Tatsächlich...Liebe von Lady_Emily ================================================================================ Kapitel 4: Freundschaft Plus...oder doch eher Friends with Benefits?! --------------------------------------------------------------------- Freundschaft Plus...oder doch eher Friends with Benefits? „Darf ich dir was ausgeben?“ „Warum muss mich heute bitte jeder Idiot anquatschen?!“, zischte Mariah. „Ok, dann geh ich wohl wieder“, bei dem amüsierten Tonfall drehte sie sich überrascht auf ihren Barhocker herum und entdeckte denjenigen, der ihr da was spendieren wollte. „Oh shit, sorry, Kai! So meinte ich das nicht!“ „Ach nein?“, immer noch leicht amüsiert, drehte er sich wieder um und kam näher. „Setz dich“, forderte die Rossahaarige ihn auf. „Ein Idiot wie ich?“, mit hochgezogenen Augenbrauen sah er sie an. „Als ob du nicht wüsstest, dass ich dich damit nicht gemeint habe“, sie konnte nicht anders, als die Augen zu verdrehen. Er setzte sich auf den freien Platz an der Theke neben ihr und winkte dem Barkeeper. „Also, was darfs sein?“, erwartungsvoll sah er sie an. „Einen doppelten Wodka pur bitte.“ „Na, das hat doch Stil...machen Sie zwei draus“, sagte Kai zum Barkeeper und wandte sich dann wieder an die Chinesin. „Dann erzähl mal: welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?“ „Es war eher eine Ratte namens Yamato.“ „Der scheint ja einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben.“ „Männer sind Scheiße!“ „Bitte, scherr doch meine Rasse nicht komplett über einen Kamm.“ Erheitert sah Kai, wie praktisch kleine Rauchwolken aus Mariahs Ohren kam. Als die Drinks kam, kippte sie ihren in einem Schluck runter. Kommentarlo schob er ihr seinen rüber und auch diesen vernichtete sie innerhalb von drei Sekunden. „Wow, Yamato muss sich ja wirklich von seiner schlimmsten Seite gezeigt haben.“ Mit einem Handzeichen bestellte er noch eine Runde Wodka für sie beide. „Was machst du hier?“, fragte Mariah dann abprupt. „Verzeihung?“, etwas verwirrt über den spontanen Themenwechsel sah er sie an. „Was machst du hier in dieser Bar? Wir sind meilenweit von Shinjuku entfernt, ich wusste nicht mal, dass du dich hier in dem Viertel auskennst.“ „Und was machst du dann hier, wenn wir meilenweit von Shinjuku entfernt sind?“ „Die Wohnung der Ratte ist zwei Straßen von hier entfernt.“ „Wenn er hier wohnt, dann ist er es sowieso nicht wert gewesen.“ Spontan lachte Mariah auf. „Ja, das ist wohl war. Also, was treibt dich hier her?“ Er zuckte unbestimmt mit den Schultern. „Dieses und jenes.“ „Ich liebe konkrete Antworten“, sagte sie Augenverdrehend, aber mit einem Lächeln. Dann betrachtete sie ihn etwas genauer. Kai trug ein gut tailliertes, schwarzes Hemd, an dem der oberste Knopf offen war. Sein Jeans war verdammt eng und wenn sie sich nicht komplett täuscht, roch sie Emporio von Armani. Er sah gut aus. „Ich fasse es nicht“, sie grinste ihn an. „Du bist hier um Frauen aufzureißen!“ Unschuldig sah er sie an. „Ich doch nicht!“, beteuerte er schmunzelnd. „Das glaube ich ja nicht. Der große Kai Hiwatari geht in eine Bar um Frauen abzuschleppen! Ich dachte immer, die Mädels laufen dir auf dem Campus sowieso immer sabbernd hinterher.“ „Tun sie ja auch..