schien. Ein großer, schlank gewachsener Typ. Er war mir sofort aufgefallen mit diesen verwuschelten, braunen Haaren . Und das Schauspiel das sich nur wenige Minuten später bot, lieb keineswegs unbeobachtet. Weder von mir, noch von anderen. Besonders bei den Mädchen machte das schnell die Runde. Denn an jenem Tag stritt er sich mit seiner Freundin, die sich vom ihm trennte, weil er wohl fremd gegangen war. Das löste einen ganz schönen Tumult unter den Mädchen aus. Nicht, weil Benjamin fremd gegangen war, sondern weil er wieder zu haben war. Es schien niemanden zu stören, was er für ein Typ war. Zumindest nach außen hin. So wie er sich verhielt wurde ich das Gefühl nicht los, dass es ihn kaum störte, dass sie nichts mehr von ihm wissen wollte. Viel mehr schien er sich über etwas ganz anderes zu ärgern...Später hörte ich über mehrere Ecken, dass Vanessa, wie seine Ex hieß, völlig empört über diese Belanglosigkeit war, dass er kein bisschen, um ihre Beziehung gekämpft hatte. Es war, als sei das Alles eine schlecht durchdachte Aktion, um ihn zu testen, wie sehr er wirklich an ihr hing. Ein verzweifelter Versuch in dem Glauben, sie sei ihm wichtig. Doch dem war nicht so... Das hielt die anderen Mädchen aber nicht davon ab, dass sie von ihm schwärmten. Mir ging es nicht anders. Benjamin gefiel mir und so ein inneres Gefühl sagte mir, dass ich ihm näher kommen wollte. Nur wusste ich nicht wie. Er war so weit weg, erschien so unerreichbar wie die Flügel die ich mir seid Jahren wünschte. Zudem musste ich feststellen, dass er nicht nur ein Frauenhelt zu sein schien, sondern auch noch ein ziemlich berechnender Vollidiot, der die Schwächen anderer ganz klar ausnutze. Ich hatte Glück, dass ich keines seiner Opfer war, aber wann immer wir uns über den Weg liefen würdigte er mich entweder keines Blickes, oder er war kurz angebunden, oder schlicht und ergreifend schlecht drauf. Mir fiel auf, dass ich ihn nie ernsthaft lachen sah. Nicht mal, wenn er mit seinem Anhängel, Billy glaube ich, hieß er, "rumalberte". Nein. Sein Gesicht war immer so ernst und düster, als trüge er eine schwere Last mit sich. Manchmal dachte ich, er sei wie ich. In einem kleinen Winkel meines Herzens, wollte ich daran glauben, das wir uns ähnelten, weil er fast so einsam wirkte wie ich mich fühlte. Trotz dessen, dass er immer von Menschen umgeben war und den Anschein erweckte, ziemlich beliebt zu sein. Aber war er das wirklich? Oder war das Alles nur Schein? Bis zu einem gewissen Zeitpunkt, bekam ich von ihm kaum emotionen zu sehen. Alles was ich von ihm kannte war, dass er sich über andere lustig machte, zeigte wie wenig er auf andere hielt und wie belanglos er in den Tag hinein lebte. Unbekümmert und schulterzuckend. Doch es gab einige, wenige Momente, in denen er ganz andere Seiten von sich zeigte. Seine erste, wirkliche Reaktion bekam ich von ihm bei einem Basketballspiel, bei dem die Klassen gegen einander antraten. Beim Sport glänzten seine Augen. Wie losgelöst war er. Als sei er zuvor eingeschränkt. Doch gleichzeitig hatte er Gefallen daran gefunden einen meiner Klassenkameraden zu piesaken und seine unsportlichkeit auszunutzen. Ständig sorgte er dafür, dass er die Bälle abbekam, stachelte seine Mitschüler an, ihn aus dem Spielfeld zu mobben. Der kleine Akira wusste sich kaum zu wehren und floh schließlich an den Spielerrand, direkt neben mich. Die Menge der Schüler war in Gelächter ausgebrochen. Immerzu machten sie sich über ihn lustig. Für etwas, wofür er rein gar nichts konnte. Also beschloss ich mich Benjamin zu stellen. Auch wenn ich zunächst beschlossen hatte nicht mit zu spielen. Aber das wars mir wert. Ich wollte ihm in die Augen sehen. Benjamin war wirklich verdammt gut in Sport, aber ich war es auch, auch wenn man es mir nicht ansah. Aus einem inneren Trieb herraus wollte ich ihm zeigen, was ich drauf hatte. So geschah es. Auge um Auge, Zahn um Zahn standen wir uns gegenüber und kämpften um die Punkte. Zu seinem Erstaunen und zum Erstaunen unserer Mitschüler besiegte ich ihn in einem Zweikampf. In seinem Gesicht konnte ich ablesen, dass er sich in seinem Stolz gekränkt gefühlt haben musste. Denn er schnaufte verächtlich in meine Richtung und sein Gesicht hatte sich verärgert verzogen und er dampfte knurrend ab. Trotzdem...hatte er mich bemerkt. Mich wahrgenommen und mein Herz machte einen Freudensprung. . . Doch schon bald darauf erlebte ich die erste Enttäuschung. Es war an einem Samstag Abend auf einer Party. Er saß an einem Thresen und trank ein Bier. Eine ganze Weile hatte ich ihn beobachtet und fasste irgendwann den Mut an ihn herran zu treten. Das fiel mir nicht leicht, da ich nicht wusste wie er reagierte. Als ich meinen Mut endlich gefunden hatte und neben ihm saß bemerkte ich schnell, dass er darüber nicht sehr erfreut war. Erst wirkte er sehr überrascht und auch ich konnte ihn eine Weile nur antsarren, obwohl ich ihn ja bereits gesehen hatte...sicher wurde ich rot. Dafür schämte ich mich ein bisschen,weil ich nicht wollte, dass er es bemerkte. Beim Sport konnte ich es kontrollieren, aber in einer solchen Umgebung war die Situation ganz anders. Das nutzte er aus. Er beleidigte mich und ja...er nutzte meine Unsicherheit aus. Ganz schamlos. Ich war mir ziemlich sicher, dass er sich innerlich über mich lustig machte. Trotzdem wollte ich nicht davon laufen. Trotzdem wollte ich ihm nah sein, diesen Moment genießen. War das dumm? Aber was sollte ich denn dagegen machen? Mein Herz schlug schon schneller, wenn er mich nur ansah und bei dem Klang seiner männlichen Stimme wurde mir ganz anders...ich mochte seine Stimme...ich mochte sie sehr. Alles in mir kribbelte...was war das nur? Doch wenn er mit mir redete, wenn ich seine wundervolle Stimme hörte, hörte ich nichts weiter als Ablehnung und Spott. Er durchschaute mich. Durchschaute mich sehr genau. Er hatte sogar erkannt, dass ich durch meine sportliche Herrausforderung seine Aufmerksamkeit erlangen wollte...Knallhart konfrontierte er mich mit dieser Wahrheit...so dass ich gar nichts mehr darauf zu antworten wusste... mein Herz zog sich zusammen...Das tat weh...nur ein bisschen...Ich wusste was Schmerz war, aber dieser Schmerz, war mir neu... Doch als Billy plötzlich auftauchte und mich nach meinem Befinden fragte konnte ich nichts anderes tun, als so zu tun, dass es mir gut ging. Für einen kleinen Augenblick hatte ich sogar das Gefühl, dass Benjamin ein wenig überrascht war. Aber diese Überraschung wich schnell wieder aus seinem Gesicht. Ganz egal was geschah...ich wollte nicht, dass Benjamin mich hasste...Trotzdem kam es noch schlimmer. Nachdem ich mit ihm und Billy noch das Bier trank, dass ich nur trank, um ihm zu zeigen, dass ich was aushielt, ließ ich mich von Billy auf die Tanzfläche ziehen und von der Menge treiben. Tanzen war auch etwas, was ich gut konnte, was mir Spaß machte. Beim Tanzen war ich frei, bewegte mich...leichtfüßig...Manchmal hatte ich das Gefühl zu schweben...doch es reichte nicht, um völlig abzuheben... Er viel später merkten wir, dass Benjamin nicht mehr unter uns war. Orientierungslos sahen wir uns in der Menge um. "Billy, kannst du ihn sehen?", fragte ich ihn. Er schüttelte den Kopf. "Nein, keine Sorge, der kommt schon wieder. Das macht er öffter weißt du? Und dann, ganz plötzlich taucht er wieder auf, wie durch Zauberei.", meinte er nur lächelnd. Na dem konnte die Laune wohl nichts verderben. Wie konnte der nur so gelassen bleiben? Billy machte allgemein einen ziemlich entspannten Eindruck. Ich seufzte, "Okay, ich sehe trotzdem mal nach ihm.", teilte ich ihm mit. als sich plötzlich meine Blase meldete. War wohl Zeit aufs Klo zu gehen. Wie es der Zufall so wollte lief ich direkt Benjamin über den Weg und er war nicht allein. Hinter ihm her kam ein sehr knapp bekleidetes Mädchen, das sich ihre Kleidung glättete, als hätten sie...ja sie hatten! Ganz sicher sogar...Das war der Moment in dem mir das Herz in meiner Brust wieder einen Moment aussetzte, als beging er ein Verbrechen...Dieser Anblick schmerzte, weil ich genau wusste, was sie getan hatten. Das war noch viel schlimmer als jede Beleidigung die er mir an den Kopf werfen konnte. Dieser Schmerz ging ins Herz. Ich konnte nur den Kopf senken, meine Lippen zusammenpressen und an ihn vorbei in die Damentoilette flüchten. Dort verkarribadierte ich mich in einer der Kabinen und weinte das erste Mal, wegen ihm...wegen dieses unerträglichen Schmerzes...Da wurde mir das erste Mal bewusst dass ich mich in ihn verliebt hatte... . . Auf den ersten Schmerz gab es jedoch auch Momente, in denen er mich sogar beschützte. Ja, er schützte mich vor meinen Mitschülern, die mich fertig machen wollten, vertrieb sie. Da sah ich zum ersten mal sowas wie Wut oder Ärgernis in seinem Gesicht. Es sah aber nicht so aus, als galt das Alles mir. Mir war, als sei er es einfach satt sich das an zu sehen. Trotzdem war ich unheimlich glücklich, dass er mich beschützte. Mich, die sonst nie jemand beschützte. Ich war mir sicher, mit diesem Gefühl...wenn es doch nur länger anhielt, hätte ich fliegen können. Dazu gab er mir aber nicht mal die den Hauch einer Chance...nicht mal bedanken konnte ich mich richtig. Er ließ mich nicht mal ausreden, zog einfach ab, als sei das Alles nur belangloses Zeug, aber das war es nicht,...nicht für mich...Ich verstand ihn einfach nicht...Benjamin war ein Wiederspruch in sich...mal mobbte und trietzte er andere....mal beschützte er sie.. Nicht immer war alles was er tat gleich offentsichtlich... Nur eines war klar...dass alles was er tat immer irgend einen Sinn ergab...Manchmal, wenn man dachte, dass er weg sah, wenn Ungerichtigkeiten passierten, musste man im nächsten Moment erkennen, dass auch dass so gewollt war...Sein Handeln konnte anfeuern, oder aber zu tiefst verletztend sein... . . Was dann passierte, bohrte sich wie ein Dolch tief in mein Herz und hinterließ eine Verletzung so tief, dass immer eine Wunde zurückbleiben sollte... An diesem Tag begegnete ich Jorden zum ersten Mal. Jorden war in Begleitung von Benjamin und sie schienen ein recht vertrautes Verhältnis zu haben. Zunächst kam es mir vor wie eine Einbildung, weil Benjamin selbst mit Billy nicht so umging, obwohl dieser sein bester Freund war. Billy hatte mich dazu überredet zu dieser Party zu gehen. Ich ließ mich darauf ein, weil er meinte, dass auch Benjamin dabei sein würde. Er musste gemerkt haben, dass ich Benjamin mochte...Kein Wunder, ich verhielt mich auch nicht gerade unauffällig. Doch mit Jorden hatte ich nicht gerechnet...Er saß im Rollstuh und strahlte so viel Kraft und Stärke aus, dass es einem Angst einjagen konnte.. "Benji? Hey Benji mein Freund! Ah und Jorden ist auch da, na das ist ja passend, wir waren gerade auf dem Weg um euch abzuhohlen!", rief er ihnen zu, und sammelte sie auch promt ein. Wir erfuhren, dass sie gerade vom Einkaufen kamen und sich wohl vor der Party drückten. Außerdem wurde klar, dass die Jungs Benjamin wohl auch gerne als Weibermagnet misbrauchten, was Benjamin auf den Tod nicht ausstehen konnte. Man sah es ihm an. Doch es dauerte nicht lange, bis Billy die beiden dazu überredete. Schon in den ersten Momenten wo ich die beiden zusammen sah und wie Benjamin mit ihm umging wurde mir klar, dass da irgendwas zwischen ihnen war, was ich nicht definieren konnte. Wenn ich sah, wie Benjamin ihn anschaute, wie er auf Billys Scherz mit dem Beschützterinstinkt reagierte. Als sei er fast etwas... verlegen? Schon jetzt machte mein Herz einen Sprung. Nur diesmal nicht vor Glück, sondern...weil es schmerzte, als versetzte man ihm einen kleinen Stich. Mit einer kleinen, fiesen Nadel. Das war doch nicht zu übersehen...nicht wahr? Auf der Party angekommen, nahm Benjamin, Jorden auf eine beschützende Art und Weise auf die Arme, trug ihn fest an sich gedrückt durch die feiernde Menge. Jeden der Jorden auch nur einen Millimeter zu nahe kam, oder ihn auch nur komisch ansah beschenkte er mit einen tödlichen Blick und setzte ihn auf einem der Sofas ab. In seinem Rollstuhl war es hier so gut wie unmöglich sich frei zu bewegen. Dazu war es zu eng. Aber Jorden schien sich damit nicht ganz unwohl zu fühlen. Benjamin rührte sich von dort aus vorerst nicht mehr vom Fleck. Selbst das Bier ließ er sich von einem seiner Bekannten holen. Auch die Mädels die ihn am laufenden Bande versuchten anzumachen hatten keine Chance. Zusammen mit Billy zog ich mich zum Trinken an einen Tisch zurück. Von hier aus konnten wir die Beiden gut sehen. Billy kratzte sich am Kopf. "Mensch irgendwie hatte ich mir das schon gedacht.", meinte er plötzlich. "Was denn?", wollte ich wissen. "Sieht man das nicht? Benjamin sitzt da wie ein Soldat, der einen Schatz beschützt. Selbst, wenn er wo anders hinsieht bemerkt man sofort, dass eine Hälfte immer auf Jorden gerichtet ist. Er meint zwar immer, dass es Will, also Jordens großer Bruder ist, der ihm im Nacken sitzt, aber in Wahrheit sucht er nur nach einer Ausrede. Aber das kann er sich natürlich nicht eingestehen. Dazu ist er zu stolz.", erklärte er mir. Also musste es Billy auch auf gefallen sein. "Du meinst also...", murmelte ich, als ich plötzlich begriff, dass Billy sogar noch weiter dachte als ich. "Bingo. Du solltest dich beeilen Yui. Du magst ihn doch auch, oder?", erkannte er und ich wurde rot. "Ha, da haben wirs. Du siehst ihn schon die ganze Zeit so an. Forder ihn doch mal zum tanzen auf. Vielleicht öffnet er sich dir ja.", schlug er vor. Ich schüttelte den Kopf. "Nein, das glaube ich nicht...eher glaube ich, dass er mich nicht leiden kann.", gestand ich. "Ich habe immer das Gefühl, dass ich ihn irgendwie nur nerve." Billy lachte kurz auf. "Weißt du, bei Jorden hat er sich zunächst auch verhalten wie der letzte Arsch, aber als er merkte, dass Jorden für sich selbst einstehen kann und den Mut bewieß ihm zu sagen, was er denkt...da hat er glaube ich angefangen ein zu lenken. Auch wenn er immer so tut, ist er nicht unantastbar weißt du? Benjamin...ist auch nur ein Mensch...", erklärte er mir. Ich war erstaunt über Billy und mit welchen Augen er seinen besten Freund sah. Nicht mit Missgunst, Hass oder Neid. Er sah ihn mit purem Optimismus. Glaubte an das Gute in ihm, obwohl Benjamin jeden Tag aufs Neue bewies, was für ein Arsch er war. Trotzdem hielt Billy zu ihm. Ob Benjamin das überhaupt zu schätzen wusste? "Tja, Benjamin mag nicht der einfachste Mensch sein, aber tief in seinem Herzen ist er kein schlechter Kerl. Er braucht nur hin und wieder nen Arschtritt...", erklärte er mir. Plötzlich konnte ich sehen, wie ein Mädchen sich neben Benjamin setzte und sich an ihn schmiegte und irgend etwas auf ihn einredete. Ich erkannte sie sofort. Es war Vanessa, sein Ex. Zwar konnte ich nicht hören was sie redeten, aber es gefiel mir gar nicht. Mir gefiel ihre Art nicht, wie sie in antatschte, als sei es selbstverständlich. "Oh je...Vanessa, wo sie auftaucht macht sie nur Ärger. Hatte sie nicht letztens noch nen Typen dabei?", merkte Billy an. "Gut möglich." Plötzlich mischte Jorden sich ein und hing halb über Benjamins Schoß und schob ihre Hand von ihm weg. Ich wusste nicht was er ihr sagte, aber er sah verärgert aus und schien sie verscheuchen zu können. Denn kurz darauf verschwand sie wieder. Benjamin war mindestens so Baff wie sie in diesem Moment. "Wow, da scheint Jorden ihr ja ganz schön die Leviten gelesen zu haben. Glaub ich hab noch nie gesehen, dass jemand Vanessa so schnell verscheut hat.", lachte er. "Hmm,... Lass uns mal rübergehen Yui und dann forderst du ihn mal zum tanzen auf. Er kann jetzt bestimmt Ablenkung gebrauchen.", beschloss Billy und schob mich durch die Menge zu Benjamin und Jorden. Billy tat so, als ob er von Vanessas Auftritt zuvor nichts mitbekommen hatte und deswegen eher überraschat war. Benjamin war wieder wie immer und moserte vor sich hin und ließ sich wiederwillig von Billy davon überreden mit mir zu tanzen. Schneller als ich gucken konnte waren wir auch schon in der Menge verschwunden. Kurz noch schaute er zu Jorden zu schauen, ehe wir sie aus den Augen verloren. Ich fragte mich kurz, ob er wirklich nur Angst hatte, ob er Ärger mit dessen großen Bruder bekam, oder ob es noch einen anderen Grund gab, warum er sich scheinbar nicht von ihm lösen wollte. Allerdings wollte ich darüber nicht zu sehr nachdenken. Die Stimmung wurde mit der Zeit immer ausgelassener. Sogar Benjamin lies sich gehen und wir tanzen schon bald ziemlich eng an einander. Das gefiel mir. Denn plötzlich hatte ich so ein Glücksgefühl. Es machte solchen Spaß mit ihm zu tanzen. Irgendwann kamen wir uns immer näher und schließlich lag ich in seinen Armen. Wir küssten uns gierig, verlangend nach mehr. Ich ließ mich vollkommen auf ihn ein und irgendwann waren auf der Herrentoilette, auf der wir es taten. Wie in einem Rausch der Vollkommenheit spürte ich ihn in mir und stöhnte unterdrückt vor Lust gegen seine Lippen. Unsere Seelen....unsere Körper...sie waren eins und endlich hatte ich das Gefühl nicht nur zu schweben...sondern zu fliegen vor Glück und ich dachte, wenn es doch immer so schön sein konnte wie jetzt...Das wäre wie ein Traum... Viel zu schnell kamen wir zum Punkt und dann war es auch schon vorbei. Für einen Moment...nur für einen winzigen Moment erhoffte ich mir, nun endlich das Eis gebrochen zu haben. Doch ich täuschte mich. Kurz klammerte ich mich an seinen Körper, um mich zu erholen. Ich wollte dieses Gefühl, ihn so nah bei mir zu spüren einfach nur etwas genießen. Seine Haut, war so warm und fühlte sich so gut an. Nach einer Weile entschiet ich mich schweren Herzens auf zu stehen und mich wieder an zu ziehen. Er tat es mir gleich. Ich sah mich zu ihm um, "Und jetzt?", wollte ich wissen. Ich musste einfach wissen, was er darüber dachte. Doch ich bekam nur ein belangloses Schulterzucken. Er verließ den Raum einfach ohne mich weiter zu