Federschwingen von RhapsodosGenesis ================================================================================ Ray stand neben Kyrie. Stacy war wirklich nicht dabei. Sie war selbst davon überrascht, wie groß der Stein war, der ihr vom Herzen fiel. „Lief dein Lieblingslied bereits?“, rief Ray ihr über den Lärm hinweg zu – und das, obwohl er direkt neben ihr stand. „Nein“, gab sie laut und mit bekräftigendem Kopfschütteln zurück, „Ich warte noch!“ Sie lächelte. In Kürze würde die Pause vorbei sein. Sie waren auf Kyries Platz geblieben, da sie sich eher in der Mitte befunden hatte – und der Sänger hielt sich ebenso oft in der Mitte auf. Sie hatte sich vorgenommen, die Hand so lange auszustrecken, bis er sie zumindest einmal berührt hatte! Dann konnte sie mindestens ein sehr positives Erlebnis mit nach Hause nehmen. Und vielleicht etwas angeben. Nathan konnte mit der Band immerhin etwas anfangen! … Es war vielleicht etwas kindisch, aber … Was sein musste, das musste eben sein! „Er kommt!“, erklang Rays aufgeregte Stimme neben ihr. Sofort wandte sie sich der Bühne zu – und tatsächlich: Die Mitglieder der Band kehrten zurück. Zuerst der Bassist und der Schlagzeuger, dann der Gittarist und der Mann am Akkordeon! Und … zu guter Letzt. Die Lichter sprangen an und ehe sie sich versah, zückten die Anwesenden ihre Instrumente und begannen zu spielen. Es war so laut, ohrenbetäubend – und vor allem mitreißend. Der Lärm brach über sie hinein und wurde in ihren Ohren zu Musik. Sämtliche Stimmen um sie herum verschwanden, nur die ihr zu gut bekannte Melodie sprang an ihr Ohr: Federschwingen. „Hallo, Leute!“, brüllte der Sänger laut und ausgedehnt, der ins Licht der Bühne lief und darin badete, „Danke, dass ihr wieder da seid!“ Er stieß einen lauten Schrei aus. „Ihr seid die Besten!“ Jubel machte sich überall breit – und ehe der Sänger noch ein Wort herausbringen hätte können, kam sein Teil dran. Und er sang. Seine Stimme war engelsgleich, unvergleichlich sanft und dennoch hämmernd stark. Aus jedem Wort klang innige Leidenschaft und vor allem Liebe. Parallel zum Gesang bewegte er sich im Rhythmus, machte lange und kurze Bewegungen, dem Takt entsprechend – und vor allem ansteckend. Kyrie kam nicht umhin mitzuwippen – und das gesamte Publikum schien ihre Gefühle zu teilen. Sie streckte die Hände in den Himmel und hielt sie nach vorne. Und nach dem Refrain legte der Sänger eine kurze Verschnaufpause ein, in der er das Publikum lächelnd betrachtete. Vom Klang der Musik in Hochstimmung versetzt, starrte Kyrie in sein so nahes, so schönes Gesicht. Seine Augen wurden durch eine halbdurchsichtige Sonnenbrille verdeckt, sie wirkten beinahe golden auf sie, und sein Haar war feuerrot mit blonden Strähnen und genauso flammenartig hochgestellt. Ein unnachgiebiges Lächeln zierte seine schmalen Lippen, die sich dann bereits wieder zur nächsten Strophe bereit machen – und seine wunderschöne Stimme erfüllte die Halle erneut. Und dann kam er. Er schritt nach vorne, singend, duckte sich nach unten, lief am Publikum vorbei. Sie fühlte Gedränge von hinten, emsige Fans, die ebenfalls in den Genuss seiner Hände kommen wollten. Überall schossen sie an ihr vorbei – gierige Hände, Hände unter denen ihre eigenen untergehen würden. Er kam immer näher, immer näher. Sein lächelnder Mund ließ Laute verklingen, seine Stimme kam näher – es war ihr, als würde sie seine reale Stimme hören, nicht nur die Mikrophonstimme. So nah … und doch so fern. Sie streckte sich noch einmal ganz weit nach vorne – er war schon da, beinahe da! Und vorüber. Ihre Hände zählten nicht zu den glücklichen, die berührt worden waren. Hinter ihr brach aufgeregtes Getuschel aus, das Lied war vorbei, der Sänger ging zurück und gönnte sich einen Schluck Wasser. „Und?