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A Certain Sarcastic Flamethrower

von

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Ein Prolog muss sein, oder?

Die Fragen der Fragen bleibt nach allem… Warum tu ich mir das eigentlich an? Na ja, ich kann mir jetzt vorstellen, dass ihr viele Fragen habt und so weiter, aber ehrlich gesagt hab ich keine Lust es zu erklären und warum überhaupt mein voriger Satz gut sein sollte… Nun mich vorstellen kann ich mich immer noch später und ich weiß, dass ich die Reihenfolge wie so eine Geschichte eigentlich anfangen sollte sicher schon durcheinander gebracht habe. Aber wem kümmert das? Nun ja, sicher euch aber mich jedenfalls nicht also kümmert es nun hiermit offiziell niemanden! Ja ich rede um den heißen Brei und sicher haben schon so manche unter euch die Lust verloren weiterzulesen, aber diese Geschichte dient einzig und allein um mir die Zeit ein wenig zu vertreiben, denn ich habe schon genug erlebt um meinen - hoffentlich - zukünftigen Kindern stundenlang den Abend zu versüßen. Doch dies liegt noch alles in ferner Zukunft und mein jetziges Ich muss dies noch alles erleben…

Ein komplizierter Anfang, aber vor allem einer der sehr durcheinander ist. Ich habe nach allem sehr stark um den heißen Brei geredet und bin vom eigentlichem Geschehen schon längst abgekommen… Doch freut euch hiermit beginnt nun offiziell meine Geschichte: Die Geschichte von Michizane Fujimoto, einen der fünf Level 5 der Bildungsstadt. ständiges Umarmopfer (ist das ein Wort?) eines gewissen kindlichen Mädchens, Mitglied von Judgment - wobei mir immer noch nicht klar ist warum ich dieser Organisation eigentlich beigetreten bin - und schlussendlich beliebtes Ziel einer verrückten Wissenschaftlerin…

„MichiMichi was führst du eigentlich Selbstgespräche?“ Diese Frage kam von niemand anderem als dem vorhin schon erwähntem Mädchen und ich gehe jetzt nicht weiter darauf ein, weil ein Prolog meistens nicht sofort in das Geschehen eingreift. Es geht ja immer noch weiter ihr Tapferen die diese - Moment muss kurz nachzählen - 300 Wörtern bis hierher gelest habt. Mist jetzt sind es ja schon - kurz gucken - 314. Oh es werden ja immer mehr! Ich glaube ich höre auf…

Okay ich könnte jetzt noch eine kurze Einfürung in die Bildungsstadt und ihre Bewohner geben, aber ihr wisst das sicher schon und wenn nicht fragt euren guten Freund, das Internet.

Alles hat doch immer seinen Anfang…

Wie sagt man denn so schön? Mist mir fällt im Moment kein Spruch ein. Stellt euch den einfachsten Spruch vor, der euch in den Kopf kommt wenn eine eurer Kindheitsfreundinnen auf eurem liegendem Körper sitzt, fröhlich etwas vor sich hin schwafelt und ihr nicht Antworten könnt, da ihr mit dem Kopf im Sand vergraben seid. Eine nachvollziehbare Situation, oder? Nein, ich weiß... Genau aus diesem Grund war mir auch kein Spruch eingefallen, aber dies war ein guter einleitender Satz gewesen... Na ja, jedenfalls kennt ihr jetzt meine Situation und ich müsste euch nur noch ein paar Details liefern, damit ihr so halbwegs mitkommt. Als erstes fangen wir doch mit dem "Geschwafel" von Noriko Shirai an. Die Beschreibung ihres Aussehens konnte noch warten:

"Was'n los MichiMichi? Hat es dir die Sprache verschlagen? Ich hab dich jetzt zwei Stunden 58 Minuten und 34 Sekunden nicht mehr gesehen und das Einzige was du machst ist mir die kalte Schulter zu zeigen? Das ist nicht sehr höflich!" Bei diesem Schwall an Anschuldigungen könnte ich zu jedem einzelnen Wort einen sarkastischen Kommentar ablassen, doch ich ließ es besser bleiben, ihr könnt euch sicher vorstellen was mir alles so durch den Kopf schwebte. Wenn nicht, dann müsstet ihr mal euer Gehirn einschalten. Nein es ist nicht gut unbekannte Leute zu beleidigen Michizane! Nun ich konnte ja so Fröhlich in meinen Gedanken schwelgen, da mein Mundwerk im Moment keine Möglichkeit hatte "lose" zu werden und so konnte ich nur schweigend warten bis mein Reiter entschied von ihrem hohen Ross zu steigen, was sie auch tatsächlich in der nächsten Sekunde Tat. Oh, das war doch mal was...

Erleichtert spürte ich wie langsam ihr Gewicht von meinem Rücken verschwand und ich spürte förmlich wie Erleichterung -körperliche wie auch seelische - meinen Körper erfüllte. Ich konnte endlich aufstehen, ziemlich verständlich wenn man fünf Minuten mit dem Kopf gegen den Boden gedrückt wurde und kaum eine Möglichkeit hatte, um zu atmen… Ich stand auf, zumindest versuchte es. Dies lag nun nicht daran, dass mein Rücken mir schmerzte, oder ich zu alt war für so etwas. Ich bin verdammt nochmal ein Jugendlicher! Nein es lag daran, dass ich sobald ich auch nur den Gedanken fassen konnte: „So jetzt muss ich nur noch mein Gleichgewicht finden!“ schon wieder brutal von hinten angegriffen wurde und meine ganze Aufmerksamkeit darauf widmen musste eben den Gedanken auch in die Realität umzusetzen mein Gleichgewicht zu gewinnen. Und das war schwer. Aber ich war ja nicht umsonst gegen solche Attacken gewappnet und mein Amazing-Skill erlaubte es mir auch tatsächlich nicht umzufallen. Da gab es eben etwas das nannte sich Training... Was war denn nun das Gewicht was mich von hinten überrascht hatte? Nun es war meine gute Freundin Noriko die sich trotz allem umentschieden hatte und mich trotzdem als Umarmopfer auserwählt hatte, obwohl ich sie so mühselig um das Gegenteil überzeugen wollte. Wer war denn nun diese ominöse Noriko Shirai, während ich also schnell ihre Beine griff damit sie nicht von mir runterfiel und ich sie wohl oder übel Huckepack nehmen würde, könnte ich auch schon auf die Beschreibung ihres Aussehens eingehen. Na ja, was sollte ich sagen? Noriko Shirai war eine Schönheit. Mit langen braunen Haaren einem überaus freundlichem Gesicht, einer athletische Figur. Sagen wir mal so alles war im rechtem Fleck. Ihr Kleidungsstil war ein kunterbunter Mischmasch aus modischer Kleidung und kindlicher. Momentan trug sie kurze Hosen, ein T-Shirt auf dem ein großes rotes Herz illustriert war und darüber eine dünne lilane Jacke mit Kapuze. Dies war ihr Lieblingskleidungsstück, damit war sie - ihrer Meinung nach - cool. Nun als nächstes käme wohl in der Beschreibung einer Person, die Persönlichkeit auf der Liste. Noriko - oder kurz Nori - war ein Kind im Körper einer Jugendlichen. Dies würde eigentlich genügen um dies zu beschreiben, aber um euretwillen gehe ich etwas mehr in die Details ein. Doch nicht alles, Geheimnisse am Anfang gehörten sicher auch zur Geschichte dazu. Nun Nori war durch gewisse Umstände... Sagen wir mal nicht zurückgeblieben, aber sie hatte irgendwann einmal aufgehört geistlich erwachsen zu werden. Das hatten zumindest die Wissenschaftler gesagt, aber dieser Meinung war ich schon lange nicht mehr. Denn Nori war nicht dumm! Im Gegenteil sie bewies schon in manchem Feldern größere Intelligenz als ich und ich war immerhin der Klassenbeste. Na ja ihre Intelligenz beruhte nicht auf Fachwissen sondern eher in Menschenkenntnisse. Dies konnte ich schon kaum nicht von mir behaupten… Da fällt mir ein, ich habe mich noch eigentlich noch nicht vorgestellt. Nun im Prolog habt ihr vielleicht eine kurze Zusammenfassung bekommen, aber immerhin sollte der Protagonist einer Geschichte sich mit dem Leser identifizieren können, oder umgekehrt… Ich bin Michizane Fujimoto, meines Zeichens ewig genervter 16 Jähriger Schüler in der Bildungsstadt. Außerdem bin ich Level 5 mit der Fähigkeit Firemaster, aber meistens in der Öffentlichkeit als das “Drachenfeuer“ oder “Dragon Flame“ bekannt. Dieser Name kam dadurch, dass ich eine Vorliebe dazu hatte mein Feuer in Form chinesischer Drachen im Kampf einzusetzen. Ein dämliche Vorliebe meinerseits, da ich diese Fabelwesen verehre… Ja auch ich als ewig nörgelnder Besserwisser kann auch eine Hauch von Fantasie haben… Ich werde später auch noch darauf eingehen wie meine Fähigkeit genau funktioniert, die Gelegenheit würde sich sicher später noch einmal ergeben…

So nun galt es erstmal zum Geschehen zurück zu kommen. Ich musste nun jetzt wirklich meiner ewigen Begleiterin als Reittier dienen und -wie so oft – tat ich es auch tatsächlich. So mancher würde sich jetzt sicher fragen wieso ich mir so eine Behandlung gefallen lassen würde. Nun die Frage war einfach zu klären: Mir gefiel es! Ich mochte die Gesellschaft von Nori und weiteres brauchte ich jetzt auch nicht zu sagen:

„Siehst du MichiMichi das ist die richtige Einstellung!“ lobte sie mich also und ich konnte nur ein dumpfes Grunzen dazu abgeben. Dieses vernahm sie auch schon als begeisterter Zuruf und begann auch schon zufrieden ihre Arme um mich zu schlingen. Unangenehm, aber gleichzeitig auch angenehm wenn ihr versteht was ich meine…

„L...Lass los!“ forderte ich sie ein wenig verzweifelt klingend auf. Dieses angenehme Gefühl war aber auch gleichzeitig wieder unangenehm.

„Warum denn. Magst du es etwa nicht wenn NoriNori dich umarmt. Puh du besitzt kein Taktgefühl!“ Ich sah es aber nicht, doch ich konnte ahnen, dass sie bei diesem Satz sicher ihre Wangen aufgeplustert hatte und beleidigt tat. Doch sie war es nicht. Sie war es nicht. Ich sollte auch mal langsam dazu übergehen meine Umgebung zu beschreiben. Nun momentan befanden wir uns mitten auf einem Bürgersteig und dies war vor einigen Minuten ebenfalls der Fall gewesen. Das heißt wir waren schon längst Beobachtungsziel vieler Leute die das ganze Spektakel ziemlich belustigt beobachten. Sachen wie: „Oh mein Gott, was sind die beiden süß!“ Oder „Was meinst du sind die beiden ein Paar?“ ODER: „Was sieht die heiß aus...“ Nun bei letzteren Kommentaren hätte ich die Sprecher am liebsten ein paar Mal gegrillt und bei den vorigen erfühlte ich so etwas wie Schamgefühl. Nun ja in dieser Hinsicht war ich ehrlich. Wir sind nicht zusammen… Auch wenn ich… Na ja egal. Ich ignorierte jedenfalls größtenteils die Kommentare der Zuschauer. Ebenfalls eine Fähigkeit die ich mir nach langem Training angeeignet hatte und ging einfach wortlos weiter. Die Leute gingen mir breitgrinsend aus dem Weg und ich konnte hier und da eine Hand die ein V Formt erkennen, oder einen hochgenommenen Daumen doch ich blickte weiterhin stur geradeaus. Meine glorreiche Reiterin hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht in irgendeiner Form auf ihre Umgebung aufzupassen und fing auch schon an ihre Geschichten zu erzählen:

„Weißt du heute hab ich das neu Zel** Spiel durchgespielt. Dieses Mal war Ganondor* sehr schwer zu knacken gewesen. In ganze 6 verschiedene Formen hat dieser Fiesling sich verwandelt. Doch Nori blieb standhaft und konnte schlussendlich das Happy End ergattern!“ Man sah es ihr vielleicht an, aber sie war ein großer Gamefan. Immer schwärmte sie davon und ich konnte immer nur mit den üblichen „Hmh“`s und „Ach so?“s antworten. Na ja ich spielte schon so manches Game aber diese Begeisterung die Nori in diese Beschäftigung war schon bewundernswert und rief in einem die Eltern-typische Frage auf: „Warum konnte sie nicht so in der Schule sein?“ So ging das also den ganzen Weg weiter und meine Antworten wurden ja schon vorher erläutert. Manchmal schlich sich aber ein leichtes Seufzen über meine Lippen, das aber sofort von einem müdem Lächeln ersetzt wurde. Ich hatte schon lange aufgehört es zu leugnen, aber ich genoss diese gemeinsame Zeit. Sie war einfach die perfekte Ergänzung für mich Spießer.

Wir hatten inzwischen eine Ampelkreuzung erreicht und Nori laberte munter weiter über Spiele, ihre Schule, das Essen und so weiter und so fort Es dauerte auch erstaunlicherweise nicht lange bis schlussendlich die Ampel auf grün umschlug und ich losgehen konnte. Auf halbem Weg fiel mir etwas ins Auge. Ein Mädchen kam mir entgegen. Sie war schon ziemlich auffallend gekleidet, denn gelb übertönte das Farbenspiel. Sie war gut aussehend und ihre Haare waren zu einem - zugegeben - ziemlich gut aussehenden Pferdeschwanz gebunden. Doch dies war nicht das was seine Aufmerksamkeit ergatterte. Es war ihre Miene. Nun im Großen und ganzem machte ihr Gesicht schon einen fröhlichen Eindruck doch momentan war es eher mit Melancholie gefüllt. Sie wirkte einfach nur einsam. Irgendwie bekam bei ihr das Gefühl, dass es sich bei ihr um einen Einzelgänger handeln würde. Ich behielt sie die ganze Zeit aus den Augenwinkeln im Auge. Sie schien mich noch nicht bemerkt zu haben. Mit halbem Ohr hörte ich noch Noris Worten zu, doch ich konnte irgendwie nicht von diesem Mädchen ablassen. Nicht weil sie nur süß aussah, sondern weil mir einfach dieser Ausdruck nicht gefiel. Na ja ich war nicht der gute Redner und schon gar keiner zu dem man kommen sollte wenn man Trost brauchte, doch so etwas offensichtliches fiel auch mir auf. Bis jetzt schien sie nicht bemerkt zu haben, dass ich sie aus den Augenwinkeln beobachtete, doch ihr Blick ruhte auf mir. Wieder verstärkte sich der Ausdruck der Melancholie. Wahrscheinlich beneidete sie uns ein wenig. Wer weiß. Erst als sie an uns vorbeigegangen war konnte ich nicht mehr anders als noch einen letzten Blick auf sie zuzuwerfen. Unsere Blicke trafen sich und sie drehte sich aber rasch um und ging weiter. Einen kurzen Moment war ich versucht ihr nachzulaufen was los war. Mit Nori als Verstärkung wäre es sicher möglich gewesen sie zu befreunden und so weiter. Aber sie war eine komplette Fremde und sie war sowieso schon in der Menge verschwunden. So viel also zum Aufmuntern. Ich seufzte und drehte mich um, nun fiel mir auf, dass Noris Redeschwall schon längst gedämmt war:

„Ara Ara, MichiMichi es ist selten, dass du einem Mädchen hinterher starrst. Ist sie dein Typ? Magst du etwa Pferdeschwänze? Soll Nori sich auch mal einen machen?“ Ich wäre nun am liebsten gestolpert.

„Nein es ist etwas anderes. Sie ist mir nur so... Na ja traurig vorgekommen.“ sagte ich und fühlte mich wie ein Möchtegernpsychologe.

„Oh? Dir ist das auch aufgefallen? Gut erkannt MichiMichi dieses Mädchen ist schlicht und einfach einsam. Sie ist eine Einzelgängerin die gerne Freunde hätte, es aber nicht zugeben würde und sich deswegen nicht dazu aufraffen kann Freunde zu machen. Wahrscheinlich hat sie irgendwo gute Freunde gesehen die Spaß miteinander hatten und fühlte sich sofort an ihre Einsamkeit erinnert. So wird es auch bei uns gewesen sein. Ich wäre ihr auch gerne nachgelaufen aber sie ist schon längst verschwunden. Schade, aber man begegnet doch jedem Menschen bekanntlich zweimal, nicht wahr MichiMichi?“ Ich war baff… Das alles hatte sie nur mit einmal sehen des Gesichtes erkannt? Also ich wurde immer wieder von ihr überrascht. Besser könnte ich es nicht sagen… Wie gesagt sie war verdammt nochmal ein Genie in verschiedenen Aspekten. Und das waren auch noch die, die unsere Gesellschaft als nicht wichtig einstufen, aber am wichtigsten sind für das Zusammenleben von Menschen… Ich war leider in erster Kategorie besser. Was war denn wohl wichtiger. „Du hast Recht… Wenn wir sie treffen, dann werden wir sie wohl ansprechen, oder?“

„Natürlich. NoriNori mag es natürlich anderen Leuten zu helfen.“ Das hieß, falls wir sie treffen…

„Und willst du denn NoriNori mit einem Pferdeschwanz sehen oder nicht?“ Kam sie nun wieder mit dieser Frage auf. Nun die ehrliche Antwort wäre dann wohl: „Ja!“ Aber die feige Antwort, die ich auch sagte war nicht anders als:

„Mir ist es egal was du mit deinen Haaren machst. Du kannst sie auch orange färben, ist mir so lang wie breit.“

„Orange? Hmm... Das wäre wohl eine Idee.“ Da habe ich sie wohl eine Idee gebracht die ich aber sicher nicht bereuen werde… Während wir also so redeten, trottete ich durch die Straßen der Stadt und ignorierte einmal gekonnt all die schiefen Blicke die auf uns geworfen wurden. Ich war das schon gewöhnt und obwohl ich eigentlich ziemlich darauf bedacht war keine unnötige Aufmerksamkeit zu erhaschen, machte mir das nicht viel aus.

„Und MichiMichi, was machen wir heute? Gehen wir in Spiele spielen in einem Arcade, oder gehen wir…“

Ich unterbrach sie mal prompt, ehe ihre Ideen zu verrückt wurden. Wenn ihr sie so lange kennen würdet wie ich, wusstet ihr was ich meine:
„Tut mir Leid wir können nichts zusammen machen, da ich heute Judgment Arbeit machen muss.“

Judgment… Ich sollte wohl schnell erklären was das ist. Es ist eine Art Polizei von Jugendlichen dieser Stadt. Neben Anti-Skill, der wahren Polzei der Stadt gab es eben noch Judgment. Da diese aber nur aus Minderjährigen bestehen, bekamen die auch keine richtigen gefährlichen Jobs. Es sollte eher als Art Assistent für Anti-Skill dienen. Der Einzige Vorteil den wir haben, wäre dann wohl, dass wir alle Esperkräfte haben. Warum ich denn dieser Organisation beigetreten bin, war mir bis heute ein Rätsel. Wahrscheinlich lag es einfach daran, dass ich als Level 5 sehr beliebt war und das nicht nur unter den Leuten, sondern auch unter zwielichtigen Personen. Und um denen klar zu machen, dass ich es nicht nötig hatte mich irgendeiner Mafiabande anzuschließen, trat ich schlechthin den ,Guten‘ bei.

„Ach so…“ Wie ein kleines Kind klang Nori - und glaubt mir, so werde ich Noris Gemütszustand oft genug beschreiben - das gerade erfahren hat, dass sie nicht zu einem Freund spielen konnte. Sofort erwachte in mir das obligatorische schlechte Gewissen und versuchte es sofort gut zu machen:

„Sobald ich fertig bin, rufe ich dir an und dann gehöre ich dir ganz dir.“ Wie so vieles ich ihr im gegenwärtigem Moment verspreche, würde ich danach sicher bereuen und genau so war es im Moment.

„Versprich es mir!“ sagte sie laut und lehnte sich von meinem Rücken aus zurück, sodass ich fast von ihr erwürgt wurde. Das nannte man dann wohl Rache. Nach Luft schnappend stieß ich ihr verlangtes Versprechen hervor und endlich ließ sie mich los und kletterte unter anderem auch von meinem Rücken. Das bedeutete meistens, dass sie nicht froh mit mir ist. Mist, ich hatte wirklich schnell bei ihr ein schlechtes Gewissen. Wir waren sowieso bald da. Nur noch einmal abbiegen und schon würden wir vor meiner Abteilung ankommen. Doch das konnte noch bis zum nächstem Kapitel warten.

„Was wirst du denn solange machen?“ fragte ich zögernd. Ich bewegte mich im Moment auf sehr dünnem Eis.

„Ich werde dann wohl alles was ich heute mit dir vorgehabt habe, alleine machen und glaub mir! Ich werde Spaß haben, sogar doppelt zuviel als mit dir!“ So schritt sie also enttäuscht und beleidigt von dannen und ließ mich mit schlechtem Gewissen zurück, aber auch mit der Erkenntnis, dass sie mir schon verzeihen würde. Es war ja theoretisch gesehen, nicht meine Schuld. Aber nun egal, Nori würde schon eine Beschäftigung finden, sie fand immer eine und sei es auch nur mit irgendwelchen Kindern auf einem Spielplatz zu spielen. Das würde ihr sicher mehr Spaß machen als mit mir Miesepeter durch die Gegend zu stapfen. Ein Seufzer entwich meinen Lippen und ihr werdet diese Aktion schon oft genug von mir erleben.

Den Rest des Weges beschritt ich in einigen Minuten und befand mich schlussendlich vor einem nicht hübschem aber nicht hässlichem Gebäude. Es passte sogar nicht zwischen zwei Hochhäusern und die braunen Ziegel aus dem das Haus bestand, passte schon überhaupt nicht in die Bildungsstadt wo alles modern und anders sein sollte. Doch hier war dieses Haus anders. Dieser altmodische Eindruck gefiel mir einfach irgendwie und mit diesem Gedanken trat ich ein. Natürlich gehörte dieses ganze Gebäude nicht nur Judgment, der Abteilung gehörte nur ein sehr kleiner Büroraum, aber auch das hatte seinen Charme. Obwohl ich das aber auch schon oft verflucht hatte. Endlich stand ich nun vor der Tür betitelt mit ,177. Abteilung von Judgment‘ und öffnete diese.

Was nun drinnen geschah konnte nun wirklich bis zum nächstem Kapitel warten…
 

Fortsetzung folgt…

8.April I

Kapitel 2
 

Wo waren wir stehen geblieben? Ich war wohl etwas zu jung um mich über mein Kurzzeitgedächtnis zu beschweren. Ich wusste schon, wo wir stehen geblieben waren und mir war auch bewusst, dass ich unnötig schwafelte. Deswegen kommen wir mal sofort zum Punkt in der ich die Tür zu meiner Abteilung öffnete und von folgendem Anblick begrüßt wurde. Ein überfülltes Bürozimmer in denen vier verschiedene Arbeitstische nur noch mehr Platz kosteten. Man konnte die Wände schon nicht mehr erkennen, da überall Regale standen die mit Kisten gefüllt mit verschiedenen Akten waren. Irgendwie hatten wir es geschafft noch genügend Platz Rest zu haben um eine kleine Küche und auch noch eine Art Essraum herzurichten, damit wir uns auch mal ausruhen konnten, soviel wie wir arbeiteten. Nein, das war kein Sarkasmus! Ihr könnt euch nicht vorstellen, was solcher Papierkram an Energie kostet. Hattet ihr etwa spannende Verfolgungsjagden als unseren Alltag erwartet? Nein? Dann hattet ihr auch Recht. Bis jetzt war ja immer von ,Wir‘ die Rede gewesen, nun wäre dann wohl der richtige Zeitpunkt um eben dieses ,Wir‘ genauer zu beschreiben. Tun wir das nun am besten mit der Reihenfolge wie sie mich begrüßten als ich eintrat:
„...“ Diese einsilbige und eigentlich vielsagende Begrüßung stammte von einem Mädchen in meinem Alter und einem Gesicht, das gelangweilter nicht sein konnte. Sie hatte kurze dunkelbraune Haare, blaue Augen und wie gesagt war ihr Ausdruck nicht gerade der Begeistertste bei meinem Eintritt. Das lag nicht daran, dass sie mich nicht leiden konnte, sondern eher daran dass man sich schon sehr anstrengen musste um sie überhaupt für etwas zu begeistern. Sie war in eine Mädchenuniform gekleidet, die der einer Matrosenuniform glich, was in vielen Schulen üblich war und um ihren Körperbau zu beschreiben wäre dann wohl die Bezeichnung ,eigentlich zu klein für ihr Alter‘ in vielerlei Hinsicht angebracht. Ihr Name war Tamura Ren, ihres Zeichens Level 4 und Schachliebhaberin. Auf ihre Fähigkeit konnte immerhin noch später eingegangen werden, man wollte ja nicht die Überraschung verderben. Ich sagte Schachliebhaberin und somit war es nicht weiter verwunderlich, dass sie sich vor ein Schachbrett auf unseren Gemeitschaftstisch platziert hatte und gerade eine Partie mit jemandem spielte. Dieser Jemand war ebenfalls ein Mädchen und ebenfalls in meinem Alter. Ihre Begrüßung war nur ein kurzes „Hallo“ gefolgt von einem kurzen Blick, der aber schnell wieder dem Schachbrett zugewandt wurde. Ihr Name war Fujiwara Minori und sie war schon eine Schönheit. Mit langen schwarzen Harzen und dunkelblauen Augen. Ihr Körperbau war nicht zuviel des Guten, aber auch nicht zu wenig und von der Größe gesehen war sie etwa einen Kopf kleiner als ich und ich war schon groß für mein Alter. Sie hatte auch ihre Uniform an, bestehend aus einem beigem Oberteil und einer dunkelrotem Rock, der bis zu den Knien reichte, obligatorisch für jede weibliche Uniform. Wer nun glaubte: ,Oh wird das nun so eine öde Haremgeschichte in der er der Einzige Junge in dieser Abteilung ist‘ muss leider enttäuscht werden, denn ich war nicht der Einzige männliche Vertreter in dieser Abteilung. Schlussendlich gab es dann noch einen weiteren Jungen. Wie ihr sicher schon wisst auch in meinem Alter, mit verstrubbelten braunen Haaren und dazu passenden braunen Augen. Eigentlich ziemlich ähnlich wie bei mir nur, dass die Farben etwas heller waren. Das, was sich aber am meisten unterschied war das immer währende freche Grinsen auf seinem Gesicht. Um solch eines auf meinen zu erwarten musste man schon lange warten. Denn frech war ich nur in meinem Kopf. Gekleidet war er in einem hellbraunem Gakuran auf einem weißem Hemd wo eine rote Krawatte ziemlich schlampig zusammengebunden wurde. Dann noch eine dunkelgrauen Hose und schon haben wir seine Schuluniform. Ziemlich muskulös und etwas kleiner als ich war sein Aussehen auch nun so einigermaßen beschrieben worden. Sein Name war Kuroda Takeo und obwohl er mir eigentlich mit seinem vorlautem Mund auf die Nerven gehen konnte, konnte ich ihm nie richtig wütend werden. Lag wohl daran, dass ich dank Nori in der Hinsicht ziemlich resistent war.

„Wie läuft‘s?“ fragte er und leitete somit den Anfang für ein Gespräch. Ich seufzte und antwortete erstmal nicht. Müde stellte ich meine Tasche neben meinem Arbeitstisch ab und saß mich auf meinen Stuhl. Diese Ruhe mochte ich meinen Muskeln erstmal gönnen.

„Sagen wir mal so, ich könnte etwas Ablenkung gebrauchen.“

Auf Takeos Gesicht zeichnete sich sofort sein typisches Grinsen ab und antwortete:
„Die kann ich dir bieten. Schau nur auf den Tisch.“ Gesagt getan und mein Blick fiel sofort auf einem Berg von Akten der sich vor meiner Nase aufgestapelt hatte. Ich nehm alles zurück.

„Und was ist das?“ fragte ich ein wenig genervt und beäugte den Haufen von Papieren etwas genauer. Ehe ich aber anfangen konnte zu lesen, übernahm Fujiwara das Antworten.

„Von gestern. Immerhin hast du eine ganze öffentliche Toilette abgefackelt als du dem Bankräuber gestern verfolgt hast.“ Ihr Blick blieb immer noch auf dem Schachbrett ruhen.

„Und das sind also alles Entschuldigungsschreiben?“

„Größtenteils, aber dann auch eben der obligatorische Bericht über den Fall.“ meldete sich nun auch Tamura zu Wort und somit hatte jeder im Raum wenigstens etwas gesprochen. Wieder einmal seufzte ich und verfluchte wie sooft meine Arroganz als Level 5. Mit meiner verdammten Fähigkeit glaubte ich doch tatsächlich mir alles zu erlauben. Jetzt war mir das bewusst aber wenn ich wieder in so eine Situation kommen würde, würde die Überheblichkeit wieder von mir Besitz ergreifen.

„Na ja… Was hilft es zu meckern. Es war ja größtenteils meine Schuld gewesen.“ gab ich zu und machte mich an die Arbeit.