beachten. Innerlich zerbrach mein Herz in tausend Scherben. Dieser Schmerz war der Schlimmste, den ich je gespürt hatte. Schlimmer all die Schläge, als alle Beschimpfungen, die ich je erlebt hatte. Wieso? Wieso nur muss ich mich ausgerechnet in ihn verlieben... Mir blieb nichts,...außer dem Gefühl von Einsamkeit und Traurigkeit...nicht gewollt zu sein...so war es doch schon immer...es hatte sich nichts geändert... Dabei wollte ich doch...nur fliegen... Kapitel 15: Überwindung und Erkenntnisse ---------------------------------------- "Benjamin, jetzt lächel doch mal. Seid Tagen ziehst du ein griesgrämiges Gesicht. Dabei haben wir Herbstferien.", meinte Billy. Meine Wenigkeit hatte jedoch nur ein rebellisches Knurren für die Wortes meines Kumpels übrig. Wieso sollte ich Lächeln, wenn ich keinen Grund dafür hatte. Das Wetter war trüb, die Luft kühl, die Bäume bund, aber wurden immer karler...Ja, ja, die Jahrezeiten...war überhaupt schon mal jemandem aufgefallen, dass sie einen Wiederspruch in sich selbst bildeten? Zwar war das Wetter überwiegend nass und trüb, was viele Menschen ärgerte, aber die Blätter färbten sich bund, was wiederum sehr beliebt war...ein Grund diese Jahreszeit zu lieben, oder aber sie zu hassen! Mich nervte das einfach! Aber was dachte ich überhaupt über die verdammten Jahreszeiten nach, wo es doch etwas gab, was mir noch viel mehr auf den Senkel ging! Die Antwort darauf lautete, Milan! Milan war ein langhaariger Weltverbesserer, der ganz plötzlich auf der Bildfläche auftauchte, ohne zu fragen, ob er überhaupt erwünscht war! Der Typ war der der Sohn des Basketballtrainers der Rollstuhlmannschaft, in der Jorden hin und wieder trainierte. Da sein Vater nebenher in einer Schule unterrichtete und seine Vertretung eine neue Stelle angenommen hatte, war es nun an Milan, die Mannschaft zu trainieren...leider war das nicht alles... Zwar gab es Stimmen, die versuchten mich eines besseren zu beleren, aber etwas sagte mir, dass er es ganz sicher auf Jorden abgesehen hatte! Die beiden waren mir eindeutig zu vertraut und sie verbrachten verdächtig viel Zeit mit einander! Außerhalb des Trainings versteht sich. "Benji, bist du etwa eifersüchtig?", platzte Billy plötzlich herraus...Pah! Ich und eifersüchtig! "Kein Stück!", knurrte ich wehement gegenan. Billy lachte. "Irgendwie glaube ich das nicht...du nörgelst zwar sonst immer rum, wenn er das Wochenende bei dir verbringen will, von wegen er würde dich nerven und so, aber in Wirklichkeit ist es doch ganz anders nicht wahr?" Anders? Wie anderes? Wie sollte es denn bitte sein? Hatte ich irgendwas verpasst oder so? "Ich bin nicht eifersüchtig!", raunzte ich ihn an. "Und ob du es bist! Sag doch einfach wie es ist! Es kotzt dich doch tierisch an, dass er neuerdings so viel Zeit mit diesem Milan verbringt! Benji...wieso sagst du Jorden nicht einfach wie du fühlst? Sag ihm doch einfach, dass du wieder mehr Zeit mit ihm verbringen willst und fertig. Ich bin mir sicher, dass er sich sehr darüber freuen würde.", schulterzuckend erhob er sich und holte die Kaffeekanne hervor, um sich Kaffee nach zu schenken, als sei das Alles nur eine Nichtigkeit, die nicht weiter von Bedeutung war. Aber, Billy machte sich die Dinge immer so leicht...Für mich waren sie es aber nicht...sie lagen mir eher schwer im Magen. Es stimnte schon, dass es mich ankotzte, dass er seine Zeit mit diesem Typen verbrachte, aber eifersüchtig war ich ganz sicher nicht! Ich war zwar nicht immer nett zu ihm, aber Jorden hatte sich auch nie beschwert.Stattdessen lächelte er mich fast ständig an, beehrte mich mit seiner tödlich guten Laune, die mich so nervte... Trotzdem wollte ich nicht, dass er diesen Kerl auch so anlächelte! Ich wollte nicht, dass er ihm sein Herz öffnete und mich ignorierte! Wenn er ihn je ohne meine Erlaubnis zum weinen brachte, würde er ein Donnerwetter erleben! Ich war der Einzige, der ihn zum Weinen bringen durfte! Das hatte ich für mich beschlossen! Das hatte aber rein gar nichts mit Eifersucht zu tun! Ich hatte ihn auch nicht gern oder so, nein! Ich wollte einfach nicht, dass er ihn anlächelte, oder wegen ihm weinte! Schließlich war ich schon seid der Grundschule der Grund dafür, wenn er weinte, oder sich fürchtete und seid einiger Zeit schien ich auch ein Grund dafür zu sein, wenn er ständig lächelte! Zwar verstand ich es lange Zeit nicht, warum er das tat, aber so nach und nach wurde es mir klar...und jetzt...lächelte er diesen Typen an! Jorden hatte so eine unbeschwerte Art,...die mir überhaupt nicht gefiel...! "Unsinn! Was würde das schon ändern!? Milan ist "sensibel" und so, mag den gleichen Sport wie er,alles das, was ich nicht bin und tue. Wieso sollte er also einlenken, wenn ich ihm das erzähle? Jorden macht das doch alles freiwillig." "Ja das stimmt, er ist um einiges sensibler als du, wärend du eher ein unsensibles Arschloch bist, dass scheinbar auch noch unter Komplexen leidet. Seltsamer Weise scheint Jorden das aber kein bisschen zu stören... Du bist doch auch gut in Basketball, spielt doch mal zusammen. Er hat bestimmt nichts dagegen. Du könntest diesem Milan zeigen was du kannst und Jorden würde dann auch sehen, dass du dich für ihn interessiert. So kompliziert ist das doch nicht.", quasselte er fast ohne Punkt und Komma. Leider hatte er recht. Wenn ich Milan zeigte, dass ich ihn schlagen konnte, würde er mich dann als einen Konkurenten anerkennen? Aber warum wollte ich nur so sehr gegen ihn gewinnen? War es weil ich ihn nicht leiden konnte? ...oder war es...wegen Jorden? Das Wirrwar in meinem Kopf nahm wieder zu und ich konnte es nicht sortieren...das beunruhigte mich. Ich brauchte eine Weile, um mich dazu zu überwinden, aber dann war es soweit. Ich hatte beschlossen Jorden von seinem Training abzuholen und ihn dann ganz unauffällig darauf an zu spechen. Leicht viel mir das jedoch nicht. Schon der Gedanke daran, dass ich diesem Milan begnete, brachte mich auf die Palme. Das erste Mal, dass ich ihm begegnete war, als er ihn zusammen mit Will ihn bei mir zu Hause abholte. Jorden schien sich darüber ziemlich zu freuen und Milan auch. Und irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass er mich die ganze Zeit mit seinen Blicken durchbohrte und beobachtete. Genau wie Will. Ob Will ihm von mir erzählt hatte? Wenn ja, sicher nur Schlechtes...Was sollte er auch sonst erzählen, wo er mich ja eh nicht leiden konnte. Als ich gerade den Eingang des großen Gebäudes betrat, kam Jorden mir schon in seinem Rollstuhl entgegen. Neben ihm ein weiterer Rollstuhlfahrer und...Milan. Die Unterhaltung, die er mit ihnen führte schien ihn sehr zu erheitern. Besonders auf Milans Antwort reagierte er besonders lebendig. Bis er mich bemerkte verging eine ganze Weile. Das war ungewöhnlich. Sonst bemerkte er mich immer sofort. Da war der Milan wohl interessanter. Kein Wunder, ich war ja auch meist eher wortkarg. Eine Unterhaltung mit mir war nun wirklich nicht sonderlich spannend. Das war also nachvollziehbar. Trotzdem...störte es mich! "Benjamin...was machst du denn hier?", reagierte er mit Erstaunen im Gesicht. Ich stemmte die Hände in die Seiten, "Na was wohl, ich bin hier um dich abzuholen.", Milan sah mich sekptisch an und alles andere als erfreut. Na sollte mir recht sein. Schließlich hätte ich auf seinen Anblick auch verzichten können! Jorden hingegen strahlte, "Oh, das hätte ich jetzt nicht erwartet, aber ich freue mich sehr!", erzählte er mir und ich war mir sicher, dass das Lächeln auf seinem Gesicht nur mir gald. "Wir haben Ferien. Wenn du willst...", brabbelte ich mehr vor mich hin, weil es mir so schwer viel nicht zu murren, oder zu unfreundlich zu klingen. Jorden aber verstand sofort. "Klar will ich! Aber...ich muss erst meinen Bruder fragen...", antwortete er immer leiser werdend. Milan, der mich eh schon die ganze Zeit im Visier hatte, funkte dazwischen, "Jorden...wollten wir nicht noch in die Eisdiele?", erinnerte er ihn, "Ja stimmt, da wollten wir doch zusammen hin.", ergänzte der andere Rollstuhlfahrer. Jorden überlegte. "Hmm, aber das ist doch kein Problem! Benjamin, was hälst du davon, wenn du mitkommst!", schlug er vor. "Das passt auch, da Will ja auch dort sein wird. Dann kann ich ihn direkt fragen!", ergänzte er noch und wenn sie mir nicht angewachsen wäre, wäre mir wohl spätestens jetzt die Kinnlade herrunter gefallen. Sollte das wirklich der Preis für den Mut sein, den ich jetzt endlich gefasst hatte? Wills messerscharfe Todesblicke im Nacken zu spüren und dann noch dieser Typ, der mich die ganze Zeit anstarrte, als sei ich ein Elien? Na danke auch! Da erheiterte mich nicht mal die Spekulation darüber, dass Will mit seinen ganzen Jobs und Jorden im Gepäck sicher nie ne feste Freundin finden würde...oh Mann...mir blieb auch nichts ersparrt...wäre ich doch bloß zu Hause geblieben. "Also gut...aber nicht lange...", murmelte ich vor mich hin. "Super! Ist doch okay für euch oder?", der Rollstuhlfahrer, der übrigens wie Jorden aussah, als hätte er ne Verschönerungskur hinter sich, stimmte sofort zu. Sport war wohl tatsächlich das Mittel der Wahl. Milan hingegen, wirkte weniger zufriedengestellt. Ja, sein Gesicht schien regelrecht zu entgleisen, auch wenn er es zu verstecken versuchte. Aber ich konnte es an seinen zuckenden Mundwinkeln erkennen. Meine Ex zuckte immer so, bevor sie austickte. Milan hingegen schien von der geduldigeren Sorte zu sein, die erst innerlich brodelte und erst dann explodierte, wenn es ihm am passensten erschien. Na konnte ich wohl gespannt sein und irgendwie reizte mich dieses kleine Spielchen auch ein wenig. Ich weiß, das klang arschig, aber es war gar nicht so uninteressant die Grenzen seiner Mitmenschen auszutesten. Mit einem unzufriedenen Knurren, stimmte Milan, der zuvor noch in Jordens strahlendes Gesicht gesehen hatte, dem auch zu. Mir wurde so langsam klar, dass Jordens Lächeln, so eine Art Zaubspruch war, der über Leben und Tod entscheiden konnte. Jorden schaffte es nähmlich immer seine Mitmenschen dazu zu bringen schier unmögliche Dinge zu tun oder zu sagen. Sogar bei mir klappte das bereits. Sonst würde ich all diese Dinge bestimmt nicht freiwillig tun! Wir kamen an der Eisdiele an, an der auch schon Will auf uns wartete, oder viel mehr auf Jorden. Wie er wohl die Zeit gefunden hatte, sich so mitten am Tag mit Jorden und den Anderen hier zu treffen? "Will, da sind wir!", rief Jorden seinem großen Bruder entgegen. Selten sah ich ihn so glücklich. Auch Will freute sich, zumindest bis er mich sah. An dieser Stelle verfinsterte sich sein Gesicht für einen Augenblick. "Jorden, wo hast du Benjamin denn aufgegabelt?", wollte er sofort wissen. Jorden lächelte ein bisschen verlegen. "Ich hab ihn nicht aufgegabelt, sondern er mich.", Wills Augenbraue ging ein wenig nach oben. "Ja, er ist plötzlich aufgetaucht.", ging Milan dazwischen und ging mit zuckenden Schultern an den Beiden vorbei, gefolgt von Lenny. Das war der Name des anderen Rollstuhlfahrers. "Kommt ihr?", rief Milan uns zu. Ich hatte das Gefühl, das Will nur schwer seinen Blick von mir abwenden konnte. Aber sicher nicht vor lauter Freunde. Am liebsten hätte er mich wohl durchbohrt und aufgefressen, aber was kümmerte es mich...Immerhin hatte Jorden mich eingeladen mit zu kommen, da konnte er wohl kaum was gegen sagen und ich konnte diesem Milan heute vielleicht noch eins reinwürgen. Meine Laune besserte sich so langsam, wenn die Aussichten weiterhin so rosig blieben. Wir folgten Milan in die Eisdiele, die tatschlich rollstuhlgerecht war und außerdem noch geöffnet hatte. Und das zu dieser Jahreszeit. Lag vielleicht daran, dass diese Eisdiele in einer sehr beliebten und belebten Einkaufsstraße lag. Da lohnte es sich das ganze Jahr über geöffnet zu haben. "Benjamin, welche Sorte möchtest du? Die sind wirklich alle sehr gut!", teilte er mir entusiastisch mit. Ich zuckte mit den Schultern. "Ich nehm das, was du nimmst.", murmetle ich. Jorden sah mich einen Moment lang überrascht an, nickte mir dann aber zu. Dabei fühlte ich mich irgendwie von allen Seiten durchbohrt und zerstochen, als hätte ich gerade eine Schandtat begangen. Während Will sich aber gleich wieder dem Verkäufer widmete, lächelte Milan mich spöttisch an. "Was ist?", fragte ich unbeeindruckt. Milan zuckte mit den Schultern, "Ach, ich habe mich nur gerade gefragt, warum so ein toller Typ wie du nicht selbst entscheiden kann welche Sorte er wählt.", "Ich schätze das geht dich nichts an.", erwiederte ich. Jorden drehte sich zu uns um. "Aber, aber jetzt streitet euch doch nicht. Wir wollen doch alle zusammen ein leckeres Eis essen.", sagte Jorden,der offenbar die Stimmung lockern wollte und lächelte uns fröhlich an,wie er es meistens tat. "Bitte sehr, Erdbeer und Schockolade.", sagte Jorden, der mir das Eis in einer Waffel überreichte. So sah also seine Wahl aus. Eine Mischung auch Milche und Obst. Irgendwie passte das zu ihm. "Danke.", antwortete ich kurz angebunden. "Lass es dir schmecken.", ergänzte er noch und nahm sein eigenes Eis entgegen, dass ihm sein Bruder reichte. Ich nickte nur. "Oh, das schmeckt lecker.", hörte ich ihn. "Benjamin, würdest du mein Eis kurz nehmen, damit ich zum Platz fahren kann?", fragte er mich und ich tat es. Sehr zum Missfallen seiner Wachhunde. Lennis Eis nahm der weil Milan entgegen, mit einem Knurren in meine Richtung. Nach wir bezahlt hatten, nahmen wir an einem der Tische platz, überreichte ich Jorden sein Eis wieder und Milan, Lenny seines. "Darauf habe ich mich schon die ganze Zeit gefreut.", lächelte Jorden. Lenny stimmte ihm zu. "Stimmt, so ein Eis nach dem Training tut echt gut. Meinst du micht auch Milan?", "Ja, ja, du hast ja recht Lenny.", "Du weißt hoffentlich was dieses doppelte "Ja" heißt.", lachte er. Für einen Moment lachte selbst Milan ein wenig und sogar Will schien sich zu amüsieren. Das war wohl das erste Mal das ich ihn ernsthaft lachen sah. Denn immer wenn wir uns sahen schaute er ja nur drein wie ein tollwütiger Wachhund, aber solange er nur bellte, würde er mich wohl nicht beißen nahm ich an."Das hast du jetzt gesagt.", lachte Milan. Ich war wohl der Einzige, der sich nicht darüber amüsieren konnte. Irgendwann waren wir am Ende unserer Eiswaffeln angekommen und ich musste mir eingestehen, dass das Eis gar nicht so schlecht war. Ich aß selten Eis, da es mir unnütz erschien, welches zu kaufen. Da viel mir ein, dass ich ja spätestens morgen wieder einkaufen musste, damit Jorden was zu essen hatte. Mir mich selbst kaufte ich ja nie großartig ein, nur das Nötigste. Die gute Stimmung die jetzt herrschte nutzte Jorden zum Anlass um mit seinem Bruder zu sprechen. "Du Will, ich muss dich was fragen.", begann er und plötzlich waren auch die Blicke seiner Freunde auf ihn gerichtet. "Ja? Was denn?", erwiederte er so freundlich, wie er mich nie ansprechen würde. "Du, wäre es okay, wenn ich ein paar Tage bei Benjamin...übernachte? Wir haben doch Ferien...", fragte er ihn und sah ihn dabei lieb bittend an und dann war da noch etwas. Er war rot. Das sah nicht nur ich. Nein, auch Milan bemerkte es und sicher blieb auch Will das nicht verborgen. Kurz zog er eine Augenbraue hoch und sah mich mit einem strafenden Blick an, als wolle er sagen, ~Wehe du krümmst ihm auch nur ein Haar!~. Dann sah er wieder zu Jorden und sofort besänftigte sich sein Blick. "Wenn du das gerne möchtest...aber pass gut auf dich auf ja? Und sag mir sofort bescheid, wenn was ist.", antwortete er erstaunlich gelassen. "Wirklich? Wie cool! Benjamin, ich darf bei dir übernachten.", wiederholte er das, was eigentlich schon klar war. Er freute sich, so sehr, dass ich es kaum glauben konnte. Ebenso wenig wie Milan, dem das sehr zu missfallen schien. Wenn ich mich recht entsann, vernahm ich sogar ein leises Knurren. Das gefiel mir irgendwie. "Dann lass uns gleich die Sachen holen, ich muss noch meine Tasche packen. Kommst du mit Benjamin? Du warst doch noch nie bei uns.", schlug Jorden vor. Ich zuckte mit den Schultern und sagte nichts weiter dazu. Mit ziemlicher Sicherheit, wäre eh nur sowas wie, ~Wenns sein muss...