After Crisis von Miceyla (Final Fantasy 7) ================================================================================ Kapitel 34: Lügen die zu meiner Wahrheit wurden ----------------------------------------------- „Kommandant, Kommandant! Ein Notfall, ein absoluter Notfall!“ Im World Soldier Gebäude riefen alle Soldaten aufgeregt durcheinander und liefen wild umher. Ayko blickte mit seinen klaren blaugrünen Augen aus dem Fenster und schien Meilen von dem brodelnden Aufruhr entfernt. „Teile mir dein Anliegen mit“, bat er ruhig, um die Aufregung des heran gestürmten Soldaten etwas zu besänftigen. „In Nibelheim gibt es jetzt schon eine Invasion von Hulax! Wir können dem nicht länger standhalten, Sir! Die Evakuierung ist im vollen Gange. Es ist zwar verfrüht, dennoch bitten wir um eine Aufbruchgenehmigung zum Kampf, Sir!“, sprach er in einer schrillen Stimme. Sich vom Fenster abwendend, versuchte er das Zittern in seinen Händen zu unterdrücken. „Was? Ich dachte da Genesis und Miceyla mir mitteilten, dass das Herz des Ursprungs der Hulax in Banora läge, sollten wir unsere meiste Konzentration darauf beschränken, trotz unseres Einsatzes in Nibelheim. Natürlich hat er mich dort hin geschickt und wir müssen kämpfen, dass wussten wir alle… Dennoch ist das so plötzlich…" Betrübt darüber, seiner Verantwortung nicht gerecht werden zu können, suchte er nach geeigneten Worten. 'Ist dies mein Fehler? Hätte ich wachsamer bleiben sollen? Waren meine Vorbereitungen unzureichend? ...Beruhige dich! Du gibst dein Bestes! Wolltest du dein vergangenes Ich nicht endlich hinter dir lassen?' In Gedanken zur Ruhe kommend, galt es nun klug und entschlossen zu handeln. Der Soldat lächelte, als hätte er gewusst was in Ayko vorginge. „Momentan bist du hier der einzige erste Klasse Soldat, Miceyla und Genesis sind nicht da. Deshalb vertrauen wir alle deinen Entscheidungen. Egal welchen Rang du hast, du bleibst für immer der gute alte Kommandant von uns Klasse zwei Soldaten. Wir werden bis zum Ende an deiner Seite kämpfen!“, beschwichtigte der Soldat ihn. Gerührt von dem Vertrauen, welches Aykos Kamerad ihm entgegen brachte, kehrte sein Mut zurück und er schaffte es ohne Zögern zu antworten. „Ich danke dir, mit eurer Unterstützung bin ich in der Lage, es mit jedem noch so starken Gegner aufzunehmen! ...Also dann, versammle so viele Truppen wie möglich, die nicht schon für den Haupteinsatz eingeteilt sind, meine Division eingeschlossen. Alle sollen sich gut vorbereiten und ausreichend schlafen. Morgen in aller Frühe brechen wir auf. Sag ihnen, dass Ayko sie führen und den Kampf nicht aufgeben wird, ehe wir nicht gesiegt haben. Um unseren Freunden in Banora den Rücken zu stärken!“ Begeistert von dessen kraftvollen Äußerung, nickte er nur kurz zur Bestätigung und stürmte daraufhin wieder davon. 'Ich wünschte es gäbe vor dem finalen Aufbruch noch einmal für mich die Möglichkeit, mit Miceyla zu sprechen und sie zu sehen… Dazu wird es wohl nicht mehr kommen… Aber ich muss positiv denken! Wenn der Kampf erst mal vorüber ist und die Hulax von Gaia vertrieben wurden, werden wir neue aufregende Abenteuer erleben! Das weiß ich! Zalona muss endlich ein gesundes Leben führen können und ich stelle ihr Miceyla und vielleicht sogar Cloud und seinen Freunden vor. Ja, es gibt so viel zu erleben und zu erledigen. Wir brauchen nur etwas Geduld zu haben. Da fällt mir was richtig Gutes ein! Ich schreibe Miceyla eine Nachricht, die lasse ich hier und wenn ich Glück hab, schafft sie es diese noch zu lesen, bevor auch sie in den Kampf zieht.' Seine Idee in die Tat umsetzend, ging er zu einem Stuhl an einem Tisch und fing an zu schreiben. „Fertig!