Veto! von Felicity (Aus dem Leben eines Mafiaboss - Teil 1) ================================================================================ Kapitel 1: Der erste Tag ------------------------ Tsuna gefiel das ganz überhaupt nicht. Misstrauisch beäugte er den Sessel vor sich und zögerte merklich sich darauf niederzulassen. Es war definitiv eine schlechte Idee gewesen seiner „rechten Hand“ zu erlauben die Planung des Raumes zu übernehmen (vor einem Jahr hatte er es noch für eine gute Idee gehalten, schlicht, weil er selbst keine Idee hatte, wie er hätte aussehen sollen). Er unterdrückte ein Seufzen und ließ sich auf den Sitz sinken. Sein Blick huschte automatisch durch den Raum. Gokudera hatte ganze Arbeit geleistet, er sah sehr beeindruckend aus… wie die Thronhalle eines mittelalterlichen Königs – und Tsuna fühlte sich mehr als leicht fehl am Platz. „Gefällt es dir, Juudaime?“, fragte besagter Übeltäter gerade lächelnd und nahm (noch klischeehafter, ließen sie heute überhaupt irgendwas aus?) Aufstellung zu seiner rechten. „Äh…“ Tsuna war sich nicht wirklich sicher, was er am besten sagen sollte. Die ehrliche Antwort („Ich will nach Hause, vergessen wir das ganze wieder.“) hätte er niemals gewagt auszusprechen – ganz abgesehen davon, dass Gokudera sie sicher nicht ernst genommen hätte. Ein Klopfen an den großen Flügeltüren ihm gegenüber ersparte ihm aber zum Glück eine Antwort und Gokudera schaltete sogleich in seinen Sekretärmodus, wie Tsuna es insgeheim nannte, um, hielt auf einmal von irgendwoher einen kleinen Kalender in der Hand und rückte seine Lesebrille zurecht. „Dein erster Termin für heute: Der Boss der Ciligela-Familie, eine Verbündete der Vongola, möchte einen Hilfsantrag einreichen.“ Tsuna blinzelte. „Ciligela? Gab’s die nicht gestern zum Mittagessen? Als Nachtisch?“ Gokudera sah ihn leicht verdutzt an, dann schüttelte er schmunzelnd den Kopf. „Nein, du meinst Ciliegia.“ „Oh… ups…“ Tsuna nickte schnell und offenbar gab es eine Art Mechanismus oder Knopf, den Gokudera betätigte, denn die Tür öffnete sich und ein kleiner, untersetzter Mann, der verdammt nach einem Versicherungsvertreter aussah, trat ein. Er verbeugte sich, gratulierte Tsuna zu seiner Ernennung und fing an ihm in ziemlich schnellem, hektischen Italienisch sehr gestenreich etwas zu erklären. Tsuna starrte ihn an, das wusste er, aber er konnte es nicht verhindern. Er konnte inzwischen halbwegs Italienisch, aber das war… schlimm… Nach etwa fünf Minuten Monolog redete der Mann immer noch und Tsuna hatte den Faden verloren. Er beugte sich leicht nach hinten und flüsterte leise: „Warum erzählt der mir davon, dass sein Schosshund ertrunken ist?“ Gokudera gelang es nicht wirklich sein amüsiertes Schnauben als Räuspern zu tarnen, als er ebenso leise antwortete: „Eigentlich hat er gesagt, dass sein Schlossgrund versunken ist, sprich das Gebäude absackt…“ Nach zwei weiteren Stunden, in denen zig Familien (mit mehr oder weniger gewöhnungsbedürftigen Namen) vorgesprochen und ihm zu seinem neuen Amt gratuliert, sowie zugesichert hatten, dass sie weiterhin enge Beziehungen mit der Vongola pflegen wollten, fragte Tsuna sich nicht nur zum wiederholten Male, wie er jemals hatte zustimmen können (oder wie irgendwer auf die Idee kam gerade ihn auf den Posten zu setzen), er hatte auch das Gefühl ganz Italien zu kennen… inklusiver sämtlicher Kinder und Kindeskinder. Ihm schwirrte der Kopf von den ganzen Marias und Giovannis… Kaum, dass der letzte von ihnen gegangen war, gestattete Tsuna es sich im Sessel zusammenzusinken und sich sacht übers Gesicht zu reiben. Was für ein vielversprechender Anfang das doch war… Er seufzte nun entgegen seines Vorsatzes doch und griff sich das Glas Wasser, das auf einem kleinen Rolltischchen links von ihm stand, um einen Schluck zu trinken. „Habe ich jetzt Pause?“, fragte er mit wenig Hoffnung und berechenbar schüttelte Gokudera den Kopf, griff das Tischchen und schob es aus Tsunas Reichweite. Okay… was jetzt? „Der Fotograf kommt jeden Moment.“ „Fotograf?“, wiederholte Tsuna ungläubig, doch ehe Gokudera zu einer Erklärung kam, öffneten sich die großen Türen wieder und… ein Haufen Leute stürmte in den Raum. Das nächste, was Tsuna im Gewirr von Stimmen und grellem Licht wahrnahm, war Gokudera, der ihm das Glas aus der Hand nahm und vermutlich aus dem Bild stellte. „Natürlich, ein neuer Boss braucht ein neues Foto.“, erklärte er wie selbstverständlich, gerade, als eine junge Frau mit einem großen Pinsel auf Tsuna zukam und anfing ihm damit im Gesicht herumzuwedeln, bis er niesen musste. Er winkte sie weg und sie wand sich kichernd ab. Was sollte das? Niesen sah sicher nicht sehr bosshaft aus… „A’lso, junger ’oss.