~, dabei rausgekommen. Ja ich war da etwas taktlos. "Milan, was ziehst du denn so ein böses Gesicht?", unterbrach Lenny plötzlich mein Schweigen. Milan zuckte ebenfalls mit den Schultern. "Ach nichts, glaub meine Laune sinkt mit jeder Sekunde. Ich werde wohl nach Hause gehen.", antwortete er und stand auf. "Was schon? Das ist aber schade.", meinte Lenny. "Ja, sorry. Ich kann dich noch nach Hause bringen, wenn du magst, unser Weg ist ja fast der Gleiche.", "Ja, das wäre super.", antwortete Lenny." "Na dann können wir ja alle langsam aufbrechen.", schlug Jorden vor. Will nickte, "Dann lass uns gehen. Wir sehen uns." So trennten sich unsere Wege. Das entspannte die Lage zumindest von einer Seite. Die andere war noch immer aktiv. Wills Seite und er bedachte mich die ganze Zeit tödlichen Seitenblicken. Jorden hingegen ließ sich nicht beirren. Der war es schon gewohnt, dass er mich nicht leiden konnte und ich ihn nicht. "Das ist also unser bescheidenes Heim. Es ist um einiges kleiner, als das riesen Haus in dem du wohnst, aber alles ist so eingerichtet, dass ich gut überall hinkomme.", erzählte er mir fröhlich und voller stolz. Ich musste feststellen, dass es, obwohl es im Gegensatz zum Haus meiner Eltern wirklich um einiges kleiner und bescheidener war, voller Leben war. Persönlicher. Das genaue Gegenteil zu dem, was ich derzeit mein Heim nannte. Es war kein kaltes, modernes Möbelhaus, sondern ein bewohntes, belebtes und warmes zu Hause. So hatte ich nie gelebt. In keiner Ecke des riesigen Hauses, konnte man einen Hauch von Wärme spüren. Nur Kälte. Ich konnte sehr gut nachvollziehen, dass Jorden sich in dieser Wohnung sehr wohl fühlen musste. Am Eingang zog ich die Schuhe aus und folgte Jorden in sein Zimmer, wärend Will sich schon wieder verabschiedet hatte. Er musste wieder zur Arbeit. Auf dem Heimweg hatte ich erfahren, dass Will sich extra ein wenig Zeit genommen hatte, damit er mit Jorden und den Anderen Eis essen gehen konnte, worüber Jorden sich tierisch freute. "Benjamin, holst du bitte meine Reisetasche vom Schrank?", sagte Jorden und deutete auf eine große, blaue Tasche, die auf dem Schrank lag. Hatte er nicht gesagt, dass hier alles so sei, dass er überall rankäme? Naja fast alles. Ich holte die Tasche herrunter und legte sie auf sein Bett. Jorden fing darauf an, alles nötige zusammen zu packen. Eine halbe Stunde später war er fertig. Ich schwang die Tasche auf meinen Rücken und wir verließen die Wohnung. Jorden hatte seinen Bruder überredet vier Tage bei mir bleiben zu dürfen und dafür mussten wir noch einkaufen gehen. "Hast du dir schon überlegt, was du essen möchtest?", fragte ich tonlos. Jorden nickte. "Ja, heute hätte ich Lust auf Salat, wir könnten dazu Käuterbrot essen. Schön warm gebacken. Morgen Hähnchen und Kartoffelsalat...", er machte mir eine ganze Auflistung, der Dinge, die er essen wollte. Schon erstaunlich, dass er sich das innerhalb dieser kurzen Zeit bereits überlegt hatte. Ich hätte damit echte Schwierigkeiten gehabt, da ich mir darüber nie besonders viel Gedanken machte. Eher würde ich noch gar nichts essen, als mir den Einkaufsterror anzu tun. Doch heute hatten wir Glück und waren in kürzester Zeit schon wieder aus dem Supermarkt raus, der teilweise unverschämte "Angebote" hatte. Zum Glück kannte Jorden sich sehr gut damit aus, da er und ein Bruder jede Woche die Angebotswerbung durchforsteten, um zu sehen, wo es was günstig und gut zu ergattern gab. Schließlich konnten sie ihr Geld ja nicht zu Fenster hinauswerfen, sagte Will wohl immer. Da hatte er wohl recht, denn sie schwammen nicht in Geld, wie meine Eltern und auch ich konnte mich nicht beklagen. Geld war ihre Art nicht vorhandene Liebe zu zeigen. Trotzdem konnte ich damit nie viel anfangen. Es machte nicht glücklich... "Ich freue mich schon so sehr auf das Essen, vor allem auf den Nachtisch.", lächelte er glücklich vor sich hin. Der konnte sich echt über alles Mögliche freuen. Jorden war eben bescheiden. Das war er schon immer. Als wir bei mir ankamen räumten wir zunächst die Einkäufe ein, dann schleppte ich Jordens Tasche in den ersten Stock in mein Zimmer. Danach machten wir uns dran, das Abendessen vor zu bereiten. Da er sich Salat und Kräuterbaguette gewünscht hatte, war das zu bereiten nicht sehr aufwendig. Jorden schnippelte den Salat und ich schob schon mal das Buguette in den Backofen. Zu dem Salat machte er sein eigenes Dressing. Etwa eine halbe Stunde später war das Essen servierfertig und wurde angestrahlt. "Guten Appetit!", wünsch er mir. Ich erwiederte nur ein lautloses Nicken und fing an zu essen. Zu meinem Erstaunen schmeckte das Grünzeug sogar. Lag das an seinem Dressing, oder an seiner Gegenwart? Schwer ein zu schätzen. Mein Inneres wusste längst bescheid. "Boa, bin ich satt, aber der Nachtisch passt noch rein.", sagte Jorden sich den Bauch reibend. "Okay, dann mal los.", antwortete ich und räumte das Geschirr ab. Anschließend holte ich den Schockoladenpudding aus dem Kühlschrank, um ihn Jorden zu überreichen. Dieser nahm ihn lächelnd entgegen. Ich verzichtete. Wenn ich jetzt noch etwas aß würde ich platzen. "Willst du wirklich nichts mehr essen? Der Pudding ist wirklich sehr lecker.", schmatze er zufrieden. "Nein, iss nur." "Okay,... Sag mal, können wir gleich noch den Wackelpudding machen? Dann ist er morgen bestimmt fertig.", erwiederte er darauf. Ich zuckte mit den Schultern. "Von mir aus." Und so geschah es. Anschließend wuschen wir alles ab und räumten das Geschirr wieder in seine Schränke. Als alles erledigt war ging es in den ersten Stock, wo wir uns schon mal bettfertig machten. Es war mittlerweile 19 Uhr. Zu früh schon schlafen zu gehen, zu spät um noch was besonderes zu machen. Wir beschlossen noch ein wenig Karten zu spielen. Jorden hatte ein "Mau Mau" Spiel und ein altes Kinderspiel, "11 er raus" eingepackt. Ein wirklich simples Spiel mit dem man sich jedoch die Zeit ganz gut vertreiben konnte. Allein eine Runde dauerte eine kleine Ewigkeit, da man 20 Karten auf der Hand hatte, die man alle der Reihe nach los werden musste und wenn man nichts passendes hatte, jede Runde eine aufnehmen. Es konnte einen fast wahnsinnig machen, oder aber zum Lachen bringen. So wie Jorden, der auf einem Kissen, auf dem Boden, an das Sofa gelehnt saß. Mit einer Decke über seinen ausgestreckten Beinen, da sie schnell auskühlten. Den kleinen Tisch hatte ich über seine Beine gestellt, damit er sich nicht verrenken musste. "Da muss ich wohl warten bis du was passendes hast.", lachte mein Besuch. "Stimmt wohl.", antwortete ich karg. Es war wirklich verzwickt. Wir hatten schon einige Runden hinter uns und keiner von uns hatte eine passende Karte um die Reihe zu ende zu legen. Kaum zu glauben das eine einzelne Karte dafür verantwortlich war, dass man nicht vorran kam und alles auf Stillstand war. Es war eben Glück welche Karten man bekam. Die nächste Karte beendete jedoch den Stillstand unseres Spiels. Jorden konnte endlich ablegen und gewann. Eine einzelne Karte entschied über Sieg und Niederlage. "Ich habe gewonnen!", freute er sich. Sein Gesicht stahlte wie die Sonne. Ja... Wie die hell leuchtende Sonne, dessen Licht einen manchmal blendete...Gegen ihn war ich nur ein kleiner, dunkler Schatten, der ihn mit seinen tristen Tönen niemlas erreichten konnte. Dieser Abstand zwischen uns...nein ein ganzes Universum an Welten schien uns von einander zu trennen. Was passierte hier nur? Setzte ich mich etwa in Bewegung? Konnte ich es nicht mehr ertragen auf der Stelle zu verweilen? Das Alles nur wegen ihm? Wegen Jorden.. "Was ist? Du starrst mich so entgeistert an.", unterbrach seine sanfte, erheiterte Stimme meinen Ausflug in die Gedankenwelt. Ich winkte ab. "Nichts. Alles in Ordnung." Er sah mich nachdenklich an, als glaubte er mir nicht. Kein Wunder. Schließlich belog ich ihn ja auch. Unmöglich konnte ich ihm von diesen verworrenen Gedanken erzählen. Dann wüsste er wie verwirrt ich wirklich war. "Du Benjamin...wie kam es eigentlich, dass du dich entschlossen hast, mich vom Training ab zu holen und Zeit mit mir zu verbringen...so etwas hast du noch nie von dir aus gemacht.", wechselte er das Thema. Ein Thema, das ich am liebsten umschifft hätte. Wie so viele. Sollte ich ihm etwa erzählen, dass es mir nicht gefiel, dass er so viel Zeit mit einem Typen verbrachte, der es mit ziemlicher Sicherheit auf ihn abgesehen hatte? Das es mich wütend machte. Das konnte ich nicht. Nicht jetzt! Ich zuckte mit den Schultern. "Ach das hatte keinen besonderen Grund...", wich ich ihm aus. Jorden wollte mir das aber nicht glauben. Er durchschaute mich. "Aber...das stimmt doch nicht...du wärst niemals zu mir gekommen, wenn du keinen besonderen Grund gehabt hättest!", stellte er die unausweichliche Wahrheit fest. Sein Kopf senkte sich für einen Augenblick, als sammelte er neue Kraft. Als sich sein Kopf wieder hob konnte ich Enttäuschung und gleichzeitig auch Mut in seinen Augen erkennen. "Wieso sagst du mir nicht einfach die Wahrheit? Denkst du, dass ich sie nicht verkraften könnte?", wollte er wissen. Seine Worte drangen tief in mich vor. In eine Region, die noch nie jemand wagte zu berühren. Nicht auf diese Weise. Seine Worte erinnerten mich wieder meine Gedanken, die ich vor einiger Zeit hatte. Das ich der feige Idiot von uns beiden war. Nicht er würde die Wahrheit nicht verkraften...sondern ich. Mein feiges ich, dass sich in diesen zurückgezogenen Winkel meiner eigenen, kleinen Welt, vor der Außenwelt verschlossen hielt, hatte Angst. Vor dem was kommen würde...als ahnte es etwas,...was ich noch nicht benennen konnte. Ich seufzte ratlos. Mir was auszudenken würde mich sicher nicht weiterbringen. Jorden wollte die Wahrheit hören. Nur die Wahrheit. "Also gut...Ich...", wie unbeholfen ich doch war, wenn er bei mir war. "Ich wollte dich...", stammelte ich vor mich hin bis mich eine seltsame Wut erfasste und mir meine Stimme zurückbrachte. Mit meiner Faust schlug ich einmal kräftig auf den Tisch, was Jorden kurz erschrack. "Ich wollte dich halt wiedersehen verdammt! Ist das ein Verbrechen?!", ertönte meine laute Stimme, die zugleich...verzweifelt geklungen haben musste. Plötzlich war ich erschrocken über mich selbst. Was hatte ich da eben gesagt? Jorden sah mich für einen Augenblick ebenso überrascht an, wie ich es über mich selbst war. "Vergiss es...", murmelte ich und stand auf. Ich brauchte eine Kippe, um mein aufgewühltes, schneller schlagendes Herz zu beruhigen. Also griff ich nach der Zigarettenschachtel, die auf dem Nachtschrank lag und ging damit zu meinem Ballkon. Mit einem "Klick", zündete ich sie an und inhallierte tief in meine Lunge. "Benjamin, du bist ein Idiot!", erwiederte Jorden. leicht erschrocken sah ich zu ihm rüber. So etwas aus seinem Mund zu hören, klang seltsam. Seine Wangen war schon wieder rot, als sei er verlegen. "Wie um alles in der Welt soll ich das denn vergessen? Wenn mir jemand...", unterbrach er, bis er schließlich fortfuhr, "Wenn mir derjenige den ich mag so etwas zu mir sagt?!" Moment mal...derjenige, den er mochte? ...etwa...mich... Kapitel 16: Sich kreuzende Gefühle... ------------------------------------- Jorden "Wie um alles in der Welt soll ich das denn vergessen? Wenn mir jemand...Wenn mir derjenige, den ich mag so etwas zu mir sagt?" Es platzte einfach so aus mir herraus, ohne das ich etwas dagegen machen konnte. Ich musste rot sein wie eine überreife Tomate und hielt mir vor Schreck den Mund zu. Wieso hatte ich das nur getan? Das wollte ich doch für mich behalten! Zumindest...noch eine Weile... Benjamin starrte mich an wie ein Außerirdischer, dessen Worte im weit entfernten All verloren gegangen waren. Kein Wunder. An seiner Stelle wäre ich auch geschockt gewesen. Schließlich war das so etwas wie eine indirekte Liebeserklärung. Ich hatte ihm gesagt, dass ich ihn mochte. Doch wie hätte ich anders reagieren sollen? Schließlich hatte er mir gesagt, ich solle vergessen, was er mir zu vorgesagt hatte. Das kam mindestens so überraschend wie meine Worte. . "Ich wollte dich halt wiedersehen verdammt! Ist das ein Verbrechen?!" Nein, das war kein Verbrechen. Solche Worte wollte ich doch schon immer von ihm hören. Nur war mir immer, als sei das was ich mir in dieser Hinsicht wünschte, unerreichbar wie der Himmel. Benjamin wich meinem Blick letzten Endes aus. Er wirkte beinahe...gequält und ein wenig verärgert. Als nächstes nahm er sich eine Zigarette und öffnete die Balcontür. Mein Blick folgte ihm. In diesem Moment war ich mir sicher, dass ich es hätte für mich behalten sollen. Denn ich hatte ihn beobachtet, wenn wir zusammen waren. Er rauchte immer, wenn irgendwas nicht stimmte, wenn ihn etwas beunruhigte oder aber etwas verärgerte und er sich beruhigen musste. Dieses Schweigen verunsicherte mich, erdrückte die Stimmung. Benjamin zog an der Zigarette und bließ den Qualm kurz darauf wieder aus "Bist du dir sicher?", kam es plötzlich aus seiner Richung. Er schaute immer noch nach draußen in den fernen Himmel. So wie er es schon früher immer getan hatte, wenn er alleine durch die Schulgänge zog und genauso einsam und allein aussah, wie ich mich oft fühlte. "Was meinst du?" "Bist du dir sicher, dass du mich magst?", wollte er wissen. Ich sah auf die Decke, die über meinen bewegungslosen Beinen lag, vergrub meine Finger in dem weichen Stoff. Was sollte ich ihm antworten? Die Wahrheit? Wenn ich log, wie sollte er mir dann noch glauben? Wenn ich die Wahrheit sagte...würde er mich dann...von sich stoßen? Dürfte ich dann nicht mehr bei ihm sein? "Bist du dir etwa so unsicher, dass du es nicht sagen kannst? Oder war das nur aus einem Reflex herraus?", sagte er mit einer erschreckend kühlen Stimme. Als ich wieder in seine Richtung sah, blickte mich ein ausdrucksloses und zugleich anklagendes Gesicht an. War er enttäuscht? Plötzlich schüttelte ich den Kopf und atmete tief durch. Das stimmte nicht, was er sagte! "Nein! Nein ich meine es wirklich ernst! Ich...ich mag dich wirklich!", versicherte ich ihm mit Ernsthaftigkeit in der Stimme. "Ach ja...und...wie sehr?", fuhr er fort, drückte seine Kippe aus und ließ sie im Aschenbecher zurück. Dann schloss er die Tür und kam wieder zu mir. Er setzte sich neben mich und fesselte mich mit seinem Blick, als wollte er auf etwas ganz Bestimmtes hinaus. Ich antwortete nicht, sondern starrte ihn einfach nur an. Seine Augen waren so trostlos und tief. "Wie sehr! Sag es!", forderte er die Antwort, die ich ihm nicht geben konnte. Ich konnte es ihm nicht sagen, weil es dafür keine Worte gab. Es war unbeschreiblich... Entschlossen verschrängte ich die Arme vor der Brust und schaute stur in die andere Richtung. "Verrat ich nicht! Das ist ein Geheimnis! Du musst doch nicht alles wissen! Wenn man immer alles sofort ausplaudert, wird es doch langweilig!", pledierte ich stur und auf einmal hörte ich ein Seufzen. War wohl nicht das, was er erwartete. "Schon klar...du hast vermutlich recht.", antwortete er schulterzuckend, als interessierte es ihn von der einen auf die andere Sekunde nicht mehr, doch auf einmal spürte ich seine Hand auf meinem Kopf, die durch meine Haare wuschelte. Es kam selten vor, dass er mich einfach so berührte, wenn es nicht zwingend erforderlich war. Meist beschränkte es sich auf das Nötigste, aber...seine Hand war so warm, obwohl er in der Kälte gestanden hatte. "Lass uns ins Bett gehen.", schlug er vor, schob den Tisch beiseite, den er zuvor über meine Beine gestellt hatte und zog mich in seine Arme. "Willst du vorher noch auf die Toilette?", fuhr er fort, und ich nickte einfach nur. So geschah es. Bis zumindest ich im Bett lag, lief alles schweigend ab. Das Licht wurde von Benjamin gelöscht. Danach legte er sich meinem Wunsch folgend neben mich. Es war gerade mal 20 Uhr. Trotzdem war ich müde und mir war kalt geworden. Durch die ganze Aufregung war mir gar nicht aufgefallen, das meine Beine sich ziemlich kalt anfühlten. Durch die Lähmung wärmten sie sich ja nicht durch Bewegung. Auch mein restlicher Körper kühlte dann schnell aus. Das Zimmer war auch leicht ausgekühlt, owohl die Heizung an war. Ich selbst war mit einer Decke und einer Wolldecke zugedeckt. Doch am liebsten wollte ich...sollte ich ihn fragen? Er war ja wieder in Schweigen verfallen. Vielleicht schlief er auch schon, aber so schnell? Bestimmt nicht. Also fasste ich all meinen Mut zusammen und wagte es. "Du Benjamin...nimmst du mich in den Arm? Mir ist so kalt.", fragte ich vorsichtig, um ihn nicht zu verärgern. Ein Rascheln erfolgte und ich wurde in seine Arme gezogen. Mit einem genervten Knurren, schob er auch meine Beine zurecht, so das sie nicht im Weg waren und trotzdem gut gewärmt wurden. "Sonst noch Wünsche?", brummte er. "Nein...", murmelte ich gegen seine warme Brust. Trotz allem was geschehen war, fühlte ich mich bei ihm wohl und wollte ihm nah sein. Hier in seinen Armen war ich wunschlos glücklich. Wenn es doch immer so sein könnte... In seinen Armen schlief ich ein. Es fühlte sich warm, gemütlich und sicher an. "Hm...", murmelte ich. Als ich mitten in der Nacht aufwachte rieb ich mir die Augen. Ich hatte das Gefühl, dass etwas fehlte. Kein Wunder, denn der Platz neben mir war leer. Wo war er denn nur? Er hatte sich doch nicht einfach davon geschlichen!? Plötzlich spürte ich einen kühlen Windhauch und hörte das Geräusch von prasselnden Regen. Langsam drehte ich mich auf die andere Seite und stützte mich auf die Unterarme. Ich sah in Richtung Balkon. Dort konnte ich einen Schatten erkennen und ein kurzes Glühen. Es war Benjamin, der an der offenen Tür stand und eine Zigarette rauchte. Konnte er nicht schlafen? "Benjamin? Kannst du nicht schlafen?" "Nein...der Regen...er will einfach nicht aufhören...", verriet er mir. "Hm, zum Glück bist du jetzt drin und nicht draußen. Sonst würdest du dich wieder über das Wetter beschweren.", griff ich eine der alten Gesichten auf, musste sogar leise lachen. Es war einfach zu komisch wie er sich darüber aufregte. "Willst du eine heiße Schokolade trinken?", fragte er plötzlich aus heiterem Himmel und überging meinen Kommentar damit einfach. "Ja, sehr gerne.", antwortete ich auf seinen Vorschlag. Das nahm er zum Anlass seine Kippe im Aschenbecher zu versenken und die Tür zu verschließen. Dann nahm er die Wolldecke vom Bett und schlug die Decke zurück. In der Wolldecke wickelte er mich ein. Dann zog er mich in seine Arme und wir verließen das Zimmer. Er wollte wohl nach unten, in die Küche. "Warum wickelst du mich so ein? So schnell kühle ich nun auch nicht aus.", merkte ich an. "Red nicht so einen Unsinn! Sogar vorhin waren deine Beine schon ganz kalt, obwohl du zugedeckt warst. Wenn du dir was wegholst, bringt Will mich um. Das ist dir schon bewusst ja?", nörgelte er. Irgendwie kaufte ich ihm das nicht ab. Klar, mein Bruder würde sicher meckern, weil er ihn nicht leiden konnte und sich immer um micht sorgte. Dennoch hatte mir ihr Unverständnis für einander nie das Gefühl vermittelt, dass Benjamin das wirklich viel ausmachte. Nein...eher gab er mir das Gefühl, dass er etwas überspielen wollte. Seine waren Gefühle...In Wirklichkeit, fürchtete er sich nicht vor meinem Bruder. Er fürchtete sich vor etwas ganz Anderem... "Oh keine Sorge, er meckert nur gerne.", da hatten sie wohl was gemeinsam. Das sagte ich ihm allerdings lieber nicht. "Aber ansonsten ist er ein sehr sympatischer Mensch. Ich muss es wissen, ich kenne ihn schon mein ganzes Leben." Benjamin murrte vor sich hin. Ich wurde in meinem Rollstuhl abgesetzt, der im Erdgeschoss des Hauses stand. Nun konnte ich mich wieder freier bewegen. Zumindest hier. Ich wollte nicht, das Benjamin