100 Sünden musst du begehen... von Anemia (...um in dieser Welt zu bestehen.) ================================================================================ Kapitel 3: Sonderbar -------------------- (Freie Arbeit) "Alter Falter, wie kann man sich so etwas Kitschiges und zugleich Pottenhässliches ins Fenster stellen?" Meine Empörung konnte man wahrscheinlich sehr leicht aus dem Klang der Worte heraushören und wenn ich Glück hatte, haute mich Jegor nicht für den Spott, der ebenfalls unverkennbar sein musste. Seinen zusammengekniffenen Augenbrauen nach zu urteilen konnte mir dies allerdings blühen, nur glaubte ich, dass auch ein Mann mit russischem Blut in den Adern keine Frauen schlug. "Das ist von meiner Großmutter", erklärte er mir ungewöhnlich ruhig, denn eigentlich kannte ich meinen Freund eher als einen temperamentvollen, leicht aufbrausenden jungen Mann, der eine Vorliebe für das Schimpfen und Fluchen hegte. Ich spürte, wie sich auf meinem Gesicht ganz automatisch ein Schmunzeln ausbreitete, während wir gemeinschaftlich die kunterbunte Parodie eines Kerzenständers betrachteten, und als ich aus den Augenwinkeln einen Blick auf Olli erhaschte, konnte ich feststellen, dass er ebenfalls leicht bis stark irritiert auf den Weihnachtsschmuck reagierte. "Was?", platzte es nun schon ungehaltener aus Jegor heraus, wahrscheinlich hatte er ebenfalls bemerkt, wie kariert sein bester Kumpel aus der Wäsche guckte. Trotzdem umfasste er den Ständer mit einer Hand und baute ihn mitten auf dem Fensterbrett auf, damit ihn auch ja die ganze Nachbarschaft bewundern konnte. "Dass du deiner Metalleidenschaft stets und ständig treu bist, das wissen wir ja, Rissi. Aber von dir hätte ich mir Zuspruch erwartet, Olli." Er strich sich seine langen Haare im Nacken glatt und biss sich abwartend auf die Unterlippe, so wie er sich dem anderen Langhaarigen zuwandte und ihn mit seinen dunklen Augen durchbohrte. "Insgeheim stehst du doch auf Russenzeugs, gibs zu." "Nee, zu kitschig", erwiderte Olli jedoch nur trocken, fast schon etwas gelangweilt und holte tief Luft. "Ey, guck mich an, ich seh kein bisschen kitschig aus." "Na, du..." Es machte sich einmal mehr deutlich bemerkbar, dass Olli der ruhige Pol unserer lustigen Runde war. Wenn er in unserem trauten Heim zu Besuch war, platzierte er sich mit einer Vorliebe auf dem Sofa und glotzte in die Flimmerkiste; kurz, er tat so, als wären wir gar nicht da. So einen ungeselligen Menschen gibt es selten. Aber wir hatten ihn trotzdem lieb, einfach, weil er unseren Musikgeschmack teilte und Jegor oft bei kleineren Macken mit seinem Auto half. Doch heute unterstützte er ausnahmsweise mich. "Klar, innerlich bist du voll die Kitschtante", widerlegte ich Ollis Ansatz und winkte ab. "Bei euch Russen ist aber so ein kleiner schwuler Touch normal, gell?" "Schwuler Touch, tze", machte Jegor nur und holte weitere Scheußlichkeiten aus dem Pappkarton. "Olli ist 'ne Schwuppe, das sieht man doch. Alle Dekoengel sehen aus wie er. Schon mal drauf geachtet?" Stimmt, lange, blonde Haare waren das Merkmal dieser heiligen Gestalten und das leicht androgyne Gesicht fügte sich nur zu gut in das bestehende Bild. Doch bevor ich mir Jegors Miniaturschwuppenengel näher betrachten konnte, machte ich mich aus dem Staub, denn mit jedem Dekoartikel mehr fürchtete ich um mein Augenlicht. Die Kerle sollten mal schön das Zimmer verunstalten, sich meinetwegen selbst zum Tannenbauem degradieren mit fett Lametta und Lichterkette. Das sparte Kosten und unterstützte die Abholzung der Wälder keineswegs. Ja, ich weiß, ich hatte äußerst sonderbare Fantasien, die oft schon an die Absurdität grenzten. Aber das Limit war noch nicht erreicht, wie ich an diesem Abend erfahren durfte. Es trug sich nämlich etwas zu, dass mich verstörte, ärgerte und zugleich meinen tiefsten mentalen G-Punkt höchstgradig stimulierte. Nie hätte ich für möglich gehalten, dass meine Psyche eine dermaßen versaute Schlampe ist, heimtückisch noch dazu und absolut unmoralisch. Doch sie war es. Sie war es mit einer Leidenschaft, die ihresgleichen suchte und alle Vorlieben, die ich bis jetzt gehegt hatte, untergehen ließ. ***** Trotz