Harvest Moon - The Distance Between Us von jane-pride (Chelsea&Vaughn) ================================================================================ Kapitel 34: Andreas Zorn ------------------------ Kapitel 34 Andreas Zorn     Regen prasselte auf die trockene Erde. Dankbar nahm das restliche grün der Natur den kostbaren Regen auf und versuchte der näher kommenden Kälte noch etwas standzuhalten. Obwohl die Natur sich im Klaren darüber war, dass es nicht mehr lange möglich sein würde. Dennoch hatte der stetige Regen etwas Friedliches. Diese immer wiederkehrende gleiche Sache konnte den Leuten viel Trost spenden, aber auch einige in triste Stimmung verfallen lassen.   Andreas starrte nun seit über einer Stunde aus dem Fenster und versuchte sich an dem Anblick, der sich ihm draußen bot, zu erfreuen. Immerhin tat es seinem Ackerland durchaus gut, wenn er die Bewässerungsanlage nicht anschalten musste. Allerdings gelang es ihm nicht. Aus einem unerklärlichen Grund fühlte er sich an jenem Tag sehr traurig und sehr einsam. Ihm fehlte seine Frau, die an solchen Tagen die Sonne für ihn gewesen war, sodass der heftige Regen ihn noch tiefer in seinem tristen Gemüt erschüttern konnte. Leider war seine Frau nicht mehr am Leben und er fragte sich wie so oft, in solch schwermütigen Stunden, warum ihm das Schicksal das Liebste nehmen musste, was er gehabt hatte. Sie war alles für ihn gewesen, sowohl eine gute Freundin, Ehefrau und Hausfrau, als auch eine einfühlsame Mutter. Das größte Glück in seinem Leben war, dass sie ihn geheiratet hatte und ihm zwei wunderbare Kinder geschenkt hatte. Wie gerne hätte er Chelsea und Mark zusammen mit ihr groß gezogen. Doch es war nicht mehr zu ändern.   Inzwischen war Mark erwachsen geworden, ging studieren und bereitete sich mit vollem Ehrgeiz auf sein späteres Erbe vor, den Betrieb eines Tages zu übernehmen. Andreas konnte gar nicht stolzer auf seinen Sohn sein, als in diesem Augenblick, wenn er an die gesicherte Zukunft seines Betriebes dachte. Chelsea entwickelte sich immer mehr zu einer hübschen jungen Frau mit viel Verantwortungsgefühl, die zusammen mit Mark den Hof erhalten würde. Er war sich sicher, dass er sich auf seine Kinder verlassen konnte.   Trotzdem bereitete ihm seine Tochter seit einiger Zeit Sorgen. Sie benahm sich anders als sonst. Andreas spürte, dass sie ihm etwas verheimlichte, und dass ihn diese Tatsache störte. Jedoch brachte ihn sein Grübeln darüber nicht weiter. Anscheinend musste er Chelsea direkt fragen, was sie immer häufiger in andere Gedanken abtauchen ließ. Kein richtiges Gespräch war mit ihr möglich gewesen, seitdem Mark auf seinem Lehrgang war. Gerade dadurch wurde ihm bewusster, dass er mit Chelsea nicht mehr richtig gesprochen hatte, denn ansonsten war immer Mark anwesend gewesen, weswegen ihm Chelseas ausweichende Art nicht sonderlich aufgefallen war.   Schwerfällig erhob sich Andreas von seinem Stuhl und begab sich in den ersten Stock des Hauses, wo sich sämtliche Privaträume der Familie befanden. Langsam setzte er einen Fuß vor den anderen und versuchte wohlüberlegte Worte zurechtzulegen, mit denen er das Gespräch mit seiner Tochter führen wollte.   