Halo von Inzestprodukt ================================================================================ Kapitel 3: Flügel aus Wachs --------------------------- Bald hab ich wieder Schule, ich sollte die letzten Tage wirklich sinnvoll nutzen und etwas produktiver vorangehen. ------------------------------------------- „Erklär es mir, wie… nein, lass gut sein. Ich will‘s gar nicht so genau wissen… Das ist doch… Wie hast du das gemacht?!“ „Schnauze, mach sie heile und dann hör auf zu nörgeln!“ „Warum sollte ich? Du machst sie ja eh wieder kaputt und meckerst mich dann an, nur weil ich nicht schnell genug deine Fehler beseitige! Ich meine… guck dir das mal an! Nein, tut mir Leid irgendwann kann ich nicht mehr so desinteressiert bleiben du bist… bekloppt! Gibt dir das irgendeinen Kick oder so? Wenn irgendwas ist dann rede doch! Wir sind nicht die besten Freunde, aber…“ „Richtig, sind wir nicht. Wenn du nicht helfen willst, dann geh ich zu wem anderes.“ „Und wie? Du kannst ja nicht mal gehen!“ Raphael raufte sich die Haare, ließ sich auf dem Stuhl fallen, auf welchem er verzweifelt sitzend Michaels Schulter begutachtet hatte – was bei den minderwertigen Lichtverhältnissen wirklich keine einfache Sache war. Doch wenn er nun das Licht einschalten würde, bedeutete das für sie beide Unmengen an Problemen und da er möglichst nicht negativ auffallen wollte, mussten sie mit einer einzigen kleinen Lichtquelle arbeiten; einer Taschenlampe, die der Feuerengel in einem für Raphael unmöglichen Winkel hielt. „Hier musst du hin leuchten, ich seh sonst nichts… sieht ja wirklich lecker aus.“ „Palaver nicht rum kriegst du sie heile oder nicht?“ Wieder war es der Blonde, den er damit belästigen musste – Bal musste es nicht erfahren. Zwar verschonte auch Raphael ihn nicht mit Vorträgen doch er ließ sich noch erstaunlich gut von Michael einschüchtern und verstummte irgendwann, während die Gouvernante wenig Nervosität in seiner Gegenwart offenbarte. Sie war nett aber auch ihre Güte hatte Grenzen, nicht umsonst war sie den Zwillingen zugeteilt. Dagegen dieser Nörgler vor ihm… einfach weil er ihn aufregte leuchtete Michael dem Aufblickenden direkt in die Augen hinein; die Pupillen zogen sich schlagartig zusammen und er wandte das Gesicht ab, schirmte mit seiner Hand das Licht von sich fort; scheinbar dachte er, dass der Rothaarige ausversehen in seine Richtung gestrahlt hatte. „Ich hab doch gesagt, ich bin noch nicht so weit… ich kann es versuchen aber ganz wird das nicht klappen. Du musst sie schonen und dich ausruhen, okay?“ Er wollte einen hoffnungsvollen Blick zur Seite in Michaels Gesicht werfen, musste dann aber wieder nur in die Taschenlampe blicken, konnte die Gestalt dahinter nicht ausmachen. Da er keine Antwort erhielt ahnte… nein, wusste Raphael, dass sein momentaner Patient ohnehin nicht gehorchen würde. Der folgende Blick bestätigte das auch, um die ganze Situation noch etwas unangenehmer zu machen leuchtete Michael nun sich selbst von unten ins Gesicht; die Augen waren wunderbar in Szene gesetzt und Raphael wandte freiwillig den Blick an, die Farbe konnte er nicht ertragen. Dämonenkind. Er wusste nichts von Michaels nahendem Schicksal als größter Unheilbringer der Geschichte doch die Gerüchte brodelten um den jungen Engel und von den Klatschmomenten der Schwestern blieb er auf lange Sicht unfreiwilliger Weise nicht verschont. Sollten sie nur reden, er wollte sich ohnehin nicht weiter mit Michael auseinandersetzen; er brachte ihn irgendwie in Schwierigkeiten und auf die konnte er dann ebenso verzichten wie auf diesen fragwürdigen Kontakt zum beinahe Gleichaltrigen. Wie sonst würde er damit enden sich mitten in der Nacht unerlaubt in einem Behandlungsraumes des Krankenhauses aufzuhalten, nachdem der Rothaarige es irgendwie noch geschafft hatte zu ihm zu kommen und dann mit einem sehr blutigen Argument überzeugt hatte ihm zu helfen; mit seiner Schulter. Diese stellte für Raphael im Moment einen medizinischen Sonderfall dar und diese bescheuerte Idee mit der Taschenlampe – die leider auf seinem eigenen Mist gewachsen war, da er sich nicht traute das große Licht zu bedienen und dann hier gesehen zu werden – machte es nicht besser, denn sehen konnte er leider längst nicht genug. Zuerst hatten sie irgendwie die gestoppte Blutung wieder gestoppt denn Michaels Idee von einem Strick Unter der Achsel und am Oberarm und dem Satz „Halt einfach die Schnauze und näh sie zusammen!“ waren vom Standpunkt des Arztes zu unprofessionell, um daran anknüpfen zu können. Demnach musste er ihn entfernen und hatte damit einen erneuten Sturzbach in Kauf nehmen müssen, welcher ihm entgegenlief und letzten Endes den Boden versaute. Er würde hier die halbe Nacht putzen dürfen… Nun hatte er eine Wundauflage mit einem Druckverband umwickelt, war seine Ausbildung doch so weit vorangeschritten dass er darüber informiert war, die Blutung an einem Körperteil jeglicher Art auf Grund von erhöhter Gefahr eines dauerhaften Schadens von Gefäßen oder Nerven nicht am Oberschenkel oder -arm abzudrücken, sondern direkt mit einem festen Druckverband entgegenzuwirken. Natürlich würde es einen Moment brauchen, doch er musste sich ohnehin um Michael kümmern denn dieser stand auf der Schwebe, in einen traumatischen Schock zu gleiten – da konnte er noch so sehr gegenhalten, Raphael kannte die Anzeichen dafür. „Leg dich bitte wieder hin, du machst es mir nur unnötig schwer!“ Er presste Michaels Oberkörper wieder auf den Behandlungstisch, entging noch einem Faustschlag und schnaufte, schaute wieder unmittelbar in der Licht der Taschenlampe, während es verächtlich von unten knurrte. „Mach einfach meine…!“ „Ja ich bin dabei, Mann! Aber wenn du mir dauernd ins Gesicht leuchtest seh ich nichts also lass mich meinen Job machen und jetzt Klappe!“ Inzwischen wurde er ja etwas mutiger dem Rotschopf gegenüber, doch seine unverschämte Art war auch wirklich nicht leicht zu tragen, irgendwie musste der Arzt sich ja mal durchsetzen. Wieder auf den Tisch gedrückt grummelte der Feuerengel, leuchtete dann seitlich mit der Lampe auf seine Schulter; Vorhänge waren ja auch zu viel verlangt, sonst könnten sie das scheiß Licht anmachen und er würde nicht mit diesem primitiven Ding rumfuchteln müssen. Raphael hingegen wollte die ganze Sauerei lieber nicht im vollen Ausmaße sehen und verdrängte die Tatsache noch putzen zu müssen im Moment erfolgreich, fuhr mit seiner Hand über die Stirn des Hitzkopfes, welcher sich im Moment doch ganz anders anfühlte; und sich wieder wehrte, die Hand von sich schlug. „Fummel mich nicht an!