Time to remember von seththos ================================================================================ Kapitel 15: Die Maske des Heerführers ------------------------------------- Ich wünsche allen Lesern schon jetzt ein frohes neues Jahr! @Anyu: Hi. ^_^ Ich kann da ebenfalls auf Erfahrungen zurückgreifen. Allerdings auch nicht als Betreiber eines Standes sondern als Darsteller bei Theater (als Schüler) oder Organisator eines Standes (als Erwachsener). Meine Erfahrung besagt, dass die meisten froh und dankbar sind, wenn sie Hilfe bekommen, sind aber danach auch meistens ziemlich schnell verschwunden, wenn sie die Arbeit bei anderen Ständen sehen. Wenn alle bei Allem helfen würde, ginge es oft viel schneller. Dem entsprechend finde ich es ebenfalls bemerkenswert, dass Kaiba freiwillig hilft - auch wenn er selbst in dem Moment noch keine Ahnung hat, warum er sich das eigentlich antut. *G* @Closer: Tjaja... die gute alte yaoi.de - Zeit. Gott, was war ich da noch jung! *krückstock zur seite stell* *hörgerät lauter dreh* *lach* Nein im Ernst, die Geschichte habe ich irgendwann zu Zeiten meines Abis begonnen online zu stellen - oder sogar schon davor. ^_^* Nojo... Schön, dass du dir trotzdem nochmal alle bisherigen Teile antust. Inzwischen habe ich sie ja auch nochmal überarbeitet, so dass nicht alles bekannt sein dürfte. Noch 4 Kapitel, dann kommt alles das, was du noch nicht kennen dürftest. ^_~ @Astera: Die Begegnung mit dem Kindergarten ist vermutlich eher ernüchternd ausgefallen, da Joey da nicht mit dabei gewesen ist. Es gibt eigentlich immer nur zwei Gründe, weshalb er sich mit einem aus der Gruppe während der Serie unterhält: Grund 1 ist Yami (Atemu), mit dem er sich anlegt und mit dem er sich messen will. Dieser Grund entfällt inzwischen weitestgehend, da das Ganze ja nach Atemus Rückkehr spielt. Und Grund 2 ist *trommelwirbel*: Joey. ^_^ Mal im Ernst, wenn er sich an die Gruppe wendet (Yugi/Yami ausgenommen) dann meist an Joey mit irgendeinem Kommentar. Dementsprechend hat er, als er mit Moki später auf den Kindergarten traf, vermutlich eher etwas abseits gestanden, emotionslos in die Gegend gestarrt und nebenbei trotzdem zugehört, als es um Joey ging. Den Hauptteil des Gesprächs hat dementsprechend mit Sicherheit Mokuba bestritten ^.~ @Sy: Hey! Kaiba IST nett, auch wenn er redet. ô.ó Naja... vielleicht ist das, was er sagt nicht besonders freundlich und vielleicht hackt er auch ganz schön auf Joey rum... aber... aber... *seufz* ... ok. Er ist nicht nett. NOCH nicht. Aber Handlungen sagen mehr als Worte, also ist er ja zumindest auf einem guten Weg. ^_^ @Lunata: Jap. Soziale Ader. Oder sollte man sie doch lieber die 'Joey-Ader' nennen? Ich bezweifle, dass er irgendwem sonst beim Abbau geholfen hätte. Tja... und Mokuba hat seinen ganz eigenen Kopf. Er ist eben ein waschechter Kaiba - auch wenn er lieb und unschulig erscheint. Ich persönlich bin ja immer neugierig. Die letzte Ausstrahlung von Yu Gi Oh mit Seto Kaiba und Joey Wheeler ist nun auch schon einige Zeit her... daher meine etwas indiskrete Frage an alle Leser: Wie alt seid ihr eigentlich? ^___^ ________________________________________________________ Leise betrat Kaiba sein Anwesen. Er war bis nach Hause gelaufen. Seinem Fahrer hatte er schon vor Stunden Feierabend gegeben. Entgegen landläufiger Meinung war er kein Tyrann, der einen seiner Angestellten noch nachts um 2 behelligte – es sei denn es handelte sich um einen dringenden Notfall. Es war ihm wichtiger, dass sein Chauffeur am Morgen pünktlich vorm Haus stand und auf ihn wartete, statt wegen Übermüdung einen Verkehrsunfall zu provozieren. Leicht schläfrig rieb er sich die Augen. Es war schwer, sich nachts