“, fragte Ray gespannt. Auch er wirkte sehr motiviert, glücklich. Sie schüttelte den Kopf und winkte ab. „Nicht so tragisch“, wedelte sie ab. Auch wenn sie sich innerlich leer fühlte. Jetzt stand sie schon in der ersten Reihe. Hatte das Privileg, ihm so nah zu sein … Und dennoch … Dennoch brachte sie es einfach nicht zustande, sich gegen andere zu wehren! Da übte sie schon mit dem Schwert, um eine Chance gegen die zu haben, die sie unterdrücken wollten – und dann konnte sie sich nicht einmal gegen jubelnde Fans einer Band wehren. „Die Chance wird noch einmal kommen!“, rief Ray überzeugt. Die Farbe des Lichts änderte sich, der Saal wurde in tiefes Blau getaucht, es war dunkel, man konnte kaum etwas sehen. Doch mit stolzen Bewegungen und sofort einsetzender Stimme erschien der Sänger sogleich in goldenem Licht. Die Fans brachen in stummen Jubel aus, wieder bewegten sich alle rhythmisch zu seinen Worten, zu seiner Stimme. Die Leidenschaft, die in seinen Liedern erklang, ging auf das Publikum über. Bewegung im Takt. Der Klang der Instrumente in den Ohren. Und im Vordergrund diese atemberaubende Stimme. Seit dem Vorfall mit Kyrie, schien Xenon um jede Ecke auf ihn zu lauern! Als sei er einfach immer da, um ihm unter die Nase zu reiben, dass er nichts ausrichten konnte. Nathan biss die Zähne zusammen und ging auf den Saal des Höchsten Gerichts zu. Xenon und Superbias Assistent standen dort. Also alle drei Assistenten der Todsünden, die sich derzeit nicht auf irdischer Mission befanden. „Oh, ganz wie die Meisterin, wie es aussieht“, spöttelte Xenon als Nathan näher kam, „Pünktlich ohne Gleichen!“ „Halt die Klappe“, fuhr Nathan ihn an. Xenon verzog beleidigt das Gesicht, während der andere lachte. „Dürfen wir heute nicht rein?“, wollte Nathan von ihnen wissen. Wäre natürlich logisch: Gerade, wenn er eine ausschlaggebende Idee hatte, wurde ihnen der Zutritt verweigert! Superbias Assistent schüttelte den Kopf. „Tut mir Leid, sie halten danach gleich eine Absprache, die niemand hören darf.“ „Und warum wartet ihr dann hier?“, informierte er sich. „Ich muss Superbia etwas Wichtiges mitteilen“, gab er zu, wobei er sich durch sein langes, silbernes Haar fuhr. Nathan nickte. „Wie lange sind sie schon drinnen?“ „Nicht lange genug“, murrte er, „Aber es hat oberste Priorität, also gehe ich lieber sicher und schiebe Wache.“ Er grinste kurz. „Man hat ja sonst nichts zu tun.“ Lachend stimmte Nathan zu. „Da hast du Recht. Dann werde ich wohl lieber später noch einmal vorbei schauen.“ „Lass dir Zeit“, riet Superbias Assistent ihm. Xenon schaute ihm nach. „Viel Spaß bei der Arbeit.“ „Ebenfalls“, antwortete er trocken. Gut zu wissen, dass die anderen auch immer etwas zu tun hatten – und jede Art von Freizeit ausnutzen wollten. Wenn es also so war, dass Acedia keine Zeit hatte, dann musste seine Idee wohl warten – aber wo konnte er währenddessen ansetzen? Er hatte doch bereits an alles gedacht, was ihm jetzt auch noch einfallen würde. Aber er kam einfach auf keinen grünen Zweig. Mit verschränkten Händen sprang er aus dem Fenster und flog nachdenklich nach draußen. Immer tiefer und tiefer. Er musste irgendetwas übersehen haben. Es konnte nicht sein, dass Luxuria einfach so spurlos verschwunden war. Sie musste doch irgendetwas hinterlassen haben – ihre Gemächer wurden bereits durchsucht. Und auch ihr Freizeithaus. Aber nichts. Wenn sie in die Unendlichkeit gegangen war, dann würde man sie auch nicht finden – aber was für einen Grund könnte sie dafür gehabt haben? Wenn, dann musste es in ihrer Vergangenheit zu finden sein – und an diesem Punkt kam er im Moment einfach nicht weiter. Die andere Seite war natürlich, dass ihr auch etwas zugestoßen sein konnte – im Himmel oder auf der Erde. Etwas, das sie davon abhielt, einen Ruf auszustoßen oder sich zu teleportieren. In Anbetracht der Tatsache, dass sie eine Todsünde und damit, so zu sagen, allmächtig war, blieben nicht viel mehr Möglichkeiten als eine: Sie musste gestorben sein. Doch wie? Sie war viel zu jung für einen natürlichen Tod – und die Anzeichen hätte sie gespürt und entsprechende Vorbereitungen getroffen, so wie das jeder vernünftige Engel tat. Also blieben insgesamt bloß die beiden Möglichkeiten, über die die Todsünden spekulierten: Tod oder Weglaufen. Das mit dem „Urlaub“ … Das war nur eine Farce. Das bedeutete für Nathan, dass er in Luxurias Privatsphäre schnüffeln durfte, um damit auf einen Auslöser – ob Mörder oder Erinnerung – zu stoßen. Und ihn zur Rede zu stellen, sodass schnellstmöglich ein Ersatz gewählt würde. Sodass die Todsünden keine Angst vor der Wahrheit zu haben brauchten – denn was immer es war, das eine Todsünde verschwinden ließ, würde dann ebenfalls weg sein. Wenn Acedia doch nur Zeit für ihn hätte! Und erneut drohte er es an. Kyrie streckte ihre Hände noch weiter aus, lehnte sich gegen die Bühne, um noch weiter vorzukommen, um ihren Platz zu verteidigen, um sich das zu nehmen, was ihr zu stand … Doch die Händen wollten ihr erneut einen Strich durch die Rechnung machen. Er würde sie bei ihren kurzen Armen wieder übersehen. Wieder nicht berühren. Ihre einzigen Erinnerungen an dieses Konzert würden wohl von Niederlagen durchsetzt sein. Plötzlich umschloss etwas ihre Taille und hob sie nach oben – sie fühlte sich, als würde sie fliegen. An all diesen Händen vorbei, direkt zu seinen zarten Fingern. Sie streckte die Hand aus, halb über die Bühne gebeugt, sie überragte alle. Und er kam auf sie zu, seine Hand klatschte in die Handreihen vor sie ein – und dann in ihre eigenen. Sie schaute auf, schaute in diese goldenen Augen und erntete ein anerkennendes Grinsen. Und noch etwas bemerkte sie: Sie hatte Licht gefühlt. In diesem kurzen Moment … Als der berauschende Moment vorbei war, flog sie nach unten. Sofort drehte sie sich um, während sie noch immer dem wohltuenden Gesang lauschte. Ein grinsender Ray blickte sie an. Seine Hand hatte er bereits wieder hoch in die Lüfte gehalten, er wirkte glücklich und zufrieden. Richtig glücklich, ohne den bitteren Beigeschmack einer tragischen Vergangenheit. Bloß der zweite Arm, der nie die Höhe des anderen erreichen würde, kroch auf halber Höhe irgendwo herum. Kyrie hob ihre Hände genauso, formte mit ihren Lippen das Wort „Danke“ und machte Ray neben sich wieder Platz. Und nach diesem Lied zogen sie sich aus der ersten Reihe zurück, um anderen den Vortritt zu lassen, die noch nicht in den Genuss der Hände des Sängers gekommen waren. Den Händen eines Engels. „Nathan!“, erklang eine ihm nur zu gut bekannte Stimme. Er schaute nach unten. Wie weit war er in seiner Trance denn geflogen? Liana flog auf ihn zu. Im Hintergrund sah er zwei Engel verschwinden. Als sie vor ihm stand, lächelte sie ihn an: „Was für eine Überraschung, dich hier anzutreffen!