“ Dieser undankbare…! Doch er würde sich beherrschen, er hatte ja seine Informationen; kalte Haut, Schweiß… vermutlich war er auch unverschämt blass, der Blutverlust war ziemlich hoch, doch sein Druckverband schien doch irgendwie zu funktionieren; was für ein Armutszeugnis, wenn dem nicht so wäre. Trotzdem sollte er seinem Patienten mal den Kopf waschen, kaum einer würde es wagen so mit ihm zu sprechen. Kaum, es gab immer welche doch die lebten eher in den Randbezirken und hatten keine Dankbarkeit für seine komplexe Arbeit übrig, daher erwartete er von ihnen auch keine. Und da Michael gerne eine Ausnahme zum Rest allen Lebens bildete… „Wenn du Durst hast, sagst du es mir, ja?“ „Willst du mich verarschen?! Ich bin nicht zum Trinken hier, ich…!“ „Schon gut, lass gut sein!“ Bloß keine Diskussion, sie mussten fertig werden; leer war ein Krankenhaus nie, das war gar nicht machbar aber wenigstens lag dieser Korridor brach; demnach auch die beschränkten Mittel im Raum, doch das musste reichen. „Und warum muss das Ganze nun heimlich sein? Ich meine wir haben eine Notaufnahme, du wärst schon drangekommen und ich hätte nicht extra in meiner freien Nacht hergemusst. Du weißt ja gar nicht, wie kaputt ich von den langen Schichten bin und überhaupt… was ist nun passiert? Wie soll ich dich behandeln, wenn du nicht mal mit mir redest? Du…“ „Kannst du mal die Klappe halten?!“ War ja nicht zum Aushalten; dass Raphael einmal in Fahrt gekommen die Lippen nicht mehr schließen konnte wusste Michael ja, doch das war nur eine der wenigen entnervenden Eigenschaften, die er sich bei ihm gemerkt hatte. Wie gesagt, eigentlich wollte er nichts mit ihm zu tun haben aber hiermit konnte er keines Falls zu Bal. Oder zu jemand anderem, mit dem er privat mehr zu tun hatte, es musste niemand wissen. Andere Ärzte waren ihm suspekt, da bevorzugte er doch den Blonden und hörte sich dessen Genörgel an, starrte mürrisch an die dunkle Decke über ihm, während Raphael nach der wie durch ein Wunder übriggebliebenen Schulter griff und den Verband abwickelte; dran war noch alles, allerdings vermisste er ein paar Gramm Fleisch. Dieses verdammte Mistviech… ------------------------------------------- „Damit eins klar ist: Dein Name und dein komischer Rang sind hier scheißegal, entweder hast du was auf’m Kasten oder du wirst hier nich‘ lang bleiben, klar?“ Charmant, dieser Emhom. Kaum hatte Berjael sich abgewandt und genügend Abstand zwischen sich und die Soldaten gebracht – nämlich die geschlossene Tür und nach der Zeit des Wartens zu urteilen vier Ecken im Gebäude – postierten sich die Männer im Raum um den Rothaarigen und begutachteten ihr neues Frischfleisch argwöhnisch; dass er ein paar von ihnen ordentlich zurückgeknufft hatte wurde nicht vergessen und das das Wort ‚zurück‘ vollkommen ausgeblendet – immerhin hatte der Neue angefangen, er war doch hier aufgetaucht! Michael hingegen hatte noch kein sonderliches Interesse sich mit dem Rest zu befassen, hielt sich deswegen an seinem neuen Anstandswauwau. „Alles klar.“ Reden schwingen? Nicht für ihn. Emhom sollte seiner bescheuerten Aufgabe nachkommen und dann einfach wieder gehen; er stellte sich das primitiv wirkende Lager nun nicht derart komplex vor, dass er großartig viel falsch machen konnte. Trotzdem würde Berjael kein leichter Zeitgenosse werden; er war stur, halsstarrig und von sich eingenommen. Wunderbar, der passte also zu Michael. „Ey, Erimites! Komm ma‘ her!“ Aus der Masse heraus löste sich eine Art Strohhalm; als mehr konnte Michael die Person dort nach bestem Gewissen nicht bezeichnen denn auch wenn er selbst wenig auf den Knochen hatte sah er nicht aus wie diese traurige Gestalt zusammengeschustert aus Knochen. Übersponnen hatte man ihn mit einer ungesund gefärbten Haut und irgendwo noch zwei zu runde Augen gefunden, die nun fast aus den Höhlen sprangen; wenn er blinzelte, geschah dies abwechselnd. Aschgraues Haar bedeckte den ansonsten ganz annehmbaren Kopf und wucherte ihm struppig über die Ohren, doch sein Gang war anders als sein Äußeres; selbstbewusst und bestimmend. Feste Schritte, gestraffte Schultern und der schräge Blick schien sich an zwei Orten gleichzeitig aufzuhalten, doch das Schielen schien ihn selbst nicht zu stören. Bei ihnen angekommen steckte er sich eine Hand in die Tasche seiner bis zu den Knien reichenden Hose, kaute auf etwas herum. Emhom ruckte mit dem Kopf in Michaels Richtung, zuckte dann halbherzig die Schulter. „Nimm den Kleenen ma‘ mit und zeig ihm, wo geschlafen wird. Hab echt kein Bock auf Babysitter.“ „Ich kann auch allein gehen, macht euch keine Mühe.“ Als hätte er einen direkten Schutz nötig, so ein Unsinn. Erimites warf Michael nicht einmal einen Blick zu, fuhr sich mit der Zunge von innen an den Zähnen entlang, ehe er die Lippen mit einem schmatzenden Geräusch öffnete. „Wieso ich? Kanns …t doch selb …bst machen?“ Und ein Sprachfehler dazu, wunderbar. Emhom wandte sich bereits zum Gehen ab, schenkte ein letztes Winken mit der Hand. „Gehst doch sicher eh gleich, nimm ihn einfach mit. Zur Not hauste dem eine drauf, dem Pimpf.“ „Has …t Recht, is‘ ziemlich klein.“ „Hallo ich bin anwesend!“ Langsam nervten ihn diese Größenwitze wirklich, gab es hier sonst keine Probleme? Von Soldaten hatte er nun keinen gesitteten Umgang erwartet, das störte Michael ja nicht einmal sonderlich und als Neuer – vor allem nach so einem Auftritt wie dem seinen – war er ein gefundenes Fressen für Sticheleien aber immer dieses eine Thema? Er quetschte dem Schieler doch auch nicht die Augen in eine richtige Position! Witze auf Kosten eines Körpers konnte er einfach nicht gut haben. Es sei denn es handelte sich um Frauen aber da wurde einfach das ganze Geschlecht mit einbezogen, das war keine personenbezogene Geschichte sondern reiner Sexismus, den er noch ganz gut im Griff behielt; Bal war ihm immerhin sehr wichtig, das reichte doch. Wieder hatte man ihn ignoriert und die dürre Gestalt mit Namen Erimites wandte sich nun wieder ab, steuerte dabei vermutlich zielstrebig eine Tür an. Da er immer wieder stehen blieb war das schwer zu sagen, doch irgendwann dämmerte es dem Rothaarigen und so setzte er sich selber in Bewegung; man erwartete hier widerstandslosen Gehorsam von ihm, eingeladen würde er hier zu nichts werden. Schnell schloss er zum Größeren auf, warf einen letzten Blick hinter sich; die Soldaten setzten sich in Bewegung. Einige verteilten sich, ein Teil folgte mit einer Mischung aus Genugtuung und Neugierde in den Augen. Schön, wenn sie es wollten… entweder würden sie ihn dort hinten umbringen oder aber nach einer möglichen Art der strukturierten Zerstörung suchen, bisher schienen sie und auch Michael selbst wenig begeistert voneinander zu sein. Wie ein Rudel verängstigter Hunde; bei dem Chef kein Wunder also. „Da wird …te gepenn …t.