Um euch nicht totzuschreiben wie langweilig und vor allem langwierig das Ganze gewesen war, beschleunigte ich mal für euch die Zeit, - ich wünschte es wäre für mich zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen! - bis zu dem Punkt wo ich fertig war und wir uns langsam dem Feierabend näherten. Es war momentan 18 Uhr nachts und normalerweise war um 19 Uhr für uns Schluss. Um unseren Stundenplan etwas genauer zu erklären:

Unsere Schicht in diesem Distrikt war ungefähr jeden zweiten Tag der Woche, angefangen mit, Montags- also heute - dann Mittwochs und schlussendlich Samstags. wo wir uns dann um um 16:30 trafen und eben bis 19 Uhr unsere Arbeit erledigten. Doch was war diese Arbeit. Normalerweise bestand sie eben daran unsere regelmäßigen Patrouillen zu machen, wo wir dann auch oft Müllabfuhr spielte und im Büro erledigten wir eben Papierkram wie Berichte über den momentanen Tag und eben das was ich jetzt tat: Entschuldigungsschreiben wenn man was verbockt hatte. Manchmal geschah es eben, dass Anti-Skill bei etwas harmlosen Übergriffen Unterstützung benötigte oder einfach nur, dass bei einem Mitglied von Judgment ein Verbrechen vor seiner Nase geschah und er dementsprechend eingreifen musste, so wie es bei mir gestern der Fall gewesen war und das außerhalb meiner Arbeitszeit! Aber was sollte man machen? Wenn man schon die Möglichkeit hatte seine Form von ,Gerechtigkeit‘ auszuüben, warum dann die Chance nicht nutzen? Meine Methode war eben denen die in meinen Augen falsch handelten mächtig Feuer hinterm Hinter zu machen. Dieses Sprichwort passte einfach gerade zu gut. Doch auch wenn man so als Mitglied dieser Jugendpolizei eigentlich so einiges zu tun hatte, so gab es Momente wo man tatenlos die Zeit vertrödelte, so wie jetzt. Im Moment saß ich nun gegenüber von Tamura und spielte eine Runde Schach mit ihr. Ich war im Moment nicht einmal so schlecht dran. Meine Läufer hatten ihren König so richtig in die Enge gedrängt, aber so wie ich sie kannte würde sie schnell eine Lücke in meinen Reihen finden und mich prompt Schachmatt setzen. Auf ihrem Schreibtisch auf einem Laptop in atemberaubender Geschwindigkeit tippend saß Fujiwara und betätigte sich eben eines untypischen Hobbys für Mädchen; Nämlich das Programmieren. Schlussendlich gelangweilt durch ein paar neuen Mangas blätternd saß im Schneidersitz Takeo und kaute abwesend an einem Kaugummi. Es herrschte Stille, abgesehen von dem ewigem Geklapper der Tastatur, das gelegentliche Umblättern einer Seite und dem Geräusch der versetzten Schachfiguren. Geredet wurde nichts und diesen Zustand fühlte ich mich berufen zu ändern:
„Und? Was habt ihr diese Golden Week vor?“ fing ich also mit Smalltalk an. Die Golden Week waren japanische Ferien die immer am Ende des Monats April gefeiert wurden.

„Ich habe keine Ahnung.“sagte Takeo mit gelegentlichem Schmatzen und las weiter an seinem Manga, „Ich werde wohl hier in der Stadt bleiben und mir irgendwie die Zeit vertreiben…“
„Bei mir ist es auch so. Ich hätte vielleicht daran gedacht irgendwo in Ferien zu gehen, aber ich habe niemanden der mitgehen konnte.“ kam es nun von Fujiwara und ihre Augen blieben höchstkonzentriert auf dem Laptop kleben. Multitasking war eine ihrer Stärken.

„Ich habe auch nichts vor.“ antwortete Tamaru knapp und mit einem kleinem Lächeln auf ihrem Gesicht stellte sie mit ihrem Turm meinen König Schachmatt… Und da hatte ich gehofft…

Jetzt war wohl meine Runde zu antworten:
„Nun ja, Nori und ich hatten vielleicht gedacht für die Golden Week mit ihrer Zimmerkameradin, Haruka zu (insert Japanese Holiday Destination here) zu fahren.“

Man hörte wie das Geklapper der Tastatur aufhörte, das Umblättern verstummte und ich sah schlussendlich wie Tamaru die gerade die Schachfiguren aufräumte innehielt. Ich musste mich nicht genau umsehen um herauszufinden, was in ihren Köpfen vorging:
„Wenn ihr wollt, könnt ihr mitkommen. Das Hotel und die Zugfahrt müsst ihr aber selber bezahlen.“ sagte ich mit einem vielsagendem Lächeln und tat schlussendlich den letzten weißen Bauer in die Kiste des Schachbrettes.

„Es ist ja nicht so, als ob ich unbedingt will.“ stotterte sofort Fujiwara und mein kleines Otaku Herz horchte bei diesem Verhalten auf. Ich musste aber das Wort ,klein‘ betonen. Ich sah nur gerne ab und zu Animes und kannte mich in der Terminologie dieses Universums ein wenig aus, mehr nicht!

Warum fragt ihr also, dass dieses imaginäre Herz aufgehorcht hat, dann seid ihr entweder unwissend, oder keine richtigen Otakus. Das war die Antwort einer Tsundere, verdammt nochmal! Diese leichte Röte auf ihrem Gesicht und diese unehrliche Antwort war die typische Reaktion einer Tsundere, für deren Beschreibung das Sprichwort ,harte Schale und weicher Kern‘ nur allzu gut passte. Solche Mädchen die es zugegeben nicht sehr oft im echtem Leben gab (Ehrlich gesagt ist sie das erste und einzige ,Exemplar‘ was mir über den Weg gelaufen war) gaben nie zu, was sie wirklich fühlten und um solche zu verstehen musste man einfach öfters das Gegenteil annehmen von dem was sie sagten.

„Ich dachte du wolltest fahren, konntest aber niemandem finden der mit dir wollte?“ streute ich auch schon ein wenig Salz in die Wunde. Versteht mich nicht falsch, ich war kein fieser Sadist, der es einfach nur genoss andern mit Worten zu ärgern, aber wenn ihr Fujiwaras rotes Gesicht mal sehen würdet, dann würdet ihr mir nur allzu gerne nachäffen. Voraus gesetzt ihr wäret Jungen, oder so manches Mädchen.

Wie erwartet wurde ihr Gesicht nur noch röter und sie sah mich schon gar nicht in die Augen. Takeo grinste nur noch breiter und gab mir einen Daumen hoch und Tamura ignorierte das alles mal gekonnt und wartete darauf, dass ich ihr etwas sagte. Irgendwie ähnelte das alles ein wenig nach eine harmlosen Variante von Mobbing, aber seid versichert: So sind wir sicher nicht.

„Sei ruhig… Ich gebe es ja zu, ich will mit. Aber nur, damit ich etwas zu tun habe.“ Das war mal was neues. Sie hatte die Wahrheit gesprochen, dann wollte sie wirklich unbedingt mit. Wäre es ihr sonst zu langweilig?

„Ich schau mal, was sich arrangieren lässt.“ versicherte ich ihr und adressierte meinen nächsten Satz an die anderen beiden:
„Und ihr? Wollt ihr denn nun mit? Wie würde Nori sagen? Je mehr desto besser.“

„Natürlich will ich mit! Ich kann doch nicht so eine einmalige Chance mir entgehen lassen!“ Was er wohl damit meinte?

„Ja.“ Dann nach Tamuras Bestätigung war wohl alles geklärt.

„Okay, aber wie gesagt: Ich kann das Hotel für euch reservieren und die Fahrt dahin, aber bezahlen tut ihr immer noch!“
„Na na, du als Level 5 verdienst sicher ein Heidengeld. Da kannst du sicher was dazu legen.“

„Du wirst mir nicht glauben, wieviel Geld mir mit Nori übrig bleibt…“ unterbrach ich ihn sofort und schon verstummte er.

„Wenn man vom Teufel spricht: Wo bleibt sie denn heute? Normalerweise erscheint sie mindestens einmal pro Arbeitstag aus dem Nichts und überfällt dich.“

Ich sagte nichts. Ich wusste nur zu gut, warum Nori heute nicht kam. Obwohl es immer noch nicht meine Schuld war! Und sie eigentlich wissen müsste, dass ich heute Judgment hatte. Aber Nori war meistens eben so unlogisch wie ein kleines Kind und um sie zu verstehen musste man selber so werden und ich war das eben nicht.

„Einen kleinen Ehestreit? Oder eher ein Streit unter Kleinkindern?“ fragte Takeo sofort und vollführte direkt seine Rolle als der der den Nagel immer auf den Kopf schlug. Fujiwara war verdächtig still und bei Tamura war das alles andere als verdächtig.

„Na ja… Eher letzteres und überhaupt was meinst du mit Ehestreit?“ War es wirklich immer so offensichtlich?
„Ich glaube jeder von uns hier weiß, dass du in sie verliebt bist. Immerhin seid ihr beide unzertrennliche Kindheitsfreunde und da ist es nicht weiter verwunderlich, dass du Gefühle für sie entwickelst. Einfach nur wie du sie anstarrst, das fällt doch jedem Hauptcharakter aus einem Love Comedy Anime auf.“

Ja, es war wohl offensichtlich und ich konnte nur seufzen. Na ja, die vier waren die Leute die ich am ehesten zu meinen Freunden zählen konnte und ein paar Geheimnisse konnten sie sicher auch für sich behalten. Ich stand von meinem Stuhl auf, ging zur Teekanne und schüttete mir etwas Tee in meine Tasse raus, den Fujiwara vor einigen Minuten gebrüht hatte. Nachdem ich mich nun wieder an meinen Schreibtisch saß und den ersten Schluck nahm, redete ich:
„Ja, ich bin in sie verliebt…“ Kam es mir nur so vor, oder wurden die Tasten von Fujiwaras Laptop im Moment richtig massakriert? Takeo hatte nur sein verwegenes Grinsen auf dem Gesicht und sagte weiter nichts und was Tamura tat, musste ich nicht unbedingt schildern, so gut kennt ihr sie sicher jetzt schon. Langsam spürte ich wie mir die Röte ins Gesicht stieg. Was zum Teufel war nur in mich geritten, als ich entschieden habe ihnen die Wahrheit zu sagen? Aber wer weiß, vielleicht stellte sich das später als nützlich dar.

„Aber? Warum hast du es ihr nicht gesagt. Ich meine, ihr seid beste Freunde: Das ist doch eigentlich eine Voraussetzung die sich so mancher Junge sicher wünschen würde.“ Anscheinend hatte ich die Neugierde in Takeo geweckt und wohl auch bei den beiden Anderen. Tamura hatte zwar immer noch ihr Pokerface aufgesetzt, aber in ihren Augen war ein gewisser Glanz zu erkennen, aber um Fujiwaras Gesichtsausdruck zu entziffern gestaltete sich das als etwas schwierig. Sie wirkte gleichzeitig neugierig, aber auch irgendwie verärgert… Darüber konnte ich mir später Gedanken machen und immerhin musste ich noch antworten. Ich blieb dann mal bei der Wahrheit:
„Na ja… Um ehrlich zu sein, glaube ich dass Nori mich nur als ihren besten Freund ansieht. Es klingt sicher als die ideale Voraussetzung, aber eigentlich ist es ein riesiges Hindernis. Denn in ihren Augen bin ich ihr bester und jahrelanger Kindheitsfreund… Wenn ich ihr plötzlich meine Liebe gestehen würde, würde das sie nur noch verwirren und das möchte ich nicht. Dann wäre unsere Beziehung anders und das will ich wirklich nicht… Deswegen warte ich lieber den richtigen Moment ab. Aber ich weiß nicht wann dieser ist.“ Puh, irgendwie hatte das gut getan. Es stimmte wohl, manchmal musste man wohl Leuten die man vertraute das Herz ausschütten. Denn im Moment hatte ich all dies nur mir selber gesagt und das konnte man manchmal als Fass ansehen, das immer wieder gefüllt wurde, bis es irgendwann überlief. Mein Lebensstil war wirklich nicht gut für mich.

„Das ist bewundernswert von dir…“ meldete sich nun auch Fujiwara zu Wort. Sie sah immer noch auf den Bildschirm, aber man merkte dass ihre Aufmerksamkeit voll und ganz auf mich gerichtet war. Ich hörte gespannt zu, denn die Meinung eines Mädchens zu hören war sicher eine gute Hilfe. Obwohl, bei Nori… Ihre Stimme klang aber ein wenig komisch, „Du magst zwar manchmal ein arroganter Idiot zu sein, aber dass du dir solche Sorgen machst zeigt aber was für ein guter Mensch du bist.“ Sie seufzte und ich war ein wenig baff. Das war doch ein Kompliment, oder? Sie hatte mich noch nie gelobt und irgendwie wirkte sie ziemlich gequält. Ich hatte da so eine böse Vorahnung was all diese Zeichen zu bedeuten haben, hoffte aber dass es nur eine Eingebung war. Für ein Liebesdrama war es noch ziemlich zu früh in dieser Geschichte.

„Ich würde dir raten es trotzdem zu sagen. Wer weiß, vielleicht denkt sie genau dasselbe und deswegen wird dein ,richtiger‘ Moment wohl noch etwas warten müssen. Nori-chan mag vielleicht sich wie ein Kind verhalten, aber trotzdem ist sie immer noch ein jugendliches Mädchen…“

„Du meinst, ich soll es ihr einfach so sagen? So in etwa: Hey Nori, ich bin in dich verliebt.“ fragte ich skeptisch. Das war doch in Echt etwas schwierig.

„Vielleicht… Oder wenn du unsicher bist kannst du auch einen Test machen…“ sagte sie und wurde dabei etwas rot, den Blick aber immer noch stur auf dem Bildschirm harrend.

„Einen Test?“ hakte ich nach. Was meinte sie jetzt damit?

„Na ja… Wenn du zweifelst, dass sie etwas von dir will kannst du dich aber immer noch vom Gegenteil überzeugen.“ Ihre Röte wurde immer stärker und ehe sie weiter erklären konnte, entschied sich Takeo sich mal wieder zu melden. Er war nun rekordverdächtig lang ruhig gewesen.

„Meinst du etwa, dass du auf ein Date mit Michizane hier gehen willst, Minorin?“

„Nenn mich nicht so!“ schrie sie ihn an und warf sofort einen Stift nach ihm. Elegant wich er ihm aus und kicherte hinterlistig. Ich sah dem nur verwirrt zu und ließ sie weiter erklären. Und ich dachte diese Story hier war hauptsächlich auf Action spezialisiert? Dass das sich hier zu einer Liebeskomödie entwickelte war mir bis jetzt noch nicht bewusst. Ich musste wohl ein wenig an der Beschreibung ändern…

„Aber… ja. Du lässt Nori-chan einfach wissen, dass du mit mir ausgehst und dann sehen wir wie sie reagiert. Wenn sie sofort neidisch reagiert bis du dir sicher, dass sie was von dir will, wenn nicht dann tun wir ein Scheindate und schauen einfach wie sie darauf reagiert.“ Ihr Gesicht war nun knallrot, aber ich war im Moment ein wenig zu verwundert um ihre momentane Niedlichkeit zu bewundern.

„Ist das nicht ein wenig zu fies? Ich meine, ich hintergehe sie…“ gab ich meine Bedenken los, aber ehrlich gesagt gefiel mir die Idee…

„Ja, das mag sein aber nicht anders kannst du ihre wahren Gefühle kennenlernen ohne sie direkt zu fragen…“ Endlich sah sie mich an, aber konnte den Blickkontakt nicht lange halten.

„Warum dann nicht mit Ren-chan?“ fragte Takeo in einer Singsangstimme, „Willst du etwa unbedingt mit ihm auf ein Date gehen?“ Dies erntete ihm dieses Mal einen Radiergummi ins Gesicht, den er dieses Mal nicht ausweichen konnte. Er rieb sich leicht wimmernd den Kopf danach.

„Ren-chan ist dafür nicht geeignet und ich denke, dass sie sich dafür nicht interessieren würde.“ erklärte Fujiwara in leicht hoher Stimme.

„Doch…“ sagte Tamura emotionslos und ausnahmslos alle von uns sahen erstaunt zu ihr rüber. Sie sah nur mit gelangweiltem Ausdruck zurück:
„Könnte interessant werden…“ erklärte sie sich weiter und ihr Ausdruck änderte sich nicht. Gut, bei ihr war es sicher nicht, dass sie sich möglich in mich verliebt hatte, sondern einfach nur deswegen da sie es interessant fand.

„Da muss ich leider Minorin zustimmen, sie würde besser als Datingpartner gelten.“ brummte Takeo und rieb sich immer noch den Kopf.

„Also?“ forderte mich Fujiwara sofort zum Antworten auf und sah mich mit gekreuzten Armen ziemlich streng an.

„Ähm…“ Was sollte ich nun sagen? Ich rieb mich nachdenklich den Hinterkopf und fragte mich was ich tun sollte. Die Idee war schon verlockend, aber ich hatte ein schlechtes Gefühl bei der Sache. Warum zögerte ich also? Vermutlich deswegen, da ich mich von der Wahrheit fürchtete und mich immer noch ein wenig die Hinterlist dieser ganzen Aktion störte. Aber sie hatte Recht. Das war so ziemlich die einzige Möglichkeit ohne sie sofort zu fragen.

„Ich denke… Das können wir machen, danke Fujiwara.“

„Gern geschehen…“ murmelte sie verlegen und klappte ihrem Laptop zu. Es war nun Zeit zu gehen. So entschieden wir zusammen, dass ich bei Nori schon ein paar Andeutungen deswegen machen sollte und erstmal sehen wie sie reagierte bevor wir mit unserem Plan weiterführen sollte. Fünf Minuten später verabschiedeten wir uns voneinander und gingen getrennte Wege nach Hause. Ich holte mein Handy heraus und wählte Noris Nummer. Ich hatte immer noch was gut zu machen und konnte ja schon mit dem Plan begingen. Ich war irgendwie ziemlich begeistert. Hach, die Jugend…

Bei so vielen Klischees in diesem Kapitel habe ich sicher ein paar Leser abgeschreckt, oder?
 

Fortsetzung folgt…

8. April II

Warum war ich eigentlich so nervös? Ich meine, ich hatte mich schon tausend mal mit Nori getroffen und die Zeit mit ihr verbracht, aber ich war noch nie so nervös wie nun… Das lag wohl alles daran, dass ich nun endlich mal in die ,Offensive‘ ging. Während ich also auf einer Bank auf Nori an unserem üblichem Treffpunkt wartete (einen Park im 7. Distrikt) konnte ich nie ruhig sitzen und zuckte die ganze Zeit umher und ich fühlte mich als ob ich auf den Beginn meiner Führerscheinprüfung wartete. Immer wieder bildete sich Speichel in meinem Mund und darum musste ich fortwährend schlucken. Mein Blick schweifte die ganze Zeit um den Park und ich einerseits hoffte ich, dass sie bald auftauchte und anderseits wollte ich lieber noch eine Zeit lang warten. Wahrscheinlich tauchte sie sofort hinter meinen Rücken auf und…

„MICHIMICHI!!!“

Was habe ich gesagt? Dieser Gedanke lief mir durch den Kopf als mein ganzer Körper nach vorne gestossen wurde und der Boden gefährlich näher kam. Ach was rede ich da? Ich krachte volle Kanne auf den Boden und meine Nase war glücklicherweise gehärtet genug von den vorigen Fällen dass ihr nichts schlimmes passierte. Weh getan hatte es trotzdem. Meine Aufregung war inzwischen längst vergessen und von der üblichen temporären Wut ersetzt. Wenn ich sagte temporär, dann war es das auch. Auf Nori konnte man einfach nicht wütend sein, höchstens genervt und das war ich auch.

„Nori… Ich glaube ich sag nun den Satz den ich am meisten in meinem Leben gebrauche: Kletterst du bitte von mir runter?“ hörte man gedämpft durch den grasbewachsenen Boden aus meinem Mund kommen.

„Für dich doch alles, MichiMichi!“ trällerte sie glücklich und kletterte tatsächlich von mir hinunter. Nachdem das zusätzliche Gewicht von mir abgenommen wurde, richtete ich mich grummelnd auf und sah in das fröhlich lächelnde Gesicht meiner Kindheitsfreundin. Sie hatte ihre beide Hände hinter ihrem Rücken zusammengefaltet und hatte die Kapuze ihres Mantels an. Bei diesem Anblick kam langsam die Nervosität in mir hoch. Jetzt war wohl langsam die Stunde der Wahrheit. Wohl eher nicht, aber es klang gerade gut. Ich klopfte meine Kleider ab und fuhr mir einmal durch das Gesicht.

„So… Was sollen wir machen? Was essen gehen?“ fragte ich sofort und meine Stimme klang etwas zittriger als sonst.

„Ja, klingt gut. Aber dann ins Mc. Don*lds, wir waren schon ewig nicht mehr da!“ erklärte sie freudestrahlend und in einer eleganten Drehbewegung ging sie in Richtung nächstes Fast-Food Restaurant und gab mir überhaupt keine Chance ein Veto einzulegen, denn:
„Wir waren doch schon letzte Woche da. Deiner Figur macht das wie durch ein Wunder möglicherweise nichts aus, aber ich bin mit meiner jetzigen mehr als zufrieden.“
„Dann gehst du morgen joggen. Ich werde dich dann anfeuern!“ rief sie mir zu, da sie sich schon in beachtlicher Entfernung befand. Wie zur Hölle war sie so schnell? Ich musste schon laufen um nachzukommen. Also gingen wir zu einem fettigem Fast-Food Restaurant und wie sooft hatte ich kein Recht mich zu wehren.

10 Minuten später saßen wir also in so einer kunterbunten Essbude und ich saß da und blickte meinen Burger misstrauisch an, während Nori alles mögliche in sich hineinstopfte. Ich musste nicht sonderlich erwähnen, dass ich alles bezahlen musste. So gut kanntet ihr Situationen mit solch einer Art von Mädchen. 20 Jahre früher hatte ein unglücklicher Schüler in der Hinsicht dasselbe Schicksal wie ich erlitten, aber das wusste ich doch nicht. Da ich nichts besseres zu tun hatte biss ich in das fettige Stück Fleisch in Brot und versuchte mir einfach keine Gedanken darüber zu machen. Appetit hatte ich aber nicht nur wegen des Wissens über die vielen Kalorien, sondern auch darüber dass ich langsam mit Operation ,Noris wahre Gefühle‘ beginnen konnte.

„Sag mal Nori… Ich muss dir was sagen…“ Ich sollte das so geheimnisvoll wie möglich machen. Jetzt lag alles an meinen Schauspielkünsten und dann natürlich auch noch an meinen Menschenkenntnissen. Leider trafen diese nicht immer auf Nori zu…

„Was‘n?“ mampfte Nori zwischen den paar Pommes und Fleischstücken hervor. Ich ignorierte mal ihren lächerlichen Ausdruck auf dem Gesicht und kam gleich zur Sache.

„Es gibt da so ein Mädchen… Na ja… Ich bin in das Mädchen verliebt.“ Kurz dachte ich tatsächlich daran, Nori einfach sofort meine Liebe zu gestehen… Ich meine, die Einleitung war doch recht gut gewesen, warum dann nicht sofort? Aber ich verwarf die Idee sofort wieder und führte einfach sofort weiter mit der üblichen Operation. Nori aß weiter, aber - keine Ahnung ob es nur Einbildung war - schien es als ob die Geschwindigkeit des Hineinstopfen langsamer wurde.

Sie sagte nichts und ich nahm das mal als Zeichen, dass ich weiter reden konnte:

„Und na ja… ich habe daran gedacht sie auf ein Date zu fragen… Ich habe keine Ahnung ob ich ,angenommen‘ werde oder nicht, aber ich wollte dir es einfach sagen. Du bist ja meine beste Freundin und so und vielleicht kannst du mir ja helfen. So als Mädchen…“

War das glaubwürdig. Ob es nun so war, oder nicht, jetzt hieß es aufpassen… Sie hörte nun ganz auf mit dem Essen. War das ein Runzeln ihrer Stirn? Könnte es sein? Das war schon ziemlich falsch darauf zu hoffen, dass sie traurig oder so wird. Doch so schnell wie sie gezögert hatte, so erschien auch ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht:
„Wird auch Zeit, dass du etwas wegen Minori-chan tust.“

„Woher?“

„Das is doch klar. Nori mag sich zwar in der Hinsicht nicht gut auskennen, aber auch ich habe es bemerkt.“

Nein, Nori da kennst du dich zwar nicht aus. Und woher wusste sie, dass es Fujiwara war? Während ich meine kleine Studie schon längst vergessen hatte, sprach Nori weiter:
„Du musst dir schon keine Sorgen machen MichiMichi.“ sagte sie und beugte sich über den Tisch um mich mehrmals auf die Schulter aufmunternd zu schlagen. Ich war ein wenig verwirrt, „Minori-chan mag dich auch ganz dolle. Ihr zwei werdet sicher ein süßes Paar. Versprich mir nur, dass ich immer noch dein Mädchen Nr. 1 bleibe.“ Sie wirkte wirklich als ob sie sich um mich freuen würde, aber doch… Vielleicht war es ein wenig die Hoffnung die noch übrig geblieben war, aber sie wirkte hinter diesem Lächeln traurig. Ich war mir nicht sicher und was ich als Nächstes zu sagen hatte wusste ich schon gar nicht.

„Ähm… Danke, Nori. Ich weiß es zu schätzen. Ich werde sie dann in der nächstbesten Gelegenheit fragen. Wünsch mir Glück.“ lächelte ich sie an und sie lächelte mit einem hundertmal stärkerem Lächeln zurück.

Für den Rest unseres Aufenthalts hier unterhielten wir uns über dies und das. Meistens das was Nori wollte. Solche Sachen wie Games und Animes, wo ich zu meiner Scham auch noch mitreden konnte…

Einige Minuten später befanden wir uns außerhalb dieses Haupttäters der Globalisierung und es war nun Zeit sich zu verabschieden.

„So…“ begann ich und wollte mich gerade umdrehen als sich etwas vor mein Sichtfeld stellte und ich spürte wie etwas weiches meine Wange berührte. Eine Sekunde später, sah ich auch schon was es war. Es war Nori, wie sie sich vor mich teleportiert hatte und mir einen… Kuss auf die Wange gegeben hatte:
„Solange du noch nicht vergeben bist und ich wollte dir schon immer den ersten Kuss stehlen, habe mich aber im letzten Moment umentschieden. Sei dankbar, du Dummkopf und sieh es als mein Toi Toi Toi für dich an.“ strahlte sie immer noch und schnippte mir auf die Stirn. Ich rieb mir die schmerzende Stirn und konnte dies perfekt als Deckung für mein rotes Gesicht geben. Als ich mich traute wieder aufzusehen konnte ich nur noch ein:
„Bye Bye“ hören und dann war sie schon per Teleport verschwunden. Ich war nun wirklich verwirrt und irgendwie war die ganze Operation nicht gerade produktiv gewesen. Dieser Kuss hätte zum Beispiel vieles bedeuten können. Es war einfach nur der verzweifelte Versuch mich noch zu ,erobern‘ oder einfach eben das was sie gesagt hatte. Nori war kein Buch, das man lesen konnte, sondern ein Bilderbuch. Es könnte vieles bedeuten was man da auf den Seiten sah… Ach herrje und wie sie sich aufgeführt hatte im Restaurant. Hatte sie ihre wahren Gefühle hinter einem Lächeln verschleiert, oder war es einfach nur die Wahrheit gewesen, was sich auf ihrem Gesicht abgespielt hatte. Das war mir einfach zuviel und ich schüttelte einmal gut den Kopf um mich irgendwie abzulenken. Aber leider brachte das nur ein leichtes Schwindelgefühl und so blieb mir nicht weiteres übrig mich auf dem Weg in mein Studentenwohnheim zu machen. Dieses befand sich im 18. Distrikt der Stadt, dessen Grenzen aber mit der vom 7. wo ich mich gerade befand überschnitt. Der Weg würde mit dem tadellosem öffentlichem Verkehr der Stadt nicht zu lange werden und so machte ich mich also auf dem Weg. Als Erstes galt es wohl den Bus zu nehmen und danach eine kurze Strecke mit der Bahn. Ich sollte nun vielleicht erwähnen, dass es langsam ziemlich dunkel war und die Straßen der Stadt schon leer waren. Da fällt mir ein… Es war bald Ausgangssperre… Das war natürlich blöd und ich sollte mich vielleicht beeilen. Sonst wäre Anti-Skill mir schon schnell auf den Fersen. Es war schon ein wenig gruselig, wie ich so alleine durch die Straßen wanderte und nur hier und da ein paar Herumstrolcher über den Weg lief.

Ich mag als Level 5 vielleicht mächtig sein oder so, aber ich war im Grunde genommen ein Feigling. Ich konnte zum Beispiel keine Horrorfilme leiden, das hatte mir schon ein paar Lacher von Nori aus eingeheimst und langsam wurde ich wieder etwas nervös und meine Schritte wurden etwas hastiger. Das war doch nur natürlich, dass ich mich im Moment verfolgt fühle, oder? Das war doch nur Einbildung, oder?

„Michizane Fujimoto…“ Oder auch nicht. Wie erwartet erschrak ich und drehte mich sofort um. Da hinter mir stand jemand. Nur noch die Straßenlaternen erhellten den Bürgersteig und somit konnte ich das Gesicht gar nicht erkennen. Ich sah nur, dass es ein Mann war und dieser sich im Laborkittel befand. 
„Ja?“ fragte ich zögernd und klang schon ein wenig jämmerlich. Natürlich kamen mir in mir solche Fragen wie ,Was soll das?‘ und ,Warum dieser theatralische Auftritt‘ auf, aber stellen tat ich es nicht.

