Ein Leben wie dieses von Juju ================================================================================ Kapitel 17: Aussprache ---------------------- Montag, 8. Mai 2006   Izzy war müde von den Ferien. Seine Eltern nutzten die freien Tage jedes Jahr, um alle möglichen Verwandten zu besuchen, die über ganz Japan verteilt waren. Das bedeutete meist viel Reisen, viele Gespräche und wenig Schlaf. Der wolkenverhangene Himmel an diesem Montag Morgen trug auch nicht gerade dazu bei, dass man sich wacher fühlte. Gähnend erreichte Izzy das Schulgelände, wo er Mimi am Eingang wartend fand. Es war höchst ungewöhnlich, dass sie vor ihm da war. „Guten Morgen“, begrüßte er sie erstaunt. „Oh. Guten Morgen, Izzy“, erwiderte sie und lächelte flüchtig. „Wollen wir rein gehen?“, fragte Izzy und war schon auf halbem Weg zum Hauptgebäude. „Nein, ich... ich warte noch auf Matt“, antwortete Mimi und zog Izzys Arm zu sich heran, um einen Blick auf seine Armbanduhr zu werfen. „Achso“, sagte Izzy, als hätte er ihre Antwort voll und ganz verstanden. Eigentlich redete sie seit Wochen nicht mehr mit Matt und jetzt stand sie hier und wartete auf ihn. Hatte er irgendetwas angestellt, weswegen sie ihn jetzt zur Schnecke machen wollte? Ein Regentropfen traf Izzys Wange. „Willst du nicht lieber drin warten? Es fängt gleich an zu regnen, so wie es aussieht“, meinte Izzy und blickte stirnrunzelnd in den Himmel. „Schon gut, ich warte hier. Geh doch schon mal rein, Izzy. Du musst nicht auf mich warten. Er kommt sicher gleich“, antwortete Mimi und sah in die Richtung, aus der Matt immer kam. Izzy wollte aber nicht schon rein gehen, sondern lieber Mimi noch ein wenig Gesellschaft leisten, wenn sie schon draußen im Regen stand. In diesem Augenblick kamen Tai, Kari, Davis und Sora angelaufen. Auch sie blieben bei den beiden stehen und sahen sie fragend an. „Was ist denn hier los? Wartet ihr auf jemand Bestimmten?“, fragte Davis und sah sich um, als erwartete er, irgendetwas Besonderes zu entdecken. „Auf Matt“, antwortete Mimi ihm knapp. „Wieso denn das?“, fragte Davis neugierig und hob eine Augenbraue. Auch er musste schließlich mittlerweile bemerkt haben, dass Matt und Mimi nicht gerade die besten Freunde waren. „Ich muss eben mit ihm reden“, murmelte Mimi und warf Davis einen Seitenblick zu. „Hä? Worüber denn?“, hakte Davis nach. Kari seufzte und griff nach seinem Arm. „Los, wir gehen schon rein. Ich habe Tropfen abbekommen.“ Sie zwinkerte Mimi zu und verschwand mit Davis im Schulgebäude. Sie verbrachten einige Minuten vor dem Schulgelände und unterhielten sich darüber, was sie in der Golden Week unternommen hatten, bis Tai einen prüfenden Blick auf sein Handy warf. „Ich glaube, wir sollten langsam rein gehen. Der Unterricht fängt in fünf Minuten an“, sagte er. „Vielleicht ist Matt ja schon drin“, vermutete Sora. „Das glaube ich nicht“, antwortete Mimi und blickte weiter in die Richtung, aus der Matt kommen müsste. „Dann wäre er wirklich viel, viel zu früh gekommen.“ „Er kommt heute nicht“, sagte Tai plötzlich und sah vom Display seines Handys auf. „Hab eine SMS von ihm.“ „Was?“, rief Mimi und starrte ihn an. „Warum?“ „Er schreibt, er fühlt sich nicht gut“, antwortete Tai und sah Mimi skeptisch an. „Was ist los mit dir? Planst du wieder irgendwas?“ Mimi und Sora tauschten einen vielsagenden Blick. Sora schnappte Tai das Handy aus der Hand, tippte darauf herum und hielt es sich ans Ohr. Izzy stand mit offenem Mund zwischen Tai und Mimi und fing Tais verwirrten Blick auf. „Weißt du, was hier abgeht?“, fragte dieser, worauf Izzy nur langsam den Kopf schütteln konnte. „Sein Handy ist aus“, berichtete Sora. Auf ihrer Stirn hatten sich Sorgenfalten gebildet. „Was ist, wenn er irgendwelche dummen Gedanken hat?“ Völlig perplex beobachtete Tai sie. „Er hat immer dumme Gedanken. Aber was ist denn hier los?“ Die Schulglocke ließ sie alle zusammenzucken. „Ich gehe ihn suchen“, bestimmte Sora. „Nein, das mache ich“, widersprach Mimi fest. „Mimi, aber...“ „Nein, Sora, das ist meine Sache. Ich mach' das schon.“ „Könnt ihr jetzt mal erklären, was zur Hölle passiert ist?“, rief Tai genervt und sah abwechselnd zwischen den Mädchen hin und her. „Ich... ich habe ihm gesagt, ich wäre schwanger von ihm, aber das war eine Lüge“, erklärte Mimi betreten. „Was?!