Zombieiland von Tikila89 (Der Wutvirus) ================================================================================ Kapitel 3: Was passiert ist --------------------------- Kapitel 3 Ich bewege mich sofort, als ich wieder Gefühl in Armen und Beinen bekomme. Es ist ruhig um mich herum, doch noch immer fühle ich mich betäubt und schwach. Ich taste nach meiner linken Seite und fühle straffen Stoff. Beim näheren Tasten erkenne ich den Stoff meiner Handtücher wieder, die zu Verbänden verarbeitet wurden. Ich zucke zusammen, mein Kopf fühlt sich an, als hätte jemand einen Ballon in ihn hineingesteckt und ihn langsam aufgepumpt. Meine Augen sehen unscharf, ich rieche wieder diesen stechenden Alkohol und spüre die Decke über mir. Erst jetzt realisiere ich, dass ich es nicht bin, die sich auf die Seite legt, ich werde auf die Seite gelegt. Natürlich auf die Seite, an der ich nicht verletzt bin. Als zwei Hände meine Wangen greifen um meinen Kopf richtig auf das Kissen zu legen, öffne ich vorsichtig die Augen. Ich erkenne niemanden, doch ich höre, dass es Chopper ist, als er beginnt zu sprechen. „Du bist wach?“ Ich gebe ein schwaches Stöhnen von mir. Seine Stimme hallt in meinem Kopf wieder und ich schließe für einen Moment die Augen, ehe ich mich kurz umschaue. Ich liege auf einem Bett, allerdings im Wohnzimmer. Sie müssen es hier her geschoben haben. Hinter mir muss das Klavier stehen, vor mir steht das Sofa und ich kann sehen, dass im Kamin ein kleines Feuer brennt. „Ihr seid noch hier.“, murmle ich und schließe die Augen, da meine Kopfschmerzen durch das Sehen schlimmer werden. „Ja, weißt du, es gab ein paar Probleme.“, beginnt er dann und sucht nach den richtigen Worten. „Wurdet ihr angegriffen?“, frage ich leise und lege eine Hand auf meine Augen. „Nein. Jedenfalls nicht am ersten Tag.“, antwortet er dann ebenfalls leise. Er scheint zu spüren, dass es mir nicht gut geht. Am ersten Tag? Wie lange liege ich hier schon? Ich will ihm diese Fragen stellen, doch bringe nur ein seufzen zustande. „Du hast fast eine Woche geschlafen.“, ruft dann plötzlich Ruffy zu mir herüber. Ich zucke sofort zusammen, als ich seine Stimme höre. Kann er es mir nicht ein bisschen leiser sagen? Aber wenigstens weiß ich jetzt mehr. „Weißt du, was gegen den Virus helfen kann?“ Natürlich weiß ich das, was für eine Frage. Wenn ich mit den Augen rollen könnte, würde ich es sofort machen. „Eine Kugel.“ „Was? Was heißt das?“ „Eine Kugel in den Kopf.“, wiederhole ich und ernte Schweigen. „Das kann nicht alles sein!“, schreit mich Ruffy plötzlich an und ich zucke vor Kopfschmerzen zusammen, kneife die Augen zusammen und presse meine Hände auf die Ohren. Verdammt, was hat der für ein Problem? „Ruffy, sie braucht noch Ruhe.“, mischt sich Chopper leise ein und stellt sich so, dass Ruffy mich nicht mehr sehen kann. „Ist mir scheiß egal, was sie braucht! Irgendwas muss es geben!“, schreit er zurück, wieder presse ich die Hände auf die Ohren. Dann Stille. Als ich die Hände von den Ohren löse, höre ich, dass sie hier im Haus sind. Ein Schrei, der so wutverzerrt und bösartig klingt, dass er nur von infizierten kommen kann. Sofort öffne ich die Augen, reiße die Decke von mir und setze mich aufrecht hin. Ein Fehler. Mein Blutdruck ist zu schwach, mir wird schwarz vor den Augen und ich kippe seitlich auf das Bett. Hände greifen mich und ziehen mich zurück auf das Kissen. „Passt auf. Sie sind hier... Hier im Haus...“ „Ganz ruhig. Du musst dich noch ausruhen.“ „Wo ist mein Messer?“, ich greife unter mein Kissen, finde es jedoch nicht. Wieso bleibt er so ruhig? Wie kann er- Es fällt mir so schnell ein, dass mir von der Erkenntnis beinahe schwindlig wird. Einer oder mehrere von denen haben sich angesteckt. Sie haben den Infizierten nicht umgebracht, sondern eingesperrt. Sie hoffen auf Heilung, auf eine Lösung. Sind die bescheuert? „Elena, beruhige dich. Schlaf noch etwas.