„Verzeih, dass ich mir etwas von deiner Zeit borge, aber ich brauch dich für ein Experiment…“

Experiment… Beim Klang dieses Wortes lief mir ein Schauer über den Rücken. Nicht nur, da es eine schlechte Vorahnung in mir brachte, sondern auch, dass ich mit diesem Wort nur schlechte Erfahrungen hatte. Aber ich wollte hier nicht in Erinnerungen schwelgen… Dazu hatte ich keine Lust und eigentlich überlegte ich im Moment zu viel. Denn das was er sagte war mehr als beunruhigend.

„Und warum denken Sie, dass ich mitmachen will?“ Meine Stimme wurde etwas kräftiger, lag wohl an dem Adrenalin, das schon präventiv durch meinem Körper schoss.

„Weil ich nicht auf deine Erlaubnis warte. Leg los…“ Den letzen Satz war wohl nicht an mich gerichtet und die Bestätigung kam sofort hinterher. Aus den Augenwinkeln sah ich rechtzeitig wie etwas aus einer Seitengasse auf mich zugeschossen kam. Es war eine Mülltonne und sie kam in beängstigender Geschwindigkeit immer näher. Meinen guten Reflexen sei dank, warf ich mich sofort auf den Boden und entkam dem Projektil, während es über mich schoss und über die Straße flog ehe ich es aus meinem Blickfeld verlor, aber einem lauten Knall hörte.

„Nicht schlecht und das ohne Fähigkeit.“ Die Stimme eines Mädchens kam aus der Gasse immer näher und langsam konnte ich eine Gestalt ausmachen. Es war wie die Stimme schon verriet ein Mädchen, etwas jünger als ich und mit langen braunen Haaren. Sie sah schon nicht schlecht aus, aber ihr teufliches Lächeln zerstörte ein wenig das Bild. Ihr Kleidungsstil könnte auch ein wenig überdenkt werden. Es sah so aus, als ob sie aus einem Science-Fiction Film stammte. Nun ja, hier in dieser Stadt war dieses Aussehen schon nicht ungewöhnlich, aber eine Mittelschülerin hatte normalerweise nicht so einen hautengen, schwarzen und ziemlich technisch stark ausgerüsteten Anzug an. Erst jetzt fiel mir auf was sich auf ihrem Gesicht befand. Es sollte wohl eine Art Maske sein. Aus einem metallähnlichem Stoff bestehend, zog es sich zweigeteilt von ihren beiden Augenbrauen ausgehend, bis zu ihren Schläfen, über ihre Wangen und schlussendlich den Hals hinab, wo es sich mit ihrem Anzug befand. Sollte es als eine Art Elektrode dienen? Sie kam weiter auf mich zu und ihr Gesicht war zu einem siegessicherem Grinsen verzogen:
„Dieser Anzug ist schon beeindruckend.“ erzählte sie und sprach wohl eher zu sich selbst, „Einfach nur ein gutes Gefühl endlich mal was zu ,machen‘. Mit ihm hier kann ich endlich Rache nehmen…“

Das wird ja immer noch besser und ich hatte mir mal gewünscht, dass mir so etwas passieren sollte. Warum freute ich mich also nicht? Ach ja, lag wohl daran, dass nun eine weitere Mülltonne auf mich zuflog. Da mir keine Zeit blieb meine Fähigkeit einzusetzen, blieb mir nichts übrig als immer noch auf dem Boden liegend zur Seite zu hechten und wieder einmal auszuweichen. Das war Telekinese gewesen, die Fähigkeit Objekte nach freiem Willen zu bewegen.“

„Na los, großer Level 5 zeig mir was du kannst.“ Sie gab mir Zeit mich aufzurichten und sah mich einfach nur höhnisch an.

„Wer bist du?“ fragte ich das jüngere Mädchen.

„Sakura Shigemitsu ist mein Name… Merk ihn dir gut, denn er wird dich in deinen Alpträumen noch lange verfolgen.“
Das war dann wohl die Stelle wo ich Angst haben musste. Tut mir Leid, aber ich mag vielleicht Horrorgestalten fürchten, aber jüngere Mädchen gehören sicher nicht dazu. Auch wenn sie mit gefährlichen Projektilen um sich werfen, selbst wenn das den Bedrohlichkeitsfaktor deutlich erhöht.

Überhaupt, wo war denn dieser Kitteltrager? Ein Blick zur Seite verriet mir, dass er verschwunden war. Toll, einen mysteriösen Bösewicht samt Handlanger haben wir schon mal. Er hätte auch nicht auftauchen müssen. Aber ein mysteriöser Auftritt war wohl sein Wille gewesen.

„Schön für dich. Wir werden dann mal sehen. Ich mag es nicht besonders Mädchen zu schlagen und vor allem kleinere als mich.“

Da hatte ich wohl einen wunden Nerv getroffen. Kein Wunder, denn das hatte ich ja auch anvisiert. Sie schnalzte verärgert mit der Zunge und ich konnte eine Ader auf ihrer Stirn mit den Elektroden pochen sehen.

„Das wirst du noch büßen. Deine Arroganz wird noch dein Verhängnis werden.“

„Arroganz ist leider meine treibende Charaktereigenschaft und bis jetzt bin ich gut damit umgekommen.“ Gut ein dummer Kommentar von mir, das bedeutet, dass ich mich wieder gewonnen hatte. Jetzt konnte alles kommen.

Warum mussten es denn so viele Mülltonen sein? Mindestens ein halbes Dutzend solcher Müllbehälter stürzten auf mich zu. Was war für eine dreckige Gasse war das denn? Und warum zur Hölle, gerade nur dieses Wurfgeschoss. Ausweichen war keine Möglichkeit und das hieß dann wohl: Ab durch die Mitte! Es würde auch mal Zeit werden, so nach drei Kapitel meine Fähigkeit in Aktion zu sehen. Ich hob meine rechte Hand und deutete mit meiner Handfläche in Richtung kommender Mülltonnen. Ich hatte ja schon gesagt, dass es Pyrokinese war, also war es keine große Überraschung, dass Feuer entstand. Aber nicht wenig Feuer, eine riesige Welle aus hungrigen Flammen stürzte sich wie eine bewegende Wand in Richtung Mülltonnen. Die Chemie verlangte, dass eine gewisse Temperatur erreicht werden musste um Schaden anzurichten und dann musste es auch noch genügend sein, dass es schnell genug geschah. Also machte ich es mal so ein paar tausend Grad heiß. Das war gefährlich, aber ich wäre nicht ein Esper dieser Stadt, könnte ich nicht ein wenig mit der Physik spielen und somit schaffte ich es doch tatsächlich ,nur‘ mein Feuer so heiß zu machen und nicht die Umgebung. Lag alles an meinen AIM-Feldern oder so. Um eine Kurzfassung meiner Fähigkeit zu geben: Ich erschaffe sozusagen eine Art Pseudogas und kann dieses anzünden und frei die Temperatur der Flammen kontrollieren. Dies verschafft mir natürlich die Möglichkeit dem Feuer so einige Eigenschaften zu geben, die physikalisch gesehen nicht möglich waren. Natürlich gab es noch viele Einzelheiten über meine Fähigkeit zu klären, aber das konnte noch im Laufe der Geschichte passieren. Das was nun zählte war, dass die Mülltonen vollkommen verbrannt oder geschmolzen neben mir zusammenfielen und meine Wand aus Feuer freudig weiter nach vorne stürmte. Ein entsetzter Schrei kam von der anderen Seite, aber ich war glücklicherweise kein Unmensch und löschte das Feuer langsam. Während es also absiebte stürzte ich nach vorne und als es komplett verschwunden war griff ich nach der entsetzten Sakura Shigemitsu, nahm sie beim Nacken und stieß sie prompt gegen die Wand. Ich hoffte bloß, dass niemand nun auftauchte und glaubte, dass ich wer weiß was mit ihr vorhatte. Hatte ich schon erwähnt, dass ich den schwarzen Gürtel in Karate hatte. War schon nützlich wegen der größeren Reaktionszeit und kämpferischen Möglichkeiten wie zum Beispiel nun. Mit der anderen Hand griff ich rasch nach ihren beiden Händen und drückten diese gegen ihren Rücken. Ich hatte sie fest im Griff:
„Siehst du? Meine Arroganz hat mir wieder geholfen und nun sagst du mir bitteschön was das alles hier soll.“
Das Mädchen war im Moment wohl vor Furcht erstarrt, denn sie zitterte und brauchte ein wenig um etwas zu Wort zu bringen. Ich kam mir im Moment ziemlich schlecht vor und ließ sie sofort los. Nach allem war sie ein 13, 14 oder 15 jähriges Mädchen. Nachdem ich sie losgelassen hatte sackte sie zu Boden und lehnte sich mit dem Kopf gegen die Wand. Ich konnte jetzt ein Schluchzen wahrnehmen. Hatte ich sie zum Weinen gebracht? Hey, ich habe mich nur gewehrt. Ich hatte hier keine Schuld… Das glaubte ich wohl selber nicht.

„Hör mal…“ begann ich und sah verlegen zur Seite, „Es tut mir Leid…“

„Sei ruhig!“ schrie sie schluchzend, „Es ist doch immer dasselbe. Immer schaut ihr auf uns herab. Selbst jetzt kann ich es immer noch nicht aufnehmen. Selbst jetzt bin ich doch nur ein nutzloser Level 0, der am besten in die Mülltonne gehört.“

Mädchen, das war kein guter Vergleichen nachdem du Mülltonnen als deine Wurfgeschosse genutzt hattest. Moment mal, Level 0? Sie hatte aber ganz klar eine Fähigkeit:

„Was sagst du? Level 0?“

„Siehst du!“ Sie drehte ihren Kopf und sah mich mit weinenden Augen an. Das war vielleicht nicht der passende Moment, aber sie sah schon ziemlich süß aus, „Dein Erstaunen in deiner Stimme sagt alles. Wie kann es denn sein, dass ein Level 0 eine Fähigkeit haben kann? Wie kann es sein, dass ein Level 0 mich großer Level 5 bedroht hat.“

Ich verstand nicht und werde es wohl nicht mehr lernen, denn im nächstem Moment geschah alles auf einmal. Plötzlich änderten ihre Augen und Ausdruck und wurden allesamt emotionslos, als ich auch schon im nächstem Moment zur Seite gestoßen wurde. Ich verlor kurz das Bewusstsein und selbst nach dem ich es wieder gewonnen hatte, war ich ein wenig durcheinander. Ich lag auf dem Boden und mein Kopf fühlte sich taub an. Neben mir lag ein Werbeschild, das mich zur Seite gestoßen hatte und als ich nach vorne sah vom Boden aus, war niemand mehr zu sehen. Ich hörte noch rennende Schritte und mir war schon nun bewusst, dass es zu spät war. Was sollte ich nun tun? Na ja, das Einzige was mir einfiel wäre dann wohl nach Hause zu gehen… Morgen war auch noch ein Tag und es war auch im Moment zu viel für mich…
 

Fortsetzung folgt…

9. April I

Es war der nächsten Tag. Ich hatte jetzt endlich die Schule hinter mich gelassen Ich wage es zu bezweifeln, dass euch die Geschehnisse in meiner wunderbaren Schule euch interessieren würden. Am liebsten würde ich so wenig wie möglich aus meinem Schulalltag erzählen. Immerhin war es eine Eliteschule und so manche Szene die dort geschahen konnte jemanden zum übergehen bringen. Bei mir jedenfalls. Unter all diesen reichen Schnöseln konnte ich mich einfach nicht wohl finden, was wohl auch der Grund war, warum ich fast keine ,Freunde‘ in meiner Schule hatte und so wenig Zeit wie möglich am liebsten dort verbringen möchte. Warum ich überhaupt in solch eine Schule ging? Na ja, es war eigentlich freiwillig gezwungen. Als Level 5 hatten sich die Schulen zu der Zeit in der ich in die Oberschule wechseln musste richtig um mich gerungen. Vor allem, weil ich einer der Einzigen ,freien‘ Level 5 war. Von allen fünf Level 5 war ich einer der Einzigen der ein relativ normales Leben zu pflegen versuchte. So hatte ich mich also zu entscheiden müssen. Am liebsten wäre ich wohl zu Noris Schule gewechselt. Eine herrlich unbedeutende und schlechte Oberschule irgendwo im siebtem Distrikt. Ihren Namen habe ich schon längst vergessen. Aber irgendwie war ich dann in die Nagatenjouki Academy gewechselt. War es, weil ich nicht wollte, dass es so wirkte, dass ich Nori auf Schritt und Tritt wollte, oder einfach nur daran, dass es eben eine Eliteschule war. Eher letzteres. In unserer Gesellschaft galt es eben je besser die Schule, desto besser die Berufsmöglichkeiten waren. Diese Entscheidung hatte ich aber schnell bereut und hätte mein vergangenes Ich am liebsten geschlagen. Die Geschichten, die Nori manchmal aus der Schule erzählte. Mit ihrer umso fünfzigjährigen Lehrerin die so alt aussah als ob sie gerade in die Pubertät kommen würde. Der ebenso alten Lehrerin die angeblich ein Monster im Sport war und noch so einiges an Kuriositäten. Und was habe ich? Hochnäsige Lehrer und noch hochnäsigere Mitschüler… Das Einzige was wir wohl alle gemeinsam hatten, war unsere Arroganz. Aber was half es nun sich darüber aufzuregen, denn ich hatte im Moment einen anderen Grund zur Aufregung. Heute morgen hatte ich einen Anruf von Nori erhalten in der sie mir mit seelenruhiger Stimme erklärt hatte, dass sie gestern noch ins Krankenhaus musste, da ein Schrank auf sie gefallen war. Sie hatte sich beim Kochen nicht genug konzentriert und dann war es angeblich passiert. Wobei mir immer noch schleierhaft war, wie das eigentlich geschehen konnte. Ich hatte ihr natürlich vorgeworfen, warum sie mir das gerade erst am nächstem Morgen sagte. Ihr hätte weitaus schlimmeres passieren können als sich nur die Hand zu quetschen, hatte ich ihr gesagt. So war das eine Zeit lang weiter gegangen bis sie beleidigt aufgelegt hatte und mich wutentbrannt und schuldbewusst allein gelassen hatte. In der Schule aufzupassen war dann für mich keine Option mehr gewesen und ich war die ganze Zeit in Gedanken versunken gewesen. Langsam hatte ich Schuldgefühle bekommen, da mir schon bewusst war, warum sie so gedankenverloren gewesen war. Schöne Bescherung. Jetzt wusste ich, dass ihr meine Lüge schon was ausgemacht hatte, aber zu welchem Preis? Mir war schon klar, dass ich mir so etwas nicht ausdenken könnte, aber trotzdem hatte ich ein schlechtes Gewissen. Da ich nach allem sie schlichtweg belogen hatte und ihr sozusagen weh getan hatte. Das war wohl keine gute Idee gewesen und das war mir von Anfang an schon bewusst gewesen, aber ich hatte es ja trotzdem getan. Purer Egoismus meinerseits einfach… Ich musste mich entschuldigen und das tat ich wohl hinter dem Schleier, mich zu entschuldigen da ich sie angeschrien hatte. Ich war zu feige um zuzugeben, dass ich sie belogen hatte. Und um alldem noch die Krone aufzusetzen, gab es immer noch die Sache von Gestern mit dem Überfall um darüber zu überlegen… Aber das war im Moment zweitrangig. Schon witzig, dass ich meine Schuldgefühle und mein Liebesleben vor mein Eigenes stellte. Sagen wir mal so: Als Level 5 konnte man sich das erlauben. Dass dieser Gedankengang mir mal zum Verhängnis wurde, war mir im Moment nicht bewusst.

Jetzt wart ihr aber lang genug in meiner Gedankenwelt und somit wechselte ich dann zum aktuellem Geschehen zurück. In dieser saß ich auf einer Parkbank und hatte eben das getan, was ihr einige Zeilen drüber gelesen habt: Überlegt.

Und aus diesen wurde ich schon prompt gerissen als jemand sich neben mir saß. Es fiel mir nicht sofort auf, aber nachdem ich einen gelben Schimmer aus den Augenwinkeln beobachtete. Es war das Mädchen von gestern. Nein nicht das, was mich gestern töten wollte. Als ob das sich so lässig neben mich setzen würde. Nein, es war das gelbgekleidete Mädchen mit dem seitlichem Pferdeschwanz, das mir gestern bei einem Ampelübergang aufgefallen war. Sie schien sich wohl auch an mich zu erinnern und hatte sich deswegen neben mich gesetzt, oder lag es einfach nur an meinem Gesichtsausdruck der wohl im Moment ziemlich schrecklich aussehen müsste.

Sie begrüsste mich lässig und ich grüßte sogleich zurück. Verwirrt war ich von ihrem Auftreten schon…

„Hi. Es geht mich zwar nichts an...aber wegen gestern...“ begann ich um irgendwie Klarheit geschafft zu bekommen warum sie sich neben mich auf einmal saß.

„Ach. Ich bin nicht immer so, keine Sorge. Siehst du ja jetzt schon.“ unterbrach sie mich lächelnd und tatsächlich, sie wirkte weitaus glücklicher als gestern. Es war wohl etwas gutes passiert und das war auch gut so. Deswegen lächelte ich sie kurz an. Wir hatten wohl die Rollen vertauscht. Ich wollte gerade seufzen um mein Leiden irgendwie zu verarbeiten, als sie weiter redete.„Weißt du was ich merkwürdig finde? Wir machen uns immer Gedanken, wenn diejenigen die uns nahe stehen verletzt werden. Und manche Leute geben sich selbst die Schuld, obwohl es vielleicht nicht möglich ist. Ist bei mir genauso“ erklärte das Mädchen mit dem Pferdeschwanz. „Doch ich denke auch diejenigen wegen denen wir uns Vorwürfe machen...wollen manchmal ihre Zuneigung ausdrücken, indem sie gegenüber uns bestimmte Dinge nicht erwähnen weil sie wissen, dass wir uns dann die Schuld geben oder so“ es folgte eine Pause. „Wir machen uns immer Gedanken darüber, wenn sie dann verletzt werden. Doch wir sind auch nur Menschen. Selbst ein Level 5 ist nur ein Mensch...ich kenn zwar keinen aber da bin ich mir sicher. Und Menschen machen Fehler. Und wir machen es bestimmt nicht besser, indem wir diejenigen, die um die wir uns Sorgen machen meiden, wenn sie wegen uns verletzt worden sind. Das macht die Fehler nicht ungeschehen und die Verletzungen auch nicht. Wir können es nur besser machen, indem wir neue, glückliche Erinnerungen schaffen, mit denen wir die bösen Erinnerungen verdrängen können.“ Sie lachte nun. Aus vollem Herzen. „Du denkst dir jetzt bestimmt so was wie: 'Was is das denn für eine? Warum erzählt die mir so nen Haufen Stuss'. Oder so ähnlich. Aber...ich musste das einfach mal loswerden. Und jetzt muss ich aber weiter.“

Während sie redete hatte ich wirklich nur zugehört. Kein dummer Kommentar hatte sich in meinem Kopf gebildet und eigentlich hatte ich mir überhaupt keine Gedanken gemacht, während sie redete. Es war schon erstaunlich. Sie wirkte nicht gerade wie jemand, der so ,redete‘ und es war auch ganz viel klischeehaftes Zeugs dabei, aber was sollte daran schlecht sein? Ein Klischee war ja bekanntlich etwas, was in Geschichten und so weiter oft vorkam und schon gar nicht der Realität entsprechen konnte, da es ja zu unrealistisch ist. Ich persönlich wünschte, dass unsere Welt klischeehafter wäre. Es wäre jedenfalls um einiges einfacher… Aber trotzdem hatte sie den gewünschten Effekt erzielt. So ließ ich mich gerne manipulieren… Ich war besser gelaunt und in mir war der Wunsch erwacht sofort mit Nori zu reden. Schon ein seltsames Mädchen, aber das machte sie interessant. Schade, dass sie schon gehen musste. Ich hätte sie gerne näher kennengelernt und so schlecht sah sie nicht einmal aus… Ich erwähnte mal nicht gekonnt, dass ich ein Level 5 war, war unpassend und unnötig. Inzwischen machte sie sich aus dem Weg und ich rief ihr nach, was ich ihr gegenüber wirklich empfand. Klang ziemlich schnulzig oder?

„Danke.“ Ich hatte wohl ein Lächeln auf dem Gesicht, denn ich fühlte mich wohl und sie lächelte zurück.

„Weißt du zufällig, wo die Warasu-Mittelschule ist?“ fragte sie mich plötzlich, aber um irgendwie meine Dankbarkeit auszudrücken antwortete ich trotzdem:

„Ja. Du hast zufällig Glück. Du nimmst von der nächsten Haltestelle der Magnetbahn die Linie C und fährst dann drei...nein vier Stationen in Richtung Tokiwadai“ erklärte ich nickend. Diese Schule lag auf meinem Weg und eigentlich hatte sie schon Glück gehabt. Ich fragte einfach nicht, was sie dort wollte, denn offensichtlich war es nicht ihre Schule. Die Jüngere grinste mich an, hob kurz Zeige- und Mittelfinger ihrer rechten Hand über ihr Auge und schloss dieses dabei. „Danke dir!“ Dann lies sie die Hand etwas nach vorn schnellen. Wie bei einem schnellen, lässig ausgeführten Militärgruß. „Ya naa“ Mit diesen Worten verabschiedete sie sich und machte sich schnell auf den Weg. Ich sah ihr noch eine Zeit lang nach und entschied mich einfach nicht mehr mich über diese Szene zu wundern und zückte mein Handy heraus um sofort mich bei Nori zu melden.
 

Doch ich wurde verhindert. Nicht dass ich auf einmal hinterhältig angegriffen wurde. Nein auf dem Handy wurde ich verhindert. Jemand rief mich an. Es war Fujiwara und nachdem ich mich über das gute Timing gewundert habe, nahm ich ab:
„Komm bitte sofort zur Abteilung, ein Notfall. Ich erkläre dir alles wenn du da bist.“ Sie klang gestresst und auch ein wenig verängstigt. Sie legte sofort auf und ich sah nachdenklich mein Hintergrundbild auf dem Handy an. Nach einer Minute der Überlegung entschuldigte ich mich kurz innerlich bei Nori und machte mich sofort auf zur Abteilung. Auch wenn heute eigentlich keine Judgmentarbeit war, mussten wir uns aber immer für Notfälle bereithalten. Wie bei der freiwilligen Feuerwehr. Während ich also auf dem Weg war, rief ich aber trotzdem Nori an. Ich hoffte bloß, dass sie nicht so kleinlich war und nicht draufging. Tatsächlich nahm sie aber nach ein paar Tuten ab.

„Nori, ich muss dir nur sagen, dass es mir leid tut.“

Diese prompte Aussage hatte sie wohl überrascht, denn ich hörte ein verwirrtes ,Eh?‘ auf der andere Leitung, aber ich gab ihr nicht die Zeit sich zu sammeln.

„Ich würde dich natürlich am liebsten sofort treffen, aber scheinbar ist was passiert, denn ich muss heute arbeiten. Ich verspreche dir aber, sobald ich frei bin etwas mit dir zu unternehmen.“
„Aber was ist mit Minori-chan? Ich will nicht, dass du ein unromantischer Bauer wirst!“ warf sie mir sofort vor mit einer Stimme wie eine ältere Schwester ihren jüngeren Bruder belehren würde.

„Die kann warten. Ich habe es dir doch versprochen, du bist mein Mädchen Nr.1“ Obwohl ich nur mit dem Handy mit ihr sprach wurde ich rot. Das klang wirklich ein wenig wie aus einem schlechtem Romantik Film und effektiv war es sicher auch nicht, ich hatte es aber trotzdem gesagt, weil es das Erste war, was mir eingefallen war.

„Das ist aber nicht nett, MichiMichi! Du sollst…“

„Du bist wirklich die Letzte die mir sagen soll was ich tun und lassen kannst.“ Es klang harsch, war aber die Wahrheit und mein Tonfall verriet auch, dass ich es nicht böse meinte, „Manchmal weiß sogar ich was gut ist und was schlecht ist. Und sowieso sehe ich Fujiwara jetzt bei der Arbeit, da kann schon viel passieren.“ Das Letzte musste ich aber noch hinzufügen um meine Deckung nicht komplett auffliegen zu lassen. Auch wenn diese Lüge bis jetzt nur schlechtes gebracht hatte, konnte ich mich irgendwie nicht von ihr losreißen. Sofort bereute ich es aber, denn Noris Stimme wurde um ein kleinwenig düsterer. Würde ich sie nicht so lange kennen, wäre es mir nicht aufgefallen:
„Da hast du wohl Recht. Gut, ich nehme dich dann bei Wort. Und wenn du dich heute nicht bei mir meldest komm ich dich persönlich abholen!“ Langsam war aber diese minimale Düsterheit verschwunden und wieder von ihrer alten fröhlichen Stimme ersetzt worden.

„Jawoll!“ sagte ich und salutierte sogar, dass Leute mich merkwürdig ansahen erwähnte ich nur mit dieser Bemerkung. Ich legte auf und fühlte mich um einiges leichter. Auch wenn die Last der Lüge immer noch vorhanden war.
 

Ein paar Minuten später befand ich mich auch schon in der Abteilung um auch schon von meinen werten Arbeitskollegen begrüßt zu werden. Sie alle saßen bei unserem Gemeinschaftstisch und Fujiwaras Laptop befand sich auf dessen Mitte. Unterschiedliche Gesichtsausdrücke zierten ihre Gesichter. Fujiwara wirkte sichtlich gestresst und betroffen, während Tamura einfach nur ernster drein sah wie gewöhnlich und Takeo hatte nicht einmal sein freches Grinsen aufgesetzt. Was für ein tolles Zeichen und warum war ich eigentlich Letzter?

„Was ist geschehen?“ kam ich sofort zum Punkt.

„Vieles…“ übernahm Fujiwara das Antworten. Was war mit ihr los? Sie zitterte sogar ein wenig… Takeo redete weiter:

„Nun ja… Gestern hatten wir einen Vorfall eines Esperübergriffs auf eine Schule. Glücklicherweise war niemanden etwas geschehen und ein Zivilist der eingegriffen hatte, konnte den Täter in die Flucht schlagen. Aber das ist nicht der Hauptgrund warum wir uns heute treffen. Eine weitere Bedrohung ist aufgetaucht und wir sind auch nur durch Zufall darauf gestoßen…“

„Und was ist es?“ fragte ich ein wenig ungeduldig und saß mich gegenüber von Fujiwara die meinem Blickkontakt mied.

„In letzter Zeit sind einige Level 0 verschwunden…“

Sofort klingelte es bei mir. Das Gesicht von Sakura Shigemitsu kam mir in den Sinn. Sie sagte sie wäre ein Level 0, aber konnte trotzdem ihre Fähigkeit einsetzen und dazu war sie noch so seltsam futuristisch gekleidet gewesen. Das schrie doch förmlich mich an einen Zusammenhang zu erkennen.

„Und warum ist das keinem bewusst?“ fragte ich.

„Weil es verdammt nochmal Level 0 sind! Um die wird sich einen Dreck geschert!“ schrie Fujiwara auf einmal aus und ich zuckte tatsächlich zusammen. Erstaunt sah ich sie an.

„Und sie sind nicht verschwunden… Sie sind sehr wohl noch da, sie kommen nur nicht mehr zur Schule.“ Ihre Stimme wurde etwas leiser, aber immer noch aufgeregt.

Ich sagte nichts und hörte zu, was sie weiter zu sagen hatte.

„Sie bekamen alle ein Angebot und die meisten haben zugestimmt…“ Sie wirkte wirklich angespannt und betroffen. In mir erwachte sofort der männliche Instinkt sie trösten zu wollen, aber ich ließ ihn bleiben.

„Habt ihr schon vor dem Level Upper Vorfall vor 20 Jahren gehört.“ Und mit diesen Worten wurde mir alles klar… Ich verstand sofort, was das gestern zu bedeuten hatte. Natürlich kannte ich den Level Upper Vorfall. Vor 20 Jahren gab es eine Musik Datei die es erlaubte den Level von Espern zu erhöhen. Wie es mit solchen Sachen war, gab es Nebenwirkungen und alle Nutzer fielen nacheinander ohnmächtig. Der Rest war Geschichte: Die Railgun und ihre Freunde kamen dem Täter auf die Spur und nach ein paar Komplikationen hatten sie den Vorfall gelöst und alles endete in einem Happy End. Also hatte sie es irgendwie ihren Level hochzukriegen, aber dann wie denn? Hatte es mit dem Anzug tun? Das war im Moment wohl zuviele Fragen auf einmal und diese mussten wohl später beantwortet werden. Aber jetzt galt es mal die ersten beantwortet zu bekommen. Fujiwara erklärte weiter mit zitternden Schultern, „Jemand geistert im Internet herum und sendet regelmäßig E-Mails an Level 0s um ihnen anzubieten ihnen eine Möglichkeit zu bieten aufzuleveln.“

„Aber so etwas ist doch ziemlich verdächtig, warum sollte jemand darauf eingehen?“ fragte ich misstrauisch

„Du kennst es einfach nicht…“ seufzte Fujiwara und knirschte ein wenig mit den Zähnen, „Menschen lernen nicht aus den Fehlern der Vergangenheit und dieses Angebot ist verlockend, wenn auch zwielichtig. Doch irgendwann würde einer es ausprobieren und wenn es tatsächlich funktionierte, verbreitet es sich auch wie ein Lauffeuer.“ Ich verstummte und musste ihr schweigend Recht geben. Nicht nur verstand ich es nicht sich schwach zu fühlen, sondern waren Menschen wirklich so wie sie es erklärte.