“ Sorgsam faltete er das Papier und steckte es in einen Umschlag. Anschließend stand er auf und lief fort, den Brief mit der Aufschrift: „An Miceyla“, ließ er im Hautquartier für dessen Leser schweigend zurück. Kleine Felsbrocken rieselten auf Miceyla herab, während sie die sich unendlich in die Höhe erstreckende Treppe emporstieg. „Wie hoch reicht dieser Turm eigentlich, bis über die Wolken?“, fragte sie keuchend und wurde immer langsamer. Ihre Beine schienen wie abgestorben, so wenig spürte sie diese noch. Kurz vor Erschöpfung zusammenbrechend, fand sie endlich eine nächste Etage. Zwar führte die Treppe noch weiter hinauf, dennoch entschied Miceyla sich dafür hier erst einmal Rast zu machen. Doch nur wenige Momente nach dem ihr Atem zur Ruhe gekommen war, bemerkte sie erneut diese Ansammlung von negativen Emotionen. „Hass, Hass! Das ist alles was du fühlen solltest!“ Sie begann aufdringliche Stimmen in ihrem Kopf zu hören und versuchte in kauernder Haltung vor diesen zu entfliehen. „Nein! Hört auf, seit still!“, entgegnete sie laut und lief wie von einer unsichtbaren Hand gepackt weiter, entfernte sich dabei zunehmend von der Treppe. Als Miceyla in einen dunklen Raum trat, verschwand er sofort und sie fand sich plötzlich in einem ordentlich eingerichteten Haus wieder. Rasch umher blickend, sah sie wie Genesis auf sie zuschritt. Doch statt Freude zu empfinden bei ihm zu sein, starrte sie mit purem Entsetzen in seine hasserfüllten Augen. Solch einen Gesichtsausdruck hatte Miceyla noch nie zuvor bei ihm gesehen und es versetzte ihr einen Stich ins Herz. Mit seinem Schwert fest in der Hand, kam er zielstrebigen Schrittes auf sie zu. Und ehe sie dazu hätte im Stande sein können zu reagieren, schnellte sein Schwert auf sie hinab. Jedoch stellte sie zusammenzuckend fest, dass nicht sie getroffen worden war, sondern eine Frau und ein Mann unmittelbar neben ihr. „W-was soll das hier? Ist das eine Illusion…?“, wisperte Miceyla und konnte mit der Furcht nicht umgehen, einen von purem Hass und Verachtung umhüllten Genesis vor sich zu haben. „Es existiert in der Welt nichts weiter als Lug und Betrug. Alle sind letztendlich gleich, wie das abscheuliche Shinragesindel. Untergehen sollt ihr und den gleichen Schmerz erfahren, den ihr mir angetan habt! Man kann einander niemals verstehen, wenn man es nicht selbst erlebt hat! Niemals!“ Um seinen zornigen Worten Ausdruck zu verleihen, stach er ein weiteres Mal auf die beiden bereits toten, am Boden liegenden Personen ein. Blut spritzte Miceyla ins Gesicht und ließ ihren Körper erstarren. „D-du irrst dich Genesis… Weißt du denn nicht, dass ich dich verstehe und dies auch immer versucht habe? Und du…du verstehst mich doch ebenfalls, oder?“ Mit bibbernder Stimme wollte sie eine tröstende Hand nach ihm ausstrecken, doch schien Genesis für sie unerreichbar zu sein. 'Das mussten wohl seine Eltern gewesen sein…', schlussfolgerte sie mit einem flüchtigen Blick auf die Leichen und wurde plötzlich von weiteren grauenvollen Szenen aus seiner Vergangenheit, vor ihrem geistigen Auge geplagt. „Genesis, du darfst dich von deinen negativen Gefühlen nicht blenden lassen… Sonst wirst du alles verlieren! Ich bin jetzt bei dir, auch wenn sich Vergangenes nicht mehr rückgängig machen lässt…“, war Miceyla darum bemüht ihn zu überzeugen, sich vom Hass loszulösen und betete dafür, dass die ganzen abscheulichen Bilder verschwinden mögen. „Alles eine Lüge!