“, rief Izzy fassungslos und starrte sie an. „Bist du denn total bescheuert?“, fuhr Tai sie an. „Das ist überhaupt nicht witzig. Wer weiß, was er jetzt vorhat.“ Tai sah aus, als würde er am liebsten auf Mimi losgehen. Sora legte eine Hand auf seinen Arm, um ihn zu beruhigen, doch er schüttelte sie ab. „Ich gehe ihn jetzt suchen“, beschloss Mimi. „Bitte entschuldige mich bei Frau Yamamoto, okay Izzy?“ „Ähm... okay“, willigte Izzy ein, der noch immer mit der Situation überfordert war. „Und ihr macht euch keine Sorgen. Ich finde ihn schon. Ich melde mich, wenn ich Hilfe brauche“, sagte Mimi an Tai und Sora gewandt, drehte sich um und rannte los. „Die spinnt doch“, grummelte Tai und starrte ihr hinterher. „Los, gehen wir rein“, sagte Sora, deren Gesicht noch immer von Sorgen sprach. _ Es hatte inzwischen angefangen zu regnen und es dauerte nicht lange, bis Mimis Haar ihr in feuchten Strähnen ins Gesicht fiel. Sie rannte so schnell sie konnte zu dem Haus, in dem sich die Wohnung von Matt und seinem Vater befand. Zwischendurch musste sie allerdings gehen, da sie völlig außer Atem war. Sie klingelte unten an der Haustür, aber niemand antwortete. Zufällig kam gerade eine ältere Dame, die offenbar auch Bewohnerin des Hauses war und ließ Mimi hinein. Sie stürmte die Treppen hinauf zur Wohnung der Ishidas und klingelte noch einmal, doch wieder kam keine Antwort. Sie lauschte an der Tür, doch es war nichts zu hören. Offenbar war wirklich niemand zu Hause. Erschöpft hockte Mimi sich vor die Tür und überlegte. Wo sollte sie hin? Wo sollte sie nur nach ihm suchen? Vielleicht hätte sie doch besser Sora mitnehmen sollen. Der fielen sicher mehr Plätze ein, an denen Matt sich aufhalten könnte. War er vielleicht im Proberaum der Tokyo Rebels? Sora hatte ihr mal erklärt, wo in etwa der Raum lag und Mimi hatte zumindest grob verstanden, um welches Gebäude es sich handelte. Also lief sie die Treppen wieder hinunter und ging zur nächsten Bushaltestelle. Sie stieg in den Bus und fuhr zu dem Gebäude, von welchem sie meinte, das wäre das Richtige. Die Leute im Bus warfen ihr neugierige und teilweise auch missbilligende Blicke zu. Kein Wunder. Immerhin war sie Schülerin und hatte sich zu dieser Zeit nicht in Bussen aufzuhalten, sondern im Unterricht zu sitzen. Als sie ausstieg, war sie sich nicht mehr so sicher, am richtigen Ort zu sein. Hier war ziemlich wenig los, doch das Gebäude, an das sie gedacht hatte, passte auf Soras Beschreibung. Sie ging hinein und fand prompt das Logo der Tokyo Rebels mit einem Hinweispfeil. Sie folgte der Richtung und fand eine Tür, auf welcher erneut das Logo prangte. Sie klopfte hastig an und rief Matts Namen, doch niemand antwortete. Als sie die Klinke herunterdrückte, musste sie feststellen, dass die Tür verschlossen war. Also war er hier anscheinend auch nicht. Mimi seufzte und verließ das Gebäude wieder. Fieberhaft überlegte sie, wo sie noch nach Matt suchen sollte. Sie beschloss, es als nächstes mit der Stelle im Park zu versuchen, an der sie Hanami und Tais Geburtstag gefeiert hatten, auch wenn sie sich nicht vorstellen konnte, dass Matt bei diesem Wetter im Park herumlungerte. Zwanzig Minuten später kam sie im Park an und hielt Ausschau. Im Lauftempo durchquerte sie den ganzen Park, als sie Matt an der vermuteten Stelle nicht fand, doch sie konnte ihn nirgends entdecken. Sie versuchte, ihn auf dem Handy anzurufen, doch er hatte es immer noch ausgeschaltet. Vielleicht war er in Nami's Café? Nein, das machte erst um zehn auf, soweit Mimi wusste. Vielleicht saß er in irgendeiner anderen Gaststätte, doch Mimi konnte unmöglich alle absuchen. „Was soll ich nur machen?