zu viel schleppte, daher lehnte ich es oft ab in meinem Rollstuhl zu sitzen, wenn wir oben waren. Das veranlasste ihn, den Rollstuhl meistens unten stehen zu lassen. Er ging in die Küche. Ich folgte ihm. Dort holte er zwei Tassen hervor, die er mit Milch und Kakaopulver befüllte. Anschließend landeten beide Tassen in der Microwelle. Kurz darauf piepte es. Mein Gastgeber reichte mir eine der Tassen. "Danke." "Hm.", murmelte er. Benjamin war wirklich kein großer Redner, außer, wenn er schimpfte. "Der ist wirklich sehr gut und er wärmt so schön. Danach kann ich bestimmt gut schlafen." "Hm.", schon wieder. "Hilft dir Kakao auch beim Einschlafen?", versuchte ich ihn ein Gespräch zu verwickeln. Dazu musste ich zugeben, dass ich noch nie erlebte, wie er nachts Kakao trank. "Nicht wirklich. Aber es ist ein guter Zeitvertreib.", gähnte er. Er war müde, aber bekam oft kein Augen zu. So als quälte ihn irgendwas. "Weißt du, als ich noch klein war hat mein Bruder mich vor dem Schlafen gehen oft in die Badewanne geschickt. Danach konnte ich meist viel besser schlafen, als ohne. Das warme Wasser wirkte immer sehr entspannend auf die Muskeln. Besonders im Winter. Leider ist in unserer Wohnung keine Badewanne...aber probier das doch mal. Hier gibt es doch sogar eine riesige Eckbadewanne. Benutzt du die gar nicht?", steigerte ich mich wohl ein bisschen in die Sache hinein. Denn Benjamin verzog schon wieder leicht das Gesicht. Daraus war nicht ganz abzulesen, ob er nun verärgert war, oder ob es etwas anderes war. Als er plötzlich ganz zaghaft zu lächeln schien, war ich erstaunt. Dieses Lächeln stand ihm unheimlich gut und bereitete mir Herzklopfen. "Was starrst du mich so an...hab ich was im Gesicht?", sagte er mit einer erhobenen Augenbraue und fand zu seiner Ernsthaftigkeit zurück. Schade. Er durfte ruhig mehr lächeln. "Nein! Hast du nicht...ich wollte dich nicht...anstarren.", wieder sprach ich laut und wurde mit jedem Wort leiser. Irgendwie war mir das peinlich. Benjamin machte ein nachdenkliches Gesicht, das schon gleich darauf wieder zu einer monotonen Lage zurückfand. Dennoch hatte es etwas...erheitertes? "Sag bloß du willst mal in der Eckwanne baden?", platzte er herraus. Ich wusste nicht wieso, aber ich wurde rot. "Äh...nein...um ehrlich zu sein, habe ich da gar nicht drüber nachgedacht.", sagte ich Wahrheitsgemäß. Aber jetzt wo er es sagte...war die Idee gar nicht so schlecht. War bestimmt cool darin zu baden. So eine luxuriöse Badewanne hatte ich bisher nur in Möbelhäusern gesehen. So etwas würden wir uns niemals leisten können. "Wenn du willst kannst du sie mal ausprobieren.", meinte er und trank seinen Kakao aus. "Echt? Darf ich?", entfuhr es mir voller erfreuten Erstaunen. "Würde ich dich sonst fragen?", murrte er unzufrieden. "Dann gerne! Aber...", ohje. Bei all der Freude hatte ich nicht darüber nachgedacht, wie das am besten ging. Die Wanne war so riesig und der Boden so rutschig. Keine Haltegriffe und das Sitzen würde trotz Rückenlehne schwierig werden, da ich mich mit den Füßen nicht abstützen konnte. Ich müsste mich immer am Wannenrand festhalten. "Was ist jetzt? Etwa doch nicht?" "Naja also...es ist so..." Ich erklärte ihm mein Problem. "Hmmm...ich könnte eine Antirutschmatte in die Wanne legen.", überlegte er. Trotzdem waren immer noch keine Haltegriffe vorhanden. "Und wie wäre es wenn...", begann er und schaute dabei leicht zur Seite, als sei ihm der Vorschlag peinlich, was er sich natürlich nicht anmerken lassen wollte und überspielte es mit einem brummigen, ~Wenn dir das zu wieder ist, können wir es auch lassen.~ . Ich starrte voller Bewunderung auf die riesige Eckwanne, die sich nach und nach mit Wasser füllte und dank eines Badezusatzes, das Benjamin aus dem Hut zauberte in ein sanftes Blau färbte und herrlich duftete. Abgesehen davon, dass ich nie damit rechnete, dass er so etwas...feminines basaß, brauchte diese Wanne wirklich irre viel Wasser, um auch nur annähernd gefüllt zu sein. Sie war fast so etwas wie ein kleiner Minipool. Bei so viel Wasserverbrauch würde mein Bruder glatt durchdrehen. "Ist es so spannend der Wanne dabei zuzusehen wie sie sich füllt?", meldete Benjamin sich skeptisch zu Wort. "Ja, schon. Ich hab noch nie eine so eine luxuriöse Wanne in Aktion gesehen, geschweigedenn in so einer gebadet und...", plötzlich stockte ich, als ich Benjamin so halbnackt im Türrahmen stehen sah. So unbedeckt sah ich ihn höchst selten wirklich lange, da er sich ja wesentlich schneller umzog als ich und manchmal ging er auch ins Badezimmer. Im Grunde hatte er von mir schon mehr gesehen, als ich von ihm. Schon allein, weil er mich immer auf die Toilette bringen musste. Aber das war irgendwie noch anders als das hier... Er sah wirklich gut aus. Viel zu gut. Mein Herz klopfte schon wieder wie verrückt . War das wirklich eine so gute Idee? Schließlich...wollten wir zusammen...baden. So nah waren wir uns noch nie. Ich saß in meinem Rollstuhl, nur in seinem Bademantel bekleidet und schämte mich plötzlich. Nicht nur wegen der Nacktheit, sondern, weil er mich dann so sehen konnte wie ich war. Ganz ohne Kleidung war das noch mal anders, als wenn man noch was anhatte. Meine Beine waren so dünn und hatten kaum noch Muskelatur. Natürlich hatte er sie schon mal gesehen, aber so nackt...ohne jeglichen Schutz... Ob ihn das nicht abschreckte? Mein Gegenüber hatte seine Scham von gestern offenbar schon vergessen. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. "Hm? Was ist?" "Ach nichts..!", murmelte ich und sah nach unten. "Du bist ein Spinner! Genierst du dich etwa davor, dass wir uns nackt sehen?" "Nein! Tue ich nicht!", behauptete ich das Gegenteil. "Na dann ist doch alles in Ordnung.", antwortete er und stellte das Wasser aus, als die Wanne voll war. Er tat so, als seien meine Bedenken eine Belanglosigkeit, obwohl er genau wusste, dass ich das Gegenteil von dem meinte was ich sagte. "Dann mal los." Plötzlich hatte er den Bademantel geöffnet und mich davon befreit und ehe ich mich versah saß ich auch schon in der Wanne mit dem warmen Wasser. "Halt dich am Wannenrand fest, ich komm rein.", meinte er emotionslos. Schneller als ich gucken konnte, hatte er sich die Boxer ausgezogen und stieg hinter mich in die Wanne, in der er mich zwischen seine Beine zog, so dass sich mein Rücken an seine Forderseite lehnen konnte. Dann legte er einen Arm um meinen Bauch und sicherte mich vor dem Wegrutschen. Die Antirutschmatte, die er auf den Grund der Wanne geklebt hatte tat ihr übriges. Obwohl ich nun wirklich bombensicher saß, fühlte ich mich komisch. Bei dem Gefühl seine nackte Haut, seinen Körper in meinem Rücken, und seinen Arm um meinen Bauch zu spüren wurde ich innerlich wahnsinnig nervös. Dem Menschen, den ich so sehr mochte, dass ich ihm einfach alles verzeihen wollte...war mir so nah wie ich es nie für möglich gehalten hatte. Außerdem war das, was er hier tat sicher nichts, was er sonst tun würde. Jedenfalls nicht mit einem anderen Kerl. Ich schüttelte den Kopf. Statt mir hier so viele Gedanken zu machen, sollte ich mich lieber freuen, dass er das für mich tat. Das war schließlich keine Selbstverständlichkeit. Er hätte meine Begeisterung für das Baden in dieser Wanne auch einfach ignorieren können. Ich war doch sonst nicht so schrecklich unsicher! Zumindest nicht seid ich etwas selbstbewusster geworden war. Das hatte ich auch bitternötig. Trotzdem...war diese Situation nicht gerade normal. "Hey, kann es sein, dass du nervös bist?", bemerkte er. "Ein wenig...diese Situation ist schon komisch. Das hätte ich nie von dir erwartet.", antwortete ich wahrheitsgemäß. "Hm, stimmt diese Situation ist wirklich nicht normal. Normal wäre es, mit einer Frau auf diese Weise zu baden und nicht mit einem Kerl!", brachte er deutlich zum Ausdruck. Dann seufzte er. "Aber was solls...jetzt ist es eben so. Was mich aber viel mehr wundert ist, dass du eine Sache scheinbar noch nicht in Erwägung gezogen hast, seid wir uns treffen.", spielte er mit undefinierbarer Stimme auf etwas an, das ich mir nicht zusammenreimen konnte. Was meinte er nur? "Was meinst du?", erwiederte ich und senkte meinen Blick zu seiner Hand, die flach auf meinem Bauch lag. Sie rührte sich kaum. Dafür aber sein Atem, der mein Ohr streifte und mir nackenwärts eine Gänsehaut bescherte. "Benjamin...?", murmelte ich leise. Erst jetzt wurde mir klar, worauf er anspielte. "Du bist einfach viel zu gutgläubig. Dir ist wohl nie in den Sinn gekommen, dass ich deine Situation auch gnadenlos ausnutzen könnte.", hauchte er gegen mein Ohr. Für einen Moment erschrak ich, spürte mein wildes Herz und faste mir reflexartig ans Ohr. Dann atmete ich einmal tief durch und beruhigte mich langsam wieder, als mir sogleich etwas bewusst wurde. Ja, er hatte recht, aber... Mit einem leisen Lächeln auf den Lippen bekundete ich ihm meine Antwort. "So bist du aber nicht. Wenn du mir hättest etwas antun wollen, dann hättest du es schon längst getan. Du hattest genug Gelegenheiten dazu. Du würdest es zwar niemals zugeben, aber im Grunde, bist du kein schlechter Menschen. Daran habe ich immer geglaubt." So war es oder viel mehr, ich wollte immer daran glauben. Selbst wenn das im höchsten Maße kindisch war, an das Gute in diesem Menschen glauben, trotz dieser schrecklichen Dinge, die er mir angetan hatte. Doch wenn er nicht gewesen wäre...wäre ich nicht der, der ich heute war. Auch wenn ich mir manchmal wünschte wieder laufen zu können, so war nicht alles schlecht. Ich konnte ihm wieder begegnen und obwohl ich in diesem Rollstuhl saß, sah er mich...er sah mich auf eine ganz bestimmte Weise. Anders, als die anderen...wegen ihm...war ich nicht unsichtbar geblieben... Sein Atem zog sich zurück. "Ich bin also kein schlechter Mensch und das aus deinem Mund? Tja, da bin ich mir aber nicht so sicher. Vielleicht warte ich auch einfach nur eine günstige Gelegenheit ab, um dich dann in einem ganz bestimmten Moment zu verletzen. Das kann man vorher nie wissen.", versuchte er mir einzureden, doch zu gleich wurde ich das Gefühl nicht los, dass er selbst nicht an diese Worte glaubte. So wie ich sie nicht glaubte. "Nein, das glaube ich nicht.", flüsterte ich. Und auf einmal war es so still und dann...wurde ich plötzlich herumgezogen, so dass ich seitlich in seinen Armen lag. Meine Beine über seines gezogen. "Ah...Benjamin!...", entrückte es mir erschrocken. Er drückte mich so ungewöhnlich fest an sich und senkte seinen Kopf herunter, um mir fest in die Augen zu sehen. Sein Blick war so... verärgert und so furchtbar...so furchtbar...traurig. "Was macht dich da so sicher!? Bist du wirklich so naiv oder...", schimpfte er. "Weil du selbst nicht daran glaubst!", unterbrach ich ihn, was ihn dazu brachte mich entrückt anzusehen. Als würde etwas aufrechen, das ihn fesselte. "So ist es doch...dein Blick...ist oft so leer und traurig und deine Worte...wirken wie ein Selbstschutz...um deine wahren Gefühle zu verbergen.", er sah mich so ungläubig an, als falle er aus allen Wolken. "Jorden...", knurrte er leise. "Das hast du dir jetzt selbst zu zuschreiben!", sagte er rau und kam mir so nah, bis sich unsere Lippen berührten. Kurz zuckte ich zusammen und drückte mit meinen Händen gegen seine Brust. "Hm!" Doch er ließ sich nicht abhalten, hielt meinem Druck stand, drückte mich weiter an sich und küsste mich fordernd. Plötzlich war ich so atemlos, so durcheinander und gefangen. Meine Gefühle spielten verrückt. Das war mein erster Kuss...er hatte ihn mir gestohlen! Da war so ein Kribbeln, das meinen Oberkörper durchfuhr. Die Röte stieg mir in die Wangen. Ungeduldig leckte seine Zunge über meine Lippen, bis sie sich leicht öffneten. Benjamin fackelte nicht lange und schob sie vorwitzig zwischen sie und forderte meine Zunge zu einem Spiel auf. Ich war wie ferngesteuert und erwiederte einfach, wenn auch etwas unbeholfen. Um mich herum war alles so warm und verschwommen, dass die Realität auf einmal Nebensache war. Als seine Lippen von mir abließen lehnte ich atemlos gegen seinen Oberkörper. Ihm ins Gesicht zu sehen viel mir schwer, weil mir das alles so peinlich war und alles, was uns umgab war das warme Wasser. Mein Blick war nach unten gerichtet und ohne es zu wollen sah ich etwas, das mir noch peinlicher war, weil ich es in der Aufregung gar nicht bemerkte. Doch durch das klare Wasser war alles sichtbar. Benjamin war erregt und er hatte es mit keinem Wort erwähnt. "Benjamin du..." "Idnorier es...es ist nicht wichtig!", antwortete er brummig. "Lass uns noch die Haare waschen und dann schlafen gehen.", setzte er fort. Verdutzt sah ich ihn an. Ernsthaft!? Der hatte mir gerade meinen ersten Kuss gestohlen, was ihn offenbar nicht gerade kalt ließ, verpasste mir fast einen halben Herzinfakt und wimmelte meine Worte einfach mit dem Kommentar ab, dass wir uns die Haare waschen und ins Bett gehen sollten? "Ist das dein Ernst? Du stiehlst mir meinen ersten Kuss, bist erregt und willst dann einfach nur schlafen gehen, ohne irgendwas zu erklären, oder dich zumindest zu entschuldigen? Sag mal gehts noch? Hast du dir dabei auch nur eine Sekunde lang Gedanken über meine Gefühle gemacht?", schrie ich ihn wütend an. "Du versuchst schon wieder auszuweichen und dich selbst zu schützen, weil du dich selbst nicht verstehst nocht wahr?", führte ich ihm vor Augen. Mein Gefühlsausbruch schien etwas zu bewirken, denn er sah mich völlig entgleist an, als stürtzte gerade seine Fassade ein, die ihn schützen sollte. Doch seine Mimik veränderte sich schnell. Mit einem verärgerten Gesichtsausdruck, zusammen gepressten Kiefer und wütend verzogenen Mundwinkel schaute er erst zur Seite, dann wieder direkt in meine Augen. Seine Augen waren so plötzlich wieder kalt...so undurchdringlich... "Halt dich fest!", sagte er und löste sich von mir. Reflexartig hielt ich mich am Wannenrand fest, als er aufstand und das Wasser abließ. Es wurde kalt. Benjamin wickelte sich rasch ein Handtuch um die Hüfte, dann zog er mich in seine Arme, um mich kurz im Rollstuhl abzusetzen und mich wieder in seinem Bademantel einzuwickeln. Danach nahm er mich wieder in seine Arme und trug mich in sein Zimmer. Dabei redete er kein Wort. "Benjamin...was hast du vor?", erwiederte ich auf sein Handeln. Was ging nur in diesem Menschen vor? Er ließ mich auf sein Bett sinken und beugte sich über mich. Seine Gesichtsausdruck sah immer noch etwas verärgert aus, aber irgendwie war es abgemildert ...nicht mehr so kalt... "Was erwartest du von mir? Das ich dir jetzt meine "wahren Gefühle" offenbare, nachdem ich dich geküsst habe? Das vergiss mal ganz schnell wieder! Ich habe das ganz bestimmt nicht getan, weil ich dich so sehr mag! Das war nur, um dir zu zeigen, dass du dich irrst! Ich bin nähmlich nicht so ein guter Kerl, wie du dir das vorstellst! Du bist wirklich naiv Jorden! Naiv genug, um mir blind zu vertrauen, obwohl du mich doch abgrund tief hassen müsstest!", schrie er mich an und machte so ein angewiedertes Gesicht. War ich es, der ihn anwiederte, oder...war es etwas ganz anderes...nein...er kämpfte...mit sich selbst. Wie furchtbar...so ein trauriges Gesicht...so viel Angst und Einsamkeit... Das machte auch mich traurig, ich musste weinen. Diese Tränen waren nicht auf zuhalten. Wieso musste er nur mit aller Kraft beweisen was für ein schrecklicher Mensch er war. "Jorden...was...", entkam es ihm entrückt, als würde ihn das total aus der Bahn werfen. "Darf ich das denn nicht? Darf ich dir denn nicht vertrauen? Soll mich das hier etwa einschüchtern?!", ich presste die Lippen zusammen. "Wenn du so schlimm wärest wie du tust dann...dann hättest du nicht gesagt, dass es unwichtig ist,... dass du erregt bist!" Ganz sicher! Benjamin schaute entrückt und seufzte schließlich. Er entfernte sich von mir und ließ sich neben mir fallen. Eine Hand bedeckte seine Augen. "Ich verstehe dich einfach nicht...", sagte er seufzend. "Dann sind wir ja quitt...ich versteh dich nähmlich auch nicht...", erwiederte ich und wischte mir dir Tränen aus dem Gesicht. "Okay...", murmelte er. Wir trockneten uns ab,zogen unsere Schlafsachen an und beschlossen schlafen zu gehen. Das hatte uns sehr viel Energie gekostet. Zwar war noch nichts wirklich geklärt, aber ich hatte das Gefühl ihm ein kleines Stück näher gekommen zu sein. Ich durfte sogar ohne Murren in seinen Armen einschlafen. Wahrscheinlich war er zu erschöpft, zum meckern. Auch wenn es verrückt klang... fühlte ich mich... geborgen... Kapitel 17: Planänderung ------------------------ . . . Billy staunte nicht schlecht, als ich ihm von meinem Ferienabenteuer mit Jorden erzählte und sah mich an wie eine Kuh die auf dem Eis ausrutschte. Als traute er der Sache noch nicht ganz. "Was ehrlich? Dann hast du dir also wirklich ein Herz gefasst und bist zu ihm gegangen?" "Ja, habe ich. Und schau nicht so ungläubig!", nörgelte ich. Billy grinste, "Und? Was ist da noch so passiert? Ihr habt doch keine unanständigen Sachen gemacht..." Ich musste unaufhörlich zusammenzucken. Bei dem Gedanken musste ich an diesen Kuss denken. Für mich gehörte so etwas aber nicht wirklich zu den unanständigen Dingen, die man so anstellen konnte. Unanständig wäre doch eher wenn wir...nein, was dachte ich mir da nur zusammen...Außerdem konnte ich Billy ja wohl schlecht erzählen, das ich Jorden geküsst hatte und das mich das scheinbar auch noch anmachte. Dabei wollte ich ihn nur bestrafen. Für seine Naivität. Zumindest dachte ich das für einen winzigen Moment, bis ich die Kontrolle über mich verlor und mich für kurze Zeit in diesem Gefühl des Verlangens verlor. Und das aus gerechnet vor ihm! "Du zögerst ja, also ist da doch irgendwas gelaufen. Komm schon, sei nicht so schüchtern.", versuchte er mich zu tritzen. "Haben wir nicht! Für wen hälst du mich?!", erwiederte ich genervt. Billy kicherte. Was um drei Teufels Namen war denn jetzt so