“ „Nur nicht so viel Bescheidenheit“, lachend sah sie ihn an. „Aber das ist ja keine Herausforderung“, er grinste sie schelmisch an. Interessant. Kai war hier ganz anders drauf als normalerweise. Sie drehte sich mit ihrem Körper komplett zu ihm um, nachdem die nächste Runde Wodka über die Theke gereicht wurde. „Was ist deine Taktik?“ „Meine Taktik?“ Er legte leicht den Kopf schief. „Wie bekommst du die Frauen dazu mit dir ins Bett zu steigen?“ „Wer sagt, dass ich die Frauen dazu bekommen muss?“ Er lehnte sich auf seinen Hocker zurück und sah sie mit blitzenden Augen an. „Charming. Also, sitzt du den ganzen Abend da und wartest, dass jemand dich anspricht?“ „Schau nicht so. Als würdest du so eine Taktik nicht auch ab und an anwenden.“ „Wie kommst du darauf?“, fragte sie zwischen zwei Schlucken Wodka. Bedeutungsvoll sah er einmal an ihr rauf und runter. Na gut, sie hatte ihr kleines Schwarzes an. Na schön, vielleicht war dieses etwas kürzer und der Ausschnitt etwas weiter, als es sich gehört, aber hey, wozu war man denn bitte eine Frau im 21. Jh? „Ich war gerade bei meinem sogenannten Freund und für den darf man sich ja wohl noch hübsch anziehen!“ „Und wie hast du denn nochmal kennen gelernt?“, erwartungsvoll sah er sie an. Erwischt! Ärgerlich drehte sie sich wieder zur Theke um und bestellte für sie beide noch eine Runde. Kai lachte leise. „Wie oft kommst du hierher?“, fragte er sie schließlich. „Nicht oft. Nur ein bis zweimal im Monat. Ein bisschen Entspannung. Und du?“ „Genauso. Interessant, dass wir uns in einer Mega Metropole wie Tokio, am anderen Ende von unserem Wohn- und Studienort dieselbe Bar ausgesucht haben.“ „Um Leute aufzureißen.“ „Ja“, lachte Kai, „um Leute aufzureißen.“ „Gegen guten Sex ist ja auch nichts einzuwenden. Das tut während des stressigen Studiums ab und an mal gut.“ „Keine Einwände dagegen.“ Sie schwiegen kurz. Über die Wendung des Abends war Mariah positiv überrascht. Kai so zu erleben, hätte sie nie gedacht. Und dass es so viel Spaß machen würde, sich gegenseitig aufzuziehen auch nicht! „Wen hast du heute im Blick?“, fragte sie schließlich. „Wie meinen?“ „Auf welches scharfe Eisen hast du heute ein Auge geworfen?“ „Oh, die da dahinten, in dem grünen Kleid. Allerdings hat sie, nachdem sie sehr genussvoll und sexy an ihrem Strohhalm gesaugt hat, alles wieder zurückgespuckt.“ „Uha.“ „Ganz genau. Das hab ich mir auch gedacht. Und dann hab ich dich entdeckt und dachte mir, du bist das Beste was mir heute Nacht noch passieren kann.“ „Oh, das hast du aber schön gesagt.“ „Gern geschehen.“ „Also, Kai“, sie trank den letzten Schluck Wodka und stellte das Glas klangvoll auf die Theke, „zu dir oder zu mir?“ „Was ist mit dir?“ „Was soll mit mir sein?“ Forschend sah Emily zu ihrer Freundin, die beschwingt neben ihr entlang lief. „Ich weiß nicht, du bist so gut drauf.“ „Ach und ist das jetzt schon ein Verbrechen?“ „Natürlich nicht, aber...es ist die Art des gut drauf seins. Du bist so – voller Lebensenergie“, die Rothaarige sagte das in einem Tonfall, als handle es sich um Haare im Abfluss. „Em, du bist schon wieder zu negativ. Wo ist denn deine gute Laune von letzter Woche hin?“ „Die ist zusammen mit der 5,0 in der Methodenklausur verschwunden. Die ich übrigens immer noch nicht verstehe. Wie hab ich es nur geschafft, trotz Spickzettel und der Beantwortung von allen Fragen auf neun Seiten Fragebogen eine 5,0 zu bekommen?!