“ Zuerst dachte sie Genesis hätte dies ihr entgegnet, doch änderte sich erneut die Umgebung und ein Sephiroth mit Furcht einflößender Miene tauchte vor ihr auf. 'Der schon wieder!' Trotzdem entkam sie nicht der klammernden Enttäuschung, dass sie nicht fähig gewesen war, Genesis helfen zu können. Auch der unaufhaltsame Hass blieb bestehen, der nun in Sephiroth manifestiert war. „Die Menschen können ein Wesen, das weit über ihnen steht nicht verstehen! Wie sollten sie auch! Ihr habt eure Armseligkeit doch nur eurem egoistischen Verlangen zuzuschreiben!“, meinte er verächtlich. Sogar der Hass in ihrem Herzen wollte die Oberhand gewinnen, aber sie blieb mit größter Anstrengung standhaft, noch… 'Man kann einander verstehen… Nur jemanden zu finden, der dazu befähigt ist einen wahrhaftig verstehen zu können und die gleichen Gefühle teilt, ist aufgrund der unterschiedlichen Meinungen sehr schwer, ja fast unmöglich…' Langsam begann ihre anfängliche Überzeugung zu schwinden. „Du bist derjenige, der überhaupt nichts einsehen will! Jeder wird dich als einen Helden vergessen und dir nur noch Hass entgegenbringen. Genommen hast du mir…was…was mir unglaublich wichtig war!“ 'Cloud!' Erschrocken musste sie mit ansehen, wie zwei gewaltige Fronten von düsteren Emotionen sich gegenüberstanden und zu einer einzigen Ansammlung hasserfüllten Absichten verschmolzen. „Aufhören! Bitte!“, schrie Miceyla bis ihre Stimme versagte. Der Hass überwältigte sie mehr und mehr und zog sie an, ohne die Absicht sie jemals wieder loslassen zu wollen. 'Ich schaffe es einfach nicht… Bin ich nicht stark genug?' Ihr Wunsch war es immer gewesen, das Licht für die Menschen zu sein, welche ihre Hilfe benötigten und die glaubten, sie seien auf ewig in einem dunklen Raum ohne Entrinnen eingesperrt. Doch konnte sie allen auf Gaia überhaupt nah genug sein, um für sie zu diesem Licht zu werden? 'Bin ich…etwa zu weit von euch entfernt…? Genesis…bitte, in meinen Armen wirst du deinen Frieden finden. Wir leben schließlich im Hier und Jetzt…' Zweifel, vermischt mit unaufhaltsamen Hass wollten über Miceyla herrschen. „Mach dich nicht selbst lächerlich, oh du unbedeutende Kriegerin. Sei dazu verdammt nach meinen Regeln zu tanzen!“ 'Ricredoris!' Weiterhin in den schmerzenden Fängen vom Hass, hörte sie erneut Stimmen die ihre Gedanken manipulierten. „Du gehörst dort nicht hin!“ „Bist du nicht einfach nur vor der Wahrheit entflohen, wirst du es nicht wieder und wieder tun?“ „Wegen dir geht ein ganzer Planet zugrunde!“ „Bald wirst du einsam und von allen verlassen sein. Ein Zuhause wird es für dich nicht mehr geben!“ „Das ist das Ende, von der Lüge die du gelebt hast!“ Ihre Seele, ihr Herz, ihre Gefühle, einfach jeder kleinste Teil schien zu zersplittern. Kein physischer Schmerz wäre jemals dazu bemächtigt gewesen, Miceyla so auseinander zunehmen. „Neeeiiin!“ 'Ich bin dem Hass nicht gewachsen… Es fällt mir schwer zu atmen…' Cloud und Sephiroth verschwanden und mit ihnen wollten alle Erinnerungen an Gaia aus ihr herausgesaugt werden. „Ha, ha!“ Ricredoris’ triumphierendes Lachen wurde lauter und unerträglicher. Als hätte man die Zeit angehalten, als wäre ein Wunder eines unmöglichen Traumes Realität geworden, kehrte Stille ein. Ihr Herzschlag ging ruhig, sie fühlte sich wohl, spürte aber eigentlich nicht wirklich irgendeine Emotion. Sie stand bis zu den Knien im Wasser. Angenehm umhüllte sie das lauwarme Nass und wechselte die Farbe von einem schimmernden Lila zu einem kristallklaren Blau. Miceyla konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal einen solch reinen und unschuldigen Moment erlebt hatte. 