Traumdate von Ryu_no_Sekai ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Wie hatte er dich sitzen lassen können? Nach allem, was du für ihn getan hast. Du verstehst es noch immer nicht. Wieso? Ihr habt euch doch geliebt, oder? Zum wiederholten Male fragst du dich das schon, und langsam zweifelst du daran. Du hast dich in ihm getäuscht, ihn für jemanden gehalten, der er nicht war. Du versuchst gegen den Schmerz anzukämpfen, gegen den Druck in deiner Brust, die Tränen und das Schluchzen. Zu oft schon hast du wegen einem Typen geheult. In einem Zug kippst du das Glas hinunter. Energisch stellst du es zurück auf den Tisch. Es ist nicht das erste, dass du an diesem Abend trinkst und auch nicht das letzte. „Noch eins!" kommt es über deine Lippen, halb knurrend, halb schluchzend. Und schon wird nachgefüllt. Auch dieses Glas trinkst du wütend aus. Dein Blick hängt an dem leeren Glas auf dem dunklen Tisch, geistesabwesend spielen deine Finger damit. Für einen Moment ist es in deinem Kopf ganz still. Du bist einsam, wieder bist du ganz allein auf dieser Welt. Ein verabscheungswürdiges, elendes und verhasstes Gefühl. Langsam beginnen Tränen über dein Gesicht zu laufen. Du hast das Bedürfnis zu schreien, um dem Schmerz deines einsamen Herzens ausdruck zu verleihen, doch stattdessen übermannt dich die Verzweiflung und du sackst in dich zusammen. Leise wimmernd beginnst du hemmungslos zu weinen. Die Tränen fließen in Strömen, und es gibt nichts, was dagegen hilft. Ist der Wunsch, nicht länger allein zu sein; von jemandem geliebt zu werden, der einen so nimmt wie man ist, denn wirklich zu viel verlangt? „Alles in Ordnung?" eine Hand auf deiner Schulter lässt dich zusammen zucken. Als du aufsiehst steht auf einmal ein junger Mann vor dir. Einen Moment bist du verwirrt, bis du ihn erkennst. „Was machst du denn hier?" Er reicht dir ein Taschentuch, mit dem du dir die Augen trocken wischst. „Ich hatte einfach ein schlechtes Gefühl..." eine Weile schaut er dich aus seinen intelligenten Augen an. „Er hat Schluss gemacht?" fragt er leise. Mitgefühl liegt in seiner dunklen Stimme. Mit zusammen gepressten Lippen nickst du. Auf gar keinen Fall willst du wieder anfangen zu heulen. Sanft streicht er dir über den Rücken: „Vielleicht ist es besser so... Er war eh nie der Richtige für dich." Du senkst den Blick. Diese Erkenntnis bringt dir rein gar nichts. Wer findet schon den Richtigen? Aber du willst deinen langjährigen Freund nicht damit belasten, deswegen antwortest du nur mit einem gemurmelten: „Vielleicht..." Sein forschender Blick liegt immer noch auf dir, er scheint über irgendetwas nach zu denken. Auf einmal beginnt er zu lächeln, sein wunderschönes aufrichtiges Lächeln. „Komm ich lade dich ein." Vollkommen überrumpelt schaust du ihn an. „Aber das ist... Das kann ich nicht annehmen!" versuchst du es ihm auszureden. Doch er hört dir nicht zu. Mit geschmeidigen Bewegungen lässt er sich auf dem Stuhl dir gegenüber nieder. „Willst du etwa den ganzen Wein alleine zahlen?" fragt er nach. Du schaust auf das Glas vor dir. Wie viel hast du heute eigentlich schon getrunken? Du kannst dich nicht mehr erinnern, aber bestimmt einiges. „Egal, wie viel du protestierst, ich lade dich heute ein – du hast einen schönen Abend verdient." sein Ton duldete keine Widerrede. Er hebt die Hand und kurz darauf erscheint ein Kellner in einer schwarz weißen Uniform. „Ich hätte gerne zwei Gläser ihres besten Champagners und die Karte." bestellt er lächelnd. Du greifst nach seinem Arm und schaust ihn eindringlich an: „Champagner?!" Das ist einfach zu viel zu teuer und du kannst es auf keinen Fall annehmen. „Ja. Genau das richtige um einen neuen Lebensabschnitt zu feiern. Oder