“ Ein schmutziger Raum, wie sollte er es auch anders erwarten können? Es war schon furchtbar in einem seinen Erwartungen entsprechendem Klischee bestätigt zu werden doch solange er in keinen Exkrementen oder anderweitigen Körperflüssigkeiten endete, würde Michael es verkraften können. Die Schlafkammer maß eine bizarre Mischung aus Enge und ausreichend Platz für einen guten Teil der Soldaten, wenn nicht sogar alle. Groß war das Heer nicht, hundert Leute würde es nicht zählen doch strenggenommen benötigte sie kaum einer. Vor wem sollten sie schon beschützen? Es gab ein paar Dämonen; gescheiterte Existenzen, so alt wie die Schöpfung selbst und gefangen unter dem Planeten Erde, auf dem die Menschen gerade den aufrechten Gang entwickelten. Die Welt in ihrer Pubertätsphase; was war dann die Menschheit? Akne? Da sie sich selten mit kaum ernstzunehmenden Angriffen herumschlagen mussten war also klar, wie wichtig die himmlische Armee war; gar nicht. Nun zum Raum. Abgesehen von Schmutz gab es schlichte Metallbetten mit viel zu dünnen Matratzen; die Decken lagen zusammengeknüllt an einer unbedarften Stelle auf oder unter der Schlafstätte, die Kissen waren flach, bestenfalls breiter gefaltet aber das schien keinen zu stören. Angerempelt von den auffälligen Verfolgern drehte der Rothaarige seine Schulter außer Reichweite der Stöße und spöttischen Beschimpfungen, beobachtete nun doch die Männer, mit denen er einen Raum teilen sollte. Sie hatten wohl einen festen Platz, vereinzelt standen Betten frei, die jedoch trotzdem benutzt zu werden schienen. Es waren immerhin nicht alle mitgekommen aber wie es generell hier ablief wollte Michael nun ehrlich gesagt nicht erfragen. Er würde sich hüten nun nach Hause zu fliegen und sich Kleidung zu holen, viel eher interessierte ihn sein eigener Schlafplatz, doch Erimites schien von allen hier den Ansatz eines Herzens zu besitzen, stieß eine knöchrige Hand in die Rippen des jungen Engels. „Komm mit …ten. Da is …ten frei.“ Vorerst gefügig durchquerte er mit ihm die sich gegenüberstehende Reihe von Betten, blieb vor einem weiter hinten stehen; danach waren die Decken gefaltet, also entweder lebten hier geordnete Personen oder aber sie waren noch frei. Skeptisch beäugte Michael die Decke, sondierte sie gleich nach verdächtigen Flecken, doch nichts zu sehen. „Das hier?“ „…t.“ „Ah… okay.“ Ja was sollte er auch dazu sagen? Ein Laut war besser als vollkommen ignoriert zu werden, die allgemeine Stimmung war grad weniger angenehm und er konnte sich vorstellen, dass sein erstes Einschlafen hier als Kapitulation gewertet werden würde und entsprechend rechnete Michael schon mit einer Glatze oder sonstigen Kindereien. Neben ihm bewegte sich jemand, hatte sich auf das Bett niedergelassen und vergrub sich hinter einem Buch; schwierig zu bekommen, bisher hatte der Rothaarige gezwungener Maßen nur Bekanntschaft mit der Bibel gemacht, andere Schriftstücke stellten einen klaren Regelverstoß dar. Ein Seitenblick zeigte krakelige Buchstaben in Enoch, geschrieben mit Tinte. Das Pergament raschelte beim Umblättern, hier schien es keinen zu interessieren. „…t. Wills …t du die anderen …ten Räume auch sehen?“ Zurückgeholt aus der kurzen Zwischensequenz richtete er seine Augen auf Erimites, zuckte die Schultern. „Ja.“ Erst lag ihm ein dummer Spruch auf der Zunge aber da er sich wirklich ungern skalpiert vorfinden würde, wollte er erst einen gewissen Rang unter den Soldaten erreichen. Das konnte und würde vermutlich auch lange dauern aber seine Haare waren ihm dann doch ganz lieb; vermutlich würden sie ohnehin auf andere Körperteile zurückgreifen, Messer blitzten zu Hauf auf. Ohne dem Mann neben sich noch weitere Beachtung zu schenken folgte Michael Erimites also wieder aus dem Schlaflager heraus, konnte noch ganz nebenbei zwei entblößte Körper ausmachen und war ehrlich gesagt froh, dem Geruch zu entkommen; Schweiß, ein Hauch von unendlich vielen Eigengerüchen und gewisse Ausdünstungen ergaben eine unschöne Mischung. - Die neuen Eindrücke waren zu verkraften, er würde sich schon noch daran gewöhnen. Bisher hielt er zwar an seinen Gewohnheiten, doch die würde Michael in Anbetracht seines verfluchten Schicksals ohnehin brechen müssen; nur wo sollte er dann hin? Im Himmel würden sie ihn kaum leben lassen und auf der Erde war eine Person wie er viel zu auffällig und eine gute, potenzielle Nahrungsquelle für wilde Tiere. Bei den Menschen in den Höhlen hausen? Nein, wirklich nicht. Diese primitiv entwickelten Lehmhütten stießen ebenso auf wenig Begeisterung, wenn es schon nicht um den Standard als schlichtweg seinen Dickschädel ging. Vorerst war der Feuerengel ja bei diesem Haufen von respektlosen Affen untergekommen, doch ehrlich gesagt graute es ihm vor der Nacht. Zu viele Horrorgeschichten über die Soldaten hatten seine Ohren erreicht, an Regeln und auch Abstinenz hielten sie sich nicht lange auf. Wenigstens war er nicht der einzige neue Rekrut, zwei weitere Männer hatten vor ein paar Tagen angefangen; einer davon der Typ mit dem Buch, den anderen hatte er nur kurz erblicken können, jedoch schnell das Interesse verloren. Wie bei so vielen hier, wie ihm auffiel. Nun dämmerte es bereits und im Gebäude selbst war keine Veränderung zu spüren; es war laut, ungehobelt und vom Chef wieder keine Spur. Wo der sich wohl so herumtrieb? Andererseits – was sollte er schon zwischen all den Soldaten anfangen? Irgendwo hatte Michael einen unerfahrenen Funken Verständnis für ihn; vielleicht würde sich das auch noch legen, im Moment traute er sich selber nicht. Die Eindrücke waren erschlagend, wenngleich auch erwartet und furchtbar banal. „Stimmt es? Bist du Luzifels Bruder?“ Die Schritte hatte er nicht gehört, entsprechend wirbelte der Rothaarige herum und starrte auf die Person hinter sich; der Typ mit dem Buch, nun jedoch ohne genau dieses. Misstrauisch betrachtete er Michael, was dieser ihm gleichtat. „Wer will das wissen?“ „Ich, Dummschwätzer. Stimmt es oder nicht?“ Oh, Freunde würden sie also schon mal nicht werden. Auf so eine plumpe Provokation würde er nun nicht einsteigen und so schnaufte er nur, hockte sich wieder hin und ließ die Beine über der Kante baumeln, blickte in den sich verfärbenden Himmel. Sonnenuntergänge waren nun eigentlich auch nicht wirklich sein Fall und rein aus romantischer Absicht würde er sich nun nicht auf das Dach der Kaserne begeben und in den orange-rosafarbenen Himmel blicken. Es war einfach ein Stück Gewohnheit in all diesen… Dingen, die er heute gesehen hatte und ehrlich gesagt begrüßte Michael jedes noch so kleine Stück Vertrautheit. „Ich bin auch neu hier“, fuhr der bisher namenlose Engel fort und schien dabei vollkommen außer Acht zu lassen, dass der Kleinere ihm noch eine Antwort schuldig war. „Ich weiß, dass das alles sehr erschlagend wirken kann und es ist keine Schande sich etwas Angst einzugestehen aber du wirst hier Freunde brauchen. Auch, wenn du einer der Erzengel bist, das interessiert hier keinen, du…“ „…t.