'Dieser Ort… Es fühlt sich so nostalgisch an…' Plötzlich bemerkte sie eine Präsenz, wusste jedoch nicht wer oder was es war. Ja, es hätte sogar die Magie des Ortes sein können. „Einst bekam ein junger Prinz die Aufgabe, beschenkt mit unvergleichlicher Magie und besonderen Begabungen, zu finden den wahren Schatz in seinem Leben. Um einem Königreich, den Einklang von dem Umgang mit Vergangenheit und Zukunft zu schenken. Da trafen sich die beiden Seelen nun, träumten von Glück, Hoffnung und schlossen sich gegenseitig ein in ihre Herzen. Seinem gefundenen Schatz, einem Mädchen mit den geheimnisvollen Augen, die aufblitzenden Juwelen in der Nacht glichen, war er bereit alles zu opfern. Sein Leben, dass Königreich, es hatte für ihn keinerlei Bedeutung. Ein zweiter Prinz, der seinen wertvollsten Schatz verlor, wollte ihm die Augen öffnen. Die Schicksale der drei waren miteinander verwoben, aber immer wenn sie zueinander fanden, wurden sie in unterschiedliche Richtungen getrieben. Ist es nun Wahrheit oder Lüge, dass der gemeinsame Kampf sie miteinander verbindet? Sage es mir, meine einsam blühende Blume aus meinen Träumen. Bitte sei du es die meine Tränen trocknet, liebste Miceyla…“ Mit halb geschlossenen Augen lauschte sie der sanften Stimme und lächelte ein Lächeln der Melancholie. „Arjen… Lass mich dich zurückführen zum Licht unserer Träume und verhelfe auch du mir wieder zu dem Ziel, mein eingeschlossenes Herz zu befreien. Deine Seele ist das Spiegelbild meiner Gefühle und umgedreht ist es nicht anders. Egal welcher Weg sich vor uns ausgebreitet hat… Danke, jetzt kann ich meine Reise fortsetzen und Kristall Omega endlich vollenden.“ Tränen tropften von ihren Wangen in das Wasser, sie konnte Arjen nicht sehen, nur seine Anwesenheit spüren. Das erinnerte sie daran, wie nah und fern sie ihm zugleich war. „Ja, ich werde dich leiten und lausche dabei dem Lied, welches unsere Geschichte erzählt…“, sprach er fürsorglich und sogleich hörte sie eine wundervolle Melodie und den Gesang, der dem eines Engels glich: Unser Träumeland Sterne funkeln in jener Nacht, als in mir ein Traum erwacht. Dort stehe ich im Licht, das Meer es glitzert in meiner Sicht. Kannst du es nicht fühlen, welch duftende Blumen hier blühen? So komm geh mit mir hinein und sei erfüllt von diesem wunderbaren Schein. Hörst du sie nicht rufen, lass uns gleich nach ihnen suchen. Nach all den Wundern dieser Welt, ich zeig dir was dir sehr gefällt. Schau einfach nur hinein ins Herz, vertrau mir dort gibt es keinen Schmerz. Gehen wir den Weg gemeinsam, so ist keiner von uns mehr einsam. Nimm bitte meine Hand und folge mir in das Träumeland. Schon gleich begrüßt dich ein freudiges Gefühl und plötzlich ist dir gar nicht mehr kühl. Leg dich neben mich und fall in einen Schlummer, der vertreiben wird den ganzen Kummer. Für dich zünd ich an die vielen Kerzen. Mit einem Lächeln in meinem Herzen. Sterne funkeln während wir schlafen und uns dabei im Traume trafen. Ein friedvoller Augenblick fand sein Ende und sie durfte ihre Rückkehr ins Land der Finsternis begrüßen und dort, welch eine Überraschung, den vorletzten Kristall. Langsam wagte Miceyla an ihren Erfolg zu glauben, auch wenn das größte Hindernis ihr erst am Schluss gegenübertreten sollte, Ricredoris… „Kannst du dir den Hass anderer aufbürden? Bist du bereit dich dem Hass in dir selbst zu stellen? So lass dir von mir, dem Hass höchstpersönlich sagen, dass wenn die Dunkelheit in deinem Herzen wächst, auch der Argwohn ansteigt. Nehme mich besser direkt ins Visier, als einen sinnlosen Kampf zu kämpfen und anschließend doch einfach nur davonzulaufen. Finde du die Lösung, wie der Hass sich bezwingen lässt, lasse andere nicht darüber entscheiden!