“ Sie umarmte ihn schnell – er drückte sie zurück. „Eigentlich bist du außer mittwochs doch immer unauffindbar!“ Sie lachte los. „Na ja, egal. Suchst du etwas Bestimmtes?“ Sie schaute sich um. „Ich war hier nämlich gerade mit zwei Freundinnen unterwegs. Na ja, ursprünglich waren wir sieben, aber wir drei sind das letzte Überbleibsel.“ Sie kicherte. „Wir haben uns über einige Neuigkeiten ausgetauscht. Als ich dich dann gesehen habe, bin ich sofort zu dir geflogen! Wir waren sozusagen eh fertig miteinander.“ Sie stockte für einen Moment. Nathan wollte diese kurze Pause dafür nutzen, sie zu begrüßen, doch noch ehe der erste Laut aus seinem Hals drang, sprudelte Liana weiter: „Die beiden sind gerade unterwegs zu einem anderen Treffen. Müssen wohl ein paar Gerüchte bestätigen – du weißt doch, wir sind Tratschtanten! – Also wir Frauen, meine ich, nicht du.“ Erneut kicherte sie. „Gut, und Deliora auch nicht. Und Kyrie nicht! Apropos!“ Sie schaute sich interessiert um. „Ist Kyrie nicht bei dir? Hat sie ihr Schwerttraining jetzt beendet? Du solltest sie nicht alleine lassen. Wer weiß wann-…“ Noch ehe sie ein weiteres Wort sagen hätte können, schob Nathan seine Hand auf ihren Mund und rief ihr laut und deutlich zu: „Guten Tag, Liana!“ Mit geweiteten Augen schaute sie ihn an, stieß seine Hände von sich und stemmte diese sogleich in die Hüften. „Wie unhöflich! Du hast mich nicht einmal begrüßt?“ „Und du hast es nicht bemerkt“, murmelte er trocken vor sich hin. Doch noch bevor sie reagieren konnte – was sie eindeutig wollte, sie begann bereits mit dem wütenden Schnauben – beantwortete er ihre zuvor gestellte Frage: „Nein, Kyrie ist heute nicht da. Sie ist auf einem Konzert. Und ich bin hier unterwegs, weil ich für Acedia etwas nachprüfen soll.“ Dass er genau hier an diesem Ort eigentlich nichts zu suchen hatte, sondern nur seine Gedanken auf dem Flug hierher ordnen wollte, brauchte sie nicht zu interessieren. „Ein Konzert also?“, fragte Liana erfreut, „Wie schön! Irgendjemand hat mir mal erzählt, dass die Menschen tolle Konzerte geben würden! … Moment …“ Sie lachte laut los. „Das warst ja du!“ Nathan grinste. Typisch Liana. „Sie wird dir am Mittwoch bestimmt alle Einzelheiten darüber verraten.“ Liana nickte entschlossen. „Ja! Und ich werde sie fragen, ob sie mit mir auch einmal auf ein Konzert geht. Übrigens – du hast uns doch auch einmal versprochen, dass du mit uns auf die Erde gehen würdest?“ Sie schaute ihn fordernd an. „Zu Kyrie. In ihre Welt!“ Er hob abwehrend die Hände. „Rede mit Kyrie! Menschen können nicht transportieren – der neunzehnjährige Nathan Princeton lebt nicht mehr in der Nördlichen!“ Liana schüttelte den Kopf. „Da verstehe einer die Menschen.“ Dann schaute sie sich noch einmal um. „Musst du schnell weiter oder hast du Lust, etwas mit mir zu essen?“ „Essen klingt immer gut“, meinte Nathan locker, „Acedia würde mich doch genauso warten lassen.“ Liana lachte. „Oh ja, als sie uns vor ihrer Ernennung warten hat lassen!“ Sie blinzelte plötzlich verwirrt. „Da warst du ja gar nicht dabei …“ Sie fasste sich ans Gesicht. „Ich bin so alt!“ „Vom Aussehen her sind wir ja gleich alt“, beruhigte er sie spaßend. Er erhob sich erneut in die Lüfte, Liana folgte ihm. „Man redet so nicht vom Alter einer Dame!“, murrte sie leise, „Ich hoffe, du lernst das zu schätzen!“ Er lachte. „Ich versuche es!“ „Weißt du, Nathan!