„Das heißt…“

„Ja, ich wurde auch gefragt und nein… Ich war nicht dorthin gegangen, aber eine gute Freundin von mir und seitdem… Ist sie nicht mehr so wie ich sie kenne.“

Irgendwie hatte ich ein schlechtes Gefühl bei der Sache. Der gestrige Vorfall hatte ganz klar etwas damit zu tun und somit erzählte ich ihnen alles was gestern passiert war. An den Namen des Mädchens konnte ich mich nicht mehr ganz erinnern und somit übersprang ich diesen Part.

Langsam wandelte sich ihre Stimme ins Schluchzen um und ich panikierte ein wenig. Fragend sah ich Takeo an, der nicht weiter verwirrt aussah wie ich und dann schlussendlich Tamura die tatsächlich etwas tat. Sie stand auf und ging hinter Fujiwara bis sie ihr schlussendlich einen Arm auf die Schulter:
„Ist schon gut…“ Mit diesen drei Worten hörte sie auf zu schluchzen und holte tief Luft. Hatte Fujiwara schon vorher Tamura das Herz ausgeschüttet?

„Wenn das so ist, geht es wirklich nicht mit rechten Dingen zu… Wir müssen etwas dagegen unternehmen…“ sagte sie mit neugewonnener Entschlossenheit.

„Was weißt du denn alles?“ kam es von mir sofort. Ich sollte sie wohl so schnell wie möglich auf andere Gedanken bringen.

„Nicht viel… Nur, dass man sich zu einer bestimmten Uhrzeit an einem Ort treffen musste. Aber diese variieren immer und Sakura-chan… Sie hatte sich seitdem nicht mehr bei mir gemeldet… Also haben wir technisch gesehen gar keinen Anhaltspunkt…“

„Doch…“ unterbrach ich sie. Alle sahen mich erstaunt an. Hoho, ich wirkte schon fast wie so ein Meisterdetektiv.

„Der, der es auch immer war musste sicher eine Art Möglichkeit beibehalten haben, denen die anfangs abgelehnt haben sich immer noch dafür entscheiden zu können.“

„Natürlich!“ Sie schlug sich sogar vor Scham auf dem Kopf und zog sofort ihren Laptop zu sich. Nach ein paar Klicks und Tastaturschläge drehte sie es um und zeigte es mir. Dort in einer neutralen Schrift: ,Solltet ihr euch dennoch anders entscheiden. Kommt um 18:00 Uhr dort wo die Sonne von einem Sockel gehalten wird.“

Toll ein Rätsel… Aber ich wäre kein Level 5 hätte ich keine gewisse Form von Intelligenz. Die Lösung war mir sofort klar und warum der Autor also dieses Rätsel eingefügt hat? Nur die, die unbedingt im Level aufsteigen wollten, würden dieses Rätsel lösen.
„Das ist doch klar.“

Fortsetzung folgt…

9. April II

So machten wir uns also auf dem Weg. Momentan saßen wir alle in einer ziemlich verlassenen Magnetbahn. Eigentlich war bald Sperrstunde, aber unsere grünen Armbänder die von dem Zeichens Judgment - einen weißen Schild - geziert wurde, erlaubten uns einige Privilegen auch wenn dies selbst nur in Ausnahmefällen erlaubt war. Hierbei handelte es sich aber um ein Ausnahmefall, würden aber Mitglieder von Anti-Skill uns über den Weg laufen, würde das uns aber nach allem einige Schwierigkeiten bereiten, denn eigentlich war dieser kleine ,Zeitvertreib‘ von uns keine offizielle Judgment Arbeit, da wir keine Erlaubnis bekommen haben uns so einem Auftrag zu widmen. Da wir aber diese sowieso nicht bekommen würden, hatten wir diesen Part einfach übersprungen. Im Moment war ja keine Ausgangssperre und wir konnten nur hoffen, dass wir rechtzeitig fertig wurden. Während wir also hier saßen und unsere Station immer näher kam, herrschte eine unangenehme Stille zwischen uns. Fujiwara saß neben Tamura und blickte bedrückt zu Boden. Eigentlich hatte ich gedacht sie so früh wie möglich wegen Nori um Hilfe zu bitten, aber selbst ich war nicht so egoistisch um sie gerade jetzt danach zu fragen. Tamura hatte ein Buch rausgeholt und wirkte im Moment ziemlich wie der Typus ,stiller Bücherwurm‘ eines jeden Animes. Gegenüber von den beiden saßen wir zwei Jungs. Takeo‘s große Klappe war ausnahmsweise mal auch geschlossen und er sah gedankenverloren aus dem Fenster. Ich selbst war wie ihr unschwer erkennen könnt ebenfalls in Gedanken versunken. Ich fragte mich vor allem, was uns erwarten würde. Dies alles konnte sehr gefährlich werden und wir hatten keinen blassen Schimmer was für Absichten der Täter eigentlich hatte. Ich bezweifele, dass es aus gutem Willen für die Level 0 war. Aber die Antwort auf diese Fragen mussten wohl warten, bis frühestens nachdem wir dieses ,Treffen‘ erlebt haben. Erst nun fiel mir auf, dass eigentlich kein genauer Datum erklärt war. Also musste entweder jemand jeden Tag dort warten und die Spätankömmlinge begrüßen, oder irgendetwas anderes würde ihnen den Weg weisen. Für die die ihr euch immer noch wundert, wo ,dort‘ eigentlich war, erkläre ich mal was es mit dem Rätsel auf sich hatte. Wir waren im Moment auf dem Weg zum siebtem Distrikt, im Grunde genommen Richtung Herz der Bildungsstadt. Natürlich war das nur bildlich zu nehmen, es handelte sich dabei um ein sonderbaren Gebäude das eigentlich nur als das ,fensterlose Gebäude‘ bekannt war. Ein gewaltiges Hochhaus, das von der Höhe vielleicht nicht das Größte der Stadt war, aber trotzdem war es umso merkwürdiger. Wie der Name schon sagte hatte es keinerlei Fenster und auch sonstige Eingänge. Für was das Gebäude eigentlich diente war das größte Rätsel der Stadt. Die Einen sagten, dass es ein Labor für gefährliche und streng geheime Experimente sei, die Anderen meinten, dass es ein Lager für die fortschrittlichsten Waffen und Technologien der Stadt, die noch nicht der Öffentlichkeit bekannt waren, sei und eine der beliebtesten Legenden der Stadt war, dass es die Wohnstätte des Generaladministrators der Stadt war, dessen Existenz ebenfalls nur eine Legende war. Was aber ziemlich offiziell war, war dass dieses Gebäude eine Atombombe ohne einen Kratzer überstehen könnte und auch andere Formen der Zerstörung problemlos überstehen konnte. Es galt als unzerstörbar. Ich selbst wusste nicht ob was davon wahr war, doch irgendwie sagte mir mein Gefühl, dass an letzterer Theorie was dran war. Ich will nun keine Exkursion in die Politik der Stadt machen, aber um es kurz zufassen: Die Bildungsstadt ist ein unabhängiger Stadtstaat, der von dem Rat der Direktoren geführt wurde. Dieser bestand aus 12 Mitgliedern. Doch man munkelt, dass eben der vorhin erwähnte Generaldirektor eigentlich alle Fäden in der Hand hatte und von dieser Festung aus die Stadt kontrollierte und wer weiß noch sonst alles. Warum war ich dann nun so abgeschweift? Gute Frage, lag wohl daran dass ich insgeheim mich für Legenden und Verschwörungstheorien interessierte. Passt nicht zu meinem Charakter, ich weiß. Es ist unsinnig und so weiter und so fort, alles schon mal gehört, aber ich tat es trotzdem. Was aber nun dieses fensterlose Gebäude mit dem Rätsel zu tun hatte war auch schnell erklärt. Um 18 Uhr war ja bekanntlich die Zeit wo die Sonnenuntergang und dieser Sockel soll eben das Gebäude sein. Wir müssen also nur den richtigen Ort finden, wo diese Erscheinung auftreten würde und voilà: Rätsel gelöst! Hoffte ich jedenfalls. Der ungefähre Ort hatten wir noch bestimmt, dank Fujiwaras guten Computerkenntnissen und schon hatten wir uns auf den Weg gemacht. Wir alle hatten ein ungutes Gefühl bei der Sache und deswegen schwiegen wir hauptsächlich auf dem Weg und langsam machte sich Nervosität in uns breit. Auch wenn wir alle so schweigsam waren konnte ich diese Stille bald nicht mehr ertragen, aber ich traute mich auch nicht sie zu durchbrechen, hauptsächlich deswegen weil ich kein Thema zum reden richtig finden konnte. Tatsächlich aber, hatte jemand anderes diese schwere Last auf sich aufgenommen und begann tatsächlich ein Gespräch. Es war Takeo:
„Wisst ihr, was ich mich schon lange frage… Ist es eigentlich möglich ein Held zu werden? Ihr wisst so wie in den Animes und Filmen. Ist es denn möglich im echten Leben das perfekte Happy End zu erreichen und jeden retten zu können?“ Dies war klar ein Versuch um uns abzulenken und ein wenig von der Spannung aufzuheben, aber ehrlich gesagt ein ziemlich guter. Es war eine ziemlich philosophische Frage und manchmal beschäftigte ich mich sogar mit solchen Fragen. Ich setzte mir gerade eine ziemlich nichts-sagende Antwort zusammen, als jemand vor mir das Wort ergriff und erstaunlicherweise war es sogar Tamura. Ihre ruhigen Augen sahen uns alle an und ihre Stimme klang ziemlich neutral, auch wenn ein wenig Nervosität herauszunehmen war:

„Meiner Meinung nach ist es möglich.“

Das überraschte mich nur noch weiter. Sie war nicht gerade für ihren Optimismus bekannt, zwar auch nicht für ihren Pessimismus, sondern eher für ihren ,Realismus‘. Eine solche Antwort war mir also verständlicherweise sehr überraschend vorgekommen und meine sorgfältige Antwort in der es um ein wenig Wahrscheinlichkeit dass man über den Held spielen konnte und noch ein bisschen sonstigen realistischen Folgen ging war schon vergessen. So hörte ich also schweigend ihr zu, während sie ihre Erklärungen fortsetzte:
„Natürlich kann es nicht so verlaufen wie es in den Geschichten geht, aber man kann sich das Gefühl verschaffen heldenhaft gehandelt zu haben. Im Grunde genommen ist eine Heldentat auch purer Egoismus. Man tut es hauptsächlich für sich selbst, entweder um später die Schuld des Geretteten nutzen zu können, oder einfach nur um sich ein gutes Gefühl zu verschaffen.“

Das war… wahr. Ein Held war ein Egoist. So grausam es auch klingen mag, so war es leider. Aber…

„Ich sage nicht, dass das schlecht ist, sondern moralisch gesehen ist es gut. Aber eine Heldentat muss als erstes vollbracht werden. Helden gibt es viele auf der Welt und sei es auch nur einer alten Frau zu helfen über die Straße zu kommen. Tut man was für andere ist man ein Held. Es müssen keine Bösewichte bezwungen werden um sich Held nennen zu können.“

„Nun ja, Tamura…“ fing Takeo an zu sprechen. Er hatte ihr ebenfalls die ganze Zeit über gespannt zugehört, „Du magst Recht haben mit dem was du sagst… Ich rede aber eher von der Variante von Helden aus Shounen und so.“

„In der Bildungsstadt wird auch das möglich sein.“ Knappe Antwort. Das war wieder die übliche Tamura wie ich sie kenne. Anscheinend hatte sie sich auch schon eine Zeit lang mit dieser Frage beschäftigt. Ihr wundert euch warum ich mein Maul nicht auftue? Na ja, ich bekomme keine Gelegenheit dazu.

„Eigentlich… Ja. Hier in der Bildungsstadt ist man der Möglichkeit eines Shounen-Mangas so nah wie noch nie.“

… Wenn diese Logik so stimmte, dann war ich theroretisch auch so ein Shounen-Held, denn ich habe mit meiner Kraft schon einigen Leuten geholfen… Irgendwie machte mich diese Sichtweise etwas gut gelaunter und ich wurde etwas optimistischer…

„Doch ist es denn einem möglich alle zu retten?“ meldete sich nun auch Fujiwara zu Wort, „Wenn man hier in der Stadt so ein Held sein kann, dann hat man auch die Möglichkeit ein solcher Bösewicht zu werden. Kann wirklich alles so verlaufen, wie in den Geschichten dass es immer einen Ausgang zum Happy End gibt? Entscheidet zum Beispiel auch nur ein mächtiger Electromaster ein paar Leute abzuschlachten werden viele Menschen sterben und ein ,Held‘ kann nichts dagegen tun. In den Shounen wendet sich zum Schluss hin immer alles zum Guten, doch hier auch?“

Gut gemacht, gerade dann wo ich angefangen habe besser gelaunt zu werden… Aber was kann ich ihr vorwerfen, im Moment sieht für Fujiwara alles ziemlich schwarz aus. So schwiegen wir alle wieder und ich schämte mich ein wenig dafür mein Veto nicht eingeworfen zu hatte… In mir formte sich aber auch der Entschluss, dass egal was uns erwartete ich alles in meiner Macht tun würde dass es gut ausging. Ein Leben als Shounen-Held war mir weitaus schmackhafter als die eines tragischen Helden. Wir waren angekommen und stiegen schweigend aus der Magnetbahn.

Unterwegs zu dem vermutetem Treffpunkt, also eher der Radius wo er sich laut Fujiwaras Berechnungen befinden würde wurde das Schweigen nur noch drückender und dieses Mal wagte niemand das Gespräch zu eröffnen. Während dieser Zeit konnte ich euch also den Plan erklären, den wir ausgemacht haben. Fujiwara würde sich als verzweifelten Level 0 ausgeben und was auch immer dort war, treffen, während Tamura und ich aus einer entfernten Position aus alles beobachten würden. Takeo würde mit seiner Fähigkeit auf die Dächer kommen und von dort aus von oben den Überblick haben. Wir vermuteten mal, dass es in nähe von Häusern war. Wie er das schaffte? Nun seine Fähigkeit ,Pressure Hand‘ erlaubte es ihm Druckwellen zu erzeugen, deren Ausgangspunkt seine Hände wären. Er würde sich damit also nach ,hoch‘ drücken. Ein Esper konnte ziemlich genaue Berechnungen durchführen. Es Nicht-Espern zu erklären war quasi unmöglich, da jede Fähigkeit eine Berechnung brauchte und diese fast automatisch in unseren Köpfen geschahen. Je höher der Level, je höher unsere Kapazität für Berechnungen. Tamuras Fähigkeit konnte ich später noch einmal erklären. Verbunden waren wir alle mit Wanzen die in unseren Ohren versteckt waren, alle perfekt programmiert und kalibriert von Fujiwara. Ehrlich… Dieses Mädchen war ein Genie…

Langsam näherten wir uns den vermuteten Treffpunkt. Wir befanden uns auf einer gewöhnlichen Hauptstraße der Bildungsstadt. Inzwischen näherten wir uns auch der Zeit 18 Uhr und wenn ich einen Blick nach hinten warf konnte ich schon die Bildung unseres ,Sonnensockels‘ erkennen. Schon ein faszinierender Anblick und durch die Sonnenstrahlen konnte man fast schon die Illusion erkennen eines gewaltigen Sockels, der die Sonne ausstellte. Mit einem Blick auf ihr Handy verkündete Fujiwara:
„Hier müsste es sein.“

„Na ja… Dann kann es wohl dann nur dort rein gehen.“ sagte ich und deutete in eine Seitengasse die zu einer Sackgasse führte. Nach zweitem Hinschauen konnte man aber eine Tür erkennen.

„Das macht dann wohl meinen Einsatz zunichte.“ kommentierte Takeo als er seinen Hinterkopf verelegen kratzte.

„Einen Moment noch…“ murmelte Fujiwara und holte aus ihrer Tasche ihren Laptop raus. Ich fragte mich immer schon was Mädchen in denen trugen, aber ein Laptop war sicher nicht geläufig. Mit einer Hand hielt sie ihn fest, während sie mit der anderen im erstaunlichem Tempo daran tippte.

„Anscheinend handelt es sich hierbei um einen ehemaligen Klub, der vor einiger Zeit aufgegeben wurde, nachdem eine Gruppe von Skill-outs ihn regelrecht auseinander genommen hatten.“

Skill-outs war eine Gruppe von Unruhestifter die ihre Zeit nicht besser damit zu verbringen wussten als alles und jeden verprügeln zu wollen.

„Also ist wohl die einzige Möglichkeit für uns draussen zu warten und mit den Wanzen abzuhören was drinnen geschieht?“ fragte ich ein wenig besorgt. Es gefiel mir nicht sie alleine da reinzulassen ohne auch nur zu sehen was dort drinnen passiert. Nur das Hören war nicht gerade risikolindernd.

„Sieht so aus, oder wir schleusen einen von euch rein und geben ihn auch als Level 0 aus.“ schlug Fujiwara vor und steckte ihr Laptop wieder in die Tasche.

„Ich halte das nicht für eine gute Idee.“ erklärte Tamura und wir alle sahen sie fragend an, „Wir wissen nicht ob der Gegner eine Möglichkeit hat herauszufinden auf welchem Level sich die Kommenden befindet. Unsere Deckung könnte früher auffliegen.“

„Ist das denn jetzt eine Undercover-Mission oder was?“ fragte ich ein ein wenig gereizt, „Unser Ziel ist es den Täter dingfest zu machen.“

„Ja. Wir wissen aber nicht wer er ist und welche Ressourcen er eigentlich hat. Wir dürfen keine unnötigen Risiken eingehen… Wenn diese Person so einen von dir beschriebenen Anzug herstellen kann, kann er noch viele weitere möglichen technischen Hilfsmittel zu Hand haben…“ konterte Tamura mit ihrer monotonen Stimme, die aber schon einen Hauch von Schärfe hatte und ich musste tatsächlich meine Niederlage eingestehen.

„Fujiwara… Du bist dir sicher, dass du das machen willst. Wenn du da reingehst kann dich wer weiß was erwarten und wenn was passiert sind wir nicht sofort zur Stelle…“ versuchte ich ihr zu erklären und irgendwie hoffte ich, dass wir das alles abblasen würden. Ich hoffte, dass ich maßlos übertrieb und sich alles dann als etwas harmloses herausstellte wo ich mir dann einfach auf die Stirn schlagen würde, wenn ich an mein jetziges Ich zurückdenken würde.

„Ja…“ antwortete sie mir knapp und sah mich mit entschlossenen Augen an. Das mit ihrer Freundin musste ihr wirklich was ausmachen und so gab ich abermals meine Niederlage zu, dieses Mal mit einem Seufzen…

„Okay, aber du versprichst uns sobald es zuviel für dich wird uns reinzurufen.“

„Verstanden…“ Sie gab mir ein versichertes Lächeln und ich musste schon zugeben, dass sie in dem Moment ziemlich gut aussah. Ich hoffte bloß, dass das nicht mein letzte Erinnerung von ihr sein würde. Und schon wieder flehte ich das Schicksal an, dass ich nur paranoid wurde und nichts weiter. Sie ging in die Seitengasse und alles was wir alle noch tun könnten war ihren Rücken zuzusehen wie er immer kleiner würde und sie schlussendlich die Tür öffnete und in eine bedrohliche Schwärze verschwand. So, jetzt wird es spannend. Ich hörte wie die Wanze in meinem Ohr eingeschaltet wurde und sofort kam Fujiwaras Stimme in mein Ohr:
„Ihr könnt näher rankommen. Ich habe keine Kameras im näherem Umkreis geortet.“ Sie flüsterte und ihre Stimme war sehr aufgeregt.

„Verstanden…“ Am liebsten hätte ich sie gefragt wo sie sich gerade befand und was sie sah, aber unnötiges Fragen war wohl sicher auffällig… So gingen wir also durch die Tür und im Ohr konnte ich nur ein kleines statisches Geräusch, im Hintergrund sehr leise die Schritte Fujiwaras und ihr aufgeregtes Atmen, vernehmen. Wir sagten nichts zueinander und standen einfach nur bei der Tür. bereit sie jeden Moment aufzubrechen. Es dauerte auch nicht lange, da hörten wir es… Eine Stimme, die mir sehr vertraut vorkam. Durch die verschlechterte Qualität der Wanze brauchte ich aber einige Zeit sie richtig einordnen zu können, als mir auch vollends bewusst war, dass es die Stimme des Mannes war der vor dem Angriff auf mich gestern mit mir gesprochen hatte:
„Heute also nur Eine? Ich nehme stark an, dass du das Rätsel gelöst hast und wegen eines Bestimmten hierher gekommen bist.“

„Um stärker zu werden…“ antwortete Fujiwara sofort und ihre Aufgeregtheit stach nun langsam auch mich an.

„Das ist gut…“ Die Stimme kam näher und ich konnte nur vermuten, dass der Besitzer sich Fujiwara wohl näherte Ich konnte einen englischen Akzent ausmachen, „Denn Stärke ist es, was du brauchst um es in dieser Stadt weit zu bringen… Du siehst, diese Stadt hier wurde wegen einem bestimmten Ziel gebaut. Nicht nur um die neusten Technologien zu schaffen und Kinder auszubilden. Nein, ihr Esper wurdet aus einem bestimmten Ziel erschaffen. Um dieses Ziel zu erreichen braucht es viele Menschen. Man sagt euch in den Schulen, dass ihr durch harte Arbeit ein höheres Level bekommen könnt, doch das stimmt nur teilweise. Jeder neue Esper hat ein Potential das je nach Person größer oder kleiner ist. Ein potentieller Level 5 kann als Level 1 anfangen, aber ein potentieller Level 0 würde immer einer bleiben. Die ,Parameter List‘ ist dem öffentlichem Auge verborgen, aber im Grunde genommen zählt es jeden einzelnen Esper und sein potentielles Level auf. Das heißt egal wie sehr manche sich anstrengen würden, man würde ein Level 0 bleiben. Da euer Potential eben das nur erlaubt. Das ist ziemlich ungerecht, oder?“ Auch wenn er eine solche Frage stellte, klang es nicht richtig als ob er sich darum kümmern würde. Aber was er gesagt hatte, rief in mir ein entsetztes Gefühl auf. Das klang… ungerecht wie er gesagt hatte. Wenn es stimmte, dann waren es also alles Lügen, was die Lehrer sagen. Wenn ich als Level 5 schon geschockt war, wie würde sich dann ein Level 0 fühlen? Ich wage es nicht mir das auszudenken… Ein kurzer Blick zur Seite verriet mir dass es bei den anderen Beiden nicht anders war. Sogar Tamura hatte ihre Augen weit geöffnet. Fujiwaras Atmen hatte kurzzeitig ausgesetzt.

„Deswegen werden auch die potentiellen höheren Esper besser gefördert. Wundert es dich denn nicht? Ich gebe dir mal ein Beispiel: Dragon Flame, Rang 4 der Level 5 wird nicht umsonst Railgun der 2. Generation genannt. Er hat als Level 1 angefangen und sich rasend schnell im Level hoch entwickelt. Wie das geschehen konnte? Nun ja, eine Frau namens Kihara Kyousu hatte sich seiner angenommen…“

Ich riss mir die Wanze aus dem Ohr. Ich will das nicht hören. Es rief nur schlechte Erinnerungen in mir hoch. Aber es war schon zu spät. Bilder aus meiner Kindheit kamen in mir hoch. Kihara Kyousu, durch sie wurde ich Level 5, aber das war auch nur das einzig gute was mir diese Frau und angetan hatte. Nun wusste ich auch warum sie mir eigentlich geholfen hatte. Da ich sowieso schon vorbestimmt war einer zu werden, schnappte sie sich mich schnell bevor irgendjemand anderer das tun würde. Takeo und Tamura sahen mich fragend an und ich schüttelte nur den Kopf und steckte mir die Wanze wieder ins Ohr. Er hatte wohl ein wenig weiter gesprochen, denn:
„Jetzt da du die Wahrheit erfahren hast wie fühlst du dich? Macht es dich wütend zu hören, dass du von Anfang an nur Lügen erzählt bekamst und sowieso von Anfang an als Abschaum abgestempelt wurde? Willst du es denen heimzahlen die dich als nutzlos empfinden?“ Seine Stimme klang immer noch nicht recht beteiligt, aber doch war eine gewisse Härte in seinen Worten zu vernehmen…

„Ja…“ Irgendwie klang Fujiwara ein wenig zu überzeugend, aber es war nur hoffentlich eine Einbildung.

„Siehst du, dann haben wir beide ein gemeinsames Ziel, denn ich habe die Möglichkeit gefunden es der Stadt heimzuzahlen… Und am besten kann ich es dir wohl demonstrieren an unseren netten Besucher da draussen.“

Oh Gott… Wir alle wussten was das bedeutete. Das kannten wir doch schon alle. Wenn wir uns nun umdrehen würde da sicher ein Begrüßungskomitee stehen und…

Wir wurden nicht enttäuscht…
 

Fortsetzung folgt…

9. April III

Wie ihr euch sicher schon gedacht habt waren hinter uns am Eingang zu der Sackgasse ein Haufen Leute die schon kampfeslustig zu uns hinschauten.Alle hatten einen ähnlichen Anzug an wie das Mädchen von gestern und ich musste mich immer noch darüber wundern wie lächerlich sie eigentlich darin aussehen. Diese merkwürdigen Elektroden, oder was auch immer sie waren, verbanden ihren Kopf mit dem Anzug und auf all ihren Gesichter war ein siegessicheres Lächeln aufgesetzt. Es waren ungefähr ein Dutzend von ihnen und sie könnten unterschiedlicher nicht sein; von Mädchen die wohl gerade erst in die Mittelschule kamen bis zu gewaltigen Hünen die nicht mehr als Schüler gelten könnten. Während sie also dort wortlos auf uns starrten fiel mir auf einmal auf, dass unsere Verbindung mit Fujiwara irgendwie gekappt wurde. Ich hörte jedenfalls nicht mehr aus der Wanze. Das gefiel mir ganz und gar nicht und langsam bereitete sich Stress in mir aus. Ich musste das hier wohl schnell beenden und dann in das Gebäude hier rein. So hob ich meine Hand und visierte unsere Gruppe von Gegnern an. Im nächsten Moment würde auch schon eine gewaltige Welle bestehend aus Feuer sie verschlingen. Keine Sorge die Temperatur die ich anvisierte war nicht tödlich, aber schmerzvoll genug. Ich war kein Sadist aber mit meiner Fähigkeit war es eben nur möglich Gegner schmerzvoll auszuschalten ohne sie direkt zu töten.

Unsere Gegenüber gingen sofort in Kampfhaltung und ihr überlegenes Grinsen war auch schon verschwunden. Sie trauten sich nicht ihren nächsten Schritt zu tun und das würde auch schon ihr Ende sein. Doch:
„Nein, Michizane überlass sie uns. Du gehst besser da hinein.“ unterbrach Takeo mein Vorhaben und sah mich dringlich ein, „Was auch immer da drinnen geschieht, bist du der beste der damit umgehen wird. Wenn du dich jetzt um sie kümmerst wirst du nur unnötige Zeit verschwenden.“

„Ich kann sie in fünf Sekunden ausschalten.“ protestierte ich und war mir vollkommen bewusst, dass ich nur Zeit verschwendete.

„Es ist unklar über was für Fähigkeiten sie verfügen.“ meldete sich nun auch Tamura zu Wort und ohne weiteres Warten griff sie schon wie ein Blitz an. Und dies war wörtlich zu nehmen. Sie bewegte sich so schnell auf den erstbesten Gegner zu, dass mein Auge nicht folgen könnte. Kaum war sie losgelaufen war sie schon vor dem nächstbesten und ehe wir alle wussten was uns überhaupt geschah lag dieser schon auf dem Boden und dann war schon der Nächste an der Reihe.

