Federschwingen von RhapsodosGenesis ================================================================================ „Die Amnesie scheint sich nur auf die letzten Erlebnisse zu beziehen“, erklärte ihm ein Arzt, als er diesem in einem kleinen Sprechzimmer gegenüber saß. Es war jener Arzt, der ihm vor drei Tagen bereits zu Kyrie gebracht hatte. Der grauhaarige Mann schaute auf ein Stück Papier vor sich, welches sich vom kastanienbraunen Pult stark abhob. Auf dem Papier stand viel Text – auch ein kleines Diagramm war zu sehen. Vermutlich eine Abbildung von Kyries Herzschlag … „Vielleicht möchte sie also nur bestimmte Ereignisse verdrängen und gaukelt deshalb diese Vergesslichkeit vor“, fuhr der Arzt fort, wobei er John bedeutungsvoll anschaute, „Deshalb müssen wir Sie und Ihre Frau bitten, mehr über jenen Vorfall herauszufinden. Sobald Ihre Tochter dazu bereit ist, über die Geschehnisse zu sprechen, obliegt es Ihnen, eine Anzeige zu erstatten …“ Er pausierte kurz, um das Papier noch einmal zu überfliegen. „Fremdeingriffe sind die einzige Erklärung für zahlreiche Verletzungen.“ Seine Augen hafteten erneut an John. „Falls dies eine Option ist. Wir bitten Sie entsprechend, die Verhaltensweise Ihrer Tochter in nächster Zeit sehr genau zu beobachten und sie nicht zu häufig alleine zu lassen. Irgendjemand scheint ihr Schmerzen zufügen zu wollen.“ Er verschränkte die Arme. „Gestohlen wurde nichts, nicht wahr?“ Als John den Gang entlang ging, fühlte er sich seltsam leer. Er wusste nicht, wie er über all die Begebenheiten denken sollte. Fremdverschulden. Weil sie sich etwas aufgelastet hatte? Kyrie war seine Tochter. Sie war ein stolzes, kluges Mädchen mit einem fröhlichen Lächeln. Sie wusste, dass Gott immer für sie da war, dass auch ihre Eltern immer an ihrer Seite standen … Nein. Es konnte nicht sein, dass sie sich irgendjemanden zum Feind gemacht hatte, der zu solch einer Gräueltat fähig war! Keinesfalls. Niemals. Immerhin stand sie unter Gottes Schutz! Wie alle Menschen. Sie lebten in einer Welt, in der es kaum Verbrechen gab. Womit verdiente es seine Tochter, eines dieser wenigen Opfer zu werden? Die Tatsache, dass ihr jemand Schmerzen zufügen wollte, lehrte ihm das Fürchten. Jemand … jemand schien ihr nach dem Leben zu trachten. Es waren schwere Misshandlungen, die stattgefunden hatten. So hatte der Arzt es ausgedrückt. Sein Blick besagte auch, dass er Gewalt im Elternhaus nicht ausschloss – hier rettete sie Jakes Aussage allerdings vor dem Übel. Aber die Polizei musste jeder Einzelheit nachgehen. Ob ... ob der Täter wohl damit gerechnet hätte, Kyrie umzubringen? Unwillkürlich richtete er seinen Blick gen Himmel. Wie konnte dies nur alles geschehen? Und was hatten die Engel damit zu tun? Und Ray … Dieser Ray … Ob er auch etwas mit dem Himmel zu tun hatte? Wie sollte er Kyrie denn danach fragen? Oder hatte er sich für etwas anderes entschuldigt? Aber davon hätte Kyrie ihnen doch erzählt, oder? Sie hatten sie doch abgeholt, als Ray bei ihr war … Kyrie erzählte ihnen doch alles … Oder etwa nicht? Er war verwirrt. Vor der Tür zu Kyries Zimmer blieb er stehen. Er musste sich fassen – die positive Nachricht war immerhin, dass Kyrie morgen entlassen würde. Und das musste er ihr unbedingt mitteilen. Er wollte nicht, dass sie unglücklich war. Nur noch morgen – am Morgen würde es die letzten Nachuntersuchungen geben. Danach würden sie ihr die Therapievorschläge mit den passenden Therapeuten geben. Der Arzt hatte auch vorgeschlagen, dass sie auch