“, ertönte die Stimme des Kristalls. Mit einem energischen Zischen, gesellte der dunkellila und blau schimmernde Kristall sich zu den anderen in ihrem Schwert. 'Viel zu schöne Farben, um den Hass zu repräsentieren…', dachte sie bedrückt. Es erinnerte sie irgendwie an dieses mysteriöse Wasser. Und da schossen wieder all ihre Empfindungen in sie zurück, das entspannte Dasein verschwand. Daran zusammenbrechend, fasste sie dennoch einen Entschluss. 'Langsam wird es für mich Zeit von hier zu verschwinden, sonst werde ich noch zu einer umherirrenden Seele, die vergisst eigentlich am Leben zu sein… Genug rumgetrödelt! Genesis, Ayko, lasst uns Seite an Seite kämpfen!' Nach der allerletzten Treppenstufe, befand Miceyla sich nun nach langem Schwitzen und Zittern endlich im höchsten Gipfel des Turmes. In einiger Entfernung wartete ein riesiges, exzentrisch aussehendes Tor darauf, von ihr geöffnet zu werden. Plötzlich entzündeten sich Fackeln und erleuchteten ihr den Gang von beiden Seiten. 'Der Thronsaal liegt wohl dahinter…' Mental machte sie sich auf ein unumgängliches, heftiges Gefecht mit ihrem Feind Ricredoris gefasst und schritt gemächlich voran. Bevor sie auch nur zögern konnte, das Tor zur Hölle zu öffnen, ging es krachend von alleine auf und im gleichen Moment ergriff sie ihr Schwert. Jetzt wurde Miceyla freie Sicht auf den Thronsaal gewährt. Wie erwartet verströmte er eine königliche und mächtige Aura, trotzdem war es die eines blutrünstigen Herrschers, der die Verzweiflung in ein jedes Herz trieb. Den Saal umschlossen weder Wände noch Decke, bloß ein pechschwarzer, sternenloser Himmel umklammerte ihn. Wenn sie geradeaus sah, erblickte sie einen majestätischen Thron, der von niemand anderem als der Verkörperung von Bosheit und Verdammnis, Ricredoris eingenommen worden war. Miceyla packte eine Anspannung, die sich mit keinen Worten beschrieben ließ. „Sieh an, sieh an… Ohne die Rettung von Außenstehenden, bringst du aber auch gar nichts zu Stande. Doch sorge dich nicht, mit gutem Gewissen kann ich dir mitteilen, dass in meinem erschaffenen Thronsaal, selbst dein aufopfernder Arjen nicht die Macht hat einzuschreiten! Ha, ha! So lange wartete ich darauf, fühle dich wohl, in meinen Fängen der Verzweiflung. Ich werde vollbringen, dass sie dich niemals mehr gehen lassen werden! Schau nur, ich habe mein schönstes und wertvollstes Schwert für unser kleines Spiel geschärft. Findest du das nicht ebenso wunderbar wie ich? Aber…etwas fehlt meinem Schwert noch, um es zu seiner vollendeten Schönheit zu verhelfen… Weißt du was das ist?“, fragte er mit einer Genugtuung, die für Miceyla verabscheuungswürdig war. Mit einer lässigen Körperhaltung entfernte er sich von dem Thron und zeigte spielerisch mit dem Schwert auf sie. Angewidert biss sie die Zähne zusammen, damit sie nicht in ein ergebnisloses Gespräch verwickelt wurde. Gelangweilt von ihrem unbeteiligten Auftreten, vereinnahmte er sie mithilfe seiner rubinroten Augen. „…Dein Blut, dass ist es wonach sich mein Schwert sehnt!