GRODE MANOR -Part 1- (July 1978 - November 1981) von AnaJay_Lupin ================================================================================ Kapitel 3: July 1978 -4- ------------------------ Das nächste, woran ich mich wirklich erinnere, ist, dass ich wieder in der Eingangshalle unseres Gutshauses in Derbyshire stand. Zwei große, schwere Koffer voller Erinnerungen warteten darauf, in meinem Zimmer ausgeräumt und verstaut zu werden. Ich schluckte schwer, als ich die große Treppe hochblickte, die von der Eingangshalle direkt in die einzelnen Schlafräume von mir und meinen Brüdern führte. Deans Zimmer befand sich genau neben meinem, Samuel und Kevin waren gegenüber. Unser Haus konnte man kein Haus nennen. Es war sehr groß, stammte laut meinem Vater aus dem 17. Jahrhundert und hatte einst einem großen Zauberer namens Alois McGroth gehört, ein Vorfahre meines Vaters. Es hatte drei Stockwerke. Im Erdgeschoss befanden sich die Eingangshalle, der Salon und das Speisezimmer mit der Küche. Im ersten Stock waren, wie ich schon erwähnte, unsere Schlafzimmer und das meiner Eltern. Alice, die derzeit bei uns wohnte, schlief in einem Gästezimmer im zweiten Stock. Es befand sich direkt unter dem Dach, wo auch Vaters Arbeitszimmer und nochmals drei Gästezimmer untergebracht waren. Zu dem Gutshaus gehörten Ländereien, Felder und ein Wald, den Ernie Chapman, unser Verwalter, zusammen mit seinem Bruder Arol bewirtschaftete. Vater arbeitete im Zaubereiministerium und war Leiter der Abteilung für magischen Missbrauch. Meine Mutter arbeitete als Heilerin im St. Mungos Hospital und verbrachte manchmal mehrere Tage dort. Zu jener Zeit, als ich meinen Schulabschluss machte, lebten wir in dunklen Zeiten. Ein geheimnisvoller Zauberer, den meine Eltern nur Du-weißt-schon-wer nannten, tötete zusammen mit seinen Anhängern, den Todessern, Mitglieder der magischen Gemeinde. Vor allem Muggel-Stämmige Zauberer und Hexen waren ein weitläufiges Opfer. Mein Vater hatte schon in meiner Jugend angefangen, an der großen Wand in unserem Speisesaal den Stammbaum unserer Familie aufzumalen. Er war, wie er sagte, reinblütig und ging zurück bis ins zwölfte Jahrhundert auf einen Sir Gerald McGroth, welcher der Begründer unseres Stammbaums war. Unser heutiger Familienname leitete sich im 17. Jahrhundert auf Grode ab, als unsere schottischen Vorfahren nach England übersiedelten. Alois McGroth wurde demnach Alois Grode. Über all die Jahre hatten sich Gemälde, Skulpturen, Teppiche und noch vieles mehr in diesem Haus angesammelt. Es war ein Museum, wie Dean immer belustigt festgestellt hatte. Eine Träne wanderte meine Wange hinab, als ich ihn vor meinem geistigen Auge an der Treppe stehen sah. Er reichte mir die Hand und sagte: „Komm, Janey. Komm mit mir…“ „Miss Jane?“ Ich riss mich aus meinen Gedanken und blickte hinunter zu der tiefen, knarrenden Stimme. Ein alter Hauself stand vor mir, gehüllt in eine braune Hose und einem schwarzen Jackett. Es war Giley, der seit mehr als fünfzig Jahren in unseren Diensten stand. Ich kannte ihn seit ich geboren war und er war mir und meiner Familie immer ein guter Freund gewesen. „Hallo, Giley.“, antwortete ich und schenkte ihm ein müdes Lächeln. „Wie geht es dir?“ „Den Umständen entsprechend, Miss Jane.“, antwortete der Elf. „Das Wetter macht mir und meinem Rücken zu schaffen.“ Jane blickte zurück zum Eingang. Durch die verglasten Fenster erkannte sie peitschenden Regen. Die Kälte und Nässe waren wirklich nicht gut für einen alten Hauself. „Aber wie fühlt Ihr Euch, Miss Jane?“ „Den Umständen entsprechend…“, sagte ich leise und ging dann die Treppe hoch. Giley schnippte mit seinen Fingern und die Koffer schwebten ihm hinterher, während er mir folgte. Er wusste genau, wie ich mich fühlte und vermied jegliche Konversation über dieses heikle Thema. Stattdessen räusperte er sich und sagte dann: „Ihr Vater hat angekündigt, zum Abendessen Besuch mitzubringen.“ Ich erreichte die oberste Stufe. „Ja?“, fragte ich. „Wen denn?“ „Ihr kennt ihn. Mr. Bartemius Crouch mit Sohn und Gemahlin.“ Ich drehte mich auf dem Absatz um. „Barty Crouch? DER Barty Crouch?“ Giley schnalzte missbilligend mit der Zunge. „Mister Bartemius Crouch, Miss Jane. Euer Vater wünscht, dass Ihr diesen Namen nicht mehr erwähnt.