über die Möglichkeit einer Armamputation nachdenken sollten – die Nerven im linken Arm waren völlig zerstört. Durch eine Prothese würde sie sich normal fühlen können … doch es würde ihr Schmerzen bereiten. Wie sollte er ihr das nur sagen? Oder ob die Ärzte mit ihr schon zuvor gesprochen hatten? Er wusste es nicht. Der Arzt hatte ihn bereits am Eingang abgefangen – Magdalena war derweil zu Kyrie gegangen … Oh, Gott – dass er behüte … Ihre Eltern hatten den gesamten Sonntag mit ihr verbracht. Es war eine nette Abwechslung, aber dafür vermisste sie sie jetzt umso mehr. Eine Zimmergenossin war ausgetauscht worden. Aber beide schliefen bereits – oder taten zumindest so. Kyrie konnte nicht schlafen. Ihr pulsierender Körper schmerzte dafür einfach zu sehr. Es drückte überall … der natürliche Heilprozess schien voll in Gange zu sein … Aber auch wenn sie dadurch erschöpft war, konnte sie nicht schlafen. Ihre Gedanken waren überall … einfach überall … Und immer wieder kamen sie auf den Himmel zurück … Sie kamen dahin zurück, dass sie Nathan nie mehr wieder sehen würde … Sie wollte so gerne wieder zurück … doch sie konnte es einfach nicht riskieren … Entsprechend war sie froh, dass sie zumindest Maria besucht hatte … Sie fragte sich, ob Maria bereits wieder entlassen worden war. Die arme Frau … Kyrie beschwerte sich, weil sie einen Arm nicht mehr spüren konnte, Rays Mutter aber konnte keinen Körperteil mehr rühren … Manchmal beging das Schicksal unfaire Züge … Wieso ausgerechnet jemand wie Rays Mutter? Von Rays Mutter flogen ihre Gedanken immer wieder zu Ray. Auch ihn vermisste sie sehr … Sie war froh, dass sie von ihrem neu erworbenen Leben zumindest ihn behalten durfte … Nun – das hoffte sie zumindest … Sie wollte sich gar nicht erst ausmalen, was geschah, wenn er es aufgab, auf sie zu warten. Es würde in fünfundzwanzig Jahren dann zwar einfacher werden, wenn sie dann einfach so starb, aber … Nun – sie bezweifelte, dass er fünfundzwanzig mit ihr diese Mauer besuchen wollte. Sie hatte heute mit einem Arzt gesprochen … Auch wenn sie am nächsten Morgen das Krankenhaus verlassen durfte, so musste sie das Studium für eine weitere Woche aufgeben. Und damit würde sie auch Ray nicht sehen. Erneut holte sie ihr Handy vom Nachttischschrank. Sie hatte ihn einfach nie nach seiner Nummer gefragt – nie daran gedacht … Aber es war auch ungewöhnlich für sie, krank zu werden. Sie war kaum einmal krank. Solche Vorsichtsmaßnahmen hatte sie einfach noch nie treffen müssen … In vorherigen Schulen hatte sie höchstens ein paar Tage gefehlt, weil sie panische Angst davor gehabt hatte, in die Schule zurückzukehren. Wegen Leuten wie Melinda, die ihr den Alltag zur Hölle gemacht hatten … Die sie einfach permanent in den Dreck gezogen hatten, um sie vor Nathan armselig erscheinen zu lassen … Um ihr dauernd zu sagen, wie wertlos sie sei … Dass sie endlich von Nathan ablassen solle …! Und doch … irgendwie hatte sie sich jedes Mal wieder dazu aufgerafft, den Unterricht wieder zu besuchen. Sie wusste nicht, was genau sie dazu angetrieben hatte … Manchmal war es vielleicht einfach ein Nathan, der plötzlich auf der Straße aufgetaucht war und zu ihr hoch geschaut hatte, als wollte er wissen, was mit ihr los war … Und vor ihm wollte sie einfach keine Schwäche zeigen. Keine Angst … Aber hier? Hier … hier konnte sie doch nicht anders! Niemand hätte sie wegen Nathan umgebracht! Diese … diese Engel aber hatten ihr mit dem Tod gedroht … Nein – sie würde den Himmel hinter sich lassen. Sie