nicht?" antwortet er lächelnd und schaut dich mit einem so intensivem Blick an, dass dir die Röte ins Gesicht steigt und du zur Seite sehen musst. Was war hier nur los? Du schluckst. „Ich habe nichts zu feiern." grummelst du leise. „Außerdem," fährst du fort: „ ist das viel zu viel. Das kann ich auf gar keinen Fall annehmen." „Komm schon. Lass mir die Freude." versucht er dich zu überreden. „Du weißt, dass ich dir keine andere Wahl lasse." Kurz schließt du die Augen. Es stimmt, du hattest ihm noch nie etwas abschlagen können. „Also gut. Aber nur, wenn ich dich das nächste mal einladen darf." ermahnst du ihn ernst, und er strahlt dich glücklich an. „Okay." stimmt er zu. Doch ihr beide wisst, dass er dich niemals für ihn bezahlen lassen würde. Dafür ist er einfach zu stolz. Kurz zucken deine Mundwinkel nach oben, wie zu einem Lächeln. Irgendwann solltest du dich bei ihm revanchieren. „War das eben ein Lächeln?" fragt er dich neckend, und schaut dich aus sanften Augen an. Du erwiderst seinen Blick neckisch, stütz deinen Kopf auf den Händen ab und entgegnest: „Nein, das musst du dir eingebildet haben." Doch erneut zucken deine Mundwinkel nach oben, und du kannst dir ein Grinsen nicht verkneifen. Schnell siehst du zur Seite, damit er es nicht direkt bemerkt. Es war schon seltsam, egal wie schlecht es dir auch ging, er schaffte es einfach jedes mal dich aufzumuntern. Ohne dass du etwas dagegen tun kannst, es passierte einfach. Wieso fällt dir jetzt erst auf, dass er immer für dich da war, so wie der Retter in der Not? Der Kellner kommt vorbei; bringt mit einem Lächeln den Champagner und die Karten. Bevor er geht, erkundigt er sich, ob es noch etwas sein dürfe, doch dein Jugendfreund verneinte fürs erste. Kaum war der Kellner verschwunden, wendete er sich dir zu. Mit den Worten: „Also dann: auf einen langen Abend mit viel Alkohol.", stößt er mit dir an. Die Gläser geben ein helles Klirren von sich. „Und was auch immer er uns bringen wird." fügte er an, und sah dir dabei tief in die Augen, ehe sein Glas an die Lippen führten und einen Schluck daraus trank. Verwirrt nippst du ebenfalls an dem edlen Getränk, das leicht auf deiner Zunge prickelt. Irgendetwas war hier seltsam... nur was? Mit leicht mulmigen Gefühl wendest du dich deiner Nachspeise zu, dem besten was es gegen Liebeskummer gab: Einem großen Eis. Einen Moment betrachtest du das Kunstwerk. Auf einer blattförmigen Platte wurden verschiedene Eisorten liebevoll arrangiert. Du gar nicht alle Sorten erfassen, so viele verschiedene sind es. Garniert wurden sie mit einigen Waldfrüchten und Beeren wie Brombeeren, Himbeeren, Erdbeeren und auch Blaubeeren. Verziert wurde alles mit Gold, welches in Ranken aus Herbstlaub über das Eis und die Beeren verläuft. Du hast noch nie Gold probiert – Kann man es wirklich mitessen? „Keine Angst, das ist alles essbar." zwinkert er dir lächelnd zu und schaut dir zu, wie du vorsichtig ein Stück der Goldfolie probierst. Überrascht schaust du auf. „Das schmeckt ja wie Hühnchen." gibst du leicht verwirrt von dir. „Wirklich? Ich hatte immer gedacht, es hätte einen metallenen Geschmack." Er kann sich ein Lachen nicht verkneifen. „Darf ich?", fragt er und deutet auf dein Eis. „Klar." Mit einem Lächeln hälst du ihm den Löffel hin, er beugt sich etwas vor und lässt sich von dir verköstigen. „Lecker, nicht wahr?" „Ja." bestätigt er. „Hast du morgen eigentlich schon etwas vor?" fragt er dich plötzlich, und wirkt leicht nervös. „Nein. Wieso?" Ermutigt sieht er dich an. „Würdest du mich zu dem Ball begleiten?" Die Frage kommt so überraschend, dass du dich erstmal an dem Eis verschluckst. „G-gerne." bringst du schließlich leicht hustend hervor. Er scheint sich wahnsinnig