GRODE MANOR -Part 1- (July 1978 - November 1981) von AnaJay_Lupin ================================================================================ Prolog: July 1978 -1- --------------------- Meine Tränen vermischten sich mit dem Regen, als ich am Grab meines Bruders stand und leise Abschied von ihm nahm. Ich spürte nichts als die große Leere, die er hinterlassen hatte, tief in mir drin. Mein Herz wurde schwer, als ich den Sarg in dem dunklen Erdloch sah, geschmückt mit weißen Lilien und roten Rosen. Jemand legte eine Hand auf meine Schulter. Ich sah auf und erkannte meinen Vater, dessen Augen grau und leer waren. „Es ist gut, Jane.“, sagte er und blickte auf den Sarg. Eine Träne wanderte seine Wange entlang. Er verwischte sie nicht. Langsam riss ich mich los aus dieser Starre, drehte mich herum und sah über hundert Leute vor mir, alle in Schwarz und auf weißen Stühlen sitzend. Ich erkannte meine Mutter, die weinend an der Schulter meines zweiten Bruders, Samuel, lehnte. Er hielt sie in den Armen und versuchte sie zu trösten, aber es gelang ihm nicht. Neben ihm saß Kevin, zusammen mit Kelly, seiner Verlobten. Neben Kelly erkannte ich Alice, die Frau meines verstorbenen Bruders. Still saß sie da und hatte ihre Hände auf ihrem schwangeren Leib gefaltet. Tränen schimmerten in ihren Augen. Ich bewegte mich nach rechts und sah Lily, meine beste Freundin, zusammen mit James Potter, Sirius Black und Remus Lupin. Der Platz neben Remus war frei. Ich bewegte mich auf den Achtzehnjährigen zu und ließ mich neben ihm nieder. Ich konnte meine Mutter schluchzen hören. Hinter mir spürte ich tiefe Blicke. Ich drehte mich herum und erkannte Severus Snape, der mir aufmunternd zulächelte. Ich schüttelte den Kopf. Nicht jetzt. James legte einen Arm um Lily, deren Augen in Tränen schwammen. Sirius’ Blick war starr auf Alice gerichtet, die jetzt auf das Grab zuging, um ihrem Mann den letzten Gruß zu schenken. Ich beobachtete sie und ein Stöhnen ging durch die Menge, als Alice im Schlamm zusammenbrach und hemmungslos weinte. Mein Vater und Kevin eilten auf sie zu und versuchten, sie wieder zurück auf ihren Stuhl zu bringen. Alice jedoch kniete im Schlamm und weinte hemmungslos, ungeachtet dessen dass sie von lauter Leuten umgeben war. Ich zuckte zusammen als in einem Schluchzer der Name meines Bruders fiel, laut und durchdringend. Mein Vater sank auf die Knie und begann auf sie einzureden, streichelte mit der Hand über ihre Schulter. Ihre Hände waren um ihren Leib gekrallt und das dunkelrote Haar klebte in Fetzen an ihrem Gesicht. Ihre Augen waren starr auf das Grab gerichtet und Alice atmete unregelmäßig und stockend, fast als würde sie atmen wollen, es aber nicht schaffte. Kevin neben ihr kämpfte mit den Tränen als Alice erneut nach Dean rief. Doch er hörte sie nicht. Er hörte niemanden von uns. Vater sprach weiter auf sie ein während die Menge verstohlen zu Boden sah und sich nicht regte. Schließlich beruhigte sich Alice langsam wieder, begann tief durchzuatmen und schaffte es, mithilfe meines Bruders und meines Vaters wieder aufzustehen. Deans Witwe zitterte als sie sie auf ihren Platz zurückführten, wo sie Kelly mit geröteten Augen in die Arme schloss. Ich seufzte tief auf, während eine neue Welle der Trauer mich überrollte. Tränen sammelten sich wieder in meinen Augen und ein Frösteln durchfuhr mich. Ich spürte, wie ein Wind aufkam und über den Platz fegte. Ich sah auf und erkannte in der Ferne Hogwarts, unsere Schule. Ich stand kurz vor meinem Abschluss, die Prüfungen lagen hinter uns und es waren nur noch drei Wochen bis zu unserem Abschlussball. Vor einer Woche hatte ich mich noch darauf gefreut und mich gefragt, ob Remus mich einladen würde. Jetzt wünschte ich mir nichts mehr, als mich in meinem Schlafsaal verkriechen zu können und in Ruhe zu trauern… um Dean, der viel zu früh gegangen war… Später am Abend saß ich alleine vor dem Kamin im Gemeinschaftsraum von Gryffindor. Die anderen waren alle beim Abendessen in der Großen Halle, aber ich hatte keinen Hunger gehabt. Lily meinte, ich würde noch zu einem Skelett werden, wenn ich so weitermachen würde. Mir war das egal. Dean, mein großer Bruder, war tot… ermordet von einem Todesser. Zu Tode gefoltert. Die Flammen knisterten vertraulich und ich erinnerte mich an die Abende bei uns daheim in Derbyshire, wenn Dean mir Geschichten erzählte und mich vor dunklen Schatten beschützte. „Jane?“, fragte eine sanfte Stimme und ich schreckte auf. Vor mir stand Remus, sein Blick sah besorgt aus. „Hm…?“, fragte ich leise und verwischte mir mit dem Handrücken die Tränenflüsse auf den Wangen. „Ich… dachte mir, du könntest ein bisschen Gesellschaft brauchen?“ Remus, höflich wie immer. „Nein… ich will nur allein sein…“, murmelte ich und nahm mir ein Kissen, das ich umarmte. Remus sagte nichts. Stattdessen legte er ein Päckchen auf den Tisch vor mir. Er wickelte es aus und hervor kamen zwei Sandwichs, ein Apfel und ein Stück von einem grünschimmernden Kuchen. „Ich dachte, du könntest vielleicht hungrig sein…“ Ich sah das Essen, aber in mir regte sich nichts, was einem Hungergefühl ähnlich schien. Das Feuer zauberte Schatten an die Wand. Remus stand immer noch vor mir, die Hände in den Hosentaschen verborgen, und sah mich an. Ich spürte seine Blicke auf mir und wünschte mir doch, dass er ging. „Musst du nicht zur Peitschenden Weide?“ „Erst nächste Woche, dann haben wir wieder Vollmond.“, antwortete Remus und wieder versanken wir in tiefem Schweigen. „Mhm…“, murmelte ich und versteckte mich noch mehr hinter dem Kissen. Mein Blick wanderte an Remus vorbei ins Feuer. Ich konnte seinen Duft riechen. Er trug das Parfum, das ihm seine Freundin zu Weihnachten geschenkt hatte. Meine Güte, war ich damals eifersüchtig gewesen… „Du trägst das Parfum von Weihnachten…?“, fragte ich, sah ihn aber nicht an. Remus schien zu lächeln. „Von dir kam ja keins, deswegen…“ Er fuhr sich durch die Haare. Das machte er immer, wenn er nicht mehr weiterwusste. Wäre Dean nicht tot gewesen, wäre ich sofort rot angelaufen und hätte zu stottern angefangen. Ich liebte Remus, und ich glaube, er wusste es. Ich liebte ihn seit dem dritten Schuljahr und immer hoffte ich darauf, dass er meine Liebe erwidern würde. Selbst, als er in der siebten Klasse begann, mit Marisol Abbott aus Ravenclaw zu gehen.. Als ich erfuhr, dass es zu unserem Abschluss einen großen Ball geben würde, träumte ich davon, wie Remus mich einladen würde. Er war begehrt unter den Mädchen hier in unserer Stufe, und darunter. Nicht so sehr wie James oder Sirius, aber er konnte die Blicke auf sich ziehen, wenn er den Gang entlang ging. Er sah aber auch zu gut aus. Sein Haar war lang und hing ihm über die wunderschönen Augen, in die jedes Mädchen versank. Er lief immer adrett gekleidet mit Hemd und Krawatte herum, aber unter seinem Hemd konnte man, wenn er sich streckte oder beugte, seinen muskulösen Körper erkennen. Die vielen Streifzüge mit den Rumtreibern hatten ihm gut getan… „Jane? Schläfst du?“ Ich blinzelte und bemerkte, dass Remus nun neben mir saß, aber noch genug Platz zwischen uns ließ, dass ein Hauself dazwischen gepasst hätte. Für Remus war ich immer, und wirklich immer, eine gute Freundin gewesen, nicht mehr… und nicht weniger. Ich wusste nicht mehr, wie viele Nächte ich schon wegen ihm wach gelegen hatte, jeden Satz den wir an einem Tag gewechselt hatten neu rekonstruierte und mich mit klammen Herzen fragte, was er von mir dachte… „Komm, ich bring dich hoch, ja? Du schläfst mir sonst hier noch ein.“ Ich spürte, wie ich unter den Achseln hochgezogen wurde. Ich fühlte mich schlapp und sank in starke Arme, die mich festhielten. Ein Arm hielt mich am Oberkörper fest, während der andere meine Beine hielt. So wurde ich getragen, eine Treppe hoch. Ich spürte, wie die Tür aufgestoßen wurde und ich fröstelte, als ich die Kälte des leeren Raumes spürte. Ich klammerte mich an Remus und seine Arme hielten mich noch stärker fest. Sanft wurde ich auf ein Bett gelegt. Das Kissen schmiegte sich an mein verschmiertes Gesicht und die schwarze Kleidung, die ich trug. Ich fühlte, wie mir die Schuhe ausgezogen wurden und wie ich zugedeckt wurde. Jemand setzte sich zu mir ans Bett und begann langsam, meinen Kopf zu streicheln. Remus. Ich öffnete meine Augen und sah im flackernden Kerzenlicht, welches Remus auf meinem Nachttisch entzündet hatte, ihn. Meinen besten Freund, dem ich hoffnungslos verfallen war… Ich stöhnte leise auf, als ich mich aufsetzte. An Schlaf wollte ich im Moment überhaupt nicht denken. Nicht, wenn Remus hier so nahe bei mir war… Ich spürte, wie er Dean aus meinem Kopf verdrängte und mich vollkommen ablenkte. „Remus…?“, fragte ich leise und sah zu ihm auf. Sein Blick war wach und vertrauenserweckend. „Ja?“ „Warum… warum machst du das alles…?“ Remus sah mich irritiert an. „Was meinst du?“ Ich legte den Kopf ein wenig schief. „Du weißt schon… dich um mich sorgen, mir was zu essen bringen und dann ins Bett tragen…“ Remus lächelte sanft. „Freunde tun so was eben, Jane. Und du bist die beste Freundin, die ich jemals hatte.“ Mein Herz sackte drei Stockwerke tiefer. Ich war seine beste Freundin… mehr nicht. Marisol war mit ihm zusammen. Und er würde mit ihr zum Abschlussball gehen… er würde mit ihr zusammenziehen, sobald sie alt genug waren… und er würde sie heiraten, eines Tages… und ich würde daneben stehen mit einem tiefen Loch in meinem Herzen… Marisol, Marisol, Marisol. Und keine Jane… Und wiederum würde es in meinen Gedanken immer Remus geben... „Ich glaube, du schläfst jetzt am Besten, Jane.“, sagte Remus und streichelte noch einmal mein Haar. Wieso fühlte ich mich nur so schlecht? Etwa, weil ich Dean aus meinen Gedanken verdrängte? Weil ich stattdessen nur an Remus dachte? Was war nur los mit mir… „Schlaf gut, Jane.“, flüsterte Remus und drückte mir einen kleinen Kuss auf den Kopf. Dann stand er auf. Ich schreckte auf. „Remus?“ Er hatte die Hand schon um die Türklinke gelegt. „Ja…?“ „Würdest du… könntest du… vielleicht… heute Nacht bei mir bleiben?“ Meine Stimme zitterte vor Aufregung und Sehnsucht. Remus lächelte wieder. „Natürlich.“ Dann kam er auf mich zu und setzte sich auf das Bett. Er zog seine Schuhe aus und löste seine Krawatte, die er sorgfältig auf den Nachttisch legte. Ich rückte ein wenig zur Seite, damit er sich neben mich legen konnte. Er blies noch die Kerze aus, legte sich dann zu mir und schlang die Decke um uns beide. Ich spürte, wie er mich in seine Arme nahm und mich an sich drückte. Ein schwerer Kloß im Hals machte es mir schwer zu schlucken als ich daran denken musste, wie oft er Marisol wohl schon so in den Armen gehalten hatte… Ich legte meinen Kopf auf seine Brust und lauschte dem Klang seines Herzens. Sein tiefes Atmen gab mir Sicherheit und Zuversicht auf das, was noch kommen würde. Ich musste wieder an Dean denken und schluckte schwer. Er war nicht mehr hier… und er würde es niemals mehr sein… Es zerriss mir das Herz als ich an Alice denken musste, die sich im Moment bei meinen Eltern befand, bis Deans Kind geboren wurde. „Remus…?“, fragte ich leise und wartete auf eine Antwort von ihm. „Hm…?“ „Versprich mir, dass du mich niemals verlässt, ja?“ Ich spürte, wie Remus lächelte. „Dummerchen. Wie könnte ich dich jemals alleine lassen?“ Kapitel 1: July 1978 -2- ------------------------ Die Tage vergingen und ehe ich mich versah, war es nur noch eine Woche bis zum Abschlussball. In Hogwarts wurden Vorbereitungen getroffen, Schülerinnen der unteren Klasse buhlten um die Aufmerksamkeit der männlichen Abgänger und es wurde gemunkelt, dass Dumbledore wohl die italienische Band „Incantare“ eingeladen hatte, um für die Musik beim Abschluss zu sorgen. Ich freute mich auf den Auftritt der Band, denn der Bassist war der Bruder von Alice, Mikael Whitesun. Wenn ich es so bedachte, fiel mir auf, dass Alice viele Geschwister hatte. Da war einmal Isabelle, eine schöne Hexe, die in Frankreich lebte und Autorin war. Dann gab es natürlich Mikael und Ian, ein Auror in Deutschland. Zuletzt kam Rebecca, die älteste der fünf und Lehrerin hier in Hogwarts. Sie war beliebt, höflich und unser aller Lieblingslehrerin. „Jane, aufgewacht!“, stieß mich da jemand von der Seite an. Ich drehte mich herum und erkannte James, der mich anlächelte. „Du verpasst ja das Beste!“ „Wie meinst du das?“ Lily, die mir gegenüber saß, beugte sich zu mir vor und sagte: „Schau mal zum Eingang der Großen Halle!“ Ich drehte mich herum und konnte Sirius sehen, der von drei Fünftklässlerinnen aus Hufflepuff umschwärmt wurde. Aber er nahm das alles gelassen, spazierte locker zu uns an den Tisch und ließ sich neben Lily nieder. „Morgen.“, sagte er mit einem Lächeln. Die Mädchen standen hinter ihm und beobachteten ihn wie er begann, sich ein Butterbrot zu schmieren. „Sirius, wie wäre es wenn du deinem Harem auch was anbietest?“, lachte James und zwinkerte den Mädchen zu. Unter dem Tisch versetzte ihm Lily einen Tritt. „Lils!“, flüsterte ich, aber sie grinste nur. Ich lächelte. Es war interessant zu sehen, wie wichtig James Lily endlich geworden war. Jahrelang hatte er ihr seine Aufwartung gemacht und seit Beginn des siebten Schuljahres gingen sie endlich miteinander. Obwohl sie ihn davor nicht ausstehen konnte und für den größten, ich zitiere, „aufgeblasenen Gockel, der je auf einem Besen geflogen ist“ gehalten hatte. „Ladys.“, schnurrte Sirius den Mädchen hinter sich zu und spielte mit dem Messer in seiner Hand. „Wir sehen uns später.“ Sie gehorchten sofort und kichernd gingen sie zu ihrem Tisch zurück. Ich konnte sie hören wie sie sich fragten, welche von ihnen er wohl zum Ball einladen würde. „Das machst du doch nicht wirklich, oder?“, fragte ich und griff nach einer Schale mit Erdbeermarmelade. „Hm?“, meinte Sirius mit vollem Mund und sah mich an. „Du meinst, eine von denen einzuladen?“ Ich nickte. Sirius lachte auf. „Achwas, für wen hältst du mich denn, hallo? Natürlich nehme ich wen anderen, das alles hier ist doch nur ein Spiel.“ Er zwinkerte. „Unser Sirius, er hat schon immer gerne Spiele gespielt, nicht wahr?“, meine Lily und nahm sich einen Apfel aus einem Körbchen das gerade an ihr vorbeischwebte. „Wo ist eigentlich Remus, Jane?“, fragte James. Ich horchte auf. „Woher soll ich das wissen? Bin ich mit ihm zusammen oder was?“ „Ganz cool, Jane, du musst ja nicht gleich so aufbrausen.“, beschwichtigte mich Sirius. „Er hat ja nur gefragt, okay?“ Ich seufzte leise. „Tschuldigung, Tatze… war nicht böse gemeint…“ Seit der Nacht, in der Remus bei mir geschlafen hatte, ging dieser mir partout aus dem Weg und beachtete mich kaum. Hatte er mir nicht versprochen, für immer bei mir zu sein? War ich denn nicht seine beste Freundin? „Ich glaub’, Remus ist bei Marisol und versucht sie zu beschwichtigen.“, meinte Peter, der sich neben mich setzte. James sah auf. „Haben die beiden sich schon wieder gestritten?“ „Schon wieder ist gut. Die streiten sich seit zwei Wochen nur noch.“, sagte Lily. „Ich glaube, Remus überlegt sich ob er sich von ihr trennen soll…“ Mein Herz machte einen Extraschlag. „Wie… woher weißt du das, Lils?“, fragte ich. „Na, also hör mal, das sieht man ihm doch an! Er ist todunglücklich wenn er von ihr zurückkommt und er reagiert gereizt, wenn man ihn auf sie anspricht. Es würde mich wundern, wenn er mit ihr auf den Abschlussball gehen würde.“ „Apropos Abschlussball, mit wem gehst du hin, Jane?“, fragte Sirius und begann eine Orange zu schälen. Ich streckte mich. „Keine Ahnung. Bisher hat mich noch keiner gefragt…“ „Echt, noch gar keiner?“, fragte Peter und runzelte die Stirn. „Wie das?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung… vielleicht verkrieche ich mich einfach im Gemeinschaftsraum, zusammen mit einer großen Packung Schokoladeneis…“ Lachend drückte James mich an sich heran und verwuschelte mein Haar. „Ach Jane, so schlimm wird es schon nicht werden… irgendjemand wird sich schon finden, der mit dir zum Ball geht, und wenn es Peter ist.“ Peter verschluckte sich an seinem Stück Schinken und hustete laut auf. Sirius klopfte ihm freundschaftlich auf den Rücken. Ich drehte mich zu ihm. Bei aller Freundschaft, Wurmschwanz war ein klasse Freund, aber ich war noch nicht verzweifelt genug, um mit ihm zu gehen. Irgendwie widerstrebte mir das. Ich schob James’ Hand zur Seite und erhob mich. „Entschuldigt mich bitte, aber ich möchte ein wenig alleine sein, ja?“ Die Jungs nickten, aber Lils sah mich traurig an und sagte: „Jane, wenn du irgendetwas brauchst sagst du es uns doch, oder?“ Ich schwieg. „Oder, Jane?“ Ich erwiderte nichts, drehte mich um und ging aus der Großen Halle. Ich verbrachte den gesamten Vormittag in der Bibliothek. Die Gegenwart der Bücher beruhigte mich und schenkte mir eine tiefe Zufriedenheit, die ich seit langer Zeit nicht mehr erlebt hatte. Ich wälzte riesige Bücher, die vom Kampf gegen dunkle Magie, Verteidigung gegen die dunklen Künste und die Historie der größten Auroren aller Zeiten handelten. Ich hatte die besten Noten um eine Ausbildung zur Aurorin zu starten und war froh, dass ich auch einen Ausbildungsplatz im Ministerium bekommen hatte. Sirius und James würden mit mir im Ausbildungsjahr sein und ich freute mich, dass ich Freunde um mich haben würde. „Hallo.“, sagte da eine tiefe, ruhige Stimme. Ich sah auf. Severus Snape saß mir gegenüber und blätterte in einem meiner Bücher. Na gut, Madame Pinns’ Bücher. „Hi Sev.“, murmelte ich. „Ich hab mich gewundert, warum du gestern nicht bei unserem Treffen am See warst.“ Ich blickte ihn an. Seine Augen sahen mich nicht vorwurfsvoll an, aber ich spürte, dass ich ihn enttäuscht hatte. Severus und ich verstanden uns seit der vierten Klasse, als er mit mir in Zaubertränke zusammenarbeiten musste, sehr gut und waren eng befreundet. Lily war zwar auch mit Sev befreundet, aber nicht so sehr wie ich. Seit drei Jahren trafen wir uns regelmäßig einmal in der Woche am See, sprachen miteinander oder lernten auf Prüfungen. Manchmal war auch Lily, in welche Severus schon immer heimlich verliebt war, ein Thema. Er hatte mir einst im Vertrauen davon erzählt und obwohl ich ihm immer sagte, dass Lily zu James gehören würde, wollte er nicht aufhören an sie zu denken. Wobei er im siebten Jahr, seitdem James und Lily ein Paar waren, aufgehört hatte so oft von ihr zu reden. Er erwähnte sie um ehrlich zu sein so gut wie gar nicht mehr. Nach Deans Tod hatte Severus es verstanden, dass ich niemanden sehen wollte, aber so langsam glaubte ich dass er sich wünschte, dass wir uns wieder trafen. „Ich… mir ging es nicht so gut…“ „Mhm.