Lyle von abgemeldet (~ Das Buch der Ewigkeit ~) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- „Du sagtest, dass es ungefährlich ist.“ „Das sagte ich. Vertrau mir, kleiner Bruder.“ Finster erklang das leise Lachen in dieser sternenlosen Nacht und jagte Timeo eine Gänsehaut über Rücken und Arme. „Ich vertraue dir immer, aber dennoch ist mir nicht ganz wohl dabei. Weder du noch ich, sind in den Künsten der Magie bewandert. Was wenn etwas schief geht? Ich will nicht als Asche in alle Winde zerstreut werden, Cas.“ Angst. In Timeo nistete sie wie Vögel in einem Baum und flüsterte ihm sacht, leise Gefahren ins Ohr. Hektisch huschte sein Blick durch die Dunkelheit und suchte nach Anzeichen, doch fand er keine. Ob er darüber jedoch erfreut sein sollte, wusste er nicht. Es gab genügend Bedrohungen, die man erst sah, ehe es zu spät war. Zittrig ausatmend wand er sich wieder seinem älteren Bruder zu. „Zügel deine Angst, kleiner Bruder. Er wird sie riechen können, wenn er erst einmal erwacht ist.“ Hart schluckend nickte der Jüngere und schloss die blassen Finger wieder fester um den Stab, den sie dem alten Magier gestohlen hatten. Oh, gern wollte er seinem Bruder vertrauen in der Hinsicht, hatte er ihm doch schon sein ganzes Leben fast blind vertraut. Aber warum fiel es ihm dann gerade jetzt so schwer? „Warum willst du ihn eigentlich wecken? Er wird schließlich nicht umsonst versiegelt wurden sein.“ Cas seufzte und legte den Totenschädel auf den Altar. Seine, in Samt gekleideten Hände, lagen still auf dem Knochen, als er seinen Bruder scharf ansah. Seine Geduld wurde gerade ziemlich strapaziert, dass sah der Jüngere nur zu deutlich. „Zum letzten Mal, Tim, wir wecken ihn, weil es unsere Pflicht ist. Der Alte hat uns beide erwählt.“ Timeo schnaubte abfällig. Natürlich! Cas hatte schon immer gern an den faltigen Lippen des Alten gehangen, auch wenn die Geschichten noch so schaurig gewesen waren. „Nur weil wir seit hunderten von Jahren wieder das erste Zwillingspaar sind? Was können wir, was den anderen nicht vergönnt war?“ Cas verdrehte die Augen. „Das wirst du schon noch sehen.“, erwiderte der Ältere nur und wand sich wieder dem Altar zu. Das wirst du schon noch sehen. Das sagte er immer. Langsam hatte Timeo es satt mit diesen lapidaren Worten vertröstet zu werden. Seit ihrer Kindheit, war Casander immer der gewesen, der sie in Schwierigkeiten gebracht hatte. Meist war diesen, dieser Satz, vorrausgegangen. Das wirst du schon noch sehen. Timeo wurde dieses nagende Gefühl nicht los, dass sie dieses Mal aber nicht nur mit einer Tracht Prügel rechnen mussten, wenn etwas schief ging. Unbehaglich musterte der Rothaarige den Altar. Fein säuberlich, Knöchelchen für Knöchelchen, hatte sein Bruder die Reste eines Verstorbenen dort angeordnet. Es war nur ein Verbrecher gewesen, den sie am Galgen hängend, bei Nacht und Nebel, gefunden hatten. Still und heimlich hatten sie ihn losgeschnitten und ihm das Fleisch von den Knochen geschält, denn das war ja nicht weiter wichtig gewesen, für die Tat, die sie planten. Um den Altar waren Zeichen angebracht. Timeo hatte sie mit dem Blut einer jungen Ziege aufmalen müssen, dass mit verschiedenen Kräutern versetzt gewesen war. Bei dem Gestank hatte er sich fast auf die bröckligen Steinfliesen übergeben. Noch, mit leicht flauem Gefühl im Magen, hatte er anschließend die schwarzen Kerzen platziert. Fünf waren es, für jede Spitze eine. Lang und dünn wie die Finger eines Toten. Nun stand er an der Seite, den goldenen Stab in Händen und das ungute Gefühl nistete in seinem Bauch und grub ihm wie ein Tier die Zähne in die Eingeweide. Casander trat an die Stirnseite des steinernen Tisches und schlug die Kapuze des schwarzen Mantels nach hinten. Mit einem Zischen entflammten sich die Kerzen und ließen das Haar des Älteren wie seidiges Blut erscheinen. Timeo hatte ihm dieses satte Rot immer geneidet, war seine Farbe doch eher einen ticken goldener. Das war der einzige Unterschied zwischen den beiden. Cas atmete tief ein, schloss die Augen und hob die Hände zum Himmelszelt. Sein