“ „Wie soll ich schlafen?“, ich blicke von der Seite zu Chopper hoch, funkle ihn böse an und er weiß genau, was ich meine. Er löst seine beruhigende Hand von meiner Schulter, stellt sich vor das Bett und sucht nach Worten. „Ihr solltet sie erschießen.“, flüstere ich dann, als ich mich im Raum umsehe. Nami fehlt. Franky auch. Und Lysop? Ich bin mir nicht sicher. „Wir erschießen niemanden!“, brüllt mich Ruffy von der Seite an. Diesmal unterstützt mich mein Adrenalin, ich setze mich auf, funkle ihn böse an und zische zurück: „Wenn ihr sie nicht umbringt, was glaubst du, wie viele ihr noch in einer Woche seid?!“ „Ich werde sie nicht erschießen!“ „Dann mach ich es für dich!“ „Niemand wird sie erschießen!“ „Elena, leg dich hin.“, versucht Chopper mich von der Seite zu beruhigen, ich höre nicht auf ihn. Voller Wut beiße ich die Zähne zusammen, starre diesen Schwachkopf vor mir an und denke erst über meine Worte nach, als ich sie ausspreche: „Wenn sie die Wahl hätten, würden sie dich darum bitten.“ „Woher willst du das wissen? Du kennst sie nicht!“ „Aber ich kannte meine Brüder!“ Schweigen. Damit habe ich etwas in ihm getroffen, was ich nicht beabsichtigt habe. Er starrt mich fassungslos an, presst die Lippen zusammen und will etwas antworten, irgendetwas gutes, schlagfertiges, doch er findet keine Worte. Dafür gibt es keine Worte. Ich habe recht, so schlimm die Wahrheit auch ist. Ruffy holt Luft, um etwas zu sagen, blickt dann kurz, beinahe unmerklich unsicher in die Runde, erhebt sich dann schnell und verlässt ohne ein weiteres Wort den Raum. Ich schaue ihm nach, blinzle nicht, beiße die Zähne aufeinander und erst jetzt, wo er die Tür hinter sich zuschlägt, falle ich zurück auf mein Kissen, schließe die Augen und atme tief durch. Mir fällt es auch nicht leicht. Das alles hier ist nichts als töten, um zu überleben. Eines meiner Kaninchen stupst mich mit der Nase an mein Ohr. Ich höre die leisen Geräusche, das schnelle Atmen von Bunny neben mir, doch ich bleibe liegen. „Kann ich wenigstens ein Messer bekommen?“, flüstere ich irgendwann, ohne die Augen zu öffnen. Chopper zögert, dann fühle ich jedoch wie er eines unter mein Kissen schiebt. Erleichtert atme ich auf, nicke kurz dankend und schlafe schneller, als es mir lieb ist, wieder ein. Chopper verbietet mir, aufzustehen. Ich habe Kopfschmerzen, weil er mit kein Valium mehr geben will. Ich zittere oft und unwillkürlich, meine Haut prickelt unnatürlich und die Schmerzen meiner Seite kann ich nicht ignorieren. „Von wo kamen die Infizierten?“, fragt mich Zorro, der auf mich aufpassen soll, so lange die anderen etwas zu Essen suchen. „Ich bin mir nicht sicher. Ich war gerade auf der Arbeit, als es anfing.“ „Als was hast du gearbeitet?“ „Ich bin fast mit meiner Ausbildung zur Buchhalterin fertig.“ „Buchhalterin?“ „Kann man sich gar nicht mehr vorstellen, oder?“, mein Tonfall klingt beinahe amüsiert, worüber ich mich selbst wundere. „Du hast gesagt, es ist schon ein paar Monate so?“ Ich nicke ohne etwas zu sagen. Wieder erfasst mich ein Zittern, welches ich nicht kontrollieren kann. Ich ziehe die Decke unter mein Kinn, kneife die Augen zusammen und warte, bis es vorbei geht. „Warst du schon immer so?“ „Wie?“ „So kalt. Du fragst uns nie etwas. Weder, wie wir heißen noch wie es uns geht.“ „Ich bin nicht kalt.“, sage ich knapp, „Ich bin nur noch nicht bereit, zu sterben und es ist einfacher jemanden zu erschießen, den man nicht kennt.