“ Schweigen. „Du weißt dass ich es merke, wenn du mich anlügst?“ Ich sah auf. Und stöhnte leise auf. „Verdammt Severus, mir geht es im Moment ziemlich scheiße, okay?“ Ich merkte nicht, wie ich lauter wurde. Ich merkte auch nicht, wie ich wütend eine Faust ballte. „Ich habe gerade überhaupt keine Lust, irgendetwas zu machen, mein Bruder ist tot, und… und Remus beachtet mich nicht mehr!“ Jetzt war es raus. Und ich stand direkt vor ihm. In seinen Augen strahlte… nichts. Nichts, was ich jemals bei einem Menschen gesehen hatte. Ich atmete rasch und stockend, als ich realisierte, was ich gleich tun würde. „Jane, bitte… ganz ruhig, ja?“, meinte Sev beschwichtigend und wollte aufstehen, als ich sagte: „Gehst du mit mir zum Abschlussball?“ Entgeisterung und Erstaunen brachen wie Wellen auf mich ein. Sevs Gefühle konnte ich in diesem Moment so direkt spüren wie noch nie. „Wie… wie meinen?“, fragte Severus und legte den Kopf etwas schief. Ich atmete tief durch. „Ich wünsche, dass du mich zum Abschlussball begleitest, Severus Snape.“ Endlich lächelte er, dieses wunderschöne Lächeln, das ich so sehr an ihm mochte. „Nichts lieber, als das.“ Ich atmete auf. Wieso hatte ich aber nur das Gefühl, irgendjemanden in diesem Moment verdammt weh zu tun? Dass ich das später bereuen würde, konnte ich damals noch nicht wissen. „Dann… treffen wir uns in der Eingangshalle? So… um sieben Uhr?“, fragte Sev und lächelte mich wieder an. Ich blinzelte. „Klar, natürlich, Sev… Ich… ich freu mich…“ Mein Gegenüber nickte. „Ich mich auch. Also dann…“ Sev umarmte mich. Ich irrte mich vielleicht, aber ich glaubte dass er mich viel länger als sonst im Arm hielt. Mir wurde warm. Und es war nicht die Sonne, die durch das Fenster strahlte. Kapitel 2: July 1978 -3- ------------------------ „NeinneinNEIN!“ Ich zuckte zusammen als ich einen wütenden Schrei hörte. Ich wirbelte herum und konnte Lily sehen, die völlig verzweifelt vor ihrem Spiegel stand, den Zauberstab erhoben hatte und mit einem roten Gesicht ihr Gegenüber entsetzt anstarrte. Ihre Haare standen in alle Richtungen ab. „Lily!“, rief ich. „Was ist denn los?“ „Meine Haare!“, antwortete sie mir, drehte sich herum und deutete auf das eigenartige Gestrüpp auf ihrem Kopf. Es schlängelte sich gerade in alle Richtungen, wie eine Schlingpflanze von Professor Sprout. Ich musste lachen. „Lily, was hast du denn da versucht?“ „Ich wollte sie um zehn Zentimeter länger haben, und dann das!“ Ich konnte nicht aufhören zu lachen, es sah einfach zu komisch aus. „Oh Lils, welchen Spruch hast du denn da benutzt?“ „Auctificus.“, sagte Lily aufgebracht und schlug nach einer Strähne, als diese sich selbstständig machte und nach ihrem Zauberstab greifen wollte. „Den hat uns doch mal Professor McGonagall gezeigt, erinnerst du dich? An diesem Orangenbäumchen letztes Jahr?“ Ich konnte mir das Grinsen einfach nicht verkneifen. „Ähm, Lils, du weißt, dass dieser Spruch nur für Pflanzen ist, ja?“ Lily sah mich irritiert an. „Ne jetzt, oder?“ Ich grinste sie breit an. „Oh NEIN!!! Nein, das darf nicht wahr sein! Bei Merlin, ich tick’ aus, was wird James nur sagen, oh neinneinnein…..“ Ich schritt auf sie zu, holte meinen Zauberstab aus der Hosentasche und sagte: „Keine Angst, ich kenne den richtigen Spruch, aber erstmal müssen wir deine Haare in Ordnung bringen… Ordinare!“ Lilys Haare schrumpften in ihren vorherigen Zustand zurück. Erleichtert atmete sie auf und strich sich die Haare zurück. Ich schwang sachte den Zauberstab. „Zehn Zentimeter?“ „Mach fünfzehn, man kann ja nie wissen.“, grinste Lily. „Gut.“, sagte ich. „Accessio.“ Lilys Haare wuchsen um genau die gewünschte Länge. „Danke, Jane, du hast was gut bei mir.“, zwinkerte sie mir zu und strich sich ihr dunkelrotes Abendkleid zurecht. Ich drehte mich um meine eigene Achse, während ich einen Blick auf mich selbst warf. Ich hatte mich für ein schwarzes Abendkleid entschieden. Es hatte weite Ärmel mit schwarzen Rüschen und am Rücken einen langen Ausschnitt der unter den Rückenflügeln endete. Meine Haare hatte ich zu Locken gezaubert und trug sie offen. Da ich lange Haare hatte, fielen sie genau über den Ausschnitt am Rücken. Sollte Professor McGonagall wirklich bemerken was für ein Kleid ich trug, dann konnte ich immer noch kontern, dass man durch die Haare sowieso nichts sehen konnte. „Bist du soweit?“, fragte Lily und sah mich erwartungsvoll an. „Du wolltest dich doch mit Severus um Sieben vor der Großen Halle treffen, oder?“ Ich sah auf die Uhr. Es war fünf vor Sieben! „Verdammt, du hast Recht! Okay, ich bin weg, wir sehen uns nachher in der Halle, ja?“ Lily lachte. „Ja klar, nur keine Panik, wird schon schief gehen und warte, das hier vielleicht noch…“ Sie kramte in der Tasche ihrer Jeans, die über ihrem Stuhl hing, und zog ein Pergament heraus. Sie reichte ihn mir und ich erkannte nur zwei Wörter, die darauf standen. „Praesidium agitare?“, fragte ich irritiert. „Für was ist denn das?“ Lily lächelte verschwörerisch. „Das ist ein Spruch, den habe ich von Sirius. Man kann ja schließlich nie wissen, wie weit du heute Abend gehen wirst…“ Ich schnappte nach Luft. „Lils! Nicht jeder ist so wie Sirius und zieht alles und jeden hinter die nächste Tür!“ Lily lachte. „Ach komm schon, ist doch nur Spaß! Und außerdem, keiner hat gesagt dass du ihn wirklich anwenden musst.“ Ich zwang mich zu einem Lächeln. „Du bist echt schlimm, Lils… Severus und ich? Du hast manchmal eine wirklich merkwürdige Fantasie.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich habe nicht gesagt, dass er für Severus ist…“ Ich schluckte an dem Gedanken, der Lily und mir auf einmal durch den Kopf gehen. Dann schüttelte ich den Kopf sodass meine Locken durcheinander gerieten und rief: „Lily, hör auf damit! Sonst kann ich ihn den ganzen Abend nicht ansehen, das weißt du genau!“ Meine Freundin allerdings grinste nur und meinte dann: „Jetzt habe ich es dir heimgezahlt, Janey. Keiner lacht einfach so über meine misslungenen Zauber“. Sie zwinkerte. Ich blickte zu ihr und auf einmal begannen wir zu Lachen. Wir lachten so sehr, dass uns die Bäuche wehtaten. Keuchend und erschöpft von dieser Aktion umarmte Lily mich, gab mir einen Kuss auf die Stirn und flüsterte: „Versuche, dich heute Abend zu amüsieren, okay? Das ist unser letzter Abend hier in Hogwarts und wir sollten ihn definitiv genießen.“ Als ich vor der Großen Halle ankam herrschte schon reges Treiben. Überall standen Mädchen und Jungs, die entweder sich suchten oder schon gefunden hatten. Ich konnte viele Schüler sehen, die ich vom Quidditch und vom Unterricht her kannte. Gerade winkte ich der zweiten Jägerin von Ravenclaw zu als ich Marisol Abbott sah. Elegant schwebte sie die Treppe herunter. Sie trug ein hellblaues, schulterfreies Kleid, das perfekt zu ihrer kaffeebraunen Haut und ihrem dunklen Haar passte. Ihr Haar hatte sie zu einem eleganten Knoten verschlungen und in ihnen glitzerten kleine Diamanten. Ihre Hand lag auf der von… Remus. Und dieser Anblick versetzte mir einen tiefen Stich. Da war er, Remus, den ich unglücklich liebte, und er sah so gut aus! Er trug einen schwarzen Anzug, war eher legere gekleidet, aber genau das stand ihm. Ein leichter, schwarzer Umhang lag auf seinen Schultern. Und die zwei langen Narben in seinem Gesicht machten ihn nur noch attraktiver. Alle starrten sie auf die Treppe und viele Jungs pfiffen. Diese bekamen aber von ihrer Partnerin sogleich den Ellenbogen in den Magen gerammt. Ich beobachtete Remus und sah in seinen Augen, dass er glücklich war. In diesem Moment blickte er zu Marisol und aus ihren Augen sprühte tiefe Leidenschaft. Sie zog ihn geradezu mit Blicken aus. Mir wurde übel. „Hallo, Jane.“, erklang da eine vertraute Stimme hinter mir. Ich drehte mich herum und erkannte Severus, komplett in schwarz gekleidet. „Hallo Sev.“, sagte ich und wandte mich von Remus und Marisol ab, die in die Große Halle schritten. Severus lächelte und hielt mir eine kleine, weiße Rose entgegen. „Die ist für dich.“, sagte er. „Ich dachte, das könnte vielleicht in dein Haar passen…?“ Ich nickte. „Ja, das ist nett von dir.“ Severus strich mein Haar am rechten Ohr zur Seite und setzte die Rose ein. Als er mein Ohr berührte, zuckten seine Finger kaum merklich. Er räusperte sich und legte das restliche Haar neben die Rose. Er trat einen Schritt zurück und betrachtete mich. „Sieht es gut aus?“, fragte ich und lächelte ihn an. Snape sah kurz verlegen weg, dann meinte er: „Du siehst toll aus.“ Er bot mir seinen Arm an und fragte: „Sollen wir?“ In der Halle war es voll wie sonst nie. Man hatte zwar die großen Tische zur Seite geschoben damit lauter kleine Tische Platz fanden, aber trotzdem wirkte die Halle voller als je zuvor. Severus und ich sahen uns um, fanden aber nichts, was nach einem freien Tisch aussah. „Sieht so aus als ob die besten Plätze schon weg seien…“, murmelte Sev neben mir und sah sich um. Ich hörte ihn nicht richtig, zu sehr musste ich über die Schönheit der Großen Halle staunen. Tausende von schwebenden Kerzen erhellten sie, alles war in bunten und fröhlichen Farben geschmückt, Banner der einzelnen Häuser hingen von den Wänden mit den tanzenden Wappentieren darauf und durch die hohen Fenster hinter dem Lehrertisch schien die Sonne mit einem wunderschönen Abendrot herein. Ich schluckte kurz als mir klar wurde, dass dies mein letzter Abend in Hogwarts sein würde. „Janey?“ Ich riss mich aus meinen Gedanken und drehte mich zu dem Ruf um. Ich lächelte als ich meinen Bruder Samuel erkannte. Er stand an einem Tisch in der Nähe der Lehrertafel. Meine Eltern, Kevin, Kelly und Alice waren auch da. Alice sah müde und blass aus, aber sie lächelte mir zu und bewegte die Hand leicht zu einem Gruß. Eine Hand ruhte auf ihrem Leib und es war nur zu deutlich zu sehen, dass es jeden Tag soweit sein konnte. Ich wandte mich an Sev und sagte: „Ich glaube, man hat uns die besten Plätze besetzt.“ Erheiternd zwinkerte Severus mir zu. Dann bot er mir seinen Arm und wir schritten auf den Tisch meiner Eltern zu. Meine Mutter strahlte mich an, umarmte mich und begutachtete mich dann genau. „Du siehst so schön aus, Janey, wirklich.“ Dad hinter ihr nickte und umarmte mich dann auch. Kevin war der nächste, dann trat Kelly heran und begrüßte mich. Ich war immer noch erstaunt, was für ein schönes Paar die beiden abgaben. Kevin arbeitete im St. Mungo‘s, Kelly arbeitete als Sekretärin im Ministerium. „Und, du bist Severus Snape, richtig?“, fragte Alice und begrüßte erst ihn, dann mich. Samuel stand hinter ihr und umarmte mich als letzter. „Richtig, Mrs. Grode.“, antwortete Sev höflich und verneigte sich leicht. Ich sah wie Alices Gesichtszüge kurz gefroren als er sie mit „Mrs. Grode“ ansprach. Ihre Hautfarbe schien noch bleicher zu werden, doch dann fasste sie sich, lächelte mild und setzte sich dann wieder auf ihren Stuhl neben Samuel. Auch Sev und ich setzten uns zwischen meiner Mutter und Kevin an den Tisch. Sev schien mir etwas nervös zu sein, doch ich hatte mich daran gewöhnt dass er unter mehreren Leuten ruhig wurde und so gut wie nichts sagte. Kevin allerdings beschloss, ihn in ein Gespräch zu verwickeln, welches Sev nur mit halbem Herzen erwiderte. Erst als Kevin begann, von den neuesten Errungenschaften der Zaubertrankforschung zu sprechen, wurde Severus etwas lockerer und die beiden verstanden sich gut. Meine Mutter legte ihre Hand auf meine, gab mir einen Kuss auf die Stirn und flüsterte: „Dein Vater und ich sind sehr stolz auf dich, mein Liebling. Jahresbeste mit Auszeichnung! Wir alle haben gewusst, dass du das kannst. Wir alle und auch Dean. Ich in mir sicher er ist genauso stolz auf dich.“ Ich schluckte. Meine Mutter sprach von Dean immer in der Gegenwart. Ich wusste, dass sie daheim sein Zimmer so gelassen hatte wie es gewesen war als er mit Alice zusammengezogen war. Und dass sie immer noch einen Teller extra für ihn deckte. Der Tod ihres ältesten Sohnes hatte sie sehr schwer getroffen, mehr sogar als meinen Vater. Kevin ließ sich von seiner Trauer nichts mehr anmerken, er war gutgelaunt wie immer. Und Samuel sprach nie über seine Gefühle. Ich erinnerte mich dass er in meinem ersten Schuljahr eine Freundin gehabt hatte, Keira, mit der er ging bis sie ihn zwei Jahre später verließ. Wir hatten alle seine Trauer über die Trennung mitbekommen, aber er sprach mit niemandem über das, was er wirklich fühlte. Woher er das hatte, konnten meine Eltern sich nicht erklären, sie waren immer offen mit ihren Gefühlen umgegangen. „Wo ist denn eigentlich Lily?“, fragte Kelly mich. „Sie müsste jeden Augenblick hier sein, James wollte sie abholen.“, antwortete ich und drehte mich zum Tor der Großen Halle um, als ich sah wie Remus auf unseren Tisch zukam. Mein Herz schlug doppelt so schnell wie vorher. Und etwas begann in meiner Magengegend zu rebellieren als ich sah dass Marisol ihm folgte. Remus war an unserem Tisch angelangt und natürlich hatte Dad ihn bemerkt. „Remus Lupin?“, fragte er erfreut, stand auf und schüttelte Remus die Hand. Mein Dad und seiner waren zusammen in Hogwarts gewesen und mein Vater mochte Remus sehr. „Hallo, Mr. Grode.“, sagte Remus und lächelte in die Runde. „Guten Abend, Mrs. Grode.“ Meine Mutter erwiderte sein Lächeln. „Ich hoffe, es geht Ihnen gut?“ Dad neigte den Kopf leicht zur Seite. „Den Umständen entsprechend. Und dir?“ „Nun ja, wie es einem nun mal geht wenn er die Schule hinter sich hat.“ Er zwinkerte und mein Dad lachte und klopfte ihm auf die Schulter. „Sie haben einen sagenhaften Abschluss erreicht, Remus. In Verteidigung gegen die dunklen Künste sind sie der Beste gewesen, so hat es Jane uns erzählt.“, meinte meine Mutter und reichte ihm die Hand um ihm zu gratulieren. Remus blickte kurz zu mir und lächelte mich an. Sofort konnte ich nicht mehr denken und mein Herz begann wie wild zu klopfen. Mir kam Lily wieder in den Sinn und meine Hand fuhr in die kleine Tasche meines Kleides. Meine Finger fanden das Stück Pergament und ich umschloss es. Warme Wellen brandeten durch mich und auf einmal wurde mir klar, wie sehr ich mir wünschte dass Remus mich an der Hand nahm und mit mir verschwand. Irgendwohin, wo wir allein waren und ich ihm sagen konnte, welche Gefühle ich für ihn hatte. Marisol hinter ihm räusperte sich leise. Ich sah zu ihr und konnte einen giftigen Blick erkennen, den sie auf mich abzuschießen gedachte. „Oh.“, sagte Remus, nahm Marisols schlanke Hand und zog sie sanft an seine Seite. „Darf ich vorstellen, Marisol Abbott. Marisol, dies ist die Familie von Jane.“ Marisol nickte in die Runde, aber irgendwie spürte ich, dass sie eine gewisse Abneigung dagegen hegte, hier zu sein. „Sehr erfreut, Miss Abbott.“, sagte mein Dad, stand auf und wollte ihr die Hand geben, doch in diesem Moment zischte Marisol: „Remus, meine Eltern warten nicht sehr gerne, das weißt du genau!“ „Oh, ähm, ja, also…“ Verlegen kratzte Remus sich am Kopf. „Wenn Sie entschuldigen, Mr. Grode, wir müssen leider weiter, aber vielleicht können wir ja später noch miteinander bei einem Butterbier…“ „Remus!“, zischte Marisol wieder, diesmal etwas aggressiver, dann packte sie ihn am Arm und zog ihn an sich. Remus entschuldigte sich noch einmal und folgte ihr dann an einen großen Tisch am Ende der Halle, wo eine große Familie saß. Marisol hatte viele Schwestern, aber keinen einzigen Bruder. Der einzige Mann am Tisch war ihr Vater, der neben seiner kichernden Gattin etwas verloren wirkte. Kevin beugte sich zu mir rüber. „Was bitte war DAS denn für ein Auftritt?“ Ich lehnte mich verdrossen in meinem Stuhl zurück und murmelte: „Egoistisch und total überflüssig. So ein Auftritt war das.“ Sev neben mir lächelte still. Kapitel 3: July 1978 -4- ------------------------ Das nächste, woran ich mich wirklich erinnere, ist, dass ich wieder in der Eingangshalle unseres Gutshauses in Derbyshire stand. Zwei große, schwere Koffer voller Erinnerungen warteten darauf, in meinem Zimmer ausgeräumt und verstaut zu werden. Ich schluckte schwer, als ich die große Treppe hochblickte, die von der Eingangshalle direkt in die einzelnen Schlafräume von mir und meinen Brüdern führte. Deans Zimmer befand sich genau neben meinem, Samuel und Kevin waren gegenüber. Unser Haus konnte man kein Haus nennen. Es war sehr groß, stammte laut meinem Vater aus dem 17. Jahrhundert und hatte einst einem großen Zauberer namens Alois McGroth gehört, ein Vorfahre meines Vaters. Es hatte drei Stockwerke. Im Erdgeschoss befanden sich die Eingangshalle, der Salon und das Speisezimmer mit der Küche. Im ersten Stock waren, wie ich schon erwähnte, unsere Schlafzimmer und das meiner Eltern. Alice, die derzeit bei uns wohnte, schlief in einem Gästezimmer im zweiten Stock. Es befand sich direkt unter dem Dach, wo auch Vaters Arbeitszimmer und nochmals drei Gästezimmer untergebracht waren. Zu dem Gutshaus gehörten Ländereien, Felder und ein Wald, den Ernie Chapman, unser Verwalter, zusammen mit seinem Bruder Arol bewirtschaftete. Vater arbeitete im Zaubereiministerium und war Leiter der Abteilung für magischen Missbrauch. Meine Mutter arbeitete als Heilerin im St. Mungos Hospital und verbrachte manchmal mehrere Tage dort. Zu jener Zeit, als ich meinen Schulabschluss machte, lebten wir in dunklen Zeiten. Ein geheimnisvoller Zauberer, den meine Eltern nur Du-weißt-schon-wer nannten, tötete zusammen mit seinen Anhängern, den Todessern, Mitglieder der magischen Gemeinde. Vor allem Muggel-Stämmige Zauberer und Hexen waren ein weitläufiges Opfer. Mein Vater hatte schon in meiner Jugend angefangen, an der großen Wand in unserem Speisesaal den Stammbaum unserer Familie aufzumalen. Er war, wie er sagte, reinblütig und ging zurück bis ins zwölfte Jahrhundert auf einen Sir Gerald McGroth, welcher der Begründer unseres Stammbaums war. Unser heutiger Familienname leitete sich im 17. Jahrhundert auf Grode ab, als unsere schottischen Vorfahren nach England übersiedelten. Alois McGroth wurde demnach Alois Grode. Über all die Jahre hatten sich Gemälde, Skulpturen, Teppiche und noch vieles mehr in diesem Haus angesammelt. Es war ein Museum, wie Dean immer belustigt festgestellt hatte. Eine Träne wanderte meine Wange hinab, als ich ihn vor meinem geistigen Auge an der Treppe stehen sah. Er reichte mir die Hand und sagte: „Komm, Janey. Komm mit mir…“ „Miss Jane?