“ Die für Michael vollkommen uninteressante Rede stoppte, als sich dieser eine Buchstabe dazwischen schob und zwang ihn so, den Kopf erneut zu wenden, bloß um die bizarre Gestalt Erimites‘ zu erblicken. „Alle neuen Kadett …ten runter …t. Chef sagt das.“ Wie willkürlich dieser Sprachfehler nun wirkte war dem jungen Feuerengel ein Rätsel, denn es passte vorne und hinten nicht. Interessanter war die kurze Information und eine weitere Erklärung würden sie scheinbar auch nicht bekommen, der Soldat ging bereits. „Nun komm schon… bist du sein Bruder?“ Neugierde, wie lästig. Natürlich war sie hilfreich aber Michael nervte es gerade, deswegen ging er auch stumm an dem anderen Engel vorbei und folgte so dem Weg, den Erimites eingeschlagen hatte. Natürlich dicht gefolgt von seinem kleinen Anhängsel aber den konnte er auch ignorieren, damit kannte er sich immerhin aus. Stimmengewirr schlug ihm wieder entgegen, eine große Zahl von Soldaten hatte sich hier angehäuft, zählen konnte man sie gerade schlecht – vor allem, wenn man über keinen der Köpfe blicken konnte. Ohne sich eine besondere Stelle auszusuchen blieb Michael also irgendwo im Gemenge stehen, Gemurmel über ihm verstummte, als schwere Schritte den Raum erfassten. Eigenartig, dass bei all diesen Geräuschen genau jenes dominierte und schlagartig die Aufmerksamkeit auf sich zog. Dass Berjael eine beeindruckende Persönlichkeit war, konnte man schlecht bestreiten. Allein sein Auftritt sprach für ihn und gegen jede potenzielle Störung, doch dass dieser unkontrollierte Haufen von Schlägern verstummte und die Aufmerksamkeit ohne Ausnahme nach vorne richtete war etwas, was Michael zutiefst beeindruckte; starke Personen waren rar und mit Ausnahme seines Bruders hatte er dieses Verhalten eines anderen gegenüber sehr selten beobachten dürfen. Ein Blick in die Runde, dann verzog sich der vernarbte Mund zu einer Grimasse, die entfernt an ein Lächeln erinnerte. „Männer, Grund zur Freude! Eine Handvoll dreckiger Dämonen ist im direkten Anmarsch auf Assiah, ich würde sagen wir werden gebraucht!“ Die Stimmung schlug von Anspannung in Erregung über, Fäuste stießen in die Luft, Kampfgebrüll – wieder einmal ein Klischee, in welchem Michael sich bestätigt fühlte, doch seine Augen blieben auf Berjael gerichtet, der diese Information kurz wirken ließ, dann einen Arm ausbreitete; langsam kehrte wieder Stille ein. „Wir beladen die Schiffe und brechen noch heute auf. Unsere Neulinge…“ Sein eines Auge huschte über die Menge und trotz Michaels erstem Verdacht dass er kaum etwas sehen konnte erfasste er die drei indirekt Angesprochenen flink. „… sie begleiten uns. In zwei Stunden brechen wir auf, beladet das Schiff!“ Mit seinem Gehen setzte Gemurmel ein, die beiden größeren Engel hinter ihm blickten auf den Feuerengel, welcher sich zu einem von drei unfreiwilligen Mittelpunkten herabgestuft fühlte, mehrere Blicke auf sich ruhen spürte. „Ey, Kleiner…“ „Nein, Schnauze! Es reicht, okay? Fick dich, so klein bin ich auch wieder nicht!“ Langsam riss ihm der Geduldsfaden und so schüttelte er die Hand auf seiner Schulter ab, die ein schwarzhaariger Soldat dort hatte platzieren wollen, um ihn zu sich zu drehen. Das erledigte Michael nun selber, funkelte ihn angesäuert an. „Hast du sonst noch Sorgen oder was? Lass mich einfach in Ruhe! Was willst du von mir?!“ Das widersprach nun dem ersten Teil aber es scherte ihn nicht, er war nicht hergekommen um den Pausenclown zu spielen. „Hey, ruhig, wa? Ich tu dir ja nichts, Mann. Wollt dich nur warnen, wa? Bleib ma lieber hier, ey. Das is‘ gefährlich da draußen. Is‘ doch so, Fenel?“ „Ja wirklich… is‘ sau gefährlich und ihr könnt ja nix, echt mal.“ Ein Mann mit hellbraunem Haar und einem kleinen Backenbart nickte bestätigend, blickte zu seinem Kollegen. „Also wir wolln dir ja wohl nix, wa? Aber trotzdem, is‘ echt ‘ne harte Sache draußen. Sind stark, diese Dämonen.“ „Mistviecher, richtige Nutten“, pflichtete der Erste ihm bei, doch damit ernteten sie leider nicht das gewünschte Ergebnis; „Schön, kann euch ja egal sein!“ Und damit wandte Michael sich dann ab. Ohnehin fühlte er sich nicht ernst genommen, nun deswegen auf solche Lappen zu hören war wirklich nicht in seinem Interesse. Jedoch schienen sie nicht die Einzigen zu sein, die gegen einer Begleitung ihrer neuen Kadetten waren, immerhin schien der Grundgedanke eines Beschützerinstinktes zu existieren, gut zu wissen. Und trotzdem schlängelte Michael sich durch die Menge, huschte unter Armen und zwischen Körpern vorbei, ehe sein zielloses Streben abrupt beendet wurde und zwei Hände nach ihm gegriffen hatten, ihn an die Seite zogen und etwas außer Hörweite der meisten Soldaten. Der zweite Mitstreiter auf Anfangsposten, wieder ein Stück größer als er und mit hellem, weißblonden Haar hatte ihn aus dem Gemenge gefischt und blickte hektisch um sich, ehe er seine Aufmerksamkeit auf den Feuerengel richtete. Dieser hob eine Augenbraue; hatten hier eigentlich alle etwas mit den Augen? Der dort trug nun eine Klappe über dem rechten Auge, winkte aber schon zur Seite. Da kam auch schon der Bücherheini, sie waren ja ein bezauberndes Trio… „Michael, richtig? Also Leute, gegen Berjaels Befehl können die sich eh nicht durchsetzen, aber…“ Der junge Mann mit der Augenklappe stockte, blickte dann auf denjenigen, welchen er eben noch beim Namen genannt hatte. „Der Michael? Luzifels kleiner Bruder?“ „Wenn euch mein Bruder so am Herzen liegt solltet ihr ihn vielleicht besuchen, ihr…!“ Abgewürgt vom Aufbruchstumult drückte Michael sich mit den anderen beiden an die Wand und gemeinsam blickten sie der sich einheitlich bewegenden Masse nach, ehe sie in verschiedene Richtungen aufsplitterte. „Hat jemand eine Idee, warum wir mitkommen müssen?“ Der Schwarzhaarige blickte noch einmal von der Wand weg zu den Gängen, in denen die Schritte gerade verhallten, seufzte dann angestrengt. Der Mann mit dem hellen Haar schüttelte den Kopf, als Michael sich wieder löste und mürrisch in Richtung Schlaflager, wurde jedoch von hastigen Schritten wieder eingeholt; diese brüderliche Stimmigkeit zwischen seinen neuen Mitstreitern war ja wirklich rührend aber leider hatte er im Moment keine Lust sich damit zu befassen. „Michael, warte doch… bitte, das kann nur schlecht für und ausgehen!“ Der Schwarzhaarige versperrte ihm den Weg, erntete eine Zuckung an den Mundwinkeln des Feuerengels, welche in vielen tausend Jahren ganze Heerscharen in die Knie zwingen würde; ein nahender Wutausbruch. Noch hatte dies nicht viel zu bedeuten, noch hatte Michael sich weitaus besser im Griff und er würde zumal keinen sonderlichen Schaden anrichten können, da ihm seine eigenen Kräfte hier im Weg waren. „Berjael ist nicht bekannt dafür, gnädig zu sein, okay? Wir haben doch kaum Erfahrung, was sollen wir auf einem Schlachtfeld? Wir sind Kanonenfutter, das musst du doch einsehen!