Ein Leben wie dieses von Juju ================================================================================ Kapitel 11: Oxytocin -------------------- Sonntag, 16. April 2006   „Guten Morgen, Süßer!“ Hä? Süßer? Müde schlug Matt die Augen auf und musste ein paar mal blinzeln, um scharf sehen zu können. Sein Kopf brummte und auch im Magen hatte er ein komisches Gefühl. Neben dem Bett stand Nagisa mit einem Tablett in den Händen und lächelte ihn liebevoll an. Ruckartig fuhr Matt hoch und zog die Stirn kraus. „Wie spät ist es? Ich glaube, ich gehe jetzt lieber mal nach Hause“, stammelte er und schwang sich aus dem Bett. „Du bist zu Hause“, antwortete Nagisa etwas irritiert und im selben Moment, in der sie das gesagt hatte, war es ihm auch aufgefallen. Wieso war er zu Hause? Wieso hatte er sie denn mit hierher genommen? Sie stellte das Tablett, auf dem sich eine Tasse Kaffee und ein Toast befanden, auf dem Nachttisch ab, drückte ihn dann sanft aber bestimmt zurück auf das Bett und setzte sich neben ihn. „Du bist anscheinend noch nicht richtig wach“, stellte sie fest und schlang die Arme um seinen Hals. „Aber das kann ich gern ändern.“ Matt spürte, wie sich sein Körper verkrampfte, als ihr Gesicht sich seinem näherte, ihre Lippen gefährlich nah an seine kamen und bereits zum Kuss gespitzt waren. Angewidert drehte er den Kopf zur Seite und versuchte, sie sanft von sich weg zu schieben, doch sie war hartnäckig. Mit einem Schwung glitt sie auf seinen Schoß, ohne die Position ihrer Arme zu verändern und wieder versuchte sie, ihn zu küssen. Dabei rutschte sie so weit wie möglich nach vorn und bewegte langsam ihr Becken. Aber Matt war überhaupt nicht nach irgendwelchen Tätigkeiten dieser Art. Wieder drehte er den Kopf zur Seite und schob sie diesmal eher unsanft von sich herunter. „Sag mal, warum willst du mich eigentlich nicht küssen?“ Matt zog sich gerade seine Boxershorts an und überlegte, wie er Nagisa am freundlichsten bitten konnte, seine Wohnung zu verlassen, weshalb er ihre Frage nur am Rande mitbekam. „Was? Nicht küssen?“ „Ja, selbst heute Nacht, als du total betrunken warst, hast du dich nicht von mir küssen lassen. Warum nicht?“ Noch immer konnte er sich nicht auf ihre Frage konzentrieren, da ihn etwas völlig anderes beschäftigte. Er war total betrunken? Ja, er trank gern Bier, aber so wirklich abgeschossen hatte er sich noch nie. Wenn er darüber nachdachte, konnte er sich an nichts erinnern, was heute Nacht passiert war. Am seltsamsten war immer noch, dass Nagisa hier bei ihm zu Hause war und er das zugelassen hatte. Er stöhnte und rieb sich die Stirn. „Ohje“, seufzte Nagisa und tätschelte ihm die Schulter. „Naja, ich kann mich ja den ganzen Tag um dich kümmern, damit es dir schnell wieder gut geht.“ Matt fuhr zusammen. „Ach, das kriege ich schon allein hin. Ich schlaf einfach den ganzen Tag. Allein kann ich mich da am besten kurieren.“ Hoffentlich verstand sie den Wink mit dem Zaunpfahl. „Quatsch, es ist immer leichter, wenn man jemanden hat, der sich um einen kümmert“, widersprach sie fröhlich. Matt verdrehte genervt die Augen und verließ ohne ein weiteres Wort sein Zimmer. In der Küche fand er seinen Vater vor, der gerade Zeitung las, ihm aber einen schiefen Blick zuwarf, als er den Raum betrat. „Ich hab ihr Frühstück angeboten“, sagte Hiroaki trocken. „Das war keine gute Idee“, murmelte Matt. „Ich dachte, wenn du schon mal eine mit her bringst, ist es ernst“, erwiderte Hiroaki schulterzuckend. „Ich wollte sie nicht mit her bringen“, sagte Matt schroff. „Vielleicht solltest du ihr das mal sagen. Sie war ganz erpicht darauf, dir Frühstück zu bringen und wollte wissen, was du so isst.“ „Du hättest sie lieber rausschmeißen sollen“, knurrte Matt und fuhr sich durchs Haar. „Was wird das hier eigentlich? Machst du jetzt jeden Sonntag ein Mädchen unglücklich?“ Hiroaki grinste und Matt war noch mehr genervt als vorher. Dieses Mädchen musste gehen. Jetzt. Entschlossen ging er zurück in sein Zimmer, wo Nagisa gerade seine Gitarren bewunderte. „Spielst du mir was vor, wenn es dir besser geht?“, fragte sie und lächelte erwartungsfroh. „Nein. Und du gehst jetzt besser. Ich hab noch viel zu tun“, antwortete Matt harsch. Ihr Lächeln verblasste und in ihren Augen spiegelte sich Enttäuschung wider, sodass Matt die Abfuhr fast schon Leid tat. „Hör mal, ich kann mich an gar nichts mehr erinnern und das hier war... nicht so gut“, sagte Matt und lehnte sich mit einer Hand gegen den Türrahmen. „Mir wäre es lieb, du würdest jetzt einfach gehen.“ „Aber ich hab dich doch extra nach Hause gebracht, nachdem du gestern so durch warst“, meinte Nagisa und klang schon fast flehend. „Wirklich? Das ist nett, aber...“ Er stutzte, zog die Augenbrauen hoch und sah sie durchdringend an. „Woher wusstest du, wo ich wohne? Ich kann mich nicht erinnern, dir das mal gesagt zu haben.“ Nagisas Wangen färbten sich rosa. „Ähm... ich habe auf deinem Ausweis nachgeschaut“, stotterte sie. Matt sah sie durchdringend an. Er glaubte ihr irgendwie nicht. „Gut, also... dann... äh, geh ich wohl jetzt“, stammelte Nagisa und warf ihm einen sehnsüchtigen Blick zu, als hoffte sie, er würde es sich doch noch einmal anders überlegen. Doch er beobachtete sie nur mit abweisendem Blick dabei, wie sie ihre Sachen zusammenpackte. _ Guten Morgen, Chirurg in spe! Joe musste grinsen, als er Namis SMS las, denn es war eigentlich fast Mittagszeit. Gestern hatten sie in der halben Stunde, die sie sich unterhalten hatten, ihre Handynummern ausgetauscht und seitdem hatte sie ihm schon einige SMS geschrieben. Er tippte eine Antwort ein und schickte sie ab. Es ist doch schon Mittag. ;) Gern würde er sie wiedersehen. Er musste doch zugeben, dass die halbe Stunde gestern mit ihr sehr unterhaltsam war. Sie war intelligent und witzig. Und außerdem recht hübsch. Und sie schien ähnlich wie er zu denken. Hast du heute Lust, mich wieder bei der Arbeit zu besuchen? Dann langweile ich mich nicht so. Ich bin ab eins da. Joe bezweifelte, dass sie sich langweilte, doch er freute sich, dass sie ihn danach fragte. Eigentlich hatte er keine Zeit, doch er würde sich die Zeit einfach nehmen. Und das alles nur, weil Mimi ihn gestern mitgeschleppt hatte. Ohne Mimis Anruf hätte er gar nicht mehr an Nami gedacht und nun dachte er seit gestern an nichts anderes mehr. Ich werde da sein. _ „Also, vielen Dank noch mal für gestern, Yolei“, sagte Kari, die gerade an der Haustür der Inoues stand. „Und sag deiner Mutter noch mal danke für das Essen.“ „Ach, hör auf dich zu bedanken“, erwiderte Yolei abwinkend. „Ist doch alles nicht der Rede wert. Komm gut nach Hause. Und grüß Tai.“ „Mach ich. Tschüss.“ Kari ging aus der Wohnung und steuerte auf die Treppe zu. Wie praktisch es doch war, dass Yolei und T.K. im gleichen Haus wohnten. So stand sie nur eine Minute später vor der Wohnungstür der Takaishis und drückte auf den Klingelknopf. Einige Sekunden später wurde die Tür von Natsuko geöffnet, die anscheinend jemand anderen erwartet hatte. „Oh, ach du bist es. Komm rein.“ Sie lächelte und trat zur Seite, um Kari in die Wohnung zu lassen. „Guten Morgen“, sagte Kari und ging an ihr vorbei in die Wohnung. „Ich glaube, T.K. schläft noch, aber du kannst ihn ruhig wecken“, erklärte Natsuko und deutete auf T.K.s Zimmertür. „Oh, achso. Wenn das so ist, dann komme ich vielleicht später wieder“, meinte Kari unsicher und wandte sich schon der Wohnungstür zu, doch Natsuko schien darauf zu bestehen, dass sie blieb. „Nein, nein, bleib ruhig“, sagte Natsuko eilig. „Geh ihn wecken, na los. Der schläft eh schon wieder zu lang. Außerdem freut er sich bestimmt, wenn er dich sieht. Er war gestern nicht gut drauf.“ „Wenn Sie meinen“, sagte Kari langsam, doch Natsuko schob sie schon sanft zu T.K.s Zimmertür. „Klar. Na dann viel Spaß euch beiden, ich muss jetzt los. Mach's gut.“ Sie lächelte freundlich und Kari wartete, bis sie die Wohnung verlassen hatte, bevor sie T.K.s Zimmer betrat. Leise schloss sie die Tür hinter sich und setzte sich vor seinem Bett auf den Boden. Sie fragte sich, wie er noch schlafen konnte, denn die Sonne schien durch das geöffnete Fenster direkt in sein Gesicht. Kari streckte eine Hand aus und kitzelte ihn leicht an der Nase. Im Schlaf zog er kurzzeitig die Nase kraus, wobei Kari die wenigen kleinen Sommersprossen auffielen. Noch einmal kitzelte sie ihn und wieder rümpfte er die Nase und drehte den Kopf weg, doch er war aufgewacht. Müde blinzelte er und erblickte Kari, woraufhin er sich ein wenig aufrichtete. „Hey“, sagte er mit rauer Stimme. „Hey“, erwiderte sie lächelnd. „Deine Mutter hat mich reingelassen.“ „Hab ich mir fast gedacht“, murmelte er und grinste schief. „Ich wusste nicht, dass du so früh kommst, sonst wäre ich schon lange wach.“ „Entschuldige, ich hätte anrufen sollen“, meinte Kari verlegen. T.K. rutschte ein wenig an die Wand und Kari kletterte neben ihn auf sein Bett und unter die Decke. „Wie war's gestern mit Yolei?“, fragte er. „Super“, antwortete Kari lächelnd. „Ich war zwar fast nur Shoppingberaterin, aber es hat echt viel Spaß gemacht.“ T.K. schnaubte belustigt. „Das hätte ich mir denken können.“ „Soll ich dir nachher zeigen, was ich gekauft habe?“, fragte Kari und sah ihn an. „Wenn du willst“, meinte T.K. und drehte sich auf die Seite. Schon wieder konnte sie seine Sommersprossen genau erkennen. „Und was habt ihr gestern Abend gemacht? Oder wart ihr nach dem Shoppingmarathon so k.o., dass ihr gleich ins Bett gefallen seid?“ „Eine DVD geguckt“, antwortete Kari und gab ihm einen Klaps gegen die Schulter. „Und gequatscht.“ „Über Mädchenkram?“ Stirnrunzelnd sah Kari ihn an. „Was wird das? Ein Verhör? Sei nicht so neugierig.“ T.K. zog eine Augenbraue hoch und lächelte unbekümmert. „Ich verschwinde jetzt mal ins Bad“, verkündete er und schwang sich über Kari hinweg aus dem Bett, wobei sie den typischen T.K.-Duft schnupperte. Es roch ein bisschen nach dem Duschgel, das er immer benutzte, und nach etwas anderem, das sie nicht genau bestimmen konnte. „Ich gehe dir Frühstück machen“, beschloss sie, als er gerade ins Badezimmer ging. _ Sora griff nach ihrem Handy und begann, eine SMS einzutippen. Hey Jungs, ich hab heute frei. Wollen wir irgendwas Tolles machen? Irgendwie bezweifelte sie, dass Matt Zeit hatte, doch sie würde ihn gern mal wieder dabei haben. Aber bestimmt musste er wieder zur Probe. Und Tai? Der hatte zwar bestimmt Zeit, aber ob er auch Lust hatte, sich mit ihr zu treffen, war eine andere Frage. Zwar hatten sie gestern Abend versucht, etwas zu klären, aber Sora war sich nicht sicher, ob das wirklich gelungen war. Sie befürchtete, dass es trotzdem noch komisch zwischen ihnen sein könnte, jetzt, wo sie beide wussten, dass er in sie verliebt war. Hey Sora, bin dabei, aber geht es auch erst Nachmittag? Mir geht’s grad noch nicht so gut... Stirnrunzelnd betrachtete sie Matts SMS. Wieso ging es ihm nicht gut? War er krank? Oder eher verkatert? Sie schüttelte den Kopf. Ja, geht auch. Treffen wir uns um 3 an der Eisdiele? Ist gebongt. Gut das war geklärt. Einige Sekunden später kam auch Tais Antwort. Tut mir Leid, ich muss noch die ganzen Hausaufgaben für morgen machen... :/ Das war ja wieder mal typisch. Jedes Wochenende lag Tai den ganzen Tag auf der faulen Haut und kümmerte sich nur um seinen Spaß, bis ihm am Sonntag auf einmal einfiel, dass er die Hausaufgaben für Montag noch nicht einmal angefangen hatte. Jeden Montag erklärte Sora ihm dann, dass er einfach schon Freitag anfangen und jeden Tag ein bisschen machen könnte, dann wäre nicht sein ganzer Sonntag verdorben. Doch er wollte das nicht einsehen. Dann würde sie sich heute eben allein mit Matt treffen. Auch gut. _ „Soll ich dir nebenbei meine Sachen zeigen?“, fragte Kari, die T.K. gegenüber saß und ihn beim Essen beobachtete. „Das wäre mir lieber, als wenn du mich die ganze Zeit anstarrst“, antwortete T.K. „Okay, ich bin gleich wieder da“, verkündete Kari, stand auf und lief in sein Zimmer. T.K. aß weiter, bis Kari wenige Augenblicke später wieder aus dem Zimmer trat und ein rosafarbenes Sommeroberteil trug. Es hatte kurze Ärmel und war sehr luftig und leicht. Es flatterte ein wenig, als sie sich einmal herum drehte. „Tada“, sagte Kari nahezu feierlich und sah ihn erwartungsvoll an. Da T.K. gerade an seinem Tee nippte, streckte er nur einen Daumen in die Höhe. Kari grinste und ging wieder zurück in sein Zimmer. Als sie wieder herauskam, trug sie ein kurzes hellblaues Kleid ohne Träger und drehte sich wieder um die eigene Achse. „Süß“, kommentierte T.K., wobei er eigentlich mehr Kari als das Kleid meinte. Er lächelte amüsiert darüber, wie sie dort stand, sich in ihrem Kleid drehte und wie ein kleines Mädchen wirkte. „Danke“, erwiderte sie und ging erneut in sein Zimmer. Diesmal brauchte sie etwas länger, bis sie wieder herauskam, doch dafür wirkte sie nun überhaupt nicht mehr wie ein kleines Mädchen. T.K. verschluckte sich an seinem Tee, als sie plötzlich im Bikini vor ihm stand, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Der Bikini war weiß und hatte ein Muster aus bunten Pünktchen. „Yolei meinte, ich soll den unbedingt nehmen“, erklärte Kari kichernd. „Steht dir... ähm... gut“, stotterte T.K. verlegen und sein Gesicht fühlte sich etwas zu warm an. Es war nicht so, dass er Kari das erste Mal im Bikini sah, aber erst jetzt, als sie dort fast nackt stand und sich hin und her drehte, fiel ihm auf, dass sie nicht mehr dieses kleine Mädchen war. Ihre Brüste waren gewachsen und ihre Hüfte ein wenig breiter geworden. Sie war eine junge Frau. T.K. hustete und trank eilig noch einen Schluck Tee. „Was ist? Findest du ihn nicht gut?“, fragte Kari unsicher und sah an sich hinunter. „Nein. Ich meine, doch. Sieht super aus. Würde Davis dich so sehen, würde er... naja.“ Kari lachte, schüttelte den Kopf und ging zurück in T.K.s Zimmer, während dieser versuchte, seine Gedanken zu ordnen. _ „Jetzt lad ihn schon zum Abendessen ein. Na los!“ „Mama!“ Mimi warf ihrer Mutter einen entnervten Blick zu. Den ganzen Vormittag schon drängte sie sie dazu, Izzy zum Abendessen einzuladen, da heute „der perfekte Abend“ dafür war, warum auch immer. „Was denn? Er hat dich zum Essen eingeladen und jetzt lädst du ihn ein. Komm schon!“, quengelte Satoe und drückte Mimi das Telefon in die Hand. „Darf ich vielleicht selbst entscheiden, wann ich MEINE Freunde zum Essen einlade?“, fauchte Mimi. „Aber ich entscheide, wann du deine Freunde in MEINE Wohnung einlädst“, gab Satoe zurück und grinste. „Und nun ruf ihn endlich an oder ich mach das.“ „Oh, Mama, du bist so peinlich!“ Wütend stampfte Mimi in ihr Zimmer, knallte die Tür hinter sich zu und ließ sich aufs Bett fallen. Dann wählte sie eine Nummer und lauschte. „Izumi?“, meldete sich die Stimme von Izzys Mutter am Telefon. „Hallo, hier ist Mimi, könnte ich mit Izzy sprechen?“, sagte Mimi. „Oh, hallo! Ja, einen kleinen Moment bitte.“ Es knirschte und Mimi hörte dumpfe Stimmen, dann meldete sich Izzy. „Hallo, Mimi.“ Der klang aber erfreut. „Hey, Izzy. Na, was machst du gerade Schönes?“ „Ähm... das wird dich bestimmt nicht so sehr erfreuen“, murmelte Izzy hastig. „Sitzt du etwa am PC bei dem schönen Wetter?“, meinte Mimi kopfschüttelnd. „Bingo“, sagte Izzy und klang verlegen. „Naja, wie auch immer. Ich wollte dich fragen, ob du heute zum Abendessen vorbeikommen möchtest? Meine Mutter möchte dich so gern einladen.“ „Oh! Äh... ja, also... warum eigentlich nicht? Bist du denn auch da?“ Mimi runzelte die Stirn. „Natürlich, wo soll ich denn sonst sein? Sonst würde ich dich doch nicht einladen.“ „Okay.“ Er klang erleichtert. „Wann soll ich denn kommen?“ „Sei einfach um sieben hier, ja?“ „Ja, das passt mir gut.“ „Und wehe du bringst deinen Laptop mit!“ Er lachte. „Nein, keine Angst. Ich lasse ihn hier.“ „Bei dir weiß man ja nie. Na gut, dann bis heute Abend.“ „Ja. Bis dann.“ _ Pünktlich um drei erschien Sora an der Eisdiele und Matt war schon da. „Hey, wartest du schon lange?“, begrüßte sie ihn und bekam prompt ein schlechtes Gewissen, obwohl sie nicht zu spät dran war. „Nein, bleib ruhig“, erwiderte Matt und warf ihr einen gespielt genervten Blick zu. „Jetzt müssen wir nur noch auf Tai warten. Der kommt bestimmt wieder zu spät.“ „Nein, müssen wir nicht“, sagte Sora und Matt sah sie fragend an. „Er macht heute Schule.“ „Typisch“, kommentierte Matt. „Na los, holen wir uns ein Eis.“ Sie reihten sich in die kurze Schlange ein und Sora kramte schon in ihrer Tasche nach ihrem Portemonnaie. „Lass mal. Ich lad' dich ein“, sagte Matt und lächelte sie kurz an. „Was? Warum?“, fragte Sora irritiert. „Einfach so“, antwortete er schulterzuckend. „Das kannst du doch nicht machen“, murmelte Sora etwas verlegen und kramte weiter nach ihrem Portemonnaie. „Jetzt nimm gefälligst diese verdammte Einladung an“, zischte Matt und schüttelte unwirsch den Kopf. „Du weißt ganz genau, dass ich sowas nicht mag“, widersprach Sora. „Aber ich.“ Er wandte sich an den Verkäufer. „Ich nehme eine Kugel Erdbeere und das, was sie möchte.“ Sora gab ihren Widerstand auf, seufzte und bestellte sich ebenfalls eine Kugel Erdbeere. Sie schlenderten zum nahegelegenen Strand und ließen sich in den Sand fallen. Genüsslich leckte Sora an ihrem Eis und schaute aufs Meer hinaus. „Warum ging es dir heute Morgen nicht gut? Hast du gestern wieder zu wild gefeiert?“, fragte sie Matt. Dieser musterte sie von der Seite, als würde er überlegen, ob er ihr trauen konnte oder nicht. Irritiert erwiderte sie seinen Blick. „Schon gut, du musst es mir nicht sagen“, sagte sie ruhig. „Eigentlich war das gestern irgendwie komisch“, murmelte Matt und wandte den Blick von ihr ab. Er ließ ihn über das Meer schweifen und wirkte nachdenklich. „Inwiefern?“, fragte Sora stirnrunzelnd. „Ich war gestern mit Shin im Club und naja, du kennst doch Nagisa?“, fing Matt an. Sora zog die Augenbrauen hoch. Sie war sich nicht sicher, ob sie hören wollte, was jetzt kam. Eigentlich mochte Matt Nagisa doch nicht besonders. Und normalerweise gingen die Mädchen, die er abschleppte, nicht auf seine Schule. Sie nickte zögerlich. „Sie hat mich angesprochen und von da an kann ich mich an nichts erinnern. Wirklich nichts. Ich bin heute Morgen in meinem Bett aufgewacht und Nagisa war auch da. Sie meinte, ich war total besoffen, aber...“ Er schüttelte skeptisch den Kopf. „Aber du meinst, du hast nicht so viel getrunken?“, beendete Sora seinen Satz und sah ihn fragend an. „Genau.“ Matt nickte. Sora beobachtete ihn nachdenklich. Normalerweise trank Matt wirklich nicht viel, zumindest hatte Sora das noch nicht miterlebt. „Du kannst dich also an nichts erinnern? Und wie hast du dich heute Morgen gefühlt?“, fragte sie. Matt zuckte mit den Schultern. „Ein bisschen verkatert. Und schwindelig. Seltsam.“ „Vielleicht hat dir jemand was in dein Getränk getan“, vermutete Sora und war besorgt. „Ach Quatsch“, sagte Matt sofort, ohne darüber nachzudenken. „Das hätte ich doch gemerkt.“ „Woher willst du das wissen? Weißt du, wie schnell das geht?“, fragte sie eindringlich und sah ihn an. „Wer soll denn das gemacht haben? Und vor allem warum?“ Er tat so, als wäre ihre Vermutung völlig daneben. „So ein bisschen Pulver wirft mich doch nicht aus der Bahn.“ „Um Himmels Willen, Matt!“ Sora war aufgesprungen und starrte ihn an. „Hast du überhaupt eine Ahnung, was 'so ein bisschen Pulver' anrichten kann? Es kann dich sogar umbringen! Jetzt sei nicht so stolz, auch du bist nicht unverwundbar.“ Er antwortete nicht, sondern sah sie nur an. Einige Sekunden verharrten beide in ihrer Position, bis Sora seufzte und sich wieder hinsetzte. „Was ist los mit dir, Takenouchi? Du wirst doch sonst nie laut.“ Er lächelte amüsiert, zog eine Schachtel Zigaretten aus der Hosentasche und zündete sich eine an. Sora zog die Beine an den Körper und schlang die Arme um die Knie. „Ich mache mir eben Sorgen.“ „Hey“, sagte Matt leise, legte ihr einen Arm um die Schultern und drückte sie kurz an sich. „Du weißt doch, schlechten Menschen geht es immer gut.“ Sie warf ihm einen genervten Blick zu, doch er grinste nur. „Siehst du wenigstens ein, dass es möglich ist, dass dir jemand was ins Getränk getan hat?“, fragte sie. Er ließ sich Zeit mit seiner Antwort, bejahte sie aber schließlich. _ „Sind das nicht Matt und Sora da drüben?“ Kari blieb stehen, als sie am Strand ankamen, und deutete auf die zwei Menschen, die nebeneinander im Sand hockten. T.K. folgte ihrem Blick. „Ja“, stellte er überrascht fest und zog eine Augenbraue hoch. „Wollen wir zu ihnen gehen?“, fragte Kari und wollte schon losgehen, doch T.K. ergriff ihr Handgelenk. „Lass die mal lieber. Wer weiß, was die Wichtiges zu bereden haben.“ Er grinste und zog Kari mit sich ein Stück weiter den Strand entlang. Kari war verwirrt. „Wie meinst du das? Weißt du was, was ich nicht weiß?“ Eigentlich ging sie das ja nichts an, aber sie hegte seit einer Weile den Verdacht, dass ihr Bruder in Sora verliebt war, auch wenn dieser das bestimmt leugnen würde. „Nö. Aber man weiß ja nie“, antwortete T.K. lässig. Sie fanden eine freie Bank und setzten sich. T.K. kramte das Essen aus seinem Rucksack hervor, das Natsuko ihm am vorigen Tag vorbereitet hatte. Gebackenes Hühnchen mit eingelegtem Gemüse und Reis. Er stellte die Box zwischen Kari und sich auf der Bank ab und drückte Kari eine Gabel in die Hand. „Wo ist deine Mutter heute eigentlich?“, fragte sie und spießte ein Stück Hühnchen auf. „Sie wollte essen gehen mit ihrem geheimnisvollen Lover“, antwortete T.K. grinsend. Kari sah ihn überrascht an. „Dann hat sie ihn also immer noch?“ „Ja, anscheinend schon. Scheint was Ernstes zu sein, sie war schon ein paar mal mit ihm aus.“ „Hast du ihn inzwischen schon gesehen?“, fragte Kari neugierig. „Nee, noch nicht. Aber dauert bestimmt nicht mehr lange.“ Eine Weile aßen sie schweigend ihr verspätetes Mittagessen und blickten gedankenverloren über den Strand aufs Meer hinaus. Die Sonne schien ihnen angenehm warm ins Gesicht und das sanfte Rauschen der Wellen vermittelte Urlaubsstimmung. „Danke, dass du so viel Zeit mit mir verbringst, T.K.“, sagte Kari leise. Aus den Augenwinkeln nahm sie wahr, wie er den Kopf zu ihr drehte und sie verdutzt ansah. „Keine Ursache?“ Nun wandte sie sich ihm zu und lächelte ihn warm an. „Ich meine, ich kann dir gar nicht sagen, wie viel mir das bedeutet. Dass du so bedingungslos für mich da bist.“ Offenbar war T.K. sprachlos, denn er lächelte schief und fuhr sich mit der Hand über den Nacken. Kari musste lachen und verpasste ihm einen leichten Schubs. „Jetzt sei nicht so verlegen, Spinner!“ „Wenn Davis das gehört hätte, wäre er gar nicht erfreut“, meinte T.K. grinsend. „Ach, der“, sagte Kari abwinkend. „Der wird doch schon eifersüchtig, wenn ich nur neben dir stehe. Da brauche ich ja noch nicht mal mit dir reden.“ „Das stimmt. Wie er wohl reagieren würde, wenn wir plötzlich ein Paar wären?“ Kari zog die Augenbrauen hoch und spürte, dass sie rosa anlief. T.K. und sie ein Paar? Sie räusperte sich und drehte sich weg. „Jetzt bist du aber die Verlegene“, sagte T.K. und lachte. Er sprang auf und zog sich die Schuhe aus, was Kari mit fragendem Blick beobachtete. „Los, komm. Wir gehen die Füße ins Wasser halten“, forderte T.K. sie auf und bot ihr seine Hand an. Sie ließ sich hoch ziehen und zog sich ebenfalls die Schuhe aus. Anschließend rannten sie Hand in Hand ins Wasser. _ „Guck mal, da drüben. Sieht aus wie T.K. und Kari“, sagte Sora und deutete auf zwei Jugendliche, die soeben ins Wasser gerannt waren. Matt kniff die Augen zusammen. „Das sind sie auch.“ Diese Bewegungen würde er unter tausend anderen wiedererkennen. Das konnte nur T.K. sein. „Ist das Wasser nicht noch ganz schön kalt?“, fragte Sora und schauderte. „Keine Ahnung“, erwiderte Matt und beobachtete, wie sie bis zu den Knien im Wasser standen und sich gegenseitig nass spritzten. Ja, ihm wäre das um diese Jahreszeit sicher zu kalt. Er stand auf. „Sag mal, hast du Lust noch kurz mit zu mir zu kommen? Ich will dir was zeigen“, fragte er und sah Sora an, deren Kinnlade auf einmal herunterklappte. Fassungslos starrte sie ihn an und er runzelte die Stirn. „Soll das ein Witz sein? Matt!“ Auch sie stand auf und wirkte auf einmal wütend. Matt erwiderte nichts, sondern sah sie nur völlig perplex an. Weshalb war sie auf einmal so aufgebracht? Dann verstand er plötzlich und konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Nicht 'was zeigen'“, erwiderte er und deutete mit dem Zeige- und Mittelfinger beider Hände Anführungsstriche an. „Ich will dir wirklich was zeigen.“ Eine Weile musterte Sora ihn misstrauisch, bis sie anscheinend beschloss, dass er die Wahrheit sagte. „Solange es nicht dein Hotelzimmer ist.“ „Nein, nein, keine Angst“, sagte Matt grinsend, als sie sich in Bewegung setzten. „Außer natürlich, du willst.“ „Idiot!“, rief Sora und boxte ihn in die Seite. Zu Fuß gingen sie zu dem Haus, in dem Matt wohnte und stiegen die Treppen hinauf. Matt schloss die Wohnungstür auf und sie betraten die Wohnung, in der es sehr ruhig war. „Ist dein Vater gar nicht zu Hause?“, fragte Sora und sah sich um. „Nee. Ist mit seiner neuen Flamme unterwegs“, antwortete Matt schulterzuckend und ging in die Küche. „Willst du auch was trinken?“ „Ja.“ Sie folgte ihm und lehnte sich gegen einen der Küchenschränke. „Hast du sie schon mal gesehen?“ Matt holte zwei Gläser aus dem Schrank hervor und füllte sie mit Wasser. „Noch nicht“, antwortete er und reichte Sora ein Glas. „Willst du sie sehen?“ Matt sah sie an und entdeckte diesen typischen Blick, den sie immer machte, wenn sie versuchte, sich in jemanden hineinzufühlen. Er hasste es, wenn sie ihn bei ihm anwendete, denn dann fühlte er sich immer so durchbohrt. Schnell wandte er den Blick wieder ab und trank einen Schluck Wasser. „Keine Ahnung. Ist bestimmt eh nur 'ne Affäre“, murmelte er. „Los, komm mit.“ Sie folgte ihm in sein Zimmer, wo er ihr einen Platz auf seinem Bett anbot. Er selbst schnappte sich seine Gitarre und setzte sich neben sie. Er begann, die ersten Akkorde zu spielen. Well, I've heard that the devil is walking around I sold my soul way down in the dirt But stole it back now forever in debt And for a moment, I don't even care Until I felt his breath at my neck And maybe even you can feel it, too He's on a strike and looking at you Holding on to his words but baby I saw an angel become the devil Still they walk pretty good hand in hand But baby I don't need any of them Heaven nor hell Er hörte auf zu spielen und sah Sora erwartungsvoll an. „Wie findest du es bis jetzt? Ist nur die erste Strophe und der Refrain, mehr hab ich noch nicht.“ _ Etwas schüchtern betrat Joe Nami's Café und sah sich um. Niemand da, den er kannte, nicht mal Sora. Sein Herz klopfte wild in seinem Brutkorb. Schließlich hatte er ja nun so eine Art Date. Gestern wusste er noch nicht, dass die Mädchen versuchten, ihn mit Nami zu verkuppeln und war in der Annahme ins Café gegangen, dass Mimi mit ihm plaudern wollte, doch nun, da er offiziell auf Namis Bitte hin hier ist, war es ein anderes Gefühl. Er schwitzte, seine Hände waren kalt und zitterten und er kam sich bescheuert vor. Langsam schritt er auf den Tresen zu, wobei er sich bemühte, möglichst entschlossen und selbstbewusst auszusehen. Er ließ sich auf einem der Hocker nieder. Nami, die gerade hinter dem Tresen arbeitete, drehte sich um und strahlte, als sie ihn erblickte. „Joe“, rief sie. „Wie schön, dass du gekommen bist.“ „Hi“, sagte Joe und lächelte. „Was kann ich dir bringen?“, fragte sie musterte ihn interessiert. „Ich nehme einen Kaffee“, antwortete und zwang sich, ihrem Blick standzuhalten. Vielleicht schaffte er es ja, selbstbewusst zu wirken. Nami zwinkerte und keine Minute später hatte er einen Kaffee samt einem kleinen Keks vor sich stehen. Soweit er wusste, gab es normalerweise keinen Keks zum Kaffee. „Ich geh' mal schnell meine Arbeit abwälzen“, sagte sie grinsend und huschte in den Gastraum davon. Joe nutzte die kurze Zeit, um durchzuatmen. Was sollte er mit ihr reden? Sollte er sie irgendwas fragen? Würde sie ihn irgendwas fragen? Nervös schnappte er sich den kleinen Löffel, der auf seiner Untertasse lag, und rührte in seinem Kaffee herum, obwohl das überhaupt nicht nötig war. Er beobachtete den kleinen Wirbel, den der Löffel beim Rühren erzeugte und kaute auf seiner Unterlippe herum. „Brauchst du Milch? Oder Zucker?“ Joe zuckte leicht zusammen, als Nami plötzlich wieder ihm gegenüber stand und ihn ansah. „Nein, danke. Ich trinke ihn am liebsten schwarz.“ „Schwarz wie deine Seele?“, fragte Nami grinsend. Joe lächelte belustigt. „Ja, genau.“ Nami holte sich ebenfalls eine Tasse Kaffee und umschloss sie mit ihren Händen, als wären sie kalt. „Also, dann erzähl mal. Woher kennst du Sora? Und diese andere da... Mimi?“, fragte Nami, stützte den Kopf auf den Händen ab und sah ihn offen an. Joe überlegte kurz, was genau er antworten sollte. „Wir sind auf die gleiche Grundschule gegangen“, sagte er schließlich. „Aber du bist doch älter als sie. Trotzdem habt ihr euch angefreundet?“, fragte Nami skeptisch. „Ja ähm... das kam halt... irgendwie so“, stammelte Joe und rückte seine Brille zurecht. „Zufällig waren wir mal im gleichen Sommercamp.“ So, das war harmlos genug. „Achso. Und Mimi war dort auch dabei?“, fragte Nami neugierig. „Genau. Die war auch auf der Grundschule, eine Klasse unter Sora. Matt übrigens auch.“ „Tokyo-Rebels-Matt?“, fragte Nami. Joe nickte. „Genau der.“ „Mann, die Welt ist ganz schön klein“, meinte Nami lachend. „Eigentlich nicht. Dadurch, dass Sora hier arbeitet, hast du eben auch ein paar ihrer Freunde kennen gelernt.“ Nami zog irritiert die Augenbrauen zusammen und Joe realisierte, dass er mal wieder etwas zu genau genommen hatte. „Wie lang musst du heute arbeiten?“, wechselte Joe hastig das Thema. „Bis um zehn“, antwortete Nami seufzend. „Das ist aber lang“, stellte Joe fest. Nami nickte. „Wem sagst du das.“ „Arbeitest du jedes Wochenende so lang?“, fragte Joe nach kurzem Zögern. Namis Miene hellte sich auf und sie sah ihn an. „Meistens, aber ich kann es auch anders regeln. Ich meine, immerhin bin ich hier der Boss.“ Sie lächelte vielsagend. „Dann hast du also fast nie freie Wochenenden?“, fragte Joe. „Das ist der Nachteil, wenn man selbstständig ist. Aber ich kann das wie gesagt auch alles anders regeln bei Bedarf“, antwortete sie, nippte an ihrem Kaffee und sah ihn weiter unverwandt an, als erwartete sie sich eine bestimmte Reaktion. Verwirrt erwiderte er ihren Blick. „Dann kannst du dir also doch ab und an mal freinehmen.“ „Ja, zum Beispiel für besondere Anlässe. Wenn mich jemand unbedingt treffen will zum Beispiel.“ „Wer will dich denn treffen?“, fragte Joe etwas verständnislos. Nami hob die Augenbrauen und sah ihn verdutzt an, dann lachte sie plötzlich. „Was ist?“, fragte Joe, nun vollkommen verwirrt. „Ach, schon gut. Ich glaube, du meinst es nicht so, oder?“, fragte sie, als sie sich wieder eingekriegt hatte. „Was meine ich nicht so?“ Allmählich kam er sich veralbert vor. „Nichts, nichts.“ Sie lächelte etwas zerknirscht. „Ich muss jetzt erst mal weiter arbeiten.“ _ „Kari, da bist du ja wieder.“ Kari hatte kaum einen Fuß in die Wohnung gesetzt, als Yuuko vom Sofa aufsprang, auf sie zulief und sie fest in die Arme schloss. Tai, der faul auf dem anderen Sofa gelegen hatte, beobachtete sie. „Mama“, nuschelte Kari, als Yuuko sie wieder losließ. Tai grüßte sie mit einem kurzen Kopfnicken. „Ist Papa gar nicht da?“ Tai beobachtete, wie Yuuko erstarrte und einige Sekunden in ihrer Position verharrte, bevor sie zurück zum Sofa ging, sich darauf fallen ließ und sich mit einer Hand die Stirn rieb. Tai hingegen setzte sich auf. „Er ist bis Freitag weg“, verkündete er trocken. Karis Augen weiteten sich erschrocken. „Wo denn?“ „Bei irgendeinem Kollegen“, sagte er und stand auf. „Es ist nur bis Freitag, alles in Ordnung“, mischte Yuuko sich hastig ein und zupfte nervös an einer Haarsträhne. „Ach, komm schon, wem willst du hier was vormachen?“, fuhr Tai sie an. „Das sagst du doch nur, weil du es selbst glauben willst. Trennt euch einfach und gut ist's!“ „Tai!“, rief Kari und sah ihn wütend an. „Ist doch wahr!“, rief er zurück, stand auf und lief in sein Zimmer. Die Tür knallte er geräuschvoll hinter sich zu und warf sich auf sein Bett. Schon tat es ihm Leid, dass er seine Mutter so angegangen war, doch diese Familie nervte ihn mittlerweile nur noch. Wenige Minuten später wurde die Tür aufgerissen und eine wütende Kari erschien im Türrahmen. „Sie weint. Bist du jetzt zufrieden?“, fauchte sie und verschwand wieder, nicht ohne die Tür geräuschvoll zuzuwerfen. Nein, er war nicht zufrieden. Er hatte sie nicht zum Weinen bringen wollen, da sie doch sowieso schon seit Wochen ständig weinte. Einige Sekunden verharrte er noch auf seinem Bett, bevor er aufstand und sein Zimmer wieder verließ. Yuuko saß mit einem Taschentuch in der Hand auf dem Sofa und schnäuzte sich. Kari saß neben ihr, redete mit leiser Stimme auf sie ein und tätschelte ihr die Schulter. Als sie Tai erblickte, warf sie ihm einen finsteren Blick zu. Seufzend setzte er sich an die andere Seite seiner Mutter und tätschelte ihr ebenfalls die Schulter. „Entschuldige. Ich hab's nicht so gemeint“, murmelte er. „Nein, nein, nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Du brauchst dich für nichts zu entschuldigen. Mir tut es Leid, dass ihr beide das alles miterleben müsst.“ Sie schniefte. „Euer Vater und ich, wir hielten es für angebracht, uns mal ein paar Tage nicht zu sehen, wisst ihr? Bis Freitag denken wir jetzt in Ruhe über alles nach und sprechen dann darüber.“ „Fahrt doch am Wochenende zusammen weg“, schlug Tai vor. Beide Frauen sahen ihn fragend an. Obwohl Yuuko verquollen und müde aussah und Kari frisch und süß wie eine Blume im Frühling, stellte er erneut die unglaubliche Ähnlichkeit zwischen den beiden fest. Kari war Yuuko wirklich wie aus dem Gesicht geschnitten. „Ich meine, mietet euch doch in irgendein Häuschen auf dem Land ein und verbringt mal ein Wochenende zu zweit, weg von zu Hause“, redete er weiter. „Entspannt mal, ruht euch aus, redet miteinander. Kari und ich kommen schon allein klar.“ „Also ich finde, das ist eine super Idee“, stimmte Kari ihm zu und lächelte ihre Mutter an. „Das hilft euch garantiert.“ „Meint ihr wirklich?“ Tai und Kari nickten bestätigend und redeten ihr weiter gut zu. „Gut. Ich werde euren Vater fragen, was er davon hält.“ Sie trocknete die letzte feuchte Tränenspur auf ihrer Wange mit dem Taschentuch und legte dann jeweils einen Arm um Tai und Kari und zog sie an sich. „Es tut mir wirklich Leid. Ich verspreche, dass wir alles tun werden, damit alles wieder gut wird.“ _ Soras Mund war noch immer geöffnet, während sie das gerade Gehörte verarbeitete. Er war also gerade dabei, ein neues Lied zu schreiben und wollte ihre Meinung dazu wissen. IHRE Meinung. Sora hatte sich immer für komplett unmusikalisch gehalten. Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als Matt die Hand ausstreckte und ihr Kinn nach oben schob, sodass ihr Mund wieder geschlossen war. „So schlimm?“, fragte er grinsend. „Nein, ich... es ist toll bisher“, stammelte sie noch immer verwirrt. „Aber... warum fragst du ausgerechnet mich?“ Er zuckte mit den Schultern. „Du gehst auf so viele unserer Konzerte und dir hat unsere Musik bisher immer gefallen. Mir ist es wichtig, dass sie dir weiterhin gefällt.“ „Aber... es ist doch deine Musik und sie muss dir gefallen“, wandte Sora ein. Erneut zuckte er mit den Schultern und lächelte schief. „Stört's dich, dass ich nach deiner Meinung gefragt habe?“ „Nein“, sagte Sora schnell. „Es wundert mich nur.“ Er legte seine Gitarre beiseite, lehnte sich ein wenig zurück und sah sie an. „Entschuldige übrigens, dass ich dich rausgeschmissen habe. Das war daneben.“ „Hä?“ Zuerst wusste Sora nicht, wovon er sprach, bis ihr der vergangene Sonntag einfiel. „Achso. Du hast aber doch noch mal mit Mimi geredet, oder?“ Sie erwiderte seinen Blick verschmitzt lächelnd. Er verdrehte die Augen und wandte den Blick ab. „Hab's für dich gemacht.“ Sora runzelte die Stirn. „Was?“ „Du stehst doch immer so auf Harmonie“, meinte er lässig und Sora sah ihn verständnislos an. „Aber Matt, du sollst doch machen, was du für richtig hältst und nicht, was ich für richtig halte. Wenn du denkst, du musst die Sache mit ihr klären, dann musst du das tun. Aber wenn du davon überzeugt bist, dass du das Richtige getan hast, dann ist das eben so. Und...“ Ruckartig beugte er sich vor zu ihr, kam mit seinem Gesicht dem ihren ganz nahe und legte eine Hand an ihre Wange. Sora riss die Augen auf. Was tat er da? Seine azurblauen Augen fixierten sie. Sie konnte seinen Atem an ihren Lippen spüren. Seine Nase berührte ihre fast. Sie spürte ein seltsames Gefühl in ihrem Inneren, als würde sich in ihrem Magen etwas winden und zappeln. „Bleib locker“, hauchte er, lächelte und ließ sie wieder los. „Was ist los mit dir, Sora? Wann bist du so geworden, wie du jetzt bist?“ Sie spürte, dass sie rot wurde und wandte den Blick schnell ab. Noch war sie ganz überwältigt von dieser plötzlichen Nähe zu Matt, die so überraschend und unerwartet kam. „Wie bin ich denn?“, fragte sie leise. „Unentspannt. Irgendwie erinnerst du mich an Joe.“ Er stand auf und streckte sich. „Findest du wirklich?“, fragte sie irritiert, obwohl sie die Antwort schon kannte. „Ja.“ „Du verhältst dich aber auch seltsam“, entgegnete sie ein wenig verletzt. Er erwiderte nichts, sondern warf ihr nur einen fragenden Blick zu. „Naja, du spielst mir dein neuestes Lied vor und willst wissen, wie ich es finde. Du kommst auf einmal so nahe, dass ich Angst habe, du willst mich küssen. Und letztens brachtest du mich nach Hause und erzähltest komische Sachen“, erklärte sie. Wieder beugte er sich zu ihr und kam ihr so nahe wie gerade eben schon. „Vielleicht wollte ich dich ja auch küssen“, raunte er. Sora wurde rot wie eine Tomate und presste die Lippen zusammen. „Matt“, nuschelte sie. Er ließ wieder von ihr ab und lachte. „Keine Angst. Ich küsse nicht, schon gar nicht dich.“ Verwirrt runzelte Sora die Stirn. Sie wusste nicht, was sie von diesem Bekenntnis halten sollte. Als Kompliment konnte man es wohl nicht auffassen. „Danke?“ Er lächelte nur und fuhr sich durchs Haar. Sora stand auf. „Ich glaube, ich gehe jetzt mal.“ „Weißt du was? Ich komme ein Stück mit dir mit. Ich schau mal bei Tai vorbei“, beschloss Matt lächelnd. _ Izzy klingelte und nur wenige Sekunden später öffnete sich die Wohnungstür. „Hey, Izzy“, begrüßte ihn eine etwas genervt aussehende Mimi. „Komm rein.“ Er trat in die Wohnung, ließ sich von ihr umarmen und zog sich die Schuhe aus. Während Mimi schon an ihm vorbeilief, blieb er noch stehen und sah sich um. Er stand in einem kleinen Flur, dessen Wände in einem leuchtenden Gelbton gestrichen waren. An den Wänden hingen Fotos von Mimi und ihren Eltern, alle fein säuberlich eingerahmt. „Schön habt ihr's hier“, bemerkte er. „Willst du jetzt da Wurzeln schlagen, oder was?“ Ungeduldig packte Mimi den kurzen Ärmel seines Hemds und zog ihn hinter sich her in die Wohnküche, in der es schon nach Essen duftete. „Hallo!“, riefen Mimis Eltern fröhlich und kamen beide auf ihn zugestürmt, sodass er es sich verkneifen musste, unwillkürlich einen Schritt zurückzutreten. „Herzlich Willkommen. Komm doch rein und fühl dich wie zu Hause“, sagte Keisuke Tachikawa strahlend. „Bist du wirklich noch der gleiche Izzy von damals? Ich hätte dich gar nicht wiedererkannt“, meinte Satoe ebenfalls strahlend. „Hehe“, machte Izzy langsam und lächelte verlegen. Er hatte keine Ahnung, was er sagen sollte. „Danke.“ Er fing Mimis genervten Blick auf, die die Augen verdrehte und zurück zum Herd ging. Satoe gesellte sich zu ihr und Keisuke führte Izzy an den Esstisch, wo sie sich hinsetzten. Izzy war etwas unbehaglich zumute, allein bei einer fremden Familie. Und warum war Mimi eigentlich genervt? „Mimi Schatz, hol ihm doch was zu trinken“, forderte Keisuke seine Tochter auf und sah dann Izzy an. „So und du bist also Mimis Klassenkamerad?“ „Ähm... ja“, murmelte Izzy. „Das freut uns sehr. Meine Frau und ich haben sehr gehofft, dass wir nach Odaiba kommen und Mimi mit dir zusammen in eine Klasse gehen kann. Sonst hätte die Ärmste ja gar niemanden gekannt und wäre ganz allein gewesen.“ „Papa“, zischte Mimi und stellte mit einem Knall ein Wasserglas vor Izzy ab. „Was denn? Ist doch so.“ Mimi ging zurück zu ihrer Mutter, wo sie sich über das Essen unterhielten und Izzy und Keisuke nicht weiter beachteten. „Ja ähm... ich habe mich auch sehr gefreut, mit Mimi in eine Klasse zu kommen“, erwiderte Izzy schüchtern. „Mimi hat erzählt, du leitest den Computerclub“, meinte Keisuke und sah ihn anerkennend an. „Ja, also... das... stimmt“, stammelte Izzy und kratzte sich am Hinterkopf. „Das ist wirklich großartig. Ohne Computer geht ja heutzutage gar nichts mehr. Möchtest du Informatik studieren?“ „Ich weiß noch nicht so genau.“ „Hast ja auch noch ein bisschen Zeit. Mimi meinte auch, du bist gut in der Schule?“ „Also in Sport nicht so sehr.“ Langsam aber sicher spürte Izzy, wie er rot anlief. Das war ihm alles zu viel Lob. Keisuke Tachikawa lachte. „Ach, Sport ist ja auch nicht so wichtig.“ „Das Essen ist fertig“, flötete Satoe und stellte eine große Schüssel voll Kartoffelspalten auf den Tisch. Mimi folgte ihr mit einer Platte in den Händen, auf der einige frisch zubereitete Burger darauf warteten, verspeist zu werden. Mimi setzte sich auf den Stuhl neben Izzy, während Satoe neben ihrem Mann Platz nahm und alle sich einen guten Appetit wünschten. _ Auch, wenn er keine Ahnung hatte, wann er Nami wiedersehen konnte, wich Joe das Dauerlächeln nicht mehr aus dem Gesicht. Beschwingt war er auf dem Weg von seiner U-Bahnstation nach Hause. Nami hatte nicht allzu viel Zeit für ihn gehabt, doch sie hatten sich in den Minuten, die sie beim ihm am Tresen verbrachte, gut unterhalten über alles Mögliche. Er wusste jetzt, dass Nami in einer Kleinstadt im Norden Japans aufgewachsen war und schon immer nach Tokio wollte. Sie wohnte in einer kleinen Zwei-Raum-Wohnung in der Nähe ihres Cafés, die sie sich mit ihrem Kater Zorro teilte. Ihr Lieblingsessen war Schokokuchen und sie fotografierte gern, wenn sie mal Freizeit hatte. Was sie nicht mochte, waren Zwiebeln, Sonntage und Liebesfilme. Ja, Joe hatte sich fast alles gemerkt, was sie ihm erzählt hatte. Ob sie wohl auch noch wusste, was er von sich preisgegeben hatte? Vielleicht würde er ja mit Nami seine ersten Erfahrungen in Sachen Liebe machen. Noch nie hatte er eine Freundin gehabt, in seinem ganzen Leben nicht. Es wäre zu schön, wenn sich dieser Zustand bald ändern würde. _ „Ja?“, rief Tai lustlos, als es an seiner Zimmertür klopfte. Seit Stunden hockte er nun schon an seinen Hausaufgaben und der Kopf schwirrte ihm bereits. Er sah nicht auf, als die Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde. „Deine Mutter sieht schlecht aus.“ Er stutzte und drehte sich um. „Matt.“ Matt schritt bereits durchs Zimmer, ließ sich auf das Bett fallen und sah ihn an. „Ist sie krank?“ „So ähnlich. Was machst du hier?“ Tai lehnte sich in seinem Drehstuhl zurück und musterte Matt nun. „Dachte, du brauchst vielleicht ein bisschen Gesellschaft“, antwortete Matt lässig. „Wie lang sitzt du schon daran?“ „Weiß nicht. Den ganzen Tag?“, seufzte Tai und schob den Blätterstapel von sich weg. „Wart ihr Eis essen, du und Sora?“ „Jap. Und wir haben nicht einen Gedanken an Hausaufgaben verschwendet“, antwortete Matt zwinkernd. In Tais Innerem breitete sich ein unangenehmes Gefühl aus, das nichts mit den Hausaufgaben zu tun hatte. „Sie war bis eben noch bei mir“, erzählte Matt weiter und Tais unangenehmes Gefühl verstärkte sich. „Aber jetzt sag, was meinst du mit 'so ähnlich'?“ „Hm?“, machte Tai, aus seinen düsteren Gedanken gerissen. „Deine Mutter“, erwiderte Matt. „Achso“, sagte Tai und winkte ab. „Meine Eltern haben Stress und ich glaube, sie stehen kurz vor der Trennung.“ Matt zog die Augenbrauen hoch. „Tut mir Leid.“ Tai zuckte mit den Schultern, stand auf und ließ sich neben Matt aufs Bett fallen, wo er sich nach hinten warf. „Willst du drüber reden?“, fragte Matt und sah auf ihn herab. „Da gibt’s nichts zu reden“, antwortete Tai und legte den Unterarm über die Augen. „Deswegen ist Kari in der letzten Zeit so geknickt, oder?“, fragte Matt weiter. Tai nickte nur. „Aber ich glaube, T.K. tut alles, um sie aufzuheitern“, meinte Matt. Tai nahm den Unterarm weg und sah Matt forschend an, der grinste. „Glaubst du, da läuft was?“, fragte er. Sollte Matt ja sagen, wüsste er nicht, was er davon halten sollte. Seine Schwester zusammen mit einem Kerl? Aber andererseits war dieser Kerl T.K., der Bruder seines besten Freundes. „Glaub nicht. Die sind doch schon seit Ewigkeiten beste Freunde. Und von besten Freunden lässt man doch die Finger.“ Tai fing Matts vielsagenden Blick auf und wusste nicht, was er davon halten sollte. War das eine Anspielung? Hatte Sora ihm vielleicht erzählt, dass Tai in sie verliebt war? Matt drehte sich zu Tai und setzte sich im Schneidersitz auf das Bett. Er musterte ihn eindringlich. „Wie läuft's eigentlich bei dir und deiner Angebeteten? Gibt's Neuigkeiten?“, fragte er. „Ich war bei ihr und hab mit ihr über den Kuss geredet“, antwortete Tai und wandte den Blick ab. „Wir haben das einigermaßen geklärt.“ „Aber zusammen seid ihr noch nicht?“, schlussfolgerte Matt. „Genau.“ Tai nickte. „Du solltest sie flachlegen“, meinte Matt trocken. Tai runzelte die Stirn und sah ihn wieder an. „Ich bin nicht du.“ „Mann, ich mein's ernst“, sagte Matt. „Oft verlieben sich die Mädels hinterher. Das liegt am Oxytocin.“ „Hä?“ Tai starrte ihn verständnislos an. „Oxytocinausschüttung bewirkt ein Gefühl von Vertrauen und enger Vebundenheit. Frauen sehen den Partner dann als potenziellen Vater ihrer Kinder an“, erklärte Matt und sah dabei aus wie ein Lehrer. Eine Sekunde lang sah Tai ihn noch skeptisch an, dann musste er lachen. „Was ist denn mit dir los? Wann bist du zum Biologieexperten mutiert?“ Er zuckte mit den Schultern. „Hab ich letztens irgendwo gelesen und fand das ganz interessant.“ „Du spinnst.“ Tai schüttelte den Kopf. „Du solltest es wirklich probieren“, fand Matt und sah ihn ernst an. „Wie soll ich das denn machen? Ich bin nicht du, ich kriege kein Mädchen innerhalb von zwei Stunden dazu, mit mir zu schlafen“, erwiderte Tai energisch. „Klar, kriegst du das. Du könntest so viele haben. Soll ich's dir beweisen?“ Matt sah ihn auffordernd an. „Wie denn?“, fragte Tai misstrauisch. „Freitag hab ich ein Konzert. Komm danach mit feiern, dann kriegen wir eine für dich“, meinte Matt zuversichtlich. „Ich will nicht irgendeine“, sagte Tai mürrisch. „Du solltest es mal versuchen. Weißt du, wie entspannend das ist?“ „Ja, ich weiß es, aber...“ „Siehst du? Dann kommst du nächste Woche mit und legst eine flach. Dann wirst du vielleicht ein bisschen selbstbewusster und traust dich mehr bei deiner Süßen.“ Matt grinste und Tai schüttelte den Kopf. Er konnte nicht so recht glauben, was Matt ihm da gerade vorgeschlagen hatte. Wahlloses Herumvögeln mit einer Fremden zur Entspannung und zum Lockerwerden? „Jetzt guck nicht so“, meinte Matt und boxte ihn gegen die Schulter. „Du musst ja nicht. Aber du solltest mal drüber nachdenken.“ „Ja, ich denke drüber nach“, seufzte Tai, hauptsächlich deshalb, damit Matt nicht mehr auf ihn einredete. „Sora glaubt übrigens, dass mir gestern jemand Betäubungsmittel in mein Getränk gekippt hat“, erzählte Matt plötzlich. „Was?!“ Tai setzte sich auf und starrte ihn erschrocken an. „Ja, ich war feiern und hab Nagisa getroffen. Und dann bin ich heute Morgen in meinem Bett aufgewacht und konnte mich an nichts mehr erinnern. Und Nagisa... war auch da.“ „Sicher, dass du nicht nur total voll warst?“, fragte Tai belustigt. „Ja, Mann“, erwiderte Matt ungeduldig. „Ich hab echt nicht viel getrunken. Nagisa behauptet, sie musste mich nach Hause bringen.“ „Hast du mit ihr geschlafen?“, fragte Tai. „Keine Ahnung“, antwortete Matt schulterzuckend. Tai schwieg einige Sekunden. „Tja, wenn's wirklich nicht am Alkohol lag, hat dir vielleicht wirklich jemand was ins Getränk getan.“ _ „Oh, Izzy, es tut mir so Leid“, seufzte Mimi. Sie und er saßen in ihrem Zimmer auf dem Bett und unterhielten sich noch eine Weile nach dem Essen. „Meine Eltern haben so einen Knall. Tut mir Leid, dass sie dich genervt haben.“ „Ach was, sie haben mich nicht genervt. Ich finde sie sehr nett“, widersprach Izzy schnell und hob die Hände. Mimi sah ihn forschend an. „Meinst du das ernst?“ „Klar“, bekräftige Izzy und nickte. „Sie waren total aufgeregt wegen dir.“ Izzy lachte. „Das habe ich gemerkt.“ Mimi lächelte verlegen. „Sie hatten solche Angst, dass ich ganz allein bin in Tokio und keine Freunde finde. Deswegen sind sie so froh, dass wir in eine Klasse gehen.“ „Ja, das hat dein Vater mir auch gesagt“, sagte Izzy. Mimi verdrehte die Augen. Ihre Eltern waren peinlich. Daran gab es nichts zu rütteln, egal, was Izzy sagte. „Mimi, ich glaube, ich gehe jetzt langsam nach Hause. Morgen ist ja wieder Schule“, verkündete Izzy und stand auf. Sie durchquerten gemeinsam die Wohnung und gingen zur Tür, wo Izzy seine Schuhe anzog. „Dann bis morgen. Und vielen Dank für die Einladung“, sagte Izzy zur Verabschiedung. „Ich richte es meinen Eltern aus“, meinte Mimi und sie grinsten. Als Izzy gegangen war, kam ihre Mutter sofort auf sie zu. „Er ist ja echt süß. Den kannst du nehmen“, sagte sie strahlend und Mimi glaubte, ihren Ohren nicht mehr trauen zu können. „Mama! Darf ich mir vielleicht noch selbst aussuchen, wen ich nehme?“, rief sie wütend und stampfte zurück in ihr Zimmer. „Ihr seid peinlich!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)