“ „Keine Ahnung, aber das ist eine beachtliche Leistung, die gefeiert werden muss. Oh, sieh mal, das Kleid ist aber süß!“ Schnell stürmte Mariah in einen Laden und ließ eine verwirrte Emily zurück. „Was ist nur mit ihr?“ Kopfschüttelnd folgte sie ihrer Freundin. „Was hälst du von dem?“, freudig zeigte die Chinesin auf das besagte Kleidungsstück. „Oh, es ist fantastisch. Wenn du nächste Woche im Stripclub anfängst, werden die Männer schlange stehen.“ „Sehr witzig“, kommentierte Mariah trocken. „Ernsthaft, das Ding ist komplett rückenfrei. Und der Ausschnitt ist gigantisch. Und es ist hauteng. Und...hey, ich glaube, ich hab auch son Kleid im Schrank.“ Lachend sah die die Rosahaarige zu der Amerikanerin, die sich nachdenklich am Kopf kratzte. „Also, wo ist dann das Problem?“ „Naja, wenn ich so was anziehe, dann tue ich das erstens für meinen Freund und zweitens habe ich einen Freund, der mir die aufdringlichen Kerle anschließend vom Leib hält.“ „Und nur weil ich keinen Freund habe, darf ich mir das dann nicht kaufen?“, fragte sie augenzwinkernd. Mit schmalen Augen sah Emily ihre Freundin an. „Ok“, sagte sie und verschränkte ihre Arme vor der Brust, „mit wem schläfst du?“ „Bitte?“, fragte Mariah verwirrt. „Mhm, tu nicht so unschuldig. Du kaufst dir in letzter Zeit viele hübsche Kleider, du hast viel mehr Reizwäsche in deinem Schrank als sonst und diese ätzend, fröhliche Laune hast du immer nur, wenn du viel Sex hast. Also, wer ist der Knabe?“ „Woher weißt du, dass ich mehr Reizwäsche habe?“ „Hab ich gesehen, als ich mir beim letzten Mädelsabend eine Strickjacke aus deinem Schrank genommen habe.“ Tadelnd sah sie Mariah an. „Es ist nix festes“, antwortete diese nur Augen verdrehend. „Du hast eine Affäre und sagst mir nichts davon?“ „Dann wäre es ja keine geheime Affäre mehr.“ „Der besten Freundin davon zu erzählen, tut der geheimen Affäre in der Regel keinen Abbruch.“ „Es ist nur Sex, ok?“ „Und auch wenn du nur Sex hast, ist das was, was man seiner besten Freundin erzählen sollte.“ „Ich habs geschnallt Emy. Bei allen zukünftigen Affären und sexuellen Abenteuern ruf ich dich sofort an.“ „ I appreciate that. Und wer ist es nun?“ „Das verrat ich nicht.“ „Du textest zu viel!“ Genervt sah Tyson zu Kai. „Und das hat dich zu interessieren, weil...?“ „Weil wir hier grade nen Stammkneipen-Männerabend haben!“ „Wenn du das so sagst, hört sich dass an, als würden wir gleich die Knarren auf den Tisch legen und um Millionen von Dollar Poker spielen“, sagte Ray grinsend. „Das wäre witzig“, lachte Max und nahm einen Schluck von seinem Bier. „Und hier kommt Ihr Schoko-Milchshake“, sagte die Bedienung freundlich und stellte den Shake vor Tyson hin. Auf die Blicke der anderen hin, rief er nur: „Was?! Ich hatte halt einen schweren Tag!“ „Is klar“, grinste Ray. „So viel zum Männerabend...“, kopfschüttelnd drückte Kai auf seinem Smartphone auf senden. „Also, was gibt’s neues in der Welt?“, fragte Max in die Runde. „Klausuren.“ „Klausuren.“ „Mündliche Prüfung.“ „Klausuren.“ „Mensch, sind wir spannend...“, Ray schüttelte seinen Kopf. „Es ist halt Vorlesungsfreie Zeit. Da schreibt man nunmal Klausuren und Hausarbeiten. Zu was anderem kommt man ja in den Ferien gar nicht.“ „Och, naja, das ein oder andere an Freizeit wird ja wohl drin sein“, sagte Kai gedankenverloren, während er wieder auf seinem Handy rumtippte. „Ich nehm dir das Ding gleich weg“, warnte der Chinese. „Ich stecks ja schon ein.