“ „Dann geh und beschwer dich bei ihm persönlich, meine Fresse! Ich bin nicht hier um mich direkt gegen die erste Anweisung aufzulehnen!“ Dazu hab ich später noch genug Zeit, schoss es ihm durch den Kopf und wieder einmal überraschte es ihn, wie sehr er doch auf Krawall gebürstet war. Aber im Moment interessierte das nicht, erste Soldaten kamen bereits zurück. Sie trugen zahllose Waffen auf den Rücken, andere brachten Kisten mit Wasser und einer Notversorgung an Lebensmitteln. Verbandszeug war auch zu sehen und der nächste Schub bestand aus noch mehr Waffen. So viel Gewalt mitzuerleben war etwas anderes als bloß davon zu hören. Schießpulver, Patronen, zahllose Messer und ein paar wenige Schwartet. Die beiden Kadetten neben Michael hatten sich in Schweigen gehüllt und beobachteten wie der junge Erzengel selbst schweigend das Treiben, wurden hin und wieder misstrauisch von den ausgebildeten Soldaten beäugt. Es stimmte sie sicherlich nicht froh zu sehen, dass die drei Neuen keinen Handschlag taten, doch für Stress war nun keine Zeit. „…t! Warum …ten helft ihr nicht …t mit?!“ Dass ein Stottern derart erbost herübergebracht werden konnte hätte Michael nicht gedacht und anders als die zwei zur Salzstatue erstarrten Mitanwerter setzte er sich rasch in Bewegung, folgte ein paar Soldaten zurück in eines der Lager und ließ sich einfach in die Hände drucken was sie benötigten, setzte ihnen wieder hinterher und gelangte so in den Flugschiffshangar. Eindrucksvoll und auch ein wenig zum Fürchten wirkten die viel zu alten Kampfschiffe. Er war kein Profi aber selbst so konnte Michael einige entscheidende Defizite erblicken, die im Falle eines Falles vermutlich verheerend ausmaßen würden. Rost und ein schiefes Fahrwerk waren da die geringsten Probleme. Jemand nahm ihm die Kiste ab, dann ging es auch schon wieder los. Warum sie nun zwei Stunden zum Packen brauchten war ihm nicht klar, doch er hatte die Überprüfung des Luftschiffes außer Acht gelassen. „…t. Vielleicht nächstes Mal machen …t bevor wir aufbrechen …te.“ „Ja wär besser.“ Emhom blickte eine halbe Stunde vorm Abflug misstrauisch in die Menge hinein, suchte… ah, dort. Ein paar rasche Schritte und er war bei dem Jungen mit den stechenden Haaren angekommen, drückte sich selbst eine Faust in die Hüfte und studierte das jugendliche Gesicht, welches sich ihm gerade trotzig zuwandte. Er hatte die Faust des Burschen schon spüren dürfen, ganz unbegabt war er nicht und die kleine Showeinlage mit einem weiteren Teil der Gruppe hatte auch für sich gesprochen, dennoch würden sie sich nun einem ganz anderen Kaliber zuwenden. „Ey… die gleich quatschen nicht lange, ne? Die zerfleischen dich und dann biste weg also wenn da einer is‘, hauste dem was drauf sonst war‘s das. Wär schade ich wollt dir das Leben noch was schwer machen.“ Oh da sprach keines Falls Besorgnis aus ihm heraus, er meinte jedes Wort ernst; für die Blamage vor den Türen würde er sich noch rächen und wenn ihm da ein mieser Dämon zuvorkam, wäre seine Chance vertan. Immerhin, damit hätte er einem Erzengel eins draufgegeben, das konnte auch nicht jeder von sich behaupten. Doch undankbar wie er Michael die paar Stunden schon erlebt hatte drehte dieser sich einfach weg und machte tatsächlich Anstalten, Emhom schlichtweg zu ignorieren. Dieser zog die Augenbrauen herunter, doch nun einen tatsächlichen Angriff gegen ihn zu starten war unklug, dafür hatten sie auch das Schlachtfeld. Nicht auszudenken, wenn dem Winzling ein bis sieben Finger fehlen würden, oder? Er sagte, er sollte überleben. Nicht, wie viel von ihm. „Schwingt eure Ärsche in das Flugschiff!“ Mit dem Auftritt des Chefs wurde es wieder hektisch, niemand wollte der Letzte und somit unmittelbar in Berjaels weiterer Gedächtnisspanne sein, das könnte er ihnen übel nehmen. Der Kommandant selbst stieg immer zum Schluss ein, allerdings richtete sich hiernach auch die Spanne der Personen, die mitdurften; nach ihm kam keiner mehr an Bord. Mit einem raschen Blick hatte Berjael den Innenraum seines Schiffes bedacht; mit dreien würden die fliegen, bei ihm befanden sich aus Gründen die er niemandem erläutern würde die drei Neuen, hinten bei einigen Männern im Lager. Die Aufregung stand dem Hellhaarigen Burschen ins Gesicht geschrieben, während er auf einer der Kisten Platz nahm und nervös an seiner Augenklappe nestelte. Neben ihm saß der junge Mann mit dem schwarzen Haar auf einer weiteren Kiste und gegenüber neben dem Engel mit Namen Fenel hatte Michael Platz genommen, die Arme auf den Oberschenkeln gestützt und den Boden studierend. Das Gespräch der beiden Kadetten nervte ihn, sie gingen mögliche Taktiken durch, sprachen sich mit der Deckung ab und hatten doch keine Ahnung, was sie wirklich erwarten würde. Inzwischen hatte er auch ihre Namen herausbekommen und war ganz froh darum; nun wusste er, wem er aus den Weg gehen würde. Sariel und Zaphikel. Dass er zudem gleich am ersten Tag mit auf eine Mission oder was auch immer dies werden sollte gehen würde, hätte Michael auch nicht gedacht aber er wurde lieber ‚ins kalte Wasser‘ gestoßen als sich Woche um Woche damit verrückt zu machen, was alles passieren könnte. Man sah ja an den anderen beiden, was dies aus Personen machen konnte. Auch mit Waffen würden sie nichts zu tun bekommen denn wie auch immer Berjael seine Logik für sich selbst begründete so verdiente ein Soldat sich erst einmal das Privileg, ein Messer besitzen zu dürfen und in vielen kleinen, ermüdenden Einzelschritten wurde dann am Umgang gearbeitet. Waffen waren teuer und nicht leicht zu bekommen, ein Stümper …te hatte nichts damit zu tun und sollte sich …ten besser hintergründig …t für den Kantinendienst melden, so Erimites. Also zogen die drei Neuen in ihrer Alltagskleidung und mit blanken Fäusten los; irgendwie meinte Michael aber noch etwas Hinterhältiges zu erahnen. Er vertraute dem Chef nicht und dies vermutlich aus gutem Grund, doch das konnte er unmöglich so zeigen wie er es gern würde, das gäbe nur unnötig Probleme, auf die er nicht sonderlich scharf war. Außerdem musste er sich beherrschen, den Boss nicht ‚Belletristik‘ zu nennen, der Name war einfach reichlich bescheuert. Als die Flugschiffe zur Landung ansetzten, brummten einige Soldaten wieder zustimmend ob ihres Schicksals; die Freude über den neuen Auftrag sah Michael nun nicht mehr, doch das lag denen wohl im Blut. So unkontrolliert sie zuvor waren, gerade wirkten sie entweder sehr professionell oder er war einfach zu naiv und glaubte, dass diese Leute ihrem Job gewachsen waren. Ein Ruckeln, dann öffnete sich die Heckklappe und der Teil des Heers strömte hinaus auf ein weites, offenes Feld. Hier waren sie vollkommen ungeschützt und standen wie auf dem Präsentierteller, doch das schien Berjael wenig zu kümmern; vielleicht erklärte diese Fahrlässigkeit einen Teil der zahllosen Kampfnarben in dessen Gesicht. „Woher hat er eigentlich die Information, dass sie Assiah angreifen werden?