“, sagte sie dann plötzlich, „Ich soll da etwas nachprüfen! Es ist ja kein Geheimnis, dass wir beide befreundet sind. Ob da mehr oder weniger zwischen uns ist, ist zwar Gesprächsthema, aber ich verneine immer und immer wieder! Oh, als könnte ich etwas mit einem Assistenten anfangen – ich meine … du weisst schon. Nein, mein Typ geht mehr Richtung Sportler. Aber nicht Richtung Thi, das weißt du ja, ich habe es nicht so mit Vollidioten, ich meine, … Du weisst ja! Es gäbe ja andere Beispiele! Wie etwa ...“ Je mehr über dieses Thema sie sprach, desto weiter blendete er sie aus. Manchmal hatte sie wohl einfach ihre Phasen, in denen sie nur erzählen und nicht zuhören konnte – nicht, dass er etwas zu reden gehabt hätte. Sie war diejenige, sie heute plauderte und sprudelte und nicht mehr aufzuhören schien – und er war eben der, der manchmal lachte. „Hallo?“, fragte sie eingeschnappt, „Sag, ignorierst du mich?“, wollte sie von ihm wissen. Ihr wütender Blick durchbohrte ihn. „Nun …“, startete er seinen Versuch, abzuschwächen – was ihm aber peinlichst misslang. Also ging er zur ehrlichen Methode über: „Ja.“ Sie seufzte entnervt. „Also – was ich von dir wissen will, ist: Stimmt das, dass Luxuria verschwunden ist? Unauffind-… Nathan?“ Er blieb stehen. Einfach in der Luft hängen. Liana war noch ein wenig vor ihm her geflogen, jetzt hielt auch sie inne und schaute irritiert zu ihm zurück. „Was?“, stieß er hervor, „Was?!“ Sie verschränkte nachdenklich die Arme. „Wie es scheint, ist es wahr.“ Sie runzelte die Stirn. „Und ich glaube, das öffentliche Café ist der falsche Ort, um das zu besprechen.“ Sie kam zu ihm zurück und hängte sich bei ihm ein, „Ich bin natürlich gerne dazu bereit, dir meine Quellen preiszugeben.“ Ein gefährliches Funkeln trat in ihre Augen. „Gegen ein paar Antworten.“ Er ließ sich von ihr mitziehen. Wie konnte das bloß an die Öffentlichkeit gelangen? Wer hatte geplaudert? Dass sie nicht auffindbar war, konnten doch nur die drei anwesenden Assistenten, die sechs verbliebenen Todsünden und vermutlich auch Sin und Gott wissen! Sonst … niemand. Er starrte sie an. „Wer hat es dir gesagt?“ Er unterhielt sich im Flüsterton. „Die kennst du nicht“, winkte sie in normaler Lautstärke ab. „Wer weiß noch davon?“, wollte er von ihr wissen. Sie zuckte mit den Schultern. „Vermutlich jeder, der sich mit anderen unterhält?“ Sie machte eine kurze Pause. „Ich könnte etwas nachforschen, wenn du willst!“ Dann lächelte sie. „Und am Mittwoch überprüfen wir, wer vom Rest noch davon weiß! Und woher die es gegebenenfalls haben.“ Sie wirkte begeistert. Nathan hingegen fühlte, wie er erbleichte. Wie wohl die Todsünden auf diese Nachricht reagieren würden? Er musste ihnen sagen, dass es durchgerutscht war. Sie mussten handeln! Wenn die Öffentlichkeit Wind davon bekam und sich keine plausible Erklärung finden ließ, würde eine Panik ausbrechen – Engel waren nicht dumm. Es würde nicht lange dauern, bis der erste Verschwörungstheoretiker vom Engelsexekutor zu schwafeln beginnen würde! „Du siehst nicht gut aus“, stellte sie fest. Dann runzelte sie die Stirn. „Ist sie schon lange fort? Warum muss es geheim bleiben? Ist etwas … passiert?“ Er fühlte sich vor den Kopf gestoßen. Was sollte er jetzt antworten? Wie viel wussten sie alle wirklich? Musste er lügen? Abwedeln? Oder durfte er heraus. Er konnte das nicht alleine entscheiden. Er war keine Todsünde. Er sah sie bedrückt an. „Es tut mir leid, Liana, aber das Gespräch müssen wir verschieben. Ich denke, ich muss dringender zu Acedia, als ich gedacht habe.“ Sie sah ihn mitfühlend an. „Sag mir, wie es ausgegangen ist. Das Ganze, meine ich.“ Er nickte, dann entfernte er sich von ihr. „Versprochen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)