“ Ich riss mich aus meinen Gedanken und blickte hinunter zu der tiefen, knarrenden Stimme. Ein alter Hauself stand vor mir, gehüllt in eine braune Hose und einem schwarzen Jackett. Es war Giley, der seit mehr als fünfzig Jahren in unseren Diensten stand. Ich kannte ihn seit ich geboren war und er war mir und meiner Familie immer ein guter Freund gewesen. „Hallo, Giley.“, antwortete ich und schenkte ihm ein müdes Lächeln. „Wie geht es dir?“ „Den Umständen entsprechend, Miss Jane.“, antwortete der Elf. „Das Wetter macht mir und meinem Rücken zu schaffen.“ Jane blickte zurück zum Eingang. Durch die verglasten Fenster erkannte sie peitschenden Regen. Die Kälte und Nässe waren wirklich nicht gut für einen alten Hauself. „Aber wie fühlt Ihr Euch, Miss Jane?“ „Den Umständen entsprechend…“, sagte ich leise und ging dann die Treppe hoch. Giley schnippte mit seinen Fingern und die Koffer schwebten ihm hinterher, während er mir folgte. Er wusste genau, wie ich mich fühlte und vermied jegliche Konversation über dieses heikle Thema. Stattdessen räusperte er sich und sagte dann: „Ihr Vater hat angekündigt, zum Abendessen Besuch mitzubringen.“ Ich erreichte die oberste Stufe. „Ja?“, fragte ich. „Wen denn?“ „Ihr kennt ihn. Mr. Bartemius Crouch mit Sohn und Gemahlin.“ Ich drehte mich auf dem Absatz um. „Barty Crouch? DER Barty Crouch?“ Giley schnalzte missbilligend mit der Zunge. „Mister Bartemius Crouch, Miss Jane. Euer Vater wünscht, dass Ihr diesen Namen nicht mehr erwähnt.“ Ich musste lächeln. Giley hielt sich felsenfest an die Benimmregeln und belehrte uns schon seit unserer Jugend. Aber er meinte es nicht allzu böse, sondern wollte uns nur an das erinnern, was uns unsere Mutter einst gelehrt hatte. Barty, pardon, Bartemius Crouch, war der Leiter der Abteilung für magische Strafverfolgung und ein ziemlich hohes Tier im Zaubereiministerium, meinem zukünftigen Ausbildungsort. Ich wusste, dass ich unter anderem auch bei Barty Crouch lernen würde, und deswegen war ich etwas aufgeregt. Seinen Sohn, der den gleichen Namen trug, kannte ich von Hogwarts her. Er war zwei Jahre unter mir gewesen und würde nun nach dem Sommer in die sechste Klasse kommen. Er war, soweit ich es gehört hatte, ein sehr guter Schüler mit Spitzennoten. Er war ruhig, fiel kaum auf und hing meistens allein rum. Einmal hatte ich ihn in der fünften Klasse auf dem Gang zu Astronomie getroffen und er hatte mir schüchtern gesagt, dass er mich beim letzten Quidditch-Spiel gegen Hufflepuff gesehen hätte. Er beglückwünschte mich zu einem gelungenen Kinnans-Mirror-Angriff und machte sich dann rasch aus dem Staub. Sirius sagte damals, er glaube, dass Barty sich in mich verguckt hätte. Ich winkte das lachend ab. Barty war damals dreizehn Jahre alt gewesen, da war es ganz klar, dass er sich in jedes Mädchen verliebte, das ihm über den Weg lief. Er mochte nun fast sechzehn sein. Ich hatte ihn in meinem letzten Jahr so gut wie nie gesehen und ich konnte mich auch nicht erinnern, ihn wahrgenommen zu haben. „Wer wird noch anwesend sein?“, erkundigte ich mich und ging den Flur entlang auf mein Zimmer zu. Mein Herz schlug schneller und ein Kloß setzte sich in meinem Hals fest, als ich Deans Zimmertür sah. „Euer Bruder Master Samuel sowie Eure Mutter, Mrs. Elizabeth. Master Kevin befindet sich derzeit in Frankreich.“ Ich drehte mich zu Giley um. „Was macht Kevin denn in Frankreich?“ „Oh, das ist sehr einfach zu erklären, Miss Jane.“, sagte Giley und lächelte. „Er hat ein Angebot bekommen, als Heiler an einer angesehen Ausbildungsstätte zu lehren. Kevin war das Wunderkind in der Familie. Als einer der besten Schüler von Hogwarts verließ er die Schule mit sämtlichen Auszeichnungen die es gab und trat in die Fußstapfen unserer Mutter. Er hatte große Freude an seinem Beruf. Ich freute mich für ihn. Das würde ihn wunderbar von… Dean ablenken… Bei Merlin, hatte ich das wirklich gedacht? Ein unangenehmes, stockendes Gefühl machte sich in meiner Brust breit. „Wo sind Samuel und meine Mutter?“, fragte ich ihn weiter aus. Seit dem Abschlussball hatte ich sie nicht mehr gesehen. Meine Mutter hatte mir zwar angeboten, mich von King’s Cross abzuholen, aber ich winkte ab und meinte, dass ich ja apparieren könnte. Widerwillig stimmte sie zu, ermahnte mich aber, an einem Ort zu disapparieren, wo mich keiner sehen würde. Als ob ich nicht daran gedacht hätte. „Master Samuel befindet sich in Gringotts und Eure Mutter ist noch im St. Mungos.“ „Und für wann ist das Abendessen angesetzt?“ „Sobald Euer Vater wieder zurückgekehrt ist, gegen acht Uhr.“ Ich nickte. Dann stand ich vor meiner Tür. Und irgendwie erstarrte ich, als ich daran dachte, dass das letzte Mal, als ich hier gewesen war, Dean in meinem Zimmer gewartet hatte um mir zu erzählen, dass Alice schwanger war. Tränen stiegen wieder in mir hoch, als das Glitzern seiner Augen in meinen Geist trat. Ich machte die Tür auf und im Sonnenlicht des großen Fensters glaubte ich mich in der Zeit zurückversetzt. Da stand er. Dean. Und er strahlte mich an, als er auf mich zukam und zitternd sagte: „Janey!! Da bist du ja! Bei Merlin, ich wollte es dir als erste sagen!! Alice und ich, wir… wir werden ein Kind bekommen! Ist das nicht wunderbar? Du wirst Tante werden!“ Ich hörte nur noch wie sich die Tür hinter mir langsam schloss. Ich drehte mich zu ihr und bemerkte, dass Giley verschwunden war. Ich wollte mich wieder Dean zuwenden und ihm sagen, wie sehr ich mich für ihn freute. Doch da war nichts außer das triste Grau des Regens. Mein Herz setzte aus. Dean war weg. Einfach so… weg. Tränen flossen über meine Wangen, als ich zitternd auf dem Fussboden zusammenbrach. Kapitel 4: July 1978 -5- ------------------------ Pünktlich um acht Uhr apparierte Dad zusammen mit unseren Gästen in der Eingangshalle. Ich stand unten an der Treppe und wollte gerade in den Salon, als es laut knallte. Ich drehte mich herum und erkannte meinen Vater, Bartemius Crouch mit seiner Frau und seinem Sohn. Barty sah etwas grünlich im Gesicht aus. Anscheinend vertrug er das Apparieren noch nicht so gut wie ein trainierter Zauberer. Es drehte einem aber auch den Magen um, wenn man in die Länge gezogen und wild wirbelnd durch eine andere Ebene jagte. Giley erschien sogleich und eilte auf die Ankömmlinge zu. Dad lächelte und sagte: „Willkommen in meinem bescheidenen Zuhause, Bartemius. Wenn ihr eure Mäntel Giley geben möchtet…“ Der Elf nahm die Umhänge von allen vieren entgegen und verschwand dann mit einem leisen Surren. Bartemius sah sich in der großen Eingangshalle um, murmelte dann etwas seiner Frau zu und wandte sich dann an meinen Vater: „Sehr schön, Jason. Wirklich sehr geschmackvoll eingerichtet, das muss ich sagen. Nicht wahr, Rose?“ Rose Crouch war eine zierliche, kleine Hexe. Ihr Haar war dünn und zu einem strengen Knoten frisiert, sie wirkte steif und schüchtern. Sie nickte zu den Worten ihres Mannes. Barty, ihr Sohn, schien die Schüchternheit von seiner Mutter geerbt zu haben. Ich merkte, dass er sich hier verloren fühlte. Ein strenger Blick seines Vaters brachte ihn dazu, die Hände hinter dem Rücken zu verbergen, welche vorher an seinem viel zu engen Kragen gezerrt hatten. „Und hier ist meine Tochter, Jane.“, sagte Dad und bedeutete mir, näher zu kommen. „ Sie hat gerade ihren Abschluss in Hogwarts gemacht und wird im Herbst im Ministerium ihre Aurorenausbildung beginnen.“ Crouch trat an mich heran und reichte mir die Hand. Ich schüttelte sie und sagte: „Willkommen, Mr. und Mrs. Crouch.“ Ich traute mich nicht, die Augen von diesem mächtigen Zauberer zu seinem Sohn zu wenden, um ihn zu begrüßen. Irgendetwas ließ mich schaudern, als ich diese kalten, grauen Augen sah. „Glückwunsch, Miss Grode.“, sagte Crouch. „Ich hoffe, Sie wissen es zu schätzen, dass Sie einen Platz bei uns im Ministerium erhalten haben? Nicht jeder hat das Glück, dass der Vater ein solch angesehener Mitarbeiter unserer Gemeinde ist.“ Irritiert nickte ich. „Natürlich, Mr. Crouch.“ Er lächelte kalt und Wut stieg in mir hoch. Ich fragte mich, ob Crouch überhaupt meine Zeugnisse gesehen hatte. Ich hatte genau die Noten, die vorgeschrieben waren, um überhaupt aufgenommen zu werden. Mein Vater hatte damit nichts zu tun gehabt, ich hatte das alles aus eigener Kraft geschafft. Zusammen mit James und Sirius. Ich spürte, wie mich jemand beobachtete und sah Bartys Blick auf mir ruhen. Ich öffnete den Mund um etwas zu sagen, aber er schüttelte nur den Kopf und seine Augen sahen mich beunruhigt an. Anscheinend wollte er nicht, dass sein Vater erfuhr, dass wir uns kannten. In diesem Moment kamen klackernde Schritte aus dem Salon auf uns zu. Ich sah Dads Augen aufleuchten, als meine Mutter an meiner Seite erschien. Lächelnd wie immer ging sie auf Crouch zu und begrüßte ihn. „Mr. Crouch! Wie erfreulich, Sie hier in unserem Haus als Gast zu haben. Hallo Rose! Schön, dass du auch da bist. Und der gute Barty! Lass dich ansehen, du bist ja groß geworden!“ Sie reichte ihm ihre Hand und schüchtern ergriff der Jüngere diese. „Guten Abend, Mrs. Grode“, murmelte er und schaffte ein schiefes Lächeln. Meine Mutter war eine Frohnatur und sie überstrahlte die Kälte, die Crouch Senior vor ihr hier verbreitet hatte. Barty taute ein klein wenig auf in ihrer Gegenwart. „Ist das Essen schon fertig, Liz?“, fragte Dad sie und gab ihr einen Kuss. „Gebt mir noch fünf Minuten, dann habe ich den Tisch fertig.“. Sie wandte sich an die Familie Crouch. „Im Salon wartet mein Sohn Samuel mit einem guten Goldlackwasser auf Sie, Mr. Crouch. Wenn Sie und Ihre Frau möchten, können Sie diesen gerne als Appetitanreger einnehmen.“ Rose bedankte sich mit einem Lächeln während Crouch meinte: „Eine gute Idee, Elizabeth. Zu einem Goldlackwasser sagt man nicht „Nein“, nicht wahr?“ Wieder sagte Rose nichts, sondern nickte nur ergeben. In diesem Moment fiel mir auf, wie unterschiedlich die beiden Paare waren. Meine Eltern strahlten nur so aus sich heraus, während Rose untergeben in dem Schatten ihres Mannes stand und nichts sprach. Meine Mutter ging nun wieder in die Küche zurück, während Dad Crouch und Rose in das Speisezimmer führte. Barty folgte ihnen auf ein paar Schritte Entfernung. Als er an mir vorbeikam, flüsterte er mir zu: „Mein Vater hat wirr geredet. Ich bitte dich, ihm zu verzeihen.“ Ich sah ihn an, als er neben mir stehen blieb. Er war genauso groß wie ich, sein Haar war dunkel und widerspenstig. Ich wunderte mich, dass Crouch ihn nicht gezwungen hatte, seine Haare streng zur Seite zu kämen. Ich nickte nur und murmelte dann: „Schon vergessen, Barty. Aber das nächste Mal würde ich es schätzen, wenn du mich nicht im Wort unterbrichst, ja?“ Er sah mich verständnislos an, dann erinnerte er sich aber wieder und meinte: „Mein Vater mag es nicht, wenn jemand anderes als er im Mittelpunkt steht. Und außerdem ist er nicht besonders gut zu sprechen auf mich…“ Ich wollte ihn gerade fragen, warum dies der Fall sei, als Crouchs Stimme durch den Flur hallte: „Bartemius!“ Barty zog den Kopf ein und ging eiligen Schrittes seinem Vater nach. Ich blieb zurück und fragte mich, was für ein trauriges Leben Barty wohl führen musste. Ich wusste, dass sein Vater streng war, sehr streng sogar. In Hogwarts war Barty ja immer still gewesen, aber dass er solche Angst vor seinem Vater hatte, schockierte mich. Wenn das so weiter ging, würde er unter den Fittichen seines Vaters im Zaubereiministerium arbeiten müssen. Schon damals spürte ich, dass er eines Tages daran zerbrechen würde. Was für ein Ausmaß das aber nehmen würde und wie sehr wir beide einmal den Wunsch verfolgen würden, uns gegenseitig umzubringen, wusste ich damals noch nicht. *** Das Essen nahmen wir in einer fast schon drückenden Stille ein. Einzig mein Vater und Crouch unterhielten ein Gespräch, während meine Mutter keinen einzigen Satz aus Rose herausbekam. Ich saß gegenüber meines Vaters, rechts war mein Bruder Samuel, links von mir Barty. Dieser aß langsam und schon fast bedächtig, während Samuel und ich ordentlich zugriffen. Mutter hatte einen Braten mit vielerlei Beilagen zubereitet und zum Nachtisch servierte sie uns in Honig flambiertes Obst, das in einer Schüssel um den Tisch schwebte und jedem, der danach winkte, ein paar Stücke der Früchte auf den Teller schweben ließ. Während dem Essen erinnerte ich mich an die Mahlzeiten in der Großen Halle in Hogwarts. Ich musste an meine Freunde denken, mit denen ich immer so viel Spaß gehabt hatte. Ein wenig beneidete ich Barty, dass er noch zwei Schuljahre vor sich hatte. Wie gerne hätte ich mit ihm getauscht! Meine einzige Möglichkeit, je nach Hogwarts zurück zu kehren war als Lehrerin und ich war mir nicht ganz sicher, ob ich das wollte. Junge Zauberer konnten sehr anstrengend sein, das wusste ich nur zu gut von mir. Ich war eine etwas vorlaute Schülerin gewesen, zumindest in den ersten vier Jahren. Ab der fünften Klasse, als die Prüfungen begannen, riss ich mich zusammen und lernte eifrig, was sich im Endeffekt lohnte. Ich erinnerte mich an Professor McGonagalls Worte, als ich mal wieder wegen einer verirrten Stinkbombe in Flitwicks Lehrraum in ihrem Büro stand. Es musste die vierte Klasse gewesen sein, als ich an diesem sonnigen Mittag bei ihr war und James und die anderen darum beneidete, das sie draußen am See sein konnten während ich hier eine Standpauke bekam. Minerva McGonagall saß mir mit gefalteten Händen gegenüber, schüttelte den Kopf und sagte: „Miss Grode, wenn Sie so weiter machen, wird das eines Tages sehr schlecht für Sie ausgehen, das verstehen Sie doch, oder?“ Ich war vierzehn Jahre alt. Natürlich dachte ich an andere Sachen als daran, das Ganze zu verstehen. Als ich nicht antwortete, seufzte sie und meinte: „Ich kenne Ihre Familie sehr gut und Ihr Bruder Kevin ist auch nicht gerade ein Heiliger, aber er hat zumindest die Kurve bekommen, als er in der vierten Klasse zum Kapitän der Quidditchmannschaft von Gryffindor wurde. Bei Ihnen dagegen habe ich Zweifel, dass sie wie er werden.“ Sie beugte sich zu mir vor. „Ich lasse Sie gehen, ohne eine Strafarbeit. Aber lassen Sie sich eines gesagt sein. Der recht Weg ist der, den wir Ihnen wünschen. Der andere führt in ein Mysterium, der in Tod und Verderben endet. Eine Stinkbombe ist nur der Anfang, worin das Ende liegt, können nur Sie herausfinden. Aber bedenken Sie eines, nämlich dass niemand Sie beschützen wird wenn Sie einmal den falschen Weg gehen. Bleiben Sie auf dem rechten und Sie werden sich unserem Schutz immer gewährleistet sein.“ In meinen Gedanken streckte ich ihr die Zunge heraus und schnitt eine Grimasse. Als ich in den Sommerferien aber nach Hause kam, erhielt ich Hausarrest von meinem Dad. Er wusste, was für Streiche ich in Hogwarts anstellte und dass ich öfters unhöflich und vorlaut gegenüber den Lehrern war. Er nahm mich am nächsten Tag ins Ministerium mit und zeigte mir Akten von dunklen Zauberern, die, wie McGonagall zu sagen pflegte, vom rechten Weg abgekommen waren. Er erklärte mir, dass sie schon in der Schule aufgefallen waren, sich für etwas Besseres hielten und eingebildet wurden. Das Resultat war heute auf der schwarzen Liste des Ministeriums, auf der Flucht oder saß in Askaban ein. An diesem Tag realisierte ich, was ich die ganzen Jahre über getan hatte. Mein Vater sagte mir, dass er mich nach Askaban mitnehmen würde, wenn er noch einmal eine Eule mit einer Beschwerde bekommen würde. Ich fürchtete mich vor dem Gefängnis, und diese Drohung wirkte. Nach den Sommerferien war ich nicht mehr wie früher, ich wurde reifer, höflicher und fleißiger. Das Resultat war nicht Askaban, sondern eine Ausbildung zur Aurorin. Ich war in der siebten Klasse noch einmal bei Minerva McGonagall gewesen. Aber nur, weil sie mir mitteilte, dass ich meine Ausbildung im Ministerium beginnen dürfte, sobald ich meinen Abschluss hätte. Ich erinnere mich, dass sie Tränen in den Augen hatte und leise flüsterte: „Das, meine liebe Jane, das ist der rechte Weg von dem ich gesprochen hatte.“ *** Samuel neben mir zwickte mich in die Ecke und holte mich in die Realität zurück. Ich blinzelte und fand mich wieder am Tisch mit meinen Eltern und unseren Gästen. Aber irgendetwas stimmte nicht. Ich sah mich um, aber meine Eltern unterhielten sich immer noch mit Crouch, Rose hatte sich aus dem Gespräch ausgeklinkt. „Alles in Ordnung, Janey?“, fragte Samuel und berührte mich am Arm. „Du siehst so blass aus…“ Ich holte tief Luft. „Irgendwas stimmt hier nicht.“ Ich blickte in den dunklen Flur, der zur Eingangshalle führte. Ich glaubte, Schritte zu hören, aber das war schier unmöglich. Plötzlich bemerkte ich, dass Barty verschwunden war. „Wo ist er?“ „Wer, Janey?“ „Barty!“, flüsterte ich. „Er saß doch gerade noch neben mir.“ „Oh, der. Der ist kurz zur Toilette.“ Samuel lehnte sich zurück, schnippte nach der schwebenden Schüssel und unterdrückte ein Gähnen. Irgendwie hatte ich ein komisches, schon fast bedrohliches Gefühl bei der ganzen Sache. Langsam stand ich auf, was Crouch natürlich sofort bemerkte. Er sah mich an, als würde ich ihn unterbrechen wollen. „Alles in Ordnung?“, fragte Dad und lächelte mich an. „Ja, ich wollte nur kurz nach oben und…“ Und was? Ich konnte ihm doch nicht sagen, dass ich ein ungutes Gefühl hatte, für das ich keinen Grund wusste. „Jane wollte eben mal nachsehen, ob Alice wieder da ist.“, sprang mir Samuel bei. „Du weißt doch, sie war heute in London und hat dort bestimmt nichts gegessen.“ Meine Mutter nickte, obwohl sie mein bleiches Gesicht musterte. „Eine sehr gute Idee. Jane, bring doch bitte Alice mit, falls sie schon wieder zurück ist. Giley wird ihr dann noch etwas zubereiten.