danke Nathan für alles, was er für sie getan hatte … Aber diesmal würde nicht einmal sein Anblick es schaffen, ihr ihre Angst zu nehmen. Diesmal nicht. Wenn sie die Augen schloss, so sah sie noch immer dieses himmlische Schwert vor sich aufblitzen. Wie es sie bedrohte … Wie es ihr, ohne zu zögern, die Kehle aufgeschlitzt hätte … Sie erstarrte völlig. Nein … Das war nicht ihre Welt. Sie studierte den Frieden – sie wollte mit Krieg und Waffengewalt nichts zu tun haben! Auch wenn sie Engel und Gott liebte … so … so waren es doch Dämonen, die die Waffen ursprünglich erschaffen hatten … Gott hatte die Waffen gewissenhaft eingeschränkt – und doch … konnten sie töten … Und das wollte Kyrie nicht. Sie wollte nicht töten. Und wenn sie dafür selbst sterben musste … Sie erschauderte, um sich wieder rühren zu können, dann legte sie das Handy zur Seite, als ihr klar wurde, dass sie keine Nachricht von Ray darauf finden würde. Vielleicht hatte er sie sogar schon vergessen … Sie hoffte trotzdem, dass Kylie oder Diane ihn beruhigt hatten … Ihm gesagt hatten, dass es Maria gut ginge – dass er sich nicht mehr zu sorgen brauchte … Dass er nicht mehr weinen musste … Oh, Ray … Wie gerne sie ihn wieder gesehen hätte … Falls er sie bis jetzt noch nicht aufgegeben hatte … wie würde das in der nächsten Woche werden? Gab es überhaupt Krankheiten, die so lange andauerten? Kyrie hatte keine Ahnung … Aber die Nacht war noch jung … und die Zeit, weiter zu sinnieren, war noch sehr lang. Ray war, unter dem Vorwand eines sehr wichtigen Termins für diejenigen, die gefragt hatten, eine halbe Stunde früher aus der Vorlesung verschwunden. Und seither saß er dort auf dieser Mauer und wartete. Kyries Eltern hatten sich nicht gemeldet. Kyrie hatte sich nicht gemeldet. Aber vielleicht würde sie heute wieder kommen? Vielleicht würde ihr Vater heute mit ihm sprechen? Er hatte gestern eigentlich geplant gehabt, einfach von Samstag auf Sonntag bei Ken zu übernachten, sodass er auch den ganzen Sonntag von zuhause fern bleiben hätte können, da er seinem Vater auch an einem freien Tag nicht begegnen wollte – doch die allwöchentliche Sonntagsstrategie hatte er nicht umsetzen können. Er wollte am Samstag einfach nicht mehr nach Hause kommen … doch er hatte Ken kurzfristig abgesagt und war sogar am Morgen früher aufgestanden, um Kim nicht zu verpassen. Scheinbar war das unsinnig. Niemand war vormittags zuhause und erst mittags kamen beide – Arm in Arm! – zurück. Aber Ray hatte kein Wort für seinen Vater übrig, sondern hatte sich sofort an Kim gewandt – welche ihm mitgeteilt hatte, dass Kyries Vater auch diesmal keine Messe gehalten hatte. Dabei glitzerten die Augen seines Vaters so, als wüsste er genau, wovon sie sprachen – und das bestätigte Rays Theorie, dass Frauen nie etwas für sich behalten konnten. Typisch. Aber es war ihm egal. Also saß er hier auf der Mauer. Und wartete. Und er würde hier warten – solange bis dieses verfluchte, schwarze Auto kam, um Klartext mit ihm zu sprechen! Nun … Wenn ihr Vater nicht innerhalb von zwei Stunden auftauchen würde, würde Ray es noch einmal mit dem Telefon versuchen. Und morgen würde er es genau gleich machen. Bloß, dass er nur alle zwei Tage anrufen würde. Er wollte nicht wie ein wahnsinniger Verfolger wirken. Also wartete er. Bei jedem Auto, das auf den Parkplatz fuhr, hob er den Kopf, um es genau zu betrachten. Aber nichts geschah. Kein Anruf. Kein Auto. Niemand kam vorbei, um ihn aufzuklären. Langsam begann er, sich zu fragen, wie er