Lasst mich erklären: Tamura Rens Fähigkeit ist ,Slowdown‘ Die erlaubt es ihr die Zeit um sich herum zu verlangsamen und somit die Illusion zu erschaffen, dass sie schneller ist als gedacht. Dies erlaubte ihr viele Möglichkeiten die uns die Physik nie erlauben würde. Zum Beispiel stärker sein als wir eigentlich sind. Durch die erhöhte Beschleunigung kam auch größere Stärke. Eigentlich gab es in meinen Erklärungen viele Widersprüche in der Physik. Zum Beispiel sollte bei der erhöhten Kraft eine höhere Kraft zurückkommen und ihren Körper stark beschädigen. Zum Anderem würde auch die Objekte die geschlagen wurde eine höhere Trägheit bekommen und dadurch schwerer zu bewegen sein. Auch an meiner Fähigkeit sollten eigentlich durch die Physik viele Grenzen gesetzt werden, doch dem war nicht so und dies lag an einem einfachem Grund. Wir Esper besaßen unsere Personal Reality und um es einfach auszudrücken: Wir können die Realität nach unserem Willen formen. Dies variierte je nach Fähigkeit und auch nach Level. Deswegen können wir den Gesetzen der Physik trotzen und viele Physiklehrer von euch würden auch sicher beim Lesen dieser Erklärungen sicher ein paar Mal die Augen verdreht haben… Jetzt aber genug von den Hintergrundinformationen und zurück zum aktuellem Geschehen in der Takeo mir ein:
„Dann geh schon!“ zurief und mir nichts anderes blieb als mich umzudrehen und durch die Tür zu schreiten. Ein letzter Blick nach hinten zeigte mir wie Takeo noch vorne stürmte und einen von ihnen mit einer Druckwelle vom Boden riss und die Anzugträger langsam zum Gegenangriff starteten, dann schlug die Tür hinter mir zu und nur der Lärm da draussen verriet mir was dort vor sich ging. Keine weitere Zeit verschwendend lief ich weiter und sah mich um. Das Gefühl, als ob ich die beiden zurückgelassen habe ignorierte ich mal… Als Erstes galt es eine Treppe mit einigen Stufen nach unten zu besteigen. Es war dunkel, aber ein weit entferntes Licht erhellte es genug, sodass ich wenigstens meine nächsten Schritte sehen konnte. Sobald ich die letzte Stufe erreicht hatte, blickte ich auch endlich in das Innere des kellerartigen Raums. Man konnte noch erkennen, dass es vor einiger Zeit ein Klub gewesen war. In der Mitte befand sich eine große Plattform die wohl als Tanzfläche gedient hatte und drum herum waren umgeworfene und zerstörte Tische und Stühle verteilt. In einer Ecke befand sich eine weitere erhöhte Plattform auf denen die Überreste einer Anlage wo wohl der DJ Musik gemacht hatte, waren. Und genau vor mir waren die Überbleibsel der Bar. Alles war heruntergekommen und sah trotz des modernen Ambiente sehr alt aus. Aber ich bewunderte nicht länger mehr die Innenausstattung, sondern meine Aufmerksamkeit war ganz und gar auf die Bar gerichtet. Dort waren nur ein Stuhl aufgestellt und auf dieser saß niemand anderes als Fujiwara Minori. Ihr Rücken war mir zugekehrt und so konnte ich nicht erkennen wie ihr Gesichtsausdruck war. Aber wie sie da steif da saß, war jedenfalls ein schlechtes Vorzeichen.

„Fujiwara!“ rief ich ihr zu und lief dorthin. Wieder keine Reaktion ihrerseits und mein schlechtes Gefühl verstärkte sich nur noch. Als ich näher kam bemerkte ich, dass sie nicht alleine war. Vor ihr, wie ein Barkeeper, stand ein Mann im weißen Kittel. Er war mir vorher nicht aufgefallen, da Fujiwaras Rücken ihn vollends verdeckt hatte. Ich blieb stehen, nicht weil ich vor ihm Angst hatte, sondern eher von dem was er in der Hand hatte: Eine Pistole… Eine der beliebtesten Erpressungsmethoden aus Thrillern und Actionfilmen, aber wie es schien auch im echtem Leben. Diese war auf mich gedeutet und der Finger stand auch schon am Abzug. Was sollte ich tun? Ich schluckte und mein Gehirn ratterte wie verrückt. Ich konnte jetzt nicht einfach blindlings mit Feuer auf ihn werfen. Wenn meine Fähigkeit eines nicht hatte, dann war es Präzision… Ich musste das irgendwie in die Länge ziehen:
„Was ist mit Fujiwara?“ fragte ich sofort.

„Sie? Na ja an ihr habe ich ein paar Modifikationen vorgenommen…“ Und als ob es ihr Stichwort war, drehte sie sich bei diesen Worten um und kletterte vom Stuhl. Bei ihrem Anblick weiteten sich meine Augen vor Schock und ich wusste nicht recht was ich da eigentlich vor Augen hatte. Ihr Gesicht war so emotionslos, dass Tamura bei diesem Anblick wohl vor Neid Tränen bekommen würde und ihre Augen könnten die einer Leiche sein. Mir fiel sofort auf, dass sie dieser Sakura von gestern ähnelten nachdem ich sie ausgefragt hatte… Warum sie sich so merkwürdig verhielt war auch schnell geklärt. Auf ihrer Stirn befand sich ein runder metallener Gegenstand, der in seltsamen Blautönen leuchtete. Es brauchte kein Genie um herauszufinden, dass dieser Apparat irgendetwas mit ihrem Hirn verursachte…

„Modifikationen…“ stieß ich dieses Wort wutentbrannt zwischen meinen Zähnen hervor.

„Dieses praktische kleine Ding kann die Gehirnwellen eines Menschen nach meinen Wünschen ändern und mir somit die Kontrolle über den Mensch verleihen. Wie so vieles an der Wissenschaft habe ich mir auch ein kleines Vorbild an der Natur genommen. Na ja wenn man einen Esper als natürlich bezeichnen kann. Du kennst sicher ,Mental Out‘, die ehemalige Nr. 5 der Level 5 der ersten Generation. Sie konnte auch die Gehirnwellen ihrer Mitmenschen beliebig kontrollieren. Ein Jammer eigentlich, dass sie ihr ganzes Potential nie ausgeschöpft hatte. Aber egal, die erste Generation ist fort und nun ist die zweite da, was wiederum auch schade ist, da die erste meiner Meinung nach weitaus faszinierender war. Aber warum erzähle ich dir das alles?“

Irgendwie kam es mir so vor, als ob er sich über mich lustig machte. Ich sollte wohl auch langsam sein Aussehen näher beschreiben… Er sah eigentlich wie ein unscheinbarer Doktor aus gekleidet in einem sauberem Arztkittel wo drunter ein weißes Shirt war und er trug blaue Jeans. Seine Haare waren schwarz und sorgfältig nach hinten gekämmt. Sein Gesicht strotzte nur von Überheblichkeit und Arroganz. Auch wenn ich ihn unter anderen Umständen getroffen hätte, wäre er mir sofort unsympathisch gewesen. Momentan waren seine Augen gelangweilt auf mich gerichtet und im nächsten Moment sprang er auch schon lässig über die Bar. Er stand nun neben Fujiwara und drückte ihr die Pistole in die Hand. Während ich mich noch über dies wunderte richtete Fujiwara auch schon sofort den Lauf der Pistole auf ihren Kopf und es sah erschreckend so aus als ob sie ihr Leben nehmen wollte.

„Ich glaube damit habe ich mich verständlich ausgedrückt. Eine falsche Bewegung und sie erschießt sich selber…“

„Verdammt nochmal!“ schrie ich wutentbrannt. Ich lasse nicht gerne mit mir herumspielen, „Was soll das alles? Woher wussten Sie von unserem Kommen und warum machen Sie das Alles und vor allem wer sind Sie?“

Ich verlangte somit regelrecht, dass der Bösewicht seinen bösen Plan verriet und entweder sagte er mir überhaupt nichts, oder er begann mit einer ellenlangen Erklärung über seinen ach so tollen Plan.

„Nun gut… Ich beantworte deine Fragen, da wir sowieso alle Zeit der Welt haben… Mein Name ist David Charles Nelson.Woher ich weiß, dass ihr hierher kommt? Das ist einfach: Man muss kein professioneller Hacker sein um Informationen über Esper zu bekommen. Vor allem über die eines Level 5… Natürlich bezieht sich das nur auf die oberflächlichen Informationen wie Schule und eben, dass du bei Judgment arbeitest. Dann musste ich nur noch über deine Mitarbeiter was herausfischen und schlussendlich dich auf mich neugierig machen. Was ich gestern ja getan hatte. Danach war alles einfach: Nur auf die Ankunft von dir und deinen kleinen Freunden zu warten, wo zufällig auch noch ein Level 0 dabei war. Euer Plan sie hereinzuschicken ist ehrlich gesagt auch kein meisterhafter gewesen…“ Also wurde Fujiwara bewusst von ihm kontaktiert, da er wusste dass ich sowieso irgendwann auftauchen wollte…

„Aber warum ich? Willst du mich in irgendeinem verrücktem Experiment als Versuchskaninchen oder so haben?“ knurrte ich und ließ die höfliche Anrede sein. Meine Augen waren nur auf Fujiwara gerichtet wie sie da emotionslos mit der Pistole an ihrer Schläfe saß… Es war ein unerträglicher Anblick und am liebsten würde ich ihn zu einem kleinem Häufchen Asche verbrennen.

Das wäre nicht mein erster Mord…

„Nein Nein… Ich brauche dich nur für einen kleinen Test. Ich bin in der Hinsicht überhaupt nicht an dir interessiert also mach dir keine Sorge, dass ich dich an einem Operationstisch auseinandernehmen würde oder so. An dem Mädchen hier werde ich auch nichts dergleichen tun. Ich nutze sie nur als Erpressungsmittel, dass du schön am Test auch teilnimmst.“

Ich bekam langsam Angst. Er hatte vollkommene Kontrolle und mir blieb wirklich nichts übrig als das zu tun was er sagte in der Hoffnung irgendwann das Blatt umwenden zu könnte. Ich hatte keine starke Persönlichkeit und in Panik geriet ich auch ziemlich schnell. Jemand anderes hätte hier sicher eine Art Gegenangriff gestartet, aber momentan brachte mein Gehirn nichts anständiges zu Stande und Panik machte sich breit. Ich wünschte ich wäre nun irgendein Shounenheld, würde einen coolen Spruch sagen und alles und jeden im nächsten Moment retten. Doch ich war das nicht; Ich bin nur ein normaler Menschen mit starken Kräften… Das ist ein Unterschied!

„Was ist dann dein Test?“ knirschte ich zwischen den Zähnen hervor und der Schweiß brach raus. Wenn hier irgendwem etwas passieren würde, dann wüsste ich nicht ob ich noch mit mir leben könnte. Ich habe sie hierhin geschleppt und nun sitzen zwei von ihnen draussen und kämpfen gegen eine Übermacht und eine ist bereit sich jeden Moment zu erschießen. Schiefer hätte es nicht laufen können…

„So gefällt mir das besser. Wie du siehst habe ich eine Technologie entwickelt die einem Level 0 Esper erlaubt im Level aufzusteigen. Zwar klingt es genau so wie der Level Upper Vorfall vor 20 Jahren, doch es ist grundverschieden. Level Upper war eine Musikdatei die die Gehirnwellen der Höher stimulierten und zu einem identischen Muster unter allen Hörern verarbeitete. Dadurch entstand eine Art Netzwerk das die Nutzer miteinander verband und sie somit im Level aufsteigen konnten. Bei mir ist es nicht das Netzwerk, das die AIM-Felder verstärkte sondern der Anzug…“ Und wie auf Stichwort tauchte neben mir jemand auf, der sich vorher wohl in den Schatten versteckt hatte oder so. Es war das Mädchen von gestern; Sakura Shigemitsu. Auch sie hatte die emotionslosen Augen und ihr Gesicht hätte nicht schwerer zu lesen sein können. Schon wieder fielen mir die Elektroden oder was auch immer sie waren auf ihrer Stirn auf die in diesem seltsamen bläulichem Licht schimmerten. Sofort fiel mir auf, dass sie nicht sie selbst war.

„Siehst du die Elektroden auf ihrer Stirn. Durch die wird das Gehirn mit dem Anzug verbunden, der als eine Art Computer fungiert und somit als Verstärker der Kapazität ihres Gehirn dient. Dadurch werden ihren AIM-Felder verstärkt und damit auch ihre Fähigkeit. Das ist natürlich eine sehr vereinfachte Variante zur Erklärung der Funktionsweise des Anzuges, aber ich erwarte nicht von dir, dass du die verstehst. Nebenbei habe ich auch noch eine kleine Zusatzfunktion eingebaut, dass ich sie frei kontrollieren und Erinnerungen umändern kann, damit sie nichts davon wissen. Neurochirurgie war schon immer mein Spezialgebiet.“

Ich schnalzte verärgert mit der Zunge. Diese Stadt ging mir langsam auf dem Senkel mit ihren Wissenschaftlern und ihren Technologien die aus einem Science-Fiction Film stammen könnten. Doch mein Ärger konnte ich im Moment nur als heiße Luft verpuffen und musste zuhören wie er mit seiner langsamen und gelangweilten Art weitersprach:
„Sie ist im Moment mein bestes Exemplar. Hat es bis auf Level 4 geschafft und nun will ich gerne sehen wie so ein Kampf abläuft.“ Er griff nach hinten und holte etwas vom Bartisch… Es war ein Tablet-PC und sah darauf hinab.

„Fangt an.“ forderte er uns auf, als ob er einen Kaffee bestellte… und es fing an…

Und wie… Als das letzte Wort gesprochen wurde, wurde mir regelrecht der Boden unter den Füßen weggezogen. Ehe ich wusste was mir geschah spürte ich einen dumpfen Schmerz und Sterne tanzten vor meinen Augen herum. Als mein Bewusstsein langsam zurückkam sah ich was mit mir geschehen war. Ich wurde gegen die Wand geschleudert und mit dieser Einsicht kam auch der passende Schmerz. Mein Kopf fühlte sich an, als ob mein Schädel in tausend Splitter zerbrochen war und ich fragte mich auch, ob meine Wirbelsäure überhaupt noch als solche anzusehen war, so wie die sich anfühlte. Meine Sicht war auch noch verschwommen und nur schwummrig nahm ich die Gestalt von Shigemitsu war, wie sie dort mit erhobener Hand stand. Ich versuchte mich aufzurichten, aber dies gestaltete sich als fast unmögliche Tat. Zwar ließen die Schmerzen langsam nach und ich hatte mir anscheinend nichts gebrochen, aber doch war es kein tolles Erlebnis für meinem Körper gewesen. Seht euch das an; Selbst unter Schmerzen waren mir noch zynische Bemerkungen möglich. Wohl ein Anzeichen, dass es doch nicht so schlimm war. Endlich schaffte ich es auch mich aufzurichten, musste mich aber noch gegen die Wand stützen. Nach einer kurzen Atempause war der größte Schreck wohl überstanden und der Schmerz wandelte sich langsam in so einen schwachen, aber permanenten um. Nachdem sie wohl gesehen hatte, dass ich mich erholt hatte holte sie zum nächstem Schlag aus. Alle Stühle und Tische in einem gewissem Umkreis um sie herum begannen zu schweben und sich im Kreis um sie zu drehen. Es war schon ein erstaunlicher Anblick und hätte ich es als Film gesehen, hätte ich auch die wunderbaren Spezialeffekte gelobt, aber leider war dies hier kein Film und wenn ich es zu lange bewundere, wäre das wohl mein Ende. Als ob ein Tornado um sie herum herrschte, stand sie da als Zentrum und mit erhobenen Händen. Jeden Moment würden die Dutzende Geschosse auf mich stürzen. Da hieß es präventiv handeln. Nachdem ich mich also einigermaßen erholte habe, mühte ich mich nicht einmal meine Hand zu heben, das mir meistens half zu zielen und neben mir zündete sich aus dem Nichts Feuer und dieses vergrößerte sich zu zwei Feuerstrahlen, dessen Enden der Grund war warum ich Dragon Flame genannt wurde. Sie sahen aus wie die Kopfe von zwei chinesischen Drachen. Dieser kleine Schönheitsdetail war nicht notwendig, aber ich tat es weil ich es… Na ja… cool finde. Inzwischen hatte sich das automatisiert und die meisten meiner Angriffe sahen eben so aus als ob chinesische Drachen meine Gegner verschlingen würde. Mit weit aufgerissenen Mäulern stürzten sie sich auf den Strudel von Stühlen und Tischen. Das Einzige was fehlte war das Brüllen eines echten Drachen, aber so gut war meine Fähigkeit noch lange nicht. Das Ziel der Feuerbestien war, ihre Projektile zu verbrennen ehe sie auf mich geschossen wurden. Doch dem würde nicht so kommen, denn die Drachen erreichten nie ihr Ziel. Sie lösten sich mitten im Weg auf und ließen ein verblüfftes ,Ich‘ zurück. Was war gerade da geschehen?

„Erstaunlich…“ hörte ich diesen Dr. Nelson, „Ihre Telekinese Fähigkeit kann schon Moleküle im Gaszustand beeinflussen… Was für Möglichkeiten ihr wohl auf einem höherem Level möglich wären…“ Soll das heißen, sie hat mein Feuer auseinander gedacht? Wie konnte ich denn gegen so eine bestehen? Das Einzige was mir einfiel war wirklich Ernst zu machen, aber das würde niemand in diesem Raum überlegen. Sicher gab es auch eine andere Möglichkeit aber der Stress ließ mir nicht zu, so etwas zu überlegen…

Und schon war es soweit und eine gewaltige Menge an Möbel kamen auf mich zugeflogen. Schnell, ich musste mir irgendetwas einfallen lassen… Telekinese musste einen gewissen Radius haben und, sie hatte ja immerhin mich nicht durch die Gegend geschmissen. Also könnte ich theoretisch hier immer noch mein Feuer nutzen. So genug innerlich gelabert und endlich mal Taten sprechen zu lassen. Jemand anderes hätte sofort gehandelt und nicht überlegt. So verbrannte ich rasch die Geschosse mit einer Wand aus Feuer. Dies war aber anscheinend auch ein Fehler, denn sobald das Feuer erloschen war, sah ich wie etwas anderes auf mich zukam. Es war ein Kühlschrank der in bedrohlicher Geschwindigkeit auf mich zuflog und ich gerade noch Zeit hatte um zur Seite ausweichen zu können…

Und dann sagte man, dass Level 5 als unbesiegbar galten…
 

Fortsetzung folgt…

9. April IV

Wo war ich stehen geblieben? Ach ja… Ich war gerade dabei fertig gemacht zu werden… Nicht gut… Gar nicht gut… Ich weiß, dass ich mir das oft schon gesagt habe, aber: Ich musste mir irgendetwas einfallen lassen. Oh, feindlicher Stuhl: Ausweichmanöver einleiten.

Gesagt getan und schon sprang ich wieder einmal zur Seite. Während ich sprang, ließ ich einen Feuerdrachen aus meiner Hand auf sie schießen. Wieder einmal löste er sich in Nichts auf.

„Ein klares Anzeichen der Verzweiflung…“ kommentierte auch noch dieser verdammte Doktor… Vielen Dank auch, von allen Leuten sollte doch ich am besten wissen wann ich verzweifelt bin und wann nicht und nur so am Rande: Ja, ich bin verzweifelt… Mir gingen langsam die Ideen aus, ausser der hier alles in Flammen zu stecken, aber das hatten wir ja schon letztes Kapitel besprochen. Bis jetzt war mein Plan also: Aus der Entfernung ihrer Fähigkeit bleiben und mir was überlegen… Wahrhaftig war es ein Meisterplan… Hier in dieser verlassenen Diskothek hatte sie auch noch ausreichend an Munition und ich glaube kaum, dass sie diesen Kampf weiter hinauszögern wollte. Wie auf Stichwort begannen nun auch wieder einige Tische und Stühle sich zu bewegen und sich bei ihr zu sammeln indem sie einige Meter über den Boden schwebten. Hier kommt wohl also Welle 2. Aber dieses Mal ließ ich sie nicht gewähren. Ich bin verdammt nochmal ein Level 5… Ich kann mehr als das und ja das klingt überheblich, aber es war leider so… Mit einer Handbewegung erschienen auch um mich herum 4 meiner Feuerdrachen und flogen sofort auf meine Gegnerin zu. Sie schlängelten sich anfangs um sie herum so dass sie von vier verschiedenen Richtungen angreifen würden. Dies alles geschah in wenigen Sekunde und eigentlich wäre es schwierig darauf reagieren zu können… Doch wieder einmal lösten sie sich in Nichts auf und ich hatte nicht einmal Zeit mich darüber zu ärgern denn schon im nächsten Moment schnellten die fliegenden Mobiliare in meine Richtung. Sollte es sich wirklich noch einmal so abspielen? Mit einer Handbewegung als ob ich eine Fliege verscheuchen wollte, verbrannte ich die hölzernen Gegenstände mit einer zur Seite weichenden Feuerwelle. Doch dieses Mal erlosch das Feuer nicht und breitete sich rasend schnell Richtung Sakura aus. Wie sie wohl etwas mehr davon handhabt?… Anscheinend sehr gut, denn langsam löste sich auch das auf und ich fühlte mich immer mehr verarscht… Nun auch wenn mein Feuer eigentlich keine richtige chemische Reaktion ist und theoretisch ,nur‘ Sauerstoff ist, so kann man es trotzdem auflösen wenn man die Dichte des Sauerstoffs verringert…

Moment mal… Ich habe eine Idee! Oh du verdammtes Hirn: Endlich hast du mal was vernünftiges produziert. Auch wenn die Euphorie in mir ein wenig gestiegen war, so beobachtete ich meine Gegnerin immer noch misstrauisch. Im Moment sah sie mich nur mit ihren emotionslosen Augen an und selbst Nelson sah mich nicht einmal an, sondern tippte irgendetwas an seinem Tablet herum. Wartet nur… Ihr werdet es noch bereuen mich zu unterschätzen… Mit einem überlegenem Grinsen und einer vollkommenen Sicherheit, dass mein Plan funktionieren würde öffnete ich die rechte Handfläche meiner Hand. Einige Zentimeter über dieser bildete sich langsam ein Feuerball, der die Größe eines Handballs annahm. Es hatte schon einen Grund warum es so lange dauerte… Langsam kamen aber Zweifel ein ob es überhaupt funktionieren können, aber wie sagte man so schön im Volksmund? ,Probieren geht über studieren!‘ und ich warf den Ball in Richtung emotionsloser Sakura. Ihre kalten Augen folgten der Bewegung des Feuerballes und anscheinend machte sie sich gerade dabei ihre übliche Taktik gegen mich einzusetzen als meine Falle auch schon zuschnappte.

Plötzlich dehnte sich der Ball so stark aus, dass es schon fast einer Explosion glich. In einem Umkreis von 5 Meter um sie herum wurde alles von Feuer verschlungen und jetzt war mein Zeitpunkt zuzuschlagen. Ich lief auf sie los… Währenddessen konnte ich die Zeit auch noch nutzen um euch meinen grandiosen Masterplan zu erläutern. Meine Fähigkeit erlaubte es mir ja aus Nichts Feuer herzustellen. Im Grunde genommen reagierten also meine AIM-Felder mit dem Sauerstoff in der Luft. Es ist also eine Pseudoreaktion in der kein Produkt gebildet wird und eigentlich auch nur ein Edukt an der Reaktion beteiligt ist. Während also der Sauerstoff ,brennt‘ habe ich die freie Kontrolle über ihn, also auch eine Art Telekinese… Dies erlaubt mir dann zum Beispiel auch, dass ich dieses Element komprimieren kann und somit zu einer Art Bombe entwickeln. Dies war nun auch hier der Fall gewesen. Ich hatte eine Menge Sauerstoff aus der Umgebung gesammelt und es auf einen Punkt konzentriert und nachdem ich es auf Sakura geworfen hatte sie es einfach hochgehen lassen indem sie mit ihrer Fähigkeit versucht hatte die Sauerstoffmengen zu trennen. Das Feuer hatte zwar nur einige 30°C aber die Sicht verdecken und verwirren konnte es allemal.
 

Inzwischen hatte ich sie auch tatsächlich erreicht und schon wieder überwältigte ich sie… Ich tat etwas, das wohl so manchen Leser dazu veranlasste sich über mich als einen Frauenschläger zu beschweren. Aber hey… Vor 20 Jahre hatte ein gewisser Jemand auch keinen Skrupel vor dem Geschlecht gehabt. Lange Rede kurzer Sinn: Ich schlug sie ins Gesicht.

Sie verlor ihr Gleichgewicht und fiel auf dem Boden. Eine rote Stelle war dort wo meine Faust zuvor ihr Gesicht berührt hatte. Ja ich hätte das vielleicht ein wenig gewaltloser regeln können, aber ich hatte nicht viel Zeit um mir eine andere Methode zu überlegen. Immerhin hatte ich mich ein wenig zurückgehalten… Ja, ich habe ein schlechtes Gewissen! Ich durfte aber nicht mehr weiter zögern und ich kniete mich auf sie. Oh, das so verdammt falsch aus… Mit beiden Händen griff ich diese Elektroden und zog mit aller Kraft. Es war mal nicht so schwer und ich schaffte es die beiden von ihrem Gesicht zu trennen. Es fühlte sich ein wenig so an, als ob ich an zwei Pflaster gezogen hätte. Schon ein seltsames Material… Sobald die Elektroden fort waren, kehrte sofort das Leben in ihre Augen zurück und verwirrt sah sie sich um. Bis ihre verwirrten Augen mich sahen und ihr Gesicht instinktiv rot wurde… Ja, es sah wirklich falsch aus:
„Geh runter von mir, du Idiot!“ schrie sie aufgebracht und schlug mit hochrotem Gesicht um sich. Es waren nicht besonders starke Schläge, aber ich kletterte trotzdem von ihr runter. Ich selbst hatte auch eine gewisse Röte im Gesicht. Kurz war mir die Ernst der Situation nicht mehr bewusst und ich fühlte mich in einem Ecchi-Anime versetzt.

„Was ist hier los?“ fragte sie mit keuchender Stimme und richtete sich tollpatschig auf. Die Röte verschwand aber schnell nachdem sie sich ein wenig umgesehen habe und wurde von einem entsetztem Gesichtsausdruck ersetzt.

„Was…?“ Dann fiel ihr Blick auf Fujiwara wie sie immer noch da stand mit der Pistole an ihrer Schläfe und schlussendlich auf Nelson wie er gelangweilt von seinem Tablet aufsah.

„Fujiwara-senpai?“ murmelte sie entsetzt und da war sie auch nicht die Einzige:
„Was du kennst Fujiwara?“ Jetzt war zwar nicht der richtige Zeitpunkt nach ihre Hintergrundgeschichte zu fragen, aber das war meine erste Reaktion nachdem ich diese erstaunliche Nachricht gehört hatte.

„Nelson! Was hat das zu bedeuten? Was hast du mit Fujiwara gemacht? Und was hast du mit mir gemacht?“ Sie war wutentbrannt und schrie Nelson an. Der war aber nicht sonderlich beeindruckt und sah sie an als ob sie ein Insekt war:
„Wie es aussieht ist der Prozess des ,Vergessens‘ wohl mit dem abrupten Ende des Einflusses der Elektronen nicht vollführt worden. Na ja, kein herber Rückschlag…“ Er ging nicht mal auf ihren wütenden Ausruf aus und sprach weiter, „Na ja… Wie es aussieht ist das Experiment wohl vorüber. Zwar ein wenig früher als gedacht aber wenigstens habe ich genügend Daten gesammelt.“ Er seufzte ein wenig und wandte sich von uns ab. Er ging Richtung Notausgang.

„Du denkst du kannst hier einfach so verschwinden?“ rief ich ihm wütend hinterher. Ich hob meine rechte Hand und zielte auf seinen Rücken:
„Dir ist schon bewusst, dass ich dich jeden Moment in Asche verwandeln kann.“
„Dieser Fakt ist mir bewusst, ja.“ Er drehte sich nicht um und seine Stimmlage änderte schon gar nicht, „aber deswegen habe ich ja mich abgesichert.“ Wie auf Stichwort trat nun auch Fujiwara in mein Sichtfeld und stellte sich zwischen mich und Nelson. Die Pistole befand sich immer noch auf der Ursprungsposition.

„NELSON!!!“ Sakura meldete sich nun wieder zu Wort. Ihre Stimme war so schrill und zornig, dass ich instinktiv zusammenzuckte, „Antworte mir! Was hast du mit Fujiwara-senpai gemacht. Du hast mich angelogen! Du sagtest du würdest uns helfen!“

„Das habe ich doch.“ sagte er und drehte sich das erste Mal um, „Ihr seid im Level aufgestiegen, das ist doch genau das was ihr wolltet… Und wenn du das noch gerne weiter tun willst, dann folge mir… Wie es aussieht dauert es nicht mehr lange bis du die Level 5 Grenze geschafft hast…“

Ihr Gesicht nahm nun in wenigen Sekunden verschiedene Ausdrücke an. Als Erstes war es immer noch wütend, dann wurde es von Erstaunen ersetzt und schlussendlich Verwirrung und Unentschlossenheit…

„Was…?“ Oh mein Gott, bitte sag mir jetzt nicht, dass du tatsächlich daran denkst mit ihm zu gehen. Ich meine du hast gerade jetzt erfahren, dass er dich nach Strich und Faden ausbeutet und anscheinend eine Freundin von dir als Erpressungsmittel nutzt… Aber was soll ich sagen? Ich war immerhin Level 5 und ich weiß es eben nicht wie es ist…

„Ich… Ich…“ Ihre Stimme zitterte und ihre Augen schwankten immer wieder zwischen Fujiwara und mir. Ich nickte entschieden mit dem Kopf, aber warum sollte sie auf mich hören. Bis jetzt kennt sie mich nur als arroganten Level 5, der sie geschlagen und bedroht hatte…
„Also?“ fragte er ein wenig fordernd aber doch wirkte es so, als ob er nicht sonderlich enttäuscht wäre, wenn sie nicht mitkommen würde.

„Unter einer Bedingung…“ sagte sie schlussendlich und sah schuldbewusst zur Seite. Ich seufzte sichtbar, aber tat sonst nichts dagegen. Was soll ich tun? Wir waren hier in einem freien Land und jeder hatte seine Entscheidungsfreiheit. Kurz gefasst: Ich konnte nichts dagegen tun, da immer noch Fujiwara als Erpressungsmittel fungierte.