“ „Oh, könnte ich vielleicht kurz eine SMS von deinem Handy aus an Emily schreiben? Mein Akku ist vorhin gestorben“, fragte Max. „Klar.“ Kai reichte ihm sein Telefon und wandte sich dann wieder an Ray, der gerade anfing über seinen Mathe Professor zu schimpfen. Max wollte gerade eine neue Unterhaltung auf dem Display beginnen, als eine aktuelle aufploppte. 'Wann kommst du endlich?' 'Häng mit dem Jung ab. Wird später.' 'Zur Info: ich hab mir heute einen wahnsinnig stofflosen, feuerroten BH mit Spitze gekauft. Aber vielleicht pack ich den einfach wieder in die Tüte.' 'Wahrscheinlich komm ich doch eher früher als später!' Max Augen wurden riesig. Und sie wurden noch riesiger als er den Absender sah: Mariah. WTF?, dachte er bei sich. „Bist du fertig?“, fragte da Kai neben ihm. Schnell schloss er die Unterhaltung. „Äh, sorry, eine Sekunde noch, das ist hier ein wenig anders, als mein HTC, ich muss mich kurz orientieren.“ „Einfach da drauf.“ „Ok, danke, alles klar.“ „Zu spät.“ „Mariah!“ „Ich hab gesagt, ich warte eine halbe Stunde und die ist vor einer Stunde vorbei gewesen.“ In Jogginghose stand Mariah in der Tür und war kurz davor, diese Kai vor der Nase zuzuschlagen. „Und warum konntest du bitteschön nicht warten?“ „Weil ich jetzt an meiner Hausarbeit schreiben muss!“ Kai runzelte die Stirn. „Es ist Freitagabend 22:30“, argumentierte er. „Ja, aber morgen muss ich arbeiten und abends ist die Party bei Mystel und wenn ich mich zwischen Sex mit dir und einer gepflegten Party entscheiden muss, entscheide ich mich eher für die Party.“ „Na besten Dank auch.“ Er wollte gerade noch etwas sagen, als die Chinesin kurz in ihre Wohnung verschwand und eine halbe Minute später mit ihrem Terminkalender zurück kam. „Da hab ich Zeit für uns eingeplant. Wenn du den Termin nicht wahrnimmst, verfällt er.“ Kai starrte auf den Plan für Freitag. Genau zwischen 19:00 Maniküre mit Hilary und 22:00 Gliederung Hausarbeit stand 21:00 Sex mit Kai. „Du hast für uns nur eine Stunde eingeplant?“ „Heute wollten wir doch den Kranich machen. Das schaffen wir sowieso nicht mehr als einmal.“ „Auch wieder wahr“, murmelte der Russe und blätterte die nächsten Tage durch. In so ziemlich jeder größeren Lücke war sein Name eingetragen. „Das ist irgendwie heiß...“ Mariah grinste spitzbübisch. „Oh, an dem Donnerstag kann ich nicht. Da treff ich mich mit meinem Referatspartner.“ „Ok, wie wäre es ersatzweise mit dem Samstagvormittag?“ „Was gibt’s schöneres zum Frühstück?“, grinste Kai verschmitzt. Mariah trug den Termin um und sah ihn dann erwartungsvoll an. Leicht deutete sie mit dem Kopf zum Treppenaufgang. „Ich kann dir nicht zufällig bei deiner Gliederung helfen?“, in seine Augen trat ein Funkeln. „Verstehst du was Niklas Luhmans Diskursanalyse?“ „Das ist praktisch mein Zweitfach“, flüsterte er und kam ihr gefährlich nahe. „Glaub bloß nicht, dass du mich so einfach um den Finger wickeln kannst, Mister“, murmelte sie, Sekunden bevor er seine Lippen auf ihre drückte. „Eigentlich wollte ich dir den Verstand rauben“, er küsste ihren Hals und wanderte weiter zu ihrem Schlüsselbein. „Ausnahmsweise“, murmelte Mariah wohlig und schmiss die Tür hinter sich zu, nachdem sie den Graublauhaarigen in die Wohnung gezogen hatte. „Na, sag schon“, murmelte Emily und trommelte mit den Fingern auf den Tisch. „Was denn?