“, fragte sie sich selbst und sah sich um, als könnte sie ihn im Park übersehen haben. Mittlerweile fror sie, weil ihre Kleidung nass war, doch das war ihr im Moment egal. Erst einmal wollte sie Matt finden und mit ihm reden, um ihr Gewissen zu beruhigen. Wer konnte auch ahnen, dass so etwas dabei herauskam? Matt sollte einfach nur mal über sein Verhalten und dessen Konsequenzen nachdenken und nicht gleich abhauen, ohne irgendjemandem zu sagen, wo er war. Ziellos lief Mimi durch die Gegend, die Augen offen haltend. Jedes Mal, wenn sie irgendwo einen Menschen mit blondem Haar sah, wurde sie aufmerksam, doch Matt war einfach nicht dabei. Sie ging zum Meer und lief durch den feuchten Sand, der unter ihren Füßen knirschte. Es wehte ein starker Wind, der das Wasser aufbrauste und weiter an den Strand spülte als normalerweise. Kaum jemand war hier. Sie sah eine Person, die mit einem Hund spazieren ging und eine Person, die im hohen Bogen Steine ins Wasser warf. Mimi lief an der Person mit dem Hund vorbei. Es handelte sich um einen älteren Herren, der seinen Kopf unter einer Kapuze verborgen hatte. Das Fell des Hundes war nass und er trug einen Stock im Maul mit sich herum. In Momenten wie diesen war Mimi froh, keinen Hund zu haben. Sie hätte keine Lust, bei Wind und Wetter mit dem Tier Gassi zu gehen. Als Mimi sich der anderen Person näherte, drehte diese sich zu ihr um, weil sie sie bemerkt haben musste. Zu ihrer Verblüffung stellte sie fest, dass es Matt war. Auch er hatte eine Kapuze auf, die sein blondes, markantes Haar verbarg. Vor Überraschung klappte Mimi die Kinnlade herunter. Matt schien nicht minder überrascht über ihr Erscheinen. „Du siehst schrecklich aus“, sagte er zur Begrüßung und musterte sie von oben bis unten. „Charmant“, antwortete sie und rieb sich die Hände in der Hoffnung, sie würden dadurch wärmer. „Ich hab' dich überall gesucht.“ „Weshalb denn?“, fragte er und schleuderte einen weiteren Stein ins Meer. Mit einem Platschen tauchte er in einigen Metern Entfernung in das tosende Wasser ein. „Ich muss mit dir reden“, eröffnete sie das Gespräch. „Ich habe gelogen. Ich bin nicht schwanger.“ _ „Jetzt mach dir doch nicht solche Sorgen“, flüsterte Tai Sora zu, die die ganze Stunde damit verbrachte, geistesabwesend aus dem Fenster zu starren. „Du hast dir doch auch Sorgen gemacht“, murmelte sie. „Ach, das hab' ich doch nur gesagt, damit Mimi ein schlechtes Gewissen kriegt“, erwiderte er abwinkend. „Matt ist schon groß, weißt du?“ „Aber er ist so...“ „So was?“ „Ach, vergiss es.“ Sie stützte den Kopf auf der Hand ab und starrte wieder aus dem Fenster. Tai verstand absolut nicht, weshalb sie sich solche Gedanken machte. Er selbst machte sich viel mehr Gedanken um Mimi, die er gern an die Wand klatschen würde. Sie kam hierher, hüpfte mit dem nächstbesten Typen ins Bett und gab ihm hinterher die alleinige Schuld dafür, dass sie sich nun gekränkt und in ihrem Stolz verletzt fühlte, anstatt den Fehler bei sich selbst zu suchen. Tai konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Matt sie zu irgendetwas gedrängt hatte. Und nun behauptete sie auch noch, sie wäre schwanger. So langsam ging ihm dieses Mädchen schwer auf die Nerven. Das Läuten der Schulglocke verkündete das Ende der Stunde und Tai stand seufzend auf. Endlich war die erste Stunde vorbei. „Bitte legt eure Aufsätze vorn auf dem Lehrertisch ab“, rief Frau Shiba durch den Raum, um das allgemeine Stühlerücken zu übertönen. „Oh, Scheiße!“, fluchte Tai. „Diesen dämlichen Aufsatz habe ich ja komplett vergessen.“ Wer gab auch schon über die Ferien das Schreiben von Aufsätzen auf? Und dann auch noch darüber, wie man Gewalt an Schulen vermeiden konnte. Und das zu allem Überfluss auch noch auf Englisch. Sora sah ihn an. „Ach, das hätte ich ja fast vergessen.“ Sie wühlte in ihrer Tasche und holte einen Hefter hervor. Tais Englisch-Hefter. „Den hat Mimi mir am Wochenende gegeben. Du hast ihn bei ihr vergessen.“ „Danke“, murmelte Tai. „Aber das bringt mir jetzt auch nichts.“ Aber als er durch die Deckfolie etwas ihm Unbekanntes entdeckte, stutzte er. Da waren ein paar mit dem Computer geschriebene Seiten und der Überschrift „Violence in school and how to prevent it“. Oben links in der Ecke stand sein Name. Langsam nahm er die Seiten heraus und musterte sie argwöhnisch. Es waren fünf Stück, mehr als verlangt. „Hat Mimi das geschrieben?