„Die da wäre?“

„Wenn ich mitkomme, lasst du Fijiwara-senpai frei…“

„Okay, dann komm her.“ Als ob er etwas im Supermarkt einkaufen wollte, stimmte er zu. Sakura nickte schwach und ohne mich noch einmal anzuschauen ging sie weiter. Bevor sie Fujiwara passierte zögerte sie kurz und ich konnte sehen, dass ihre Hand sich ein wenig bewegte. Doch sie ging weiter und ich spürte dass ich irgendetwas sagen sollte… Ich sollte sie aufhalten… Aber ich tat es nicht? Warum? Nun, das war mir auch nicht ganz bewusst. Erstens war ich wohl zu feige und zweitens waren es wohl die Zweifel… Zweifel wegen meiner Unfähigkeit mich in die Lage eines Level Zeros zu versetzen…

„So dann Fujimoto-san.“ begann Nelson zu sprechen, „Ich bedanke mich für deine Hilfe und ich hoffe, dass wir uns bald wiedersehen.“ Ich sagte nichts… Wie ein kleiner Feigling ließ ich sie gehen und tatsächlich als der Notausgang sich schloss fiel dieses Gerät von Fujiwaras Stirn. Sobald der Kontakt mit ihrer Haut abgebrochen war, fiel sie sofort zu Boden und stand nicht mehr auf.

„Fujiwara!“ schrie ich unnötig aber voller Sorge und lief auf sie zu. Ich kniete mich neben ihr und nahm ihren Kopf auf meinen Schoß. Erleichtert stellte ich fest, dass sie noch atmete und ihre Augenlider begannen zu zucken. Im nächsten Moment wachte sie auch auf und sah mich mit müden Augen an:
„Fujimoto-kun?“ sagte sie mit schwacher Stimme und ein leichtes Lächeln kam auf ihre Lippen, „Es tut mir Leid…“

„Nein… Mir tut es Leid…“ sprach ich mit gebrochener Stimme… Mein schlechtes Gewissen begann mich zu überrennen und Tränen liefen meine Wangen herunter, „Ich habe es vergeigt. Meine verdammte Arroganz als Level 5 und meine Naivität hat uns alle in Gefahr gebracht…“

„Michizane!!!“ Eine Stimme ertönte und ich sah mit vertränten Augen Richtung Eingang. Tamura und Takeo liefen auf uns zu. Wieder einmal spürte ich herrliche Erleichterung. Ach, was war dieses Gefühl toll… Beide sahen ziemlich mitgenommen aus, aber keine ernsten Verletzungen waren zu sehen:
„Was ist geschehen?“ fragte Takeo ungläubig und sah uns verwirrt an. Ich wischte mir die Tränen von den Augen ab und nahm einen beruhigenden Atemzug. Nachdem ich mich ein wenig beruhigt habe erzählte ich ihnen was passiert war. Inzwischen war Fujiwara auf meinem Schoß eingeschlafen.

„Verdammt…“ knurrte Takeo sauer, „Dass wir auf etwas mit so einem gewaltigem Ausmaß stoßen würden. Es ist ja noch gut ausgegangen.“

„Das ist realtiv. Ich habe als Anführer versagt…“ gab ich zu, „Ich habe euch beiden mit wer weiß welcher Gefahr allein gelassen. Wegen mir wurde Fujiwara fast getötet und vor allem habe ich einfach das gemacht was dieser Nelson wollte…“

„Hey Alter…“ sagte Takeo und klopfte mir aufmunternd auf die Schulter, „Du bist ein Mensch… Auch als Level 5… Und Menschen sind eben nicht perfekt. Wir alle machen Fehler und immerhin war das das erste Mal gewesen wo wir in so eine ernste Situation gekommen sind.“
„Das ist es ja… Es war das erste Mal und es könnte das letzte Mal auch gewesen sein…“ unterbrach ich ihn und meine Wut auf mich selber kam wieder zurück. Ich sah auf Fujiwaras schlafendes Gesicht. Sie wirkte so friedlich… Fast als ob sie… tot wäre. Bei diesem Gedanken lief mir ein kleiner Schauer über den Rücken… Ich spürte eine weitere Hand auf meiner Schulter und ich musste unweigerlich aufsehen. Erstaunlicherweise war es Tamura gewesen und was aber am unglaublichsten war, war dass sie ein aufmunterndes Lächeln auf dem Gesicht hatte. Zwar nur ein kleines, aber doch hatte es auf mich eine Einwirkung als ob sie mit der Helle von tausend Sonnen geschienen hätte.

„Hab etwas mehr Vertrauen in uns… Wir alle hatten unseren Teil beigetragen. Es kam nicht das beste Ende heraus, aber auch nicht das schlimmste…“

… Sie hatte Recht. Es war immerhin alles gut ausgegangen. Zwar blieb in mir immer noch eine Verbitterung übrig, aber langsam kam ich doch wieder ein wenig mit mir selbst ins Reine.

„Danke ihr beiden… Kommt wir gehen.“

Ich stand auf und hob Fujiwara auf. Ich trug sie wie eine Braut… Ich hatte wirklich gute Freunde. Dies war mir in diesem Moment bewusst gewesen und ein ehrliches Lächeln machte sich tatsächlich auf meinem Mund aus.

Sie beiden nickten und folgten mir nach draussen.


„Wo ist das nächstbeste Krankenhaus? Wer weiß was dieses Ding alles mit Fujiwara angestellt hatte.“ Ich deutete mit meinen Augen auf dieses runde Gerät, das Tamura für spätere Zwecke mitgenommen hatte.

„Gib sie mir.“ sagte Tamura und sie drehte ihren Rücken mir zu. Sie ging ein wenig in die Hocke. Sie wollte wohl, dass ich Fujiwara auf ihren Rücken setzte, dass sie sie Huckepack tragen konnte.

Kurz wollte ich sie fragen ob Fujiwara nicht zu schwer wäre, ließ es aber bleiben denn bei Tamura war ich sowieso immer auf eine Überraschung gefasst. So half ich ihr Fujiwara auf ihren Rücken zu positionieren, verabschiedeten wir uns:
„Meld dich bei uns und sag was mit ihr los ist!“ Sie nickte, „Kannst du bitte über Nacht bei ihr bleiben? Ich denke ein Mädchen ist dafür besser geeignet als einer von uns Jungs.“ Sie nickte wieder, „Ach und pass auf dich auf… Morgen entscheiden wir dann wie es weitergeht. Ich denke wir sollen am besten jetzt mal eine Nacht darüber schlafen.“ Und mit einem letzten Nicken war sie auch schon wie der Blitz verschwunden. Ich denke, ihr wisst schon dass dieser Vergleich wörtlich zu nehmen war. Ein kleiner Windstoß fuhr uns durch die Haare:
„Bist du sicher, dass du nicht auch ins Krankenhaus musst?“ fragte ich schlussendlich Takeo.

Dieser lachte einmal herzhaft:
„Ach was… Ein paar Pflaster und dann geht das wieder.“

„Wenn es so ist.“ Ich grinste und ging mit ihm los. Wir machten uns auf dem Weg Richtung Magnetbahn, da wir am Anfang sowieso die selben Weg hatten:
„Wie war es denn bei euch gelaufen? Immerhin hat dies ziemlich lang gedauert…“

„Na ja. Auch wenn wir beide von der Fähigkeit her überlegen waren, so waren sie in der Überzahl. Glaub mir ich war eher ein Hindernis gewesen als eine Hilfe. Immer wieder musste Ren-chan mich retten und sie hat auch die meisten von ihnen ausser Gefecht gesetzt.“

„Wie kommt es dann, dass niemand von ihnen da draussen war.“

„Na ja… Auch wenn sie theoretisch ohnmächtig waren, so waren sie trotzdem alle plötzlich aufgestanden und waren einfach gegangen. Das war wohl dieses Hirnkontrolldings was er da eingebaut hat. Wir hatten uns nicht die Mühe gemacht ihnen zu folgen und sind einfach hineingestürmt. Das war gruselig gewesen. Als ob sie Zombies wären…“ Er schauerte ein wenig. Ich nickte zustimmend. Ja, es war gruselig…
 

Den Rest des Weges redeten wir beide nicht viel… Wir beide waren erschöpft von den heutigen Geschehnissen und wir wären gerne so schnell wie möglich im Bett. Aber leider würde das nur für ihn sobald gelten… Nach einer Viertelstunde war es dann auch Zeit uns zu verabschieden:
„Gute Nacht und bis morgen.“

„Schlaf gut und das nächste Mal treten wir diesem verrücktem Wissenschaftler sicher in den Arsch!“

„Ja, das werden wir machen.“ scherzte ich mal mit und wand mich ab. Nachdem ich in die nächste Straßenecke abgebogen war, sah ich das erste Mal auf die Uhr und zuckte ein wenig zusammen. Die Sperre hatte schon längst eingesetzt und wir beide hatten wohl noch den letzten Zug erwischt… Aber egal… Es gab noch heute etwas zu tun… Ich atmete ein und Nervosität stieg hoch. Nicht die Nervosität die zusammen mit Adrenalin kam. Nein, ich bekam Angst…

Ich werde ,Ihr‘ einen Besuch abstatten müssen und das so schnell wie möglich…
 

Fortsetzung folgt…

9. April V

Ich war todmüde und meine Augen fühlten sich wie schwere Steine an… Aber trotzdem musste ich weitermachen. Logisch gesehen hätte ich das immer noch morgen machen können. Aber ich wollte nicht zu lange warten. Wer weiß wann dieser Nelson das nächste Mal zuschlagen würde und es ist ja nicht so als ob ich den nächsten Moment tot umfallen würde… Inzwischen befand ich mich irgendwo im 7. Distrikt der Bildungsstadt. Dieser befand sich im Zentrum der Stadt und beinhaltete viele Schulen und den sogenannten ,School‘s Garden‘ einen abgeschlossenen Bereich wo Eliteschulen wie die Tokiwadai und ihre reichen Schüler ihre eigene kleine Welt hatten. Ach ja, nur Mädchen war es erlaubt das zu betreten und es sollte bekanntlich wie eine alte westliche Stadt aufgebaut sein. Ich konnte es nicht wissen, ich war noch nie dort gewesen… Aber dies war nicht mein Ziel.

Die Straßen der Stadt waren inzwischen wie ausgestorben. Es war nun seit einer Stunde Absperrzeit und bei einer Stadt deren Bevölkerung zu 80% aus Schüler besteht war demnach abends nicht gerade ein großer Betrieb zu erwarten… Irgendwie fühlte ich mich ein wenig an gestern zurück erinnert wo ich plötzlich von Sakura angegriffen wurde. Wie es ihr wohl ging? Meine Gedankengänge waren inzwischen unwillkürlich Richtung dieser Mittelschülerin gewichen. Ich mache mir nicht die Mühe es zu bestreiten, dass es ist, weil ich etwas von ihr wollte… Das klang jetzt ein wenig komisch, also lasst es mich umformulieren: Ich tue es, weil ich mir Sorgen um dieses Mädchen mache, auch wenn ich sie jetzt nur einen Tag lang kenne. Vor allem fragte ich mich was für eine Beziehung sie mit Fujiwara hatte… Fujiwara wurde von ihr Senpai genannt. Warum wohl? Na ja, das konnte ich Fujiwara dann morgen fragen… Mist, jetzt kam mir wieder Sakuras trauriges Gesicht in den Kopf als sie ihre Entscheidung getroffen hatte und die Schuldgefühle kamen wieder in mir hoch. Ich galt als einer der ,nettesten‘ Level 5 dieser Stadt und trotzdem hatte ich wieder einmal bewiesen wie überheblich ich eigentlich war. Ich hatte keine Ahnung was es bedeutete ein Level 0 zu sein… Ich hatte immerhin zwar als Level 1 angefangen aber doch hatte ich von Anfang an eine Fähigkeit gehabt. Wie war es wohl, wenn man voller Hoffnung hier in diese Stadt kommt, man erwartet einen Traum erfüllt zu bekommen und dann so eine in die Fresse bekommt… Level 0, diese Bezeichnung war schon diskriminierend an sich. Man ist eine Zero… Anders wird man hier in der Stadt nicht angesehen und anscheinend waren all diese Schule und angebliche Möglichkeiten zum Levelaufstieg auch nur eine Fassade. Ich hörte wieder Nelsons Stimme in meinem Kopf als er Fujiwara das wahre Gesicht der Bildungsstadt erklärte:

„Die ,Parameter List‘ ist dem öffentlichem Auge verborgen, aber im Grunde genommen zählt es jeden einzelnen Esper und sein potentielles Level auf. Das heißt egal wie sehr manche sich anstrengen würden, man würde ein Level 0 bleiben. Da euer Potential eben das nur erlaubt. Das ist ziemlich ungerecht, oder?“

Ich schauderte ein wenig. Sollte das wahr sein, dann war es wirklich kein Wunder dass viele Level 0 zu solchen Verzweiflungstaten zugriffen. Fujiwara hattest du auch mit dem Gedanken gespielt?

Ich gab es auf… Mein Gehirn war zu müde um mich mit solchen moralischen Gedanken zu befassen und wie es aussah hatten meine Füße mich schon zu meinem Ziel getragen. Schon praktisch wie so schnell eine Weg mit Worten zu beschreiben war. Ich hatte jetzt sicher mindestens eine halbe Stunde gebraucht um dort anzukommen. Vor mir erstreckte sich eine Ansammlung von modern ausgestatteten Gebäuden die alle mit einem Hochsicherheitsdraht zu einem Komplex vereinigt wurden. Ein Hochhaus befand sich in der Mitte und schoss majestätisch in die Höhe… Ich schluckte und die Angst die ich bis jetzt ziemlich erfolgreich bannen konnte, kam langsam wieder hoch. Ich hatte mir geschworen diesen Ort nie mehr zu besuchen, aber wie es aussah musste ich diesen Schwur brechen. Langsam brach auch der Schweiß aus und meine Hände begannen zu zittern. Das Trauma aus meiner Vergangenheit begann hoch zu kommen und meinem nervösem Blick entging nicht, dass die meisten Lichter ausgeschaltet waren bis ein paar auf dem höchstem Stockwerk des Hochhauses. Ich wusste sehr wohl wer dort oben war und sicher schon auf mich wartete.

Sie wusste immer alles…

Ich ging zum Gittertor, das die normale Welt von dieser Hölle trennte und drückte auf die Klingel. Es dauerte auch nicht lange, da ging mit einem elektrischem Sirren das Tor auf. Weder kam eine Stimme aus der Sprechanlage noch zeigte sich auf dem kleinem Bildschirm über der Klingel das Bild der Person die mir aufgemacht hatte. Ich atmete einmal tief ein und trat ein.

Ich wünschte mir Nori wäre hier…

Ich passierte ein Schild mit der Aufschrift:

,Kihara Research Institute‘
 

Meine Vergangenheit… Ich denke, dass ich früher oder später über sie berichten sollte.

Ich hatte keine besonders tragische, aber auch keine besonders fröhliche Kindheit. Ich hatte meine Eltern und meine Eltern hatten mich. Beide waren ziemlich oft beschäftigt mit ihrer Arbeit und somit gab es kaum Zeit um unsere Beziehungen richtig zu vertiefen. Ich liebte meine Eltern wie es eben natürlich für ein Kind war und umgekehrt war es auch für meine Eltern. Doch diese Liebe war eben nur automatisch da und wir hatten nie richtig die Chance sie zu vertiefen. Doch wie gesagt: Es gab auch viele gute Aspekte in meiner Kindheit. Die meisten davon betreffen ein einziges Mädchen:

Noriko Shirai… Ich hatte ja schon erwähnt, dass sie meine Kindheitsfreundin war und ich ihr sehr viel schuldig war. Ohne sie wäre ich wohl als so ein Mensch mutiert wie es viele in unserer Welt gab. Jemand der einfach ohne besonderes Ziel das Leben an sich vorbei fließen ließ. Sie gab mir das, was meine Eltern nie richtig geben konnten. Die Zeit und Liebe die ein kleines Kind eben benötigte. Schon kontrovers das ein Mädchen in meinem Alter das gemacht hatte. Ich kannte sie nun schon seit dem Kindergarten und war seitdem immer zusammen mit ihr gewesen. Die Entscheidung in die Bildungsstadt zu kommen war ebenfalls von uns beiden getroffen worden. Meine Eltern zögerten auch nicht lange mich gehen zu lassen. Sie waren immer von der logischen Sorte… Ihre Überlegung war ganz einfach: ,Wir sehen ihn sowieso nicht oft, dann können wir ihn auch in diese Stadt ziehen lassen wo er uns genau so oft sieht wie sonst…‘

So kam ich also ohne großes Spektakel in die Stadt, wurde als Level 1 eingestuft und ging mit Nori in die selbe Mittelschule: Sakugawa Middle School. Die Zeit dort war wie es eben die Zeit in einer Mittelschule war, abgesehen davon dass man Esper war… Ich konnte mich nicht beklagen…

Doch dann kam sie…

Eines Tages stand sie von den Toren der Schule. Nori war nicht bei mir, da sie Putzdienst hatte und somit war ich allein. Es war eine Frau mit dunklen, langen Haaren. Sie war sehr hübsch und ihr Gesicht wirkte ziemlich alterslos. Sie hatte damals noch ein freundliches Lächeln aufgesetzt und sich als Kihara Kyousu vorgestellt. Sie hatte mir gesagt, dass sie mich schon seit geraumer Zeit beobachtet hatte, dass meine Werte rapide angestiegen waren. Zu der Zeit hatte ich schon fast die Level 2 Grenze erreicht. Sie hatte mir angeboten mir zu helfen meine Fähigkeit weiter auszubessern und mir aber immer noch Bedenkzeit versprochen, da dies viel Zeit beanspruchen würde die zu Leide meiner Freizeit geopfert wurde. Danach war sie verschwunden und hatte ein ziemlich verdutzten jüngeren Michizane zurückgelassen. Ich hatte Noris nichts davon erzählt. Warum das wusste ich bis heute immer noch nicht richtig… Wahrscheinlich wollte ich mal was ohne sie machen, denn zu der Zeit war ich immer nur mit ihr unterwegs gewesen. Tatsächlich hatte ich mich also entschieden mitzumachen und es hatte auch gewirkt. Es war eigentlich nie so gewesen, dass ich mich während der Zeit wie ein Versuchskaninchen gefühlt hatte. Ich wurde von den Wissenschaftlern freundlich behandelt und das einzig Unangenehme waren nur die Passagen wo ich längere Zeit mit Elektroden überall am Kopf herumsitzen sollte. Schnell stieg ich in Rekordzeit im Level auf und wurde unter den Wissenschaftlern als ,Railgun der 2. Generation‘ bekannt. Misaka Mikoto… Sie war schon immer mein großes Vorbild gewesen, seit ich in der Bildungsstadt war. Ich meine, jeder Schüler wünschte sich ein Level 5 zu werden und dieses Mädchen vor 20 Jahren war das Paradebeispiel gewesen für Esper die es schafften von ganz unten bis zum höchsten Punkt zu gelangen. Auch sie hatte damals eine gewöhnliche Fähigkeit gehabt wie ich. Viele Esper hatten ,Electromaster‘ und ,Pyrokinese‘ als ihre Fähigkeit. Doch nicht nur das war der Grund warum ich als 2. Railgun bekannt war. Dies alles wurde mir aber viel später bewusst. Wie es so bei Wissenschaftlern üblich war, hatte die Wissenschaft Priorität. Da war solche Sachen wie Moral und Gewissen schnell unnötig. Sobald Level 5 von mir erreicht war, war die Hölle für mich ausgebrochen. Schon komisch, wie dieser Vergleich gut zu meiner Fähigkeit passte.

Doch jetzt genug davon… Es ist schon schlimm genug darüber zu denken und ja ich wollte am besten vor meiner Vergangenheit fliehen… Zurück zum aktuellem Geschehen
 

Ich befand mich nun endlich vor der verhängnisvollen Tür. Der Weg durch die leeren Gänge hatte ich mal unbeschrieben gelassen. Ich hatte ungefähr 10 Minuten bis hierher gebraucht. Da ich mich noch ganz genau an diesen Weg erinnern konnte, war es leider keine Schwierigkeit gewesen. Es war eine schöne Tür. Aus massiven Eichenholz und künstlich gestalteten Verzierungen. Sie passte so gar nicht in dieses moderne Gebäude. Die Türklinke bestand aus echtem Gold und bald musste ich diese nach unten drücken. Warum nochmal wollte ich unbedingt hierher? Sollte ich nicht lieber gehen… Nein, sie war der einzige Kontakt zum Untergrund der Stadt den ich hatte und ich war mir sicher, dass sie mir helfen würde… Nicht aus Wohlwollen, sondern aus Gründen die nur sie kannte.

Gerade als ich meinen Entschluss gefasst hatte und die Hand zum Klopfen heben wollte ertönte eine Stimme die von drinnen kam:
„Herein spaziert…“ Ich wusste sofort wer es war und ich knirschte mit den Zähnen und mein ganzer Körper begann zu zittern. Wie lange hatte ich sie jetzt nicht mehr gesehen? Ein halbes Jahr?

Ich holte tief Luft, was nicht sonderlich half und öffnete die elegante Tür. Es hatte sich nichts geändert. Von den viel zu teuren Möbeln bis hin zu der Tapete die wohl im 18. Jahrhundert modern gewesen wäre und vor allem der Schreibtisch der sich einige Meter vor einem Panorama Fenster befand. Es wirkte wie der Schreibtisch eines Bankdirektors irgendeiner Privatbank. Alt und hässlich, aber elegant und beliebt bei Schnöseln. Überall an den Mauern waren Gemälde aufgehängt. Abstrakte Bildern die ich sowieso nie verstand, Stillleben, Portraits… Alles war vorhanden und auf den vielen verschiedenen Tischen und Sockeln waren kleine Statuen von antiken Gottheiten und dergleichen verteilt und Blumenvasen mit den passenden Blumen fand man in jeder Ecke des Raumes. Der Boden war vollständig von einem roten Teppich bedeckt und an der Decke hingen Kronleuchter in verschiedenen Formen und Farben. Doch genug von der Erklärung des Raumes: Kommen wir zu der Person, die Herrscherin dieses Raumes war. Dort saß sie auf einem ebenfalls rotem Sessel hinter dem Schreibtisch. Ihre beiden Ellbogen stützte sie gegen den Tisch und ihr Kinn befand sich in ihren Händen, als ob sie gelangweilt in einem Schulunterricht saß. Doch ihr Gesicht war alles andere als gelangweilt. Ein Grinsen zierte ihr Gesicht so böse, dass so mancher Bösewicht neidisch sein könnte. Und seit ich diese Frau kenne, wusste ich auch dass es einen Unterschied zwischen gut und böse gab. Also würdet ihr meinen Standpunkt in dieser philosophischen Diskussion kennen. Sie sprach:
„Guten Abend Michi-chan, lang nicht mehr gesehen…“ Ihre Stimme klang neutral und würde ich sie nicht kennen beziehungsweise ihr hinterhältiges Gesicht nicht sehen, dann würde es noch ehrlich klingen… Aber ich wusste es besser;
„Diskutabel…“ sagte ich nur und ging einen Schritt in den Raum. Sie sagte nichts dazu und deutete auf einen der Stühle vor ihrem Schreibtisch:
„Möchtest du dich nicht setzen?“ Es gibt vieles was ich will und mich gegenüber von dir zu setzen ist da ganz unten in meiner Liste, aber ich tat es trotzdem. Ich war jetzt nur noch einen halben Meter von ihr entfernt. Theoretisch könnte ich sie jetzt wortwörtlich löschen… Verdient hätte sie es… Ich spürte wie meine Hände sich zu Fäusten ballten.

„Also… Wie wäre es mit einem Tee? Ich würde dir ja einen Whiskey oder so anbieten, aber du bist leider noch minderjährig…“

Als ob dir die Gesetze was ausmachten… Ich nickte nur… Ich musste erstmal in ihrem kleinen Spiel mitspielen. Sie stand auf und ging Richtung einem Bereich des Raumes der wohl als kleine Küche diente. Mit einem altmodischem Herd und sonstigem Geschirr das für eine Küche gebraucht wurde. Alles im selben Stil von Möbeln. Wir sagten nichts, während das Wasser vor sich hin köchelte. Ich konnte förmlich die Spannung spüren und langsam fühlte ich wie ein Gefühl in mir aufstieg, während ich ihren Rücken beobachtete. Hass… Abgrundtiefer Hass… Diese Frau war der schlimmste und fürchterlichster Mensch den ich je kennengelernt hatte und ich konnte mich nur an schlechte Erinnerungen mit ihr erinnern. Ich wusste immer noch nicht so recht warum ich sie hier und jetzt nicht verbrannte… Nach gefühlten drei Stunden war der Tee auch fertig und Kihara saß mir wieder gegenüber. Immer noch dieses böse Grinsen auf dem Gesicht. Eigentlich war es nicht einmal böse. Ein Außenstehender würde es sogar als freundlich und fürsorglich beschreiben können. Aber das war nur eine Maske… Ich kannte die wahre Natur dieses Grinsen und deswegen beschrieb ich es auch als ,böse‘. Da sie mich einfach nur ansah, sah ich es als Zeichen an, dass ich einen Schluck nehmen sollte. Dies tat ich auch und trank aus der Tasse aus teurem Porzellan. Mein Gesicht zog sich ein wenig zusammen als meine Lippen das Gebräu berührten. Es war unglaublich bitter und sicher hätte zehn Löffel Zucker nicht gereicht um dies zu ändern. Ohne mich zu fragen ob es mir schmeckte - sie kannte die Antwort sicher schon - schlürfte sie genüsslich an ihrem Tee und fing nun an zu reden:
„Gut… Ich glaube ich habe jetzt lang genug diese Fassade aufrecht erhalten und komm sofort zu dem wofür du gekommen bist.“ Ihre Stimmlage hatte sich schlagartig umgeändert, als ob der Tee etwas an ihrem Kopf geändert hätte. Sie sprach in einem sachlichem Tonfall wie es sich für einen Wissenschaftler wohl gehören musste, „Du willst etwas über David Charles Nelson wissen?“

Ich machte mir nicht einmal die Mühe zu fragen woher sie das wusste und nickte einmal. Diese Spucke wollte ich mir sparen:
„Warum denkst du denn, dass ich dir helfen werde? Ich meine du kennst mich nur als skrupelloses Monster, der das Wort Moral unbekannt ist…“

Diese Frage war schnell zu beantworten:

„Na das ist einfach zu beantworten: Du kannst mich währenddessen beobachten und sehen wie ich mich schlage. Immerhin bin ich dein geliebtes Versuchskaninchen.“ Meine Stimme war ebenfalls neutral und emotionslos, aber dahinter verbarg sich eine unsägliche Wut und vor allem große Willenskraft sie nicht sofort anzugreifen. Sie schnaubte verächtlich und ihre Stimme folgte dem:
„Nicht schlecht… Wie es scheint hast du einen Teil deiner Hausaufgaben gemacht, Michi-chan. Leider schätzt du deinen Wert für mich ein wenig zu hoch ein. Es mag sein, dass du ein, wie du es nennst, ,Versuchskaninchen‘ bist, aber du bist dann nur einer von vielen. Glaub bloß nicht - wie du es sooft tust - dass du als Level 5 das wichtigste auf der Welt bist.“

Ich sagte nichts und versuchte irgendwie die immer mehr aufstauende Wut mit Krallen meiner Fingernägel an den Lehnen des Stuhles und zusammenbeißen meiner Zähne zu verarbeiten. Sie fuhr unbehelligt fort:
„Aber du hast Recht. Mit Nelson hat sich eine verlockende Möglichkeit geboten und ich habe nicht nur einen sondern zwei Gründe dir zu helfen… Wie du sagst kann ich beobachten wie du dich so schlägst Michi-chan, aber vor allem…“ Sie pausierte kurz und die Stimmung in ihrem Gesicht machte eine 180° Wendung. Sie sah so furchteinflößend aus, dass die Wut in meinem Bauch sofort durch schreckliche Angst ersetzt wurde, „… kann ich den Typen nicht leiden.“ Sie seufzte einmal kurz und schon im nächstem Moment wurde ihr Gesicht wieder ruhig und gefasst.