“ Der Hauself, der die ganze Zeit still in einer Ecke auf einem Stuhl gesessen hatte, sprang auf, landete lautlos auf seinen kleinen Füßen und verbeugte sich elegant. Ich nickte, lächelte kurz und ging in den dunklen Flur. Als ich in der Eingangshalle ankam, strahlte der Mond durch die Fenster und zauberte unheimliche Schatten auf die Treppe vor mir. Ich sah mich um, konnte Barty aber nirgends entdecken. Merkwürdig, die Toilette für unsere Gäste befand sich gleich hinter der Treppe. Ich schlich an sie heran, aber schon von weitem erkannte ich, dass kein Licht brannte. Der Schlitz am Türrand war vollkommen dunkel. Ich drehte mich herum und lauschte auf eine Bewegung. Vielleicht war Barty noch hier. Das musste er ja, wo sollte er sonst sein? Aber nicht einmal das kleinste Rascheln oder Atmen konnte ich ausmachen. Er war doch nicht etwa… Langsam bewegte ich mich mit gespitzten Ohren auf die Treppe zu. Dank des Mondes konnte ich die Stufen erkennen und ich schritt sie am Geländer hoch. Als ich oben war, empfing mich abgrundtiefe Schwärze, die in der Tiefe noch dunkler zu werden schien. Ich zog meinen Zauberstab und murmelte ein „Lumos Maxima“ und sofort entflammten die Kerzen an den Wänden. Mein Herz schlug einen Takt schneller, als alles auf einmal erleuchtet vor mir lag. Ich ging den Gang entlang und schaute in jede Tür hinein, sprach wieder meinen Spruch. Die Zimmer wurden erleuchtet, waren aber leer. Meine innere Stimme bestätigte dies mir. Als ich in meinem Zimmer gewesen war, sah ich mich der Tür von Dean gegenüber. Ich schluckte schwer. Ich wollte nicht in sein Zimmer gehen. Irgendetwas in mir hielt mich davon ab, aber es war keine Furcht vor dem, was darin lauern könnte. Es war die Angst, seinen Geist in allen Gegenständen zu spüren, die er je besessen hatte. Ich schauderte, als ich daran dachte, dass Dean seit zwei Jahren nicht mehr in dem Raum gewesen war. Ich blinzelte und mir fiel wieder Barty ein. In mir kämpfte mein Gewissen mit meiner Erinnerung an Dean und schließlich stand ich vor der Tür. Zitternd streckte ich die Hand nach dem Knauf aus, als aus der Eingangshalle ein Wind aufzog. Ich blickte zurück in den Gang und sah eine Gestalt aus schwarzem Rauch auf mich zufliegen. Allen Kerzen, die sie streifte, erloschen auf der Stelle. Eine hässliche Fratze bot sich mir, bevor die letzte Lichtquelle erlosch und ich schrie auf. Die Gestalt fegte durch mich hin durch und riss mich zu Boden, während die Tür zu Deans Zimmer aufsprang. Ich wollte aufstehen, aber irgendetwas drückte mich zu Boden. Mein Zauberstab war mir aus der Hand geflogen und lag irgendwo im Dunkeln. Ich versuchte, den Kopf zu drehen und schaffte es, in Deans Zimmer zu blicken. Ich erstarrte endgültig. Im Licht des Mondes konnte ich eine schlanke, hochgewachsene Figur erkennen, die die Schubladen von Deans Schrank durchwühlte. Sie fuhr hoch, drehte sich zu mir und ich blickte in die grässliche Maske eines Todessers. Ich schrie aus Leibeskräften nach Samuel und meinem Vater, aber sie kamen nicht. Keiner hörte mich. Die Figur indessen wandte sich von ihrem Tun ab und kam mit erhobenem Zauberstab auf mich zu. Mein Herz raste, als sie über mir stand und mit dem Zauberstab auf mich zeigte. „Wenn das nicht die Kleine vom alten Grode ist…“, kicherte sie, kniete zu mir nieder und strich mir über die Wange. Ich wollte mich wegdrehen, aber irgendetwas hinderte mich daran. Angst durchströmte mich. Ich war dem Todesser hilflos ausgeliefert und keiner war da, um mir zu helfen. Ich schloss die Augen, als in diesem Moment ein „Stupor!“ ertönte. Die schwarze Figur wurde unvorbereitet getroffen, wirbelte durch die Luft und landete auf dem Boden. Ich schlug die Augen wieder auf und konnte meinen Vater und Crouch erkennen, die mit hell leuchtenden Zauberstäben auf mich zukamen. „Impedimenta!“, brüllte Crouch und schwang seinen Zauberstab, doch im selben Moment disapparierte der Todesser. Crouch fluchte. Dad kniete sich neben mich und half mir aufzustehen, während ich immer noch zitterte und noch nicht so recht begreifen konnte, was gerade geschehen war. „Jane! Was ist passiert!“ Ich schluckte schwer, bevor ich meine Stimme wiederfand. Ich blickte in Dads Augen und erkannte, dass er genauso ausgesehen hatte wie an dem Tag als er erfahren hatte, dass Dean getötet worden war. „Ich… ich weiß es nicht…Ich wollte nach Barty sehen, und dann…“ „Bartemius?“, mischte sich Crouch ein und kam auf mich zu. „Er war die ganze Zeit bei uns, er hat den Tisch nicht verlassen.“ Verwirrt sah ich zu ihm hoch. „Aber… ich weiß ganz genau, dass er weg war! Dad, ich bin doch aufgestanden, um nach Alice zu sehen, erinnerst du dich?“ Er nickte, sah mich aber irritiert an. Ich holte tief Luft. „Ich wollte allerdings nachsehen, wo Barty gewesen war, und… da ist er ja!“ Barty, Rose, meine Mutter und Samuel kamen den Gang entlang gerannt. Meine Mutter schloss mich in die Arme und drückte mich an sich. Ich wand mich allerdings aus ihrer Umarmung und wandte mich an Barty. „Barty! Wo bist du nur gewesen, ich habe dich überall gesucht!“ Barty blickte mich überrascht an. „Wo soll ich denn gewesen sein?“ „Das weiß ich ja nicht, deswegen wollte ich nach dir sehen! Laut Samuel warst du schon eine Weile weg und…“ „Barty saß die ganze Zeit an unserem Tisch, Jane.“, sagte Samuel und blickte mich an. „Das stimmt.“, meinte nun auch meine Mutter. „Er hat den Tisch nie verlassen.“ Ich stockte. „Aber… Ich weiß ganz genau, dass er weg war!“ Ich schaute hilfesuchend zu Barty, und dann erkannte ich zum ersten Mal ein gefährliches Funkeln in seinen Augen. Kapitel 5: July 1978 -6- ------------------------ Natürlich musste das Zaubereiministerium erfahren, dass in unserem Haus ein Todesser gewesen war. Was er gesucht hatte, konnte sich keiner von uns erklären, aber es musste irgendetwas Wichtiges gewesen sein. Als Alice wenig später an diesem Abend zurückkehrte, wurde sie bleich als sie erfuhr, was passiert war. Crouch vermutete, dass der Eindringling es vielleicht auf sie abgesehen hätte. Mein Dad dachte das gleiche, da sie ja Deans Kind unter ihrem Herzen trug. Also wurde uns kurzerhand ein Auror zugewiesen, der uns Tag und Nacht bewachen wollte. Es war der nächste Morgen nach dem Vorfall und ich selber hatte die ganze Nacht nicht geschlafen da ich die ganze Zeit darüber nachgedacht hatte, ob ich verrückt sei. Ich war mir absolut sicher, dass Barty nicht am Tisch saß, als ich aus meinen Gedanken erwachte. Crouch und seine Familie waren sofort gegangen und Samuel hatte mich zur Seite genommen und mich gefragt, ob alles in Ordnung sei. Ich antwortete ihm nicht, denn er hatte mich verleugnet. Wobei, wenn ich so darüber nachachte, ich kannte meinen Bruder sehr gut. Und es wunderte mich, dass er mich überhaupt anlog, was er sonst nie tat. Als es an der großen Holztür läutete, war ich diejenige, die öffnete. Ich lugte hinaus und sah einen großen, dunkelhäutigen Zauberer vor mir, der einen dunkel-violetten Umhang trug und keine Haare hatte. Seine großen, dunklen Augen schauten mich gutmütig an und er sagte mit tiefer Stimme: „Du musst Jane Grode sein.“ Ich beäugte ihn von oben bis unten und nickte dann. „Und Sie sind…?“ Er lächelte, dann verbeugte er sich leicht und sagte: „Kingsley Shacklebolt, ein Auror des Zaubereiministeriums. Mr. Crouch schickt mich, um auf dich und deine Familie zu achten, solange es von Nöten ist.“ Dass er mich duzte, gefiel mir überhaupt nicht. Er wirkte nett, aber eine mir unerklärliche Abneigung stieg in mir auf. Drehte ich jetzt komplett durch? Sah ich in jedem Menschen etwas Schlechtes? Oder etwas Unerklärliches? Mein Kopf schwirrte. Ich ließ den Auror in unser Haus. Sobald er durch die Tür war, drehte er sich herum und murmelte leise einen Spruch während er seinen Zauberstab schwang. „Was.. tun Sie da…?“, fragte ich und beäugte ihn skeptisch. „Er belegt unser Haus mit Schutzzaubern, Liebes.“, antwortete meine Mutter, die in die Halle kam. Sie trocknete sich die Hände an einem Geschirrtuch und stellte sich neben mich. „Wenn du einmal jemanden in den magischen Schutz eines Hauses eingelassen hast, ist der Zauber verwirkt. Man muss ihn neu aussprechen, damit er wieder konstant ist.“ Kingsley drehte sich um und nickte lächelnd. „Eben das, Mrs. Grode.“ Er verbeugte sich auch vor ihr. „Willkommen, Mr. Shacklebolt.“, sagte meine Mutter und lächelte ihn an. „Giley wird sofort hier sein und ihre Sachen nach oben bringen.“ „Nicht nötig, Mrs. Grode.“, erwiderte Kingsley und zeigte auf einen kleinen Beutel, der an seiner Hüfte hing. „Ich habe alles bei mir, was ich brauche.“ Ich verschränkte meine Arme vor dem Brustkorb und meinte zu meiner Mutter: „Ich bin auf meinem Zimmer.“ Ich wollte mit diesem Mann nicht in einem Raum bleiben. In meinem Zimmer setzte ich mich aufs Bett und starrte durch das Fenster in den Himmel hinaus. Der Himmel war in ein leichtes orange getaucht, gepaart mit schweren Regenwolken. Ich war erst den zweiten Tag hier und fühlte mich eingesperrt. Eigentlich sollte ich glücklich sein, dass ich mit meiner Familie endlich wieder länger als ein paar Wochen im Sommer zusammenleben konnte. Aber die Tatsache, dass ein Auror uns bewachte und ein Todesser es auf uns abgesehen hatte, engte mich innerlich ein. Ich fröstelte und schlang die Arme um mich, wie als würde ich in einem eisigen Wind stehen. Den Sonnenstrahl, der sich seinen Weg durch die Wolken bahnte, bemerkte ich gar nicht. In meinem späteren Leben fragte ich mich, warum Kingsley nicht zu mir gekommen war, um mir Fragen zu dieser einen Nacht zu stellen. Vielleicht hatte er doch etwas Taktgefühl und wollte mich vorerst in Ruhe lassen, ich weiß es nicht, und ich habe ihn später auch nie danach gefragt. Jedenfalls verbrachte ich den ganzen Morgen auf meinem Zimmer, bis ich mich am Mittag entschloss, hinaus auf unsere Ländereien zu gehen um etwas zu fliegen. Ich musste hier raus, irgendwie. Ich zog mir über meine normalen Muggelklamotten noch eine warme Jacke aus Schafsfell. Sie würde mich warm halten wenn ich über das Gelände jagte. In einer Ecke meines Zimmers stand mein alter Nimbus 1001, der mir schon in Hogwarts treu gedient hatte als ich noch eine Jägerin in der Quidditch-Mannschaft von Gryffindor war. Ich nahm ihn in die Hand und betrachtete ihn eingehend. Er hatte einige Kerben und Macken, und von den Kratzern will ich gar nicht erst anfangen. Die Reisigzweige waren vor zwei Jahren ausgetauscht worden, sodass er wieder schneller flog. So langsam aber sicher jedoch wurde er von dem neuen Besen der Nimbus-Reihe verdrängt, aber ich wollte ihn noch nicht aufgeben. Wir hatten zu viele, gute Spiele gewonnen und viel zusammen erlebt. Er war es gewesen, mit dem ich viele Sommer auf dem Gelände verbracht hatte, beschützt von meinen Brüdern, dass mir nichts passierte. Dean hatte mir das Fliegen beigebracht, Kevin das Spielen und Samuel war derjenige gewesen, der mir das saubere Angriffsfliegen gezeigt hatte. Es waren sehr viele Erinnerungen, die ich mit ihm teilte. Ich drehte mich herum und eilte zur Tür hinaus. Auf der Treppe allerdings wurde ich aufgehalten, als der Auror mir entgegen kam. Ich stoppte vor ihm und sagte: „Ich würde gern vorbei.“ „Darf ich fragen, wohin du gehen möchtest?“ „Nein.“ Ich versuchte mich an ihm vorbei zu drängen, aber er ließ mich nicht. Er versperrte mir weiter den Weg zur Tür. „Es ist gefährlich, hinauszugehen, und das weißt du.“, meinte er und beäugte meinen Besen. Ich zuckte mit den Schultern. „Ich bin eine sehr gute und sehr schnelle Fliegerin, und meine Zaubersprüche beherrsche ich auch. Es wird mir schon nichts passieren.“ Zu meiner Verwirrung lächelte Kingsley und sagte: „Ich bezweifele nicht, dass du gut bist. Aber die Todesser sind besser als du.“ In mir braute sich Wut zusammen. „Der Todesser, wer immer es war, war in dem Zimmer meines Bruders, nicht in meinem. Er hat nicht meine Sachen durchwühlt.“ Ich schluckte, als ich an Deans offenes Zimmer dachte. „Aber er hat dich angegriffen.“, entgegnete er und blickte mich mit einem sanften Lächeln an. „Glaube mir, es ist besser, wenn du hierbleibst, bis der Todesser gefasst wurde und wir wissen, was er wollte.“ Ich schüttelte den Kopf, lachte kurz und sagte: „Er hat sich schon nicht von Crouch fangen lassen, wie wollen Sie es dann schaffen, hm?“ Es war eine Beleidigung, das war mir klar, aber in diesem Moment kümmerte mich das nicht. „Da magst du Recht haben, Jane. Und trotzdem solltest du hierbleiben. Es ist besser so.“ „Sie haben nur Angst, dass Sie mich draußen auf dem Gelände verlieren würden, oder? Wenn ich dort von einem schwarzen Zauberer getötet werde, wäre das Ihre Schuld und Ihre Karriere im Ministerium wäre verwirkt.“ Ich schob mich an ihm vorbei, während die Worte auf ihn einwirkten. „Sagen Sie einfach, ich sei Ihnen entwischt, Mr. Shacklebolt.“ Ich öffnete die Tür. „Dann kann Ihnen keiner die Schuld in die Schuhe schieben, wenn mir etwas passiert.“ Kingsley war sofort hinter mir. „Warte, du kannst doch nicht…!“ Aber ich konnte. Sobald ich aus der Tür war, saß ich auf meinem Besen und flog rasend schnell auf das Gelände hinaus. Ich drehte mich herum und konnte sehen, wir der Auror mir fassungslos hinterher blickte. Dann kehrte er in unser Haus zurück, wohl um meine Mutter zu holen. Es war mir aber egal, ich war draußen, ich war frei! Ich fühlte, wie die Sorgen auf die Erde fielen als der kalte Wind mich im Gesicht peitschte. Ein paar verirrte Regentropfen fühlten sich auf meiner Haut an wie Nadelstiche, aber ich genoss es zutiefst. Ich schoss über unsere Felder hinweg und erreichte schließlich den Wald. Ich flog tiefer und glitt über die Baumspitzen hinweg. Ein Schwarm Vögel flatterte erschrocken auf und vereinte sich in meinem Schweif. Ich sah hinunter und musste lachen, so sehr erfüllte mich das Fliegen mit einer nicht enden wollenden Euphorie. Ich lenkte meinen Nimbus nach links und kam zurück auf die weiten, hügeligen Landschaften, die zu unserem Gut gehörten. Unter mir war nichts als Gras, Erde und Steine. Ab und an erkannte ich einen Bach oder Teich, sonst war niemand da. Keiner, der mir was antun konnte. Keiner, der mir beistand… Ein durchdringendes Bellen riss mich aus meinen Gedanken. Ich blickte nach unten, und konnte einen schwarzen, zotteligen Hund sehen, der über die Wiese rannte und zu mir aufsah. Was bei Merlin machte Sirius denn hier? Ich landete, Sirius machte einen letzten Sprung und verwandelte sich in der Luft in den Sirius zurück, den ich kannte. Er schnappte nach Luft und hielt sich die Brust als er sagte: „Man, Jane, du brauchst ganz schön lange, bevor du jemanden bemerkst. Wem haben denn wieder deine Gedanken gehört?“ Er zwinkerte mir zu. „Hey, Sirius.“, sagte ich, und umarmte ihn. Er drückte mich eng an sich, und ehe ich mich versah, riss etwas hinter meinem Bauchnabel und ich schleuderte durch eine andere Ebene. Wild rotierend landeten wir vor unserem Haus, vor dem meine Mutter, Dad und Kingsley standen. Ich löste mich von Sirius und blickte ihn ungläubig an. „Du… hast mich zurückgebracht?“ „Dein kleiner Ausflug war lang genug, Janey, und deine Mutter hat sich Sorgen gemacht. Sie haben mich gleich gerufen, als du weg warst.“ Meine Mutter eilte auf mich zu und schloss mich in die Arme. „Schatz, was hast du dir nur dabei gedacht? Da draußen ist ein Todesser, er hätte dir etwas antun können!“ Ich stöhnte auf und entnervt drückte ich meine Mutter von mir weg. „Mum, da draußen sind mehrere Todesser, und sie könnten mir ALLE etwas antun, ja?!“ Dad trat vor und berührte mich an der Schulter. „Janey, du bist in Gefahr, verstehst du das denn nicht?“ „Ich bin dauernd in Gefahr.“, murmelte ich. „Ihr behandelt mich seit Deans Tod so, als wenn ich aus Porzellan wäre!“ Meiner Mutter traten die Tränen in die Augen. „Kleines, das ist nicht wahr, wir…“ „Und ob das wahr ist!“, rief ich. „Seit Deans Tod habt ihr mir jeden Tag eine Eule geschickt wie es mir ginge, was ich mache und ob ich reden wolle. Seit gestern Abend haltet ihr mich doch noch dazu für verrückt, nur weil ich glaubte, Barty sei nicht an unserem Tisch gewesen!“ „Das war er auch nicht, Janey.“, sagte mein Dad leise und wollte mich an der Schulter berühren, aber ich zuckte zurück. „Ich bin kein Kind mehr, versteht ihr?“, sagte ich leise. Tränen sammelten sich in meinen Augen. „Ich habe meinen Abschluss, werde meine Ausbildung in ein paar Wochen beginnen und möchte nicht mehr dauernd auf Dean oder dergleichen angesprochen werden…“ Sirius hinter mir trat an mich heran und legte einen Arm um meine Schultern. „Wenn ich etwas dazu sagen darf, Mr. Und Mrs. Grode, ich habe so das Gefühl, dass Jane sich etwas… eingeengt fühlt.“ Er wartete kurz eine Reaktion ab, aber es kam nichts. Er holte tief Luft. „Ich glaube, Jane braucht eine kleine Auszeit.“ Ich blickte zu meinem Schulfreund. Er sah mich an und lächelte mir aufmunternd zu. Ich wusste nicht genau, was er sich dabei dachte, aber ich vertraute ihm. „Wie… meinst du das…?“, fragte meine Mutter und griff nach der Hand meines Vaters. Sirius kratzte sich an der Wange und meinte dann: „Jane redet mit uns auch kaum über das, was in den letzten paar Wochen passiert ist, aber dennoch engen wir sie nicht ein.“ Er blickte zu Kingsley. „Dass ein Todesser bei Ihnen im Haus war, macht uns alle Angst, vor allem weil wir nicht wissen, was er gesucht hat. Aber Jane hat Recht wenn sie sagt, dass ein Todesser sie immer und überall angreifen könnte.“ Mein Vater blieb ganz ruhig, während meine Mutter die Augen zu Boden senkte. Tränen glitzerten auf ihrer Wange. Kingsley trat einen Schritt vor und sagte: „Wir leben in schwierigen Zeiten, das ist gewiss. Und ein Schutz durch das Ministerium ist sicherlich nicht verkehrt.“ „Aber sie könnte überall beschützt werden.“, sagte Sirius und zog mich noch näher an sich. „Wir könnten auf sie achten.“ „Wer ist wir?“,. fragte Kingsley misstrauisch. „James und ich.“, sagte Sirius. „Wir ziehen in einer Woche in eine Wohnung nach London, damit wir nahe an unserer Ausbildungsstätte sind. Es ist noch ein Zimmer frei, und Jane wäre viel näher bei ihren Freunden.“ Mein Herz schlug einen extra Takt. Ich sollte mit Sirius und James zusammenziehen? Meine Eltern blickten sich zweifelnd an. Dann meinte mein Dad.- „Das ist etwas, worüber wir uns erst besprechen müssen.