An ihrer Tür angekommen, nahm er einen letzten tiefen Atemzug und wollte gerade anklopfen, als er Chelseas Lachen von innen hören konnte. Spontan hielt Andreas in seiner Bewegung inne und lauschte, obwohl es gegen seine Natur war, an der Tür zu Chelseas Zimmer.   „Jetzt hör aber auf! Übertreib es mal nicht!“, lachte Chelsea in ihr Handy und wischte sich die Tränen aus ihrem Gesicht. „Ich wusste gar nicht, dass du so witzig sein kannst.“ Empört, schnaubte Vaughn in sein Handy. „Was soll das heißen? Traust du mir das etwa nicht zu?“   „Nun ja, solange gehen wir nun auch wieder nicht miteinander.“, antwortete Chelsea in einem liebevolleren Ton und kuschelte sich verliebt in ihr Kopfkissen. Dabei spielte sie gedankenverloren mit einer von ihren Haarsträhnen, die sie sich um ihren Finger wickelte. „Stimmt auch wieder.“, sagte Vaughn nach einigen Sekunden und hätte am liebsten sofort Chelseas Gesicht gesehen. „Es bleibt doch dabei, mit morgen?“ „Ja. Ich werde garantiert kommen.“ „Gut. Ich warte auf dich und Chelsea, bis morgen!“ „Bis morgen, Vaughn.“   Kaum hatte Chelsea den Anruf beendet, als ihre Tür abrupt aufgestoßen wurde und ein ziemlich wütender Vater ins Zimmer kam. Erschrocken richtete sich Chelsea auf und starrte ihren Vater entgeistert an.   „Vater, was…?“ „ICH stelle hier die Fragen!“, polterte Andreas drauflos, sodass seine Tochter vor Furcht leicht zitterte. So aufgebracht, hatte sie ihn noch nie erlebt. „Mit WEM hast du eben telefoniert?“ „Mit Julia.“, hauchte Chelsea leise. Sie sah darin ihre Chance, in der Hoffnung, dass ihr Vater nicht herausfinden würde, mit wem sie in Wirklichkeit telefoniert hatte. Doch, ein rascher Blick in sein verzerrtes Gesicht belehrte sie eines Besseren.   „Wie kannst du es wagen, MICH so frech ins Gesicht anzulügen? Ich kann mich NICHT daran erinnern, dich so erzogen zu haben.“ „Aber, Vater, ich…“ „Wie lange geht DAS schon so?“, unterbrach er seine Tochter. Hastig lief er vor ihrem Bett auf und ab und ließ seine Tochter für keine Sekunde aus den Augen. „Was meinst du?“ „Das weißt du ganz genau! Wie lange triffst du dich bereits mit diesem VAUGHN?“   Das letzte Wort schleuderte er seiner Tochter voller Verachtung entgegen. Chelsea entging es nicht. Sie hatte geahnt, dass ihr Vater nicht gut auf Vaughn zu sprechen sein würde, weswegen sie ihm bisher noch nichts von ihm erzählt hatte. Die jetzige Situation ließen ihre schlimmsten Befürchtungen wahr werden. Verzweifelt fing Chelsea an zu weinen und krallte sich mit ihren Händen in ihr Bettlaken. Entschlossen sah sie ihrem Vater direkt ins Gesicht, als sie die nächsten Worte an ihm richtete.   „Seit den Herbstferien.“ „So lange schon? WIE kommst du überhaupt dazu? Mit SO EINEM Kerl, der unhöflicher nicht sein.“ „Er ist NICHT unhöflich! Im Gegenteil, er ist nett und gut…“ „NETT und GUT? Chelsea, ich will nicht dass du dich weiterhin mit IHM triffst. Hast du MICH verstanden? Ich VERBIETE dir jeglichen Kontakt mit diesem Taugenichts!“, sprach Andreas entschieden und schaute seine Tochter eindringlich an.   „Bitte, Vater, lerne ihn doch erstmal besser kennen. Vaughn ist kein schlechter Mensch. Er hat mich…“ „Ich will nicht wissen, was er mit dir getan hat! Seine Gefühle sind niemals echt, Chelsea. Er nutzt dich garantiert aus. Solche Typen haben doch nichts anderes im Kopf, als unschuldige Mädchen zu verführen, und dass lasse ich nicht zu. Nicht mit meiner einzigen Tochter. Du bist noch zu jung, um sowas richtig beurteilen zu können. Glaube mir, das wird das Beste für dich sein, wenn du ihn nie wieder sehen wirst.“ „Woher willst du das wissen? Das ist ungerecht. Vaughn ist auf keinen Fall so.“ „Chelsea, jetzt sei vernünftig, und tu gefälligst das, was ich dir sage. Ich meine, es doch nur gut mit dir. Ich muss dich doch beschützen.“ „NEIN! Du weißt überhaupt nicht, was gut für mich ist und was nicht! DU kennst mich doch gar nicht. Ich BIN NICHT, wie Mutter, die denselben Traum mit dir teilte. Ich HASSE es hier!“   Nach diesen Worten lief Chelsea eilig aus ihrem Zimmer und ließ ihren zur Säule erstarrten Vater zurück. Fassungslos sah er seiner Tochter hinterher und versuchte zu begreifen, was sie zu ihm gesagt hatte und auch, was er alles zu ihr gesagt hatte. Unkontrolliert hatte er sie angeschrien und noch nicht einmal den Versuch unternommen, die Erklärungen seiner Tochter anzuhören, geschweige denn, sein Temperament zu zügeln. Konnte es möglich sein, dass er sich so gewaltig in seiner Tochter geirrt hatte? All die Jahre war er davon ausgegangen, dass es ihr auf dem Hof gefiel, und dass sie mit Freuden den Betrieb mit ihrem Bruder gemeinsam leiten würde. Denn so hätte er seine Familie immer beisammen gehabt. Außerdem hätte er in Ruhe bei seinen Kindern alt werden können, hätte ebenfalls miterlebt, wie sie selber heiraten und Kinder kriegen würden. Eine gesicherte Zukunft für noch unzählige Jahre, welches sein ganzer Stolz haben würde. Das Überleben seines Betriebes, was er mit seinen eigenen Händen aufgebaut hatte.   Heftig mit sich selber ringend, versuchte Andreas sich zu beruhigen bevor er seiner Tochter nachlief, um dieses katastrophale Gespräch in eine vernünftige Richtung zu lenken. Wenn es denn noch, zu retten war.     Chelsea rannte in den nächstgelegenen Pferdestall und ließ sich hinter der Tür auf den Boden fallen. Mit angewinkelten Knien und verschränkten Armen weinte sie hemmungslos und wünschte, dass ihr Bruder in diesem Moment bei ihr wäre, um sie zu trösten. Warum hatte sie auch nicht ihr Handy mitgenommen? Dann hätte sie jetzt mit ihm telefonieren können. Bestimmt hätte er sie beruhigen können. Unter diesen Umständen wollte Chelsea nicht so schnell wieder zurück in ihr Zimmer. Sie verstand ihren Vater nicht, der sie grundlos angeschrien hatte, obwohl sie nichts Schlimmes getan hatte. Das einzige, was ihr widerfahren war, das sie sich verliebt hatte. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie verliebt und glücklich dabei gewesen. Bei Vaughn fand sie Trost und Geborgenheit, sie spürte, dass sie an seiner Seite richtig war, und dass sie da auch hingehörte.   Mittendrin in ihren Gedanken, hörte Chelsea plötzlich Schritte näher kommen. Kurz vor ihr kamen die Füße zum Stehen. Langsam, hob sie ihren Kopf und konnte nicht glauben, wen sie nun vor sich hatte.   „Hallo, Chelsea. Na, warum denn so traurig? Freust du dich denn nicht, mich wiederzusehen?