“, fragte Max aus der Küche. „Nicht du. Mariah.“ Mit einem fragenden Blick steckte Max seinen Kopf ins Wohnzimmer und sah zu seiner Freundin, die ungeduldig vor ihrem Laptop saß. „Nichts weiter. Ich hab sie nur grade was im Chat bei facebook gefragt und schon herrscht Stille im Walde.“ „Habt ihr Streit?“, fragte der Blonde während er das Gemüse in die Pfanne tat. „Nein. Nur Geheimnisse voreinander.“ „Was für Geheimnisse hast du denn vor Mariah? Ihr erzählt euch doch sonst alles.“ „Anscheinend nicht wenn es um geheime Affären geht...“, murmelte die Rothaarige. In der Küche fiel etwas scheppernd herunter. „Alles ok?“, fragte sie verwirrt in Max Richtung. „Klar. Ich war nur überrascht“, er kam in das Wohnzimmer und sah sie an, „über Mariah und eine Affäre meine ich.“ „Ich find's auch seltsam“, sie sah von ihrem Laptop zu ihm hoch. „Na so lange sie ihren Spaß dabei hat“, meinte sie schließlich achselzuckend. „Ach, dabei geht’s um Spaß?“ „Darum geht’s doch in einer Affäre, oder?“ „Ist es denn nur eine Affäre?“, etwas an Max Tonfall ließ sie erneut aufblicken. Sie sah ihn prüfend an. Seine Mimik war ausdruckslos. Zu ausdruckslos. Die meisten glaubten es nicht, aber Max war wahnsinnig gut darin, Dinge für sich zu behalten. „Weißt du was?“, fragte sie deswegen mit zusammen gekniffen Augen. „Weißt du was?“, erwiderte er, verblüfft darüber, dass seine Freundin offensichtlich was wusste, was er vielleicht auch wusste, was aber besser niemand wissen sollte. „Ich weiß nur von zwanglosen Sex.“ „Kai und Mariah haben zwanglosen Sex?!“ „Du meine Güte, Mariah hat Sex mit Kai?!“ Fassungslos starrten sie sich an. „Woher weißt du davon?“, fragte er und kam zum Esstisch. „Ja und woher weißt du davon?“ „Ich hab eine SMS in Kais Handy gefunden.“ „Gosh...ich wusste, dass sie grade mit jemanden eine richtig heiße Sexbeziehung hat aber...Kai?!“ „Sexbeziehung...?“, Max zog die Stirn kraus. „Das...“, fing er an, „ist doch mal eine interessante Wendung.“ „Das kann man wohl so sagen.“ Einen kurzen Moment schwiegen sie und verdauten das eben erfahrene. „Was riecht hier eigentlich so verbrannt?“ „Rauchen ist schlecht für die Gesundheit.“ Grinsend drehte sich Kai zu Mariah um. Diese stand nur in seinem Hemd bekleidet in der Balkontür und sah spitzbübisch zu ihm. Er wandte sich komplett zur Wohnung um und lehnte seinen nackten Rücken an das Balkongeländer. Sie kam auf ihn zu, nahm ihm die Zigarette aus der Hand, zog daran, schmiss sie anschließend weg und verschloss ihre Lippen mit seinen. „Ich fürchte, ich brauche erst einmal eine Pause bevor wir zu Runde vier kommen“, grinste der Russe in den Kuss hinein. „Schon ok“, murmelte die Rosahaarige und küsste ihn intensiver, „ist auch mal ganz nett.“ „Aber der Sex ist doch noch gut, oder?“, verschmitzt lächelnd sah er sie an. „Der Sex ist gigantisch“, lachte Mariah. Sie verharrten einen Moment in ihrer Stellung. Die Chinesin hatte ihre Arme um seine Hüfte geschlungen, während er sie mit einem Arm um die Schulter an sich heranzog. Den Kopf hatte sie in seine Halsbeuge gelegt. „Bleibst du über Nacht?“ „Hm, weiß noch nicht. Es ist schon ganz schön spät.“ Er holte tief Luft und bemerkte zum ersten Mal, wie vertraut ihm der Geruch von Mariah inzwischen schon war. „Wenn ich darf, würde ich gerne bleiben.