“, fragte er und sah auf. „Keine Ahnung. Sie hat ihn mir nur in die Hand gedrückt und gesagt, ich soll ihn dir zurückgeben“, antwortete Sora und betrachtete nun ebenfalls die Seiten. „Gebt ihr mir bitte eure Aufsätze? Ich muss weiter in die nächste Stunde“, forderte Frau Shiba sie auf und warf ihnen einen ungeduldigen Blick zu, während sie am Lehrertisch ihre Sachen zusammenpackte. _ Auf der Unterlippe kauend sah T.K. sich im Schulgebäude um, während seine Klasse den Raum wechselte. Er suchte nach dem mysteriösen Mädchen, das ihm schrieb, wollte unbedingt wissen, wer sie war. In ihren E-Mails wirkte sie sympathisch und intelligent, wenn auch zurückhaltend. Bisher konnte er die in Frage kommenden Mädchen zwar eingrenzen, aber die Beschreibung passte trotzdem noch auf einige Mädchen. Miss Unbekannt, wie er sie einfach nannte, ging dieses Jahr nicht in seine Klasse, wollte ihm aber nicht verraten, ob sie letztes Jahr in der gleichen Klasse waren. Auf jeden Fall aber waren sie im selben Jahrgang. Sie trug keine Brille und hatte langes, schwarzes Haar. Die Mittagspausen verbrachte sie wie die meisten anderen Schüler in der Mensa beim Mittagessen und achtete meist darauf, vegetarisch zu essen. Dies waren jedoch alles keine entscheidenden Hinweise. Im Schulgebäude liefen sie an einer der beiden Parallelklassen vorbei und T.K. erblickte Shiori, auf die die Beschreibung bisher passte. Absichtlich sah er ihr direkt in die Augen und lächelte leicht, als er an ihr vorbeilief. Sie fing seinen Blick auf und lächelte zurück. „Glaubst du, das war sie?“, fragte Kari, die ihn offensichtlich beobachtet hatte. „Keine Ahnung“, erwiderte er schulterzuckend. „Vielleicht.“ „Shiori ist ziemlich hübsch“, meinte Kari beiläufig. „Ja, finde ich auch“, sagte T.K. und drehte sich noch einmal nach ihr um. Er wusste schon, was er in seiner heutigen Mail schreiben würde. _ „Hier, willst du das haben?“ Matt zog ein schwarzes T-Shirt mit dem aufgedruckten Logo der Band Motörhead aus seinem Kleiderschrank. „Ja, passt schon“, murmelte sie und entledigte sich ohne Vorwarnung des durchgeweichten Oberteils ihrer Schuluniform. Matt verdrehte die Augen und ging aus dem Zimmer. „Was denn? Du weißt doch eh schon, wie ich nackt aussehe“, rief sie ihm nach. Er achtete nicht auf sie, sondern ging in die Küche und befüllte den Wasserkocher. Nachdem sie ihm ihre Lüge gestanden hatte, hatte er sie mit zu sich nach Hause genommen, um mit ihr zu reden. Und weil sie total nass war. Matt war fast schon gespannt, was sie ihm jetzt wieder erzählen würde. Er goss das kochende Wasser in zwei Tassen, warf ein paar Teeblätter dazu und stellte sie auf dem kleinen Esstisch ab. In diesem Moment erschien Mimi in der Küche, nur mit seinem T-Shirt bekleidet und einem Handtuch, das sie sich um den Kopf gewickelt hatte. „Danke“, murmelte sie und setzte sich. Sie legte die rot angelaufenen Finger um die Tasse und starrte in ihren Tee. „Kannst du mir jetzt vielleicht sagen, warum du so einen Scheiß erzählst?“, fragte Matt und sah sie über den Tisch hinweg an. Auch er hatte sich inzwischen hingesetzt. „Ich wollte dir einfach eins auswischen“, antwortete sie und machte ein schmollendes Gesicht. „Ich dachte, so bekommst du mal einen Schreck und denkst darüber nach, was du machst.“ Matt stieß einen Seufzer aus. „Ehrlich gesagt weiß ich nicht, warum mich diese Sache zu einem schlechteren Menschen macht als dich. Ich meine, was hast du anders gemacht als ich?“ „Ich habe nicht angefangen, dich zu verführen!“, begehrte Mimi auf und funkelte ihn an. „Aber du hast dich darauf eingelassen und das hat mich nicht gerade viel Mühe gekostet“, erwiderte Matt ruhig. „Aber ich springe nicht mit jedem in die Kiste, der nicht bei Drei auf den Bäumen ist!“, rief Mimi wütend und sprang auf. Sie stützte ihre Hände auf dem Tisch ab und starrte ihn an. Matt blieb gelassen. Er hatte keine Lust, sich mit ihr zu streiten. „Du vergisst, dass immer zwei dazugehören.“ „Mein Gott, Matt!“, stöhnte Mimi und riss sich das Handtuch vom Kopf. Sie warf es über ihre Stuhllehne und begann, das lange Haar mit den Fingern zu kämmen. „Du bist hier in der Gegend so eine Art Idol. Ein Mädchenschwarm. Natürlich interessieren sich viele Mädchen für dich, aber das solltest du nicht so ausnutzen. Du solltest auf ihre Gefühle Rücksicht nehmen und darauf, dass sie vielleicht in dich verliebt sind und dir deshalb so nahe sein wollen.“ „Wie können sie in mich verliebt sein, wenn sie mich überhaupt nicht kennen?“, fragte Matt. „Ich bin doch genauso eine Fremder für sie wie sie für mich.