“ Sirius schnalzte ungeduldig mit der Zunge. „Ach, was gibt es da zu überlegen? Wir sind näher am Ministerium, als Sie es hier sind. Und James und ich sind sehr gute Zauberer, noch dazu werden wir die meiste Zeit im Zaubereiministerium sein, wo es von Auroren nur so wimmelt! Da wird sich kein Todesser hinein trauen.“ Es folgte ein tiefes Schweigen, dann seufzte meine Mutter tief und sagte: „Janey, du sollst nur wissen, dass wir nicht wollen das dir etwas zustößt. Du musst uns da verstehen, Schatz, wir wollen nicht noch jemanden verlieren…“ In meinem Hals bildete sich ein Kloß und Tränen stiegen in mir hoch. Ich trat auf meine Eltern zu und umarmte sie innig. Als ich mich von ihnen löste, sagte ich leise: „Ich verstehe euch nur zu gut. Ich will auch nicht, dass euch allen etwas zustößt. Aber der einzige Mensch, um den ihr euch derzeit sorgen müsst, ist Alice.“ Deans Witwe verkroch sich seit Tagen in ihrem Zimmer, und je näher der Tag der Geburt ihres Kindes rückte, desto mehr weinte sie. Dean würde sein Baby niemals sehen, es nicht aufwachsen sehen und… es gab so vieles, das sie niemals zusammen erleben würden. „Kümmert euch um Alice, Mum.“, sagte ich und wischte ihr die Tränen von den Wangen. „Lasst es mich mit James und Sirius versuchen, sie werden schon auf mich achten, ja?“ Kapitel 6: December 1978 ------------------------ Erschrocken fuhr ich aus meinem traumlosen Schlaf hoch. Mein Herz klopfte wie wild und laute Musik dröhnte in meinen Ohren. Ich wusste zuerst nicht, wo ich war, schwang mich aus meinem Bett und riss die Tür auf. Sirius stand, ohne ein Hemd, in der kleinen Küche unseres gemeinsamen Wohnraumes am Herd und schüttelte seine lange Mähne wild zu der Punk-Musik, die aus einem kleinen Radio dröhnte. Ich war mir sicher, dass er die Lautstärke magisch verstärkt hatte. „Sirius!“, brüllte ich gegen den Lärm an. Er hörte mich nicht, sodass ich auf ihn zustolperte und auf die Schulter schlug. Er drehte sich herum, grinste mich breit an und schrie: „God save the Queen, Janey!!“ Ich stöhnte und stürmte zurück in mein Zimmer. Dort griff ich nach meinem Zauberstab, kam zurück und sagte zum Radio: „Silentium!“ Sofort verstummte die Musik. „Und bitte, Sirius, zieh dir etwas an!“ „Ach Janey, du bist echt ein ziemlicher Morgenmuffel!“, rief Sirius und verstrubbelte mein ohnehin unordentliches Haar. „Saft?“ Ich nickte, umarmte ihn dann und murmelte: „Sorry, Tatze… Von mir aus mach das wieder an, okay?“ „Ach was.“ Er grinste wieder. Ihm konnte auch nichts die Laune verderben. „Jetzt hab ich ja meine Unterhaltung.“ Er stellte Brot, Butter und Marmelade auf den Tisch. Ich setzte mich an den Tisch während er seinen Zauberstab schwang und Orangensaft in zwei Gläsern zu uns beförderte. „Gut geschlafen, Kleines?“ Ich griff nach der Marmelade. „Mehr oder weniger. Das Aufwachen war nicht sonderlich schön… Wo ist eigentlich James?“ „Na wo wohl.“, meine Sirius und biss in sein Brot. „Bei seiner Verlobten.“ Ich lächelte. James und Lily hatten sich vor einem Monat verlobt. Zwar wohnten sie noch nicht zusammen, das sollte aber geschehen sobald sie heiraten würden. Der Termin stand noch nicht ganz fest, es sollte allerdings Anfang des nächsten Jahres, am Besten im Frühling, geschehen. Lily hatte mich schon gefragt, ob ich ihre Brautjungfer sein wollte, und ich hatte zugestimmt. Ich lehnte mich zurück und knabberte an meinem Brot während ich mich umblickte. Es war Anfang Dezember jetzt, und ich wohnte sei über fünf Monaten mit James und Sirius zusammen. Wir hatten einen kleinen Wohnraum mit Tisch, Stühlen und einer Küche. Jeder von uns hatte sein eigenes Zimmer, die meiste Zeit jedoch verbrachten wir sowieso im Ministerium. Unsere Aurorenausbildung war hart, aber interessant und lehrreich. Zu Anfang der Ausbildung bekam man ein Jahr nichts anderes als staubtrockene Theorie vorgesetzt. Danach würden wir ein Jahr Unterricht in Verteidigung, Zaubertränke und was weiß ich noch alles bekommen. Anschließend dürften wir endlich ein halbes Jahr in den Außendienst, falls wir die Prüfungen am Ende des zweiten Lehrjahres bestanden. Sobald wir wieder im Büro waren, hatten wir ein halbes Jahr Zeit um uns auf die Abschlussprüfungen vorzubereiten. Diese waren nicht ganz Ohne, denn hier fiel meistens die Hälfte durch. Es waren vier verschiedene Prüfungen, eine schwerer und komplizierter als die andere. Ehrlich gesagt, lernte ich jetzt schon auf die Prüfungen, wenn James und Sirius nicht in der Nähe waren, da die beiden mich ständig damit aufzogen. Meine Eltern sah ich einmal alle drei Wochen, wenn ich für ein Wochenende nach Hause fuhr. Alice hatte inzwischen einen Sohn bekommen, den sie Alan Dean getauft hatte. Er sah meinem Bruder verdammt ähnlich, aber komischerweise weinte Alice nicht mehr so viel, seit er auf der Welt war. Stattdessen verbrachte sie jede freie Minute mit ihm, blühte in ihrer neuen Rolle komplett auf und war eine wirklich liebevolle Mutter. Als ich ihn zum ersten Mal kurz nach der Geburt gesehen hatte, hatte ich geweint, so schön war er. Das war mein Neffe, der kleine Alan, und ich war seine Tante. Samuel wurde sein Pate. Ich hatte ein Foto von der Taufe in meinem Zimmer, auf dem meine Eltern, Samuel und Alice mit dem Baby auf dem Arm zu sehen waren. Alice strahlte auf dem Bild und herzte ihren kleinen Jungen, der vor Vergnügen kicherte und lachte. Ich hoffte inständig, dass ich später auch einmal so eine Mutter sein würde. Bei diesem Gedanken stahl sich immer Remus in meinen Kopf. Seit dem Abschlussball hatte ich ihn nicht mehr gesehen, ja auch nichts von ihm gehört. Ich hatte keine Ahnung, was er machte, wo er war, und wer bei ihm war. Lily hatte mir erzählt, dass Marisol ihn kurz nach dem Abschlussball verlassen hatte. Sie studierte nun in Spanien bei ihrer ältesten Schwester an einer Muggel-Universität und würde dort wohl auch bleiben. Ich hatte mich im Stillen gefreut als ich hörte, dass Remus wieder frei war. Ich hoffte, er würde sich bei mir melden, was er aber nicht tat. Sirius und James schrieben ihm ab und an, und er antwortete auch, aber nie verriet er, wo er sich aufhielt. Trotz allem aber dachte ich jeden Tag an ihn und oft genug lag ich nachts wach, beobachtete durch das Fenster den Mond und blieb sogar die ganze Nacht wach, wenn Vollmond war. Ich wollte bei ihm sein, ich vermisste ihn schrecklich, aber wo sollte ich anfangen, ihn zu finden? Ich seufzte tief, als Sirius meinte: „Deine Mutter hat uns eine Eule geschickt, Jane.“ Ich blickte auf. „Wann denn?“ Sirius nahm seinen Teller und stand auf, um ihn abzuspülen. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er fertig war mit Essen. Dafür liebte ich Sirius als Freund so sehr… Er überließ mich meinen Gedanken und unterbrach mich nicht, sondern wartete, bis ich wieder in der realen Welt angekommen war. „Vorhin, als du noch geschlafen hast.“ „Du meinst, bevor du dein Privatkonzert veranstaltet hast?“ Sirius grinste. „Na, wird da etwa jemand wach, Kleines?“ Ich lächelte, dann stand ich auf und räumte den Tisch ab. „Also, was wollte sie denn?“ „Sie hat gefragt, was wir an Weihnachten machen. Anscheinend plant sie ein großes Weihnachtsessen, der Brief liegt drüben bei den Zeitschriften. Ich ging hinüber, und tatsächlich, auf einem Playboy von Sirius lag eine kleine Pergamentrolle. Meine Mutter hatte eine schöne, geschwungene Schrift, und sie lud uns alle zum Weihnachtsessen ein. Sie schrieb nicht, wer noch kommen würde, aber ich war sicher dass wir das früh genug erfahren würden. Mit Sicherheit war die ganze Familie da, Arthur und Molly Weasley mit ihren Kindern und irgendwelche Kollegen meiner Eltern. Neu war mir allerdings, dass James, Sirius und Lily eingeladen waren. „Was meinst du, gehen wir hin?“, fragte Sirius, der mir über die Schulter schaute. Ich drehte mich um und sah meinen Freund an, aus dessen Blick ich lesen konnte, dass er gerne zu meinen Eltern wollte. Seit Jahren feierte er immer nur bei James‘ Eltern, da er mit seinen zerstritten war und seit Ewigkeiten keinen Kontakt mehr mit ihnen hatte. Ich fühlte seinen Schmerz und ich wusste, dass es in diesen schweren Zeiten für uns alle besser war, etwas Schönes zu erleben. Jeden Tag berichtete der Tagesprophet von neuen Todesfällen, die Anhänger von Du-weißt-schon-wer töteten Zauberer und Muggel ohne Unterlass. Sirius hatte vor zwei Wochen erst den Bericht eines Aurors in die Hände bekommen und ihn James und mir gezeigt. Was wir da gelesen hatten, ist zu schrecklich um es hier genau wiederzugeben… Es sei nur gesagt, dass von dem jungen Muggel nur noch Fetzen gefunden worden waren. Ich seufzte leise, dann drehte ich mich zu Sirius um, lächelte und meinte: „Wenn du mir versprichst, dass du dir was anziehst wenn wir zu meinen Eltern gehen, sage ich zu.“ Sirius strahlte mich an, drückte mich dann an sich und gab mir einen kleinen Kuss auf das Haar. „Du hast keine Ahnung, was du mir für eine Freude machst, Janey…“, murmelte er. „Nein, das hast du nicht…!“ Dann ließ er mich los, sprang in sein Zimmer und ich konnte hören, wie er in seinem Kleiderschrank zu wühlen begann. Ich schlenderte hinterher und lehnte mich an den Türrahmen, während ich meinen besten Freund beobachtete. Schließlich zog Sirius ein schwarzes T-Shirt hervor, auf welchem ein Emblem der Zaubererband „Aron and The Pimply Trolls“, unserer absoluten Lieblingsband, in leuchtend grün prangte. Wieder strahlte er und meinte: „Glaubst du, deiner Mutter gefällt das?“ Ich lachte, und meinte: „Oh ja, das gefällt ihr! Ganz bestimmt.“ Ich erinnere mich heute noch zu gern an die kleinen, schönen Momente mit Sirius zurück. Wir waren beste Freunde, auch wenn er heute nicht mehr bei mir sein kann. Wie Sirius damals lachte und sich auf das Weihnachtsfest mit meiner Familie und unseren Freunden freute, passierte niemals mehr, außer, als sein Patensohn geboren wurde. Aber uns war es nie vergönnt, länger als eine kurze Zeit glücklich zu sein; keinem von uns. Kapitel 7: Christmas 1978 -1- ----------------------------- Wild um mich wirbelnd kam ich am 24. Dezember 1978 im Kamin meiner Eltern an. Kevin und Kelly empfingen mich glücklich, als ich aus der großen Feuerstelle trat und mir den Ruß abklopfte. „Jane, wie schön, dass du da bist!“, rief Kelly glücklich und umarmte mich. Ich drückte sie, dann sah ich Kevin hinter ihr grinsen: „Lass sie am Leben, Schatz, Mum wird es uns nie verzeihen wenn sie das Weihnachtsessen morgen verpasst.“ Ich lachte. „Stimmt, das würde Krieg geben.“ Kevin trat auf mich zu und umarmte mich herzlich. Es rauschte im Kamin, und Sirius erschien. Er strahlte, als er aus dem Kamin trat, gab Kevin schwungvoll die Hand und rief: „Kev, altes Haus!! Wie geht’s dir?“ „Immer noch der gleiche, Sirius. Mit geht es sehr gut!“, grinste Kevin und machte dann Platz für Kelly, die Sirius umarmte. Als sie sich zurückzog, sagte Kelly: „Ihr seid die letzten für heute. Kommt mit, Elizabeth hat Kuchen und Tee vorbereitet.“ Während wir ihr in den Salon folgten, flüsterte ich Kevin zu: „Für heute? Wie meint Kelly das?“ Kevin lächelte still. „Nun, das wirst du früh genug erfahren, Kleines…“ Im Salon trafen wir auf Lily, James, Peter, Samuel, Alice mit Alan und meine Eltern. Sirius und ich begrüßten sie alle freudig und meine Mutter drückte mich eng an sich als sie in mein Haar murmelte: „Ich habe dich so vermisst, Janey… so sehr…“ Ich löste mich von ihr, lächelte sie an und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Es gibt keinen Grund zur Sorge, Mum. Sirius und James passen schon auf mich auf.“, antwortete ich höflich. Meine Mutter nickte, lächelte und drückte dann Sirius an sich. „Es ist schön, dich zu sehen.“, sagte eine Stimme hinter mir und ich drehte mich herum. Vor mir stand Alice mit dem kleinen Alan auf dem Arm. Mit seinen großen, grauen Augen, die typisch für Familienmitglieder der Grodes waren, blickte er mich an und nuckelte an seiner Faust. „Hey, Alice.“, sagte ich und drückte ihr sanft den rechten Arm. „Du siehst gut aus.“ Alice strahlte von innen heraus und sagte: „Ohja, so geht es mir auch. Alan hält mich zwar auf Trab, aber es ist wunderschön mit ihm. Ich möchte keine Minute mit ihm missen, wahrlich nicht.“ Samuel trat hinter sie, lächelte und sagte: „Ohja, er ist schon jetzt ein kleiner Windfang. Oft genug verzaubert er sein Mobile, oder sein Bett gleitet durch das Schlafzimmer.“ Ich musste bei dem Gedanken lachen. Dann umarmte ich Samuel und streichelte Alan über das Gesichtchen. Deans Augen sahen mich an, aber ich fühlte, dass meine Trauer langsam zurückging. Ich fing nicht mehr sofort an zu weinen wenn ich an ihn dachte, und ich fühlte mich etwas schuldig deswegen. Gleichzeitig wusste ich aber auch, dass Dean niemals gewollt hätte, dass ich bis ans Ende meiner Tage um ihn trauern solle, und das tat meinem Gewissen gut. „Es scheint so, als seien wir komplett.“, meinte Peter zu mir, als wir uns an den Tisch setzten. Dad schenkte Tee aus während meine Mutter ihren berühmten Streuselkuchen verteilte. Dankend nahm ich ein Stück an und sagte leise: „Wenn du dich genau umsiehst Peter, siehst du, dass wir eben nicht komplett sind.“ Oh Merlin, wie ich ihn… schon in meiner Schulzeit konnte ich ihn partout nicht ausstehen. Samuel rechts von mir bemerkte mein Missbehagen und legte beruhigend eine Hand auf meinen Arm. „Reg dich nicht auf, er ist es nicht wert!“ wollte er damit sagen und ich atmete tief durch. „Jetzt, wo du es sagst…“, sagte Peter und sah mir heuchlerisch in die Augen. „Remus ist nicht da.“ Langsam drehte ich mich weg von ihm und konnte Sirius sehen, der mir gegenüber saß. Er sagte nichts, sondern sah Peter nur böse an. Sofort vertiefte der sich in seinen Kuchen und lobpreiste ihn in die höchsten Sphären, dass Kevin und Samuel nur spöttisch die Augen verdrehten, während meine Mutter das ganze still lächelnd abtat. Mein Vater fragte James und Sirius nach ihrer Aurorenausbildung, während meine Mutter und Kelly sich blendend mit Lily unterhielten. Kelly und Kevin waren selbst seit zwei Jahren verlobt und wir alle fragten uns, wann sie endlich heiraten würden. Jetzt, da mein Bruder der erste Jäger der Military-Tattoo-Eagles geworden war, hatte er ein geregeltes Einkommen und würde sie beide gut verhalten können. Auch Kellys Pub in der Winkelgasse verlief äußerst zufriedenstellend und sie sparte schon fleißig für ihren großen Tag. Lily und James würden von dem Vermögen der Potters leben können. Sie schauten sich bereits nach einer Wohnung im Herzen Londons um, hatten aber noch nichts Passendes gefunden. Aber wir waren uns einig, dass das nur noch eine Frage der Zeit war. Ich blickte einmal über den Tisch und erwischte meinen Vater, wie er verstohlen meiner Mutter einen Kuss gab. Samuel stupste mich an und grinste, ich lächelte zurück. Beide blickten wir zu unseren Eltern und ich spürte eine Wärme in mir, von der ich dachte, sie sei schon lange weg und würde nie wieder kommen. Ein Gefühl sagte mir, dass dies mein schönstes Weihnachten werden sollte. Meine Mutter scheuchte uns relativ früh ins Bett. „Ihr wollt doch nicht, dass ihr morgen früh die Bescherung verschlaft, oder?“, fügte sie mit einem Augenzwinkern hinzu und trennte die Mädchen von den Jungs. Eine alte Tradition unserer Familie verlangte nämlich, dass in der Heiligen Nacht die Männer getrennt von den Frauen schliefen. Jason zog in Kevins Schlafzimmer, während Kelly und Alice mit Alan bei Liz sein würden. Lily kam in mein Zimmer und Samuel bot Sirius, James und Peter an, in seinem Zimmer noch etwas zu feiern. Draußen fiel leichter Schnee und Lily und ich hatten es auf unseren Betten bequem gemacht. Ein Feuer prasselte in dem kleinen Kamin und wir hatten uns in unsere warmen Bettdecken gekuschelt während wir noch etwas redeten. „Du hast nie erzählt“, begann Lily, „dass du in so einem Palast wohnst!“ Ich wurde rot. Mir war es immer äußerst peinlich gewesen, dass unsere Familie so viel Geld hatte, mehr als alle anderen, und dass wir in solch einem Gut wohnten. „Nun ja, es war mir…“ „Etwa peinlich?“, fragte Lily und sah mich erstaunt an. „Aber wieso das denn?“ „Nun ja… sieh mal, es ist nicht normal, dass man in so einem Haus wohnt und…“ Lily lachte. „Das kannst du schon lange kein Haus mehr nennen, Janey.“ Ihre Augen wanderten zu der reich verzierten Decke. Das Gemälde dort zeigte ein Bild aus der griechischen Mythologie. „Aber es ist wunderschön! Wie alt ist es nochmal?“ „Über dreihundert Jahre. Vater sagt, es stünde auf den Ruinen einer Burg aus dem elften Jahrhundert, die vor vierhundert Jahren zerstört wurde. Manchmal“ ich grinste „sagt er, streunen Geister hier durch das Gut, aber ich habe noch nie einen außerhalb von Hogwarts gesehen.“ Lily nickte, dann streckte sie sich und sagte: „Ich beneide dich ein wenig, Janey. Ich würde auch gerne in solch einem Haus leben.“ „Oh, das willst du gar nicht, Lils… hast du eine Ahnung, wie oft ich mich hier schon verlaufen habe? Mit sechs Jahren haben mich meine Eltern einmal einen ganzen Tag gesucht, weil ich mich verirrt hatte. Am Ende fanden sie mich schlafend in einer Ecke gleich bei der Küche vor.“ Lily musste lachen, als sie daran dachte. „Ich hätte nichts dagegen mich hier zu verlaufen! Dann könnte ich all die wunderbaren Korridore und Zimmer entdecken, die hier versteckt sind.“ „Das stimmt!“, pflichtete ich ihr bei. „Wir benutzen nur wenige Räume hier, aber du wirst morgen zur Feier den Großen Saal mit unserer Ahnengalerie sowie den hintere Teil von Grode-Manor sehen können.“ „Den hinteren Teil?“, fragte Lily erstaunt. „Es gibt noch mehr??“ Ich musste lachen und winkte ab. „Lass uns über was anderes reden, Lils! Zum Beispiel über dich und James…“, zwinkerte ich verschwörerisch. Lily wurde leicht rot, sah weg und murmelte: „Da gibt es nichts zu erzählen…“ „Oh doch, ich sehe doch, wie du rot wirst!“, sagte ich und lachte. „Erinnerst du dich, wie du mir am Abschlussball den Zauberspruch von Sirius gegeben hast?“ Lily zögerte, dann nickte sie. Ihr Blick interessierte sich aber mehr für ihr Kopfkissen. „Ich weiß, worauf du hinauswillst, Jane.“ Sie lächelte leise und ihre Augen begannen auf einmal zu leuchten. Ich grinste, klatschte in die Hände und sagte: „Ich hab es ja gewusst! Sirius meinte, du seist zu schüchtern dafür, aber…“ „James war es.“, durchbrach sie meinen Redeschwall. Ich verstummte und blickte sie irritiert an. „Nein.