„Also…“ fing sie an und lehnte sich zurück in Sessel, „Werde ich dir wohl oder übel helfen… Vielleicht auch ein wenig der alten Zeiten willen, immerhin hatte ich meinen Spaß gehabt.“
Und schon wieder war die Wut da…
„Spaß… Ja, du hattest Spaß…“ knurrte ich. Sie sah mich mit einem gespielt erstauntem Gesicht an:

„Was denn? Du etwa nicht?“

Und das war es… Der Tropfen der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte. Ich stand auf vom Stuhl , sprang über den Schreibtisch und griff nach ihr. Ehe sie sich auch versah befand sich ihr Kragen fest in meinem Griff und ihr nicht sonderlich beeindrucktes Gesicht befand sich jetzt nur noch einige Zentimeter von meinem wutentbranntem:
„Weißt du eigentlich was für eine Schlampe du bist!“ schrie ich sie an und ich hob meine linke Hand und ballte sie zur Faust. Diese begann sogleich zu brennen und zwar so heiß, dass ihr Gesicht bei einem Schlag bis zur Unkenntlichkeit verbrannt sein würde, „Wegen dir habe ich die schlimmste Zeit in meinem Leben erlebt! Wegen dir habe ich schlimme Dinge getan! Wegen dir habe ich Leute getötet!“ Den letzten Satz schrie ich mit Tränen im Gesicht aus… Ich werde jetzt nicht darüber reden, das wird alles noch erklärt werden, „Ich bin eigentlich hierher gekommen um deine Hilfe zu verlangen, aber ich erwäge es gerade dich umzubringen. Einen großen Gefallen hätte ich der Welt jedenfalls dann getan!“ Meine Stimme war schrill und überhaupt nicht männlich. Ich wurde nur noch wütender beim Anblick ihres Gesichtes. Sie soll Angst haben! Sie soll um Gnade flehen! Sie soll mich bitten ihr zu verzeihen! Ich will wenigstens einmal sehen wie sie leidet, so wie ich es damals getan hatte. Doch es geschah nicht… Selbst in dieser gefährlichen Position in der sie sich befand sah sie mich kalt und berechnend an:
„Ist das so? Das mag sein, aber ich habe es schlussendlich nicht getan… Es war alles deine freie Entscheidung gewesen. Du hättest jeder Zeit gehen können, aber du hast es nicht getan… Und weißt du warum? Weil du machthungrig warst. Die Vorstellung ein Level 5 zu werden war für dich so verlockend, dass du jedes Hindernis mit Freude bewältigt hattest. Erst später warst du dir der Konsequenzen bewusst gewesen. Ich habe dir nur ein wenig nachgeholfen, aber schlussendlich warst es ganz allein du… Und wenn du mich jetzt tötest, dann wirst du dich wohl auf mein ,Niveau‘ herabsenken müssen und ich hätte trotzdem gewonnen… Also?“

Ich… Ich… Ich war so verwirrt, dass ich keine klaren Gedanken fassen konnte. Ja, sie hatte Recht… Schlussendlich war es trotzdem ich gewesen der ,es‘ getan hatte… Aber doch, redete ich mir sofort ein, war es ihre Schuld gewesen! Sie hatte mich überredet und mich gezwungen dies alles zu machen, nicht ich… Mich trifft keine Schuld…

Ein lautes Knallen erweckte mich aus meinen Erinnerungen. Ich hatte sie unwillkürlich losgelassen und war gegen den Schreibtisch gestolpert. Ich sackte zusammen und mein Rücken ruhte gegen das Holz. Ich schluchzte und die Tränen liefen meine Wangen herunter. Ich hatte meine Augen geschlossen und kauerte mich auf dem Boden. Ich hörte wieder ihre Stimme:
„Gut… Jetzt wo das geklärt ist, sage ich, dass ich dir schnell gebe was du wissen willst und dann rate ich dir zu gehen.“ Ich hörte das Tucken ihrer Stöckelschuhe und wie sie eine Schublade öffnete, währenddessen redete sie weiter in ihrer sachlichen Stimme:
„David Charles Nelson war ein renommierter Wissenschaftler hier in der Stadt. Er galt als einer der besten Neurochirurgen hier und sein Wissen konnte selbst mit dem von Kiyama Harumi mithalten. Interessant, dass die beiden schlussendlich mit ähnlichen Technologien des Levelaufstiegs arbeiteten. Seine Ideen und Konzepte wurden aber schnell von den restlichen Wissenschaftlern der Stadt abgelehnt. Da sie erstens mal sicher nicht im öffentlichen Leben eingesetzt werden konnten wegen des Grotesken und sowieso die meisten der Wissenschaftler der Ansicht waren sich mehr auf die höheren Level Esper zu konzentrieren, als auf Level Zeros. So wurde er schnell von den meisten als ,Feind‘ angesehen und aus der Szene verscheucht. Die Kihara Familie hatte da viel mit zu tun. Warum er zurück kommt ist wohl aus Rache zu erklären und wie er an die nötigen Materialien und Ressourcen kommt ist ebenfalls erklärbar. Immerhin gibt es genügend ausländische Organisationen die nur zu gerne die Bildungsstadt geschwächt haben… Also…“ Ich spürte wie etwas auf mich fiel und ich öffnete das erste Mal die Augen. Es war ein Memorystick.

„Hier hast du alles was du wissen musst. Ich habe seine vielen Verstecke, Kontakte und vieles weitere hier drauf gespeichert. Jetzt liegt es an dir ihn zu finden…“ Ich fühlte mich taub und leer. Ich nahm den Stick und stand wortlos aus. Jemand anderes hätte mich wohl als wandelnde Leiche beschrieben.

„Bis zum nächsten Mal, Michi-chan…“
 

Fortsetzung folgt…

10. April I

Etwas müsst ihr noch über mich erfahren. Ich war ziemlich gut darin Sachen zu verdrängen. Also wenn ihr jetzt ein depressives und schlecht gelauntes ,Ich‘ erwartet, dann muss ich euch leider enttäuschen. Durch viele vergangene Geschehnisse hatte ich es geschafft schlechte Erinnerungen und dergleichen zu ,vergessen‘. Natürlich wusste ich, dass diese Taktik nicht für immer währen kann, aber etwas anderes bleibt mir übrig? Ich hoffte nur, dass das Fass das immer und immer wieder gefüllt wurde, ein ziemlich Großes ist.

Es war der Vormittag des 10. Aprils. Ich befand mich gerade in meiner Schule und es war gerade Mittagspause. Ich war so ziemlich der einzige, der sich momentan im Klassenzimmer befand. Ich hatte mir in der Cafeteria ein Sandwich besorgt und verspeiste es gerade an meinem Tisch. Wie ich vor einigen Kapitel schon erklärt habe, hatte ich keine richtigen sozialen Kontakte in meiner Schule. Ausser mit drei Menschen, hatte ich eigentlich niemanden mit dem ich meine Zeit hier in der Schule verbrachte. Diese drei Menschen hatten mehr oder minder meine Sympathie gewonnen und ich empfand ihre Gesellschaft nicht als lästig und manchmal war sie sogar genießbar. Das klang jetzt ziemlich überheblich, aber so fühlte ich mich hier in der Schule. Man konnte sagen, dass ich mich langsam hier anpasste. Was war ich wieder froh, Nori zu haben. Ohne sie wäre ich sicher ein anderer Mensch und sicher kein Guter… Schon wieder drifteten meine Gedanken Richtung Nori und ich seufzte… Euch war sicher schon aufgefallen, dass ich nicht an gestern dachte… Nun, das tat ich aber… versuchte ich es mir nicht anmerken zu lassen, selbst mir selber nicht… Ich versuche mal es sachlicher anzugehen. Die Informationen die ich gestern erhalten hatte, befanden sich immer noch in Form eines USB-Stickes in meiner Tasche und ich hatte es mir immer noch nicht angesehen. Das würde ich alles im Judgmentbüro tun. Als Erstes wollte ich mir aber eine kleine Pause gönnen. Ich hatte gestern zuviel erlebt und einen halben Tag Ruhe konnte ich mir wenigstens erlauben. Nelson würde in der Zeit schon nicht den Weltuntergang hervorrufen. Ja, das klingt naiv und faul, aber wenigstens war ich nicht so faul, wie ein gewisser Level 5 Kollege von mir -Komisch, dass ich ihr heute morgen begegnet bin… Jetzt galt es erstmals mein Sandwich fertig zu verzehren, dann die Schule beenden, als Nächstes mich mal wieder mit Nori zu treffen und schlussendlich mich wieder Nelson und seinem bösen Plan widmen… Zufrieden mit meinem Plan biss ich genussvoll in mein Sandwich und bemerkte aus den Augenwinkeln wie sich jemand mir näherte.

Es war ein Mädchen… Doch ich hatte nicht die Chance zu sehen wer es war, denn das Einzige was meine Augen anfangs registrieren konnten waren nur Beine und gerade als mein Blick sich nach oben wenden wollte, drückte eine enorme Kraft meinen Kopf nach unten. Der Weg war nicht lang, denn schon im Bruchteil einer Sekunde schlug mein Schädel auf den Tisch und ich sah wortwörtlich die Sterne. Ich war wohl noch gerade einer Ohnmacht entkommen, aber trotzdem fühlte sich mein Kopf an, als ob ein Presslufthammer auf meine Schädeldecke hämmerte. Ich brauchte einige Zeit um wieder etwas richtig wahr haben zu können und obwohl ich immer noch nicht die Person gesehen habe, rief ich trotzdem wutentbrannt ihren Namen aus:
„Kyou!“ Ich rieb mir die Stirn und genervt spürte ich dort eine kleine Erhebung. Falls ihr es immer noch nicht gemerkt habt, mein Kopf wurde von jener Person gewaltsam gegen den Tisch gerammt. Ich sah sie an. Da war sie mit einem breitem frechem Grinsen auf den Lippen. Arakawa Kyouko, eine der Menschen mit denen ich in der Klasse Kontakt habe. Sie war ziemlich klein für ihr Alter, mindestens einen Kopf kleiner als ich. Sie hatte lange, braune Haare, die sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Ihre ebenfalls braunen Augen strahlten nur so vor Freude und ihr schon erwähntes Grinsen gehörte ziemlich oft zu ihrem Standartinventar. Zwischen uns beiden konnte ich aber schon sagen, dass tatsächlich eine Art Freundschaft herrschte. Was redete ich da so geschwollen? Sie war eine meiner besten Freundinnen. Durch diverse Umstände kannten wir uns jetzt schon um die drei Jahre und sie war auch der eigentliche Grund warum ich es überhaupt noch so halbwegs in dieser Schule aushielt. Aber manchmal - wie jetzt - ging sie mir einfach nur gehörig auf die Nerven. Ich fragte mich schon ob ich nicht ein Masochist war? Ich schien es zu genießen wenn Leute mich nerven. Man nehme nur Nori als Beispiel. Aber egal, jetzt war es an Kyou zu reden und das tat sie mit ihrer sorglosen und fröhlichen Stimme:
„Ja?“ sagte sie in einem gespielt überraschtem Tonfall und sie saß sich auf den Stuhl vor mir, obwohl es nicht ihr eigener war. Sie umschlang mit ihren Beinen und Armen die Lehne des Stuhls, sodass sie, ohne den Stuhl umzudrehen, mir in die Augen sah. Ich sollte das auch wohl besser tun, denn würde sich mein Blick um einige Grad nach unten wenden, hätte ich freie Sicht auf etwas, was ein Junge in meinem Alter nur zu gerne sehen würde. Mein moralisches Gewissen aber, hinderte mich daran es zu tun. Hatte dieses Mädchen denn überhaupt keine Scham?

„Nur nicht so schüchtern, du wirst mir schon nichts weggucken.“ zwinkerte sie und ich wurde unwillkürlich rot. Ich räusperte mich und wechselte mal das Thema:
„Was sollte das von vorhin?“

„Was meinst du?“ fragte sie wieder mit dieser gespielten Unwissenheit.

„Du weißt genau was ich meine.“ knurrte ich und musste mich nach einer kleinen Schmerzwelle wieder die Stirn reiben. Ich hatte doch keine Gehirnerschütterung, oder?

„Ach das!“ rief sie aus, als ob sie gerade eine schwierige Aufgabe gelöst hatte, „Na ja, du sahst ziemlich niedergeschlagen aus und da hoffte ich, dass dieser kleine Rumms andere Gedanken in den Kopf bringt.“

„Ist das so?“ fragte ich murrend.

Vielen Dank für deinen guten Willen, aber da gab es noch sichtlich viele andere Methoden um mich auf andere Gedanken zu bringen, als beinahe meinen Schädel zu brechen… Aber es hatte wohl gewirkt, denn dieses mulmige Gefühl das mich bis jetzt verfolgt hatte, war gedämpft, wenn auch nicht ganz verschwunden.

„Ja, das ist so. Es hat aber gewirkt, du bist jetzt wieder der alte Michi wie ich ihn kenne und glaub mir, der gefällt mir besser.“ Sie lehnte sich nach vorne und klopfte mir auf die Schulter. Ich wusste nicht, was ich von dieser Aussage halten sollte und ließ sie deshalb unkommentiert, auch wenn sie mich ein wenig glücklich machte.

„Also was hat dich denn bedrückt?“ begann sie nun, „Liebeskummer mit Nori? Ein verrückter Wissenschaftler hat dir eingeheizt?“

„So in der Art.“ wich ich aus. Es beeindruckte mich schon ein wenig, dass ihre beiden Vermutungen stimmten, aber ich wollte sie lieber nicht da mit reinziehen. Ja, das typische Pflichtgefühl eines jeden Azubi-Helden.

„Aha…“ Sie schien wohl 1 und 1 zusammenzuzählen und hakte nicht weiter nach.

„Aber das mit Nori kannst du mir aber sicher noch sagen?“

Ich verschluckte mich an meinem Sandwich und nachdem sie mir ein paar Mal auf den Rücken geklopft hatte - ein wenig zu fest - beruhigte es sich wieder. Meine Stimmung aber nicht.

„Na ja… Ich… Woher weißt du das überhaupt?“ Immer eins nach dem Anderem. Wenn es fertig war, dann war Nori die Einzige die davon nichts mitbekam. Ich hoffte mal, dass es so war, denn sonst hätte ich ein Problem.

Sie sah mich nur mit einem Blick an, der ganz klar sagte: ,Muss ich das wirklich beantworten?‘ und ich nahm die Botschaft auf und gab nur ein besiegtes Seufzen von mir.

„Na ja egal… Dieses Thema ist sowieso langweilig und ich muss dir was sagen…“ sagte sie euphorisch und stand abrupt auf. Ich erschrak ein wenig und sah ihr mit hochgezogener Augenbraue nach:
„Was denn?“ fragte ich mit minimaler Neugierde. Immer wenn sie etwas vorschlug, wäre es sicher nur für sie spannend. Jedoch schien es, dass der Vorschlag noch ein wenig warten musste, denn jemand weiteres gesellte sich in unsere Runde:
„Ist unser hübsches Ehepaar wieder beisammen?“ Es war eine weiteres Mädchen. Sie war etwas größer als Kyouko und doch immer noch kleiner als ich. Ihre schulterlangen lilanen Haare waren sorgfältig gekämmt und sie trug eine spitze Brille, wie eine Sekretärin sie tragen würde, die ihre schmalen Augen verdeckte. Ihre Uniform war - anders wie bei Kyou - fein säuberlich angezogen und alles schien am rechten Fleck. Auch wenn dieses Aussehen auf einen strengen Charakter zu schließen hatte, so war doch ein freches Grinsen - sogar noch schlimmer als bei Kyou - präsent und ihre Augen blickten uns belustigt an. Es handelte sich hierbei um Sato Chieko, ebenfalls ein Mädchen mit der ich die Zeit gerne hier verbrachte. Sie mag vielleicht ein wenig frech und vorlaut sein, doch ist sie meistens gefasster und ruhiger als die beiden Extremen Kyouko und Nori.

Kyouko sah sie eine Zeit lang lächelnd an, bis sie schlussendlich in einen Lachanfall fiel. Hey, ist es etwa so absurd mit mir möglicherweise zusammen zu sein? Irgendwie war ich ein wenig verletzt von diesem Lachkrampf. Sato, die sie wohl voll und ganz verstand, grinste zustimmend. „Michi und Ich? Hahahaha, dass ich nicht lache,“ Du tust das aber schon!, „Tut mir Leid Sato-chan, aber mit diesem Spruch hast du höchstens Michi in Verlegenheit gebracht.“

„Das war auch mein Ziel gewesen!“ sagte sie mit einem zufriedenem Ausdruck im Gesicht.

Sie saß sich neben mich, Kyouko saß sich inzwischen auch wieder hin:
„Was für eine Laus ist dir denn über die Leber gelaufen, Michi-kun?“ fragte sie, während sie mich mit ihren Augen abtastete. Du meinst wohl, ausser dass du mich gerade verlegen gemacht hast? Ich musste mir einen Schauer verkneifen, manchmal wirkten ihre Blicke wirklich so als würde sie einen wie ein Radargerät genauestens analysieren:
„Ich hatte gestern einen anstrengenden Tag, nichts weiter…“ sagte ich die halbe Wahrheit.

„Aha…“ Sie schien sich nicht weiter dafür zu interessieren und wechselte prompt das Thema:
„Habt ihr schon vom Pressure Bomber gehört?“ fragte sie und startete somit ein Gespräch unter der Rubrik ,Small Talk‘

„Ja, habe ich.“ fing Kyouko an und rückte den Stuhl so zurecht, dass sie Sato in die Augen sehen konnte, „Er greift angeblich willkürlich Schulen an. Niemand weiß wer er ist und warum er es tut.“

Wage konnte ich mich noch erinnern. Fujiwara hatte von ihm erzählt. Ihre eigene Schule wurde doch angeblich angegriffen. Das war wohl ein echtes Problem. Aber irgendwie machte ich mir nicht viele Sorgen darum. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sich das schon alles legen würde. Schon merkwürdig, aber im Moment gab ich Nelson und seinen Level 0 eine größere Gefahrenchance.

„Er hat schon 2 Schule angegriffen. Ich habe die Namen vergessen…“

„Schon 2?“ fragte ich ein wenig erstaunt, „Vorgestern war es doch noch nur Eine gewesen, die Saigara Oberschule, oder?“

„Ja, aber gestern wurde noch eine weitere angegriffen… Doch immer wurde er aufgehalten von der selben Person…“ Sie kam näher zu uns und deutete uns an es uns nachzumachen. Ich tat wie geheißen, auch wenn es mich nicht sonderlich interessierte. Sie sprach mit leiser Flüsterstimme weiter, als ob sie die gefährlichsten Geheimnisse der Welt ausplaudern würde:
„Ein waschechter Held soll diesem gemeinem Bösewicht immer ein Strich durch die Rechnung gezogen habe. In Internetkreisen wird sie schon der ,gelbe Dämon‘ genannt.“

„Sie?“ fragte ich sichtlich interessierter. Diese Beschreibung kam mir irgendwie bekannt vor. Gelb… Gelb… Irgendwie sagte mir das was.

„Ja es ist ein Mädchen, das sich angeblich ganz gelb einkleidet und so stark wie ein Bär sein soll.“
„Oha! Das klingt richtig cool!“ gab Kyouko noch ihre Bedenken preis und ich wollte gerade etwas sagen, als aus dem Nichts eine weitere Stimme uns ein wenig hochschrecken ließ. Nein, es war dieses Mal mal kein Mädchen, sondern ein Junge. Als ich ,wie aus dem Nichts‘ sagte, da hatte ich es auch so gemeint. Niemand von uns hatte seine Ankunft bemerkt, noch gehört. Er war einfach da. Das lag wohl daran, dass er eine Teleport-Ähnliche Kraft besaß.

„Was soll denn diese Geheimnistuerei?“

„Bejimo-kun, erschreck uns doch nicht so.“ seufzte Sato und löste unseren Kreis auf.

Bejimo Wakare… Ein gut aussehender Junge in meinem Alter. Er könnte aus einem Modemagazin stammen. Mit blonden Haaren, blauen Augen, feinen Gesichtszügen und einem gut gebautem Körper. Er war der Dritte der Leute mit denen ich mich verstand und war unter Anderem auch mein Zimmerkamerad. Der Name Wakare würde bei euch sicher nichts hervorrufen, aber in meiner Welt war es so ziemlich der Bekannteste der Welt. Die Wakare Familie war so einer der reichsten Familien unserer Zeit und diese leitete das Familienunternehmen, die ,Wakare-Group‘. Diese hatte sich auf nichts sonderliches spezialisiert, aber das war ihre gefährlichste Waffe. Sie hatten überall in der Wirtschaft ihre Finger im Spiel und ich bezweifelte ob es dabei immer mit rechten Dingen zuging. Aber reden wir hier nicht über die Wirtschaft, sondern weiter über Bejimo. Er war der jüngste Sohn seiner Eltern, die die Leiter der Wakare-Group waren und er Einzige Esper. Als Level 4, mit der seltenen Fähigkeit ,Move Point‘ hatte er es schnell weit geschafft, wobei seine Herkunft sicher auch hilfreich war. Obwohl er so ziemlich alles hatte um ein arrogantes Arschloch zu sein, so handelte er wenigstens nicht wie einer. Ich weiß nicht, ob er das spielt, oder ob er wirklich so nett ist wie er sich gibt, ich komme jedenfalls mit ihm klar und das genügt mir im Moment. Er hatte mir schon so manche Male aus der Patsche geholfen und ich vertraute ihm auf einem gewissen Grad. Ich zählte ihn jedenfalls zu meinem Freundeskreis dazu, obwohl immer noch eine gewisse Distanz zwischen uns herrschte. Er war übrigens der Freund von Sato, aber es war eher eine Art Fassade um die zahllosen Verehrer abzuwehren, die Bejimo hatte. Was immer Bejimo Sato im Gegenzug anbot, wollte ich nicht wissen.

„Bejimo-kun…“ Kyou sah ihn mit aufgeblähten Wangen an und ich musste schon gestehen, dass sie ziemlich süß so aussah, „Musst du immer auftauchen, wenn es zu spannend ist.“ Ach ja, da fällt mir ein. Immer wenn ich Kyouko ansah, war ungefähr 50% der Zeit meine Augen auf ihren Pferdeschwanz gerichtet. Ich mag einfach diese Art von Frisur und jedes Mädchen das ihre Haare so trug war für mich um viele Prozent süßer. Bis jetzt hatte ich immer noch vergeblich versucht Nori dazu zu überreden selbst einen zu tragen. Natürlich nicht direkt, als ob ich das zugeben würde, aber alle Andeutungen wurden bis jetzt ignoriert. Ich vermute aber, dass Kyou ihre Haare so trug um mir eins auszuwischen, denn schnell war sie hinter mein Geheimnis gekommen.

„Tut mir Leid, aber leider erlaubt meine Fähigkeit es mir nicht auch noch zu sehen was am anderem Ende geschieht, aber lasst euch nicht von mir stören, redet ruhig weiter.“ erklärte er uns mit seinem perfektem Lächeln. Mit perfekt, meinte ich auch perfekt. Entweder hatte er dieses Lächeln tagelang vor seinem Spiegel einstudiert, oder er konnte es von Geburt an. Dieses Lächeln hatte schon vielen Mädchen das Herz zum schmelzen gebracht und auch vielen Unruhestifter beruhigt…

„Mah, ist schon gut.“ sagte Sato und stand auf, nachdem sie auf die Uhr gesehen hatte, „Die Pause ist sowieso bald vorbei und es gibt sowieso nichts mehr zu sagen.“ Mit einem Winken ging sie auf ihren Platz ein paar Reihen weiter und saß sich hin.

„Ich denke, ich werde dann auch dann gehen.“ Kyouko stand ebenfalls auf und schlenderte zu ihrem Platz. Bejimo saß sich dorthin wo Kyou vorhin sich platziert hatte, denn es war auch sein Platz. Er drehte sich zu mir um und sah mich freundlich an:
„Und wie geht es dir Michizane? Du warst gestern ziemlich spät nach Hause gekommen und auch heute zur Schule warst du fast mit Verspätung gekommen… Ich habe mir Sorgen gemacht.“ Tatsächlich konnte man in seinen makellosen Augen ein sorgenvoller Glanz erkennen. 
„Na ja…“ Ich ruhte mein Kinn auf meiner Handfläche und blickte müde drein, „Gestern hat mich die Arbeit ein wenig stark in Anspruch genommen.“

„Judmgentarbeit? Ich dachte die hattest du vorgestern?“ fragte er leicht erstaunt.

„Gestern war eine Ausnahme.“

„Um was ging es denn?“

Ich überlegte… Wenn ich Bejimo die Wahrheit erzählen würde und ihn um Hilfe bitten, dann wäre ich womöglich auf der gewonnenen Seite. Bejimos Familie hatte so einiges an Einfluss hier in der Stadt und er würde sicher so einige Informationen über Nelson herausbekommen. Aber schnell warf ich die Idee ab. Ich musste das schon irgendwie selber auf die Reihe bekommen:
„Na ja… Wir mussten noch viel Papierkram einholen.“ verschleierte ich die Wahrheit und wie auf Stichwort klingelte es und einige Minuten später trat der Lehrer rein. Bejimo sah mich ein letztes Mal an und sagte noch, bevor er sich umdrehte:
„Solltest du Hilfe gebrauchen, bist du bei mir an der richtigen Adresse.“
Ich nickte nur und sagte weiter nichts. Das glaube ich dir gern Bejimo und bis jetzt hattest du mich noch nie in der Hinsicht enttäuscht.

Jetzt nur noch die letzte Hälfte des Schultages überleben und danach werde ich mich schön mit Nori amüsieren können. Mit freudiger Erwartung ließ ich mir also den Rest des Schultages über mich ergehen.
 

Fortsetzung folgt…

10. April II

Ich glaube jeder von euch der die Schule besucht hatte, kannte das erlösende Gefühl, wenn die Schulglocke endlich mal entschieden hatte, das zu tun, was sie am besten konnte: Nämlich Krach zu machen.

Ich befand mich gerade ausserhalb des Schultors. Ich warf keinen Blick zurück zu der pompösen Schule, denn ich wollte so schnell wie möglich dieses Gebäude für einen weiteren Tag verlassen. Heute hatten wir Mittwoch, also war es theoretisch Zeit für Judgment Arbeit, aber diese wurde abgesagt. Gerade schickte ich mit meinem Handy die Antwort auf die Nachricht von Takeo, ob wir zusammen Fujiwara besuchen gehen würden und machte mich somit auf dem Weg zum Krankenhaus. Doch ich musste aber einen kleinen Umweg machen, denn es galt jemanden unterwegs aufzugabeln. Jemanden, dem ich hoch und heilig versprochen hatte heute mit ihr was zu unternehmen. Noriko Shirai… Einen Tag ohne, dass wir beide uns gesehen haben, war eine absolute Rarität und dies musste aber sofort eingeholt werden. Plötzlich spürte ich wie jemand an meine Schulter klopfte und als ich nachsehen wollte wer es war, musste mein Blick sich ein wenig nach unten drehen, denn das Einzige was ich anfangs sah, war ein brauner Schopf von Haaren:
„Kyou?“ fragte ich ein wenig verblüfft. Normalerweise würde sie nach der Schule immer etwas später als ich herauskommen, mich dann laufend überholen und sich währenddessen von mir verabschieden. Dieses Mal war sie aber anscheinend bei mir stehen geblieben. Der Grund warum sie immer etwas später wie ich die Schule verließ zeigte sich auch schon sofort meinem Auge: Sie hatte sich umgezogen. Ihr Outfit war dabei immer wieder dasselbe. Eines, das mich immer wieder wundern ließ, ob dieses Mädchen überhaupt keine Scham besaß. Es war ein schwarzen Jersey, den sie trug. Was daran so sonderbar sein soll, fragt ihr? An sich nichts, aber was mich störte war der Fakt, dass es das EINZIGE ist, was sie anhat. (Unterwäsche wird sie sicher noch anhaben, oder?) Ihre Beine waren komplett frei und das Einzige was die kritischen Areale verdeckte, war das zu große Oberteil. Sie konnte wohl keine Hosen, bzw. Röcke ertragen oder? Wenigstens hatte sie noch Schuhe an…

„Gekleidet wie immer sehe ich…“ Einen Kommentar musste ich ablassen. Sie sah mich kurz verdutzt an, als ob sie wundern würde was ich eigentlich meinte, ehe es ihr wohl einfiel.

„Warum denn nicht?“

„Du weißt schon, dass es so einige Leute gibt die, wenn sie dich so sehen, so einiges mit dir anstellen möchten.“ Ja, ich machte mir Sorgen, denn mir waren schon genügend perverse Blicke, die auf sie gerichtet waren, aufgefallen und es war nur eine Frage der Zeit, bis jemand entscheiden würde, dass ihm die Blicke nicht genügen würden…

„Ach ist das süß…“ lachte sie meine ernst gemeinten Sorgen ab, „Der gute Michi sorgt sich darum, dass ich von einem Perversling angefallen werde. Nur keine Sorge, ich weiß schon auf mich selber aufzupassen.“ Wieder einmal klopfte sie mir auf die Schulter und dieses Mal so stark, dass ich schon fast in die Knie gehen musste, „Wirst du denn auch von mir in diesem Aufzug angeturnt?“ fragte sie mit einer Stimme, die wohl sexy klingen sollte und sie schmiegte sich ein wenig an mich, wobei ihr Pferdeschwanz ständig meine Nase kitzelte. Als gesunder junger Mann war es natürlich meine Pflicht rot zu werden und als einer mit einem gesunden Menschenverstand, stieß ich auch meine ,Verehrerin‘ weg.

„Nein, werde ich nicht!“ bestritt ich vergebens und mein rotes Gesicht hätte auch, wenn es sprechen könnte, folgendes gesagt: „Natürlich werde ich das!“ Sie erkannte das sofort und ihr üblich freches Grinsen zog sich auf ihre Lippen:
„Das sehe ich aber anders. Wer weiß, wenn du dich brav benimmst, kann ich dir erlauben mich anzufassen… Wo du willst…“ Der letzte Satz wurde regelrecht in jeder Silbe verführerisch betont.

„Du Idiot!“ beschimpfte ich sie und wandte mich von ihr ab. Hätte sie nur eine andere Frisur, würde ich sicher nicht so schnell in Verlegenheit gebracht werden! Hoffte ich zumindest:
„Ara Ara, warum reagierst du denn so tsundererisch? Wo ist denn der wortgewandte Michi-kun hin? Hat diese Vorstellung dir etwa die Sprache verschlagen?“

Manchmal könnte ich dieses Mädchen auf den Mond schießen… Mit der Unschuld eines Jungen in der Pubertät spielen… Das ist nicht nett… Ich sagte also nichts und blickte stur geradeaus und versuchte mein Bestes dieses Mädchen zu ignorieren.