darüber zu freuen. „Aber ich habe kein Kleid für so einen Anlass." fügst du schnell an, und bist deswegen leicht verlegen. Er winkt deinen Einwand ab und schaut dich mit einem hinreißenden Lächeln an. „Keine Sorge, ich denke ich habe genau das richtige für dich.", meint er geheimnisvoll. Er ist wirklich ein Schmuckstück. Noch immer schaust du ungläubig an dir hinunter auf das Kleid, das er dir geschenkt hat. Es ist einfach perfekt, nicht zu lang nicht zu kurz, zu weit oder zu eng. Es gibt keine Stelle an der es drückt, jedoch rutscht es auch nicht. Der Ausschnitt ist recht weiblich, jedoch nicht so offenherzig, dass es billig aussähe. Im Gegenteil, das Kleid wirkt sehr edel, mit dem leicht glänzenden geschmeidig fließenden Stoff. Es betont deine Augen und bringte diese richtig zum leuchten. Vielleicht liegt das jedoch auch nur daran, dass du vor Glück zerspringen könntest. Du weißt gar nicht, wieso du so aufgeregt bist. Ihr seid schon oft zusammen weg gegangen. Nie zu so etwas großem, aber ins Kino oder in die Stadt. Aber diesmal ist es anders. Die Art wie er dich gefragt hat, die Weise wie er dich ansieht. Hat er dich schon immer so angesehen? Du versuchst dich zu erinnern, aber es gelingt dir nicht. Bestimmt hast du es nur nie bemerkt, das wird es sein. Aber jetzt ist es schön von ihm angesehen zu werden. Voller Wärme und Liebe, Verständnis, Wertschätzung und Respekt. Du hast dir immer gewünscht so angesehen zu werden. Aus den Augenwinkeln schaust du zu ihm. Wie immer ist er bei dir, als wäre es selbstverständlich. Er lächelt dich an, hört dir zu, achtet auf dich und lässt dich nie aus den Augen. Du bist das Wichtigste für ihn. Du ärgerst dich über dich selbst, dass du es nie bemerkt hast. All die Jahre in denen ihr befreundet wart. All die Zeit, die du mit irgendwelchen Beziehungen verschwendet hast, immer auf der Suche nach dem Richtigen, dabei war er die ganze Zeit an deiner Seite. Direkt vor deiner Nase; hat still und heimlich über dich gewacht. Und du? Du hast nur an ihn gedacht, wenn es dir schlecht ging. Wenn wieder eine Beziehung in die Brüche gegangen ist. Dann hast du dich an seine Brust gekuschelt und dich ausgeweint, und er hat dich getröstet ohne auch nur das geringste zu erwarten. Du kannst nichts gegen dein schlechtes Gewissen machen und du kannst es auch nicht ändern. Umso schöner findest du es, dass es dieses mal anders zu sein scheint. Aber hattet ihr nicht schon mal ein Date? Dir kommt es so vor als hättest du dich immer nur nach seiner Nähe gesehnt. Nachdenklich legst du dein Kinn auf seine Schulter, während ihr euch im Takt der Musik dreht. Er riecht gut, und er ist ein ausgezeichneter Tänzer, sogar dich schafft er ohne Fehler zu führen. Du achtest nicht weiter auf die Paare um euch herum, und so sind sie nicht mehr als bunte, sich bewegende Flecken, die ab und zu in dein Sichfeld tanzen und es dann wieder verlassen. Manchmal kommt es dir so vor, als wäret ihr ganz alleine. Ein Tanz im Licht des Vollmondes, nur für euch. „Ich wünschte, wir könnten für immer so tanzen." murmelst du leicht lächlend, und lehnst dich etwas mehr an seine warme Brust. Mittlerweile wiegt ihr euch nur noch leicht hin und her. „Wäre das auf dauer nicht ein bisschen eintönig?" gibt er lachend zu bedenken. „Aber ich weiß was du meinst." räumt er schließlich ein. Und du bist dir nicht sicher, ob er dir nun zustimmt oder nicht. „Was würdest du von einem kleinen Spaziergang halten?" fragt er dich schließlich und nickt in Richtung Tür. Du zuckst mit dem Schultern. „Wieso nicht." Gemeinsam schleicht ihr euch von der Tanzfläche nach draußen in den nächtlichen Park. Die Anlage ist gesäumt von kleinen Wäldern und einem riesigen See, dessen Ufer von