“ Ich musste lächeln. Giley hielt sich felsenfest an die Benimmregeln und belehrte uns schon seit unserer Jugend. Aber er meinte es nicht allzu böse, sondern wollte uns nur an das erinnern, was uns unsere Mutter einst gelehrt hatte. Barty, pardon, Bartemius Crouch, war der Leiter der Abteilung für magische Strafverfolgung und ein ziemlich hohes Tier im Zaubereiministerium, meinem zukünftigen Ausbildungsort. Ich wusste, dass ich unter anderem auch bei Barty Crouch lernen würde, und deswegen war ich etwas aufgeregt. Seinen Sohn, der den gleichen Namen trug, kannte ich von Hogwarts her. Er war zwei Jahre unter mir gewesen und würde nun nach dem Sommer in die sechste Klasse kommen. Er war, soweit ich es gehört hatte, ein sehr guter Schüler mit Spitzennoten. Er war ruhig, fiel kaum auf und hing meistens allein rum. Einmal hatte ich ihn in der fünften Klasse auf dem Gang zu Astronomie getroffen und er hatte mir schüchtern gesagt, dass er mich beim letzten Quidditch-Spiel gegen Hufflepuff gesehen hätte. Er beglückwünschte mich zu einem gelungenen Kinnans-Mirror-Angriff und machte sich dann rasch aus dem Staub. Sirius sagte damals, er glaube, dass Barty sich in mich verguckt hätte. Ich winkte das lachend ab. Barty war damals dreizehn Jahre alt gewesen, da war es ganz klar, dass er sich in jedes Mädchen verliebte, das ihm über den Weg lief. Er mochte nun fast sechzehn sein. Ich hatte ihn in meinem letzten Jahr so gut wie nie gesehen und ich konnte mich auch nicht erinnern, ihn wahrgenommen zu haben. „Wer wird noch anwesend sein?“, erkundigte ich mich und ging den Flur entlang auf mein Zimmer zu. Mein Herz schlug schneller und ein Kloß setzte sich in meinem Hals fest, als ich Deans Zimmertür sah. „Euer Bruder Master Samuel sowie Eure Mutter, Mrs. Elizabeth. Master Kevin befindet sich derzeit in Frankreich.“ Ich drehte mich zu Giley um. „Was macht Kevin denn in Frankreich?“ „Oh, das ist sehr einfach zu erklären, Miss Jane.“, sagte Giley und lächelte. „Er hat ein Angebot bekommen, als Heiler an einer angesehen Ausbildungsstätte zu lehren. Kevin war das Wunderkind in der Familie. Als einer der besten Schüler von Hogwarts verließ er die Schule mit sämtlichen Auszeichnungen die es gab und trat in die Fußstapfen unserer Mutter. Er hatte große Freude an seinem Beruf. Ich freute mich für ihn. Das würde ihn wunderbar von… Dean ablenken… Bei Merlin, hatte ich das wirklich gedacht? Ein unangenehmes, stockendes Gefühl machte sich in meiner Brust breit. „Wo sind Samuel und meine Mutter?“, fragte ich ihn weiter aus. Seit dem Abschlussball hatte ich sie nicht mehr gesehen. Meine Mutter hatte mir zwar angeboten, mich von King’s Cross abzuholen, aber ich winkte ab und meinte, dass ich ja apparieren könnte. Widerwillig stimmte sie zu, ermahnte mich aber, an einem Ort zu disapparieren, wo mich keiner sehen würde. Als ob ich nicht daran gedacht hätte. „Master Samuel befindet sich in Gringotts und Eure Mutter ist noch im St. Mungos.“ „Und für wann ist das Abendessen angesetzt?“ „Sobald Euer Vater wieder zurückgekehrt ist, gegen acht Uhr.“ Ich nickte. Dann stand ich vor meiner Tür. Und irgendwie erstarrte ich, als ich daran dachte, dass das letzte Mal, als ich hier gewesen war, Dean in meinem Zimmer gewartet hatte um mir zu erzählen, dass Alice schwanger war. Tränen stiegen wieder in mir hoch, als das Glitzern seiner Augen in meinen Geist trat. Ich machte die Tür auf und im Sonnenlicht des großen Fensters glaubte ich mich in der Zeit zurückversetzt. Da stand er. Dean. Und er strahlte mich an, als er auf mich zukam und zitternd sagte: „Janey!! Da bist du ja! Bei Merlin, ich wollte es dir als erste sagen!! Alice und ich, wir… wir werden ein Kind bekommen! Ist das nicht wunderbar? Du wirst Tante werden!“ Ich hörte nur noch wie sich die Tür hinter mir langsam schloss. Ich drehte mich zu ihr und bemerkte, dass Giley verschwunden war. Ich wollte mich wieder Dean zuwenden und ihm sagen, wie sehr ich mich für ihn freute. Doch da war nichts außer das triste Grau des Regens. Mein Herz setzte aus. Dean war weg. Einfach so… weg. Tränen flossen über meine Wangen, als ich zitternd auf dem Fussboden zusammenbrach. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)