komisch? Da meldete sich wohl sein altbekanntes Lieblingshobby wieder... "Na ich halte dich für Benjamin. Tja und wenn du endlich mal ehrlich zu dir selbst wärst, würdest du dir eingestehen, das du mehr an Jorden hängst, als du zugeben magst.", erklärte er mir. Als Antwort grummelte ich vor mich hin. "So ein Unsinn!" Pah! Hatten wir das nicht bereits?... wenn überhaupt...nur ein ganz winziges bisschen. Das war gar nicht erwähnenswert. Oder? Billy kicherte wieder. "Jetzt hör schon auf so blöd rum zu lachen!", motzte ich. "Lass mich doch, du alte Meckertante." Meckertante?! "Wer ist hier eine Meckertante?" Billy ignorierte meinen kleinen Wutanfall und richtete seinen Blick hinter mich. "Oh, hallo Yui, lange nicht gesehen." Kaum hatte er den Satz zu ende gesprochen, machte ich mir schon Gedanken wie ich am besten von hier verschwinden konnte. Neben meiner Exfreundin, war sie die Person, die ich jetzt am wenigsten sehen wollte. Wenn ich sie sah, weckte das sofort meine Erinnerungen an diesen einen abend, den ich am liebsten vergessen wollte... Mir war bereits klar, dass sie sich mehr erwartete, aber das konnte ich ihr nicht geben. Das Schlimmste an der Sache war aber, dass ich mich Jorden gegenüber immer noch so schrecklich schuldig fühlte. Mal wieder. Das mürbte so unangenehm an meinem Stolz. Keine Minute später war sie an mir vorbeigelaufen und stand nun neben Billy.Sie stimmte ihm zu. Ihr Blick, ging an ihm vorbei zu mir. So etwas hatte ich bereits befürchtet. Konnte sie nicht wo anders hinsehen? Am besten, ich beachtete sie einfach nicht. Also beschloss ich weiter an meinem Chappuchino zu nippen und in eine andere Richtung zu schauen. "Willst du dich nicht zu uns setzen, wo du schon mal hier bist?", meinte Billy. Nicht das auch noch! "Ach, und beachte Benjamins stillschweigenden Protest einfach nicht, der hat nur ein bisschen schlechte Laune.", meinte er. Wahrlich, so jemanden nannte ich meinen besten Kumpel! Ich brummte zurück. "Ja, mal ehrlich Benjamin. Du könntest wenigstens so höflich sein, mal hallo zu sagen.", meinte eine Stimme zu meiner Linken, die ich erst nach kurzer Überlegung zuordnen konnte. Zwar kannte ich sie, aber ich hatte sie schon lange nicht mehr gehört. Also wand mein Blick sich in die Richtung aus der sie kam. "Felix! Was machst du denn hier?", fragte ich erstaunt. "Oh und dein Wachhund ist auch da.", ergänzte ich spöttisch. Felix kicherte leise, wärend sein Wachhund, der übrigens sein fester Freund war und mit richtigen Namen Janek hies, mir ein kurz angebundenes, "Hallo.", bot. Ja wir konnten uns nicht leiden. Schon seid wir uns das erste Mal begegnet waren. Damals hatte ich Felix wegen seiner Anhänglichkeit zu Janek oft ausgelacht und ihn als Baby beschimpft, weil er nichts ohne ihn machte, oder auf die Reihe bekam. Außerdem war er so ungeschickt, dass er ständig stolperte, selbst über die kleinsten Hindernisse und fiel andauernd hin. Manchmal schubste ich ihn auch absichtlich, weil ich das so lustig fand. Janek spielte sich immer als sein großer Aufpasser auf und wir prügelten uns andauernd. Irgendwie war mir schon damals klar, dass er ein bisschen zu sehr auf den jüngeren aufpasste und kaum waren sie älter, waren sie zusammen...damals wusste ich noch nicht, dass ihre Anhänglichkeit an einander und Felix Ungeschicklichkeit durchaus einen plausieblen Grund hatten. Das hatte jedoch weniger mit ihren Gefühlen für einander, als mehr mit etwas ganz anderem zu tun. Felix, der vier Jahre jünger war als sein Wachhund, tastete sich mit seinem Blindenstock zu einem der freien Plätze an den Tisch. Felix war nähmlich so gut wie blind. Dies hatte er einer Augenkrankheit zu verdanken. Diese war auch der Grund für seine Ungeschicklichkeit, die er mitlerweile aber sehr gut überwunden hatte. Manchmal vermittelte er einem das Gefühl, dass er gar nicht blind war. "Dürfen wir uns setzen?" "Aber klar doch. Je mehr Leute desto besser!", erwiederte mein bester guten Mutes. "Danke, dass ist sehr nett, Billy.", antwortete Felix. "Klar, ich bin immer nett.", grinste er. Schleimer! Von wegen! "Ah, wo bleiben denn meine Manieren. Wenn ihr schon da seid, kann ich euch ja auch eine Mitschülerin von uns vorstellen. Yui, komm doch mal her.", rief er sie zu sich. Yui, die sich mir gegenüber gesetzt hatte, tat was er sagte und kam einmal rum. "Yui, das ist Felix, Felix das ist Yui.", sie gaben sich die Hand. Das war manchmal schon ein bisschen riskant, da er an dem Händedruck eines Menschen erkennen konnte wie es einem gerade ging. Er war zwar fast blind, hatte dafür aber seine anderen Sinne extrem geschäft. Dabei wand sich mein Gesicht automatisch leicht in ihre Richtung. In Felix Gesicht war tatsächlich eine kleine Regung abzulesen. So als entdeckte er etwas, was allen Anderen verborgen blieb. Doch diese kleine Regung verflog auch gleich wieder und wich einem, "Schön dich kennen zu lernen Yui. Mein Freund hier heißt übrigens Yanek. Der ist auch nicht immer der Gesprächigste. Fast wie Benji.", kicherte er. Doch nicht herrablassend. "Vergleich mich nicht mit dem Idiot da!", meckerte Yanek. Ich knurrte. "Felix, könntest du bitte deinen Wachhund zurückpfeifen, er jault mir zu viel!", konterte ich genervt Billy stellte sich zwischen uns, als wir schon fast auf einander losgehen wollten. "Hey, jetzt mal ganz ruhig, beruhigt euch mal wieder! Wir sind hier in meinem Lieblingskaffee, ich habe keine Lust hier rausgeschmissen zu werden!", belehrte er uns. Wir erstachen uns noch einmal mit unseren Blicken, knurrten uns noch einmal an und wichen unseren Blicken dann aus. Dann setzten wir uns jeweils auf einen Platz. Yanek streckte seine Hand nach Felix aus und zog ihn auf seinen Schoß. "Yanek!", stieß Felix empor, als genierte er sich etwas davor. Ganz schön besitz ergreifend der liebe Yanek...als ob hier jemand wäre, der sich seinen Typen krallen würde... "Darf ich...euch mal eine Frage stellen?", fragte Yui und sah dabei ebenfalls ein bisschen geniert aus. Sie war leicht rot im Gesicht. "Hm? Meinst du uns?", wollte Felix wissen, weil er ja nicht sehen konnte in welche Richtung sie schaute. "Ja." "Klar." "Kann es sein das...ihr zusammen seid, oder so?", haarscharf erkannt und ja sehr offensichtlich, so wie Yanek an Felix klebte. Der knurrte ja bereits wenn man seinen Freund nur komisch anschaute. Im Gegensatz zu eben genierte er sich jetzt kein bisschen, sondern lächelte sehr glücklich. Jetzt hatten sie auch Billys volle Aufmerksamkeit. Welch ein Segen, dass er sich mit seinen Kommentaren zurückhielt. Zumindest noch. "Ja, sind wir! Und es ist einfach toll.", erklärte er ihr freudestrahlend. In Janeks Gesicht machte sich etwas wie Überraschung breit und er drückte seine Hand fester. Felix streichelte sanft über die Hand seines Freundes. Yui hingegen schien nicht sehr glücklich darüber. Was hatte sie denn nur? Auch Felix, der ihre Reaktion darüber ja gar nicht sehen konnte bemerkte, wie ihre Stimmung kippte. "Aber du scheinst nicht sehr glücklich zu sein." Für einen kurzen Moment reagierte Yui mit Entgleisung im Gesicht. Sicher verstand sie nicht wieso Felix das so schnell merkte. "Ich...nein es geht mir gut.", murmelte sie leise in sich hinein. Lügnerin...so wie es aussah...war sie einfach nur schwer Enttäuscht. Nur aus welchem Grund wollte sich mir nicht erschließen. Vielleicht sollte ich Billy ja nachher fragen, der hatte ja meistens für fast alles eine passende Erklärung. "Ist schon gut, du musst nichts sagen.",sagte er mit seiner sanften Stimme und lächelte sie einfach nur bestätigend an. Yui wurde leicht rot. Ich schätzte vor Überraschung. Dann nickte sie einfach. Komisches Mädchen. "Felix ist echt ein super Typ was? Viel netter als Benjamin oder Yanek. Was für eine Verschwendung.", lachte Billy. Idiot! Völlig synchron, drehten wir uns in seine Richtung, "Wie oft denn noch?! Vergleich mich nicht mit diesem Typen!", knurrten Yanek und ich um die Wette. Billy und Felix amüsierten sich darüber. Auch Yui machte Anzeichen eines kleinen Lächelns. Anschließend seufzte Billy. "Ist doch wahr. Die Guten verlieben sich eben immer in die Idioten. So ist der Lauf des Lebens und des Schicksals nun mal.", ergänzte Billy schulterzuckend, auch auf die Gefahr hin eine verpasst zu bekommen. So war er schon immer. Gerade herraus sagte er, was er dachte. Jedoch niemals im Bösen. Eine Ehrliche Haut...so etwas gab es nur selten. Aber ob es nun Schicksal war, oder einfach nur eiskalte Berechnung...tja wer wusste das schon. Da kam mir in den Sinn das ..."Schicksal"... im Grunde ein ziemlich grausames Wort war. Einfach, weil das Schicksal so unberechenbar war und immer und überall zuschlagen konnte ohne Rücksicht auf Verluste... Felix schüttelte den Kopf und lächelte wieder. "Stimmt, Yanek schlägt wirklich manchmal über die Stränge, aber er ist kein schlechter Mensch und Benjamin ist ganz bestimmt auch kein schlechter Mensch. Ist doch so.", erklärte er wissend, was auch Yui zu interessieren schien. So wie fast alles was mit mir zu tun hatte. Das erinnerte mich ein Gespräch mit Jorden letztens. "Hmm kann schon sein. Benjamin scheint in letzter Zeit wirklich so etwas wie eine weiche Seite zu entwickeln.", lachte Billy . Während Yanek nur ungläubig in meine Richtung starrte, fühlte Felix sich da in seiner Vermutung wohl ziemlich bestätigt. "Das ich nicht lache. Der hat doch nur Idiotische Seiten!", meldete sich Yanek zu Wort. Kaum das Felix das Wort ergreifen konnte, funkte Yui ihm dazuwischen. "Nein...nein das stimmt nicht! Benjamin hat auch gute Seiten! " Yanek knurrte zur Antwort. "Typisch Mädchen! Wer kann dem tollen Benjamin schon wiederstehen! Gib es doch zu, du stehst doch voll auf ihn. Du bist schon die ganze Zeit so komisch und das liegt bestimmt nicht an Felix, oder an mir und auch nicht an Billy...", er machte eine abschätzige Handbewegung in ihre Richtung. Das war das erste Mal das ich Yui so wütend sah. "Yanek!", ermahnte Felix seinen Freund, was aber auch nicht mehr half. Yui stand bereits wutentbrand vor Yanek und gab ihm eine gehörige Backpfeife. Aua, dass dampfte bestimmt ordentlich. "Arsch! Was weißt du schon von mir oder von den Gefühlen eines Mädchens oder von Benjamins guten Seiten!? Hast du schon mal daran gedacht, dass sich Menschen auch ändern können?! Also spiel dich nicht auf, als wüsstest du alles!", schrie sie ihn an und machte auf dem Absatz kehrt, direkt in Richtung Tür. Ich konnte es mir auch einbilden, aber ich war der Meinung, dass sie noch kurz zu mir zurückschaute...verletzt...dann schloss sich die Tür. Felix, der mitlerweile auf den Platz neben seinen Freund gerutscht war schaute direkt in die Richtung in die Yui floh. "Yanek! Das hätte wirklich nicht sein müssen!", strafte er seinen Freund. "Du solltest dich sobald wie möglich bei ihr entschuldigen!", "Von mir aus!", knurrte Yanek verärgert und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust. "Wow! Das Mädchen ist wirklich stark.", schmiss Billy in die Runde. "Stimmt und ich glaube ihre Reaktion hatte tatsächlich etwas mit ihren wahren Gefühlen zu tun.", merkte Felix an und leider wusste ich auch, dass das der Wirklichkeit entsprechen musste. Wieso hätte sie sonst so reagieren sollen und...sie war immerhin ein Mädchen... "Das lässt nur eine Schlussfolgerung zu.", meinte Billy und Felix nickte. "Das ist alles deine Schuld Benjamin!", betonten beide im Duet. Wtf!? Und dazu gab ausgerechnet Yanek noch sein überlegenstes Grinsen zum Besten. Dabei war er doch schuld daran! "Bitte was? Yanek war doch hier der Idiot!", motzte ich gegen an. "Benji, Benji, wenn es um Gefühle geht ist dir wirklich nicht mehr zu helfen...", meinte Billy. "Ja. Yanek hat Mist gebaut, dass ist nicht mehr zu leugnen aber...Dieses Mädchen hat dich wie eine Löwin verteidigt!", ergänzte Felix. "Und das obwohl du das gar nicht verdienst, so untätig wie du dagestanden hast, als sie beleidigt wurde... ", fügte Billy hinzu. "So wie sie ausgesehen hat, hat sie ganz bestimmt gehofft, dass du in irgendeiner Form tätig wirst..." "Was? Sagt mal gehts noch? Ich bin doch nicht ihr Babysitter!", murrte ich wütend. "Was sie tut ist doch wohl ganz allein ihre Sache!" Felix lächelte mild. "Ja schon...aber weißt du wie das ist, wenn man verliebt ist und alles für den anderen geben würde...diese Gefühle aber nicht erwiedert werden? Obwohl sie das ganz bestimmt weiß, hat sie dich verteidigt und war zutiefst verletzt, als du ihr nicht geholfen hast." "Darum ist es auch an dir dich bei ihr zu entschuldigen! Also lauf ihr gefälligst nach und hol sie zurück!", forderte Billy mich mit Nachdruck auf. Ich knurrte verärgert, weil ich es hasste mich zu entschuldigen. Vor allem bei Menschen die ich nicht sonderlich mochte...Trotztdem schafften es die Beiden mir jetzt auch noch Yui gegenüber ein schlechtes Gewissen zu verkaufen. Das war doch der reinste Wahnsinn! Die Sache mit Jorden genügte mir voll und ganz! Also zögerte ich störrisch. Nun war es allerdings an Yanek, der sich bis eben aus dem Gespräch rausgehalten hatte, aus seiner untätigen und äußerst desinteressierten Starre zu erwachen. Kaum das ich mich versah war er aufgestanden und zerrte er mich an meinem Jackenkrangen zur Tür. "Janek du Idiot! Was soll die Scheiße!?Lass mich gefälligst los!", fauchte ich und befreite mich. So langsam aber sicher bemerkte ich, wie unsere kleine Runde doch einen ziemlichen Aufruhr verursachte. Überall tuschelte es. Manchmal hasste ich Menschen! Yanek schubste mich vor die Tür. "Benjamin! Ich kann dich wirklich überhaupt nicht leiden!", verkündete er mit verschränkten Armen vor der Brust und einem verärgerten Gesicht. "Du bist nämlich der größte Idiot, dem ich je begegnet bin!", mit jedem Wort wurde er aufbrausender, bis er sich langsam wieder beruhigte."Trotzdem...scheinen Felix und Billy dich irgendwie zu mögen...was ich nicht nachvollziehen kann! Allerdings haben sie recht! Auch wenn du ihre Gefühle nicht erwiederst, hättest du eingreifen müssen...also bleibt dir nur die Option dich zu entschuldigen...und ich ...werde es auch tun. So etwas gemeines hätte ich nicht sagen dürfen...", offenbarte er mir so ehrlich, dass ich schlucken musste. So wenig ich das auch glauben wollte,...aber der Typ hatte wohl doch so etwas wie eine gute Seite. Sicher würde ich ihn nie aufrichtig leiden können, aber ein schlechter Mensch war er in keinem Fall. Das musste ich mir eingestehen. Und was war ich für ein Mensch? Ein unsympatischer Idiot, würde Billy antworten... Schließlich begaben wir uns beide auf die Suche nach Yui. So weit konnte sie ja noch nicht gekommen sein. Viel Zeit war noch nicht vergangen. Eine halbe Stunde suchten wir die Umgebung ab und fast verlor ich schon die Lust, als wir sie fanden. Auf einem Spielplatz. Sie saß auf einer Schaukel und starrte auf ihre Füße. Ein leichter Wind wehte durch ihre bunten Haare. "Yui!", rief ich ihr zu. Sobald sie meine Stimme hörte drehte sie ihren Kopf in meine Richtung. Dann widmete sie sich wieder ihren Füßen. Scheinbar waren ihe Füße doch interessanter als ich. So blieb uns nur die eine Möglichkeit auf sie zu zugehen. "Yui..", begann ich wieder. Noch eine gefühlte Ewigkeit schwieg sie, bis sie uns Missmutig anschaute. Außerdem sah es so aus, als hätte sie eben noch geweint. "Was wollt ihr noch?!" Yanek war der Erste, der seinen ganzen Mut zusammen nahm."Naja...Ich wollte mich entschuldigen...Ich habe etwas ziemlich blödes gesagt, das hätte ich nicht tun dürfen. Schließlich habe ich wirklich keine Ahnung von deinen Gefühlen. Also...Entschuldigung Yui!", meint er und schaut ihr dabei in ihr Gesicht. So dass es gar keinen Grund mehr geben dürfte seinen Worten keinen Glauben zu schenken. Nur...wie sah es mit mir aus? Ich war noch nie ein sonderlich reuemütiger Mensch. Dennoch musste ich mich entschuldigen. "Mir tut es auch leid...du hast dich für mich eingesetzt und ...ich habe gar nichts getan...Ich hätte Yanek Einhalt gebieten müssen." Mein Stolz knackste mit jedem Wort... Yui seufzte tief, als traute sie meinem Worten noch nicht ganz, lenkte aber ein. "Schon gut...ich hätte auch nicht so austicken müssen. Aber ich war einfach so wütend...", meinte sie und starrte in den fernen Himmel. Er war wolkenverhangen. Als beschwörte er etwas hinauf... Ich sah zu Yanek und dieser zuckte mit den Schultern, dann schaute er auf seine Uhr. "Ich sollte langsam zurückgehen, Felix macht sich bestimmt schon gedanken wo ich bleibe und du solltest dich auch bei Billy melden.", ich nickte. "Geh nur...könntest du Billy ausrichten, dass ich nach Hause gegangen bin?" "Klar. Also dann machs gut Yui, vielleicht sehen wir uns mal wieder.", noch einen kurzen Blick tauschten sie einander aus, dann verschwand er. Yui und ich blieben allein zurück. Schweigen umhüllte uns. "Du hast geweint oder?", unterbrach ich die hereinbrechende Stille. Ich hasste es mit jemandem so da zu stehen, wenn man sich nichts zu sagen hatte. Yui schüttelte entschieden den Kopf. "Hab ich nicht!", wehrte sie ab. Ihr war anzusehen dass sie log, da die Spuren in ihrem Gesicht unübersehbar waren. "Und selbst wenn! Das kann dir doch egal sein. Du interessierst dich doch gar nicht wirklich für mich!", schnauzte sie mich an. Sie hatte Recht. Ich interessierte mich wirklich nicht für sie und tat das Alles hier auch nur weil Billy mir das sonst noch ewig vorgehalten hätte. Alles könnte so einfach sein, wenn ich Billys Vorhaltungen ignurierte und mich nicht weiter damit beschäftigte. Mein Weg sollte mich einfach nach Hause führen. Zurück in meine kleine Welt, in der nur ich existierte und alles andere ausblendete. So wie früher...so wie...bevor Jorden wieder in meine Leben getreten war... Yui rieb sich nervös am Unterarm. "Benjamin...hast du eine Ahnung, wie unfassbar grausam du bist?", wollte sie von mir wissen und ich wusste die Antwort nur zu genau. "Ja.", sagte ich gerade heraus. Ich war ein grausamer Mensch. Schon immer. Das änderte aber nichts an meinen Gefühlen. Das wusste auch Yui nur zu gut. Sie sah mich mit einer Mischung aus Wut und Entäuschung an. Etwas sagte mir, dass sie sich mit dieser Gewissheit nicht zufrieden geben wollte. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Für einen Augenblick presste sie auch ihre Lippen fest auf einander. Dann lächelte sie bitter und sah wieder in den Himmel. "Fast so wie der Himmel...", murmelte sie. "Der ist auch grausam und unerreichbar, obwohl er so nah erscheint...", das waren ihre letzten Worte, bevor sie mich noch einmal traurig, kühl...und verbittert ansah...Dann trennten sich unsere Wege. Irgendwie apruppt...und seltsam. Kaum das ich mich versah...hatte ich das Befürfnis ihn...zu sehen. War da etwa schon wieder dieses Schuldgefühl...? Eigenartig...alles um mich herum ergab immer weniger Sinn. * "Benjamin, was ist denn los? Wieso hast du es so eilig? Wir wollten uns doch erst morgen Mittag treffen. ", wollte Jorden wissen, den ich von seinem Training abholte und mit sammt seinen Sachen eilig vor mir her schob. "Weil ich beschlossen habe eine kurzfristige Planänderung vor zu nehmen." Ausnahmsweise mal ohne ihn zu fragen. Milan war gerade wieder dabei gewesen ihn voll zuquatschen, was mir ja tierisch gegen den Strich ging. Ständig diese Lobpreisungen wie toll und ...süß er doch sei. Verdammter Schleimer! Ich konnte ihn mit jedem Mal, den ich ihn sehen musste weniger leiden! Blöd geguckt hatte er, als ich ihm Jorden einfach entführte. Sogar geschimpft hatte er, das Training sei noch nicht ganz vorbei. Zu schade für ihn, dass er uns deshalb nicht folgen konnte, weil er sich ja noch den Anderen widmen musste. Für meine kleine Planänderung war ich sogar bereit Wills Gemecker in Kauf zu nehmen. "Einfach so?", erwiederte er. Auf halber Strecke hielt ich an. Beugte mich zu seinem Ohr. "Soll das heißen...du willst heute Abend lieber allein zu Hause gammeln?", Jorden drehte seinen Kopf leicht in meine Richtung, ein bisschen rot, was mir sehr impiniert. Mich innerlich siegessicher zum Grinsen brachte, "Aber nein...Milan hat angeboten zu kommen...", begann er und ich konnte nur leise vor mich hinbrummen. Diese Obtion gefiel mir gar nicht. "Brumm nicht so. Milan ist echt ein netter Kerl. ", versuchte er mir weiß zu machen. Na dass ich nicht lachte. Was der wirklich wollte war doch längst klar...! "Lass mich doch...so bin ich eben...", grummelte ich. "Meinst du dein Bruder ist einverstanden, wenn du schon heute zu mir kommst? Heute ist doch wieder Freitag.", schlug ich für meine Verhältnisse fast ein wenig hastig, ja ungeduldig vor. Was war nur aus mir geworden...? Früher wäre mir so etwas nie in den Sinn gekommen. Ganz langsam bemerkte sogar ich, wie sich tief in mir etwas bewegte, was noch vor gar nicht alt so langer Zeit kalt, starr...ja unbeweglich war. Ich wollte ihn nicht mögen, wollte ihn ablehnen, ihn von mir fernhalten...jetzt konnte ich es nicht mal mehr ertragen, wenn er sich mit anderen abgab, wenn er jemand anderem sein Lächeln und seine unerschütterliche Zuversicht schenkte...all die Dinge...die ich doch am liebsten zerstören wollte... In meiner Zerstörungswut erkannte ich erst gar nicht, dass ich das nur aus einem Grund wollte...damit es wieder so war wie früher...denn ein Teil in mir konnte nicht aus dieser Haut. "Ich denke schon...", murmelte er kaum hörbar, als sei er sich gar nicht so sicher, ob er wirklich mitkommen wollte. "Oder willst du nicht?", entgegnete ich innerlich murrend, wärend ich ihn bereits weiterschob, die Wohnung seines Bruders ansteuernd. "Hm? Doch, natürlich möchte ich. Ich freue mich schon.", erwiederte er. Allerdings nicht sehr überzeugend. Fest presste ich die Lippen auf einander, ehe ich sie wieder löste. "Und wo ist dann das Problem? Du wirkst irgendwie so gar nicht überzeugend." Normalerweise strahlte er doch über das ganze Gesicht, wenn ich ihn mit meiner Anwesenheit beglückte. Heute hatte er mir noch kein einziges Mal eines seiner strahlenden Lächeln gezeigt. Von meiner Position aus sah ich, wie er nervös seine Hände knetete. Was hatte es damit auf sich? Für Jorden war das eher untypisch. Er brauchte einen Moment, bis er dann doch seine Stimme wiederfand. "Doch! Ich freue mich wirklich! Aber...irgendwie bin ich auch nervös! Weißt du, seid letztens...geht mir da etwas nicht mehr aus dem Kopf!", plapperte er plötzlich wieder lauter. Nun benötigte auch ich einen Moment um zu überlegen was das sein konnte, was ihm solches Kopfzerbrechen bereitete. Da fiel mir ein, dass es nur eine Sache gab, die ihn so sehr beschäftigen konnte. Diese eine Sache von der ich zunächst angenommen hatte, dass er sie ganz gut weggesteckt hatte. Jedenfalls machte er keinen eingeschüchterten oder unsicheren Eindruck auf mich nachdem das geschehen war. Jorden erschien mir immer als ziemlich soliede... Vielleicht hatte es sich ja doch viel mehr in seine Gedanken gebrannt, als ich zunächst dachte. Bei mir hausierte dieser Gedanke allerdings auch in jeder Ecke meines Gehirns...und wollte sich aufs gerate Wohl nicht fort bewegen, sondern bleiben. Wollte mir immer wieder dieses Gefühl der Lust einbläuen, die mich spontan überkommen war, als ich ihn küsste. Der Kontrollverlust...der mir aufzeigte was für ein primitiver, einfach gestrickter Mensch ich doch war. Was aber noch viel extremer war, war nicht einfach nur mein primitiver, menschlicher Instink, sondern die Tränen, die er wegen mir weinte...und die Frage, ob er mir nicht vertrauen dürfe. Die Antwort lautete, das ich es selbst nicht mehr wusste...zumal ich so oder so nie verstanden hatte, warum er sich mir annäherte...in allen erdenklichen Weisen... "Beschäftig es dich so sehr?", gab ich mit monotoner Stimme wieder. "Ja, natürlich beschäftigt es mich! Ich kann an nichts anderes mehr denken!" Mir kam der Gedanke, dass mich das beunruhigen sollte, aber viel mehr beunruhigte es mich, das es gerade das nicht tat...oder so ähnlich...denn in Wahrheit...wollte ich es doch. Ich wollte, dass er darüber nachdachte, dass er an mich dachte. "Was würdest du denn tun wenn...?", er hielt inne. "Was würde ich tun wenn...was?", fragte ich entgegen. Er schüttelte den Kopf. "Nichts weiter...vergiss es einfach!", forderte er. An was hatte er nur gedacht? Warum wollte ich es nur so gerne wissen? Verdammt! "Jetzt sag schon!" "Nein! Ich will nicht!", beharrte er. Wie nervig! Wieso konnte er nicht einfach mit der Sprache rausrücken, wenn er schon damit anfing!? Alles Nachharken brachte rein gar nichts und schließlich kamen wir bei ihm zu Hause an, wo sein Bruder bereits in der Tür stand. "Will! Du bist ja da!", strahlte er sofort wieder. "Jorden...Ja bin ich. Aber sag mal, hast du nicht eigentlich noch Training?", fragte er ihn, wärend er das Objekt allen Übels böse anstarrte. Mich. Ich hob einfach nur die Hand zum Gruß. Will schob die Tür weiter auf und wir traten ein. Das war bereits das zweite Mal, das ich diese kleine Wohnung betrat. Viel verändert hatte sich nichts. "Ja, eigentlich schon...", murmelte Jorden. Will hob nachdenklich eine Augenbraue. "Lass mich raten...und dann kam Benjamin und riss dich einfach mit sich." Eines musste man Will lassen, gut raten konnte er durchaus. Jorden sagte nichts dazu, sondern rollte bereits in die Richtung seines Zimmers, ohne Will zu fragen, ob es denn in Ordnung sei, schon heute bei mir zu übernachten. Will schien es schon zu ahnen und stand an die Wand gelehnt und starrte mich missmutig an. "Wenn du schon hier bist nehme ich an, dass er bereits heute bei dir übernachten soll?", ich nickte. Warum sonst hätte ich mich auch in feindliches Gebiet begeben? Verstohlen grinste ich. "Natürlich nur, wenn das für den großen Bruder in Ordnung ist.", gab ich überlegen wieder. Will schnaufte verächtlich. Vermutlich weil er wusste, dass jede Gegenwehr zwecklos war und so lange sein kleiner Bruder glücklich war, würde er es wohl oder übel zulassen. "Ich nehme das als stummes "ja" an.", antwortete ich auf seine stummen Gesten. Jorden kam mit einer kleinen Reisetasche aus seinem Zimmer. "Will, das ist doch in Ordnung oder? Ich meine, wenn ich schon heute...", strahlte er, entgegen seiner eher nachdenklichen Stimmung von vorhin, glücklich vor sich hin und wurde in seinem Redeschwall von seinem Bruder unterbrochen. Dieser legte ihm eine ruhige Hand auf den Kopf und streichelte diesen. "Was soll ich dazu sagen...Wenn du das unbedingt willst, kann ich es wohl nicht verhindern. Tja und arbeiten muss ich heute Abend so wieso wieder...dann bist du wenigstens nicht allein...", meinte das Arbeitstier, das im Übrigen ziemlich müde aussah. "Oh, danke! Aber...ruh dich ein bisschen aus bevor du wieder losgehst ja? Du hast in den letzen Tagen sehr wenig geschlafen.", erkannte auch Jorden. Will nickte. Meinem Gefühl nach tat er das nur, um ihn zu beruhigen. Ich konnte es mir schon vorstellen, wie es in seinem Gehirn ratterte und klickte. Ständig in irgendeiner Form von Hochspannung. Von einem Job zum Nächsten und zwischendurch der Liebevolle Bruder. Das war Will. Es war doch immer wieder erstaunlich, was für ein ruhiger Mensch er trotz allem war. "Tu das auch wirklich ja?", harkte Jorden noch einmal nach. "Ja, werde ich.", versicherte ihm Will noch ein mal und warf mir noch ein mal einen missbilligen Blick zu, bevor er uns verabschiedete. Wir begaben uns auf den Heimweg zu mir und kauften wie gewohnt unterwegs ein. Jorden freute sich bereits auf das Abendessen. Lassange, die er mit mir zusammen selber machen wollte und Obst zum Nachtisch. "Ich hab schon ordentlich Kohldampf!", meldete er sich, "Schon der Gedanke daran macht mir hunger." Ich konnte nur mit den Schultern zucken. Mein Hungergefühl hielt sich in Grenzen. Daran hatte sich nicht viel geändert. Es würde sein wie immer. Wir kochten zusammen, Jorden strahlte dabei glücklich vor sich hin und aß mit Genus, das Essen das wir zusammen zubereiteten. Ich hingegen blieb überwiegend stumm und aß nur wenige Happen. Es schmeckte nicht schlecht. Trotzdem wollte sich der Hunger und auch der Appetit nicht so wirklich einstellen. Jorden schaute etwas besorgt zu mir rüber. "Schmeckt es dir nicht? Du isst ja kaum was." "Doch, es schmeckt schon...aber ich habe keinen Appetit...", antwortete ich. "Wie schade, dabei ist die Lassange so gut geworden. Dann lass uns den Rest doch für morgen aufheben. Ist ja noch genug da. Will sagt immer, Essen sei zu schade zum wegschmeißen. Ich finde damit hat er auch recht.", meinte er schmollend. Na da hatte sein Bruder ja wieder mal große Worte von sich gegeben. Ich nickte stumm und fing mit dem Abräumen an, als wir fertig waren. Die Lassange stellte ich abgedeckt in die Microwelle. Jorden wartete, bis ich abwusch und nahm dann das nasse Geschirr entgegen. Leider war die Spühle zu hoch für Jorden und nicht unterfahrbar. Das war ziemlich unpraktisch. Trotzdem half er wo er konnte. Plötzlich polterte es. "Verdammt!", fluchte Jorden. Erschrocken schaute ich auf den Boden neben mir, wo der zerdeperte Teller lag. Mom würde jetzt laut, verärgert schreien, wenn sie das sehen würde und wenn wir den Schaden schnell verschwinden ließen, würde sie es hoffentlich nie bemerken. Sie hatte so viel unwichtiges Zeug und eindeutig zu viel Geld. So einen Teller würde sie schon verkraften, dachte ich. "Tut mir Leid, war keine Absicht.", beteuerte Jorden. "Schon gut. Ist doch nur ein Teller. Ich fege die Scherben schnell auf.", antwortetete ich ruhig und schnappte mir Handfeger und Schaufel. Ich bemerkte wie Jorden jeder meiner Bewegungen folgte. In solchen Situationen konnte man ihm ansehen wie hilflos er sich manchmal fühlte. "Eigentlich hätte ich die Scherben auffegen müssen...", murmelte er. Ich ließ die Scherben in den Mülleimer fallen und sah dann aus meiner Hockstellung zu ihm auf. " "Eigentlich"- ist kein Wort.", bemerkte ich knapp und rieb mir den Hinterkopf. "Was?" "Vergiss es...mach dir einfach nicht zu viele Gedanken. Du kannst rein gar nichts dafür. Was bringt es dir schon dir den Kopf darüber zu zerbrechen. Gar nichts." Ich erhob mich wieder und schob den Mülleimer mit meinem Fuß in seine Ecke zurück. Jorden wirkte auch nach meiner kleinen Ansprache nicht gerade glücklicher. "Hey, jetzt lächel mal wieder. Es ist seltsam, wenn du so bedrückt guckst.", erklärte ich ihm. Das war wirklich seltsam. Auch wenn es mich erst total auf die Palme brachte, dass er dauernd so vor sich hinstrahlte, so machte es mich jetzt halb wahnsinnig, wenn er es nicht tat. Erst schaute er mich verdutzt an, dann bließ er seine rosigen Wangen auf und schaute mich mit verschränkten Armen vor der Brust und eingeschnappt an. "Na und? Ich bin eben auch mal bedrückt. Schließlich bin ich nur ein Mensch. So wie du auch. Du solltest übrigens auch mal mehr lächeln. Täte dir bestimmt mal gut! Deine Gesichtsmuskelatur ist bestimmt schon total eingerostet.", argumentierte er erstaunlich scharf. So Spitzzüngig kannte ich ihn gar nicht. So etwas würde sonst eher zu Billy passen, oder zu Yanek. Nicht mal Will argumentierte so. Der war da eher von der Wortkargen Sorte. Trotzdem...hatte er recht...mit allem... Ich seufzte kurz, dann ergab ich ihm auch schon. Gegen seine Stärke war ich einfach machtlos und... Mir war nicht nach wilden Diskusionen. Ich wuschelte ihm kurz durch seine hellen, weichen Haare und drückte ihm dann einen weiteren Teller in die Hand. "Lass uns weiter machen. Sonst werden wir nie fertig." Noch bevor ich meinen Satz beendete wurden seine Gesichtszüge wieder weicher und erhellten sich. Brav nahm er den Teller entgegen und trocknete weiter ab, bis wir mit allem fertig waren und ich die Sachen wieder an ihren Platz stellte, die höher lagen und er die, die niedriger lagen. "Sollte dein Schweigen bedeuten, dass du mir recht gibst?", wollte er plötzlich wissen, als ich ihn schon aus Gewohnheit fest an mich drückend die Treppe rauf in mein Zimmer trug. In einer Hand hielt er einen Apfel, den er oben noch essen wollte. "Was denkst du denn was es bedeutet?" "Milan meinte mal, das ein Schweigen oft ein stilles Einverständnis ist...ah...", sein Satz wurde unterbrechen, als ich ihn etwas unsanft auf mein Bett fallen ließ, weil mich der Name Milan in seinen Worten so ärgerte. Auch mein Gesicht entgleiste sicher leicht. Meine Hände, die rechts und links neben seinem Kopf lagen und entlang meiner Arme meinen Oberkörper über ihm hielten, drückten meine Fingerspitzen leicht in die Matratze. Wieso benutzte er die Floskeln eines Anderen? Von Milan...ausgerechnet die von ihm!? Die brauchte er doch gar nicht...nein, nicht Jorden... "Benjamin?" "Ich meinte, was meinst DU was es bedeutet." Er schaute überrascht zu mir hoch und lächelte dann auf seine Jorden-typische Art. Viel zu vereinnahmend und hell... "So wie du geguckt hast, hast du bestimmt nicht mit so einer Antwort gerechnet..", meinte er. "Und so...wie du eben reagiert hast...warst du bestimmt sauer...", erfasste er leise. Auch wenn mein Kopf mir da noch nicht so ganz grünes Licht geben wollte, so musste ich es zugeben. Ich hatte es mir ja längst eingestanden, dass es mich ärgerte...wenn er andere anlächelte...oder nur deren Namen in einem Satz erwähnte.... Eine Weile lang sah ich ihn einfach nur an und sah, wie er vermehrt rot wurde und sein Gesicht abwenden wollte. Er fing an, an seinen hübschen Lippen zu knabbern. Er würde sie noch blutig knabbern...und wieso wand er sein Gesicht ab. Schämte er sich? Musste er sich denn vor mir schämen? Dieser Junge raubte mir jeglichen Verstand, jegliche Nerven...die Beherrschung...einfach alles... "Sieh nicht weg...so hässlich bin ich auch nicht...", murmelte ich und schürzte leicht verärgert meine Lippen. Jorden schien diese Bemerkung seine Anspannung zu nehmen, denn plötzlich lächelte er wieder...so schrecklich süß, wie es nur Zuckerwatte sein konnte. Ein bitteres Gefühl... "Stimmt...so hässlich bist du wirklich nicht.", lachte er wie die Sonne, die alle Schatten vertrieb. Wie wehrlos ich doch war. So schrecklich wehrlos... "Benjamin..." Ich ließ mich dicht neben ihn auf die Matratze sinken und streichelte ihm die Haare aus dem Gesicht. "Sie sind ziemlich lang geworden.", bemerkte ich. Jorden nickte. "Ja schon...aber deine reichen auch schon bis zum Kinn.", murmelte er und hob seine Hand um an den langen Strähnen zu spielen. "Willst du sie wieder kürzen lassen?", fragte er leise. "Ja vielleicht..." Er verzog leicht das Gesicht. "Aber mach sie nicht zu kurz, das lange steht dir ziemlich gut!", bestimmte er. Mein Gesicht verfinsterte sich gespielt. "Soll das heißen, das ich vorher hässlich war?" Jorden grinste. "Das hast du jetzt gesagt." Dieser Kleine...wie er so grinste...als triumpfierte er...Meine Beherrschung...sakte auf den Tiefpunkt...Wie konnte mich ein Mensch, den ich noch bis vor kurzem so wenig leiden konnte, nur so weit treiben...? Mein Gesicht senkte sich herab. Ich musste ihn einfach küssen...ich wollte über ihn triumpfieren...ihm nicht die Oberhand behalten lassen... "Ben...hm...was tust du...",er schob mich weg und versperrte mir den Zugang zu seinen Lippen indem er seine Hände auf seinen Mund drückte. "Ich will dich küssen...", raunte ich dann gegen sein Ohr und biss ihm neckisch in sein Ohrläppchen. Er stöhnte leise auf und presste sich erschrocken wieder seine Hände auf seinen Mund. Die Röte in seinem Gesicht konnte er daruch aber nicht verbergen und ich meinen Urinstinkt nicht abschalten...ganz zu schweigen von meinem wild pochenden Herzen... Ich erinnerte mich an unseren letzten Kuss, den er schließlich zugelassen hatte...ich wollte ihn für seine Naivität betrafen. Zumindest dachte ich das... und als er mich schließlich auf meine Erregung hinwies tat ich es mit einer Ausrede ab. Mit einer ziemlich schlechten Ausrede. Er wurde wütend...weil ich ihm seinen ersten Kuss gestohlen hatte