“ „Du willst einfach nicht verstehen, dass du eine Verantwortung hast bei deinem ganzen Treiben“, rief Mimi theatralisch. „Und du willst meinen Standpunkt einfach nicht verstehen, weil du auf der Seite der deiner Meinung nach Geschädigten stehst“, antwortete Matt. „Nee, deinen Standpunkt will ich wirklich nicht verstehen“, erklärte sie stur und verschränkte die Arme vor der Brust. Matt sah sie einige Sekunden lang an, bevor er aufstand, um den Tisch herumging und zu ihr trat. „Hör mal“, sagte er leise, „wir haben eben zwei unterschiedliche Meinungen. Können wir es einfach dabei belassen und die Sache jetzt vergessen? Wir sind ja jetzt sowieso quitt.“ Er bot ihr eine ausgestreckte Hand an. Mimi sah kurz auf seine Hand, bevor sie ihm misstrauisch in die Augen sah, als versuchte sie, in ihnen abzulesen, ob er es auch wirklich ernst meinte. Schließlich nahm sie seine Hand und drückte sie kurz. Ihre Finger waren kalt. „Wir hatten nicht gerade den besten Start hier“, sagte er mit einem schiefen Lächeln, als er ihre Hand losließ. „Nein“, stimmte sie ihm zu. „Jetzt können wir ja noch mal von vorn anfangen.“ _ „Sie hat ihn gefunden und es ist alles in Ordnung“, berichtete Sora mit einem Seufzer der Erleichterung und steckte ihr Handy zurück in ihre Tasche. „Na siehst du“, meinte Tai und zuckte mit den Schultern. „Du hast dir völlig umsonst den Kopf zerbrochen.“ Sora verdrehte die Augen. „Hoffentlich beruhigt sich die Beziehung zwischen den beiden jetzt endlich mal ein bisschen.“ „Hoffentlich nicht zu sehr“, sagte Tai mit einem vielsagenden Grinsen auf den Lippen. „Sagt mal, habt ihr Matt heute schon gesehen?“ Sora und Tai drehten sich zu T.K., der neben ihnen aufgetaucht war und Tai fragend ansah. „Nein, er ist...“, setzte Tai an, doch Sora schnitt ihm eilig das Wort an. „... krank. Ihm geht es heute nicht gut.“ Nun wandten sich die beiden an sie und sahen sie erstaunt an. „Oh, okay“, erwiderte T.K. „Weißt du, ob er morgen wiederkommt?“ „Bestimmt. Mach dir keine Sorgen“, sagte sie lächelnd. T.K. machte ein nachdenkliches Gesicht, nickte und ging wieder zurück zu seiner Gruppe. „Warum sagst du, Matt sei krank?“, fragte Tai und sah sie verwundert an. „Überleg' doch mal“, antwortete Sora ungeduldig. „Die beiden verstehen sich ohnehin gerade nicht besonders gut und wenn ich ihm jetzt noch das mit der vorgetäuschten Schwangerschaft erzähle, trägt das bestimmt nicht dazu bei, dass sie sich wieder vertragen. Außerdem erzählst du Kari bestimmt auch nicht alles.“ Sie sah ihn forschend an, bis er den Blick abwandte. „Stimmt wohl.“ _ Es war bereits später Nachmittag, als Mimi sich auf den Weg nach Hause machte. Weder sie noch Matt hatten Lust gehabt, doch noch zur Schule zu gehen und so hatten sie den Tag damit verbracht, sich so gut es eben ging auszusprechen. Matt hatte ihnen etwas zum Mittag gekocht und Mimi war beeindruckt von seinen Kochkünsten. Außerdem hatten sie über alles Mögliche, was in den letzten Jahren passiert ist, geplaudert und Mimi war überrascht, wie gut man sich mit Matt unterhalten konnte. Vielleicht würde sie ja eines Tages seinen Standpunkt zumindest ansatzweise verstehen. „Achso.“ Mimi hatte sich noch keine drei Schritte von der Wohnung entfernt, als sie stehen blieb und sich umdrehte. „Hm?“ „Das Angebot mit dem Auftritt steht übrigens noch“, sagte Matt, lächelte flüchtig und schloss dann die Tür. Erst, als Mimi schon fast zu Hause war, fiel ihr ein, was für ein Auftrittsangebot er meinte. Jenes Angebot, das er ihr gemacht hatte, bevor er sie verführt hatte. Oder war es sogar dieses Angebot, weshalb sie sich überhaupt hatte verführen lassen? Sie wusste es nicht. Und sie wusste auch nicht, wie sie jetzt auf das Angebot reagieren sollte. Wenn sie es annahm, würde das wohl bedeuten, dass sie endlich alle Streitigkeiten geklärt hatten und wieder Freunde waren. Und falls sie es nicht annahm... nun, dann konnte das genauso gut bedeuten, dass sie schlicht und einfach nicht auftreten wollte. „Bin zu Hause“, rief sie, als sie die Wohnungstür hinter sich schloss. „Na endlich.“ Satoe streckte den Kopf aus dem Wohnzimmer und musterte sie neugierig. „Wo warst du denn noch? Der Unterricht ist doch schon seit einer Weile vorbei.“ „Bei Matt“, antwortete Mimi. Dass sie die Schule geschwänzt hatte, erwähnte sie lieber nicht. „So?“ Satoe hob eine Augenbraue und sah sie misstrauisch an. „Weißt du, Honey, du hast ziemlich viel Kontakt zu Jungs. In New York war das nicht so.