“, begann auf einmal ein Mann zwar in Japanisch, aber mit sehr starkem Akzent, „Dann setze’ Sieh sisch mal richtisch männlisch ’in.“ Tsuna… setzte sich auf. Und der Mann schüttelte wild den Kopf und zupfte sich am Schnurbart. „Ma no! Das geht gar nischt! Shultern weiter vo’, Rüükken durschdrükken… ja, so ist gut! Jetzt den ’opf in meine Rischtung… etwas ’eiter, ’alt! So bleiben!“ Ehe Tsuna irgendetwas darauf erwidern konnte, erging ein wahres Blitzlichtgewitter über ihn und er blinzelte verwirrt. Okay…? „Mmh… da fe’lt noch was…“, murmelte der Fotograf, „Eine Kat’ze! ’at jemand eine Kat’ze dabei?“ Tsuna setzte dazu an etwas zu sagen, doch der Mann ging dazu über irgendwelche Befehle in einer Sprache zu rufen, die sicher nicht Italienisch war. Tsuna schüttelte den Kopf, atmete tief durch und rieb sich die Schläfen. „Er ist ein echter Profi.“, versicherte ihm derweil Gokudera strahlend, der wieder neben ihn getreten war. Tsuna antwortete darauf lieber nichts und rief Natsu, damit der Typ endlich Ruhe gab. Eine Stunde später hielt er dann ein fertiges Bild in Händen. „Also, ich finde es sehr beeindruckend.“, kommentierte Gokudera zufrieden, während Tsuna nicht umhin kam zu finden, dass er sehr wie ein Kind aussah, dass Mafiaboss spielte… und sich wiederholt fragte, ob sie heute irgendein Klischee auslassen würden… Nach einer kurzen Mittagspause saß Tsuna (schon wieder) in seinem Sessel und freute sich ganz und gar nicht darauf, was jetzt kommen würde. Erst recht nicht, als mit Gokudera zwei Männer den Raum betraten und direkt vor ihm stöhnend einen schweren, massiven, reich verzierten und sehr alt aussehenden Holztisch abstellten. „Wozu…?“, setzte er an, brach aber ab, in der Hoffnung, Gokudera würde es auch so verstehen. Das tat er offenbar, denn er lächelte. „Als nächstes kommen die heutigen Anträge, oder eher die der letzten Wochen. Ich dachte, dazu wäre eine Schreibunterlage nicht verkehrt.“ Tsuna sah ihn einen Moment an mit der stummen Frage, ob das sein Ernst war. Offenbar war es das. Er seufzte erneut leise. „Ich kann auch einfach aufstehen und ins Büro gehen…?“, meinte er und kam sich vor, als würde er etwas sehr offensichtliches aussprechen. Gokudera aber sah ihn verwundert an und schüttelte dann den Kopf. „Aber das ist doch nicht nötig, bleib einfach sitzen, ich kümmer mich schon um alles…“ Tsuna musste sich diesmal wirklich auf die Zunge beißen, um nicht zu fragen, ob er noch alleine aufs Klo gehen durfte und stellte sich lieber resignierend seinem Schicksal. „Dann fang an…“, murmelte er, woraufhin Gokudera einen Stapel Papier zückte und halb vorlas: „Cattera bittet um Unterstützung dabei Leddo auszulöschen, weil diese ihren Garten zertrampelt hat.“ „Ein Stuhl will einen Tisch auslöschen?“, fragte Tsuna irritiert. Gokudera hielt ebenso verwundert inne, dann schüttelte er den Kopf. „Nein, Cattera und Leddo, nicht Cattedra und Letto. Das sind zwei sehr… kleine Mafiafamilien, Juudaime.“ „Oh, äh, klar…“, Tsuna räusperte sich, „Wie sag ich ihnen am besten, dass ich dagegen bin?“ Gokudera sah ihn einen Moment lang an, ehe er wieder lächelte. „Veto.“ Tsuna nickte. „Okay. Veto.“ Gokudera machte eine Notiz an den Rand des Papiers (und Tsuna fragte sich, wozu er bitte dann einen Tisch brauchen sollte) und fuhr fort: „Bernoulli möchte einen Racheakt gegen… „Veto.“ „Cardano will eine der norditalienischen Städte unter Mafia-Kontrolle bri…“ „Veto.“ „Fibonacci ist gerade mit einer Erpressung der Kommune seines Einflussbereiches beschäftigt und fragt, ob Vongola auch…“ „Veto.“ Eine gefühlte Ewigkeit ging es so weiter und Tsuna sah angesichts all dieser Erpressungen, Morde, Racheakte und was nicht alles eine ziemliche Menge Arbeit auf sich zukommen. Am Ende würde er sicher die halbe Mafiawelt gegen sich aufbringen, aber das konnte einfach nicht so weitergehen… „Erpressung…“ „Veto!“ „Und hier eine Frage nach einer neuen Geldwäscherei…“ „Vetooo.“ Es ging immer noch weiter und weiter und Tsuna ließ Gokudera inzwischen kaum noch ausreden. „Und dann soll ich dir noch sagen, dass du an deinen Hochzeitstag morgen denken mu…“ „Veto!!“ „Oh? Du willst dich scheiden lassen?“, fragte Gokudera überrascht und erst jetzt richtete sich Tsuna ein Stück von dem Tisch auf, auf den er im Laufe der letzte Stunde mehr und mehr gesunken war. „Was? Nein! Will ich nicht, das… argh! Veto!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)