“   Ein Alptraum. Was anderes konnte es nicht sein. Chelsea fühlte sich in einen ihrer schlimmsten Alpträume gefangen, aus dem sie nicht wieder aufwachen konnte. Denny stand unmittelbar vor ihr und grinste sie diabolisch an.   „Was machst du hier?“, fragte Chelsea und erhob sich vom Boden. „Ich arbeite hier.“ „Arbeiten? Wieso?“ Irritiert sah sie, ihren Gegenüber an, und versuchte ihre wackeligen Knie zu stabilisieren, damit sie mehr Halt haben konnte. „Davon weißt du nichts? Ihr brauchtet doch eine Aushilfe und die bin ich. Seit einer Woche.“   Mit jeder Sekunde wurde Chelsea schwindeliger. Ihre Umgebung begann sich zu drehen. Die schrecklichen Bilder von ihrer letzten Begegnung gingen ihr durch den Kopf und raubten ihr jeglichen Wiederstand. Nur mir großer Anstrengung schaffte sie es, sich auf den Beinen zu halten.   „Mein Vater hat dich eingestellt?“, fragte sie völlig perplex nach. „Stimmt genau. Doch jetzt entschuldige mich, ich  muss arbeiten.“ „Du verschwindest auf der Stelle von hier!“, fand Chelsea ihren Mut wieder und schaute Denny entschlossen in die Augen.   Allerdings war er so schnell, das Chelsea nicht sofort mitbekam, dass sie erneut von ihm mit dem Rücken an die Wand gedrückt wurde und Denny ihre Hände fest hielt, sodass sich Chelsea wieder nicht wehren konnte. „Sag das noch mal und sehe mir dabei tief in die Augen.“   Denny kam ihrem Gesicht so nahe, dass nur noch wenige Millimeter zwischen ihnen waren. Panik überfiel Chelsea. Sie wusste nicht, wie sie sich ihm zur Wehr setzen sollte und wünschte sich nichts sehnlicher als Vaughn herbei, der sie aus dieser misslichen Lage befreien konnte.   „Was denn, haben wir etwa Angst? Du bist wohl doch nicht so mutig, wenn dein Freund nicht bei dir ist.“, flüstere Denny ganz nahe an Chelseas Ohr. „Weißt du, Chelsea, was du und dein Freund mir angetan habt, dafür werdet ihr büßen. Niemand legt sich ungestraft mit mir an und kommt dann noch so einfach davon. Ich bin mir absolut sicher, dass wir beide noch jede Menge Spaß miteinander haben werden, aber glaube ja nicht, dass ich dich dabei verschonen werde.“   Chelsea wich jede Farbe aus dem Gesicht. Als sie sich hinterher versuchte, an diese Begegnung zu erinnern, wusste sie nicht mehr, ob Denny freiwillig von ihr abgelassen hatte, oder ob es die Rufe ihres Vaters waren, die sie fürs Erste aus dieser misslichen Lage befreit  hatten. Nachdem Andreas seine Tochter völlig verängstigt im Stall vorfand, schob er es auf das vorangegangene Gespräch, welches sie geführt hatten. Daher verstand er nicht im Geringsten, als Chelsea wie ein Wasserfall auf ihn einredete, um ihm mitzuteilen, dass er Denny sofort entlassen sollte.   „Glaub mir, Vater. Er ist ein mieser Kerl, der nichts Gutes im Schilde führt. Du darfst ihm nicht trauen.“ „Chelsea, wovon redest du? Denny hilft uns bloß einige Wochen auf dem Hof. Jetzt, wo dein Bruder noch weg ist, kann ich ihn nicht wieder gehen lassen.“ „Vater, du kennst ihn nicht! Bitte!“ „Ehrlich gesagt, Chelsea,“, seufzte Andreas und sah seiner Tochter traurig in die Augen, „ich weiß momentan gar nicht, ob ich dir noch, meiner eigenen Tochter, vertrauen kann.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)