“ Das war wohl das erste Mal, dass Michael Zaphikel von sich aus ansprach, dementsprechend sah dieser ihn auch verwirrt an, blickte sich nach Sariel um. Sie passierten gerade die Klappe des Flugschiffes und betraten das Feld. „Keine Ahnung, ich denke er bekommt die Informationen von wem anderes? Auf jeden Fall durften wir bei den letzten beiden Feldzügen nicht mit, weil wir noch nicht richtig ausgebildet sind. Ich frag mich, was das heute soll. Und ohne dir zu nahe treten zu wollen: Warum bist du dabei? Du bist ja.. noch neuer als Sariel und ich…“ „Keine Ahnung vielleicht will er mich loswerden und verfüttern?“ Das war nicht erst seit jetzt in seinem Kopf, den Verdacht hatte Michael relativ früh gehegt. Spätestens, als Fenel und sein Kumpane versucht hatten ihn zu überzeugen, sich gegen diesen Befehl zu stellen; vermutlich wären die beiden dann auch mit in die Sache hineingezogen worden, das sprach entweder gegen deren Intelligenz oder sie hatten sich wirklich aufopfern wollen. Da Michael aber immer erst das Schlechteste von den Leuten erwartete, misstraute er Berjael im Moment mehr als den beiden Soldaten. Gerade als die drei Truppen zusammenfanden, hatte auch Sariel sie wieder eingeholt und der Chef erhob die Stimme: „Also gut, Männer. Wir wissen nicht, mit wem oder was wir es zu tun bekommen, noch haben wir Informationen über die genaue Anzahl. Wir stehen also vor einem Rätsel, das wir schneller lösen müssen als es uns entdeckt. Fragen?“ Michael war tatsächlich versucht die Hand zu heben und Berjael zu fragen, ob er seinen Führungsstatus irgendwo gekauft hatte weil sonderlich durchdacht oder logisch wirkte dies alles nicht; er ließ sie alle ins offene Messer rennen und würde damit einen immensen Schaden auslösen – wenn sie Glück hatten. Bei Pech wäre ihnen das egal denn dann waren einfach alle tot. Doch er ließ es, schob stattdessen seine Finger in die Taschen seiner Hose, verschränkte sie beherrschend ineinander. Niemand sagte etwas, die Anspannung stand ihnen ins Gesicht geschrieben und das war bei manchen schon eine ästhetische Aufwertung des Gebildes an ihrem Kopf. Berjael blickte in die Runde, begann die ersten Buchstaben von ‚Ausschwärmen‘ und wurde direkt unterbrochen; „Ausschwä-…“ Es grollte, gefolgt von einer plötzlichen Stille, die sich leider nicht als ‚beruhigend‘ einstufen lassen konnte. Es war nicht nur still, es war lautlos. Ob das ein kurzer Moment des Schocks war, schon so früh entdeckt worden zu sein und deswegen die Ohren streikten oder ob wirklich jegliches Leben vom Feld gelöscht wurde, konnte man nicht bestimmen. Kein Laut drang an ihre Ohren, weder das Rascheln einzelner Grasbüschel im Wind noch der lächerliche Ton eines zufälligen Insekts. Nervös wurden Waffen geladen, Messer gezückt, bei einigen kehrte eine prinzipielle Körperspannung ein – dann ging es los. Was genau nun wirklich den Beginn einläutete konnte Michael nicht sagen aber unter den schnellen Schritten und der Masse ihrer vielen Körper einiger Soldaten sah er sich dazu gezwungen, ihre Richtung anzunehmen um nicht überrannt zu werden und so strebten sie weg von den anderen, die Masse hatte sich aufgelöst und verteilt und schließlich endete das Feld vor einer Fläche aus Felsen und viel zu viel Gestein. Am Rande des Plateaus blieben sie kurz stehen, dann spannten sich hinter und neben ihm etliche Flügelpaare, welche die Männer in den Schutz der vielen Steine trugen. „Flieg!“, schnauzte ihn einer der Unbekannten an, doch das war dann wieder sein Problem; zu kleine Landeflächen. „Ich kann nicht, ich…“ „Flieg jetzt!“ Mit einem Stoß in den Rücken hatte er keine Wahl; er verlor das Gleichgewicht und fing sich gerade noch mit den Schwingen ab, bevor er wie ein Stein fallen würde. Es sollte befreiend sein, das Fliegen war ein ihnen gegebenes Privileg und doch empfand Michael es gerade keines Falls so; er verpatzte die Landung seit er denken konnte und mit einer unbekannten Todesdrohung im Nacken war er auch noch nie aufgebrochen. Grund genug also, um nervös zu werden. Jemand winkte mit einer herrischen Handbewegung von der Seite und deutete Michael einen kleinen Vorsprung in einer Nische an, woraufhin dieser den Kopf schüttelte. Der Wind rauschte ihm in den Ohren und die Nervosität vor der Landung wuchs stetig weiter; erst recht, als der andere sich näherte und ihn am Arm packte, mit sich riss. Er schrie ihn wohl an aber seine Stimme ging im Tumult über ihnen unter, denn da waren sie; im Moment nicht mehr als Schatten in der Dunkelheit, aber sie waren definitiv da. Mit herzlich wenig Sichtweite steuerten sie auf diese Nische zu, dort wartete bereits ein weiterer Soldat und wenige Meter vor diesem ließ der andere Michael los, setzte zu einer tadellosen Landung an; da drehte der Feuerengel wieder weg, hörte den wütenden Ruf noch hinter sich. Er brauchte mehr Fläche, andernfalls würde er gegen die Wand schellen oder ganz ungalant gegen diese stolpern, bei den beiden Soldaten war einfach zu wenig Raum; er müsste punktgenau aufsetzen und das konnte er nicht. Es war schon relativ bedenklich für einen Engel aber bisher hatte ihn das Fliegen nie sonderlich gereizt; nicht, seit Luzifel damit begonnen hatte. Der Boden der Schlucht kam immer näher, mit ihm leider auch die teilweise massigen Gestalten diverser Dämonen; auf wie viel sich die Zahl genau belief konnte er nicht sagen aber es waren auf jeden Fall weit über zehn. Wenn er nun mit einem Flammenstoß… nein, das würde jedes Mal gleich enden; sein Gesicht wurde einfach zu heiß und er drohte zu verbrennen, er konnte es einfach nicht. Problematisch war nun auch die Landung, denn abbremsen würde er nicht mehr schaffen du einige der Dämonen hatten die leichte Beute schon unlängst registriert, lauerten darauf. Gut, wenigstens konnten sie scheinbar nicht fliegen aber das half ihm auch nicht weiter. Er konnte nicht landen, wo war da der Reiz? Die Wucht des Aufpralls traf seine linke Seite, sein Körper war in einem einzigen, erbarmungslosen Griff gehüllt und seitlich schnellte er auf die Felswand zu, presste die Augen zu, als sie federleicht aufsetzten und man ihn wieder losließ, eine Hand noch auf der Brust. Als er wieder aufblickte stand dort Berjael, wie er aus dem Spalt in der Felswand lauerte, in welchem sie gerade noch Schutz gefunden hatten. Seine massige Hand hielt den kleinen Körper nach hinten gedrückt doch er hatte keine Zeit sich über diese Rettungsaktion zu wundern, drehte den Kopf in genau die entgegengesetzte Richtung, in welche der Kommandant die Dämonen beobachtete. Ein Luftzug hatte Michaels Haar erreicht, was ihn zu einer neugierigen Tat verleitete; das Feuer in seiner Hand flackerte schwach und hilflos, doch größer wollte er die Flamme einfach nicht machen, also streckte er den Arm in die weiteren Tiefen des Spaltes – und vergaß zu atmen. Die Flamme erlosch, als Berjael ihn am Hemd zu sich riss und mit seinem einen Auge wütend in das Gesicht des jungen Kadetten blickte. „Warum hast du dich widersetzt?! Du hättest sterben können, du Narr! Ein sicherer Landeplatz und du gehst nach unten?!