und eben wegen dieser schlechten Ausrede...trotzdem hatten wir uns wieder vertagen...und ich musste wissen was er wirklich darüber dachte... Ich seufzte leise und zog langsam seine Hände von seinem Mund. "War es so furchbar...als wir es das letzte mal getan haben?", stießen meine Lippen hervor. Jorden sah mich immer noch rot und mit mitlerweile zusammengepressten Lippen an. "Hast du eine Ahnung..." "Was für eine Ahnung?", erwiederte ich. Jorden zögerte einen Moment. Sein Ärger war deutlich in seiner Stimme abzulesen. "Ich habe es schon mal gesagt...du hast mir einfach so meinen ersten Kuss gestohlen, ohne mich zu fragen...und jetzt...tust du es schon wieder. Du fällst einfach über mich her...und willst mich küssen. Denk doch mal darüber nach, was mit meinen Gefühlen ist! Und ob mir das auch recht ist! Machst du dir überhaupt Gedanken über so etwas?", polterte er mir laut entgegen. Mein Blick musste ganz schön verdutzt gewesen sein. "Was schaust du so? Ist es so komisch auch mal zurückgewiesen zu werden?!"presste er wütend zwischen seinen Lippen hervor. Die Antwort war nein. Ich hatte mir nicht wirklich Gedanken um seine Gefühle gemacht. Die Gefühle anderer...ich hatte gelernt sie auszublenden...und abgewiesen zu werden war für mich auch nichts neues...auf mehreren Ebenen. Aber von ihm abgewiesen zu werden...war das der Preis für meine abweisende Art ihm gegenüber? Für meine Ignoranz? Aber nein. Ich hatte es nie darauf angelegt von ihm gemocht zu werden. Ich schüttelte den Kopf und löste mich von ihm. "Tut mir Leid. Ich habs übertrieben.", gestand ich ein und stand auf. "Wo willst du hin?" "Nur darüber. Eine Rauchen.", deutete ich auf die Balcontür. "Oder darf ich das jetzt auch nicht mehr?" Jorden seufzte. "Was ist?" "Was soll schon sein? Immer wenn es bremslich wird gehst du mir aus dem Weg! So wie jetzt auch. Jetzt wo du mir wieder nicht die Wahrheit sagen kannst!", warf er mir vor. Und warum zum Teufel stimmte nur alles was er sagte?! Und warum war ich nicht in der Lage ihm einfach alles zu erzählen? War das mein Stolz, der sich da wieder meldete, oder war es diesmal etwas anderes? Ein mulmiges Gefühl,...unangenehm...in meiner Magengegend fühlte sich alles so flau an. Plötzlich fiel das Wort, "Unsicherheit!", das aus seinem Mund herrausplatzte," Du bist unsicher oder? Du gehst immer als erstes eine rauchen, wenn dich etwas verunsichert oder beunruhigt, Sorgen bereitet und so..." Verwirrt starrte ich erst ihn und dann die Kippe in meiner Hand an. "Was.." "So wie du guckst, scheinst du es gar nicht zu bemerken...oder du hast gedacht, dass es keiner bemerkt...", stellte Jorden fest. Von der einen auf die andere Minute wurde er immer direkter. Das war schon fast angsteinflößend...und hatte nichts mehr mit dem kleinen, verängstigten Jorden von früher zu tun. Scharf zog ich die Luft ein und ging wieder auf ihn zu. Dann setzte ich mich neben ihn aufs Bett, starrte aber seinem Blick ausweichend zum Fenster. So ratlos,... "Um ehrlich zu sein habe ich noch nicht so recht darüber nachgedacht,...ob es irgendjemand bemerkt...aber jetzt wo du es sagst...es stimmt schon. Ich rauche zur Ablenkung und es beruhigt mich. Tja und in letzter Zeit..brauche ich immer mehr dieser Ablenkung...ich bin verwirrt und verstehe mich selbst nicht mehr.", antwortete ich wahrheitsgemäß. Mit einer Hand strich ich mir die langen Stränen meiner Haare aus dem Gesicht. Dann legte ich meine Hand wieder zurück auf meinen Schoß wo sie locker liegen blieb. "Was mich aber am meisten verwirrt...bist du Jorden..." "Ich?" "Ja, du...deine unfassbare Stärke die dir die Flügel verleiht, die ich niemals haben werde...deine ganze Art...Du bist plötzlich so furchtlos und du lächelst andauernd...so habe ich dich gar nicht in Erinnerung...und ich wollte...dich zerstören Jorden...weil ich es nicht ertragen konnte wie du vor dich hinstrahltest, weil ich gefühlt habe, dass, das oft nur eine Fassade war um deine Einsamkeit zu verstecken.", offenbarte ich ihm. "Und weil ich wollte, dass du mich hasst!" Jorden sagte zunächst kein Wort und da ich auch sein Gesicht nicht sehen konnte blieb mir nicht viel Möglichkeit sein Verhalten zu interpretieren. "Warum wolltest du, dass ich dich hasse...?", erwachte seine Stimme. "Ich schätze, weil ich dachte, dass es mir leichter fallen würde dir aus dem Weg zu gehen, als wenn du mir zu nahe kommst und meine ganze Welt auf den Kopf stellst...Tz...dabei hast du das schon damals getan...als wir noch Kinder waren...an mir hat sich rein gar nichts geändert. Ich bin immer noch der gleiche Mistkerl wie früher...der Einzige der sich weiter entwickelt hat bist du und damit konnte ich nicht umgehen..." Ich verstummte...was sollte ich noch sagen? Ich wusste es nicht. "Stimmt schon. Manchmal bist du wirklich ein Mistkerl...", bestätigte er mir. "Aber trotzdem bist du kein schlechter Mensch! Und ob du es willst oder nicht, ich vertraue dir! Ich mag dich! Ich mag dich wirklich sehr! Und...ich will nicht das du mir aus dem Weg gehst! Niemals!", sprudelte es immer lauter aus ihm herraus. "Jorden! Bitte sag das nicht! Sonst...kann ich mich nicht mehr beherrschen! So wie vorhin...ich könnte dich verletzen!" Er war schon viel zu tief vorgedrungen...in meinem Körper spürte ich ein Verlangen. Das Verlangen ihn an mich zudrücken...vor der Welt zu verbergen und alle mit meinem Blick zu zerstören die ihm zu nahe kamen. "Ich weiß...aber das ist es mir wert, wenn du mir nur nicht mehr aus dem Weg gehst...", antwortete er, was mich dazu brachte mich zu ihm um zu drehen und ihn fassungslos an zu sehen. Er lag immer noch auf dem Rücken und schaute mich aus diesen unergründlichen...wunderschönen Augen an in denen ich drohte zu ertrinken. Meine Hand bewegte sich auf sein Gesicht zu und legte sich auf seine Wange. "Bist du sicher, dass du das riskieren willst?" All diese Grausamkeiten...würden sie ein jehes Ende finden? "Ja...das will ich." "Klingt wie ne Einwilligung zur Hochzeit...", murmelte ich nüchtern. Jorden errötete augenblicklich... "Idiot! So weit...sind wir noch lange nicht!", schimpfte Jorden sanft. Ich grinste. "Na dann würde ich mich fürs Erste auch mit einem Kuss zufrieden geben." "Von mir aus...", murmelte Jorden leise. "Das mir nachher keine Klagen kommen!", brummte ich. "Quatsch nicht so viel...sondern küss mich endlich!", forderte er mich auf. So Beschloss ich seiner Forderung nach zugehen und machte es mir wieder auf dem Bett gemütlich. Ganz nah bei ihm, zog ihn in meine Arme und küsste ihn. Das war wie ein Rausch, der mich trunken machte und mich dazu brachte immer mehr davon zu wollen. Unsere Körper waren sich so nah. Seine Arme drückten mich an ihn herran und ließen keinen Raum mehr für eine Lücke zwischen uns. So dachte ich in jenem Moment. Immer fort erwiederte er den Kuss aufs Neue. Selbst die Atemlosigkeit störte uns nicht. Seine Fingerkupen vergruben sich in mein Shirt und zerrten immerzu daran. "Alles klar?", fragte ich atemlos in den Kuss. Jorden nickte zögerlich. "Ja." "Dann...sieh von nun an nur noch mich an..." . . . Und so...ergab sich eine Planänderung mit der niemand gerechnet hatte... . . Kapitel 18: Ein Anfang ---------------------- Ich konnte mich genau daran erinnern wie er mich ansah und wie sein Körper auf mich reagierte. Er bekam Gänsehaut und atmete schwer in unseren Kuss. Seine Hände, die sich an mir festklmammerten wirkten fast verzweifelt. Jetzt saß ich im Unterricht, hatte Jorden schon ein paar Tage nicht mehr gesehen und konnte an nichts anderes mehr denken. Jorden war wirklich ein Meister darin mich von allem weltlichen abzulenken... brachte mich noch um den Verstand! Und es wurde immer schlimmer! Mit jedem Tag ein bisschen mehr. So war das nicht geplant! "Benjamin? Benjamin! Worüber haben wir gerade gesprochen? Wiederholen sie das doch noch mal!", riss mein Lehrer mich gereizt aus meinen Gedanken. Verdammt! Ich wusste, dass meine Lehrer mich hassten, aber seid einigen Tagen hatten sie mich noch mehr auf dem Kicker als sonst. Das musste doch auch für die schrecklich anstrengend sein. Warum ließen sie es nicht einfach? Dann wären wir alle glücklicher. Genervt wiederholte ich das, was der Lehrer eben mit uns durchgenommen hatte. Schließlich war ich ja nicht vollkommen auf den Kopf gefallen, auch wenn ich nicht so wirkte, war ich alles andere als blöd. Meinen besten Freund konnte ich hinter mir schon mit einem fetten Grinsen sehen. War schon klar, das ich Billy mal wieder eine super Show bot. Der Lehrer rückte seine Brille zurecht und schnaubte ein, "Glück gehabt, Benjamin Held! Aber du solltest besser aufpassen, wo du mit deinen Gedanken bist!" "Ja, ja, schon klar. Sonst noch was? Sie haben noch genau...zehn Sekunden, dann ist die Stunde eh vorbei..." Der Lehrer wollte noch eine Bemerkung bringen, da klingelte es auch schon und kaum, das er wütend abdampfte ging das Getuschel um mich herum auch schon los. Das juckte mich jedoch längst nicht mehr. Es war nichts neues. Also ging ich schulterzuckend in die Pause. Zusammen mit Billy, der mich schon erwartungsvoll anschaute. Sein Blick klebte nahezu an mir. Natürlich tat er das. Immerhin hatte ich ihm ja noch nichts davon erzählt und ich befürchtete, dass er es mit seiner nervig, penetranten Art so oder so herausfinden würde. Trotzdem wollte ich es ihm nicht gleich auf die Nase binden. Auch wenn er es bereits riechen konnte. "Also jetzt erzähl schon! Da ist doch irgendwas. Was hat dich derart beschäftigt?!", meinte er. Ich lehnte schulterzuckend gegen die Mauer des Schulgebäudes und zündete mir meine Kippe an. Mein Feuerzeug klickte und die kleine Flamme zündete den Kippenstengel an. Genüsslich zog ich daran und bließ den Rauch wieder aus. "Was soll schon sein? Ich war halt in Gedanken." Billy runzelte die Stirn und legte ungläubig den Kopf schief. "Das kannst du deiner Oma erzählen, aber bestimmt nicht mir!", gab er mir zu verstehen. "Kann ich nicht. Meine letzte von zwei Omas hat vor etwa zehn Jahren das Zeitliche gesegnet.", merkte ich nüchtern an und zuckte mit den Schultern. Ich konnte schon ahnen, wie es in seinem Kopf ratterte. Er wollte es unbedingt wissen. So viel war klar. Sein Gesicht wurde ernster und seine Augen musterten mich aufs genaueste, bis sie wohl etwas entdeckten, was ihm Aufschluss über mein Verhalten gab. Ein Grinsen seinerseits sollte mir begreiflich machen, dass er mir gleich offenbaren würde, was ihm aufgefallen war. "Du bist ungewöhnlich ausgeglichen, also muss etwas positves vorgefallen sein.", grinste er, überzeugt davon nun die richtige Antwort gefunden zu haben. "So, findest du?" "Klar, seid einigen Tagen rauchst du immer erst in der Pause, sonst fängst du schon vor der Schule an und normalerweise ziehst du morgens ein Gesicht, das echt zum fürchten ist, aber stattdessen kann ich dich hin und wieder sogar lächeln sehen. Das kann nur etwas positives bedeuten.", meinte er. "Ist mir gar nicht aufgefallen.", antwortete ich spärlich. Im Grunde war mir gar nicht danach, darüber zu reden. Viel lieber wollte ich es noch eine Weile für mich behalten. Schließlich konnte ich es selbst noch nicht so wirklich glauben...das ich nun mit Jorden zusammen war...Ich war noch nie mit einen Mann zusammen. Ich hatte immer nur Frauengeschichten und nie einen Gedanken daran verschwendet mal was mit einem Mann zu haben, aber bei Jorden war mir irgendwie alles egal...das Geschlecht, was andere über uns dachten, wenn sie uns zusammen sahen...Ich wollte ihn einfach für mich beantspruchen...ihn um keinen Preis teilen. Er sollte nur noch mich ansehen und nie wieder jemand anderen so nah an sich heran lassen wie mich...Der Gedanke, dass es noch mehr Menschen wie Milan geben könnte, machte mich fast verrückt. Billy versuchte auch in allen weiteren Pausen zu bohren, aber ich blieb stur und veriet ihm nichts. Er musste ja nicht immer alles sofort wissen. Er würde es schon erfahren, wenn ich es für richtig hielt...oder wenn er uns durch Zufall zusammen sah. Am Wochenende würde es wieder so weit sein. Da würde ich ihn endlich wieder sehen. Am Montag Nachmittag hatte er mich angerufen und sagte, dass er die Woche über ausgibig trainieren und an den Trainingsfreien Tagen Zeit mit seinem Bruder verbringen wollte, der sich überraschend frei nehmen konnte, der aber am Wochenende wieder arbeiten musste. Er klang total aufgeregt am Telefon. Kein Wunder, so selten wie Will wirklich Zeit hatte. * Am Freitagvormittag begegnete ich Yui auf dem Gang zum Klassenraum. Ich konnte ihr ansehen, die sie bewusst auf mich gewartet hatte. Billy, der neben mir her gelaufen war und mich bis zu jenem Moment mit irgendwelchem Kram über eines seiner neuen Spiele zulaberte, begrüßte sie freundlich. "Hey Yui! Hast du schon auf uns gewartet?" Yui nickte. "Ja, schon...also eigentlich habe ich auf Benjamin gewartet.", antwortete sie. Mir war nicht wirklich danach mit ihr zu reden. Im Grunde war ich ganz froh in letzter Zeit nichts mehr von ihr gehört zu haben, seid wir sie in dem Kaffee getroffen hatten. "Na, dann lass ich euch mal allein, bis gleich.", meinte Billy und verschwand auch schon im Klassenzimmer. "Also, was gibts? Die Stunde fängt gleich an.", reagierte ich kurz angebunden. Yui ließ sich davon aber nicht beirren, auch nicht von den eifersüchtigen Blicken meiner Klassenkameradinnen. "Ich wollte dich fragen, ob du heute nach der Schule etwas Zeit hast. Ich würde so gern etwas mit dir unternehmen.", erklärte sie mir mit einem erwartungsvollen Glanz in ihren Augen. Etwas rot um die Nase war sie auch...und aufgeregt... Die Hände in die Hosentaschen schiebend verneinte ich ihre Frage. "Ich kann nicht, hab schon was vor. Frag doch Billy, der hat bestimmt Zeit für dich.", antwortete ich ihr. "Ich muss dann...", ergänzte ich noch und kehrte ihr den Rücken zu, um in die Klasse zurück zu kehren. Doch sie war noch nicht fertig. "Warum Benjamin? Warum lehnst du es ab mit mir aus zugehen...? Hab ich irgendwas falsch gemacht?", wollte sie wissen. Ich drehte mich nochmal zu ihr um und sah die Enttäuschung in ihren Augen. "Ich habe niemals behauptet das ich dich ablehne. Ich habe einfach keine Zeit für dich. Finde dich damit ab.", dann lasse ich sie stehen und kehre in die Klasse zurück, wo Billy schon auf mich wartet. Er hat sein Gesicht in seine Hände gestämmt. "Was war denn los?", wollte er wissen. "Sie wollte sich verabreden." "Echt? Ist doch cool, sie ist hübsch und süß und sie steht auf dich.", stellte er fest. "Wo ist das Problem?" "Ich stehe nicht auf sie und ich habe schon was vor.", erklärte ich. "Ach so ist das. Etwa ein Date mit einer Anderen?", grinste er. "Nicht ganz..." Jorden war ja so gesehen kein Date... "Nicht ganz? Also...irgendwie doch? Hat das etwa mit dem Thema von letztens zu tun?", grub er das alte Thema wieder aus. Wenn das so weiter ging, würde ich mich noch verraten. "Es ist kein Date, Billy. Mehr sage ich nicht dazu." In Billys Kopf schien es mal wieder zu rattern. Schließlich hebt er seinen Kopf und schlägt wissend seine Faust in seine Handinnenfläche. "Jetzt weiß ich es. Du hast ne Verabredung mit Jorden oder? Wieso bin ich da nicht vorher schon drauf gekommen?" Ich zuckte mit den Schultern. "Möglich." Billy fing an sich die Haare zu raufen. "Benjiii jetzt mach mich nicht fertig!" "Tue ich doch gar nicht.", grinste ich. Es machte Spaß ihn so auf die Folter zu spannen. "Du bist so gemein...aber so wie du grinst,...kann es nur Jorden sein...er ist der Einzige mit dem du dich einfach so verabreden würdest. HA! Ich habe recht! Ich weiß es!", triumpfierte er. Sollte er sich doch freuen. Er war ja nicht dumm, aber dass ich eine Beziehung mit Jorden einging, darauf würde er sicher nicht so einfach kommen. Als endlich Schulschluss war, wollte ich mich so schnell es nur ging aus dem Staub machen. Ich wollte zu Jorden. Wollte ihn so schnell wie möglich sehen. "Du hast es ja verdammt eilig..", bemerkte Billy. "Ja. Jorden meinte, dass er vor dem Schultor warten würde und da er schon seid einer Stunde feierabend haben müsste...ist er bestimmt schon da." "Achsoo und du willst ihn nicht warten lassen. Verstehe..",meint er und grinst schon wieder so komisch. Billy und seine wilden Fantasien... Noch eben verabschiede ich mich und verließ den Raum. Wie schon erwartet, stand Jorden bereits am Schultor und winkte mir zu und wie immer strahlte er über das ganze Gesicht. Noch immer war es mir nicht begreiflich warum er sich gerade so sehr über mich freute und warum er sein Herz ausgerechnet mir schenkte. Das verbreitete in mir eine seltsame Mischung aus Glücksgefühl..und Beklemmung. "Benjamin! Da bist du ja!" "Äh..Ja, hast du schon lange gewartet?" Jorden schüttelte den Kopf. "Nein, nur etwa zehn Minuten. Müssen wir noch einkaufen?" Ich nickte. "Dann ist ja alles wie immer.", lachte er. "Dein Kühlschrank ist bestimmt wie immer leer." Da hatte er recht und um ehrlich zu sein war mir auch nicht wirklich nach Einkaufen. Viel lieber würde ich jetzt einfach nur mit ihm nach Hause gehen,... "Leider...lass uns das schnell hinter uns bringen und dann nichts wie nach Hause.", erklärte ich ihm und er bestätigte meine Aussage. Er wurde wieder rot. "Ja! Weißt du...ich habe mich schon die ganze Woche auf dich gefreut.", gestand er mir mit diesem Leuchten in seinen Augen. "Mein Bruder meinte schon, ich seid verrückt und Milan war auch schon total verärgert, weil ich mich gestern beim Training vor lauter Freude kaum mehr konzentrairen konnte.", lachte er. Na, das konnte ich mir schon bildlich vorstellen. Milan war sicher nicht nur wegen des Trainings verärgert, sondern auch weil Jorden sich so sehr auf mich freute und nicht auf ihn. Das rang mir ein Grinsen ab. "Wieso grinst du so?" "Ach nur so, lass uns losziehen, sonst wachsen wir hier noch an." Was mich gerade auch nicht so sehr stören würde. Bei dem Gedanken an Milans verärgertes