“, gab er Miceyla nun selbst die Antwort auf seine dürftige Frage und grinste böse, bereit alles einzusetzen was es brauchte, um das Licht in seiner Gegnerin auszuschalten. Mittlerweile war ihr nicht mehr danach, sich noch länger in Zurückhaltung zu üben. „Dann wirst du bestimmt darüber erfreut sein, dass es mir genauso geht! Bevor ich nicht deinen, durch die Finsternis wandelnden Körper, mit meinem Schwert zerteilt habe, werde ich keine Zufriedenheit finden!“, konterte sie gefasst und ebenfalls bereit alles einzusetzen was es brauchte, um die Dunkelheit in seinem Gegner auszuschalten. Ricredoris war die Vorfreude, auf eine blutige Auseinandersetzung regelrecht anzusehen. „Ja, dass ist es was dich so unwiderstehlich macht! Niemand außer mir, kann dein Kriegerherz in das eines wilden Tieres verwandeln. Sieh ein das dein Platz an meiner Seite ist, du, die mit nicht als Lügen lebt, Miceyla Lucassen!“, schrie er ihren Namen wie ein Zeichen, dass nun ein Duell von Licht und Schatten begann. „Niemals werde ich mich mit dir auf eine Stufe stellen! Und wenn ich alle Lügen zu meiner Wahrheit machen muss, ich besiege dich, Ricredoris!“ Kurz darauf kreuzten sich ihre Schwerter und der schicksalhafte Kampf nahm seinen Lauf. 'Ist es nicht ein Fluch, dass ich mein Leben dem Schwert und der Magie gewidmet habe? Kann ich mich denn immer nur auf diese Dinge verlassen? Als sei ich eine Sklavin meiner selbst. Aber wann fing ich eigentlich an so zu denken? Nein…Die Dimensionswelt soll meine eigenen Ideale zum Vorschein bringen. Ich bin ich, keinen anderen Grund brauche ich zum kämpfen!' Ihre volle Aufmerksamkeit galt Ricredoris, doch gerade deshalb bekam sie den Eindruck, es wäre ein Gefecht in ihrer eigenen Welt. Zwar kämpfte er mit dem Schwert, als hätte er in seinem bisherigen Leben nie etwas anderes gemacht, nichtsdestotrotz war dies ein Schein, der seine gefährliche Zauberkraft verbarg. Ununterbrochen parierte Miceyla tapfer die nicht zu erahnenden Schwerthiebe und wurde dabei zunehmend von dessen Illusionsmagie benebelt. Sein selbstsüchtiges Grinsen verstärkte den Glauben, dass er die Oberhand gewann. 'Noch nie war es mir möglich gewesen, diesem Untier den Garaus zu machen… Allerdings hatte ich auch vorher nicht die Kraft und Erfahrung der Kristalle', bedachte sie, nicht einmal wagend auszuatmen. Nur mühsam schaffte sie es, mit ihm ebenbürtig zu kämpfen, wobei sie mehr Wert auf ihre Abwehr, als auf ihren Angriff legte. 'Du gibst wohl alles, huh? Dann brauche ich meine wahre Stärke nicht zu verbergen…' Schon beim betreten des Thronsaales war ihr aufgefallen, dass hier die Kristalle ihre meiste Energie verströmten. Ein Gefühl des völligen Einklangs zu den einzelnen Licht- und Dunkelkristallen bekam sie. Den Kampf mit Ricredoris nicht unterbrechend, verstand Miceyla langsam die Bedeutung von Kristall Omega. Nicht irgendein vergessener Zauberspruch sollte von ihr erweckt werden, sondern es war die Erschaffung ihres ganz individuellen Urteils, dass sie dazu befähigte, den auseinander geratenen Einklang allen Lebens der Welt wieder herzustellen. Kristall Omega war dazu bestimmt, sich in ihr zu manifestieren. Die Bezeichnung Zauberspruch war falsch, es war wie eine zweite Hälfte und gemeinsam würden sie über Gut und Böse richten. Von jenem Augenblick, unzertrennbar bis in alle Ewigkeit. „Ich kann es sehen… Das Licht der Kristalle reflektiert in deinen Augen. Willst du etwa deine Schönheit zerstören, die mich so sehr reizt? …Oder ist es dein Vorhaben, mir selbst die bittersüße Verzweiflung entgegenzubringen?