“ „Man kann auch mit Jungs befreundet sein, Mama“, murmelte Mimi, während sie sich die Schuhe abstreifte. Sie lief an ihrer Mutter vorbei ins Wohnzimmer und ließ sich auf die Couch fallen. Satoe kam ihr nachgelaufen und setzte sich neben sie. „Tja, weißt du, ich mache mir nur Sorgen, dass... naja, irgendwas passieren könnte“, stammelte Satoe mit gesenktem Blick. „Was soll denn passieren?“, fragte Mimi mit einer Ahnung im Hinterkopf. „Naja... also, ich habe Angst, dass ich schon sehr zeitig Großmutter werde, weißt du?“ Sie machte ein betrübtes Gesicht, als würde sie gleich anfangen zu weinen. Mimi starrte sie entgeistert an. „Mama, ich bin sechzehn. Und überhaupt, was denkst du eigentlich von mir?!“ Sie sprang auf und stürmte in ihr Zimmer. „Mimi, das war doch nicht so gemeint!“, hörte sie ihre Mutter noch rufen, doch sie hatte die Tür zugeknallt und griff mit hochrotem Gesicht nach dem Telefon. _ „Mimi, ich muss arbeiten“, beantwortete Sora unwirsch den Anruf auf ihrem Handy. „Ich wollte dir sowieso nur kurz erzählen, dass Matt und ich uns ausgesprochen haben“, sagte Mimi und legte wieder auf. Sora sah stirnrunzelnd ihr Handy an, legte es zurück auf seinen Platz hinter dem Tresen und machte eine Bestellung fertig. Sie hatte keine Zeit darüber nachzudenken, was Mimi ihr gerade erzählt hatte. Als sie die Bestellungen an den richtigen Tisch brachte, lief sie zufällig an Joe vorbei, der auf einem Platz am Fenster saß und gedankenverloren hinaus starrte. „Joe“, sagte sie und blieb mit dem Tablett in den Händen stehen. Er zuckte zusammen und drehte sich zu ihr um. „Hi.“ „Warte, ich bin gleich wieder bei dir“, sagte sie und brachte die Bestellung weg. Sie ließ den Blick kurz durch das Café schweifen, stellte fest, dass alle zufrieden schienen, und setzte sich dann auf den Platz neben Joe. „Nami kommt heute leider nicht mehr“, eröffnete sie das Gespräch. „Sie war heute bis um fünf hier.“ „Ich weiß“, seufzte Joe, den Kopf auf die Hand gestützt. „Ich bin mit Izzy verabredet.“ „Achso“, erwiderte Sora und legte den Kopf schief. Das hatte Izzy gar nicht erzählt, aber sie hatte heute fast nichts mit ihm geredet. „Wie geht’s dir, Joe?“ Er sah sie fragend an. „Gut, alles in Ordnung.“ Sora nickte nachdenklich. Sie wollte ihn nicht auf Nami ansprechen, wenn er von selbst nicht darüber redete. Eigentlich ging sie das ja auch gar nichts an. „Und bei dir? Musst du heute lange arbeiten?“, fragte Joe. „Bis wir schließen“, antwortete Sora seufzend. „Joe schob seine Brille zurecht. „Alles für die Zukunft, hm?“ „Alles für die Zukunft“, bestätigte Sora und stand auf. Ein Tisch wollte zahlen. _ Hey Takeru, deine letzte Mail war wirklich süß. ;) Habe mich sehr gefreut. Ich will dich auch sehr gern treffen, aber alles zu seiner Zeit. Habt ihr heute auch diesen Geschichtstest bei Frau Yamamoto geschrieben? Bis auf die letzte Frage war er wirklich einfacher, als ich gedacht habe. Aber die letzte Frage war wieder typisch Yamamoto. Heute in der Schule haben wir uns übrigens einmal genau angesehen. Wenn du also nicht völlig kopflos durch die Gegen läufst, dann hast du hiermit wieder einen weiteren Tipp, wer ich sein könnte. ;) Falls dich das noch interessiert, meine ich natürlich. Vielleicht verrate ich dir in der nächsten E-Mail, welchen Club ich nach dem Unterricht besuche. Nachdenklich las T.K. die E-Mail noch einmal durch und überlegte, ob ihm heute in der Schule jemand aufgefallen war, der ihn angesehen hatte. Shiori, ja. Vielleicht handelte es sich bei dem ominösen Mädchen wirklich um Shiori. Das wäre schön, denn dann wäre das über Internet so sympathisch wirkende Mädchen auch noch hübsch. Als er sich gerade Shioris Gesicht vorstellte, schob sich irgendwie das von Kari dazwischen. Wie immer, wenn er versuchte, sich auszumalen, wie Miss Unbekannt wohl aussehen könnte. Warum nur? Nur, weil er sie an diesem einen Abend kurz geküsst hatte? Er konnte sich nicht erklären, was um Himmelswillen ihn in diesem Augenblick dazu gebracht hatte, das zu tun. Je länger und öfter er darüber nachdachte, desto mehr verwirrte es ihn. Kari war seine beste Freundin und fertig. Diese Position in seinem Leben konnte ihr niemand streitig machen und es nervte ihn, wie oft sie von Leuten, die sie nur oberflächlich kannten, gefragt wurden, ob sie ein Paar waren. Es nervte ihn, dass es anscheinend niemand für möglich hielt, dass ein Junge und ein Mädchen auch einfach