“ Ich spüre, wie Zorro mich von der Seite mustert. Ich schaue ihm in die Augen und nicke. „Es wäre doch viel unnatürlicher, wenn ich Witze reißen würde, herumalbern, lachen und weinen würde, als wäre nie etwas gewesen, oder nicht?“ „Ich weiß nicht, was gewesen ist.“ „So ungefähr dasselbe wie jetzt bei euch. Nur ging alles viel schneller.“ „Und was passiert jetzt mit uns?“ „Ihr sterbt.“ Stille. Ich schaue zu Zorro herüber, blicke ihn stumm an und nehme nicht zurück, was ich gesagt habe. Es ist so. So sehe ich es und so wird es sich höchstwahrscheinlich auch entwickeln. „Wie kommst du darauf?“ „Weil ihr euch liebt.“ „Was?! Wir l-„ „Ihr seid aufeinander angewiesen. Ihr würdet alles füreinander machen, auch wenn es euren Tod bedeutet. Das ist Liebe.“ Zorro knurrt, als wäre er mit dem Wort nicht einverstanden. Doch meine Definition passt genau. „Und was machst du, “, fragt er nach einer Weile, „wenn wir hier weg sind?“ Ich überlege kurz, ehe ich antworte. Erst will ich sagen, dass ich sie begraben werde, verkneife es mir jedoch. Ich würde sie ja doch nicht begraben und über den Tod wurde genug gesprochen. „Ich bau meinen Kaninchen ein Gehege. Dann können sie den ganzen Tag draußen bleiben.“ „Sie sind die einzigen, die du noch hast, oder?“ Wie kann er mich so etwas fragen? Hat der sie noch alle? Doch ich spüre keinen Zorn, auch wenn ich die Frage nicht leiden kann. Irgendwann nicke ich, blicke zur Seite und sehe, wie Bunny Sunny die Ohren ableckt, während Sunny flach auf dem Boden an der Wand liegt, die Beine von sich gestreckt. Später spielen beide auf der Wiese, da ich Zorro darum gebeten habe, sie raus zu lassen. Ich habe kein Obst oder Gemüse, weshalb sie in der Wohnung nur Heu fressen könnten. Ich sitze auf dem Bett, meine Füße berühren den Boden vor mir nicht, und ich schaue mir das Klavier vor mir an. Es ist länger her, dass ich gespielt habe. Dabei habe ich es mein Leben lang gelernt. Mama bestand darauf. Entweder Violine oder Klavier. Ich habe mir überlegt, dass ich bei Klavier wenigstens sitzen könne und habe mich dafür entschieden. Mika Damit war ich die einzige in der Familie. Meine 3 Brüder nahmen die Violine. Wir waren keine kleine Familie, und auch wenn wir uns nicht immer verstanden haben, liebten wir uns. Die Tür zum Wohnzimmer schlägt auf und reißt mich aus den Erinnerungen. Ruffy, Sanji und Robin treten in den Raum, ein totes Schwein dabei und Ruffy redet schon davon, dass er es kaum erwarten kann. „Vergesst es.“ „Was meinst du, Elena-Schatz?“ Wendet sich Sanji mir zu auf der Suche nach einem sauberen Messer. „Ihr könnt das nicht essen.“, sage ich nur und zeige auf das Schwein. Ruffy starrt mich entsetzt an, ich ignoriere ihn. „Wieso nicht? Das sah noch ganz gesund aus und hat sich auch normal benommen. Es ist bestimmt nicht infiziert.“ „Nur, weil es sich normal benimmt, heißt es nicht, dass es gesund war. Tiere können sich zwar nicht so anstecken, wie wir Menschen, aber wer sagt, dass sie den Virus nicht übertragen?“ Schweigen. Ruffy schaut zwischen Sanji und mir umher und irgendwann treffen all unsere Blicke Chopper, der auf dem Sofa Platz genommen hat. Er seufzt leise, als er mir recht gibt. „Soll das heißen wir müssen weiter diesen Müll essen?!“, mischt sich Ruffy entsetzt ein und zeigt auf die gestapelten Dosensuppen an der Wand. Chopper nickt. „Wenn wir auf Nummer Sicher gehen wollen, schon.“ „Na super! Dann war das heute alles umsonst?!“ „Du kannst es ja gern essen, wenn du willst!“, fahre ich Ruffy von der Seite an. Ist der wirklich so bescheuert? Hat der noch nicht mitbekommen, was hier los ist? Er kann froh sein, dass er noch lebt und da regt er sich über Suppe auf? Schwachkopf. „Wird ich vielleicht auch machen!“ „Dann glaub aber nicht, dass ich dich nicht erschießen würde!