in seiner dunklen Villa zurechtzufinden. Immerhin hatte er auf dem Weg hierher die Möglichkeit gehabt, sich über sein plötzliches Interesse am Tierschutz klar zu werden. Ein Kaiba ließ sich schließlich nicht alle Tage dazu herab, sich um streunende Hunde zu kümmern. Nun, er war zu dem Schluss gekommen, dass es sich um eine einmalige Aktion seinerseits gehandelt hatte. Eine Kurzschlussreaktion sozusagen. Auch ein Kaiba hatte Aussetzer. Das kannte er von sich bereits. Nur, dass diese Aussetzer knappe vier Stunden anhielten und sich auch noch durch übermäßige Hilfsbereitschaft äußerten, war ihm neu. Nun ja, er kam darüber hinweg. Endlich ertasteten seine Hände ein kleines unscheinbares Gerät, welches sich nur wenige Schritte rechts von der Tür auf einem kleinen Tischchen befand. Er hatte darauf verzichtet, im gesamten Haus Licht zu machen. Das wäre, seiner Meinung nach, eine unnötige Stromverschwendung. Deshalb hatte er schon vor einigen Jahren ein kleines handliches Gerät entworfen, welches es ihm ermöglichte, nur die Räume zu erleuchten, die tatsächlich genutzt wurden. Das Gerät reichte knapp 5 km weit, was ihn dazu in die Lage versetzte, bei Bedarf das Licht schon in der Schule anzustellen. Auch die Heizung, das Wasser und der Strom konnten damit gesteuert werden. Besonders praktisch erwies sich allerdings sein eingebautes Lesegerät für diverse Geräte wie Fernseher oder Computer. Was Moki nicht wusste: Das Gerät zeichnete jede Sekunde auf, die dieser entweder vor der Playstation, der Wii, dem Computer oder dem Fernseher verbrachte. Das Gerät versah seinen Dienst nun schon seit drei Jahren. Damals war Moki nicht von seiner geliebten Playstation wegzubewegen gewesen. Ständig hatte er, wenn sein großer Bruder nach Hause gekommen war, dementiert, die Spielkonsole überhaupt angesehen zu haben. Schmunzelnd dachte Kaiba an diese Zeit zurück während er das Licht im oberen Flur und seinem eigenen Zimmer langsam angehen ließ. Nur wenige Minuten später hatte er bereits sein Zimmer im oberen Stockwerk erreicht und ließ alles Licht im Haus mit einem einfachen Abdecken des Touchpads wieder erlöschen. Seufzend ließ er sich auf sein Bett nieder und streckte die Arme über den Kopf. Den Mantel und andere Sachen hatte er angelassen. Sinnend sah er an die Decke seines Zimmers als ihm bereits die Augen zufielen und er sanft in die Arme des Schlafes glitt. ____________________________________________ Wütend stieß Seth die Tür auf. „In Ordnung! WO. IST. ER?!“ Seufzend ließ sich Amhotep auf die Knie sinken. Ebenso wie Iridis und Hassis neben und hinter ihm. Es war wie verhext. Sei vier Monat nun war der oberste Anführer der Garde des Pharaos wieder im Palast zugegen und seit diesem unglückseligem Tag war wohl kaum eine Woche vergangen, in welcher der Hohepriester nicht in diese Gemächer gekommen wäre. Ergeben ließ er sich auf seine Knie sinken und erkundigte sich mit vollendeter Höflichkeit nach dem Wunsch des stolzen Mannes vor ihm. „Hohepriester Ägyptens und rechte Hand des Pharaos, des Lichtes dieses …“ „Komm zum Punkt.“ „… nun ähm… Womit kann ich dien…“ „Sag mir, wo dein Herr ist.“ „Der derzeitige Aufenthaltsort des ehrenwerten Jono ist mir nicht bekannt, Hohepr….“ „Dann finde ihn! Sofort.“ Gerade wollte Amhotep etwas erwidern, als eine neue Stimme sich in das Gespräch einmischte und die zwei anderen augenblicklich verstummen ließ. Nun sank auch Seth kurz auf seine Knie, nur um wenig später wieder von Atemu zum Aufstehen aufgefordert zu werden. „Auch Amhotep wird dir bei deiner Suche nicht weiterhelfen können, Hohepriester.“ „Mein Pharao. Wer sonst, wenn nicht sein persönlicher Diener, sollte mir sagen können, wo ich Ano… Jono finden könnte?