Resident Evil 4 von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Tor zu einer anderen Dimension ----------------------------------------- Zwei Tage später schellte es an der Tür. Der Postbote mit einem kleinen Päckchen. Zitternd nahm ich es dem jungen Mann ab, der stirnrunzelnd auf meine Hände herab sah, die Mühe hatten die Unterschrift auf das Gerät für die Empfangsbestätigung zu kritzeln. Mit Knien, die noch mehr zitterten lief ich dann wieder in mein Wohnzimmer. Jessica lag zum Glück gerade schlafend in ihrem Bettchen. Und so, wie ich meine Kleine kannte, würde sie nach dem üppigen Mahl von vorhin erst in frühestens zwei Stunden wieder wach werden. Noch während ich ins Wohnzimmer lief, riss ich die Pappe auf und nahm die schmale Spielhülle raus. Das Cover war zwar sehr einfach, wirkte aber dennoch sehr bedrohlich. Ein roter Hintergrund, mit schwarzen Bäumen. Unten links konnte man die ebenfalls schwarze Silhouette eines Mannes erkennen, der scheinbar eine Kettensäge, oder sowas hielt. Ein heftiger Schauer durchfuhr mich. Denn erst jetzt wurde mir bewusst, auf was ich mich da gerade wieder einlassen wollte. Ich hatte den Horror von meinem letzten Trip keineswegs vergessen. Aber was hatte ich schon für eine Wahl, wenn ich Jack wiedersehen wollte. Wenn er mir überhaupt begegnete, denn das war ja auch unsicher. Schließlich legte ich das Spiel weg und stand wieder auf. Mein Blick fiel auf den schwarzen Jogging-Anzug, den ich trug. Denkbar ungeeignet, für einen Überlebenskampf. Also verschwand ich erst mal in meinen Schlafzimmer und zog mich entsprechend um. Derbe Jeans, T-Shirt und Jeansjacke. Dazu meine solidesten Turnschuhe. Waffen hatte ich nicht, woher denn auch. Nachdem ich fertig war, blieb ich einige Minuten vor meiner verspiegelten Schranktür stehen und musterte mich eingehend. Eigentlich hatte ich mich nicht wesentlich verändert, seit dem ich aus der anderen „Dimension“ zurück kam. Nun, ich war wahrscheinlich in der Gesamtheit reifer geworden. Das blieb auch nicht aus, wenn man ein Kind hatte. Meine Gesichtskonturen waren nicht mehr so weich wie zuvor. Und meine blonden Haare waren etwas länger. Gerade so lang, dass sie mir bis zum Kinn reichten und ich sie mir hinter die Ohren streichen konnte. Ich war mir sicher, dass Jack mich wieder erkennen würde. Dann ging ich wieder ins Wohnzimmer. Doch ich kümmerte mich nicht sofort um das Spiel, sondern beugte mich über die kleine Wiege und sah meinen kleinen Engel an. Was wurde aus ihr? Als ich das letzte Mal drüben war, da war ich nach der normalen Zeitrechnung in meiner Dimension nur etwa zwei Stunden verschwunden. Was, wenn ich dieses Mal länger verschwand? Was war dann mit Jessica? Aber ich konnte sie nicht mitnehmen! Ihr könnte etwas zustoßen und das würde ich mir nie verzeihen können. Und zudem, wenn es nötig war, wie sollte ich mit einem Kind im Arm anständig kämpfen? „Du musst hierbleiben, Liebling! So sehr ich dich auch gern deinem Daddy vorstellen würde.“ flüsterte ich, strich ihr mit der einen Hand über die Wange und mit der anderen umfasste ich fest das Medaillon um meinen Hals. „Ich werde ihm wohl nur ein Bild von dir zeigen können.