“ „Wir müssen hier…“ „Warum du nicht gehorcht hast!“ Ungehalten schüttelte der große Engel ihn, zuckte dann aber mit dem Kopf nach oben, presste seine Hand auf den Mund des Rothaarigen, welcher zu einem trotzigen Protest angesetzt hatte. „Scht! Still, horch!“ Er zog Michael sogar etwas an sich heran, blickte sich mit hektisch huschenden Augen um; sie standen weit genug im Spalt um nicht erwischt zu werden aber dennoch war in ihrer unmittelbaren Nähe das Geräusch von etwas Kratzendem. Michael hatte Sand in den Mund bekommen, sauber war Berjaels Hand nicht und ehrlich gesagt passte es ihm gar nicht, was dieser mit ihm trieb, er bewegte den Kopf etwas und zog auch an den viel zu breiten Fingern, was den griff nur verfestigte. Problematisch war, dass er ihm die Nase ebenfalls mit abdrückte, folglich bekam er keine Luft und kämpfte nun aus einem natürlichen Überlebensinstinkt dagegen an; nichts half. Erst, als er in einigem Gerangel auf den Fuß des Kommandanten traf, schenkte dieser ihm überhaupt wieder Beachtung, jedoch im negativen Sinne denn er schüttelte ihn nur kurz, konzentrierte sich dann wieder auf das unbekannte Kratzen. Wie Krallen, die über den Felsboden kratzten. Oder Schwerter, aber Michael wusste es besser. Deswegen wand er sich auch in einer hastigen Drehung aus Berjaels Griff, woraufhin dieser sofort zu einer Backpfeife ausholte, ihn aber nicht erwischte. „Wir müssen raus!“ „Geh alleine, wenn du das meinst! Hast du dich mal umgesehen? Klappe jetzt, hier…“ „Ja, hinter uns! Da im Spalt!“ Tatsächlich kroch eine Art Angst in ihm empor, Michael fürchtete sich vor dem was da lauerte ganz einfach aus dem Grund, weil er es nicht einschätzen konnte und deswegen lieber erst einmal sein Leben sicherte. Gemustert vom Kriegsengel stieß dieser ihn dann doch gegen die Wand, näherte sich dem schmaler werdenden Spalt, doch die Geräusche waren verstummt. „Bursche überspann den Bogen nicht, du…!“ Doch da tauchte der kleine Körper schon unter ihm empor, rasch streckte Michael den Arm aus und erlaubte es sich noch einmal, etwas Feuer zu beschwören. Das Gesicht drehte er weg, hatte den Glanz in den fahlen Augen jenes Dämons schon erspäht. Berjael wurde plötzlich hektischer, fasste den kurzen Engel am Kragen und zerrte ihn mit sich, was mit den Flügeln auf dem Rücken nicht leicht war aber seitlich kamen sie schnell vorwärts. Ohne weiter nachzudenken stieß er sich aus dem Spalt am Boden ab, zerrte dabei den Rothaarigen mit sich, welcher seinen Arm noch gelöscht bekam und schließlich selber auf den eigenen Flügeln Aufschwung gewann. Was auch immer in der Spalte war; es steckte fest und hätte sie vermutlich geröstet, der Flammenstoß unter ihnen offenbarte Wut über die entkommenen Leckerhappen, ein tiefes Knurren glitt über die Ebene, gefolgt vom Schuss einer Pistole; Michael taumelte im Flug, der Schmerz fraß sich in seine Schulter und zog durch seinen Arm. Es war nicht wie in den Erzählungen, er lief nicht heroisch durch die Gegend und ignorierte die Kugel im Fleisch; der Schmerz machte ihn beinahe blind, seine Konzentration sank gegen null. Ein weiterer Schuss, hinter ihm jaulte es auf und abermals packte man ihn am Arm, riss ihn wieder auf das Plateau. Stimmengewirr, gehetzte Stiefelpaare und ein gebellter Befehl aus dem Mund des Einsatzleiters, ehe dieser sich wieder ins Getümmel stürzte. Jemand fasste Michael unter die Achseln und hob ihn auf, brachte ihn aus den gröbsten Schusslinien heraus und überließ ihn wieder jemand anderem. Der Sand zwischen seinen Zähnen knirschte, warmes Blut war ihm in den Kragen gelaufen, tropfte am Arm herab und sammelte sich neben ihm, während über ihm das Gesicht von dem Engel auftauchte, den er mit Namen Fenel in Erinnerung behalten hatte. „Diese Drecksnutten!“, hörte er ihn fluchen und wurde sich seines Umfeldes wieder gewahr; natürlich war der Schmerz tief aber er würde schon überleben. „Hab es doch gesacht, ey. Nutten, alle!“ Er hatte das Tanktop, welches Michael trug, einfach aufgeschnitten und entblößte so das ganze Desaster, schnalzte mit der Zunge. „Othriel, komm ma‘ her. Welche dieser kleinen Flittchen schießt denn mit Pistolen?“ Michael schloss die Augen, als er den Schwarzhaarigen Kumpanen Fenels ins Blickfeld gerückt bekam. Dass dieser glaubte er würde das Bewusstsein verlieren, war der Grund für den Schlag auf die Wange. „Alter!“ „Gut, bleibste wach, wa? Wer hat’n dich geimpft, hm?“ „Was?“ Oh man, konnte er nicht einfach normale Wörter benutzen? „Na deine Schulter, wa? Wer war’n das?“ „Ein Vogel, kann Patronen scheißen. Was war das wohl?!“ „Ja Pistole, oder Fenel?“ „Klar Pistole aber diese Dämonenschlampen können so was gar nicht bedienen.“ Um Michael noch an seinem Wissen teilhaben zu lassen hob er die Hand und deutete mit Daumen und Zeigefinger eine Schusswaffe an. „Keine Finger, weißte? Okay wir holen das zuhause raus, bist erst mal beurlaubt, Kleiner. So kannste nicht helfen, sorry.“ „Dann wirste auch genäht, wa? Erste Narbe, ein Soldat braucht Narben, sind gute Andenken.“ Aufmunternd tätschelte er Michael den Kopf, dann erklang ein Schrei von weiter hinten und Othriel sprang wieder auf, rannte los. „Im Ernst ich bleib doch nicht hier liegen! Hey, Fenel du Sack!“ Der verschwand dann auch und Michael blieb neben ein paar anderen Soldaten im Schutze eines der Flugschiffe, schnaufte verächtlich. Er wusste, dass der Schussaus Berjaels Pistole gekommen war aber konnte nicht hundertprozentig beweisen, dass er es mit Absicht getan hatte. Ein kurzer Blick nach hinten und er hatte abgedrückt, jedoch fühlte Michael sich in den Moment nicht als Ziel angesetzt sondern dachte eher an das Ding, welches neben ihnen die Felswand hochgekraxelt war und dann beim zweiten Versuch erwischt wurde. Und wenn er sich den Kopf zerbrach, so würde er doch keine vernünftige Antwort bekommen. Neben ihm stöhnte es schmerzlich; ein ihm unbekannter Soldat schien weniger Glück gehabt zu haben; das halbe Gesicht wurde ihm weggeschnitten, im hellen Haar klebte eine große Menge Blut und einen Teil seiner Brust hatte es auch erwischt. Michael setzte sich auf, sah jedoch schlagartig Sternchen und murrte über diesen kurzen Moment der Schwäche, blickte sich dann um. Viele Verletzte lagen hier, drau0en nahm der Tumult nicht ab, immer mehr wurden hereingetragen; schließlich betrat auch Berjael das Schiff, gestützt von Othriel. „Rückzug“, knurrte er und erntete einige unsichere Blicke. „Chef, da draußen sind noch ein paar Männer und…“ „Rückzug hab ich gesagt!