“, sagte ich. „Das ist ein Witz.“ Lily grinste. „Oh nein, das ist kein Witz. James hatte Angst, ich weniger. Aber du darfst das nie jemanden verraten, Janey! Ich habe es ihm versprechen müssen, und nicht mal Sirius hat er es erzählt, das will was heißen.“ Ich hob meine Hand hoch und sagte: „Ich verspreche es dir, Lils. Hohes Zaubererehrenwort!“ Wir lachten beide, dann sanken wir zurück in unsere Kissen. Stille kehrte in das Zimmer ein und nur das Feuer prasselte munter vor sich hin. „Jane?“ „Ja?“ „Ich bin froh, dass du meine Freundin bist.“ Lily drehte sich zu mir um. „Du bist die beste Freundin, dich ich jemals hatte. Mit dir kann ich über alles reden und du weißt immer, was ich denke.“ Ich drehte mich nun auch zu ihr um, stützte meinen Kopf mit dem Arm ab und sagte: „Und ich bin dankbar, dass ich deine Freundin sein darf, Lils.“ Ich lächelte. „Wir haben schon viel gemeinsam erlebt, das kann nicht jede von sich sagen.“ Lily lachte, während sie an ihre gemeinsame Zeit in Hogwarts dachte. „Oh ja, wir haben schon sehr viel durchgemacht. Und ich habe ein absolut gutes Gefühl, was unsere Zukunft angeht.“ Ich nickte. „Du und James, ihr werdet sehr glücklich werden.“ Lily lächelte. „Weißt du, ich sehe James und mich umgeben von einer Kinderschar… ich möchte viele Kinder mit ihm haben, die gut behütet aufwachsen, voller Liebe und Zuneigung von ihren Eltern.“ Sie seufzte glücklich. „Ich wünsche mir sehr, dass meine Kinder später einmal von einer wunderbaren Kindheit sprechen können, ohne Sorgen und Nöte.“ Ich nickte wieder und sagte: „Dafür werden wir sorgen, Lils. Ich verspreche es, dir, so wahr ich hier vor dir bin.“ Lily sah mich an, und ich vergaß diesen Augenblick niemals, als sie sagte: „Versprich mir, dass du dich um unsere Kinder kümmerst, wenn uns etwas zustößt.“ Irritiert blickte ich auf. „Wie kommst du denn auf den Gedanken Lily, lass ihn gleich bleiben! Das wird nicht geschehen, und das weißt du!“ Lily blickte beschämt zur Seite. „Ich weiß, dass ich nicht so denken sollte. Aber schau dich doch mal um, was derzeit alles passiert… Man weiß nie, was morgen ist.“ Ich schwieg, dann sagte ich langsam: „Es gibt keinen Grund, weshalb dir oder James jemals etwas zustoßen sollte.“ „Ich bin aber kein Reinblut so wie James.“ Ich winkte ab. „Lily, das ist Unsinn…“ „Ist es nicht! Du bist ein Reinblut, so wie Sirius auch. Euch kann nichts passieren, aber Du-weißt-schon-wer hat es auf muggelstämmige Hexen und Zauberer abgesehen, das weiß jeder!“ Ich rückte näher an Lily heran und nahm sie in den Arm. Langsam beruhigte sie sich wieder, holte tief und achtsam Luft. „Verzeih mir, Jane. Ich weiß auch nicht, wieso ich das gesagt habe…“ Ich lächelte leise. „Du bist nur müde, Lils. Schlaf jetzt, und morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.“ „Du hast wohl Recht…“ Mit diesen Worten legte sich Lily zurück auf ihre Seite des Bettes und war rasch eingeschlafen. Ich aber blieb noch lange wach und dachte darüber nach, was Lily gesagt hatte. Heute weiß ich, dass Lily gespürt hat, dass sie und James in nicht allzu ferner Zeit sterben würden. Ich weiß noch, wie mir das Herz stehen blieb als ich in das zerstörte Haus kam und die… ich wage nicht, es auszusprechen. Aber die Bilder verfolgen mich heute noch in meinen Träumen, wenn ich überhaupt die Zeit habe, richtig zu schlafen. Denn der Feind ist da draußen, irgendwo, und ich bin diejenige, die ihn finden muss. Kapitel 8: Christmas 1978 -2- ----------------------------- Am Abend des nächsten Tages war unser Haus erfüllt mit Lichtern, Bratengeruch und fröhlichem Lachen. Ich stand vor dem Spiegel in meinem Zimmer und begutachtete das weiße Kleid an mir, das mir meine Mutter gegeben hatte. „Wir wollen doch, dass du hübsch aussiehst an Weihnachten, oder, Liebes?“, hatte sie gesagt und mir zugezwinkert. Ich seufzte. Wozu sollte das denn gut sein? Es gab niemanden, den ich heute beeindrucken wollte oder konnte, es sei denn meiner Mutter war die Idee gekommen mich mit irgendeinem Sohn eines Kollegen zu verkuppeln. Ich wollte aber niemand anderen außer Remus. Letzte Nacht hatte ich, nachdem Lily endlich eingeschlafen war, noch lange wach gelegen und hatte über ihre Worte nachgedacht. Ich wollte sie aus mir verdrängen, aber es funktionierte nicht. Sie hatten sich tief in mir eingegraben und wollten nicht verschwinden. Und dann war Remus aufgetaucht, ich dachte er wäre real, er lächelte mich an. Ich rief nach ihm, aber als ich ins Dunkel griff realisierte ich, dass er nicht da war. Er war fort, wo auch immer. Aber ich hoffte, dass es ihm dort wo er war gut ging. Mein Herz zog sich aus Sehnsucht zusammen und ich stöhnte leise auf als ich den Schmerz spürte. Ich legte meine Hand auf die Stelle, unter der ich mein Herz spüren konnte. Eine einzige Träne, zu klein um sie zu bemerken, schlich sich an meiner Wange hinunter und landete auf meiner Hand. „Jane?“ Meine Hand schnellte nach oben, wischte die Tränenspur beiseite und ich drehte mich herum. In der Tür stand Sirius in Jeans, T-Shirt und Jackett. Das T-Shirt war weiß, doch der Rest schwarz gehalten. Seine Haare waren wie immer verstrubbelt und sein Blick bohrte sich in mich. Mein bester Freund sah verboten gut aus, was nichts Neues war. Aber das hier stand ihm wirklich unglaublich gut. „Du siehst… toll aus, Tatze.“ „Und du auch.“, meinte Sirius, lächelte und trat auf mich zu. „Kommst du mit? Alle sind schon da und deine Mutter würde nun gerne mit dem Essen beginnen.“ Ich blickte zu Boden, seufzte erneut leise. „Jane?“ „Natürlich, Sirius.“, sagte ich, sah auf und lächelte ihn an. Ich streckte meine Hand aus. „Führst du mich?“ Sirius schüttelte grinsend den Kopf, dann bot er mir seinen Arm an und ich hakte mich ein. „Was nur die Leute denken werden, wenn sie uns beide sehen?“, fragte er und grinste mich frech an. Ich winkte lächelnd ab. „Lass sie denken, was sie wollen, wir wissen es ja doch besser, nicht wahr?“ „Da hast du Recht, Janey.“, sagte er und gab mir einen kleinen Kuss aufs Haar. Wir gingen die Treppe hinunter und den langen Flur zum Großen Saal von Grode Manor entlang. Sirius bewunderte die vielen Bilder meiner Vorfahren die im Flur hingen und von dämmrigem Kerzenlicht beleuchtet wurden. „Du hast eine sehr große Familie, Jane.“, meinte er und beobachtete einen Zauberer, der dösend auf einem steigenden Schlachtross saß. „Unsere Geschichte reicht bis in das zwölfte Jahrhundert zurück.“, sagte ich und zog ihn sanft weiter. „Kümmer dich nicht um sie, die schlafen sowieso immer. Und wenn sie das nicht tun, dann jagen sie durch die Bilder und stellen ihre alten Schlachten nach.“ „Das würde ich zu gerne mal sehen, den Krieg der Portraits!“, lachte Sirius und ließ sich dann von mir weiterführen. Schließlich erreichten wir den Saal und ein warmes Licht empfing uns. Die Decke, welche mit Spiegeln verkleidet war, zeigte was in diesem Raum geschah. Eine Menge Hexen und Zauberer waren anwesend und viele kannte ich nicht. Sie hatten sich über den Raum in kleine Grüppchen aufgeteilt und tauschten Weihnachtsgeschenke und Grüße aus. Kerzenleuchter hingen von der Decke und in der Mitter stand ein großer Tisch mit Stühlen, an welchem das Mahl gereicht werden würde. Ich blickte mich um und sah, dass meine Eltern sich mit Albus Dumbledore, dem Schulleiter von Hogwarts unterhielten. Ich wunderte mich. „Was macht Dumbledore denn…“ „Jane, meine Liebe!“ Ich drehte mich um und erblickte Molly, die Frau von Arthur Weasley, dem Bruder meiner Mutter. Sie umarmte mich und küsste mich auf beide Wangen. „Frohe Weihnachten, Liebes. Es ist so schön dich wieder zu sehen!“ „Dir auch frohe Weihnachten, Molly.“, sagte ich und lächelte sie an. „Ich freue mich auch, dich wiederzusehen. Wo ist denn Arthur?“ „Hier bin!“, rief eine Stimme und mein Onkel kam heran, zwei zappelnde Kleinkinder auf den Armen deren Haar flammend rot leuchtete. Ich trat schnell auf ihn heran, küsste Arthur auf die Wange und wandte mich dann an die zwei Kleinen. „Hallo Fred, hallo George!“ Die zwei kleinen Jungs sahen mich an und sofort strahlten ihre Gesichtchen und ihre Augen begannen zu leuchten. „Deiny! Deiny!“, riefen Fred und George und streckten ihre Arme nach mir aus. Ich nahm Fred auf den Arm und drückte ihn an mich. Sofort legte er seinen Kopf auf meine Schulter und schlang seine Ärmchen um meinen Hals. Als nächstes nahm ich George auf den anderen Arm und auch er schlang seine Arme um mich und kuschelte sich an mich. Fred und George Weasley waren die Zwillingssöhne von Arthur und Molly und meine Patenkinder. Molly hatte mich damals dazu auserkoren und vom ersten Tag ihrer Geburt an war ich wie vernarrt in die Kleinen und besuchte sie so oft ich konnte. Es schmerzte mich sehr, dass meine Ausbildung soviel meiner Zeit in Anspruch nahm, aber die Zwillinge schienen mir nicht böse zu sein sondern freuten sich einfach nur. „Habt ihr mein Geschenk bekommen, ihr zwei Rabauken?“ „Ohje, erinner uns nicht daran.“, sagte Molly und seufzte während sie Arthur anblickte. „Die beiden hatten es kaum in den Händen da zerlegten sie es schon in ihre Einzelteile.“ „Nun, sie scheinen die Neugier ihres Vaters geerbt zu haben.“, meinte Arthur und grinste. „Und dir geht es gut Jane? Was macht die Ausbildung im Ministerium?“ „Danke, es läuft alles wunderbar, es ist stressig, aber ich bereue es nicht.“, antwortete ich ihm. In diesem Augenblick bemerkte ich, dass Sirius von meiner Seite verschwunden war. Ich blickte mich kurz um und sah ihn dann bei James stehen, der seinen Arm um Lily Taille gelegt hatte. Die beiden strahlten und als Jane mich sah, nickte sie mir zu. Bill und Charlie, die zwei ersten Söhne der Weasleys, sprangen in der Halle umher, wobei der dritte Sohn, Percy, sich mehr zurückhielt und Bill und Charly beobachtete. Ich glaubte zu erkennen, wie ein Ausdruck der Missbilligung über dein Gesicht strich. Fred indes wurde ungeduldig und begann leise zu jammern. „Oooh, da hat jemand Hunger.“, sagte Molly fröhlich, nahm mir Fred ab und lächelte ihn an. „Hunger, Freddie?“ Der Kleine sah sie grimmig an, hob dann seine Faust und zeigte mit dem Zeigefinger auf seinen Mund. Molly grinste, schwang den Zauberstab und zwei Flaschen erschienen. Eine drückte sie mir in die Hand während sie begann Fred zu füttern. George war ebenso hungrig wie sein Bruder und gierig sog er an der Flasche, seine leuchtenden Augen immerzu auf mich gerichtet. Ich versank in diesen Augen wie ich es immer tat und ein wunderbares Gefühl durchströmte mich während ich so da stand und dieses Wunder begutachtete. Fred war relativ schnell gesättigt und wollte wieder herumtollen, doch George begann langsam zu dösen. Sein Kopf sackte langsam zur Seite und ich gab Molly das Fläschchen zurück, das sich Dank einer Berührung ihres Zauberstabes sofort in Luft auflöste. „Ich glaube, Georgie wird heute nicht lange durchhalten.“, meinte Arthur mit einem Lächeln und wollte ihn zu sich nehmen, doch ich sagte ihm, dass ich ihn gerne bei mir auf den Schultern behalten würde bis er eingeschlafen sei. „Er kann ja in dem kleinen Raum nebenan schlafen, ihr seid schnell bei ihm, wenn er wach werden sollte.“, endete ich. Molly nickte. „Das ist lieb von dir, Jane. Und bitte denk daran, einen Zauber auszusprechen damit wir ihn hören falls er aufwacht, ja?“ „Natürlich.“ Den kleinen Jungen im Arm verließ ich den Saal. Sobald ich weg war kam Bewegung in die Menge, da mein Vater alle zu Tisch bat. Im Nebenzimmer bettete ich George auf ein Sofa und baute Kissen so um ihn herum auf, auf das er nicht herunterfallen konnte. Ich sprach einen kleinen Zauber aus, dämmte das Licht und gab ihm noch einen Kuss auf die kleine Stirn. Im Schlaf noch seufzte er zufrieden und lächelte. Ich ging zurück in den Saal, in welchem die meisten schon am Tisch saßen. Samuel erblickte mich und kam auf mich zu. „Du wirst es nicht glauben, Janey.“, sagte er und musste sich ein Grinsen verkneifen. „Mum hat Tischpartner für uns ausgesucht. Tischpartner!“ „Bitte was?“, fragte ich und dann dämmerte es mir. „Oh nein, Mum wird doch nicht etwa…“ „Doch, ich glaube das hat sie vor.“, murmelte Samuel und grinste wieder. „Wir, die einzig ledigen in der Familie werden heute wohl noch mit irgendwelchen anderen jungen Leuten verkuppelt werden. Möge Merlin Gnade mit uns und mit ihnen haben.“ Ich seufzte. „Weißt du schon, wer deine Partnerin ist?“ Samuel senkte die Stimme. „Eine gewisse Marlene McKinnon eine Hexe aus London. Keine Ahnung woher Mum und Dad sie kennen. Mum meinte nur, dass sie in meinem Alter sei und eine sehr herzliche Person obendrein.“ „Ohje, das kann ja was werden, was?“, lächelte ich. „Und weißt du, wer meiner ist? Wobei, ich will es gar nicht wissen… sicher der Sohn eines anerkannten Heilers, irgendein Langweiler mit Seitenscheitel und feinen Klamotten und…“ „Schön zu hören, dass dein Geschmack sich nicht verändert hat.“ Ich drehte mich herum um zu sehen wer meinen Bruder und mich belauscht hatte. Ich wollte den Mund öffnen um demjenigen zu sagen dass er sich nicht einzumischen hätte, doch ich erstarrte. Hinter mir stand ein junger Mann mit braunem Haar und einem sanften Lächeln. Er war etwas größer als ich, trug einen dunklen Anzug und hatte das Jackett offen sodass man das creme-farbene Hemd sehen konnte. Es spannte sich über die Muskeln und der Dreitagebart verlieh ihm eine unglaubliche Attraktivität. „Remus…“, flüsterte ich leise und glaubte zu träumen. „Hallo, Jane.“, sagte er, trat vor, nahm meine Hand und hauchte mir einen Kuss auf die Fingerspitzen. „Lange nicht gesehen.“ „Remus…“ Mein Kopf setzte komplett aus. Remus war hier, mein Remus, der Mann den ich liebte, der mein bester Freund war und der über ein halbes Jahr aus meinem Leben verschwunden war. Wie in Trance starrte ich ihn an und wartete darauf, dass mich jemand aus meinem Traum reißen würde. Ich hatte solche Angst, dass er nicht hier war, dass dies hier nicht real war… Remus räusperte sich leise. „Janey, träumst du etwa schon wieder?“ Er lächelte. Ich sah auf. „Nein, ich… Remus, ich…“ Aber ich konnte nichts mehr erwidern, alles was ich tun und sagen wollte wurde von einem weichen Nebel in Besitz genommen und verschloss mich. Jetzt in diesem Moment existierte die Welt nicht, nur Remus war gegenwärtig. Mein Herz zog sich erneut zusammen aber es war kein Schmerz, es war… unbeschreiblich schön. Remus unterdes lächelte mich nur weiter an. „Darf ich dich zu Tisch geleiten, Jane?“ Mum hatte unglaubliches zusammen mit Giley in der Küche geleistet. Terrinen mit sahniger Soße, Platten mit Putenfleisch und Schüsseln voller Kartoffelbrei und gedünstetem Gemüse schwebten um uns herum, umkreisten einmal die ganze Gesellschaft und suchten sich dann selbst einen Platz auf dem großen Tisch, der mit Zischenden Wisbees, Bertie-Botts-Bohnen in allen Geschmacksrichtungen, Schokofröschen und Zauberknallbonbons bedeckt war. Die Kinder der einzelnen Familien hatten ihre wahre Freude daran und ich beobachtete Bill und Charlie, wie sie ein Zauberknallbonbon gemeinsam auseinander zogen. Ein Knall ertönte und die beiden verschwanden in einer Wolke aus buntem Glitzerkonfetti, weißen Mäusen und zwei Zuckerfederkielen. Gelächter und Gespräche waren hier Programm, aber ich bekam gar nichts mit. Giley stupste mich einmal an und fragte, ob es mir nicht gut ginge. Aber ich hatte nur Augen für Remus. Er sagte recht wenig, as aber mit großem Appetit und lachte mit James, Sirius und Peter über Sachen aller Art. Es schien als wäre er niemals weg gewesen. Nach dem Essen gab unser Vater bekannt, dass im Westflügel Tee und Kuchen bereit stehen würden und dort der Abend weitergehen sollte. Er erwähnte auch, dass Giley, der während des Essens auf seinem kleinen Stuhl am Rande des Raumes mit einem gut gefüllten Teller gesessen hatte und gut gelaunt das Geschehen beobachtet hatte, die Gäste mit Klavierstücken unterhalten würde. Alle erhoben sich und Molly eilte in das Nebenzimmer um George zu holen. Ich saß immer noch und beobachtete, wie alle sich auf den Weg machten. Ich sah Samuel, der Marlene McKinnon seinen Arm anbot und lachend nahm sie diesen an. Die beiden schienen sich gut zu verstehen und meine Mutter zwinkerte meinem Vater zu als sie die beiden sah. Dad lächelte, gab ihr einen Kuss und flüsterte ihr dann etwas ins Ohr, worauf sie lachte und „Jason, du alter Schelm, also wirklich…“, sagte. „Jane, kommst du?“, fragte Remus und sah lächelnd zu mir herunter, seine Hand auf meiner. Ich erhob mich langsam und glaubte mein Herz würde zerspringen als er meine Hand den ganzen Weg bis zum Flur hielt. Ich hatte so viele Fragen an ihn! Wo war er gewesen, was hatte er gemacht, wieso war er heute hier… Aber ich hatte keine Gelegenheit ihn zu fragen, geschweige denn mit ihm alleine zu sein. Und irgendwo in mir war ich mir so verdammt sicher, dass er wieder nur als Freund handelte… als ein Freund, der für mich da war, aber niemals meine Gefühle… „Weißt du, wo wir alleine sein können?“, fragte Remus‘ Stimme ganz nah an meinem Ohr und ein Schauer überfiel mich. „Bitte?“ Remus lächelte. „Keine Sorge, es ist nicht Vollmond also werde ich dir nichts tun.“ Er zwinkerte. „Also noch einmal: Wo können wir denn alleine sein, um zu reden? Ich glaube nämlich, dass ich dir Antworten schulde.“ Langsam erwachte ich aus meiner Trance. „In der Bibliothek wird niemand sein, denke ich…“ „Und wo ist die Bibliothek, Jane?“ Er sprach so leise, dass ich dachte es wäre immer noch ein Traum. „Sie ist im Ostflügel, und… Remus, ich…“ Aber ich kam nicht mehr dazu, weiter etwas zu sagen, denn schon zog Remus mich sanft um eine Ecke, und den ganzen Weg bis zur Bibliothek sagte er nichts mehr. Als wir eintraten zog er seinen Zauberstab, murmelte einen Spruch und die Kerzen flackerten auf. Ich schloss die Tür während er die riesigen Bücherregale mit teilweise sehr sehr alten und wertvollen Büchern bewunderte. Ich drehte mich zu Remus um und sah, dass er mich wieder anblickte. Das Licht der Kerzen spiegelte sich in seinen Augen… Und ehe ich mich versah stand ich vor ihm und verpasste ihm eine Ohrfeige. Ich atmete schwer als ich die Hand zurückzog und Remus blickte mich nur an, ohne die Spur einer Regung zu zeigen. „Ich schätze, die habe ich verdient.