“ In dem silbernen Medaillon war ein kleines Bild meiner Maus, mein neuer Glücksbringer. Mein Alter war das einzige gewesen, dass ich drüben gelassen hatte. Meinem Geliebten zum Trost. Wenn ich ihn traf, so hatte ich noch einen größeren für ihn. Schweren Herzens wand ich mich von der Wiege ab und ging zu meinem Fernseher und der Wii. Ich drückte den Knopf des Fernsehers, der mich prompt mit Störgeräuschen empfing. Und dann den Knopf der Wii, die surrend zum Leben erwachte. Dann schob ich die CD ein und nahm den Kontroller zur Hand. Während das übliche anfängliche Geplänkel anfing, ließ ich mich auf dem Sofa nieder. Dann erschien der Startbildschirm. Der Leon zeigte, der ein junges, blondes Mädchen hinter sich herzerrte. Das Menü kam hoch. Und ich drückte den entsprechenden Menüpunkt an. „Neues Spiel“ Ein greller Lichtblitz brannte sich in meine Netzhäute und eine grauselige, raue Stimme schmetterte mir ein „Resident Evil four“ entgegen. Dann griff Schwärze nach mir. Wie beim ersten Mal meinte ich in einen pechschwarzen Sumpf gesogen zu werden und ich spürte wieder, wie es mir den Atem nahm. „Jack!“ hauchte ich mit dem letzten Hauch in meinen Lungen und tauchte widerstandslos in die Schwärze ab. Das nächste, was mir wieder ins Bewusstsein drang war der Geruch nach Erde und feuchtem Laub. Ein kalter Wind strich durch meine Haare und ich konnte das Rascheln von Laub hören. Hatte es wirklich wieder funktioniert? Oder träumte ich nur? Hatte ich mir es nur so sehr gewünscht, dass es funktionierte und bildete es mir nur ein? Aber ich spürte nasses Laub an meiner Wange und Steine und Stöcke, die sich in meinen Bauch und meine Brust bohrten. Konnte man sich etwas so eindringlich einbilden? Langsam öffnete ich die Augen. Und erblickte das, was meine anderen Sinne bereits zuvor wahrgenommen hatten. Laubbedeckter Waldboden. Herbstlichen Waldboden. Langsam blickte ich nach oben, an den kahlen Bäumen hoch, die sich in einen verhangenen Herbsthimmel streckten. Der Wind pfiff leise, aber eindringlich durch die Bäume und ließ das Laub rascheln. Ansonsten war es, bis auf ein paar Vogellauten – Krähenschreie – völlig still. Scheinbar war ich mitten in einem Wald irgendwo in der Taiga oder so gelandet. Zumindest hatte ich wohl dieses Mal keinen Sturz aus mehreren Metern Höhe gemacht, denn weh tat mir nichts. Ich drehte mich einmal im Kreis, in der Hoffnung irgendwas zu sehen, was mir sagen könnte wo ich war. Aber ich sah nichts. Bis auf Bäume. Und mal ein paar Büsche dazwischen. Super! Mitten in irgendeinem Wald im Nirgendwo und keine Ahnung, in welchem Land und zu welcher Tageszeit! Was nun? Eigentlich hatte ich nur eine Wahl. Einfach auf gut Glück loslaufen und hoffen auf irgendwas zu stoßen, dass von Zivilisation zeugte. Ein Haus, ein Weg, eine Straße, ein Zaun, irgendwas. Langsam setzte ich mich in Bewegung, den Blick dabei zum Himmel wendend. Wenn ich wenigstens die Sonne sehen könnte! Aber der Himmel war so dicht verhangen, dass es wirkte, als würden die Wolken gleich die Baumkronen berühren. Die ganze Athmosphäre war unglaublich bedrückend, fast schon bedrohlich. Obgleich ich bis jetzt nichts gefährliches gesehen hatte, spürte ich förmlich, dass hier was nicht stimmte. Aber damit hatte ich schließlich auch gerechnet. Voller Erwartung stapfte ich durch den Wald, immer weiter. Ins Ungewisse. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)