“ Ernst sah Atemu zu dem jungen und, seitdem Jono sich in seiner Nähe aufhielt, scheinbar auch leicht reizbaren, Mann hinüber. „Ich nahm an, dass du inzwischen gemerkt hast, dass Jono selten jemanden von seinen Vorhaben unterrichtet.“ Seth zwang sich zum Durchatmen und vergegenwärtigte sich die Tatsache, dass er hier mit dem Pharao und nicht mit Jono sprach. „Gewiss, mein Pharao, dennoch hatte ich gehofft, diese Tatsache ein wenig ändern zu können.“ Der rechte Mundwinkel des Pharao hob sich zum Zeichen seines sichtbaren Amüsements. „Nun, dann möchte ich dir viel Erfolg bei diesem mir doch recht schwierig erscheinenden Unterfangen wünschen.“ Immer noch sehr erheitert, so schien es, wandte sich der Pharao zum Gehen. Bevor er den Raum verließ wandte er sich noch ein letztes Mal leicht nachdenklich an seinen Priester. „Ach, Hohepriester.“ Angesprochener, welcher in Gedanken bereits schon wieder bei seiner Suche nach Jono war, sah hinüber in das leicht lächelnde Gesicht des Pharao. „Ja, mein Pharao?“ „Jono neigt bisweilen dazu, zu vergessen, wer er ist.“ „Das ist mir nicht entgangen, mein Pharao“, stimmte ihm Seth zähneknirschend zu. Überlegend hielt der Pharao inne und es schien, als wolle er seinen Gedankengang noch einmal überprüfen, während er Seth einige lange Sekunden in die Augen sah. Doch dieser senkte den Blick nicht, sondern begegnete Atemu mit Ruhe und äußerlicher Gelassenheit. Schließlich fuhr der Pharao fort. „Wenn es wieder einmal soweit ist, tu mir den Gefallen und erinnere ihn daran.“ Seth konnte ihm nur zustimmen und er musste daran denken, dass Jono es vor 4 Monaten noch nicht einmal fertig gebracht hatte, sich am eigenen Festumzug zu beteiligen. Geschweige denn an das, was er heute wieder versäumt hatte, dieser kleine… Er war sich anscheinend einfach nicht bewusst, dass er als Anführer der Truppen des Pharaos gewisse Pflichten hatte, die es zu erfüllen gab. Pflichten, welche sich auch auf Aktivitäten außerhalb des Schlachtfeldes beliefen. Sich wieder bewusst werdend, in wessen Gesellschaft er sich befand und vor allem weshalb, begab er sich wieder auf seine Suche nach dem scheinbar vom Erdboden verschluckten Jono. Doch ganz gleich, wie sehr er sich auch bemühte, Jono war einfach nicht aufzutreiben. Innerlich hoffte Seth für Jono, dass dieser sich nicht schon wieder auf eine seiner kleineren Erkundungsgänge durch die Stadt begeben hatte. Zwar konnte er sich das im Gegensatz zu Seth und dem Pharao erlauben, da nur eine handvoll Menschen wussten, wer der junge Mann war, dennoch fand Seth es unverantwortlich von Jono, ganz ohne eine Leibwache aus dem Umfeld des Palastes zu verschwinden. Immerhin konnte jederzeit jemand herausfinden, wer er war und wenn man ihm dann zu mehreren in einer der kleinen Gassen auflauerte, hätte selbst Jono seiner Meinung nach keine wirkliche Chance. Kopfschüttelnd dachte Seth an ihre letzte Auseinanders… ihr letztes Gespräch zurück, wobei genau dieses Thema im Mittelpunkt gestanden hatte. Bis zuletzt hatte ihm Jono in allen wichtigen Punkten widersprochen und sich absolut uneinsichtig gezeigt. Langsam fand Seth seine Gelassenheit wieder. Das Herumstreifen in der heißen Wüstensonne hatte ihn erschöpft. Er zog sich vorerst in einen der etwas schattigeren Säulengänge des Palastes zurück und nahm sich vor, erst einige Minuten zu ruhen, ehe er Jono weitersuchen würde. Sinnierend blieb er stehen und sah hinauf in den nun gerade über ihm stehenden Sonnenwagen. „Oh Rah!