Alpenrosen umwachsen ist, und auf dessen glatter Oberfläche sich der silberne Mond spiegelt. Der Kiesweg der den See umrundet hebt sich leicht von dem dunklen Gras ab. Hier und dort steht eine Laterne, welche den Weg beleuchtet, doch viele scheinen ausgefallen zu sein, bei einer flackert sogar das Licht. Ein kalter Lufthauch zieht auf, und du bist am überlegen ob ihr nicht doch lieber wieder zurück gehen solltet. Die Nacht ist dir einfach nicht geheuer. „Vielleicht -" beginnst du und verstummst direkt. Er ist weg. Angst steigt in dir auf. Du siehst dich um, doch es ist nichts von ihm zu sehen. Wo du auch hinschaust nur Bäume, Gras und der tiefschwarze See. Enger wickelst du die Jacke um dich. Versuchst dich gegen die Kälte und den schneidenden Wind zu schützen, als du langsam los läufst. Unsicher siehst du dich um, rufst immer wieder nach ihm, aber du bekommst keine Antwort. Das Gefühl verfolgt zu werden lässt dich nicht los, aber jedes mal wenn du zurück schaust ist nichts zu sehen. Trotzdem beschleunigst du deine Schritte. Du willst nur noch raus aus diesem Park. Aber etwas kommt näher. Du spürst es so deutlich, dass sich deine Nackenhaare aufstellen. „Wieso bin ich immer einsam? Ich will nicht mehr alleine sein." Schlagartig bleibst du stehen und versuchst herauszufinden von wem diese Worte stammen, oder zumindest aus welcher Richtung sie kommen. Kurz überlegst du nach der Person zu rufen, aber etwas hält dich davon ab. Angst. „Immer verlassen mich alle... ich verstehe es nicht." Die Stimme klang undeutlicher, gleichzeitig schien sie aber Näher zu sein. Verwirrt weichst du ein paar Schritte zurück. „Ist es meine Schuld?" Nein. Du würdest hier nicht stehen bleiben und warten. Ohne weiter nachzudenken rennst du los, bloß weg von dieser Stimme. „Ich will nicht mehr übersehen werden." Du rennst weiter, versuchst sie zu ignorieren, aber es bringt nichts. „Was wenn ich ihn nicht finde?" „Doch ich finde ihn!" redest du dir selbst ein. Wenn du nur wüsstest wo er war, bei ihm wärst du bestimmt sicher. „Er ist nicht da." Das stimmt nicht. Du rufst nach ihn. Flüchtest vor der Stimme aus der Dunkelheit hinter dir. Du versuchst nicht zurück zu sehen, aber du kannst nicht anders. Denn noch immer ist sie hinter dir. Diese schreckliche Stimme. Du kannst ihr nicht entkommen. Du hörst das platschen noch bevor du das Wasser bemerkst. Geschockt weichst du zurück und starrst auf dein fahles Spiegelbild im dunkeln Wasser. „Du wirst ihn nicht finden." Die Stimme, deine Lippen die sich bewegen, im Wasser. Du schreist, doch kein Ton kommt heraus. Voller Angst stolperst du zurück, wendest dich vom Spiegelbild ab, suchst nach einem Ausweg, aber es gibt keinen. Überall nur Schwärze und eiskaltes Wasser. „Du wirst ihn nicht finden.... Er ist nicht da...." immer wieder werden sie wiederholt. Du weißt schon nicht mehr, ob du sie dir nur einbildest, oder ob es wirklich so war. Aber langsam wird dir klar: Du kannst nicht fliehen! Du bleibst stehen. Von allen Seiten redet sie auf dich ein. „Für immer allein... Er wird nicht kommen...einsam...Du findest ihn nie!... ungeliebt..." Es war eine Flut von Worten und Sätzen, die grausam über dich hereinbricht, ohne das du dich dagegen wehren kannst. Aber du willst es nicht akzeptieren. „Gib auf!" fordert die Stimme. Aber du denkst nicht dran. „Nein! Ich bin nicht allein!" schreist du, und auf einmal ist alles leise. Es ist vorbei. Erleichtert atmest du aus. Es ist Zeit hier zu verschwinden. Eine Hand berührt dich an der Schulter, du schreckst auf - „Wir schließen jetzt." teillt er dir lächelnd mit. Perplex schaust du dem Kellner nach, als er die letzten Gläser wegräumt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)