auf die Idee gekommen war, darauf zu hoffen. Darauf zu hoffen, dass sich jemand bei ihm meldete … Was, wenn es ihn schlichtweg nichts anging? Wenn Kyrie befand, dass er nichts über sie wissen müsse? Aber er würde die zwei Stunden durchhalten. Das würde er. Ihre Mutter streichelte sie beruhigend, als der Arzt die letzten Sätze zu Ende sprach und sie damit entlassen war. Sie hatten ihr gerade erst Schmerztabletten verabreicht, um die Reise möglichst angenehm zu gestalten. Kyrie war zumindest froh, aus dem Krankenhaus herauszukommen. Der Arzt verabschiedete sich freundlich von ihren Eltern und von ihr und wünschte ihr eine gute Besserung. Ihre erste Therapie würde in genau zwei Wochen stattfinden. Und dann würde es eine regelmäßige Tortur werden. Der Gedanke, dass ihre Schmerzen im Himmel in nur wenigen Sekunden ein für alle Mal aus der Welt geschafft wären, zog noch immer an ihr, doch die Angst, dorthin zurückzukehren, überwog jegliches Wehwehchen. Und deshalb hielt sie durch. Die wenigen Habseligkeiten, die sie in ihrem Zimmer hatte, nahm ihr Vater an sich und marschierte schweigend los. Sie richtete an ihre Zimmergenossinnen einen kurzen Abschiedsgruß. Danach hievte ihre Mutter sie in den Rollstuhl, welchen sie sich für zwei Wochen ausleihen durften, sodass sie befördert werden konnte. Ihre Mutter schob sie und lächelte sie aufmunternd an, sagte jedoch auch nichts. Und so hüllte auch Kyrie sich in Schweigen. Sie musste im Moment nichts loswerden. Sie hoffte lediglich, dass ihre Eltern noch warten würden, ehe sie sie mit Fragen löcherten. Es würde ihr sehr schwer fallen, diese Fragen abzuwehren. Ihren Eltern nur unvollständige Wahrheiten zu sagen … Lügen? Nein, das konnte sie nicht, aber … aber sie brachte es nicht über sich, ihrem Vater von dieser grausamen Seite der Engel zu erzählen. Von den bewaffneten Engel … Er durfte nie erfahren, dass sie Kämpfer waren. Denn er war es, der ihr die Idee des Friedens in den Kopf gepflanzt hatte – und sie wollte ihn davor behüten, diesen Glauben aufgeben zu müssen … Das geräumige, schwarze Auto parkte am überfüllten Parkplatz des Krankenhauses, zu dem es auch nicht weit war. Der Weg war etwas holprig, und in einem Rollstuhl zu sitzen, war sehr ungewohnt für Kyrie, da sie dieses Erlebnis zuvor noch nie hatte. Doch es fühlte sich leicht an, sich zu bewegen. Nur hatte sie selbst nicht die Kraft, den Rollstuhl fortzubewegen, vor allem weil ihr ein Arm dafür fehlte. Sie fragte sich, ob sie eine Prothese oder bloß eine Schiene dafür bekommen würde. Noch ließen die Ärzte ihn aber unbehandelt, da sie es nicht für nötig hielten, etwas daran zu tun, bevor Kyries andere Verletzungen nicht weitestgehend verheilt waren. Sie hatte deshalb auch ein Dokument unterschrieben, in welchem bestätigt wurde, dass Kyrie damit einverstanden war, und auch dass sie sich selbst überlegen musste, ob sie eine Schiene oder eine Prothese bevorzugte. Sie hatte keine Ahnung, wie sie sich da entscheiden sollte. Sie erreichten das Auto. Ihr Vater öffnete den kleinen Kofferraum, sodass er das Gepäck verstauen konnte – und dann unterstützte er sie unbeholfen dabei, auf den Rücksitz zu gelangen. John packte sie an den Schultern, Magdalena half von unten nach – und irgendwie saß sie dann letztendlich im Auto. Als die Türe geschlossen wurde und sie sich dagegen lehnte, war es seltsam, den Arm, den sie damit belastete, nicht zu spüren. Aber sie würde sich daran gewöhnen müssen. Zumindest brauchte sie den Rollstuhl nicht ewig – auch wenn