“ bat er den Sonnengott am klaren Himmel in einem kleinen Anflug von Selbstironie. „Bitte lass mich diesen Jungen…“, dass er Jono, der eigentlich lediglich wenige Monate nach ihm geboren worden war, in diesem Augenblick als Junge bezeichnete, tangierte ihn wenig, da dieser seiner Meinung nach die geistige Reife eines Kleinkindes hatte „…wenigstens heute einmal finden, damit ich ihm für seine Abwesenheit gehörig in seinen…“. Kopfschüttelnd hielt Seth inne. „Nein. Lassen wir das.“ Es war normalerweise nicht seine Art und sollte es auch nicht sein, einen hohen Gott wie Rah wegen solch einer Lappalie zu behelligen. Aber Jono brachte ihn eben manchmal zur Weißglut und beschwor solch unbedachte Taten geradezu herauf. Wer konnte ihm das auch verübeln? Immerhin war er klein, lästig, frech und tanzte dort oben im Sonnenlicht gerade scheinbar völlig todessehnsüchtig auf den Zinnen des höchsten Palastturmes herum. „Aber das…!“ Seth wagte kaum zu atmen, während er einen weiteren Blick nach oben warf. Schnellen Schrittes löste er sich aus den Schatten und lief in Richtung des Turmes, auf den er den Schatten Jonos schemenhaft hatte tanzen sehen. Zumindest konnte es sich dabei nur um Jono handeln, da dieser der einzige war, dem er solche Dummheiten ohne weiteres zutraute. Von neuer Kraft beseelt und ein Dankgebet an Rah auf den Lippen, weil dieser ihm auch bei solch schweren Prüfungen zur Seite stand, schritt er Stufe um Stufe den Turm hinauf. Schon nach der Hälfte der Strecke triefte er vor Schweiß. Zwar war es innerhalb des Mauerwerks angenehm kühl, doch strengte zu dieser Tageszeit jeder Schritt an, weshalb viele der Bewohner sich normalerweise um die Mittagsstunden in ihre Häuser zurückzogen. Endlich sah er die letzten aus Stein gehauenen Treppen vor sich und schob gerade Kopf und Schultern durch die schmale Öffnung, als er mitten im Schritt verharrte. Wie erstarrt stand er da und betrachtete die tatsächlich beinahe tanzende Gestalt vor sich. Es handelte sich eindeutig um Jono und doch… Sein Atem blieb stehen und sein Herz setzte kurz aus, all das in der Erwartung, ihn in jedem Augenblick fallen zu sehen. Scheinbar weitab von der Wirklichkeit bewegte sich der Anführer der Truppen auf einer nur zwei Fuß breiten, blassgelben Zinne vor und zurück. In beiden Händen hielt er zwei sehr lange gebogene Waffen, Chepesch genannt. Seth kannte diese Waffen, welche im letzten großen Krieg von der Armee als Beute mitgebracht worden war. Nur wenige wussten die sichelförmigen Krummschwerter effektiv und sinnvoll im Kampf einzusetzen. Jono führte sie jedoch mit Leichtigkeit und einer Eleganz, wie der Hohepriester es noch nie bei jemandem gesehen hatte. Er schwang sie umher, wirbelte sie in der Luft und fing eines der Krummschwerter ein ums andere Mal sogar blind mit der vorrangig hinten agierenden Hand auf. All das in einer Geschwindigkeit, dass das bloße Auge den Bewegungen kaum folgen konnte. Und, wenn Seth genauer hinsah,  hätte er schwören können, zuweilen sogar zwischen dem Hochwerfen und dem Auffangen der zwei Waffen, auch noch den einen oder anderen Dolch aufblitzen zu sehen. Bei der Betrachtung seiner geschmeidigen Bewegungen begriff Seth, dass wohl niemand Jono fallen sehen würde. Es war schlicht ein Ding der Unmöglichkeit, wenn man den sandfarbenen Umhang und das gleichfarbige Tuch vor Augen und Nase bedachte, hinter dem Jonos gesamte Gestalt beinahe bis zur Unsichtbarkeit mit der Umgebung verschmolz. Kein Wunder also, dass niemand gewusst hatte, wo Jono sich aufhielt. Und auch Seth hätte ihn ohne sein magisch geschultes Auge kaum erkennen können, dessen war er sich bewusst. Noch immer hielt Seth den Atem an. Jono hatte ihn offenbar noch nicht bemerkt, denn er hielt in seinem gefährlichen Tun nicht eine Sekunde inne. Zwar konnte er dessen Gesicht durch den Umhang nicht erkennen, doch war die Konzentrationen des Blonden beinahe körperlich spürbar und ließ ihn in jeder Faser