“, meinte er und legte eine Hand auf die glühende Wange. „Die hast du, unter Garantie, Moony!“, keuchte ich. „Du… du warst sechs Monate verschwunden, keiner wusste wo du bist! Geschweige denn, dass du dich einmal gemeldet hast…“ „Jane, ich…“ „Sirius, James, Lily, Peter und ich, wir sind deine FREUNDE, deine BESTEN Freunde, Remus! Hast du überhaupt eine Ahnung was wir uns für Sorgen gemacht haben??“ „Lass mich doch erklären…“ „Erkläre es mir, Remus, aber ich warne dich, diese Erklärung muss VERDAMMT gut sein damit ich sie glauben kann!“ Ich holte tief Luft, mein Herz sprengte mir fast den Brustkorb. „Hast du eigentlich eine Ahnung, wie es MIR ergangen ist…? Remus… Bei Merlin…“ Remus wollte seine Arme um mich legen, aber ich schob ihn weg. „Bleib weg von mir! Bleib weg…“ Tränen sammelten sich in meinen Augen. Ich blickte zu ihm auf. Gefühle, die ich seit über fünf Jahren für mich behalten hatte ballten sich in mir, bereit, herauszubrechen. „Jane, beruhig dich doch bitte…“ Er streckte die rechte Hand nach der ersten Träne auf meiner Wange aus. „Ich werde mich nicht beruhigen, Remus, das kannst du nicht von mir verlangen.“ Ich zitterte. „Du hast doch keine Ahnung, was in mir vorgeht…“ Er schwieg, und er zog die Hand langsam zurück. „Remus, weißt du denn gar nicht, was ich für dich fühle…?“ Sein Blick sagte mir nichts, rein gar nichts, und es verletzte mich. Er sah so… unbeeindruckt aus… „Weißt du“, begann ich und die Tränen begannen zu fließen. „Als du damals mit Marisol zusammen kamst, das hat mir das Herz gebrochen… einerseits wollte ich dich glücklich sehen, aber ich hatte immer gehofft, dass ich es sein würde mit der du das alles, was du mit Marisol vorhattest, teilen würdest. Versteh mich, wenn ich dir sage, dass ich…“ „Seit wann.“ Ich blickte irritiert auf. „Was… meinst du…?“ „Seit wann liebst du mich, Jane.“ Keinerlei Regungen, keine Bewegung, seine Hand ruhte. Jetzt war es soweit. Und wieder war diese Angst da, ihn zu verlieren… dieses Mal auf ewig. „Remus, versprich mir dass sich zwischen uns nichts ändern…“ „Seit wann.“ Ich holte erneut tief Luft, schlang die Arme um meinen Körper und sah zu Boden. „Seit der dritten Klasse…“ Stille machte sich breit und ich hörte das Flackern der Kerzen. Keiner von uns bewegte sich und ich wusste, dass es vorbei war. Ich hatte unsere Freundschaft ab da zerstört, als ich mich in ihn verliebte, es war die ganze Zeit klar gewesen dass er es eines Tages erfahren würde. Und dann auch noch heute… Auf einmal spürte ich, wie Remus mich in seine Arme nahm, drückte mich an sich. „Remus.. was…“ „Sh, Liebes…“, murmelte er in mein Haar und legte meine Arme um seinen Oberkörper, legte meinen Kopf auf seine Brust und ich hörte sein Herz… wie damals in dieser Nacht in Hogwarts… Mein Herz klopfte wieder wie als wäre es das letzte Mal und passte sich seinem Rhythmus an. Ich hörte wie er atmete, spürte seine starken Arme und wünschte, dass dies niemals vorbeigehen würde. „Es tut mir leid, Jane…“, sagte er leise und drückte mich noch mehr an sich, fester, bestimmender. „Glaub mir, ich wollte dir niemals weh tun, nie! Du bist die wichtigste Person in meinem Leben…“ „Aber warum bist du dann weg…“, flüsterte ich und sog seinen Duft ein, wollte ihn mir einprägen, für immer bei mir behalten. „Ich… musste, Jane, es ist schwer zu erklären…“ In diesem Moment realisierte ich, dass ich es nicht wissen wollte. Er war weg gewesen, wie vom Erdboden verschwunden, das war eine Tatsache, aber jetzt war er hier, bei mir! Es schnürte mir die Kehle zu, so glücklich war ich dass ich wieder bei ihm sein konnte. „Jane…“, murmelte er, lockerte seinen Griff und hielt mich ein kleines Stück von sich weg. Seine rechte Hand strich sanft über mein Gesicht. „Weißt du eigentlich, wie sehr ich dich vermisst habe…? Jeden Tag habe ich an dich gedacht, und unsere eine Nacht… ich habe sie niemals vergessen…“ „Seit wann, Remus…“ Er lächelte. „Du nimmst mir die Worte aus dem Mund, Jane.“ Ich erwiderte sein Lächeln aus ganzem Herzen. „Sag es mir, Remus. Seit wann.“ Sein Blick verriet es mir. „Seit unserer Nacht…“ Seine Hand wanderte unter mein Kinn. „Weißt du eigentlich, wie schön du bist… wie bezaubernd du heute aussiehst…?“ „Remus…“ Er blickte mich an, drang mit seinen Augen tiefer in mich als je zuvor. Sie kamen näher. „Jane…“, flüsterte er und zog mich wieder an sich, fuhr mit einem Zeigefinger über meine Lippen. „Ich liebe dich…“ Ich schloss meine Augen. Und fühlte dann nur noch, wie seine Hände auf meinen Rücken wanderten und sich unsere Lippen trafen. Kapitel 9: Christmas 1978 -3- ----------------------------- Kurz nach Mitternacht gingen wir zurück zu den anderen Gästen. Remus hatte meine Hand in seiner und lächelte den ganzen Weg während wir den Klängen von Gileys Klavierspiel folgten. Als wir in den von Kerzen erleuchtenden Raum traten beendete Giley gerade das Stück, schloss die Klappe und tapste auf leisen Sohlen zur Tür hinaus. Remus und ich setzten uns auf eine Bank an der Wand, direkt neben Fabian Prewett, dem Bruder von Molly. Im selben Augenblick stand mein Vater auf, trat in den Raum neben den Flügel und blickte in die Runde. Er lächelte, nickte ein paar Leuten zu und sagte dann: „Meine lieben Freunde, ich wünsche euch allen eine frohe Weihnacht und alles Gute zum heiligen Fest! Meine Frau und ich begrüßen euch recht herzlich hier auf Grode Manor im Saal unserer Ahnen.“ Die Anwesenden klatschten und mein Vater winkte meine Mutter zu sich. Lächelnd stellte sie sich neben ihn, gab ihm einen Kuss und strahlte in die Menge. Ich sah hinter ihnen Samuel und Marlene McKinnon nah beieinander sitzen. Marlene strahlte ihn an und mein Bruder flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie wurde rot, rückte aber dann nur noch näher an ihn heran. „Dein Bruder lässt nichts anbrennen so wie es scheint.“, murmelte Remus neben mir und legte seinen Arm um mich. „Remus!“, flüsterte ich leicht schockiert, aber mit einem Lächeln. „Lass das, was, wenn uns jemand sieht?“ Er grinste mich an. „Hat man schon.“ Er deutete nach rechts. Lily und James starrten uns an, Sirius hob den Daumen und zwinkerte Remus spitzbübisch zu. Der fuhr sich durch die Haare und lächelte mich schüchtern von der Seite an. Ich schüttelte nur den Kopf und verpasste ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, wie früher. Mein Vater sprach währenddessen weiter, aber wir bekamen nicht mehr viel mit. Vereinzelte Wortfetzen sind mir noch erhalten geblieben, wie Todesser, Widerstand und Mord. Remus und ich jedoch waren in unserer eigenen Welt, schauten uns die ganze Zeit an und ich war so glücklich wie noch nie. Als mein Vater endlich die Versammlung auflöste und die ersten gingen, stahlen Remus und ich uns davon. Wir liefen die Galerie entlang, durch den Salon, über den Flur und die Treppe rauf, bis wir beide in meinem Zimmer standen. Das Mondlicht glitzerte durch die Fenster und schuf einen magischen Moment, in welchem wir beide uns einfach nur ansahen, unfähig, etwas zu sagen oder den jeweils anderen zu berühren. Ich betrachtete Remus. Er stand da, das Haar inzwischen zerzaust, das Hemd hing halb aus seiner Hose heraus und seine Hände hatte er in den Hosentaschen verborgen. Er lächelte mich an, dieses blaue, beschienene Gesicht das meiner großen Liebe gehörte. Es kam mir immer noch vor, als sei das ganze ein Traum. Waren wir… tatsächlich zusammen…? Remus trat auf mich zu und blickte auf mich hinab, seine Augen sahen in mein tiefstes Inneres. Wie immer konnte er alles, was in mir vorging erkennen. „An was denkst du.“, fragte Remus und strich mit einem Finger meine Wange entlang. „Ich…“, begann ich langsam, verstummte dann aber wieder. „Du…?“ „Ich frage mich, ob wir… jetzt ein… Paar sind?“ Remus lächelte immer noch. Er trat einen Schritt zurück. „Naja!“, meinte er, blickte zur Decke und räusperte sich. „Wie fühlt es sich denn für dich an?“ „Für mich?“ Ich stutzte. „Naja… weißt du, ich hatte noch nie eine Beziehung, und…“ Remus sah immer noch an die Decke. „Ich weiß.“, sagte er, lächelte. „Ich habe keine Ahnung, wie sich das anfühlt, weißt du…“ „Das ist gar nicht mal so schwer.“, meinte er und stand auf einmal wieder vor mir. „Du zitterst?“ Er nahm meine Hand und hielt sie hoch. Tatsächlich hatte ich es nicht bemerkt. „Warum zitterst du denn, Jane?“ „Weil… weißt du, ich kann es noch gar nicht glauben dass…“ Remus grinste. „Dass…?“ „Dass wir… naja…“ „Uns geküsst haben?“ Verlegen drehte ich mich weg. „Hey Kleines, dafür muss man sich nicht schämen.“ Langsam drehte er mein Gesicht wieder zu seinem. „Das ist das normalste auf der Welt.“ Er war so unglaublich nah. Remus zu küssen war unbeschreiblich. Es war, also würde ich schweben und gleichzeitig tief hinab sinken. Ich war mir nicht sicher ob er wusste, dass er derjenige war, dem ich meinen ersten Kuss geschenkt hatte. Ich habe keine Ahnung, wie lange wir dort standen und ich seine Arme um mich spürte. Irgendwann saßen wir auf dem Bett und ich bekam langsam Angst. Ich wusste, was jetzt kommen würde und langsam fragte ich mich, ob es hier und heute geschehen würde. Remus zog mich näher an sich heran und küsste mich auf die Stirn. Er sah mich an und bemerkte, dass ich mich unwohl fühlte. „Kleines, alles in Ordnung bei dir?“ Ich löste mich langsam von ihm. „Remus, ich… du weißt es vielleicht nicht aber du bist der erste, den…“ „Den du geküsst hast?“ Ich erstarrte. „Woher weißt du…?“ Er lachte. „Jane, ich bin dein bester Freund! Sag mir eines, von dem ich nichts weiß.“ Er zwinkerte. „Ja, okay, das stimmt… Aber trotzdem, das ist neu für mich und…“ Remus küsste mich auf die Wange. „Du wiederholst dich, Kleines.“ „Pure Aufregung.“, meinte ich. „Aufregung?“, fragte Remus und sah mich irritiert an. Ich zuckte mit den Schultern und sah weg. „Du verheimlichst mir doch was, oder?“ Ich schwieg. Ich konnte ihm nicht sagen, dass ich Angst hatte. Ich hatte davon gehört, wie es sein konnte oder würde. Lily und ich hatten ab und an darüber gesprochen, wenn auch nur heimlich. Sie hatte gesagt, dass sie sich darauf freuen würde, wenn es soweit wäre. Und ich gebe zu, auch ich hatte mir vorgestellt wie es sein würde, mit Remus. Aber ein Traum war etwas anderes als die Realität. Auf einmal spürte ich, wie seine Lippen meinen Hals berührten. Er küsste mich dort sanft und begann gerade, langsam in Richtung Schlüsselbein zu wandern, als ich demonstrativ von ihm wegrückte. Entsetzt blickte ich ihn an. „Was sollte das?“, rief ich aus. Remus sah mich unschuldig an. „Du sprichst nicht mit mir, dann musst du dich eben darauf gefasst machen, dass ich handle.“ „Das ist nicht dein Ernst, oder?“, zischte ich wütend. Auf einmal lachte er. „Siehst du, das ist genau die Jane, in die ich mich verliebt habe. Das bist du! So schüchtern wie gerade eben, das passte nicht zu dir.“ Er rückte wieder an mich heran und nahm mich in die Arme. Ich sträubte mich und wollte mich aus seinen Armen befreien, aber er war zu stark. „Remus, was zum…“ Sein Kuss war zärtlicher als der vorherige. Später lagen wir aneinander gekuschelt auf dem Bett und sahen dem Kamin zu, wie die Flammen an den Steinen entlang züngelten. Remus hatte meine Hand in der seinen, während die andere meinen Arm immer wieder sanft rauf und runter strich. „Remus?“, fragte ich leise und drehte mich zu ihm herum. Ich war ihm so nah, dass ich sehen konnte wie das Feuer in seinen Augen tanzte. „Hm?“, fragte er und lächelte. „Ich habe Angst.“ „Vor was, Kleines.“ Ich zögerte. „Vor… naja, du weißt schon… diese eine Sache da…“ „Was meinst du?“ „Das… naja, du weißt doch, Sirius tut es ständig.“ „Leute verhexen?“ „Nein, diese andere Sache...“ „Sich mit den Zitronentörtchen von Mrs. Potter vollstopfen?“ „Nein, nein, das ist es auch nicht.“ „Was ist es dann?“, fragte er ruhig. Sein Lächeln war das schönste der Welt für mich. „Naja, also, was Paare halt so tun… du weißt schon…“ Remus grinste mich an. „Ach, das meinst du.“ „Du hast es verstanden?“ Ich war erleichtert. „Naja… ich denke schon… du meinst doch das Händchenhalten in der Öffentlichkeit, oder?“ „Du bist so ein Idiot!“, rief ich aus und boxte ihn in die Seite. Remus lachte, rollte sich über mich und sah mir direkt in die Augen. „Natürlich weiß ich, was du meinst.“, sagte er leise. Dann senkte er seine Lippen an mein Ohr. „Aber ich möchte es von dir hören.“ Ich blickte ihn an. „Das… du weißt doch was ich meine und gut ist.“ Er grinste wieder. „Etwa… nicht?“ Remus küsste mich wieder auf die Stirn, dann auf den Mund. Als er sich wieder von mir löste, meinte er: „Ich verstehe dich da vollkommen, wenn du Angst hast. Aber ich habe nicht vor, dich zu bedrängen oder dergleichen. Man könnte sagen, dass ich das Gegenteil von Sirius bin. Ich bin derjenige, der warten möchte bis du soweit bist. Lass dir soviel Zeit, wie du möchtest, und dann, wenn du dir wirklich sicher bist, dass du es möchtest, dann wird es passieren. Aber nicht vorher. Beruhigt dich das?“ Eine unglaubliche Last fiel von mir ab. „Du weißt gar nicht, wie sehr.“, sagte ich und küsste ihn erneut. Remus legte sich wieder neben mich, ich kuschelte mich an ihn heran und langsam dämmerten wir beide in den Schlaf hinüber. Kurz bevor ich einschlief drehte ich mich noch einmal zu ihm um. „Remus?“ „Ja, Kleines?“, antwortete er und sofort waren seine Augen wieder auf. „Darf ich dich etwas fragen?“ Er lächelte. „Klar.“ „Haben... du und Marisol…“ Er grinste. „Ihr Frauen seid wirklich merkwürdig.“, meinte er, dann drückte er mich noch fester an sich. „Ihr Männer seid doch auch nicht anders.“, konterte ich, beließ es aber dabei. Wenn er nicht darüber reden wollte, dann sollte es so sein. Außerdem war es ja irgendwo nicht wichtig. Schließlich lag ich jetzt in seinen Armen und nicht sie. Langsam fielen mir wieder die Augen zu. Ich spürte, wie Remus‘ Lippen an meinem Ohr waren und er leise flüsterte: „Nein…“ Arm in Arm schliefen wir ein. Nur zwei Wochen später waren Marlene McKinnon und ihre gesamte Familie tot. Kapitel 10: August 1979 -1- --------------------------- Ehe ich mich versah, war es wieder Sommer geworden und in dieser Zeit hatte sich viel getan. Meine Ausbildung lief sehr gut und ich hatte Spitzennoten. Im Herbst würde ich in mein zweites Lehrjahr kommen und die Prüfungsvorbereitungen wären von da an fester Bestandteil meiner Ausbildung. James und Sirius waren ebenfalls Jahrgangsbeste. Wir hatten mehr als Erfolg, trotz der vielen harten Arbeit. Aber nicht alles war rosig. Seitdem Marlene McKinnon kurz nach Neujahr ermordet worden war, verschwanden fast wöchentlich Zauberer und Hexen. Zuerst waren es nur Muggelstämmige gewesen, was allerdings schon schlimm genug war, doch seit einem Monat verschwanden Reinblüter und wurden kurz darauf tot aufgefunden. Zumeist waren sie nicht mehr wieder zu erkennen. Aufgrund dessen, dass der-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf, und seine Anhänger immer aktiver wurden, rief Albus Dumbledore den Widerstand mit dem Namen Orden des Phönix ins Leben. Er wurde auf Grode Manor gegründet und meine Eltern waren eine der ersten des Ordens. Für Kevin, Samuel und mich stand es außer Frage, lange zu überlegen was wir tun wollten. Alice und Kelly schlossen sich ebenfalls an und so war die gesamte Familie Grode im Orden vertreten. Uns war klar, auf welch gefährliches Terrain wir uns da begaben, aber wir waren jung, voller Tatendrang und abenteuerlustig. Dass ich wahnsinnige Angst vor dem allen hatte, sagte ich keinem einzigen, nicht einmal Remus. Er war der einzige Lichtblick in dieser Zeit und umsorgte mich fürsorglich. Kurz nachdem wir unsere Beziehung bekannt gegeben hatten, zog Remus bei mir ein und so sahen wir uns jeden Tag. Es fühlte sich wieder so an, als wären wir zurück in Hogwarts. Remus und ich verstanden uns trotz der Tatsache, dass wir ein Paar waren, immer noch wunderbar. Er hatte nicht die Möglichkeit, eine Ausbildung zu absolvieren da seine Werwolf-Seite diese verhinderte. Stattdessen jobbte er ab und an als Kellner in einer Kneipe in der Nähe der Winkelgasse und verdiente so das Geld, das er für Miete und Verpflegung brauchte. Meistens war er in der Tagesschicht eingeteilt und kochte für mich, wenn ich abends völlig erledigt von der Arbeit nach Hause kam. Jedes mal hatte er sich eine andere Überraschung für mich ausgedacht. Erst vor einer Woche war ich Abends nach Hause gekommen. Als ich die Tür aufschloss, war es vollkommen dunkel und ich wunderte mich, dass der Lichtschalter nicht funktionierte. Ein kleiner Lichtspalt jedoch führte mich in mein Zimmer und dort war alles von Kerzen erleuchtet. Remus hatte einen kleinen Tisch und zwei Stühle in die Mitte gezaubert. Rote Rosenblüten lagen überall im Raum verstreut und es duftete himmlisch. „Remus?“, fragte ich leise, konnte ihn aber nicht entdecken. In diesem Moment schloss sich die Tür hinter mir und ich spürte, wie mich jemand in den Nacken küsste. „Hallo Kleines.“, murmelte er, drehte mein Gesicht zu seinem und sah mich an. „Ich habe dich vermisst.“ Ich lachte. „Es sind gerade mal ein paar Stunden, und wir wohnen zusammen!“ Remus drehte sich mit mir einmal im Kreis und gab mir einen Kuss. „Eine viel zu lange Zeit“, flüsterte er in mein Haar und führte mich dann zu Tisch. Ein weiteres freudiges Ereignis war, dass James und Lily endlich ein Datum für ihre Hochzeit gefunden hatten. Sie wollten Anfang September in einer kleinen Dorfkirche in Godric’s Hollow heiraten. Anschließend wollten sie dort in ein Haus ziehen, das James Eltern vor Jahren gekauft, aber nie bezogen hatten. James und Lily sollten es als Hochzeitsgeschenk erhalten. Lily hatte mich als Trauzeugin verpflichtet, Sirius sollte bei James als Trauzeuge agieren. Ich war überaus glücklich, dass mir diese Aufgabe zukam und plante zusammen mit Kelly und Alice den Junggesellinnenabschied für die Braut. Er sollte heute, am vierten August 1979, stattfinden. Wir wollten zuerst mit Lily schön essen gehen und anschließend ein paar Pubs abklappern. Wir wollten uns alle bei mir treffen und ich hatte Sirius gebeten, den Junggesellenabschied für James auf denselben Tag zu legen. Sirius hatte sich etwas Größeres ausgedacht, er wollte mit James, Remus, Peter, meinen Brüdern und ein paar anderen Jungs nach Edinburgh apparieren und dort noch einmal richtig feiern. Eine gute Idee, so war er weit genug weg von uns und jeder konnte ungestört einen der letzten Abende als Single genießen. „James, wo bleibst du denn?