“ „Du kannst es ja versuchen! Man kann mich gar nicht erschießen, ich bin aus Gummi!“ „Dann lass ich mir was anderes einfallen!“ „Jetzt hört doch mal auf, hier bringt niemand niemanden um.“, mischt sich Sanji jetzt ein und stellt sich so, dass Ruffy und ich uns nicht mehr sehen. „Wenn die nicht endlich damit aufhört bring ich die noch um!“, gibt Ruffy zurück und ich sehe, dass er auf mich zeigt. Schwachkopf. „Du könntest mich nicht umbringen!“, gebe ich zurück ohne ihn sehen zu können. „Wieso soll ich dich nicht umbringen können?!“, fragt er mich dann dreist, lehnt sich zur Seite und schaut mich an Sanji vorbei an. „Weil du nicht mal deine-„ „Schluss jetzt!“, ruft Zorro plötzlich in den Raum und unterbricht mich. Ich hätte es ihm so gern an den Kopf geworfen. Der Junge muss endlich mal aufwachen. „Ich bring das Schwein wieder weg von hier. Ruffy, wenn du Hunger hast weißt du, was du essen kannst. Vielleicht bekommt der Kochlöffel-Schwachkopf es ja hin, dass es nicht immer gleich schmeckt.“ „Was hast du gerade gesagt?“, fährt Sanji Zorro von der Seite an, doch er hört gar nicht auf ihn, packt sich das Schwein auf die Schultern und geht aus dem Raum. Ruffy seufzt laut, schaut dem Schwein hinterher und lässt sich aus dem Schneidersitz nach hinten auf den Boden fallen. „Wieder kein Fleisch.“ Es dauert ein paar Tage ehe ich wieder aufstehen kann. Ich bekomme Unterhaltungen zwischen der Crew mit, beteilige mich jedoch an keiner, Antworte auf Fragen nur knapp und kümmere mich oft um viel um meine zwei Kaninchen, so wie immer. Heute wache ich durch Musik auf. Brook, das Afrogerippe, sitzt an meinem Klavier und spielt. Er kann spielen, das sehe ich sofort. Aber das Klavier gehört mir. Ich setze mich auf, greife an ihm vorbei und klappe den Tastenschutz herunter. Er klemmt sich die Finger ein, zieht sie unter dem Deckel heraus und zieht mich fragend an. „Kapiert ihr nicht, dass ich nicht will, dass ihr hier seid?“ Brook schweigt und sieht mich ratlos an. Ich seufze laut hörbar und genervt auf, erhebe mich aus dem Bett und verlasse das Zimmer. Ich gehe ich die Küche, setze mich an den Tisch und lege mich halb auf die Platte. Meiner Seite geht es zwar besser, aber ich kann mich in meinem eigenen Haus nicht mehr bewegen ohne jemanden zu treffen. Wie aufs Stichwort tritt jemand in die Küche und setzt sich neben mich an den Tisch. Ich schaue nicht auf, lasse die Stirn auf der Platte liegen und ignoriere ihn oder sie, so gut es geht. „Du bist froh, dass wir hier sind.“, sagt er plötzlich. Es ist Ruffy. Gerade über ihn ärgere ich mich. Ich lache kurz leise ironisch auf und beende den Gedanken mit einem einfachen, aussagekräftigen Wort: „Schwachsinn.“ „Doch. Du bist echt froh, dass wir hier sind. Ich weiß nicht genau, ob du es merkst, aber du bist froh, nicht mehr alleine zu sein. Du teilst gerne und kümmerst dich um schwächere.“ „Ich kümmere mich um meine Haustiere.“, sage ich genervt, bewege mich jedoch immer noch nicht. Was bildet der sich eigentlich ein? „Tut mir leid, was mit deiner Familie passiert ist.“, sagt er dann ganz plötzlich. Die Worte treffen mich augenblicklich. Mein Magen zieht sich zusammen, meine Seite schmerzt, meine Augen brennen, mein Hals schnürt sich zu und ich halte die Luft in den Lungen, da ich nicht mehr in der Lage bin zu atmen. Er kannte meine Familie nicht. Er weiß nicht, was passiert ist. Er weiß gar nichts. Er hat nicht die geringste Ahnung. Ich presse die Stirn auf die Tischplatte, spüre die Tränen in meinen Augen und wie mir die Luft knapp wird. Ich will nicht weinen. Nicht vor ihm. Nicht jetzt. Es ist schon Wochenlang, Monatelang her. Ich sollte es schon längst verarbeitet haben. Ich bin bis jetzt gut zurechtgekommen, auch ohne meine Brüder und mit dem Weinen habe ich schnell aufgehört. Irgendwann atme ich zitternd die Luft durch meine Zähne ein. Tränen tropfen auf die Tischplatte unter mir und mein Körper verkrampft sich und ich weine. Verdammt, ich heule wirklich. Es tut ihm leid, was mit meiner Familie passiert ist. Er hat keine Ahnung. Er hat gar keine Ahnung. „Ich hab ihn erschossen.