seines Körpers erzittern. Immer schneller und wilder wurden seine Bewegungen. Immer öfter drehte er sich, ließ sich zuweilen kurz in die Hocke sinken, duckte sich weg, vollführte eine Drehung oder einen Tritt ins Leere und das alles auf nur wenigen Zentimetern Boden. Es war beinahe, als würde er mit einem unsichtbaren Gegner einen unerbittlichen Kampf auf Leben und Tod ausfechten. Endlich riss sich Seth von dem faszinierenden Anblick los und schob auch den Rest seines Körpers durch die Öffnung. Seine Wut vom Morgen war durch diesen Anblick wie weggeblasen. Langsam und vorsichtig ging er die wenigen verbleibenden Schritte auf seinen ehemaligen besten Freund zu. Gerade wollte er anheben etwas zu sagen, als er sich auf einmal von einer schmalen Hand am hinteren Haaransatz gepackt fühlte und sein Kopf mit einem Ruck nach hinten in den Nacken gebogen wurde. Überrascht riss Seth kurz die Augen auf und sah sich einem überaus scharfen Chepesch gegenüber. Seine Augen wanderten am Rücken des Krummschwertes entlang, direkt auf die Augen seines Gegenübers zu und was er sah erschrak ihn zutiefst. Das war nicht Jono, der sich nun über ihm erhob. Nicht der Jono, den er in den letzten Monaten wieder neu kennen gelernt hatte. Nichts Freundliches oder Freches oder gar Aufmüpfiges und Störrisches war mehr in seinem Blick zu finden. Die Augen dieses Jono waren kalt und leer. Kein Funken Leben schien in ihnen zu sein. Kein Quäntchen Mitleid blitzte auf. Das Gesicht war schweißüberströmt und doch atmete er vollkommen ruhig und gleichmäßig. Nichts deutete darauf hin, dass dieser junge Mann bis kurz zuvor noch intensiv im Angesicht der hoch über ihnen stehenden Wüstensonne gegen ‚Etwas’ gekämpft hatte. Seth erkannte: Ein falsches Wort, eine falsche Bewegung oder gar das Zucken seiner Augenlieder würden genügen, um die Säbelspitze in seiner Kehle versinken zu lassen. Nur dank seines jahrelangen Trainings und seiner Erfahrung mit Trancezuständen - und Jono war in einem solchen beinahe bis zur Selbstaufgabe versunken - gelang es ihm, ruhig zu bleiben und diesem gefühllosen Blick zu begegnen. „Jono.“ Leise, flüsternd, sprach er den Namen seines ehemaligen Freundes aus. „Willst du mich töten?“ Einen Moment lang blieb alles still und nur der aufkommende Wüstenwind fegte um die Mauern. Wenn jemand von unten in diesem Augenblick zu ihnen hinaufsehen würde, wären sie für diesen so gut wie unsichtbar. Selbst Seth, mit seinen dunklen blauen Gewändern, würde nur ein Schemen von vielen sein. Er könnte auf der Stelle sterben und niemand würde es bemerken. Ein Ruck ging durch den Körper hinter ihm. Seth konnte es an der Hand spüren, die noch immer seinen Kopf nach hinten bog. Die Kälte zog sich aus Jonos Augen zurück. Die Pupillen weiteten sich ein Stück und sein Atem wurde unregelmäßiger. „Schleich dich niemals wieder so an mich heran“, befahl Jono mit tonloser Stimme und drückte, zur Warnung, noch einmal kurz mit der Säbelspitze gegen Seths Kehle, ehe er sie abrupt senkte und sich abwandte. Schnell verschwand das Chepesch wieder in der zweiten Scheide aus Leder auf seinem Rücken, welche sich danach wieder vollständig unter einem weiten Umhang verbarg. Mit flinken Fingern nahm er das sandfarbene helle Tuch von Mund und Nase, welches er bei solchem Training stets umband, um nicht am Abend jedes Sandkorn einzeln aus seinem Gesicht schälen zu müssen. Zudem war es ein weiterer Garant für seine Unauffindbarkeit. Es kam einem kleinen Wunder gleich, dass Seth ihn hier oben dennoch aufgetrieben hatte. Seine Beobachtungsgabe war gut. Ohne sein Verhalten von eben weiter zu kommentieren, wandte Jono sich wieder dem Hohepriester zu. „Also, Seth. Was willst du diesmal?