“ „Ok.“ Und zum ersten Mal, verbrachten Mariah und Kai die erste gemeinsame Nacht miteinander. Ganz ohne Sex. „Hey!“ „Oh, hi. Hab dich gar nicht bemerkt.“ „Ist mir aufgefallen“,sagte Max amüsiert, nachdem er Kai durch das halbe Bistro Oeconomicum hinterher gerufen hat. „Was machst du hier?“, fragte der Graublauhaarige. Demonstrativ hob sein Teamkollege einen Kaffeebecher. „Ach, gibt es bei euch am Leonardo Campus keinen Kaffee mehr?“ Da es sich bei der Tokio Uni um keine Campus Universität handelte, waren die einzelnen Institute und Fachbereiche in der ganzen Stadt vertraut. „Ich hab hier heute und morgen eine Blockveranstaltung.“ „Ah, ok.“ Sie liefen schweigend nebeneinander. „Alles in Ordnung?“, fragte der Amerikaner prüfend. „Klar, warum fragst du?“ „Keine Ahnung, du wirkst so zerstreut.“ Und das war Kai wirklich. Er wechselte nervös den Pappbecher von einer Hand zur anderen, während aus seiner Tasche beinahe sein Block hinaus fiel. Max fing ihn in letzter Sekunde auf. „Hier“, sagte er nur und reichte ihm dem Russen. „Danke.“ „Also, was ist los?“ Kai seufzte schwer. „Ich glaube, ich hab...Frauenprobleme.“ „Bereitet Mariah dir solche Kopfschmerzen?“ Ruckartig fuhr sein Kamerad zu ihm herum und sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Hat Mariah getratscht?“, fragte er betont langsam. „Natürlich nicht. Aber ich bin nicht blöd, weißt du.“ Max sah ihn einfach nur an. Kai wusste, dass ihm der Blonde damit eine Gelegenheit geben wollte, darüber zu reden, wenn er wollte. Als der Graublauhaarige nichts erwiderte, ergriff Max die Initiative: „Wie wäre es mit einer weiteren Runde Kaffee?“ „Was ist mit deinem Seminar?“ „Ich hab nette Kommilitonen, die ganz ausgezeichnet darin sind, meine Unterschrift zu fälschen.“ Nach einem kurzen Zögern gab der Russe nach. Sie holten sich noch einen Kaffee und setzten sich auf die Rasenfläche des Instituts, welcher ein beliebter Treffpunkt für Pausenzeiten war. „Also, wo hapert es denn?“ Kai schwieg erneut. „Wird der Sex langsam bedeutungsvoller?“ „Alter...“, fing der Wirtschaftsstudent an, „woher weißt du das?“ Angesprochener zuckte nur unbestimmt mit dem Schultern. Kurz blieb Kai ruhig. Dann gab er es zu. „Ja, es wird bedeutungsvoller.“ „Und du hast damit ein Problem, weil...?“ „Das ist nicht die Art von Beziehung, die wir haben.“ „Ach“, sagte Max halb belustigt, „und in einer Beziehung legt man am Anfang fest wie sie verlaufen soll und dann funktioniert das auch genauso.“ Er schüttelte den Kopf. „Kai, that's not the way it works.“ „Vielleicht will ich ja aber keine gefühlvolle Beziehung.“ „Willst du es denn beenden?“ „Nein, natürlich nicht.“ „Dann müsst ihr eure Beziehung auf eine andere Ebene ziehen.“ Der Russe blieb stumm und legte dann seufzend seinen Kopf in seine Hände. „Kai, werd nicht böse, aber wenn du diese Art von Beziehung nicht willst, dann beende sie bitte. Sonst wird noch jemand verletzt.“ Jetzt ließ Kai sich nach hinten fallen und starrte in den blauen Himmel. „Was soll ich nur tun?“, murmelte er. „Das...ist keine Pizza.“ „Das hast du verdammt gut erkannt“, lachte Mariah und winkte Kai in ihre Wohnung. Manchmal trafen sie sich nach einem langen Arbeits- und Unitag und bestellten sich erst einmal von einer Fast Food Kette um etwas in den Magen zu bekommen, bevor sie mit dem Matratzen Sport anfingen. Aber heute stand die Chinesin am Herd und kochte. „Ich bin ehrlich gesagt etwas verwirrt.