ein Rollstuhl mehr war, als Maria zur Verfügung hatte … Sie brauchte diese Hilfe zumindest nur für die nächsten paar Tage. Die Ärzte waren davon überzeugt, dass sie die Gehübungen alleine hinbekommen würde, sodass sie in drei Tagen wieder richtig stehen können würde, da ihre Beinmuskulatur sehr schnell wieder regeneriert sein würde … Sie hoffte, dass das zutraf. Der normale Alltag – ohne Überlastung durch das Studium – würde ihr bestimmt gut tun. Das redeten sie ihr ein – und sie glaubte es ihnen einfach. Hoffte auf den Wahrheitsgehalt dieser Aussage. Der Motor des Wagens gab ein ruhiges Geräusch von sich. Die Dachluke war leicht geöffnet, sodass eine kühle Brise dem Auto angenehme Temperaturen verschaffte. Kyrie schaute aus dem Fenster. In dieser Gegend war sie nur selten – sie war noch nie zuvor im Krankenhaus gewesen. Zumindest erinnerte sie sich nicht daran. Die Bäume zogen langsam an ihr vorbei. Und unter dieser Allee befand sich eine kleine Mauer. Auf dieser Mauer saßen hin und wieder Menschen. Sie wirkten glücklich. An den zahlreichen, gleichen Schuluniformen erkannte sie, dass hier ein Schulhof in der Nähe sein musste. … Ray … Sie rückte ein wenig herum, sodass sie auf die Kilometeranzeige schauen konnte, wo auch die Uhrzeit angezeigt wurde. Es war gerade ihre Zeit. Die Zeit, in der sie und Ray sich treffen würden. „… Habt ihr eigentlich Ray Bescheid gesagt, weshalb ich nicht komme?“, durchbrach sie die Stille. Ihr Vater zuckte sichtlich zusammen. Ihre Mutter drehte sich um und schüttelte zögerlich den Kopf. „Nein“, sagte sie gequält, „Es tut mir leid – daran habe ich gar nicht gedacht …“ Sie seufzte. „Der arme Junge!“ „Können wir vielleicht kurz zur Universität fahren?“, wollte sie wissen, „Ich … möchte nicht, dass er umsonst wartet.“ Sie seufzte innerlich. Vielmehr wollte sie wissen, ob er überhaupt warten würde … Oder ob sie ihre Freundschaft beendet hatte … Warum hatte sie sich nie seine Handynummer besorgt? „Nein“, sagte ihr Vater plötzlich, „Die Ärzte haben angewiesen, dass du sofort nach Hause sollst.“ „Aber …“, wollte Kyrie widersprechen. „Nein“, wiederholte er barsch, „Er wird schon nichts verpassen. Und er wird bestimmt mitbekommen, dass etwas nicht stimmt.“ Kyrie senkte ihren Blick. „Ach, John“, keifte Magdalena plötzlich, „Nur ganz kurz! Das ist doch kein Umweg!“ „Doch“, beharrte der Vater, „Ich will nicht, dass dieser Mann meiner Tochter etwas zuleide tut!“ „Er tut ihr doch nichts!“, herrschte ihre Mutter den Lenker an, woraufhin sie sich geschockt zu Kyrie drehte. „Er hat doch nichts …?“ „Natürlich nicht!“, stieß Kyrie sofort hervor, wobei sie ihre Mutter entsetzt anstarrte, „Wie könnte er?!“ „Was hat es dann damit auf sich?“, verlangte John zu wissen. Kyrie schwieg. „Kyrie …“, flüsterte ihre Mutter beruhigend. „Nun? Was ist geschehen? Woher soll ich wissen, dass dieser Ray nichts damit zu tun hat?“, forderte ihr Vater zu wissen. „Du wirst mir einfach …“, sie stockte kurz. Wie sollte er ihr glauben, wenn sie ihn zwangsläufig belügen musste? „… vertrauen müssen“, beendete sie ihre Worte dann schnell. John sagte nichts mehr. Auch Magdalena schwieg, wobei sie sich unruhig regte und hin und wieder fragend zu ihrem Mann schaute. Kyrie lehnte sich wieder zum Fenster und versank in ihren Gedanken. Sie hoffte einerseits, dass Ray warten würde. Doch andererseits betete sie, dass er nicht ihretwegen sinnlos Zeit verschwenden würde. Alles andere wäre unfair ihm gegenüber. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)