“ erkundigte er sich gespielt desinteressiert und packte derweil seine weiteren Sachen zusammen. Sein Training war für heute beendet. Er musste sich schnellstens hinlegen. Von seinem Unglauben wieder erholt und äußerlich vollkommen unbeeindruckt, sah Seth ihn noch kurz überlegend an, ehe er sich wieder an den eigentlichen Grund für seinen kurzen Aufenthalt auf diesem Turm erinnerte. „Warum warst du heute nicht bei der Zeremonie?“ „Welche meinst du?“ erkundigte Jono sich, wobei er klar durchblicken ließ, dass ihn diverse Zeremonien, gleich welcher Art auch immer, so wenig interessierten wie ein weiteres Sandkorn in seinen Schuhen. „Die Zeremonie zu Ehren deines Gottes. DES Gottes, dem DU unterstellt bist, wenn ich dich daran erinnern darf ANOUBIS“, stellte Seth fest, der immer noch gern eine Erklärung für die mittlerweile vierte Abwesenheit haben wollte. „Ach DIE!“ Jono sammelte die letzten herumliegenden Kurzdolche auf. „Vergessen.“ „Jono, dir ist klar, dass du die Götter und speziell DEINEN Schutzgott mit deinem Verhalten und deiner ständigen Abwesenheit bei wichtigen Zeremonien verärgerst?“ „Sein Problem.“ Sprachlos im Angesicht solcher Gleichgültigkeit und Missachtung der Götter, sich jedoch äußerlich nichts anmerken lassend, sah Seth Jono nach, als dieser bereits wieder im Inneren des Turmes verschwand. Kopfschüttelnd ging er ihm kurze Zeit später hinterher, holte ihn schließlich auf der Hälfte des Abstieges ein und packte ihn grob an der Schulter. „Der Pharao wird das nicht gutheißen.“ „Stimmt. Aber er kennt meine Einstellung bereits und akzeptiert das.“ „Ach? Und welche Einstellung soll das bitte sein?“ Kurz blieb es still, ehe Jono schließlich wieder das Wort ergriff und seine Augen schienen für einen winzigen, kaum merklichen Augenblick, in die Ferne zu sehen. An einen Ort, den Seth nicht kannte. „Die Götter Seth… Die Götter helfen denen, die sich selber helfen. Und sonst niemandem.“ Kurz schenkte er Seth noch ein schiefes und aufgesetztes freches Grinsen aus einem unter der ägyptischen Bräune unnatürlich blassem Gesicht, ehe er sich abwandte. Er wusste sehr gut, dass sein Anblick, gemeinsam mit der trotz der Wärme so kalten Hand, mit welcher er nun die Hand Seths von seiner Schulter streifte, ausreichen würde, um Seth endgültig zum Schweigen zu bringen. Er brauchte jetzt unbedingt Ruhe. Normalerweise holte er sich diese oben auf dem Turm, doch heute blieb ihm diese Möglichkeit verwehrt. Lange noch blieb Seth auf der Treppe stehen und dachte über Jono, sein merkwürdiges Verhalten, den Ausdruck in seinen Augen, seine kalten Hände und seine folgenschweren Worte nach. Doch er kam zu keinem Ergebnis. Sein Verstand weigerte sich, den fröhlichen und sonst so unbekümmert erscheinenden jungen Mann, wie er ihm seit seiner Kindheit begegnet war, mit dem Jono in Vereinbarung zu bringen, der ihn, und da war er sich sicher, ohne mit der Wimper zu zucken beinahe umgebracht hätte. Er begann, sich zu fragen, ob in den Worten seines Pharaos noch eine ganz andere Wahrheit gesteckt haben mochte. Derweil war Jono in seinen hellen und riesigen Gemächern angelangt. Kaum, dass er seine drei Diener, einschließlich Amhotep nach draußen geschickt hatte, schloss er eigenhändig die Tür hinter ihnen und sank gleich darauf vollkommen erschöpft an ihr hinunter. Seine Kraft war mittlerweile restlos erschöpft. Seine freundliche Maske fiel von ihm ab, als hätte jemand einen Vorhang aufgezogen und sein wahres Ich kam zum Vorschein. Schon wenig später verfiel er in einen leichten Dämmerschlaf - nur wenige Meter von der Tür entfernt auf den angenehm kühlen Fliesen. Bis zum Bett hatte er es nicht mehr geschafft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)