„Spaß beiseite.“ sprach sie etwas mit einer - für ihre Verhältnisse - ernsten Stimme, „Danke für deine Sorge, aber die ist nicht nötig. Sollte mir etwas geschehen, dann sind ja immer noch genug Leute da, die mich retten könnten. Senpai, Nori, viele Andere und nicht zu vergessen; Du.“ Unwillkürlich drehte mein Kopf sich in ihre Richtung. Wieder wurde ich rot, aber mein Gesicht wandte sich dieses Mal nicht ab. Sie hatte ein perfektes Lächeln aufgesetzt und eigentlich sah sie ziemlich schön so aus. Sie stieß mich mit dem Ellbogen an:
„Keine Sorge, wenn dir etwas mit verrückten weiblichen Fans geschehen sollte, wäre ich auch sofort zur Stelle um deine Jungfräulichkeit zu verteidigen. Die gehört immerhin einer gewissen Person, nicht wahr?“

Und schon wurde mein gerührtes Gesicht, von einem wütend, peinlich berührten Ausdruck ersetzt.

„Was soll das denn heißen? Hör endlich auf solche Gespräche zu führen, die nichts für dich sind.“

„Was denn? Ich habe meine Aufklärungskurse in der Schule schon hinter mich gebracht. Was man von Nori nicht behaupten kann.“ murmelte sie inzwischen gedankenverloren… „Ich glaube, ich muss wohl ein Gespräch mit ihr führen… Aber dann, schuldest mir aber einen Gefallen, Michi!“

Langsam werde ich wohl an dem seltenem Fall von ,geplatztem Kopf, wegen Blutüberdruck‘, sterben… Mein pubertierendes Gehirn lieferte mir sofort Bilder von Nori, die ich sicher nicht euch erklären würde.

„Hör auf.“ versuchte ich mit zitternder Stimme zu schreien. Aber nicht viel intelligentes kam heraus. Sie sah es scheinbar als Zustimmung und nickte zufrieden:
„Okay, sobald ich dann Zeit finde, werde ich Nori dann mal richtig aufklären, wie es mit dem Storch funktioniert. Wer weiß, vielleicht will sie ihr neu erlangtes Wissen mit dir teilen?“

Jetzt kam nichts mehr aus meinem Mund raus. Wie ein Depp stand ich da und sah sie mit geöffnetem Mund an und einem Gesicht so rot wie eine überreife Tomate.

„Das war kein Scherz.“ sagte sie zum Schluss noch und zwinkerte mir zu. Mein Gehirn war sowieso im Moment im Gefrierzustand und kontern konnte ich sowieso nicht mehr.

„Na ja, ich muss jetzt gehen. Senpai wartet auf mich und sie mag es nicht zu lange zu warten. Richte Nori einen schönen Gruß von mir aus und…“ Sie schien sich wohl an etwas zu erinnern und schlug sich auf den Kopf

„… Ach ja, ich wollte dir ja schon seit der Pause das hier sagen: ,Pass auf, dass du nicht zu sehr in die Dunkelheit schnüffeln gehst.‘ So war das doch, oder?“ Die letzte Frage war wohl an keinem bestimmten adressiert, „Ach egal, du wirst sowieso nicht darauf hören, aber ich habe es trotzdem gesagt, dann sollte sie zumindest zufrieden sein…“

Mit einem Schlag war die Verlegenheit fort, aber wurde sofort von Verwirrung ersetzt:
„Bitte was?“

Aber sie war schon weggelaufen. Jetzt könntet ihr euch über so einiges wundern: Erstens mal, warum sie mir so eine kryptische Botschaft mitteilte. Zweitens warum sie das überhaupt sagte und drittens - das Erstaunlichste - Warum sie es in einem Tonfall sagte, als ob sie mir eine gute Besserung gewünscht hätte.

Also starrte ich eine Weile lang dem Rücken dieses einfach nur merkwürdigen Mädchens hinterher, bis ich schlussendlich anfing mir Gedanken zu machen. Was hatte sie nun damit gemeint? Nun, anscheinend hatte sie eine Ahnung, dass ich in letzter Zeit etwas gefährliches erlebt hatte, aber woher und warum sagte sie nur so etwas Ungenaues? Was war nur mit meinem Leben geschehen? Vor drei Tagen war es noch nicht so vollgepackt mit verrückten Sachen… Ich musste wohl oder übel sie das Nächste mal deswegen ausfragen…

Ich seufzte und ging weiter meines Weges. Es war nicht mehr so weit bis zu unserem Treffpunkt, den üblichem Park im siebten Distrikt und tatsächlich hatte ich ihn auch schon nach ein paar Minuten erreicht. Ich musste auch nicht zu lange suchen, denn schon von weiten konnte ich Nori ausmachen. Sie lief winkend auf mich zu. Ihre Schuluniform hatte sie immer noch an und ihre Haare wehten im Wind. Ich aber, der sich eigentlich freuen sollte, ging in eine Defensivhaltung. Bald war es so weit. Solch einen Frontalangriff, würde sie nie wagen. Jeden Moment würde es so weit sein… Aber selbst wenn ich meine gesamte Aufmerksamkeit dem Aufpassen widmen würde, wäre ich ihr immer noch schutzlos ausgeliefert. Wie auch in diesem Moment. Auf halbem Weg, war sie spurlos verschwunden und ich - der wusste was das bedeutete, aber nicht die Zeit hatte dementsprechend zu reagieren - wurde umgenietet.

Eine Minute später stand ich mit wieder einmal dreckiger Uniform da und grummelte irgendetwas unverständliches in meinen nicht vorhandenen Bart. Nori hingegen sah mich mit unschuldigen und frechen Augen an und kicherte immer noch über mein grantiges Gehabe.

„Das war dann wohl deine Rache für einen ganzen Tag wo ich dich im Stich gelassen habe?“ fragte ich murrend

„Genau!“ zwitscherte sie vergnügt und streckte mir die Zunge raus, „Also, gehen wir dann Minorin besuchen?“ fragte sie voller Vorfreude.

„Ja.“ murrte ich immer noch und ging schon los. Auch wenn ich so klang, äußerst verärgert war ich nicht. Im Gegenteil, es freute mich sie zu sehen und ich fand diese vorige und heftigere Umarmung als sonst wohl als berechtigt.

„Also? Was ist denn gestern geschehen?“ Ihre Stimme klang immer noch sorgenfrei, aber mein jahrelanges Studium in Bereich ,Nori‘ erklärte mir, dass sie sorgenvoll war.

„Na ja…“ Ich hatte fast keine Geheimnisse vor Nori - Eigentlich waren nur meine wahren Gefühle zu ihr mein Einziges. Also entschied ich ohne große Umschweife ihr alles zu erzählen. Ich war kein Held, wie in den vielen Shounen Geschichten. Solche würden entscheiden ihre Liebsten nie die Wahrheit ihrer Abenteuer zu erzählen, oder sie gar um Hilfe zu bitten. Ich hatte schon genug solcher Geschichten gelesen, dass ich wusste, dass das auf die Dauer nicht gut ging. Ja, ich weiß keine besonders guten Quellen, aber trotzdem! Ich werde Nori schon nicht bitten, mir in einem Kampf auf Leben und Tod zu helfen, aber ihr meine Sorgen anzuvertrauen gehörte schon dazu. So erzählte ich ihr alles was gestern passiert ist, während unserem Weg ins Krankenhaus, selbst mein Besuch bei Kihara, den ich erfolgreich während des ganzen Tages verdrängen konnte. Als ich fertig war, hatte sich meine Stimmung sehr stark verschlechtert und mir war wieder bewusst, dass ich mir mehr Sorgen machen sollte, als ich es vorhin gemacht hatte… Das mit Kihara ging mir auch nicht aus den Kopf, aber mein Kopf war schon im nächsten Moment damit beschäftigt einen Schmerz zu verarbeiten. Ich bekam nämlich von Nori mit ihrer Handkante eines auf die Rübe.

„Aua!“ protestierte ich verblüfft und sah sie fragend an. Sie sah mich mit aufgeblähten Wangen an und auch wenn es ziemlich süß aussah, erkannte ich sofort, dass sie wütend auf mich war. Ich wusste auch schon, warum:
„Baka!“ beschimpfte sie mich, „Du sollst nicht mehr mit dieser bösen Frau reden! Das habe ich dir doch verboten! Sie macht nichts Gutes mit dir und ich…“ Es begannen sich Tränen in ihren Augen zu formen und sie schluchzte ihre nächsten Worte hervor, „Ich will dich nicht nochmals verlieren, so wie damals.“

„Nori…“ Mehr hast du nicht zu sagen, Michizane Fujimoto? Kein Wunder, dass nichts aus Nori und dir wird! Toll, jetzt kam auch schon wieder die imaginäre Stimme des Gewissens, aber wie immer hatte sie Recht und ich musste etwas dagegen unternehmen… Wir befanden uns gerade auf einem Bürgersteig und ich wurde schon von Leuten mit vorwurfsvollen Blicken angestarrt. Also tat ich das, was mein Gehirn mir als Erstes als Option gab… Ich umarmte Nori…

„Es tut mir Leid, aber es musste sein…“

„Nein! Es musste nicht sein.“ schluchzte sie in meine Schulter und ich spürte wie meine ohnehin schon dreckige Uniform nass wurde. Aber jetzt war sicher keine Zeit sich über meine Kleidung Sorgen zu machen, denn eigentlich hatte Nori Recht. Es hätten hunderte Möglichkeiten gegeben Nelson aufzuspüren und sei es auch nur Fujiwara wieder an ihren Computer zu setzen. Warum war ich also zur eigentlich schlimmsten Option gegangen? Wollte ich diese Frau etwa wiedersehen? Wollte ich mich an ihr rächen? Oder war ich einfach immer noch so fasziniert an ihr, wie ich es anfangs gewesen war? Bei diesem Gedanken lief mir ein so starker Schauer über den Rücken, dass selbst Nori merkte, dass ich zitterte. Sie drückte sich fester an mich und meine aufsteigende Angst wurde ein wenig getilgt.

„Ich weiß es nicht…“ gab ich offen zu und ließ von Nori ab um ihr in die verweinten Augen zu sehen, „Ich weiß es nicht…“ wiederholte ich abermals, „Das Einzige was ich weiß ist, dass es mir leid tut und, dass ich dir hoch und heilig verspreche, dass so etwas nie mehr passieren wird.“ Ich zwang mich zu einem Lächeln und sah sie so lange aufmunternd an, bis sie aufhörte zu weinen.

„Indianerehrenwort?“ fragte sie mit dem Anfang eines Lächelns und sie hielt mir den kleinen Finger hin. Ich seufzte ein wenig, aber es brachte nichts sich über die Kindlichkeit sarkastische Kommentare zu machen und ich nahm ihren kleinen Finger mit meinem an:
„Indianerehrenwort!“

„Gut, wenn das so ist!“ Schon war sie wieder die alte Nori, so schnell, dass manch Psycholog sich sicher gewundert hätte und ich unter Anderem auch, „Lass uns weitergehen.“ Sie nahm meine Hand und zog so fest daran, dass ich mein Gleichgewicht verlor und hinfiel. Ich riss Nori mit um und landete auf ihr. Es war eine weiche Landung und ich tat mir nicht weh, aber doch fühlte ich mich sicher nicht erleichtert. Nachdem ich die Augen von anfänglichem Schock geöffnet hatte, blickte ich sofort in die Augen von Nori. Wir waren nur einige Zentimeter voneinander entfernt. Ich konnte ihren Atem auf meine Lippen spüren… Ich fühlte mich wie in Trance. Das Einzige was ich sah, waren ihre Augen und trotz der Klischeehaftigkeit meiner Beschreibung, fühlte ich mich genau so… Langsam bewegte ich meinen Mund nach unten. Es geschah so. Mein Gehirn hat den Sturz wohl noch nicht ganz verkraften können und somit hatten die Hormone ihre freie Bahn. Jetzt waren es sicher nur noch einige Millimeter und es kam mir fast so vor als ob Nori ebenfalls sich näherte. Die Wärme und das Aufeinanderpressen ihres Körpers auf meinem ließen diese verflixten Hormone nur noch wilder um sich her schlagen. War es wirklich so einfach?

Scheinbar nicht, denn…

„Halt! Stop!“ Eine schrille weibliche Stimme holte uns aus unserer Trance. Ich schreckte so schrecklich auf, dass ich sofort aufsprang und stand. Nori lag immer noch da und sah verträumt gen Himmel, ehe sie einen schrecklichen Lachanfall bekam. Was? Das verwirrte mich nur noch mehr und ließ mich für einige Sekunden die Frage vergessen, wer uns eigentlich gestört hatte.

„Mist! So habe ich das eigentlich nicht gemeint… Ich wollte, dass ihr kurz stehen bleibt, damit ich das Alles filmen könnte…“ Ich sah zum Übeltäter und rollte instinktiv - Ja, bei ihr war das so! - mit den Augen. Haruka… Noris Klassenkameradin und beste Freundin. Ein Mädchen mit einen immer währendem Grinsen auf dem Gesicht. Ihre haselnussbraunen und gewellten Haaren fielen einige Zentimeter über ihre Schultern und sie hatte ebenfalls Noris Schuluniform an. Takeo hätte sie als ,heiß‘ beschrieben, aber ich kannte sie jetzt lange genug, dass ich schon lange nicht mehr auf nur das Aussehen bei ihr achte. Sie sah uns enttäuscht an und steckte seufzend ihr Handy wieder in ihre Rocktasche:
„Hab ich was verpasst?“ Ich wollte gerade den Mund aufmachen, als Nori schon über Haruka auftauchte. Schon wieder ein Teleport. Ohne aber aufzusehen, ging Haruka einen Schritt nach hinten, hob ihre beiden Arme auf Bauchhöhe und fing Nori mit einem überlegenem Gesichtsausdruck auf. Nun lag Nori wie eine Braut in Harukas Armen. Ich war neidisch… Erstens, weil sie Nori so trug und zweitens, weil sie irgendwie einen sechsten Sinn entwickelt hatte, den es ihr erlaubte, Noris Teleportangriffe problemlos entgegen zu treten.

„Harurun!“ quiekte Nori freudig und drückte sich an sie fest. Sie ließ sich das mit einem zufriedenem Grinsen auf mich ergehen und zwinkerte mir zu. Sie wollte wohl, dass ich neidisch bin. Nachdem Nori eine gewaltige Portion von Haruka-Knuddeln bekommen hatte, kletterte sie von ihr runter und sagte:
„Was sollst du denn verpasst haben? Ich habe MichiMichi zu fest gezogen und er ist gestolpert.“ Anscheinend war es nur eine Illusion gewesen, dass Nori mir ein wenig entgegen gekommen war. Na ja, einerseits war ich natürlich enttäuscht, dass wir unterbrochen wurden, aber andererseits war es wohl besser so. So etwas sollte nicht in einer Love-Comedy ähnlichen Szene geschehen, sondern eher wie eine Szene aus einem Liebesdrama! Jop…

„Ach so… Jetzt dachte ich schon, dass Michi-kun hier seine männlichen Instinkte nicht mehr in Zaum halten konnte und dich einfach so angefallen hatte…“

„Wie meinst du das?“ fragte Nori ehrlich und neigte ein wenig ihren Kopf. Hinter Noris Rücken warf ich Haruka wütende Grimassen zu. Sie grinste mich aber nur provokativ an und sagte:
„Ach nichts. Also was macht ihr beiden hier? Hast du mich also wirklich wie sooft, für diesen Trottel hier abgewiesen… Ich bin enttäuscht… Du sollst deine Ansprüche wirklich etwas höher schrauben, meine liebe Nori.“

„Was? Ich würde doch nie MichiMichi hier in Stich lassen? Ohne Nori, würde er doch längst nicht mehr zurecht kommen. Er braucht mich, damit er ein großer, verantwortungsbewusster Junge werden kann.“ sagte sie gespielt schockiert und klammerte sich an meinem Arm.

„Vielen Dank, für dein Vertrauen in mich…“ murmelte ich schlecht gelaunt und sah sie mürrisch an. Sie streckte mir, aber nur wieder die Zunge raus und ließ los:
„Ach, wenn es so ist, dann verzeihe ich dir. Also, was macht ihr beiden?“

„Wir gehen eine Freundin ins Krankenhaus besuchen!“ antwortete ich ihr.

„Ach und wer ist das?“

„Minorin aus MichiMichis Abteilung. Sie hat sich gestern verletzt und wir wollen sie besuchen gehen.“

Dieses Mal zeichnete sich ehrliche Enttäuschung auf Harukas Gesicht ab und sie sagte:
„Wenn es so ist… Dann lass ich euch wohl lieber alleine. Auch wenn ich sie nicht kenne, wünscht ihr von mir eine gute Besserung.“
„Harurun? Kommst du denn nicht mit?“ fragte Nori sichtlich entsetzt und lief ihr nach.

„Sie darf doch mit, nicht wahr MichiMichi?“

Ach Nori, weißt du… Bei diesen Augen, kann ich dir doch nicht nein sagen - Was du vermutlich schon weißt - also:
„Von mir aus… Dann kann ich dir ja auch meine Kollegen von Judgment vorstellen.“

Haruka sah mich mit hochgezogener Braue an, bevor sie mit den Schultern zuckte und sagte:
„Danke… Weil ehrlich gesagt weiß ich nicht was ich aus dem heutigen Tag anfangen sollte.“

Vielleicht für die Schule arbeiten? Aber diese Frage ließ ich besser mal bleiben.
 

Fortsetzung folgt…

10. April III

Kennt ihr das? Ihr entscheidet etwas und wünscht euch früher oder später es nicht getan zu haben? Sicher… Ich jedenfalls hatte dieses Gefühl viel zu oft verspürt und jetzt war einer dieser Momente. Ich meinte natürlich die Entscheidung Haruka mitzunehmen… Nein, es lag nicht nur daran, dass sie meine gemeinsame Zeit mit Nori störte, diese hatte ich genug… Es war hauptsächlich deswegen, weil sie ihr gewaltiges Mundwerk nicht halten konnte. Im Moment hatte ich davon größtenteils meine Ruhe, da sie einige Meter vor mir mit Nori quatschte. Ich hatte schon lange aufgegeben zu versuchen, diesem Gespräch zu folgen. Es ging irgendwie um Schlamm oder so… So trottete ich also den beiden Mädchen hinterher und ich gab schon zu, dass ich traurig bin nicht über die Fähigkeit zu verfügen die selben Wellenlängen anderer Personen anzunehmen. Es dauerte aber nicht lange, denn nach fünf Minuten waren wir auch schon vor den Toren des Krankenhauses und einige Minuten später waren wir auch schon vor der Tür von Fujiwaras Zimmer. Ich musste natürlich an der Rezeption fragen, denn wie Haruka es formulierte: „Bist du der Einzige von uns, der es schafft höflich zu wirken…“

Ich klopfte an der Tür und sofort hörte ich die gedämpfte Stimme von Tamura: „Herein“ antworten. Wir traten ein. Das Zimmer war, wie man es sich von einem Krankenzimmer erwartet. Langweilige, weiße Wände, langweilige Möbel und eben das typische und umso langweiligere weiße Bett. Anscheinend war schon meine gesamte Abteilung anwesend. Tamura und Takeo saßen beide auf Klappstühlen neben Fujiwaras Bett. Sie war in dem typischen grünen Pyjama-ähnlichem Kleid und hatte ihre Decke bis über die Brust. Sie sah ziemlich müde und geschafft aus, schaffte aber noch uns ein Lächeln zu schenken. Tamura war… So wie sie eben war: Sie schien weder überrascht, noch enttäuscht zu sein uns zu sehen und in Takeos Augen war gewaltiger Neid zu sehen:
„Alter…“ begann er mit dem Wort, das so typisch für unsere Jugend war, „Nori ist schon schlimm genug, aber gleich mit zwei Schönheiten anzutanzen… Du bestreitest es aber immer, aber du wirkst für mich immer mehr wie so ein Haremidiot.“

Ich hatte schon längst die Kunst des Ignorierens erlernt und sagte nichts, aber dies konnte man leider nicht von Haruka behaupten. Sie schnaubte verächtlich und sprach mit frecher Stimme:
„Höre ich da Neid in deiner Stimme? Was würdest du denn sagen, wenn ich dir offenbare, dass wir eine Dreiecksbeziehung führen?“ Jetzt hatte ich aber schon die Grenze erreicht und sah Haruka entsetzt an. Was kam nur alles aus diesem vorlautem Mund? Takeo war sich nicht sicher, was er davon halten sollte und sah mich verirrt an. Bevor Haruka anfangen konnte, übernahm ich mal das Sprechen:
„Darf ich vorstellen, das hier ist Haruka, Noris Zimmerkameradin. Haruka, das sind die weiteren Mitglieder meiner Abteilung: Kuroda Takeo, Tamura Ren und Fujiwara Minori.“ Ich deutete jeweils auf jeden von ihnen und jetzt musste ich wohl oder übel ihr das Wort überlassen.
„Sag mal Michi… Hast du vielleicht meinen Nachnamen vergessen?“ Ich stockte…Stimmt… Ich wusste nicht, wie sie hieß mit Nachnamen. Ich glaube, ich habe ihn auch nie erfahren. Sie wurde mir als Haruka vorgestellt und so hatte es sich bei mir eingenistet. Haruka lachte und klopfte mir auf die Schulter:
„Mach dir keine Sorgen! Du brauchst ihn nicht zu wissen. Ehrlich gesagt finde ich es sogar gut so. Macht mich geheimnisvoll und so…“ Sie winkte den Anderen zu, „Hallo zusammen, freut mich euch kennenzulernen. Ich habe schon viel von euch gehört.“

Die Anderen nickten ihr zu und Takeo - so wie er eben war - musste auch seine Klappe öffnen. Er fühlte sich wohl an seiner Stellung als großes Maul verletzt:
„Hallo Haruka. Ich muss schon sagen, dass du nicht schlecht aussiehst. Ich…“

„Weiter brauchst du nicht zu reden. So eine verzweifelte Anmache wird bei keinem Mädchen wirken und ich habe sowieso schon meinen Michi hier.“ Sie warf sich um meinen Arm… Wenn ihr jetzt erwartet, dass ich rot wurde und mit zittriger Stimme versuchte sie von mir abzuwimmeln, dann muss ich euch leider enttäuschen… Ich war das schon längst von ihr gewohnt und es ließ mich schon seit einer Ewigkeit kalt. Ich seufzte nur und sagte einfach nichts, doch…

„EH???? MichiMichi gehört ganz allein mir!“ schrie Nori entrüstet und warf sich um meinen anderen Arm. JETZT wurde ich rot und versuchte mit zittriger Stimme Nori abzuwimmeln.

„Lasst mich los ihr beiden! Ich gehöre nicht euch…“ Tatsächlich ließ Nori los und das wunderte mich sofort. Ich sah sie an und sie sah tatsächlich ein wenig gekränkt aus, auch wenn sie versuchte zu lächeln.

„Stimmt ja… MichiMichi gehört ja Minorin…“

Ah… Ja… Das war ja immer noch da… Ich sah ein wenig verzweifelt zu Fujiwara - die die ganze Zeit über seltsam schweigsam war - und sie schüttelte nur mit hochrotem Wangen ihr Gesicht. Takeo schlug sich die Hand vors Gesicht und ich hätte schwören können, dass Tamura die Augen verdreht hatte.

„Was soll das heißen?“ Ich zuckte zusammen… Hinter mir spürte ich eine bedrohliche Aura. Wie ein schlecht geölter Roboter drehte ich mich ruckelnd um und sah in die furiosen Augen von Haruka, „Michizane Fujimoto… Kannst du mir bitte erklären, was Noris voriger Satz bedeuten soll?“ Ich verstand Harukas Wut und wäre ich an ihrer Stelle wäre ich es sicher auch, aber doch war es verständlich, dass ich sie nicht gerne gegen mich gerichtet haben würde. Haruka war keineswegs neidisch oder so. Nein, sie sah sich schon immer als eine Art Amor an und versuchte Nori und mich zu verkuppeln. Wäre ihre Herangehensweise anders, hätte sie sogar möglicherweise Erfolg. Doch ihre ,Taktik‘ bestand größtenteils daraus mich mit Sticheleien näher an Nori zu bringen und meistens erzielte sie dabei nur ein verlegenes ,Ich‘ und eine lachende Nori… Wahrscheinlich wollte sie es nicht so schnell angehen zu lassen.

„Also ich… Ehm… Ja…“ Sie schien immer größer zu werden und ich schien immer weiter zu schrumpfen. Nori kam mir zu ,Hilfe‘…

„MichiMichi hat mir gesagt, dass er Minorin ganz doll lieb hat und er gerne mit ihr zusammenkommen will… Upps…“ Nori hielt sich in den Mund und sah mich erschrocken an…

„Tut mir Leid MichiMichi… Ich wollte es nicht sagen…“ Sie kratzte sich verlegen am Hinterkopf:
„Aber jetzt ist es wohl raus… Ist wohl besser so, also Minorin?“ War das etwa deine Rache? Wolltest du dich etwa so an mich rächen? Sie sah erwartungsvoll Fujiwara an. Haruka schwieg… Sie sah mich immer noch vorwurfsvoll an, aber sie schwieg. Alle Augen waren nun auf Fujiwara gerichtet…

Sie war noch nie ein Mensch gewesen, der unnötige Aufmerksamkeit genoss. Doch so rot hatte ich sie noch nie erlebt und glaubt mir… Bei ihr hatte ich in der Hinsicht neue Maßstäbe gesetzt… Im Moment wirkte sie so, als ob sie am liebsten wieder ohnmächtig fallen würde… Aber sie hatte Glück, denn die Antwort brauchte nie über ihre Lippen zu kommen:
„Ich störe nur ungern, aber ich würde gerne nach meiner Patientin sehen…“

Am Eingang stand eine Frau. Sie sah noch sehr jung aus. Lange schwarze Haare glitten bis zu ihrer Taille hinunter und ein weiße Blumenhaarspange hing an der linken Seite. Sie hatte hübsche blaue Augen und ihr Gesicht wirkte, als sei sie nie richtig aus den Teenagerjahren rausgekommen und das freche Grinsen vollendete das Bild. Sie war schon schön anzusehen und wäre ich ein paar Jahre älter wäre sie auch sicher mein Geschmack. Ich bin aber keiner der auf besonders ältere Mädchen stand und somit blieb es bei mir beim schönen Anblick.

„Glaubt mir, diese Liebeskomödie hätte ich mir gerne noch ein bisschen länger reinziehen lassen, aber die Pflichten als Arzt rufen leider.“ Sie seufzte gespielt und trat ein. Wie sie schon sagte war sie Arzt und trug demnach den typischen weißen Kittel, wo sie darunter eine Jeans und ein T-Shirt trug.

Wir sahen sie alle fragend an und sagten erstmals nicht. Na ja, dieser untypische Auftritt eines Arztes hatte die meisten von uns baff gemacht. Selbst Nori… Na ja, ein kleiner Blick zur Seite verriet mir, dass sie die Frau mit glitzernden Augen ansah. Da hatte wohl jemand einen bleibenden Eindruck bei Nori hinterlassen… Kann ich ihr nicht verübeln, denn diese Frau hatte eine sonderbare Ausstrahlung…

„Ach ja!“ sagte die Ärztin, als ob sie sich an etwas wichtiges erinnerte, „Manieren waren noch nie meine Stärke… Mein Name ist Saten Ruiko. Ich kümmere mich um Minori-chan und wie ich sehe sieht sie ein wenig mitgenommener aus, seit dem ich sie das letzte Mal besucht hatte.“ Sie ging mit gespielt ernster Miene zu Minoris Bett und beäugte sie ebenso gespielt mit einem analytischem Blick, „Ich diagnostiziere einen klaren Fall von Tsundere… Glaubt mir, ich kenne mich in diesem Bereich gut aus.“

Ich wusste nicht recht, was ich davon halten sollte, deswegen sah ich nur mit ungläubigen Augen zu, wie Fujiwara - sofern das möglich war - nur noch ruhiger war und nicht einmal genügend Energie hatte um zu kontern. Sie vergrub sich nur unter ihrer Decke und wünschte sich wahrscheinlich im Moment irgendwo anders hin. Saten-sensei kicherte nur:
„Spaß beiseite… Die Untersuchungen über Nacht haben nichts ergeben und deswegen kannst du uns in ein paar Stunden verlassen. Keine Angst…“ Sie sah zu uns und lächelte freundlich, „Ich werde euch schon nicht fragen was ihr gestern getrieben habt. Glaubt mir, ich war schon oft genug in eurer Situation gewesen, versprecht mir nur, dass ihr lebt… Solange ihr lebt, kann ich euch heilen… Das wollte ich immer schon sagen…“ Den letzten Teil flüsterte sie schon fast und sie wirkte wirklich stark freudig erregt diesen Satz gesagt zu haben, denn sie ließ ein paar leise „Yay!“ ertönen und zitterte aufgeregt. Was für eine merkwürdige Frau und doch war sie mir irgendwie sympathisch… Was meinte sie wohl damit, dass sie oft in unserer Situation gewesen war? Hatte sie etwa in ihrer Jugend selbst gefährliches erlebt? Es interessierte mich schon, was sie damit meinte, aber ich fragte nicht nach. Nori hatte inzwischen die Geduld verloren und sprang aufgeregt auf und ab.

„SO COOOOOOLLLLLL!!! Du hast dich gar nicht geändert Tante Ruiko!“ Nori lief freudig auf die Ärztin zu und umarmte sie.

„Nori? Dich habe ich ja gar gesehen?!“ Sie schien richtig erstaunt zu sein, umarmte aber Nori zurück.

„Du hast dich gar nicht verändert. Schau mal!“ Sie sprang von ihr ab und hob ihren Rock ein wenig an. Saten schien es wohl zu verstehen, denn ein verschmitztes Grinsen begann sich zu formen:

„Bist du dir sicher? