Ein Leben wie dieses von Juju ================================================================================ Kapitel 4: Nach der Party -------------------------  Sonntag, 26. März 2006   Müde stand Mimi auf und machte sich nach einem kargen Frühstück auf den Weg ins Café. Eigentlich hatte sie überhaupt keine Lust, beim Aufräumen zu helfen, doch sie wollte ihren Freunden unbedingt etwas zurückgeben, weil sie diese schöne Party für sie organisiert hatten. Also hatte sie Sora gleich nach dem Aufwachen eine SMS geschrieben und sie gefragt, wann sie kommen konnte. Gegen halb zwei mittags betrat sie Nami's Café und schlenderte zum Partyraum. „Guten Morgen“, murmelte sie, als sie den Raum betrat. Alle waren schon mit Aufräumen beschäftigt. Das hieß, alle die da waren, denn bisher waren hier nur Sora, Tai und Matt anwesend. „Kommt denn sonst niemand mehr?“ „Eigentlich wollte T.K. noch kommen, aber...“ Matt zuckte die Schultern. Er sah ziemlich müde aus und fummelte gerade an den Papiertischdecken herum. „Joe wollte auch noch kommen“, meinte Sora nachdenklich. „Hallo!“, rief plötzlich eine fröhliche Stimme und Joe erschien hinter Mimi in der Tür. Er wirkte nicht müde, so wie alle anderen. In einer Hand hielt er eine braune Tüte, die einen köstlichen Duft verströmte. Mimi trat einen Schritt zur Seite, um ihn hereinzulassen, und beäugte neugierig die Tüte. „Hast du uns was mitgebracht?“, fragte sie. „Ja, ich dachte, falls wir noch Hunger bekommen zwischendurch.“ Joe lächelte und legte die Tüte auf einem Stuhl ab. „Toll“, fand Sora, die gerade dabei war, nicht ausgetrunkene Getränke in einen Eimer zu schütten. „Das trifft sich gut. Ich bekomme nämlich langsam Hunger“, erklärte Tai, der auf einer Leiter stand und an den bunten Girlanden pfriemelte. „Anscheinend hat Tai sich schon mal nicht verändert“, stellte Mimi fest und grinste zu ihm hinauf. Dann schnappte auch sie sich halbleere Flaschen und Becher und goss sie in Soras Eimer. _ „Ich hab irgendwie ein schlechtes Gewissen, weil wir nicht beim Aufräumen helfen“, sagte Kari zu T.K. und leckte genüsslich an ihrem Schokoladeneis. T.K. blinzelte gegen die Sonnenstrahlen, als er sie ansah. Er warf einen Blick auf sein Handy. „Naja, jetzt sind sie bestimmt eh schon fertig“, meinte er schulterzuckend. Die beiden saßen auf einer Bank nahe einer Eisdiele und beobachteten die vielen Menschen, die an ihnen vorbeiliefen und die Sonne und das warme Frühlingswetter genossen. „Weißt du eigentlich schon, was du Tai zum Geburtstag schenkst? Er hat doch in einer Woche“, fragte T.K. Kari war froh, dass sie Tais Geburtstagsgeschenk schon vor einem Monat besorgt hatte, sonst wäre sie jetzt wohl in Panik verfallen. „Klar. Ich schenke ihm einen Gutschein für das Weltmeisterschaftstrikot. Sobald es raus ist, bekommt er es dann.“ Sie war noch immer ein wenig stolz auf diese Idee. Tai hatte sich schon vor vier Jahren lautstark beschwert, dass er nicht das offizielle Trikot der japanischen Nationalmannschaft hatte. Dieses Jahr sollte er es bekommen. „Ist das nicht ganz schön teuer?“, fragte T.K. skeptisch und sah sie von der Seite an. „Ich schenke es zusammen mit unseren Cousins. Die haben vor vier Jahren schon immer zusammen vor der Glotze gehockt und jedes Spiel mitverfolgt“, erklärte Kari und verdrehte bei der Erinnerung daran die Augen. „Glaub ich. Mann, ich kann mir gar nicht vorstellen, dass er schon achtzehn wird“, seufzte T.K. und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Kari kicherte. „Du redest ja schon wie ein Opa.“ Sie aß ihre Eiswaffel auf und sprang dann von der Bank auf. „Los, lass uns irgendwas Tolles machen. Morgen fängt schon wieder die letzte freie Woche vor dem neuen Schuljahr an.“ Und mit dem neuen Schuljahr würde langsam der Stress für die Aufnahmeprüfung an der Oberschule beginnen. Yolei hatte die Prüfung vor einigen Wochen mit Bravour gemeistert und ging ab sofort auf die Oberschule von Tai und den anderen. Kari, T.K. und Davis stand dies erst noch bevor. _ „Du Faulpelz, willst du nicht langsam mal aufstehen?“ Müde drehte Davis sich um und blickte direkt seiner Schwester Jun ins Gesicht, die ihn genervt anstarrte und einen Fuß auf seinem Bett abgestellt hatte. „Hau ab!“, fauchte Davis, doch sie bewegte sich nicht vom Fleck. „Mama hat gesagt, ich soll dich zum Mittag wecken, weil du sonst gar nicht mehr aufstehst. Also raus mit dir!“ Davis stöhnte gequält und kroch aus seinem Bett. „Du bist ätzend“, nuschelte er. „Danke, du auch. Aber sag mal...“, sie sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an, „... war Matt eigentlich gestern auch auf der Party?“ „Hä?“ Davis hatte das gar nicht laut sagen wollen, doch es war ihm herausgerutscht. „Wieso Matt? Ich dachte, du hast ihn schon vor Jahren aufgegeben.“ „Ja, eigentlich schon.“ Sie druckste ein wenig herum, bevor sie weitersprach. „Aber er ist schon ziemlich heiß. Und seine Band ist ja auch recht erfolgreich und naja... bisher hat es ja mit noch keinem geklappt, also...“ „Kein Wunder“, murmelte Davis leise, jedoch laut genug, dass sie es noch verstanden hatte. „Hey! Sei du mal still mit deiner Kleinen da. Wie hieß sie noch mal? Kari, oder? Die lässt dich ja auch immer wieder abblitzen.“ „Halt doch die Klappe! Das geht dich überhaupt nichts an!“, rief Davis wütend und war drauf und dran ihr den Hals umzudrehen. „Jetzt geh doch nicht gleich wieder an die Decke“, meinte Jun nur gelangweilt und ging aus dem Zimmer. Davis warf die Tür hinter ihr zu und begann damit, sich anzuziehen. _ „Oh, eine SMS von Davis.“ Wie selbstverständlich beugte T.K. sich zu Kari hinüber, um die SMS mitlesen zu können. Na, hast du ausgeschlafen? Was machst du heute? Wollen wir was gemeinsam machen? ;) „Soll ich ihm schreiben, wo wir sind?“, fragte Kari und sah T.K. fragend an. „Ähm... keine Ahnung, musst du doch wissen“, antwortete er nur ein wenig verwirrt. „Okay, dann schreib ich ihm einfach, dass ich keine Zeit habe“, meinte sie grinsend und machte sich an ihrem Handy zu schaffen. „Ist das nicht ein bisschen gemein?“ Er runzelte die Stirn und warf seiner besten Freundin einen skeptischen Blick zu. Normalerweise war es nicht ihre Art, andere anzulügen. „Aber er nervt mich mit seinem ständigen Anhimmeln“, murmelte sie, ohne den Blick vom Display abzuwenden. „Hm, stimmt. Mich auch irgendwie“, sagte er und dachte an Davis, wie er Kari den ganzen Tag lang heimliche Blicke zuwarf und alles dafür tat, um in ihrer Nähe zu sein. Das konnte wirklich anstrengend sein manchmal. Sie lagen nebeneinander im Gras in einem Park. Rund um sie herum spielten Kinder oder gingen Leute mit ihren Hunden spazieren. Alle genossen das sonnige Wetter, genau wie T.K. und Kari. „Eigentlich mag ich ihn ja. Er ist immer so nett, wenn er will und macht alles, was ich will“, plauderte sie neben ihm, während sie noch immer mit ihrem Handy beschäftigt war. Aus ihrer Stimme war ein schlechtes Gewissen herauszuhören. „Aber manchmal kann ich echt nicht lange mit ihm zusammen sein. Das wird mir in der Schule schon manchmal zu viel, wenn ich vor ihm sitze.“ „Vielleicht seid ihr ja dieses Jahr gar nicht in der gleichen Klasse“, warf T.K. ein und beobachtete einen großen Hund, der fröhlich einem bunten Ball hinterher sprang. „Vielleicht sind WIR dieses Jahr nicht in einer Klasse“, entgegnete Kari und sah nun von ihrem Handy auf. Ihr Blick war vielsagend, vielleicht sogar ein wenig ängstlich. „Dann wäre ich dich wenigstens endlich los“, antwortete er grinsend und sie boxte ihn in die Seite. _ „Das war echt eine super Idee, Joe“, sagte Tai mit vollem Mund. Joe hatte für sie alle Schokoladencroissants mitgebracht und da er nicht gewusst hatte, wie viele sie nun sein würden zum Aufräumen, waren es zu viele Croissants. Sie saßen im Kreis auf dem Boden, futterten die Croissants und tranken übriggebliebene Getränke aus übriggebliebenen Plastikbechern. Tais Magen hatte sich schon vor einer Stunde bemerkbar gemacht, da er zum Frühstück keinen Hunger gehabt hatte. Nun aß er mit Freuden Schokoladencroissants. „Wieso ist Kari eigentlich nicht hier?“, fragte Matt und biss von einem Croissant ab. „Weiß nicht“, antwortete Tai zwischen zwei Bissen. „Sie ist erst nach mir aus dem Haus. Meinte, sie hat noch was vor.“ „Ach, die treibt sich doch bestimmt nur wieder mit T.K. irgendwo rum“, warf Matt ein und winkte ab. „Lasst sie doch“, sagte Sora. „Die haben ein anstrengendes Schuljahr vor sich. Sollen sie doch die restlichen freien Tage genießen.“ „Wir haben auch ein anstrengendes Schuljahr vor uns und sind trotzdem hier“, erwiderte Tai energisch und deutete auf sich und Matt. „Was wollt ihr eigentlich nach der Schule machen? Wisst ihr das schon?“, fragte Mimi an die drei Drittklässler gewandt. „Also ich möchte mich bei der Botschaft bewerben“, antwortete Tai als Erster. Diesen Entschluss hatte er vor kurzem gefasst und hatte daher noch keine Ahnung, wie und wann und ob überhaupt das ging, aber darum würde er sich später kümmern. „Wow, da verdient man bestimmt gut“, antwortete Mimi und warf ihm einen anerkennenden Blick zu, bevor sie Matt ansah. „Ich glaube, ich werde einfach Rockstar“, antwortete dieser schulterzuckend. „Was? Aber du musst doch was Vernünftiges lernen“, warf Joe ein und runzelte die Stirn. „Einen Scheiß muss ich“, antwortete Matt trocken. „Ich mache Musik und fertig.“ „Aber das kannst du doch nicht hauptberuflich machen. Außerdem, was ist, wenn du keinen Erfolg hast? Du kannst doch von deinen Einnahmen gar nicht leben“, erwiderte Joe und rückte seine Brille zurecht. „Zudem ist das auch kein Job, den man ewig machen kann. Irgendwann ist man zu alt dafür.“ „Du hast noch nie was von den Rolling Stones gehört, oder? Oder von ACDC.“ Matts Blick war herablassend und missbilligend. „Du willst dich doch jetzt nicht mit zwei Legenden vergleichen?“, fragte Joe und erwiderte seinen Blick verblüfft. „Glaubst du etwa, die haben nicht so angefangen wie ich? Außerdem geht dich das nichts an. Ich geh eine rauchen. Das ist mir hier zu blöd.“ „Aber Matt!“, rief Joe, doch Matt war aufgestanden und verließ den Partyraum. „Ups“, sagte Mimi leise. Joe schien so verdutzt, dass er eine Weile schwieg, bevor er seine Sprache wieder fand. „Aber ich hab das doch nicht böse gemeint.“ „Mach dir keine Sorgen, es war nicht deine Schuld“, meinte Sora bestimmt. „Genau“, pflichtete Tai ihr bei. „Der kann es nur nicht ab, wenn jemand daran zweifelt, dass er mal ganz groß raus kommt.“ „Aber das ist doch ziemlich unrealistisch. Man muss sich nur mal die vielen Menschen vor Augen führen, die das Gleiche versucht haben wie er und gescheitert sind“, widersprach Joe hartnäckig. „Aber das will er nicht wahr haben. Er ist halt stur“, meinte Tai nüchtern. Matts Launen kannte er zur Genüge. „Was willst du denn eigentlich nach der Schule machen, Sora?“, wechselte Mimi das Thema und sah nun ihre ehemals beste Freundin an. „Ich will Modedesign studieren und...“ Bevor Sora weiter reden konnte, hatte Mimi schon wieder das Wort ergriffen. „Modedesign? Du?“, fragte sie und schien vollends verwirrt. Sora lief rosa an, was Tai immer besonders süß an ihr fand. „Ja, also... ich bin vor einem Jahr darauf gekommen. Ich zeichne gern, vor allem Klamotten und dann habe ich mir überlegt, das zu studieren“, erklärte sie ein wenig schüchtern. „Damit hätte ich ehrlich gesagt überhaupt nicht gerechnet. Ich dachte, du machst irgendwas mit Sport“, sagte Mimi verdattert. „Wollte ich ja auch erst, aber es war mir zu riskant. Was, wenn ich mich beim Studium verletze? Dann ist der Beruf schon im Eimer, bevor ich ihn angefangen habe“, gab Sora zu bedenken und seufzte. „Ja schon, aber... Modedesign?“ Mimi lächelte schief und schüttelte den Kopf. „Jetzt lass sie doch. Ist doch ein toller Beruf“, mischte Tai sich ein und schüttelte unwirsch den Kopf. Er mochte es nicht, wenn Sora sich unwohl fühlte, was momentan offensichtlich der Fall war. „Kann ja nicht jeder Hausfrau werden, so wie du.“ Mimi sah ihn wütend an. „Ich werde ganz bestimmt keine Hausfrau.“ „Ach ja? Und was willst du dann machen?“, fragte Tai herausfordernd. „Keine Ahnung, hab noch nicht drüber nachgedacht. Aber hab ja auch noch mindestens ein Jahr Zeit“, antwortete Mimi abweisend und wandte den Blick von ihm ab. Tai nahm an, dass sich das verwöhnte Prinzesschen wahrscheinlich zu fein war, um mal studieren zu gehen. _ Hey Davis, ich hab heute leider keine Zeit. Vielleicht können wir morgen zusammen Eis essen gehen? Mit einer Mischung aus Enttäuschung und Freude las Davis Karis SMS. Warum sie wohl keine Zeit hatte? Ob sie beim Aufräumen half? Aber das hätte sie bestimmt geschrieben. Er tippte eine Antwort ein, dann seufzte er und suchte Kens Nummer heraus. Nach dem dritten Klingeln hob er schließlich ab. „Hi Davis“, sagte er und klang ein wenig überrascht. „Hey. Hast du vielleicht Lust, mit mir in den Park zu gehen? Wir könnten ein bisschen Fußball spielen oder so“, schlug Davis vor. „Ähm... ja, okay“, antwortete Ken noch immer überrascht. „Wollen wir uns in einer Stunde treffen?“ „Ja, passt mir super. Bis dann!“ Davis drückte auf den roten Knopf auf seinem Handy und packte es in die Hosentasche. Kein Wunder, dass Ken verwundert war. Es war schon wieder eine Weile her, dass Davis ihn gefragt hatte, ob sie etwas zusammen unternahmen. Davis machte sich in Ruhe fertig, packte ein paar Sachen zusammen, schnappte seinen Fußball und verließ die Wohnung. Im Park angekommen wartete Ken schon auf ihn. Davis grinste ihn an und warf ihm den Fußball zu, den er locker mit einem Knie annahm. „Bist du noch in Form? Ich glaube, wir spielen demnächst gegeneinander“, sagte Davis, als er bei ihm ankam. „Ich hoffe, ich bin in Form. Du kannst dir ja gleich selbst ein Urteil bilden“, antwortete Ken lächelnd, hob den Ball auf und sie gingen los. Sie suchten sich ein Stück freie Wiese, wo sie ihre Taschen an einem Baum abstellten. Anschließend übten sie gemeinsam Pässe und Annahmen. Viel mehr konnte man zu zweit schließlich nicht mit einem Fußball tun. „Mensch Davis, wo schießt du denn hin?“, rief Ken, als Davis einen Ball völlig verfehlte, und lachte. „Sorry. Ich geh ihn schon holen“, rief Davis zurück und rannte dem Ball hinterher. Er war zu einem Pärchen geflogen, die auf einer Decke in der Sonne lagen und Davis erkannte sie erst, als er nur noch wenige Meter entfernt war. _ Ein Fußball rollte gegen T.K.s Bein. Dieser setzte sich auf und nahm den Ball in die Hand, um ihn demjenigen zurückzuwerfen, dem er gehörte. „T.K.? Kari?“ Nun setzte sich auch Kari auf. Mist. Es war doch tatsächlich Davis, der dort stand und ein wenig verdattert aussah. „Oh, hi. Was machst du denn hier?“, stammelte Kari, strich sich unbeholfen eine Haarsträhne hinters Ohr und sah Davis unsicher an. „Ich ähm... bin mit Ken hier. Wir spielen ein bisschen Fußball“, antwortete Davis. Er schien etwas zurückzuhalten und Karis schlechtes Gewissen intensivierte sich noch. „Ihr könnt auch mit herkommen, wenn ihr wollt“, meinte sie und deutete auf den Platz neben sich, doch Davis schüttelte den Kopf. „Schon okay. Du hast ja geschrieben, dass du keine Zeit hast. Ich hab übrigens morgen keine Zeit“, antwortete Davis. Sein Blick verriet, dass er ziemlich verletzt war. Er drehte sich um und rannte zurück zu Ken, der nur gerade so zu erkennen war. Kari sah T.K. reuevoll an. „Was siehst du mich jetzt so an? Ich hab dir gleich gesagt, du musst selbst wissen, was du ihm schreibst“, meinte T.K. und hob abwehrend die Hände. „Aber das war blöd. Wieso sind wir auch ausgerechnet hierher gekommen? Hätten wir uns ja denken können, dass Davis eventuell auch hier auftaucht“, murmelte Kari und stand auf. Es war doch genau der Park, in dem sie sich auch früher schon oft getroffen hatten, um in der Sonne zu liegen, Eis zu essen oder Badminton zu spielen. „Was machst du?“, fragte T.K., der zu ihr hoch sah und gegen die Sonne blinzelte. „Na was schon? Ich geh mich entschuldigen“, antwortete Kari bestimmt und lief Davis hinterher. _ Ein wenig unsicher trat Joe nach draußen. Er wollte unbedingt mit Matt darüber reden. Er hatte ihn doch nicht verletzen wollen und ganz bestimmt wollte er sich nicht in seine Angelegenheiten einmischen. „Hey Matt“, sagte Joe vorsichtig und trat neben ihn. Tai und Sora hatten ihn davon abhalten wollen, mit Matt zu reden, da sie meinten, er bekäme sich von allein wieder ein und Joe würde es bloß schlimmer machen, wenn er jetzt versuchte, mit ihm zu diskutieren, doch Joe wollte den Konflikt nicht einfach so stehen lassen. Wenn er wieder Kontakt mit den anderen aufnehmen wollte, sollte er es sich nicht gleich von Anfang an mit einem von ihnen verscherzen. Matt blies grauen Qualm aus dem Mund und warf ihm einen kurzen Blick zu, wahrscheinlich als Zeichen, dass er zuhörte. Joe musste selbst für einen Mann zugeben, dass Matt unglaublich gut aussah. Er verstand durchaus, was die Mädchen an ihm fanden. Sein strohblondes Haar hatte die gleiche Farbe wie das von T.K., war aber länger, ein wenig fransig und bedeckte zum Teil sein Gesicht. Auch seine Augen hatten den gleichen tiefen Blauton wie die von T.K., allerdings waren seine Gesichtszüge kantiger als die seines jüngeren Bruders. Matt war hoch gewachsen, schlank, trug gerade lässige größtenteils schwarze Klamotten und ein paar Lederbändchen um das rechte Handgelenk. Die Fingerkuppen seiner linken Hand waren mit Hornhaut überzogen. Sein gesamtes Erscheinungsbild war durchaus hübsch, doch er wirkte auch stets ein wenig unnahbar und so, als würde er sich nicht für seine Mitmenschen interessieren. „Hör mal“, setzte Joe stammelnd an und kratzte sich am Hinterkopf, „ich wollte mich nicht in deine Angelegenheiten einmischen und...“ „Hast du aber“, unterbrach Matt ihn trocken. „Ja, aber das hätte ich nicht tun sollen. Es ist ja deine Sache, was du aus deiner Zukunft machen willst, aber ich meinte es doch nur gut, verstehst du?“, erklärte Joe verlegen. „Oh Mann Joe, wenn ich jemanden brauche, der mir erklärt, dass Musiker kein ordentlicher Beruf ist, dann frage ich meinen Vater oder meine Mutter, kapiert? Ich hasse es, wenn andere mir vorschreiben wollen, was ich zu tun und zu lassen habe. Es ist mein verdammtes Leben und meine verdammte Entscheidung, was ich damit mache“, antwortete Matt genervt, zog ein letztes Mal an seiner Zigarette, bevor er den Stummel auf einem Mülleimer ausdrückte und wieder in das Café zurück ging. Joe stand einige Sekunden lang wie vor den Kopf gestoßen da, bevor er ihm hinterher lief. „Jetzt warte doch mal, du bekommst das ja alles völlig in den falschen Hals“, rief er und wollte ihm in den Partyraum folgen, doch Nami hielt ihn auf. Hatte sie schon vorhin hinter dem Tresen gestanden und er hatte sie nur nicht bemerkt, weil er mit den Gedanken woanders war, oder war sie gerade erst gekommen? „Hey Joe“, grüßte sie ihn fröhlich und lächelte. „Sag mal, war das nicht gerade der Typ von den Tokyo Rebels?“ „Oh ähm... ja. Das war Matt, der Sänger und Gitarrist“, antwortete Joe und blieb verdutzt stehen. „Der sah ja nicht gerade glücklich aus. Aber naja, wenigstens traut sich mal eine kleine Berühmtheit in mein Café“, meinte sie grinsend. „Könntest du mir vielleicht ein Autogramm besorgen? Meine Nichte steht total auf ihn?“ Nun war Joe noch verdutzter. „Klar, ich versuche es zumindest. Aber wieso hast du nicht schon Sora gefragt?“ Nun wirkte Nami ein wenig verwirrt. „Sora? Wieso? Ist sie auch mit ihm befreundet?“ „Er gehört zu ihren besten Freunden“, antwortete Joe stirnrunzelnd. Nami machte große Augen. „Das hat sie nie erwähnt“, brachte sie irritiert hervor. „Er war auch noch nie hier, soweit ich mich erinnern kann. Zumindest nicht, wenn ich gerade Schicht hatte.“ Obwohl Joe die Sache ein wenig seltsam fand, dachte er nicht weiter darüber nach, sondern ging nun endgültig zurück in den Partyraum, wo mittlerweile alle wieder mit Aufräumen und Putzen beschäftigt waren. _ „Stimmt irgendetwas nicht?“, fragte Ken vorsichtig, als Davis zu ihm zurückkam, den Ball lustlos vor sich her kickend. Einige Meter hinter ihm lief Kari, die er anscheinend noch nicht bemerkt hatte. „Nein, schon okay“, murmelte Davis, aber offensichtlich war bei der Begegnung mit T.K. und Kari irgendetwas vorgefallen. „Davis?“ Davis zuckte zusammen, als das Mädchen plötzlich dicht hinter ihm stand. Er drehte sich um und auch Ken musterte sie fragend. Sie lächelte Ken kurz zu, bevor sie sich wieder an Davis wandte. „Hör mal, das war blöd von mir. Ich wollte mich dafür entschuldigen“, sagte sie und machte ein schuldbewusstes Gesicht. Ken fragte sich, was wohl passiert war. Hatte sie ihm irgendetwas Gemeines an den Kopf geworfen? Irgendwie konnte er sich das nicht vorstellen. Kari war doch immer die Liebenswürdigkeit in Person gewesen. „Nein, nein, schon okay“, stammelte Davis und wandte den Blick von ihr ab. „Ehrlich, schon vergessen.“ Er setzte ein gezwungenes Lächeln auf, das Ken jedoch sofort durchschaute und auch Kari schien es ihm nicht abzunehmen. „Darf ich dich morgen auf ein Eis einladen?“, fragte sie mit einem fast schon flehenden Unterton in der Stimme. „Ich... hab doch schon gesagt, dass ich morgen keine Zeit habe. Vielleicht übermorgen oder so“, murmelte Davis vor sich hin und schubste den Ball auf dem Boden mit den Füßen hin und her. „Okay“, erwiderte sie, wirkte aber nicht sehr zufrieden. „Ich schreib dir dann.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und lief zurück zu T.K. Ken fragte lieber erst gar nicht, was passiert war. Sicher wollte Davis ohnehin nicht darüber reden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)