Ein Leben wie dieses von Juju ================================================================================ Kapitel 12: Küsse und Enttäuschungen ------------------------------------ Freitag, 21. April 2006   „Izzy, ich kapier das einfach nicht“, flüsterte Mimi verzweifelt. „Wo kommt auf einmal dieses blöde x her? Das war doch bis eben noch nicht da.“ Während Herr Kuugo vorn an der Tafel irgendwas mit Extremwerten erklärte, versuchte Mimi erfolglos, ihm zu folgen und mitzuschreiben, doch sie kam einfach nicht hinterher. In ihrer ersten Schulwoche in Japan hatte sie noch gedacht, sie könnte den Stoff in Mathe schon irgendwie aufholen. So viel konnte das ja nicht sein. Aber sie hatte sich geirrt. Das amerikanische Schulsystem hatte sie weiter zurückgeworfen als sie dachte. „Na von da und da ergibt sich das doch“, flüsterte Izzy und tippte mit dem Finger auf Mimis Mitschriften herum. „Hä?“ Mimi verstand nur Bahnhof. „Na guck dir doch das mal an“, fing Izzy an und erklärte irgendetwas, was Mimi nicht ansatzweise verstand. Wahrscheinlich lag ihre mathematische Kompetenz mindestens ein Jahr hinter der ihrer Mitschüler. „Koushiro und Mimi, würdet ihr euch bitte melden, wenn es ein Problem gibt?“ Mimi und Izzy sahen auf und blickten Herrn Kugo ins Gesicht, der etwas genervt wirkte. „Könnten Sie das vielleicht noch mal erklären?“, bat Mimi. „Sicher. Wo bist du denn nicht mehr mitgekommen?“, fragte er und deutete auf die Tafel. „Am... Anfang?“, erwiderte Mimi langsam. Herr Kugo runzelte die Stirn und auch einige Mitschüler sahen sie nun an. „Ich kann jetzt unmöglich die ganze Stunde noch mal halten. Wenn du willst, kannst du heute Nachmittag nach dem Unterricht zu mir kommen und ich erkläre dir das noch einmal“, bot er an. Aus irgendeiner Ecke vernahm Mimi ein Kichern. Sie nickte nur und in diesem Moment ertönte die Schulglocke und verkündete das Ende der Stunde. Die Schüler packten ihre Sachen ein und gingen nach draußen auf den Schulhof. „Du solltest wirklich zu Kuugo gehen und dir das noch mal erklären lassen“, meinte Izzy, als sie gerade durch die Flure liefen. „Und dann? Dann habe ich vielleicht diese eine Aufgabe verstanden, aber ich kann doch nicht jede Stunde zu ihm gehen und ihn noch mal fragen“, erwiderte Mimi kopfschüttelnd. „Dann musst du dir einen Nachhilfelehrer suchen“, schlug Izzy vor. „Kannst du nicht mein Nachhilfelehrer sein?“, flehte Mimi und sah ihn mit großen Augen an. „Mimi, ich... ich würde ja, aber... ich weiß nicht, wann. Ich hab selbst viel zu tun“, antwortete er und erwiderte ihren Blick bedauernd. Ja, das stimmte. Izzy hatte wirklich ständig zu tun. Aber wen sollte sie sonst fragen? Die anderen Leute aus ihrer Klasse kannte sie alle noch nicht sonderlich gut. Blieben also noch Tai, Matt, Sora und Joe. Joe hatte vermutlich ebenfalls keine Zeit. Immerhin studierte er Medizin im ersten Semester. Sicher hatte er selbst momentan genug Probleme. Sora würde ihr sicher gern helfen, aber die wollte sie nun nicht auch noch mit ihren Sorgen behelligen, wo sie doch eh schon keine Freizeit hatte. Außerdem war sie sich nicht so sicher, dass Sora in Mathe wirklich so kompetent war, dass sie Mimi helfen konnte. Matt fragen kam nicht in Frage. Mit dem würde sie wohl nie wieder normal reden können. Blieb nur noch Tai. Aber den wollte sie eigentlich auch nicht fragen. _ Izzy und Mimi waren gerade in ein Gespräch vertieft, als sie zu den anderen in der Pause stießen. Sie grüßten alle fröhlich, bis auf Matt, den Mimi noch immer ignorierte. Mittlerweile schon seit zwei Wochen. Sora warf Matt unauffällig einen Blick zu, doch der wirkte gleichgültig. „Sag mal, Matt, du hast doch heute wieder ein Konzert, oder?“, fragte Izzy. Matt nickte und sah ihn fragend an. „Mimi, wollen wir hingehen?“ Ohje. Izzy hatte anscheinend schon wieder vergessen, dass Mimi Matt mied. Diese sah ihn scharf an und warf das Haar zurück. „Nein“, sagte sie entschieden. Matt und Tai verdrehten die Augen. „Wenn ihr wollt, könnt ihr mich im Café besuchen, ich muss heute bis zehn arbeiten“, versuchte Sora die Situation für alle Beteiligten zu retten. „Ja, das ist eine gute Idee. Bist du dabei, Izzy?“ „Ähm... ja klar“, antwortete Izzy etwas verlegen. „Und was machst du eigentlich heute, Tai?“, fragte Sora nun an Tai gewandt. „Ich geh' zu Matts Konzert“, sagte er und erntete damit allgemein verdutzte Blicke. „Ach, obwohl du immer über die Musik meckerst?“ Mimi zog eine Augenbraue in die Höhe und musterte ihn skeptisch. „Auch drittklassige Musiker haben eine Chance verdient“, erwiderte Tai und grinste Matt an, der ihm einen Klaps gegen den Hinterkopf verpasste. „Von erstklassigen Idioten, oder was?“, fragte Mimi missbilligend und Sora fragte sich, ob Mimi sich jetzt mit jedem anlegen wollte. „Zumindest find' ich die Musik nicht so geil, dass ich gleich mit dem Sänger ins Bett hüpfe“, erwiderte Tai lässig und schob die Hände in die Hosentaschen. Sora sog scharf die Luft ein und Mimi riss die Augen auf. Sie warf Tai einen Blick zu, als versuchte sie, ihn damit zu töten, drehte sich um und stolzierte davon. „Oh, Tai“, seufzte Sora, „das war unter der Gürtellinie.“ „Was denn? Sie hat doch angefangen“, protestierte er. Matt klopfte ihm auf die Schulter. „Jetzt hasst sie uns beide.“ Sora schüttelte nur den Kopf. Die beiden hatten offensichtlich einen an der Klatsche. Und nun war Mimi auf sie sauer. Sora konnte fast schon spüren, wie der Zusammenhalt ihrer Gruppe zerbrach, ausgerechnet jetzt, wo sie doch gerade dabei waren, alle wieder zueinander zu finden. „Ich gehe mal nach ihr sehen“, murmelte Izzy und ging davon. „Tai, du solltest dich bei ihr entschuldigen“, sagte Sora und sah den Angesprochenen ernst an. „Wieso? Sie hat angefangen. Außerdem muss sie ja nicht gleich wegen jedem Mist beleidigt sein“, antwortete er und verschränkte die Arme vor der Brust. „Du musst sie aber auch nicht provozieren. Du weißt doch, wie sie ist“, erwiderte Sora. „Und genau weil ich es weiß, entschuldige ich mich nicht. Sie ist ein verwöhntes Prinzesschen und muss mal lernen, einzustecken und nicht nur auszuteilen“, sagte er stur. „Aber Tai“, fing Sora an, doch Matt unterbrach sie. „Mach dir doch nicht immer so furchtbar viele Gedanken um andere. Denk mehr an dich. Du meintest, du musst heute bis zehn arbeiten?“ „Das ist lang. Wann fängst du an?“, fragte Tai. „Um sechs, aber das ist schon okay. Ich brauche eben das Geld“, antwortete Sora schulterzuckend. „Trotzdem ist dein Freitag verdorben. Was machst du morgen?“ Tai und Matt nahmen Sora in die Mitte und gingen gemeinsam ins Schulgebäude zurück, nachdem die Schulglocke das Ende der Pause verkündet hatte. „Da muss ich von zwölf bis sechs arbeiten“, antwortete sie langsam. „Arbeit, Arbeit, Arbeit“, seufzte Matt. „Kümmer' dich mal ein bisschen um deinen Spaß, Soralein“, pflichtete Tai ihm bei. „Genau. Wollen wir anschließend zu dritt irgendwo was trinken gehen?“, schlug Matt vor. „Ähm... okay?“ „Abgemacht. Wir holen dich nach der Arbeit ab“, bestimmte Tai. „Spinner“, murmelte Sora, lächelte aber. _ „Hallo, hier Motomiya?“ „Ja, hallo, hier ist Ken. Ist Davis vielleicht zu Hause?“ „Oh, hallo.“ Jun schnurrte wie ein Kätzchen. „Er ist eben gekommen. Ich geb' ihn dir mal.“ Knacken, Rauschen, Gemecker, dann meldete sich Davis' Stimme. „Hallo, Ken?“ Er klang verwundert. „Hey, ich... ähm... hast du heute Abend vielleicht schon was vor?“, fragte Ken. „Nö, wieso?“ „Naja, ich wollte dich und die anderen fragen, ob ihr vielleicht zu mir kommen wollt. Ein bisschen quatschen und so.“ Puh. Es hatte ihn einige Überwindung gekostet, diese Einladung auszusprechen. Nicht, weil er die anderen so ungern einlud, sondern weil es ihm irgendwie seltsam vorkam. Er befürchtete, dass sie gar keine Lust hatten, sich mit ihm zu treffen. „Ist ja eine super Idee“, rief Davis begeistert. „Ich bin – Halt die Klappe, Jun! - Ich bin dabei.“ Ken lächelte. „Das ist schön. Ich rufe dann mal noch die anderen an. Wollt ihr um sieben hier sein? Meine Mutter bereitet was zu essen vor.“ „Ja, das passt. Ich freu' mich!“ „Ich mich auch. Dann bis nachher.“ „Ja, bis dann.“ Ken legte seufzend auf. Nun fehlten nur noch vier Anrufe. _ „Nein, nein, nein! Doch nicht so!“ Sichtlich genervt schüttelte Iku, die Trainerin des Tanzvereins, den Kopf. „Hikari, zeig es ihr noch mal.“ Kari nickte und ging erneut zu Mimi, der ebenfalls anzusehen war, wie wenig Lust sie hatte. „Tut mir Leid, Kari“, brummte sie. „Macht doch nichts. Ich zeig's dir noch mal und danach machst du ganz langsam mit mir mit, okay?“ „Mhm“, machte Mimi und sah Kari geknickt dabei zu, wie sie eine komplizierte Schrittfolge vorführte, die zwei Drehungen enthielt. Anschließend machte sie sie ganz langsam Schritt für Schritt und Bewegung für Bewegung vor, sodass Mimi sie nachmachen konnte. Schließlich versuchte Mimi sie noch einmal allein. Der Rest des Tanzvereins war ebenfalls dabei, diese Schrittfolge zu üben, allerdings stellten sich die meisten bedeutend besser an als Mimi. Das hieß, Mimi stellte sich nicht schlecht an, aber man konnte deutlich erkennen, dass sie aus dem Cheerleading kam. „Weniger Hüfte“, sagte Kari, die sie kritisch beobachtete. „Und ein bisschen fließender. Nicht so zackig.“ „Boah!“, stöhnte Mimi und ließ sich auf den Boden fallen. „Ich krieg' das nicht hin.“ Kari presste die Lippen aufeinander und setzte sich zu ihr. „Klar kriegst du das hin. Du musst nur die Cheerleaderbewegungen ein bisschen raus kriegen“, sagte sie zuversichtlich. „Du hast nur Pech, dass wir gerade die langsameren Sachen machen. Nach den Sommerferien machen wir dann Streetdance und Hip Hop. Das liegt dir vielleicht mehr.“ Mimi sah sie stirnrunzelnd an, doch Kari lächelte aufmunternd, streckte eine Hand aus und strich Mimi eine Haarsträhne hinter das Ohr, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte. „Wenn du meinst“, sagte Mimi zögerlich und rappelte sich wieder auf. Auch Kari stand auf und sie übten weiter die Schrittfolge. _ Pünktlich um sieben klingelten sie alle fünf geschlossen bei Ken, der wenige Sekunden später die Tür öffnete. „Hallo, kommt rein“, begrüßte er sie lächelnd und trat zur Seite. Durcheinander schnatternd betraten sie die Wohnung und zogen sich die Schuhe aus. „Ich war ja schon ewig nicht mehr hier“, stellte Davis fest und sah sich um. „Ist 'ne Weile her“, stimmte Cody ihm zu. „Tut mir Leid. In Zukunft werde ich euch wieder öfter einladen“, sagte Ken entschuldigend und ging voran in sein Zimmer. Dort fühlte sich Davis von der ersten Sekunde an wohl, obwohl es sich etwas verändert hatte. Es war nicht mehr so düster wie früher, denn eine Wand war nun mintgrün gestrichen und die ein oder andere Pflanze verhalf dem Zimmer ebenfalls zu mehr Leben. „Schön hast du's hier“, bemerkte Yolei, die anscheinend Davis' Gedanken gelesen hatte. Es klopfte an der Zimmertür, sie wurde geöffnet und Kens Mutter und ein Mädchen traten ein mit Tabletts in den Händen. „Hallo, schön, euch zu sehen“, grüßte Frau Ichijouji sie freundlich. „Wir haben euch eine Kleinigkeit zu essen vorbereitet.“ Sie und das unbekannte Mädchen traten ein und stellten die Tabletts auf Kens Schreibtisch ab. „Ich gehe dann mal wieder. Macht euch einen schönen Abend.“ „Danke, Mama“, sagte Ken und sie zwinkerte ihm zu, bevor sie das Zimmer verließ. Das Mädchen blieb ein wenig schüchtern am Schreibtisch stehen. Ken ging auf sie zu und stellte sich neben sie. „Darf ich vorstellen? Das ist Saki, meine Freundin.“ _ Allein stand Tai zwischen den Menschenmassen in der Halle und lauschte dem Konzert. Er nickte leicht mit dem Kopf im Takt der Musik, während um ihn herum alle tanzten und mitsangen und kreischten, hauptsächlich Mädchen. Mit der Musik konnte er sich noch immer nicht wirklich anfreunden. Er fand sie okay, es gab definitiv schlimmere Richtungen. Aber auch bessere. Ein Mädchen rempelte ihn aus Versehen an und entschuldigte sich mit einem Lächeln. Das ließ ihn wieder daran denken, was Matt ihm geraten hatte. Sex, um entspannter zu werden. Um mutiger gegenüber Sora zu werden. Aber wollte er das wirklich? Er konnte doch nicht einfach irgendein Mädchen, das er gerade hübsch fand, flachlegen. Nein, für ihn war das immer noch mit Liebe verbunden. Oder zumindest mit Gefühlen. Während Matt vorn auf der Bühne etwas von verschmähter Liebe sang, dachte Tai über sich selbst und seine eigenen Gefühle nach. Vielleicht sollte er Matts Ratschlag doch befolgen? Aber wenn, dann würde er mit dem Mädchen auf jeden Fall vorher klären, dass das nichts zu bedeuten hatte. Schließlich wollte er niemanden verletzen, nur um sich selbst entspannter zu fühlen. Er raufte sich die Haare. Worauf hatte er sich hier nur eingelassen? _ „Ich kann nicht mehr“, jammerte Mimi und ließ den Kopf auf die Arme sinken, die auf der Tischplatte ruhten. „Aber hast du es denn jetzt wenigstens ein bisschen verstanden?“, fragte Izzy und musterte sie verzweifelt. „Wenn ich ja sage, hören wir dann jetzt auf?“, nuschelte sie, ohne den Kopf zu heben. „Sei ehrlich“, drängte Izzy sie. Seit zwei Stunden saßen sie nun schon in Nami's Café und besprachen die Mathestunde, was Izzy schlichtweg überforderte. Zwar hatte er selbst keine Probleme in Mathe und auch heute alles verstanden, doch er wusste einfach nicht, wie er den Stoff Mimi begreiflich machen konnte. Ihm fehlten jegliche didaktische und methodische Kompetenzen dafür. Mimi hob den Kopf. „Ich habe es ein bisschen verstanden.“ „Na, das ist doch schon mal was“, sagte Izzy und versuchte, optimistisch zu klingen. „Dann packen wir den Kram jetzt weg und reden über was anderes.“ „Das ist deine beste Idee heute“, fand Mimi und sie verstauten die Mathesachen in ihre Taschen. In diesem Moment erschien Sora an ihrem Tisch. „Mimi, du tust mir echt so Leid. Ich kann wirklich versuchen, irgendwo noch ein paar freie Stunden zu kriegen und dir das beizubringen“, sagte sie mit mitleidigem Blick. „Nein, nein, wirklich nicht. Ich komme schon zurecht“, erwiderte Mimi schnell und hob die Hände. „Ehrlich.“ Sora setzte sich auf den noch freien Stuhl an ihrem Tisch und musterte Mimi. „Hast du schon mal daran gedacht, Tai zu fragen?“, schlug sie vorsichtig vor. „Ganz kurz“, antwortete Mimi düster. „Aber er ist ein Idiot. Das hat er ja heute bewiesen.“ „Aber er ist wirklich gut in Mathe“, bekräftigte Sora. „Mir hat er auch oft geholfen, wenn ich Probleme hatte.“ Izzy nickte zustimmend. „Und Freizeit hat er auch noch genug. Er macht das bestimmt, wenn du ihn darum bittest.“ „Aber ich will mich nicht von ihm beleidigen lassen. Das habe ich nun wirklich nicht nötig“, widersprach Mimi stur, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Normalerweise beleidigt er dich doch auch nicht“, sagte Sora. Izzy seufzte nur und hielt sich zurück. Frauen konnten anstrengend sein. Er verstand einfach nicht, wie Mimi ihr Stolz wichtiger sein konnte als ihre Mathenote, aber das behielt er lieber für sich. _ Seine Freundin? Hatte sie gerade richtig gehört? Meinte er wirklich Freundin im Sinne von Beziehung? Yolei musste sich zusammenreißen, um Saki nicht anzustarren. Gern würde sie auch mit Kari einen Blick wechseln, um ihre Reaktion zu sehen, doch auch das wäre sicher auffällig. „Saki, das sind Davis, Cody und T.K. Yolei und Kari kennst du ja schon.“ „Echt? Ihr kennt euch?“, fragte Davis verdutzt. Yolei bekam nur am Rande mit, was die anderen redeten. Sie dachte gerade über ihre Begegnung mit Ken und Saki in der Shoppingmeile nach. Das war vor einer Woche. Da hatte er doch bestätigt, dass sie nur eine Freundin war und nicht seine. Nun hatte sich das aber auf einmal anders angehört. „Wir haben sie beim Shoppen getroffen“, erklärte Kari und schenkte Saki ein Lächeln. „Hast du denn noch viel gefunden?“ Sie konnte nicht sagen, warum, aber irgendetwas störte sie an diesem Umstand. Ken und eine Freundin? Das passte doch gar nicht. Er war doch immer so schüchtern. Wie sollten die denn zusammengekommen sein? „Ja, einiges“, antwortete Saki leise. „Und ihr?“ „Ja, vor allem Yolei hatte gute Beute, stimmt's?“ „Was?“ Yolei zuckte zusammen und sah Kari fragend an. „Beute? Ja, war gut. Aber teuer.“ „Geht's dir nicht gut?“, fragte Cody nun. „Du siehst ein bisschen blass aus.“ Nun sahen alle Yolei an. Na toll. „Nein, Quatsch, mir geht’s prima! Ist nur ein bisschen stickig hier drin. Können wir vielleicht ein Fenster aufmachen, Ken?“ Sie setzte ihr typisches unbeschwertes Grinsen auf. „Natürlich“, sagte Ken sofort und öffnete das große Fenster unter seinem Hochbett. „Vielen Dank. Und jetzt würde ich gern was essen. Ich hab einen Bärenhunger. Ihr nicht auch?“ Sie lachte und sah sich nach den Tabletts um. „Siehst du, Ken?“, sagte Davis und deutete mit dem Daumen auf Yolei. „Eins hat sich auf keinen Fall geändert: Yolei ist immer noch schräg.“ Sie lachten alle und Yolei war Davis ausnahmsweise mal etwas dankbar für seine nervige Bemerkung. _ „Danke, dass du mir das alles noch mal erklärt hast, Izzy“, sagte Mimi aufrichtig. „Ohne dich hätte ich das nie geschafft.“ Izzy wurde ein wenig rot um die Nase und kratzte sich am Kopf. „Hey, wir wollten doch über was anderes reden.“ „Mir ist nur gerade eingefallen, dass ich mich noch gar nicht bedankt habe“, sagte Mimi. „So und jetzt reden wir über was anderes. Wann gehen wir mal zusammen feiern?“ Sie konnte sich schon denken, dass sie ihn mit dieser Frage überrumpelte. Er machte ein irritiertes Gesicht und zuckte mit den Schultern. „Ähm... keine Ahnung?“ „Dann nehmen wir uns das jetzt für demnächst vor“, bestimmte sie. „Du musst mal ein bisschen aus deinem Kabuff raus und unter Leute gehen.“ Izzy runzelte die Stirn und machte ein Gesicht, als würde ihn diese Vorstellung anwidern. „Wenn es sein muss.“ „Ja, das muss sein. Komm schon, das wird lustig. Wir fragen die anderen noch. Vielleicht schaffen wir es ja, dass wir alle zusammen gehen.“ _ „Da bist du ja.“ Matt und die anderen Mitglieder der Tokyo Rebels traten auf Tai zu und begrüßten ihn. „Da drüben in der Straße ist gleich der Club.“ Sie setzten sich in Bewegung und steuerten auf eine Seitenstraße zu, in der nicht allzu viel los war. Als sie jedoch am Club ankamen, stellte Tai schnell fest, dass er rappelvoll war. Aber es war ja auch Freitag Abend. Sie zahlten den Eintritt und suchten sich erst einmal einen Platz am Tresen, um sich etwas zu trinken zu holen. „Und? Bist du schon aufgeregt?“, fragte Matt, während sie auf ihre Getränke warteten, und grinste Tai an. „Matt, ich schlepp' heute keine ab“, antwortete Tai etwas genervt. „Wir werden sehen“, meinte Matt. Tai schüttelte den Kopf und ließ den Blick durch den Club schweifen. Die Stimmung schien noch nicht allzu gut zu sein, denn noch war niemand auf der Tanzfläche. Die Gäste hatten sich alle irgendwo einen Platz gesucht und plauderten, obwohl man bei der lauten Musik nicht sonderlich viel verstehen konnte. Die meisten Leute hier schienen ungefähr in Tais Alter zu sein. „Na, hältst du schon nach deiner Beute Ausschau?“ Genervt wandte Tai sich an Matt, der ihn wieder angrinste. „Matt, zum letzten Mal...“ „Jaja, ich weiß“, unterbrach Matt ihn und winkte ab. „Aber ich werde dir zeigen, dass du so einige haben könntest, wenn du wolltest.“ „Zum Beispiel?“, fragte Tai, obwohl es ihn nicht wirklich interessierte. Er wusste schließlich selbst am besten, wen er haben wollte. Matt kniff die Augen zusammen und sah sich ein wenig um. „Die Kleine da drüben. Mit den roten Haaren.“ Tai folgte seinem Blick und entdeckte das Mädchen, das Matt meinte. Rote Haare waren schön und gut, aber nur bei Sora. Nichtsdestotrotz war das Mädchen recht hübsch. Sie lachte gerade über irgendetwas, das ihre Freundin neben ihr gesagt hatte. Er wandte sich wieder an Matt und sah ihn stirnrunzelnd an. „Guck nicht so. Ich werd's dir beweisen“, meinte Matt und war schon unterwegs, bevor Tai auch nur ein Wort sagen konnte. _ Sie spielten ein Brettspiel, wobei es darum ging, Wörter zu erklären, ohne bestimmte andere Wörter zu benutzen, Pantomime vorzuführen oder etwas zu zeichnen. Es war sehr witzig und alle hatten viel zu lachen. „Also nächstes Mal spielen Kari und T.K. nicht mehr in einem Team. Das ist ja nicht auszuhalten“, beschwerte Davis sich und warf T.K. einen feindseligen Blick zu. „Aber Davis, wir haben die Teams doch ausgelost“, erwiderte Kari. „Dann hätten wir noch mal losen müssen. So ist das ja unfair“, murrte Davis und verschränkte die Arme vor der Brust. Ken musste ihm allerdings fast schon Recht geben. Er wusste nicht, woran es lag, doch T.K. und Kari machten fast den Eindruck, als könnten sie die Gedanken des jeweils anderen lesen. T.K. zeichnete etwas, das nach allem aussah, nur nicht nach dem, was es darstellen sollte, und Kari erriet es sofort. Kari sollte etwas pantomimisch darstellen, über das sich alle anderen die Köpfe zerbrachen, nur T.K. erkannte, was es war. „Ach, du kannst doch nur nicht verlieren“, entgegnete T.K. und warf Davis einen spöttischen Blick zu. „Nicht, wenn es unfair zugeht“, verteidigte sich Davis. „Jetzt komm, das ist doch nur ein Spiel“, warf Cody ein. „Hauptsache, es macht Spaß.“ „Jaja, schon gut“, grummelte Davis. Saki kicherte. Sie war im Laufe des Abends ein wenig aufgetaut und hatte sich gut ins Spiel eingebracht. Ken schenkte ihr ein Lächeln und drückte kurz ihre Hand. Als er den Blick wieder von ihr abwandte, fing er Yoleis Blick auf, die sogleich woanders hinsah. Ken war aufgefallen, dass sie den ganzen Abend auffällig ruhig gewesen war. Irgendwie nachdenklich. Und ein wenig hatte er sich sogar von ihr beobachtet gefühlt. Das war seltsam. „Leute, ich muss jetzt langsam mal nach Hause. Hab meiner Mutter versprochen, dass ich spätestens um elf zurück bin“, verkündete Cody, als sie das Spiel beendet hatten. „Cody, ich glaube, ich komme mit dir mit“, sagte T.K., stand auf und verbreitete damit allgemeine Aufbruchstimmung. „Ich komm auch mit“, sagte Kari. „Ich auch.“ Auch Yolei stand auf. „Naja, dann werde ich mich mit euch auf den Weg machen“, meinte Davis. „Du kannst auch gern noch hier bleiben“, bot Ken an und lächelte. Gern würde er sich noch ein wenig mit seinem ehemals besten Freund in Ruhe unterhalten, um alles Neue zu erfahren, was in den letzten Jahren passiert war. Davis schien das zu spüren, denn er sah ihn einen Augenblick lang an und nickte schließlich. „Okay, dann bleibe ich noch ein Stündchen“, beschloss er. _ Shizuka oder wie auch immer sie hieß kicherte übertrieben über eine witzige Bemerkung von Tai. „Du bist echt witzig.“ Tai machte ein etwas lustloses Gesicht, wie schon den ganzen Abend. Am liebsten hätte Matt ihm dauerhaft gegen das Schienbein getreten. „Ihr beide seid also beste Freunde?“, fragte Yoshi, die blonde Freundin von Shizuka. „Das ist echt cool. Wir sind auch beste Freundinnen. Witzig, dass ihr uns gefunden habt.“ Sie lächelte strahlend. „Und man lernt endlich mal den besten Kumpel von Matt kennen“, fügte Shizuka hinzu und warf Tai einen feurigen Blick zu. Matt war fast ein wenig neidisch. Shizuka war ziemlich heiß, eine Neun auf der Skala. Yoshi war höchstens eine Sechs, aber heute Abend ging es ja ohnehin um Tai. „Ich mag's nicht so, in der Öffentlichkeit erkannt zu werden“, murmelte Tai. Matt verdrehte die Augen. „Wollt ihr noch was trinken? Wir geben euch einen aus.“ Und damit führte er Tai und die beiden Mädchen zur Bar. Er bestellte vier Drinks und prostete ihnen zu, bevor er an seinem eigenen Drink nippte. Shizuka wandte sich ganz Tai zu, während Yoshi sich für Matt interessierte. „Und? Habt ihr gerade neue Songs in Planung?“, fragte sie, wie es fast alle fragten, die ihn irgendwo erkannten und ein Gespräch mit ihm beginnen wollten. „Ein paar“, antwortete Matt einsilbig. „Cool. Wann bekommt man die denn zu hören?“ Yoshis Augen leuchteten und Matt hatte fast das Gefühl, sie versuchte, ihn mit ihren Blicken zu verschlingen. „Tja, mal sehen. Gibt noch kein Datum“, antwortete er und trat einen Schritt zur Seite, um ein wenig Abstand zu ihr zu gewinnen. „Wie schade. Aber ich bin schon gespannt“, meinte Yoshi fröhlich. Matt nickte. Sie tranken ihre Drinks gemeinsam aus, dann machte Matt sich auf die Suche nach seinen Bandmitgliedern. Yoshi ließ er ohne ein weiteres Wort stehen. Er fand Shin, Ryo und Tsubasa in einer Ecke stehend und sich unterhaltend. „Hey, Matty!“, grölten sie, als er zu ihnen stieß. „Bist ja immer noch hier“, stellte Ryo grinsend fest. „Wieso ist Sora heute eigentlich nicht mit?“, fragte Shin neugierig. „Muss arbeiten“, antwortete Matt. „Ich glaube eher, sie hat keinen Bock auf dich“, neckte Tsubasa ihn. Matt zuckte mit den Schultern und lehnte sich gegen die Wand. „Hast du sie mittlerweile eigentlich schon gehabt?“, fragte Ryo. „Ihr kennt euch doch schon ewig.“ „Bestimmt sind sie Freunde mit gewissen Vorzügen“, mutmaßte Shin und die drei lachten. Matt schüttelte missbilligend den Kopf, woraufhin sie ihn ungläubig ansahen. „Was? Es gibt ein Mädchen in deinem Umfeld, mit der du noch nichts hattest?“, fragte Ryo und machte große Augen. Matt musterte ihn argwöhnisch und zuckte nur erneut mit den Schultern. So recht konnte er die Frage nicht verstehen, da er die Mädchen aus seinem Umfeld meist in Ruhe ließ, um Stress zu vermeiden. „Es gibt also doch eine, die dich nicht ranlässt“, rief Tsubasa und lachte schallend. „Das hätte ich ja nicht gedacht.“ „Doch nicht der Ober-Macker, der er gerne sein will“, sagte Shin und verschränkte die Arme vor der Brust. „So ein Schwachsinn“, erwiderte Matt abwinkend. „Klar könnte ich sie haben.“ Er erinnerte sich daran, wie sie letzte Woche rot angelaufen war, als er ihr zu nahe gekommen war. Ja, bestimmt würde sie sich auf ihn einlassen. „Glaub ich dir nicht“, entgegnete Shin. „Ein Mädchen wie Sora lässt sich nicht auf so einen wie dich ein.“ Matt lächelte spöttisch. „Das glaubst aber auch nur du.“ „Ach ja? Um was wetten wir?“ „Kriegst ein Bier, wenn du gewinnst“, sagte Matt. „Gut, und du 'ne Schachtel Zigaretten“, antwortete Shin. _ Tai hatte eindeutig zu viel getrunken. Sein Kopf fühlte sich ganz wirr an und er konnte nicht mehr still halten. Ständig war er in Bewegung und bewegte sich im Takt der Musik. Die Luft war unerträglich stickig. „Weißt du, ich habe eine kleine Schwester und irgendwie erinnerst du mich an sie“, lallte er und Shizuka grinste. „Ich hoffe, das ist ein Kompliment“, antwortete sie. „Klar. Ich liebe meine Schwester“, nuschelte Tai. „Erst recht jetzt, wo unsere Eltern so einen Stress haben.“ „Eure Eltern haben Stress?“, hakte Shizuka nach. „Ja, ich glaube, sie trennen sich bald.“ „Oh, das tut mir Leid“, sagte sie und sah ihn kurz erschrocken an, bevor sie sich zu ihm beugte, sodass er in ihren Ausschnitt sehen konnte. „Du bist sicher niedergeschlagen deswegen und brauchst ein wenig Aufmunterung.“ Tai sah ihr in die Augen und lächelte lüstern. „Schadet sicher nicht.“ _ „Leute, geht schon mal ohne mich. Ich bringe Kari noch nach Hause“, verkündete T.K., nachdem sie die U-Bahnstation verlassen hatten. Yolei und Cody blieben stehen, um sich von ihm und Kari zu verabschieden, dann gingen sie getrennte Wege. „Es war echt nett bei Ken, oder? Hast du auch über die Einladung gestaunt?“, fragte Kari und sah ihn von der Seite an. „Ja und ja. Ich vermute, dass er vielleicht ein schlechtes Gewissen hatte, weil er letztens nicht kam“, antwortete T.K. „Vielleicht. Aber ich finde es schön, dass er sich nun auch Mühe gibt, den Kontakt zu halten“, fand sie. „Ja und seine Freundin scheint ja auch echt nett zu sein“, ergänzte T.K. „Mhm“, machte Kari langsam. „Wie war eigentlich dein Tanztraining heute?“, fragte T.K. locker. Kari erzählte ihm, dass Mimi sich nicht sonderlich gut machte und die Trainerin unzufrieden mit ihr war. Dabei klang sie so mitleidig, dass T.K. ebenfalls Mitleid mit Mimi empfand. „Aber ich denke, sie packt das schon“, meinte Kari optimistisch. „Es ist ja nicht so, dass sie kein Rhythmusgefühl hat. Sie muss nur ein bisschen von diesen Cheerleaderbewegungen wegkommen.“ „Gibt's da denn Unterschiede?“, fragte T.K. verdutzt. Kari sah ihn verwundert an und lachte plötzlich. „Ach, T.K.“ „Was denn?“ Sie grinste. „Die Frage hätte von Tai kommen können.“ „Nun wirst du aber beleidigend“, sagte er scherzhaft und sie lachte erneut und stieß ihm in die Rippen. „Du solltest so etwas nicht sagen. Wenn er wüsste, dass du mich nach Hause bringst, wäre er jetzt sehr angetan von dir“, erwiderte sie. „Aber er weiß es nicht. Er ist doch heute mit Matt feiern, oder?“ „Genau.“ Kari nickte. „Die haben bestimmt auch Spaß.“ Sie unterhielten sich über ihre Brüder und malten sich aus, was sie wohl gerade anstellten, wobei sie viel lachten, bis sie an dem großen Wohnhaus ankamen, in dem die Yagamis wohnten. „Na dann, gute Nacht, T.K. Und danke, dass du mich nach Hause gebracht hast.“ Sie lächelte, trat auf ihn zu und bevor er etwas machen konnte, hatte sie ihn auf die Wange geküsst. Seine Augen weiteten sich und er berührte mit den Fingerspitzen die Stelle, die noch ein klein wenig feucht war. Kari sah ihn erschrocken an. „Entschuldige, das kam einfach gerade so.“ T.K. erwiderte nichts, sah ihr nur einige Sekunden lang in die Augen, bevor er eine Hand an ihre Wange legte, den Abstand zwischen ihnen überwand, sich herunterbeugte und sie auf die Lippen küsste. Er konnte nicht sagen, was genau in seinem Inneren ihn plötzlich dazu bewegt hatte. Wahrscheinlich war es wie bei Kari und es 'kam einfach gerade so'. Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit. In seinem Magen kribbelte es wie verrückt, während sein Kopf vollkommen leer war. Er spürte sein Herz so stark gegen seine Brust schlagen, dass es schon fast weh tat. Nach wenigen Sekunden löste er sich wieder von ihr und sah ihr in die Augen. „Gute Nacht, Kari“, flüsterte T.K., drehte sich um und machte sich auf den Heimweg. _ Obwohl er sich gerade mit Shin, Ryo und Tsubasa über andere Dinge unterhielt, kreisten Matts Gedanken die ganze Zeit um die Wette, die er mit Shin abgeschlossen hatte. Es kam ihm schon jetzt falsch vor. Sora war so etwas wie seine beste Freundin und nun wettete er um eine Packung Zigaretten, dass er sie verführen konnte. Aber die Wette war abgeschlossen, sie hatten sich die Hände darauf gegeben. Nun wollte er auf keinen Fall kneifen. „Matt! Was für eine Überraschung!“ Matt fuhr herum und erblickte Nagisa, schon wieder. Was machte die denn hier? „Hey“, sagte er langsam und fuhr sich durchs Haar. Sie lächelte und berührte mit einer Hand seinen Arm. „Wie schön, dass ich dich treffe. Du hast die ganze Woche fast kein einziges Wort mit mir geredet.“ „Tja, ich... bin sehr beschäftigt“, erwiderte er trocken. „Du Armer. Komm schon, ich lade dich auf einen Drink ein“, sagte sie und nickte mit dem Kopf Richtung Bar. „Nein, danke“, sagte er desinteressiert und wandte sich ab. „Oh, komm schon, ich bestehe darauf“, drängte sie und positionierte sich so, dass er sie wieder ansehen musste. „Nein, wirklich. Ich will gerade nichts trinken. Was machst du überhaupt hier?