“, rief Sirius durch die Wohnung und warf Remus einen gelangweilten Blick zu. „Komme ja schon!“, brüllte es ihm aus dem Badezimmer entgegen. Ich saß neben Remus auf einem Stuhl mit einer Tasse Tee in der Hand. Ich fühlte mich seit drei Tagen etwas kränklich und versuchte auf natürliche Weise, wieder gesund zu werden. Ich beschloss, dass ich meine Mutter nach einem Trank fragen würde wenn es bis nach dem Wochenende nicht besser werden würde. „James!“, rief Sirius noch einmal gereizt, er hasste es zu warten. In diesem Moment jedoch knallte es und ein strahlender James stand direkt vor uns. „Na was denn?“, grinste James ihn an und schlug ihm auf die Schultern. „Du bist unmöglich, Krone. Wie eine Frau, wirklich!“, knurrte Sirius gereizt. „Hey, mach mal langsam, Tatze!“, rief ich und kniff ihn in die Seite. Remus grinste: „Du weißt doch Sirius, wie bedacht James auf sein Aussehen ist.“ Er zwinkerte ihm zu. „Er hat einen Ruf zu verlieren.“ „Und noch dazu“, pflichtete ich ihm bei, „heiratet er meine wunderschöne, beste Freundin.“ James grinste mich an. „Da hast du Recht.“ Er umarmte mich. Sirius stöhnte laut auf. „Jungs, wollen wir langsam mal los? Oder wollt ihr hier alt werden?“ James richte sich auf. „Ich bin bereit! Remus?“ „Von mir aus kann es losgehen.“, meinte mein Freund und gab mir einen Abschiedskuss. „Ich wünsche euch viel Spaß Jungs! Und übertreibt es nicht.“, zwinkerte ich ihnen zu. „Und jetzt haut schon ab!“ Ich lachte. Die drei lächelten mich an und im nächsten Moment waren sie auch schon verschwunden. Ich seufzte leise mit einem Lächeln auf den Lippen, drehte dann den Rücken der Stelle zu, wo die drei erst gerade eben noch gestanden hatten. Auf einmal war es sehr still in der Wohnung, was selten war. Normalerweise war hier immer etwas los, und jetzt war ich allein. Ein merkwürdiges Gefühl. Eine Gänsehaut überfiel mich als ein kalter Hauch mich streifte. Ich drehte mich herum, konnte aber nichts sehen. Es fühlte sich an, als wäre jemand hier. Irgendjemand… Ich schüttelte den Kopf. Meine Fantasie spielte mir einen Streich, aber seit dem Angriff des Todessers auf Grode Manor war ich vorsichtig geworden. Immer wachsam, hatte mir der Auror Moody beigebracht. Immer wachsam, schlafend mit einem offenen Auge. Den Zauberstab in der Hand, immer bereit für einen Angriff. Ich blinzelte. Die letzten Wochen hatten mich tatsächlich etwas gestresst, die Ausbdilung, die Arbeit für den Orden, obwohl ich dort bisher nur als einfaches Mitglied agierte und keine Missionen erfüllte, so wie meine Eltern. Kevin und Kelly waren ebenfalls mit kleineren Aufgaben beauftragt worden, Samuel jedoch verschwand öfters mehrere Tage, um Pflichten zu erledigen. Mein Vater hatte mich vor dem Eintritt in den Orden gewarnt, dass es nicht einfach werden würde. Wir hatten ein klärendes Gespräch geführt und mir war klar geworden, dass ich mit meiner Mitgliedschaft gleichzeitig auch mein Todesurteil unterschrieb. Ich versicherte ihm, dass ich dessen bewusst sei und ich meine Pflicht tun würde, sollte es dazu kommen. Aber tief in mir drin fürchtete ich mich davor, was vor uns war. Doch heute wollte ich einmal nicht daran denken. Heute war Lilys Tag. Gegen acht Uhr waren wir alle versammelt. Alice und Kelly hatten Lily von zu Hause abgeholt, ihr die Augen verbunden und mit ihr zu meiner Wohnung appariert. Ich erwartete die meine Freundinnen bereits mit Sekt und Schokofröschen, welche Lily an ihre erste Begegnung mit James erinnern sollte. Er hatte ihr damals auf dem Bahngleis, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte, diese Leckerei geschenkt. Die Karte von Imogen Hepert, einer Kräuterhexe welche die Wirkung von Schlüsselkraut einst entdeckte, wollte Lily erst wegwerfen, aber ich fischte sie wieder aus dem Müll. Als sie mit James zusammenkam und er sie nach der Karte fragte war ich es, die sie ihr zurückgab. Seitdem trug sie sie immer bei sich. Das erste Geschenk von James. Klein, aber voller Erinnerungen. Alice führte Lily langsam die Treppe hinauf, während Kelly vorraussprang und die Tür öffnete. Ich hatte das Licht gedämmt und Kerzen schwebten in Raum umher, als sie eintraten. Alice zog ihr die Binde weg und wir riefen „Überraschung!“ Lily war sprachlos. „Mädels… oh wow, ich… WOW!“ Tränen traten ihr in die Augen. „Ihr habt doch nicht etwa…“ „Oh doch!“, grinste Kelly und reichte ihr ein Glas Sekt. „Und das ist erst der Anfang?!“ „Was? Aber ihr… müsst doch nicht…“ „Und wie wir müssen!“, rief Alice und reichte ihr einen Schokofrosch. „Freu dich auf ein super Abendessen und einer anschließenden Kneipentour in London.“ Lily zögerte. „Kneipen?“ Ich grinste und umarmte sie fest. „Keine Sorge, wir haben keinen Stripper oder sowas bestellt… das macht doch jeder! Wir haben uns stattdessen dazu entschieden, mit dir durch die Bars zu ziehen mit einer anschließenden, kleinen Überraschung.“ Ich zwinkerte. Sie wusste nicht, dass wir Mikael, Alices Bruder, eingeladen hatten. Lily stand schon immer ein wenig auf ihn und Punkt Mitternacht sollten wir ihn auf der Tower Bridge treffen. Dort wollte er ein kleines Privatkonzert mit seiner Band, die Lily verehrte, geben. Lily würde aus allen Wolken fallen. Nachdem wir den Sekt geleert hatten, machten wir uns für das Abendessen fertig. Meine Mutter hatte mir versprochen, uns in das Restaurant zu bringen. Wir wollten, wie die Muggel auch, als solche auftreten und dafür brauchten wir ein Auto. Meine Mutter hatte als junge Frau einst aus Neugier einen Führerschein gemacht und nutzte dies ab und an noch gerne. So auch heute. Als wir auf die Straße traten, sahen wir einen silbernen Ford. Es war ein außergewöhnlicher Anblick, meine Mutter hinter dem Steuer zu sehen, aber das störte niemanden. Ich setzte mich mit Alice und Lily nach hinten, Kelly leistete meiner Mutter Gesellschaft. „Hallo Lily!“, begrüßte meine Mutter die Braut und überreichte ihr ein kleines Päckchen. „Das ist für dich, ich denke das könntest du heute Abend gebrauchen.“ Sie zwinkerte Kelly zu, die es erwiderte. Lily öffnete es und heraus kam eine silberne Phiole, in die das heutige Datum eingraviert war. Lily wusste sofort, wofür sie gut war. „Fange den Abend in einem wunderschönen Gedanken ein, Liebes.“, sagte meine Mutter leise und drückte sie durch die Sitze hindurch an sich. „Damit du dich noch im hohen Alter an diesen einzigartigen Abend erinnern kannst.“ „Mrs. Grode…“, hauchte Lily erstickt und wieder traten Tränen in ihre Augen. „Ich…“ „Nenn mich Liz“, zwinkerte meine Mutter vergnügt und wischte ihr die Tränen fort. „Einfach nur Liz.“ Lily strahlte durch ihre Tränen hindurch, schniefte leise und sagte: „Danke Liz.“ „Und jetzt wird gefeiert!“, rief Kelly auf einmal, zog eine weitere Flasche Sekt hervor und meine Mutter ließ den Wagen an. Wir waren zu gut drauf um zu merken, dass der Wagen beim Anfahren stotterte. Erst, als er ein paar Meter weiter den Geist aufgab, wurden wir dem gewahr. „Sind bestimmt die Zündkerzen.“, meinte meine Mutter. „Und das ausgerechnet heute Abend… gebt mir eine Minute, ihr Lieben!“ Sie stieg aus, öffnete die Heckklappe und untersuchte den Motor. Da wir vier viel zu aufgeregt waren als noch lange untätig sitzen zu können, stiegen auch wir aus dem Auto aus und stellten uns um den Motor herum auf. „Wo sind denn da die Zündkerzen?“, fragte Alice und beugte sich hinab. Lily lachte. „Al, das ist die Öffnung für das Öl! Schau mal, dort drüben, das sind…“ „RUNTER!!“ Reflexartig warfen wir uns zu Boden. Ein grüner Strahl zischte durch die Luft, traf das Auto und schleuderte es gegen die Hauswand. „Was zum…“ „ZURÜCK IN DIE WOHNUNG!“, brüllte Kelly mit erhobenem Zauberstab und stellte sich vor uns. „PROTEGO!“ Ein weiterer grüner Strahl raste in unsere Richtung, prallte aber gerade noch rechtzeitig an Kellys Schutzschild ab. Alice riss mich hoch während meine Mutter Lily packte und mit eingezogenen Köpfen rannten wir auf das Haus zu. Ich drehte mich kurz um und meine Augen weiteten sich vor Angst als ich nicht weniger als zehn Todesser auf uns zukommen sah. Ihr schwarzen Kutten und die Masken ließen es uns kalt den Rücken runter laufen und sofort sah ich mich in Deans Zimmer vor einem Jahr zurückversetzt. Kelly stand alleine gegen sie alle da, ich konnte nur ihren Rücken sehen. Sie führte Verteidigungszauber aus, wurde aber immer weiter an die Wand gedrängt. „Mum, Kelly!“ „Was?“, Meine Mutter wirbelte herum, zog ihren Zauberstab und rief „Expelliarmus!“ Der Todesser, der Kelly am nächsten war, wehrte den Zauber ab. Er starrte uns kurz an, dann schrie er: „Das sind sie, die da haben wir gesucht!“ Lily stockte der Atem. „Oh Gott.. die wollen mich…!“, rief sie voller Angst und drückte sich hinter Alice. „Zauberstab raus, Jane, nun mach schon!“, zischte diese mich an und verwirrt stellte ich fest, dass er sich immer noch in meiner Jeans befand. Ich war wie gelähmt vor Angst. „Jane!“ Ich blickte auf und sah Lilys angsterfüllte Augen. Bodenloses Grauen spiegelte sich in ihnen, während sie die immer näher kommenden Todesser anstarrte. Meine Mutter stand jetzt neben Kelly und beide bauten sie eine riesige Schutzmauer auf. Die Todesser waren fast da. „Mädchen, kommt her, sofort!“, schrie Kelly uns entgegen und Alice zog uns zu den beiden hin. „Schnell, fasst euch an den Händen!“ Wir folgten ihrem Befehl, Kelly packte Lilys Hand. In diesem Moment zerbrach der Schutzwall. „Deckung!“, rief meine Mutter, wir duckten uns erneut und ein Fluch schleuderte sie weg von uns und zu Boden. „MUM!“ „Kelly, bring sie weg!“, rief meine Mutter und stand schwankend wieder auf. Eine lange Schürfwunde prangte auf ihrer rechten Wange, Blut lief ihr am Hals hinunter. „NEIN, MUM!“ Ich riss mich los und stolperte auf meine Mutter zu, aber im selben Augenblick knallte es und ein Todesser stand direkt vor mir. „JANE!!!“ „Hallo, kleine Jane…“, zischelte der Todesser und streckte eine Hand nach mir aus. Ich vergaß alle Regeln, die man mir beigebracht hatte. „JANE, LAUF WEG!!!“ Es knallte erneut. Der Todesser drehte sich herum, brüllte auf und verschwand in einer schwarzen Rauchwolke. Hinter ihm stand Kevin, packte mich am Handgelenk. Es knallte, wir standen vor meiner Mutter. „Da bist du ja!“, keuchte sie, ihr Gesicht war blass und… „VORSICHT, HINTER DIR!“ Kevin wirbelte herum, brüllte „Rictumsepra!“ und der Todesser flog gegen einen Laternenpfosten. „Schnell!“, rief Kevin, nahm uns am Arm und disapparierte. Kapitel 11: August 1979 -2- --------------------------- „Liz, Jane!“ Ich öffnete die Augen und sah meinen Vater auf uns zueilen. „J… Jason…“, stöhnte meine Mutter unter Schmerzen neben mir und ihre Lider flatterten. Mein Vater nahm sie in die Arme und versuchte, mit seinem Hemdsärmel das Blut aus ihrem Gesicht zu wischen. „Keine Sorge.“, sagte Kevin und besah sich die Wunde. „Ihr geht es gut, das habe ich gleich!“ Er zog eine kleine Kristallflasche aus seinem Umhang, träufelte etwas von der dunkelgrünen Flüssigkeit auf ihre Wunde. Sofort zog sich das Blut unter die Haut zurück und innerhalb von ein paar Sekunden war nichts mehr zu sehen. „Sie braucht jetzt nur etwas Ruhe.“ Kevin drehte sich um. „Jane, wie geht es dir?“ „Ich glaube gut…“, murmelte ich und sah mich um. Wir standen in einem dunklen Flur eines Hauses, das ich nicht kannte. „Kevin, was…“ „Geh runter in den Keller Jane, Alice und Kelly sind auch schon dort.“, sagte mein Bruder. „Dad, die anderen sind drüben im Kaminzimmer. Bring Mutter runter und komm dann zu uns.“ Mein Vater nickte, packte mich an der Hand und zog mich mit sich. Ich war viel zu verwirrt um irgendetwas zu erwidern, aber eines war mir bewusst: hier stimmte etwas nicht. „Dad, was zum…“ „Jetzt nicht.“, erwiderte er, stützte meine Mutter und führte mich rasch eine Treppe hinunter. Unten gab es wieder einen Flur, der nur durch eine Lampe erleuchtet wurde, aber ich konnte trotzdem nichts sehen. Auf einmal standen wir vor einer geschmiedeten Tür. Er klopfte viermal kurz und zweimal lang an, dann hörte ich von drinnen aufgeregte Stimmen. Es ertönte ein Zischen und die Tür schwang auf. „Hier rein.“, befahl mein Vater und ich nahm meine Mutter am Arm. Sie sah noch etwas verwirrt aus, aber auch sie war sich bewusst, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zuging. „Liebling, was ist passiert…“ „Es wird alles gut.“, murmelte mein Vater und küsste sie fest auf die Lippen. „Bleib mit Jane und den anderen hier, und es wird euch nichts geschehen.“ Da fiel die Tür auch schon wieder zu. Kelly stand auf einmal neben mir, den Zauberstab erhoben. Leise murmelte sie Beschwörungen, die wohl die Tür magisch versiegeln sollten. Ich sah mich um. Der Raum war klein, nicht größer als eine Abstellkammer, und eine Lampe an der Decke erhellte die entsetzten Gesichte, die mich nun anblickten. Wir mussten um die fünfundzwanzig hier sein, einige kannte ich vom sehen, einige waren mir nicht bekannt. Ich sah Alice mit Alan auf dem Arm. Er weinte und sie versuchte ihn zu beruhigen, aber er hörte nicht auf. Lily saß auf einem Stuhl, blickte starr in die Gegen und brachte kein Wort heraus. „Jane?“, fragte mich jemand und ich sah auf. Ich erkannte Molly. Auf ihrem Arm kauerte George. Seine geröteten Augen blickten sich Hilfe suchend um und als er seinen Bruder Fred auf einem Sessel erblickte, begann er laut nach ihm zu greinen und streckte verzweifelt seine Hände nach ihm aus. „Molly!“, rief ich aufgeregt. „Molly, was ist hier los, ich versteh rein gar nichts mehr, ich…“ „Ruhig Jane, bitte, hilf Liz erst einmal auf das Sofa dahinten… genau, gleich neben Freddie.“ Mutter war schwach, das merkte ich sofort. „Hast du einen Stärkungstrank bei dir?“ Molly schüttelte den Kopf. Kevin war auch nicht da und mein Herz raste, als ich an die Ereignisse von vor nur ein paar Minuten denken musste. Haarscharf waren wir dem Anschlag entgangen, aber… warum hatten die Todesser uns angegriffen? „Was genau geht hier vor sich?“, wandte ich mich an Kelly, die schwer atmend neben Lily stand. Ihr Blick war immer noch starr. „Kelly?“ „Was? Oh, Jane… was hast du gesagt?“ Ich legte eine Hand auf Lilys Schulter. „Was… soll das ganze hier…?“, fragte ich leise. „Ich weiß es nicht… es ging alles viel zu schnell.“, antwortete Kelly. Auf einmal tat es über uns einen gewaltigen Schlag. Lily zuckte zusammen, einige Frauen schrien auf und die Kinder begannen zu weinen. Über ihnen begannen Zauberer Flüche zu brüllen und vereinzelt hörte man einen Verletzten vor Schmerzen aufheulen. Ein lautes Brüllen ließ uns alle erschauern und dann hörten wir schwere Schritte, die langsam die Treppe zum Keller hinunterstiegen. „Sie kommen…“, flüsterte Lily und begann zu zittern. Kelly stellte sich vor die Tür, hob ihren Zauberstab und begann wieder, Beschwörungen zu murmeln. Die Schritte kamen näher. „Das sind mehr als nur einer.“, sagte Molly und nahm ihre beiden Zwillinge in die Arme. Bill, Charlie und Percy klammerten sich an ihren Rock und blickten verängstigt zur Tür. Ein gewaltiger Knall ließ die Tür erzittern und Kelly wurde zurückgestoßen. Sie landete in den Armen einer anderen Hexe, rappelte sich aber gleich wieder auf. „Schnell, Mütter und Kinder in die hinterste Ecke!“, brüllte sie. „Jane, nimm Liz und sieh zu, dass sie sicher ist!“ Alice half mir, meine Mutter nach hinten zu bringen. Wir setzten sie auf einen Stuhl neben einer kleinen Hexe mit einem Baby im Arm, die weinend in den Armen einer schwangeren Freundin lag. Ein erneuter Fluch traf die Tür und Putz begann vom Rahmen zu bröckeln. „Sie kommen, bei Merlin, sie kommen!“, kreischte die kleine Hexe und begann hysterisch zu schluchzen. „Jane, Alice, kommt zu mir an die Tür!“ Ich war fast wie in Trance, als Alice mich mit sich zog. Ich merkte dass ich zitterte und mein Zauberstab drohte mir aus der Hand zu fallen, als die Tür wieder getroffen wurde. „Ich gebe ihnen noch einen oder zwei Flüche, dann sind sie durch.“, begann Kelly leise. „Wir drei werden versuchen, den ersten Schlag abzufangen und uns zu verteidigen. Ich vermute, dass sie nicht mehr als fünf sein werden, der Kraft des Zaubers nach zu urteilen.“ Alice nickte. „Ich werde zusammen mit Jane die Treppe übernehmen. Bleib du hier und sorge dafür, dass alle sicher sind. Danach wirst du die Tür reparieren, sie magisch versiegeln und unsichtbar machen. Anschließend folgst du uns nach oben.“ Ich schluckte. „Jane?“ Ich zuckte zusammen. „J… ja?“ „Pass auf, du bist die einzige, die gerade noch in der Lage ist, zu kämpfen. Lily steht unter Schock, die meisten Hexen sind bereits verletzt oder müssen die Kinder beschützen. Du musst dich jetzt konzentrieren und…“ Der Fluch war nun stärker als vorher. „Jane, hast du zugehört?“ Mein Mund war trocken. „Jane!“ „Ich… kann das nicht…“, hauchte ich und zitterte noch stärker. „Ich… bin noch nicht… so weit!“ „Denk an deine Mutter!“, zischte Kelly. „Denk an Alan! An Molly und ihre Kinder, sie alle zählen auf dich!“ Ich schnappte nach Luft als sich mein Brustkorb immer enger schnürte. Panik machte sich in mir breit und mir war, als würde ich gleich ersticken. Alice packte mich an den Schultern und sah mir in die Augen. „Hör auf, zu denken, Jane. Du kannst das, du kennst die nötigen Flüche. Ihr habt sie doch tausend Mal geübt, du, James und Sirius. Du selbst hast sie mir noch vor einer Woche vorgeführt, ich weiß, dass du es schaffen wirst!“ „Aber… aber…“ „Kein aber, wenn der Moment kommt, wirst du es können und dieser Punkt wird…“ „ALICE!“ Die Tür wurde aus dem Rahmen gerissen und Kelly schaffte es gerade noch, sie mit einem Zauber zu Staub zerfallen zu lassen. Alice wirbelte herum und traf den ersten Todesser mit einem Fluch. Drei weitere folgten, doch Kelly schwang ihren Zauberstab und innerhalb von Sekunden lagen sie bewusstlos vor unseren Füßen. Schwer atmend blickte ich zu ihr und war verdutzt. Niemals hatte sie gesagt, dass sie so eine unglaublich gute Hexe war! Im selben Moment sprang sie zurück. „Wir sind dran!“, rief Alice, packte meinen Arm und zog mich die Treppe hoch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)