“ Kai schmiss seine Tasche in eine Ecke und näherte sich dem Kochbereich der Ein-Zimmer-Wohnung. „Naja, ich hatte noch Reste und bevor ich morgen nach Hause fliege, muss ich die sowieso aufbrauchen. Du weißt, wie sehr ich es hasse Lebensmittel wegzuschmeißen.“ „Stimmt“, antwortete Kai nur, setzte sich an den aufgeklappten Küchentisch und klaute sich eine Tomate. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass irgendetwas anders war. In der Luft lag so eine bestimmte Stimmung. Sie unterhielten sich beim Essen über ihren Tag und tauschten den neuesten Tratsch von ihren Freunden aus. Dann hatten sie wie gewohnt Sex. Allerdings viel sanfter, viel intiuitiver, viel gefühlvoller. Anschließend lag sie in seinen Armen und sie genossen die Stille. „Es könnte öfter so sein“, sagte sie schließlich. „Was meinst du?“, fragte er schläfrig. „Das wir in Ruhe zusammen essen und Zeit miteinander verbringen. Das ist schön, findest du nicht?“ „Hm“, machte der Russe nur. „Kai?“, hakte sie nach und stupste ihn an. „Ja?“ „Findest du nicht?“ „Was nochmal?“, eigentlich war er schon halb eingeschlafen. „Wir zwei in einer richtigen Beziehung.“ Schlagartig war er wieder wach. „Bitte?“, fragte er nochmal. Sein Tonfall gefiel ihr nicht und sie drehte sich richtig zu ihm um. „Wir beide. Beziehung.“ „Das...ist etwas plötzlich.“ „Plötzlich?“, sagte sie in einem ätzenden Tonfall, „Wir schlafen seit drei Monaten miteinander.“ „Ja und hatten wir uns nicht darauf geeinigt, dass es genau das ist was wir beide wollen und dass es dabei bleibt?“ Mit einem Ruck stand sie auf und fing an sich anzuziehen. Sie schmiss ihm seine Jeans zu. „Dann kannst du ja jetzt gehen!“ „Mariah...was?“ „Nein, du hast recht! Darauf haben wir uns geeinigt. Sex und das wars. Also, bitte verlass jetzt meine Wohnung.“ Noch bevor er wusste wie ihm geschah, hatte sie ihn schon in Richtung Tür gescheucht, schmiss ihm Stück für Stück seine Klamotten hinterher und als sie sicher war, dass sich kein Kleidungsstück mehr von ihm in der Wohnung befand, warf sie die Tür knallend zu. Kai starrte perplex auf die geschlossene Tür. Dann öffnete sich diese noch einmal und Mariah drückte ihm eine CD gegen die Brust. „Hier hast du deine 'Airbone Toxic Event' CD wieder. Die war sowieso scheiße.“ „Es ist zwei.“ „Ich weiß. Lässt du mich trotzdem rein?“ „Kai, es ist zwei Uhr nachts.“ „Bitte?“ „Schön“, seufzte Max, nahm den Kopf von dem Türrahmen an dem er diesen angelehnt hatte und hielt Kai die Wohnungstür auf. Dieser schlüpfte schnell hinein und ging ins Wohnzimmer, nachdem der Blonde auf dieses deutete. „Kannst du Kaffee machen?“ „Gott, nein. Ich will heute noch schlafen.“ „Kaffee ist die wichtigste Mahlzeit des Tages.“ „Nicht um zwei Uhr nachts.“ Der Amerikaner setzte sich an die eine Ecke des Sofas, zog die Beine an, verschränkte die Arme und sah mit verschlafenen Augen zu seinem Teamkollegen. „Du musst mir bei was helfen. Irgendwie versteh ich da was nicht.“ Der Graublauhaarige erzählte Max von dem Streit zwischen ihm und Mariah und wie sie ihn blitzschnell aus der Wohnung komplementiert hat. „Weil sie Gefühle für dich hat“, antwortete der Blonde schlicht. „Aber wir haben am Anfang gesagt...