“ Er zog eine Augenbraue hoch und musterte sie. Schließlich befanden sie sich hier am anderen Ende der Stadt und es war doch wirklich seltsam, dass er sie hier traf. Selbst, wenn sie auf seinem Konzert war, war es merkwürdig, dass sie nun im gleichen Club auftauchte. „Naja, ich war auch auf deinem Konzert und wollte danach noch feiern gehen und zufällig bist du auch hier“, meinte sie unschuldig lächelnd. „Und nun komm, lass uns ein bisschen quatschen und trinken.“ „Nein, ich gehe eh gleich nach Hause“, sagte Matt entschieden. „Und jetzt hör auf zu fragen.“ Ihr Blick wurde plötzlich finster. „Dann eben nicht.“ Sie machte auf dem Absatz kehrt und stolzierte davon. _ Sobald sie in Shizukas Zimmer angekommen waren, warf diese ohne Umschweife die Arme um Tai und küsste ihn wild. Sie drängte ihn sanft Richtung Bett, wo sie ihn nach unten drückte und sich rittlings auf seinen Schoß setzte. Mit ihrer Hilfe zog er sich das T-Shirt über den Kopf und ließ sich wieder ganz auf ihre Küsse ein. Etwas ungeschickt fuhren seine Hände ihren Rücken entlang und streiften dabei ihr Oberteil nach oben. Etwas schmerzhaft biss sie ihm auf die Unterlippe, was ihn irgendwie dazu brachte, aus seinem angetrunkenen Zustand zu erwachen. Er unterbrach den Kuss, fasste sie an den Schultern und schob sie ein wenig von sich. Sie lächelte und leckte sich über die Lippen. „Was ist?“ Ihre dunklen Augen funkelten in dem dämmrigen Licht, das eine Nachttischlampe von sich gab. Ihr langes rotes Haar leuchtete orange. Tai öffnete leicht den Mund, wusste aber nicht, was er sagen sollte. Ihr Blick glitt an ihm herunter und ihr Zeigefinger strich über seinen Bauch. „Wow. Welche Sportart treibst du?“ „Fußball“, nuschelte Tai, ohne den Blick von ihrem Gesicht abzuwenden. Sie gab einen Laut von sich, der sich wie das Schnurren einer Katze anhörte, und drückte mit den Händen gegen seine Brust, um ihn in eine liegende Position zu bringen, doch er versteifte sich. „Hör mal, das hier hat alles... nichts... also ich meine, es ist bedeutungslos“, stammelte er. Sie hob die Augenbrauen und sah ihn an. „Schon klar.“ Sie wollte sich wieder auf ihn stürzen, doch erneut blieb Tai steif. „Du hast auch keinen Freund?“, hakte er nach. „Nein, alles gut“, antwortete sie und presste ihre Lippen auf seine, doch er schob sie von sich. „Das ist gut, weil... ich bin verliebt in ein Mädchen und...“ Sie seufzte und kletterte von seinem Schoß, um sich neben ihn zu setzen. „Willst du das hier überhaupt?“ „Keine Ahnung“, gab Tai zu und zuckte mit den Schultern. „Warum bist du dann mitgekommen?“ Sie wirkte etwas gekränkt. „Ich weiß nicht. Es war Matts Idee. Tut mir Leid, ich wollte dich nicht nerven.“ Sie musterte ihn eine Weile von der Seite. „Will das Mädchen, in das du verliebt bist, dich nicht?“ „Weiß nicht. Glaub nicht“, murmelte er. Sie schwiegen eine Weile. Schließlich legte Shizuka eine Hand auf Tais Schulter. „Wieso bist du eigentlich so zurückhaltend? Ich meine, du siehst gut aus und so. Du könntest ruhig selbstbewusster sein“, sagte sie. „Weißt du“, Tai holte Luft, „Matt wollte mir beweisen, dass ich so viele Mädchen haben könnte. Und er meinte, ich sollte mehr Spaß haben, um lockerer zu werden, aber ich glaub, das hier ist nicht mein Ding.“ „Also, ich kenne dich jetzt erst seit ein paar Stunden, aber ich habe auch den Eindruck, dass das hier nicht dein Ding ist“, erklärte sie und lächelte etwas spöttisch. Tai sah sie niedergeschlagen an. Er konnte kaum glauben, dass er hier bei einem fremden Mädchen zu Hause saß, mit ihr schlafen wollte und ihr nun erzählt hatte, dass er verliebt war. „Hey, du bist aber nicht noch Jungfrau, oder?“, fragte sie und wirkte auf einmal alarmiert. Nun stahl sich ein Lächeln auf Tais Lippen. „Nein.“ „Gut. Das hätte ich sowieso nicht verantworten können.“ Sie lachte erleichtert und stand auf. „Vielleicht solltest du jetzt besser gehen, Tai.“ Er nickte und folgte ihr zur Wohnungstür. „Na dann, mach's gut. Und sorry noch mal“, verabschiedete er sich. „Kein Problem, ich werd's überleben“, erwiderte sie. „Und denk dran: Du brauchst nicht so schüchtern zu sein.“ „Ich werde dran denken“, versprach er. „Okay. Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder.“ Er lächelte und ging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)