“ Er spuckte beim Sprechen, Blut landete in Othriels Gesicht, welcher einer Verzweiflung nahe stand. „Fenel ist noch…“ Er bekam keine Antwort, der große Engel faltete seine mit Schmutz und Staub bedeckten Flügel ein und begab sich wieder an das Steuer seines Schiffes, knallte die Tür zur Kommandobrücke hinter sich zu; die Ladeluke schloss sich langsam. Michael stand auf, der Schwindel konnte ihn auch nur wieder dort hinbringen wo er gerade noch lag und von dort käme er zur Not wieder weg. Mit dem heilen Arm stützte er sich ab, der Boden bebte, doch nicht so sehr wie der schwarzhaarige Engel vor ihm. Seine Hand war nahe des Schalters, welcher die Ladeluke wieder öffnen würde doch er traute sich nicht; drau0en erklangen Rufe. Auch die anderen beiden Flugschiffe erhoben sich, jedoch warteten sie noch ein paar verzweifelte Sekunden auf weitere Passagiere; die Engel im Nachthimmel würden sie nicht mehr einsammeln. „Lassen wir jetzt etwa Leute im Stich?!“ Michael kämpfte sich bis zu Othriel vor, konnte es gerade nicht fassen. „Hey, mach die Luke auf!“ Doch er tat es nicht, sie befanden sich nun wenige hundert Meter über dem Boden und gewannen immer mehr an Höhe, draußen hatten sich ein paar Soldaten festgeklammert, klopften unter Begleitung von Hilfeschreien an das feste Gehäuse; sie würden niemals so schnell fliegen können wie die Maschine und damit waren sie den Dämonen erbarmungslos ausgeliefert. Michael versuchte, diesen Umstand zu akzeptieren und starrte auf die Metallplatte, inzwischen hielt Othriel ihn fest ohne dass er es wirklich bemerkte. „Sie… können doch einfach versuchen uns zu folgen? Die Dämonen konnten doch nicht fliegen also wenn sie dann zwar langsam aber stetig fliegen…“ „Achtung!“ Die Stimme Berjaels schnitt das Gestotter ab, mit welchem Michael eine Rechtfertigung basteln wollte; sie gingen scharf in eine Kurve, der Rothaarige flog ohne Halt gegen Othriel, welcher an die Wand prallte und dann Michael festhielt, mit einem Ächzen zu Boden glitt, ihn dabei mit sich zog. Mehrere Soldaten stießen gegeneinander, die Verletzten wurden geschützt und Irgendetwas schnitt haarscharf an einem der Fenster vorbei. „Die Drecksdinger können doch fliegen!“, zischte ein Engel etwas weiter vorn; orangefarbenes Haar, relativ kurze Strubbelfrisur und drei Ohrringe im rechten Ohr. Als die Schreie von außen lauter wurden, schloss Michael die Augen; das war mehr als er erwartet hatte und im Moment vermochte er es nicht zu verarbeiten; von Zaphikel und Sariel fehlte auch jede Spur und egal wie sehr ihn die Leute auch nervten, tot wollte er sie immerhin nicht sehen. Die Tür sprang auf, Berjael griff nach dem zerfetzten Soldaten am Boden und lud sich dann noch einen zweiten Verletzten auf, trat gegen den Knopf für den Notfallausstieg – und warf einen der beiden Männer auf seiner Schulter hinaus. Nun war es Michael egal, er sprang auf und wollte diesem Mann einfach nur noch Schmerzen zufügen, doch wie schon zuvor am Tag wurde er von ihm am Hals hochgehoben und auf Augenhöhe gezerrt. „Er war mehr tot als lebendig, ein guter Soldat stirbt auf dem Schlachtfeld!“ Der Dämon, welcher sie attackierte, widmete sich dem herabfallenden Körper, sprang hinterher. Ein Koloss von einem Vieh, zwischen seinen Klauen Überreste von Flügeln, Federn klebten am Flugschiff. „Jeder nimmt sich so viele Verletzte wie er tragen kann, wir sind getroffen!“ Dann ließ sich der Kommandant aus dem Schiff fallen, drückte Michael an seinen Körper, auf der anderen Seite der blutende Soldat mit dem halben Gesicht. Sollte er ihn retten, der Rothaarige hatte genug. „Lass mich los, Dreckssack!“ Keine Reaktion, der Griff um seinen Körper war ähnlich erbarmungslos wie vorhin in der Felsspalte, doch nun hatten sie tatsächlich einen Vorsprung vor dem Dämon, welcher noch am Boden nach den Überresten des geopferten Soldaten suchte. Die Mission war also gnadenlos gescheitert, es gab Tote und viel zu viele Verletzte. Eine unschöne Bilanz, kaum zurück in der Kaserne sah man das volle Ausmaß; Verletzte und angeschlagene Krieger wo man sich nur hindrehte. Michael hatte sich vor dem Verarzten gedrückt, da gab es wichtigere Fälle und er kannte immerhin Raphael, doch einige hier schwebten zwischen Leben und Tod. Ein letzter Blick auf die Mitstreiter, dann wandte er sich ab und verließ das Gebäude mit dem Wissen, dass ihm ein trübes, braunes Auge nachgestarrt hatte. Er hatte ihn verbrannt. In seinen Armen wurde es zu viel, er wollte ihn nicht gehen lassen und so fing Michael mit einem Mal wieder an manchen Stellen Feuer, hatte die Haut des Kriegers an einigen Stellen in unschöne Blasen verwandelt. Trotzdem hatte er ihn festgehalten, dieser Bastard. ------------------------------------------- „…chael?“ „Hm…?“ Etwas benommen blinzelte er, blickte in blaue Augen und konnte sich im ersten Moment nicht orientieren. Das war definitiv nicht das Krankenhaus, dazu roch es nicht ekelhaft genug, aber trotzdem war dort Raphael über ihm und er lag definitiv in einem Bett. Seine Augen fühlten sich schwer an; unglaublich schwer, also schloss er sie erst wieder und sammelte etwas Kraft, bevor sie wieder aufgeschlagen wurden. „Michael, aufwachen!“ Nun spürte er die Hand an seiner Wange, bewegte den Kopf grummelnd auf die Seite, blinzelte wieder. Dort saß definitiv Raphael, hinter ihm eine dem Feuerengel unbekannte Umgebung. „Wo…?“ „Bei mir, ich konnte dich ja schlecht im Krankenhaus lassen, oder?“ Der Blonde wirkte etwas verändert; offener oder mutiger ihm gegenüber, doch das blieb wohl nicht aus wenn man jemandem bei sich im Bett liegen hatte, oder? Der junge Erzengel drehte den Kopf träge auf die Seite, stöhnte auf. „Oh Gott…“ „Hast du Schmerzen?“ Raphael beugte sich über ihn, betrachtete besorgt das bleiche Gesicht. „Ich hab dich narkotisiert und dann erst mal die Kugel entfernt… es ist geheilt aber bitte sei vorsichtig, ich weiß nicht ob es reichen wird also schon deinen Arm, ja?“ „Keine Schmerzen“, murmelte Michael leise, fasste dann den Arzt ins Auge. „Was dann?“ „Deine Tapete… furchtbar.“ „Ach halt doch die Klappe…“ ------------------------------------------- Oh Gott was ein Akt ich bin ja lange kein Fan von solchen Monsterkapiteln aber das musste leider alles in eines XD Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)