nur befreundet sein konnten, ohne sich sofort ineinander zu verknallen. Er schüttelte den Kopf, als könnte er diese Gedanken damit vertreiben und tippte eine Antwort in den Computer. Hey Miss Unbekannt, das klingt so, als müsste ich mich noch gedulden, bis ich endlich weiß, wer du bist. Ja, den Test haben wir heute auch geschrieben und ich habe das Gleiche wie du gedacht, als ich die letzte Frage gesehen habe. Aber die Antwort dazu stand im Geschichtsbuch. ;) Normalerweise laufe ich nicht kopflos durch die Schule und ich erinnere mich, dass mich heute wirklich jemand angesehen hat. Jetzt habe ich eine Vermutung, wer du sein könntest, aber ich glaube, ich warte noch auf den nächsten Tipp, bevor ich dir das sage. Und mich interessiert das natürlich noch. Bin auf den nächsten Tipp gespannt. T. _ Izzy kam natürlich pünktlich, wie immer. Etwas anderes hatte Joe von ihm auch nicht erwartet. „Hi, wartest du schon lang?“, fragte Izzy und setzte sich auf den Stuhl, auf dem bis vor wenigen Minuten noch Sora gesessen hatte. „Nein“, antwortete Joe abwinkend. „Alles gut.“ Izzy lächelte verlegen und bestellte sich bei Sora einen Kaffee. Anschließend sah er Joe fragend an. „Also, was hat denn dein Laptop für ein Problem?“ Joe holte den kleinen Laptop aus seiner Tasche hervor und platzierte ihn vor Izzy. „Ich kann mich in keine W-Lan-Netze mehr einloggen und habe keine Ahnung, wieso“, erklärte Joe und stützte den Kopf auf der Hand ab. „Es wäre super, wenn du dir das mal ansehen könntest.“ „Na klar“, erwiderte Izzy, schaltete den Laptop an und tippte sogleich darauf herum. „Studieren ohne Internet ist ziemlich schwierig“, fügte Joe hinzu. „Das glaube ich dir. Ich schaue mal, ob ich irgendwas machen kann.“ Izzys Blick war wie gebannt auf den Bildschirm gerichtet und wurde von diesem leicht beleuchtet. Joe grinste. Izzy war einfach immer noch der Alte. Sobald er sich mit Computern beschäftigen konnte, war er wie weggetreten und bekam fast nichts mehr mit. Deshalb ließ Joe ihn einfach machen und richtete seinen Blick wieder aus dem Fenster. Er beobachtete die Leute, die vorbeiliefen und alle mehr oder weniger gehetzt wirken. Dabei dachte er, wie so oft in den letzten Tagen, über Nami nach. Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte, ob er ins Café kommen sollte, wenn sie da war, um mit ihr zu reden, ihr schreiben sollte, sie anrufen sollte … „So“, sagte Izzy und drehte den Laptop wieder zu Joe herum. „Jetzt müsste es wieder gehen.“ „Wow, so schnell?“, fragte Joe staunend. „Ja, da hat sich nur was verstellt. Hab' es wieder richtig gestellt“, verkündete Izzy schulterzuckend. Joe hob eine Augenbraue und öffnete testweise sein E-Mail-Postfach. Tatsächlich, er hatte soeben neun Mails empfangen. „Vielen Dank, Izzy“, sagte er erleichtert und lächelte. „Ich wusste, dass man sich auf dich verlassen kann.“ Izzy kratzte sich am Kopf und grinste schief. „War nicht schwer.“ Joe überflog kurz die Absender der E-Mails und wollte den Laptop wieder ausschalten, doch da entdeckte er eine Nachricht von Nami. Lieber Joe, bitte entschuldige mein komisches Verhalten am Samstag. Ich war wohl ein bisschen neben der Spur. Mir hat der Abend mit dir wirklich gut gefallen. Man kann super mit dir reden und Spaß haben und ich will mich wirklich weiter mit dir treffen, aber ich glaube, mir ging es doch ein bisschen zu schnell. Es fällt mir schwer, jemandem vollkommen zu vertrauen und ich brauche wohl einige Zeit, um warm zu werden, wenn du verstehst, was ich meine. Ich hoffe, du hältst mich jetzt nicht für bescheuert. Ich finde es wirklich süß, dass du noch keine Erfahrung mit Frauen hast und gerade deswegen sollten wir wohl alles ein bisschen ruhiger angehen lassen. Falls du mich jetzt überhaupt noch sehen willst. Liebe Grüße Nami Joe hatte wohl beim Lesen die Stirn gerunzelt, denn Izzy fragte ihn, ob alles in Ordnung wäre. Wortlos drehte er den Laptop wieder zu Izzy herum und ließ ihn die Mail lesen. Anschließend klappte er ihn zu und packte ihn wieder ein. Izzy sah ihn verdutzt an und war ein wenig rot geworden. „Welche Nami? Aus dem Café?