“ „Scheiß drauf, was ihr am Anfang gesagt habt. Sie ist ein Mädchen. So läuft das bei ihnen. Mädchen funktionieren nicht wie ein Roboter. Sie reagieren emotional und reden über alles offen.“ „Ja, das ist mir auch schon aufgefallen...“ Max seufzte tief und legte den Kopf in den Nacken. „Gott Kai, ich hätte dir dieses Ende sowas von vorraussagen können.“ „Warum hast du's nicht?!“ „Hallo?! Vielleicht weil du nichts gesagt hast.“ „Oh man, was mach ich denn jetzt?!“ Kai ließ sich tiefer in die Couch gleiten. Max stand auf und holte aus der Küche eine eisgekühlte Wodkaflasche und zwei Schnapsgläser. „Du hast zwei Möglichkeiten: entweder du beendest das was ihr habt sofort und ich meine wirklich !sofort! oder ihr fangt eine vernünftige, ganz normale Beziehung an so wie jeder andere normale Mensch“, erklärt er, während er die Gläser vollmachte. „Ich will es nicht beenden.“ „Also, hast du Gefühle für sie.“ „Das hab ich nicht gesagt.“ „Kai...“ „Was?!“ „Bist du gerne mit ihr zusammen?“ „Klar.“ „Erzählst du ihr gerne aus deinem Leben?“ „Natürlich, wir sehen uns fast täglich.“ „Teilst du ihr Sachen mit, die du sonst keinem verrätst?“ „Wird das ein Verhör?“ „Kai, du bist verliebt in sie ohne es zu bemerken.“ Der Russe schwieg daraufhin eine Weile. Dann trank er gedankenverloren seinen Wodka. „Ich bin nicht gut darin Beziehungen zu führen.“ „Das gibt sich.“ „Du hast leicht reden, du bist schon seit tausend Jahren mit Emily zusammen. Und bei euch sieht das total einfach aus.“ „Ist es nicht, glaub mir. Auch wir haben unsere Kämpfe auszufechten.“ Der Russe seufzte wieder schwer. Wieder lehrte für einen kurzen Moment Stille ein. „Herrgott, geh doch endlich zur ihr!“, rief Emily auf einmal aus dem Schlafzimmer zu ihnen rüber. Die beiden Jungs sahen sich einen Moment mit großen Augen an. „Wenn ihr irgendwann mal umzieht, versucht doch eine Wohnung mit etwas dickeren Wänden zu finden.“ „Ok...“ „Lässt du mich rein?“ „Nein!“, erscholl Mariahs Stimme von drinnen. „Können wir darüber reden?“ Als Antwort bekam er ein eisiges Schweigen. „Ok, ich kann warten“, sagte er und ließ sich mit dem Rücken an der Tür hinabgleiten. Sie wartete 3 Stunden und 23 Minuten, bevor sie die Tür öffnete. Kai war inzwischen eingeschlafen und fiel rücklings in die Wohnung. Mit einer schwungvoll hochgezogenen Augenbraue sah sie ihn von oben an. „Hey“, wisperte er. Sie drehte sich ohne etwas zu sagen um und verschwand aus seinem Sichtfeld. Er erhob sich. Dass sie die Tür nicht wieder geschlossen hatte, sah er als Zeichen. Langsam folgte er ihr. „Also, was willst du?“, fragte sie, von der anderen Seite des Appartements. „Reden.“ „Ach, hast du vorhin nicht schon alles gesagt?“ „Nein. Und das weißt du.“ Er ging vorsichtig auf sie zu. „Ich wollte dich was fragen.“ „Was?“, erwiderte sie noch immer etwas gereizt. „Hast du Lust mit mir zusammen zu ziehen?“ Völlig perplex sah Mariah ihn an. Damit hatte sie nicht gerechnet. „Ernsthaft?“ Er nickte nur. „Du weißt, dass wir dann offiziel in einer Beziehung leben würden?“ Wieder nickte er nur. „JA!“, rief sie laut und ließ sich hocherfreut von einem lachenden Kai in die Arme ziehen. „Also,“, sagte er, nachdem sie sich atemlos voneinander gelöst hatten, „zu dir oder zu mir?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)