“, presse ich irgendwann hervor. Ich kann mein Schluchzen ja doch nicht mehr zurückhalten. Und wenn er schon glaubt, dass es ihm Leid tut, dann soll er wissen, was ihm Leid tut. „Mama hat sich angesteckt, Mika hatte sie erschossen. Sie liegt oben im Schlafzimmer. Dann hat sich Andy angesteckt, Mika hat auch ihn erschossen und mir danach beigebracht, wie man richtig zielt. Andy war unser kleiner Bruder. Mein einziger kleiner Bruder. Matze kam irgendwann nicht mehr nach Hause. Du hast ihn schon gesehen. Er kommt ab und zu wieder nach Hause. Ich weiß nicht, wieso er den Weg immer wieder findet, aber wir konnten ihn nicht erschießen. Mika hat ihn immer wieder in den Bach gelockt, und so hat es auch immer geklappt. Er blieb oft wochenlang weg, aber er scheint sich doch noch an den Weg erinnern zu können. Er kommt immer wieder. Mika wurde irgendwann von ihm erwischt. Er hat mir gesagt, ich soll ihn erschießen. Also hab ich geschossen. Wie er es mir gezeigt hat. Wie er es gesagt hat. Erst in die Brust, dann in den Kopf. Er liegt in meinem Zimmer.“ „Ich weiß.“ Erst jetzt realisiere ich, dass er mich zu sich gezogen hat. Es ist mir egal. Ich breche in seinen Armen zusammen, weine laut und halte mich nicht mehr zurück. Er weiß es, er hat ihn gesehen. Sie müssen doch in die Schlafzimmer geguckt haben, nachdem ich von Chopper operiert wurde. Als ich so lange geschlafen hatte. „Ich kenne fast jeden hier.“, sage ich irgendwann als ich mich einigermaßen beruhigt habe. Er hält mich noch immer im Arm und ich bin froh, dass uns niemand gesehen hat. „Ich kannte drei von den Infizierten im Baumarkt und ich kenne auch die, die in der Stadt rumlaufen. Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Ich kenne jedes Gesicht und fast jeden beim Namen. Es ist für mich nur eine Frage der Zeit, bis ich auch eine von denen bin.“ Ruffy schüttelt den Kopf, lässt mich jedoch nicht los. „Es ist nicht so schwer, wenn ich es so sehe. Was soll ich sonst machen? Alle erschießen? Das kann und will ich nicht.“ „Du hattest gesagt, wir sollen die Marine fragen, was hier abgeht. Weißt du noch?“, unterbricht er mich dann. Ich nicke. Es war bei unserer ersten Begegnung. „Wieso hast du das gesagt?“ Ich atme einmal tief durch, schließe die Augen und zucke einmal mit den Schultern. „Ist so ein Gefühl. Es ist nur, ich hab noch keinen Infizierten in Marineuniform gesehen. Und dabei liefen die Jahrelang durch die Straßen.“ „Wo ist der nächste Stützpunkt?“ Noch immer halte ich mich an ihm fest, wische mir jetzt jedoch mit dem Handrücken über die nassen Augen und löse mich langsam von ihm. „Am Hafen.“, sage ich leise, blicke jedoch nicht zu ihm auf. Ich will nicht, dass er, oder sonst jemand, mich so sieht. Selbst, wenn er dabei war. Ich will es einfach nicht. „Kommst du mit, wenn wir gehen?“ Was? Gehen? Wann will er gehen? Und wieso überhaupt? So weit? Das schaffen die nie. Nie alleine. Sie wissen nicht, worauf sie achten müssen. Sie wissen nicht, wie sie sich bewegen müssen, wo sie sich verstecken können und worauf sie sich einstellen müssen. Und selbst mit mir kommen wir nie bis in die Basis. Ich nicke. „Wann?“, will ich wissen und schaue zu ihm auf. Er sieht mich entschlossen an, mustert mich einen Moment, wobei sein Blick einen Moment an meiner Seite hängen bleibt, ehe er antwortet. „Heute noch.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)