“, fragte er. „Ja. Wir haben Kontakt zueinander seit der Willkommensparty“, antwortete Joe. „Oh, das wusste ich gar nicht“, sagte Izzy zerstreut. Joe erzählte ihm, wie das Treffen mit ihr am Samstag gelaufen war, aber das schien Izzy nicht schlauer zu machen. Im Gegenteil. „Ich habe keine Ahnung, was ich dazu sagen soll“, murmelte Izzy nach einer Weile verlegen. „Du solltest lieber auf die Mail antworten, oder?“ Joe musterte ihn einige Sekunden, dann lachte er. Er hatte völlig vergessen, dass Izzy ja auch nicht mehr Erfahrung in Sachen Frauen hatte als er selbst. „Ja, das sollte ich wohl“, meinte er und nippte an seinem Kaffee. Gleichzeitig dachte er sich, dass er sich öfter mit Izzy treffen sollte. _ Tai drückte auf den Knopf mit dem grünen Hörer und wartete, dass Mimis Stimme sich meldete. „Was willst du denn?“, fragte sie nach dem dritten Klingeln. „Charmante Begrüßung“, sagte Tai statt einer Antwort. „Sorry, ich bin nur verwirrt, weil du mich anrufst“, murmelte sie. „Also, was gibt’s?“ „Ich wollte mich nur... äh... bedanken, dass du meinen Aufsatz in Englisch geschrieben hast“, stammelte Tai. Irgendwie kostete es ihn Überwindung, sich bei Mimi zu bedanken, auch wenn er es ihr schuldig war. „Oh, achso“, erwiderte sie und klang ein wenig überrascht. „Sieh es einfach als Ausgleich dafür, dass du mir in Mathe Nachhilfe gegeben hast.“ „Ach, das war doch nicht so viel Arbeit“, entgegnete Tai abwinkend, was Mimi natürlich nicht sehen konnte. „Naja, doch, zumindest ein bisschen“, widersprach Mimi. „Falls du noch mal Hilfe in Englisch brauchst, kannst du dich ja melden.“ „Mach' ich. Schreibst du dann auch die Klausuren für mich?“ Mimi gab ein zischendes Geräusch von sich. „Das hättest du wohl gern.“ Tai grinste. „Ja, irgendwie schon. Naja, jedenfalls, falls du noch mal Hilfe in Mathe brauchst, kannst du dich natürlich auch melden.“ „Wirklich?“, fragte Mimi mit bebender Stimme. „Ich glaube, ich werde noch ganz schön oft Hilfe in Mathe brauchen.“ Tai seufzte resigniert. „Wir können ja einen Termin in der Woche ausmachen, an dem ich dir Nachhilfe gebe.“ „Das wäre super, denke ich“, sagte sie unsicher. „Wie sieht es bei dir mittwochs aus? Da habe ich nachmittags frei.“ Tai warf einen Blick auf seinen Plan, der auf seinem Schreibtisch herumflog. „Naja, ich habe bis halb sechs Training, aber das passt schon.“ „Okay, dann bin ich einfach um sechs bei dir. Oder willst du lieber herkommen?“, fragte Mimi. „Nein, schon gut. Komm du zu mir.“ Er hatte wirklich keine Lust, jede Woche Mimis fußballerhassendem Vater zu begegnen. „Okay, cool“, antwortete Mimi einsilbig. Auch Tai war von dieser Aktion nicht besonders begeistert, wo Mimi ihn doch öfter auf die Nerven ging. Aber so hatte er wenigstens bei Bedarf jemanden, der ihm in Englisch helfen konnte. „Dann mach's gut. Wir sehen uns morgen“, verabschiedete Tai sich von ihr. „Tschüss“, sagte Mimi und sie legten beide auf. Tai tippte auf seinem Handy herum und suchte in der Kontaktliste nach Matt. Als er ihn fand, drückte er auch hier auf den grünen Hörer und wartete, bis er abnahm. „Hey“, meldete er sich nach einer Weile. „Hi. Bist du gerade beschäftigt?“, fragte Tai vorsichtig. „Nee, ich war nur auf dem Balkon. Was gibt’s?“, fragte Matt in lässigem Tonfall. „Ich wollte nur fragen, ob bei dir alles okay ist“, erklärte Tai. „Ja. Mimi ist gar nicht schwanger“, antwortete Matt knapp, klang aber einigermaßen gut gelaunt. „Ich weiß“, sagte Tai langsam. Matt schwieg für einen Augenblick. „Du wusstest es?“ „Erst seit heute Morgen, als alle verrückt geworden sind, weil du nicht da warst, Mann“, beschwichtigte Tai ihn, bevor er sich irgendwelche Anschuldigungen anhören musste. „Oh.“ Matt lachte leise zu Tais Überraschung. „Bist du gar nicht sauer auf sie?“, fragte Tai irritiert. „Ich mein', mit so etwas scherzt man nicht. Mimi hat übertrieben.“ „Wir haben darüber geredet und jetzt ist alles wieder in Ordnung“, erklärte Matt kurz angebunden. „Mach dir keinen Kopf.“ „Alles ist wieder in Ordnung? Na, dann macht so einen Scheiß nicht noch mal“, erwiderte Tai spöttisch. „Naja, hübsch ist sie ja.“ Tai konnte das Grinsen aus Matts Stimme praktisch heraushören. „Alter, du bist doch krank“, seufzte er kopfschüttelnd. „Ich bin eben verliebt in die Liebe“, trällerte Matt und nun musste Tai lachen. „Liebe nennst du das also? Ein Spinner, das bist du.“ Matt stimmte in sein Lachen ein, bevor sie sich verabschiedeten und wieder auflegten. 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