“, flüsterte er herausfordernd und war gerade dabei seine mächtigste Magie zu beschwören, der sie sogar mit ihrer besten Abwehr nicht gewachsen war. Miceyla zeigte dem keine Beachtung, voller Konzentration versuchte sie eine Verbindung zu den Kristallen herzustellen. Schließlich spürte sie die Macht und konnte die Kristallenergie in jeder einzelnen Zelle ihres Körpers fühlen. Die Kristalle erzählten Geschichten, welche sie durch alle Prüfungen erlebt hatte und sie wurden eins, trotz der Unterschiedlichkeit und dem Gegensatz von Licht und Schatten. „Kristalle des Lichts… Kristalle der Dunkelheit…“, begann Miceyla die Formel auszusprechen, die den Zauber ins Leben rufen würde. „Glaubst du allen Ernstes, ohne vollzählige Kristalle könntest du Kristall Omega aussprechen? Das ich nicht lache!“, spottete er über ihre Mühen. Ein Lächeln war das einzige, was sie darauf erwiderte. 'Du hast hier eigentlich überhaupt nichts zu suchen. Mischst dich in eine Angelegenheit ein, auf die du eigentlich keinen Zugriff hättest. Wie oft haben sich wohl schon unsere Klingen gekreuzt? Meinst du nicht, dass ich mittlerweile deine Absichten durchschaue? Der letzte Kristall ist die Verzweiflung und setzt sich aus allen anderen Kristallen zusammen. Fast in jeder Prüfung hat mich die Verzweiflung in den unterschiedlichsten Arten und Weisen begleitet. Denn ich konnte niemals erahnen, was mich erwarten würde. Deswegen kann ich deiner Verzweiflung, in die du mich stürzen wolltest standhalten. Diese Prüfung habe ich somit längst gewonnen. Du dachtest wohl, ich falle auf deinen Trick herein, dass ich denken solle, ich müsste verzweifelt versuchen dich zu besiegen. Darum geht es hier überhaupt nicht. Unser Kampf ist dazu bestimmt, an einem andern Ort und zu einer anderen Zeit ausgetragen zu werden. Verabschiede dich nun, Ricredoris!' Ihr Schwert Begann zu leuchten und die Kristalle schwebten in einem Kreis in ihrer vollen Größe um sie. Der letzte Kristall erschien und füllte den Kreis komplett aus. Miceylas Atem raste während sie darum kämpfte, mit der gewaltigen Kraft umzugehen, die durch ihren Körper pulsierte und sich an die Kristallenergie zu gewöhnen. „Hach wie langweilig… Musstest du unser Spiel denn wirklich so schnell beenden? Na ja, zugegebenermaßen hatte ich meinen Spaß, wenn er auch kurzweilig war. Besser ich verdrücke mich an dieser Stelle. Mein Versprechen sei dir gewiss, dass wir uns wiedersehen. Und dann werde ich garantiert nicht so nachsichtig mit dir umgehen! Freue dich darauf, meine kleine in Lügen gefangene Kriegerin! Ha, ha!“ Sie hörte ihm überhaupt nicht zu und ignorierte auch dessen schallendes Lachen, dass immer mehr in weite Ferne rückte. Wenige Sekunden später verschwand seine Erscheinung und der Untergrund fing an stark zu beben. Der Turm drohte zusammenzubrechen. „Kristall Omega!“, endete die entschlossen die Formel, exakt im selben Augenblick, wo sich der Boden unter ihren Füßen vollends auflöste. Das Strahlen der Kristalle explodierte förmlich und ehe sie wusste wie ihr geschah, verlor sie das Bewusstsein. Wie nach einem mystischen Traum, der wochenlang angehalten hatte, öffnete Miceyla blinzelnd die Augen. Begleitet von dem Gefühl Erfahrungen gemacht zu haben, welche ihr dazu verholfen hätten, dass sie zu einem neuen Menschen erwachte und dennoch sie selbst geblieben war. Vollständig wach hielt sie hastig die Luft an, als sie es erkannte. Miceyla war zurück auf Gaia. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)