der Minustemperaturen hatte ich mir auf dem Balkon eine Zigarette gegönnt, und als ich den Stummel in den Aschenbecher drückte musste ich mit einem Grinsen an das wahrscheinlich komplett zu einer Rummelbude umfunktionierten Wohnzimmer denken. Jegor war kreativ, wenn es darauf ankam und Olli stellte meist keinen starken Gegenpol dar, um die Interessen der anderen Seite - meine - zu vertreten. Man musste ihn nur lieb angucken, den zauberhaftesten Augenaufschlag an den Tag legen und etwas Süßholz raspeln; der Junge war absolut verführbar. Dennoch frage ich mich im Nachhinein, wie mein Freund es geschafft hatte, ihn zu dem zu bewegen, was mich beim Betreten der heimeligen Stube erwartete. Niemals sprühten Funken zwischen den beiden, nicht mal im betrunkenen Zustand schwulten sie sich voll und doch hatte sich in kürzester Zeit etwas vollkommen Unerwartetes ergeben. Olli saß nämlich komplett nackt, mit geschlossenen Augen und im Gegensatz dazu recht weit und sinnlich geöffneten Lippen auf Jegors Schoß und schien die rhythmischen Bewegungen, die er ausführte, sehr zu genießen. Jegor hingegen hatte sein Gesicht in der Halsbeuge seines eigentlich besten Freundes vergraben und ich konnte trotz der die Sicht blockierenden Sofalehne seine verkrampten Finger sehen, die vor Erregung rote Kratzer auf Ollis heller Haut hinterließen. Da stand ich nun. Ertappt hatte ich meinen Freund, erwischt beim Sex mit unserem gemeinsamen Kumpel und fühlte, wie sich die Worte in meinem Hals zu einem dicken Klumpen zusammenballten. Gelähmt schien mein ganzer Körper und die Hand, die auf der Türklinke lag, verlor ihren Halt durch den Schreck, der zu tief saß, um ihn noch spüren zu können. Details nahm ich längst keine mehr war, alles kreiste nur noch um die Tatsache, dass die beiden Typen es vor meinen Augen trieben; der Mann, mit dem ich seit einem Jahr intim war betrog mich von der übelsten Sorte. Von einer Sorte, die jede Frau in den Abgrund stürzen konnte. Ein Stöhnen. Keuchen. Fester pressten sich die beiden nackten Körper aneinander, so, als würden sie alles von diesem Moment so intensiv wie möglich in sich aufnehmen wollen. Die Geräusche der Lust drangen an mein Ohr, kitzelten mich ganz tief in meinem Inneren und als der erste Schreck abklang, wurde mir die Leidenschaft der beiden Männer bewusst. Sie schienen die Welt um sich herum vergessen zu haben, sie schienen es ignoriert zu haben, dass ich mich im Haus befand; sie lebten ihre vielleicht langgehegten Wünsche aus, die sie so gut vor sich wie auch vor mir verborgen hatten. Doch wieso? Wieso hatten sie es getan, wo es doch für alle Beteiligten eine wahre Offenbarung darstellte? Die Kerle trugen eine schwule Ader in sich, während ich mich fühlte, als wäre ich involviert in dieses unfassbare Geschehen, das sich mir bot. Bei jedem Laut, jeder einzelnen Berührung, die ich sah, prickelte es mehr zwischen meinen Beinen. All das, was die beiden fühlten, färbte auch auf mich ab. Jegliche Eifersucht trat in den Hintergrund. Ich spürte meinen Kitzler pulsieren, als ich Jegors Hand beobachtete, wie sie Ollis Schwanz umfasste und herzhaft pumpte. Man konnte ausmachen, wie sehr sie sich ihrem Höhepunkt näherten, und ich entschied, dass ich es nicht länger aushielt, ihnen zuzuschauen bei ihrem wahnsinnigen Spiel. Berühren musste ich mich, während mein Kopf den sich mir gezeigten Film erneut abspielte. Es war so sonderbar, aber der Orgasmus war der beste, den ich je durch Selbstbefriedigung erzielt hatte. Nachdenken wollte ich allerdings nicht näher über das Geschehene, denn es hatte längst mein mühsam aufgebautes Weltbild zerrüttet und jeglichen Horizont gesprengt. Natürlich sprach ich Olli und Jegor nicht auf die pikante Szene an. Viel mehr wartete ich im Stillen darauf, dass sie noch einmal schwach wurden und ich es bemerkte. Bis es so weit war, versüßte ich mir die Zeit mit Schwulenpornos und absurdem Kopfkino, was ich erst nach einiger Zeit wirklich akzeptieren konnte und wollte. Es war wirklich komisch. Und ich frage mich, ob es denn noch mehr Frauen gibt, die ähnlich schräg ticken wie ich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)