Gesicht war vollkommen entspannt, die Augen geschlossen. Ein sachter Wind kam auf und umschmeichelte die zarten Setzlinge, die zwischen den Bänken und Stühlen wuchsen. Timeo hatten diese Ruine bei einem seiner vielen Streifzüge entdeckt. Dieser Ort schien einmal eine alte Magierschule gewesen zu sein, doch wahr sie schon seit Jahrzehnten verlassen. Die Natur eroberte sich den Bau bereits mit aller Macht zurück. Das Dach fehlte schon als der jüngere Zwilling zum ersten Mal zwischen die weißen Steine gestolpert war und selbst eine Vielzahl der Wände war eingestürzt. Das Einzige unversehrte, war der Altar auf dem nun die im Mond- und Kerzenlicht schimmernden Knochen lagen. Mit dem Flüstern des Windes drang auch ein sachter Singsang an sein Ohr. Wieder war Timeos Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt. Cas‘ Lippen bewegten sich kaum und doch war seine samtene Stimme bis in den letzten Winkel der Nacht zu hören. Die Silben, aber die seine Lippen verließen, erzählten von Tod und Leid, von Grausamkeiten und Folter in einer Sprach die schon lange niemand mehr sang. Es war die Sprache der Teufel und Dämonen, der Schwarzmagier. Der Alte hatte sie ihnen beigebracht, nur zu dem Zweck einen bestimmten Mann zu erwecken. Timeo hatte sich damals schon geweigert, auch nur eine Silbe, der verhassten Sprache zu lernen, aber der Alte hatte sie ihm wortwörtlich eingeprügelt und so musste der damals 10 Jährige kleinbei geben. Langsam wurde der Wind stärker. Schweiß glänzte auf Cas‘ Stirn, die sich zunehmend kräuselte. Die Worte kamen ihm immer schwerer über die Lippen, fast als verbrannten sie ihm die Zunge. Timeo zitterte im Wind, am liebsten wäre er zu seinem Bruder gestürmt, hätte ihn weggerissen und wäre mit ihm davon gelaufen, doch wollte er das dem Älteren nicht antun. Für Casander war dies hier so wichtig, fast sein Leben lang hatte er darauf hingearbeitet. Timeo wollte ihm das jetzt nicht verderben. Plötzlich schoss krachend ein roter Blitz vom Himmel und schlug in den steinernen Altar ein. Fast hätte es beide Brüder von den Füßen gefegt. Der Wind jaulte auf, wie ein verwundetes Tier und in diese Klagelaute, mischte sich ein animalisches Knurren. Mit, vor Schrecken, geweiteten Augen, blickten die Männer auf das Skelett, um das sich Stück für Stück fleischige Fasern legten und Sehnen und Muskeln formten. Ein Hautloser Arm streckte sich gen Himmel und endete in langen Krallen, scharf wie Rasierklingen. Der kahle Schädel riss den Mund auf, entblößte gelbe, lange Fangzähne und in den leeren Höhlen bildeten sich grün glühende Augen. Timeo zitterte wie Espenlaub. Seine Hände hatten sich so fest um den Stab gekrampft, dass seine Knöchel weiß hervor schienen und auch Casander konnte sich eines ängstlichen Schauderns nicht erwehren. Doch hatte der Ältere sich schneller wieder in der Gewalt, als sein kleiner Bruder. „Tim! Der Stab!“, schrie der andere mit sich überschlagender Stimme über den brausenden Sturm und das Schmatzen, des sich ordnenden Fleisches, hinweg. Doch Tim konnte nicht, wie auch. Der Anblick der sich ihm bot, war schlimmer als der Gestank des Ziegenblutes. Mit schneeweißem Gesicht versuchte der Jüngere die Galle wieder hinunter zu würgen, die sich in seinem Mund sammeln wollte. Den Stab hielt er krampfhaft fest, sonst wäre er gestürzt. „Tim! Mach schon!“, schrie der Bruder wieder, doch reagierte der Jüngere immer noch nicht. Er konnte nicht. Panik kochte in ihm hoch - alles verschlingende, kalte Panik. Und das Knurrend und Jaulen verstummte. Witternd hob der Dämon die Nase in den Wind, ehe der gehörnte Kopf herum fuhr. Die Grünen Augen auf Timeo gerichtet teilten sich die Lippen in der hässlichen Fratze. Eine schwarze, gespaltene Zunge zuckte aus dem Schlund, der sich zu einem Grinsen verzog. Das letzte was der jüngere Bruder noch hörte, war sein Name. „Timeo!“ Sein Bruder - voller Angst in der Stimme. „Timeo …“ Der Teufel. Samten schnurrend, bevor er ihn, mit kalten Klauen, an sich riss. Und alles wurde schwarz. ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)