Gesicht, würde ich dafür schon fast wieder entschädigt werden. . "Manchmal könnte man fast denken, einkaufen wäre Krieg oder so.", stellte Jorden fest, als wir wieder zu Hause waren. "Was meinst du wohl warum ich es hasse ein zu kaufen. Wenn ich nicht schnell genug gewesen wäre, hätten sie dich in ihrem Eifer aus dem Rollstuhl geschubst. Dieses rücksichtslose Pack und das nur wegen ein paar Dosenpfirsiche...", knurrte ich. "Aber sie waren nun mal im Angebot und Angebote ziehen die Leute magisch an.", kicherte Jorden. "Wegen diesem Angebotsschwachsinn ist man kaum durch die Gänge gekommen und dann hatten sie auch noch diese total bescheuerte Tombola...wo man eh nur Müll gewinnen konnte...ganz zu schweigen von den Müttern mit ihren kreischenden Kindern...", ich hasste Kinder und nörgelnde Mütter...Ich seufzte und stellte die Einkäufe auf den Tisch. "Also, was möchtest du als erstes Essen?", stellte ich ihm die entscheidende Frage. Jorden überlegte einen Moment. "Hühnerfrikassee mit Reis!" "Okay, dann machen wir das als erstes." Jorden hatte ein Rezept mitgebracht, dass er im Internet gefunden hatte. Denn er wollte unbedingt mal selbstgemachtes Hühnerfrikasse essen. "Das wird bestimmt lecker. Wollen wir gleich anfangen, wenn wir alles andere eingeräumt haben? So eine Stunde wird es wohl eh dauern, bis alles fertig gekocht ist." Ich stimme ihm zu und wir räumen rasch alles ein, was wir nicht für unser heutiges Gericht benötigen, damit wir uns auf das wesentliche konzentrairen können. Für das Hühnerfrikassee haben wir ein ganzes Hähnchen gekauft...und noch einige andere Dinge die dafür noch nötig sind. "Dann lass uns mal loslegen.", meint Jorden voller Tatendrang und sagt an, was zu tun ist. Ich führe jeden der Schritte aus und mein Gast unterstützt mich dabei. Hin und wieder lugte das Katzentier durch die Tür. Vermutlich weil es das Hähnchen roch, aber es musste sich mit dem üblichen Katzenfutter zufriedengeben. So wie immer. "Dein Kätzchen tut sich bestimmt schwer nichts von dem leckeren Frikassee ab zu bekommen." Mürrisch brummte ich vor mich hin. "Ach, das Vieh bekommt genug Extrawürste wenn Billy da ist. Im Grunde ist diese Katze toral verwöhnt.", antwortete ich. "Das klingt ja fsat ein bisschen eifersüchtig.", kicherte Jorden. "Gehts noch? Ich bin doch nicht auf diese Katze eifersüchtig!", fauchte ich und gab die Geflügelbrühe in die Mehlschwitze, erst nur eine kleine Menge damit es, laut Rezept, keine Klümpchen gab. Dann kam der Rest. Nun galt es alles köcheln zu lassen, viel rühren und Gewürze dazu geben. Mit jeder Minute strahlten Jordens Augen ein bisschen mehr. "Das sieht wirklich verdammt gut aus! Ich krieg schon richtig Hunger." "Ein bisschen musst du dich aber noch gedulden. Hast du die Eier schon getrennt und mit der Sahne verrührt?" "Ja hab ich und ich habe auch schon die Möhren, Erbsen und Champignons geöffnet." "Okay, dann gib das mal alles in den Topf, es muss nur noch heiß werden, dann können wir loslegen. Der Reiß ist auch schon fertig." Jorden tat wie ihm gesagt und schüttete das Gemüse in den Topf. Danach schöpfte ich den Reis in ein Sieb ab, um die restliche Flüssigkeit los zu werden. Nur noch wenige Minuten, dann war alles fertig zum servieren. "Lecker! Es geht doch nichts über selbstgekochtes Essen!", bemerkte Jorden voller Freude über dieses Mahl und so ungern ich es auch zugab...Er hatte recht, es schmeckte wirklich lecker, was wir da zusammengekocht hatten. "Hm, ich habe noch nie so viel Aufwand wegen etwas zu Essen betrieben." "Einmal ist immer das erste Mal.", antwortete er. "Und du isst mal wieder richtig. Du hast meistens so wenig Apetitt, dass du nur sehr wenig isst. Fast gar nichts." Er hatte recht...meine Lust am Essen hielt sich in Grenzen. Manchmal hatte ich das Gefühl nicht mal wirklich etwas zu schmecken, wenn ich etwas aß. Es diente nur dem Überleben, weil es sein musste. Wir aßen zu Ende und räumten auf. Und nun? Es war unser erstes Treffen, seid wir uns entschlossen hatten es mit einander zu versuchen. Ich wusste nicht recht, wie es nun weiter gehen sollte. Eine seltsame Situation. Mit Vanessa war es einfach...wenn wir nicht wussten was wir mit einander anfangen sollten, hatten wir Sex, was nicht gerade selten war. Im Grunde bestand fast unsere ganze Beziehung aus Sex. Mit Jorden war alles anders. Mit ihm konnte ich nicht einfach Sex haben... außerdem fühlte sich schon der Gedanke daran falsch an. Als beginge ich eine Sünde...und wenn ich recht überlegte musste ich mir darüber im Klaren sein, das ich bei Jorden so einiges zu beachten hatte. Er war gelähmt, fühlte unterhalb des Bauchnabels nichts mehr, nahm Erregung ganz anders war als ich und dann waren da noch ganz andere Dinge über die ich mir Gedanken machen musste...Mit ihm hatte alles ein ganz anderes Timing. Wir würden beide unsere Zeit brauchen um uns an diese Situation zu gewöhnen und uns gegenseitig zu entdecken...zudem wollte ich nicht so eine oberflächliche Beziehung mit Jorden haben wie mit Vanessa. Nein, diesmal ging es um mehr als um Sex... "Alles in Ordnung?", holte Jorden mich aus meinen fernen Gedanken und sah mich von seinem Rollstuhl aus mit großen Augen an. Aus einem Reflex heraus fuhr ich mit meiner Hand durch seine hellen, blonden Haare. Früher wäre mir das nie einfach in den Sinn gekommen,...ihn berühren zu wollen, ihm nah sein zu wollen. Dieser Gedanke erschien mir heute im Vergleich zu damals so abwegig, das ich es mir nie aufgefallen war...Jorden war mir schon seid unserer Kindheit so nah, wie niemand sonst. Im Grunde suchte ich schon damals seine Nähe, ohne es zu wissen, wenn auch nicht auf die sympatischste Art und Weise. Ich hatte ihm immer zu verstehen gegeben, dass ich ihn ablehnte, das ich ihn nicht ertragen konnte und trotzdem hatte heute ein Lächeln für mich übrig. Es war mir unbegreiflich. "Ich hab nur über etwas nachgedacht...", antwortete ich. "Über was denn?", wollte er erwartungsvoll wissen. Die Entscheidung viel auf diese Wahrheit, "Ach, ich habe nur überlegt, was wir jetzt machen könnten...", immerhin war es nicht gänzlich gelogen... Jorden wurde etwas rot im Gesicht und tippte seine Finger an einander, als sei er etwas verlegen. Das war, irgendwie...wie nannte sich das noch gleich...achja. Süß.... "Naja, Sachen die Paare eben so machen. Du müsstest es doch besser wissen, immerhin hattest du schon mal eine Freundin...oder?" Oh meine Gott. Würde ich jetzt etwa doch nicht um dieses Thema herum kommen? Dabei wollte ich es doch so schön umschiffen. Ich rieb mir den Nacken, als ich je unterbrochen wurde."Hör mal ich...", denn es leutete an der Haustür. Im Entefekt passte mir das ganz gut, aber auf der anderen Seite... "Erwartest du Besuch?", wich Jorden auch gleich vom Thema ab. Ob das meine Rettung war? "Nein, micht das ich wüsste.", es sei denn Billy hatte sich kurzfristig dazu entschlossen nach dem Rechten zu sehen. Zuzutrauen wäre es ihm. Selbst wenn er in Arbeit ersticken würde, oder sich ne fette Erkältung eingefangen hätte, würde ihn das nicht aufhalten. Der würde mir in jedem Zustand die Leviten lesen, wenn etwas sein sollte. "Dann schau doch mal nach." Ich nickte, auch wenn ich nicht wirklich Lust dazu hatte... Also ging ich zur Haustür und öffnete sie. Vor mir stand Yui, die mich aus glasigen Augen ansah. Sie hatte eine Reisetasche dabei. Ihr Lippen bebten. Ihr war klar an zu sehen, dass sie mit den Tränen kämpfte, bis sie es schließlich nicht mehr aushielt und mir laut schluchzend in die Arme fiel. "Yui...was?", stieß ich überumpelt aus. "Benjamin? Was ist los?", wollte Jorden wissen, der hinter uns auftauchte. Sofort wand ich meinen Blick zu ihm um. "Jorden..." Sein Name ließ auch Yui aufhorchen und ihr Blick viel sofort auf ihn. "J...Jorden?" Ihr Blick hatte etwas Geschocktes an sich...als hätte sie nie im Leben damit gerechnet ihn hier, in diesem Augenblick anzutreffen. Kapitel 19: Flucht und Konfrontation ------------------------------------ Yui Zu Hause wurde es immer unerträglicher. Mein Vater war mal wieder sturzbetrunken. Er brüllte mich an und wollte mich schlagen, weil ich ihm keinen Biernachschub mitgebracht hatte. Gerade noch rechtzeitig konnte ich mich losreißen und in mein Zimmer fliehen, um mich einzuschließen. Mein Vater rüttelte wütend an der Tür. Angst! Hastig packte ich meine Reisetasche. Mein Beschluss stand fest! Ich musste hier weg! Irgendwo hin. Sogar die Straße war mir lieber, als noch länger hier bleiben zu müssen. Bevor ich flüchten konnte, musste ich noch ein wenig Geduld haben. So lange, bis mein Vater sich wieder beruhigte. Irgendwann würde er sich wieder auf sein Sofa begeben, weiter trinken und einschlafen. In einem günstigen Moment schlich ich mich nach draußen und nahm die Beine in die Hand. Bevor ich wusste wie mir geschah, stand ich auch schon vor diesem riesigen Haus. Mit samt meiner Reisetasche. Vor dem Haus in dem Benjamin wohnte. Das musste ein innerer Instinkt sein. Irgendetwas hatte mich hier her geführt. Vielleicht, weil er der Einzige war, dem ich noch mein Vertrauen schenken wollte, obwohl ich wusste, wie sinnlos es war und weil ich einfach nicht wusste, wo ich sonst noch hingehen könnte. Troztdem war ich mir unsicher, ob ich wirklich klingeln sollte. Bei unser letzten Begegnung hatte er mir mal wieder gezeigt, dass ich ihm rein gar nichts bedeutete und das der Sex den wir zuvor auf dieser Veranstaltung hatten, ihm auch nichts bedeutet hatte. Das Alles tat verdammt weh. Auch, wenn er sich bei mir entschuldigt hatte, dass er mich vor diesem Yanek nicht verteidigte, änderte nichts an seinen Gefühlen...das war mir schmerzlich bewusst geworden. Ich überwand meine Bedenken dennoch und klingelte. Es dauerte eine ganze Weile bis die Tür geöffnet wurde. Sobald ich Benjamin erblickte kamen mir die Tränen. Sie zu unterdrücken...unmöglich. Es musste raus und schon fiel ich ihm direkt in die Arme und weinte. Benjamin war sichtlich überrumpelt. Kein Wunder. Schließlich war ich sicherlich die Letzte mit der er rechnete. "Yui...was?", fragte er und kurz darauf war da noch eine andere Stimme, die ich kannte...die ich das letzte Mal an diesem Abend gehört hatte. "Benjamin? Was ist los?" Geschockt sah ich auf. "J...Jorden?" Jorden war hier? Wieso? Wieso ausgerechnet jetzt? Dann musste er der Grund sein warum Benjamin keine Zeit hatte... Refexartig wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht. Auf den ersten Blick sah er auch etwas überrascht aus, machte dann aber ein besorgtes Gesicht. Hör auf! Mach nicht so ein Gesicht! Seh mich nicht so mitleidig an!-dachte ich in diesem Moment. "Yui! Du siehst total fertig aus. Bejamin, lass sie erst mal rein.", meinte er. Benjamin nickte einfach und schob mich rein. Ganz ohne Murren. Hinter mir schloss sich die Tür. "Was hälst du davon erstmal eine heiße Dusche zu nehmen und dann erzählst du uns was passiert ist.", schlug er vor. Mein Blick wand sich prüfend zu Benjamin, um zu erfahren, ob ihm das auch Recht war. Dieser zuckte mit den Schulter und deutete mit dem Gesicht nach oben. Dann wand er sich Jorden zu und hob ihn aus dem Rollstuhl. Ganz selbstverständlich. So wie das aussah, machte er das wohl öfter. Jorden legte vertrauensvoll seine Arme um Benjamins Nacken und drückte sich an ihn. An den Mann, in den ich verliebt war. Nichts mehr wünschte ich mir, als ihm so nah sein zu können wie er jetzt gerade. Ich folgte ihm in sein Zimmer, wo er Jorden, auf seinem großen Bett absetzte und ihn auch gleich mit einer Wolldecke zudeckte. Jorden sah ihn beschämt an. "Benjamin...das musst du nicht machen, meinst du nicht, das du Yui erstmal helfen solltest, bevor du dich um mich kümmerst?", meinte er, doch Benjamin sah ihn ernst an. "Damit du dann wieder auskühlst? Lass mal stecken!", schimpfte er. "So empfindlich bin ich nicht!", erwiderte Jorden. Ganz ohne Ängste, ohne Zurückhaltung. Er verhielt sich ihm gegenüber ganz natürlich, so echt, das es mir Angst machte. Wiederwillig wand Benjamin sich dann mir zu. "Leg deine Tasche ruhig irgendwo ab. Ich zeig dir wo das Badezimmer ist.", erklärte er mir. "Äh ja, warte, ich hol mir noch eben was zum Anziehen raus. Nervös kramte ich mit meinen Händen in meiner Tasche herum und zog mir ein langes T-Shirt, eine Leggins und frische Unterwäsche heraus. Benjamin wartete am Türrahmen bis ich zu ihm gelangte und zeigte mir dann das Badezimmer. Hier gab es eine separate Dusche und eine Eckbadewanne. Was für ein Luxus. Davon konnte ich nur träumen. Ich konnte schon froh sein, wenn die Ordnung, die ich mühselig in den für mich wichtigsten Räumen aufrecht erhielt, nicht von meinem randalierenden Vater zerstört wurde, wenn er mal wieder auf der Suche nach seinem Bier war. "Handtücher liegen da oben im Regal, benutz ruhig das Duschgel was da ist. Komm dann einfach wieder zu uns, wenn du fertig bist.", meinte er tonlos und wante sich auch gleich schon wieder ab, ohne mich noch mal an zu sehen. Dabei war das doch mein innigster Wunsch. Das er mich ansah, mich beachtete...Er war schon im Gehen, als ich ihn festhielt. "Benjamin...du ...", begann ich, brach aber sofort ab, als er mir sein unterkühltes Gesicht zeigte. "Was denn?", gab er gewohnt ruppig zurück, so dass ich es kaum wagte weiter zu sprechen. Zu gerne wollte ich wissen wie Jorden es schaffte ihm so natürlich und ohne jede Angst zu begegnen. Wie er es schaffte, das Benjamin sich ihm gegenüber so ungewohnt fürsorglich verhielt... Dieser Gedanke war kaum zu ertragen. "Also wenn du nichts mehr zu sagen hast, gehe ich jetzt." Damit ließ er mich stehen und schloss die Tür hinter sich. Ich blieb allein zurück, fühlte mich elend, enttäuscht...einsam...Mir kamen wider dir Tränen. Wieso musste mein Herz nur ausgerechnet für diesen Typen schlagen? Diese Gefühle schmerzten...unaufhörlich in meiner Brust. Es brauchte eine Weile bis sich auch die letzte Träne mit dem Duschwasser vermischte und auf nimmer wiedersehen verschwand. Auch wenn diese kleine Attacke einen bitteren Nachgeschmack hinterließ, so tat es auch gut diese Tränen los zu sein... Barfüßig schlich ich über den Flur zu Benjamins Zimmer. An der Tür vernahm ich ein Gespräch. "Benjamin...lass das...Yui könnte jede Minute reinkommen.", hörte ich Jordens abwehrende Stimme, durch die leicht geöffnete Tür. "Und wenn schon,...es interessiert mich nicht, was andere von uns denken.", erwiderte Benjamin schamlos ehrlich. Röte schoss in mein Gesicht. Ich musste schlucken. Dennoch rang ich um Zurückhaltung. Höflich klopfte ich an die Zimmertüre, auch wenn ich lieber rein platzen wollte. Hoffentlich waren meine Augen nicht zu geschwollen vom vielen weinen. "Ja? Komm ruhig rein Yui.", antwortete Jorden freundlich. Nervös presste ich meine zuvor getragene Kleidung an meinen Körper. Als ich eintrat musste erneut ich schlucken. Benjamin saß mit Jorden auf dem großen Bett an der Wand gelehnt und hielt seinen Arm um ihn. Sein Gesicht wies eine muffige Entgleisung auf. Als sei er beleidigt, weil er nicht bekam, was er sich wünschte und würdigte mich keines Blickes. Die Finger seiner anderen Hand tanzten ungeduldig auf der Bettdecke. "Schön dass du wieder da bist. Setz dich doch." Jorden hingegen schien äußerst gut gelaunt und lies sich von Benjamins Verhalten keineswegs beeindrucken. Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, das er eindeutig das Zepter in der Hand hielt und ein Stück weit beneidete ich ihn darum. Zu gleich aber verachtete ich ihn dafür. Dieses überfreundliche, fürsorgliche Lächeln, das mir keinerlei Spielraum bot ihn einfach zu ignorieren, diese Wärme die er ausstrahlte...das Alles war mir so sehr zu wieder, das ich es ihm am liebsten einfach wegnehmen wollte. ...Wenn Benjamin mir dann nur mehr Beachtung schenkte...ganz gleich wie kindisch es auch war. "Willst du was essen? Es ist noch etwas Hühnerfrikassee über...", unterbrach Benjamin meine Gedanken etwas barsch. Ich schüttelte den Kopf. Wie konnte ich jetzt was essen? "Wirklich nicht? Wir haben es selbst gekocht.", meinte Jorden. "Hat richtig Spaß gemacht." Ich biss mir auf die Unterlippe. Benjamin kochte? Er wirkte mir nie wie jemand der so etwas in seiner Freizeit tat. Das musste für ihn ja fast so was wie ein Kulturschock gewesen sein...Benjamin brummte genervt. "Wie du willst...", antwortete er kurz angebunden und machte endlich Anstalten sich von Jorden weg zu bewegen. Jedoch nicht um sich mir zu widmen, sondern um zu seiner Balkontür zu gehen und sich eine Kippe an zu zünden. Das würde er sich wohl auch in der Nähe des Blondschopfes nicht abgewöhnen. Zigaretten mussten für ihn so etwas wie ein Lebenselixier sein. Benjamin bließ den Qualm aus. "Sag mal Yui, was ist eigentlich passiert?", wollte Benjamin wissen. Seine Stimme klang an teilnahmslos, was ziemlich verletzend war. "Benjamin...", wollte Jorden dazwischen gehen, doch der Angesprochene ließ sich von seiner Frage nicht abwenden. Er knurrte. "Was denn? Wenn sie schon verheult hier auftaucht, muss es doch einen Grund geben!", knurrte er. "Ja sicher gibt es einen Grund, aber vielleicht möchte Yui ja gerade nicht darüber reden.", verteidigte Jorden mich. Warum tat er das? Warum verteidigte er mich? War ihm etwa nicht klar, dass ich ein Störenfried war? Jorden sprach weiter. "Immerhin...sprichst du auch nicht immer über alles!". schimpfte er und schaute demonstrativ zur Seite. "Was? Das ist ja wohl was völlig anderes...!", beharrte er stur auf seinem Standpunkt, stoppte jedoch, als sein Blick plötzlich auf mich fiel. Für einen Moment sah er mir tief in die Augen... und was ich in diesem kurzen Moment in den Tiefen seiner Augen erhaschen konnte war...Reue...tiefe, finstere Reue. Wieder einmal fühlte ich diesen tiefen Schmerz in meiner Brust...denn ich wusste, das Benjamin sich in diesem Moment abermals ein Stück von mir entfernte... . . . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)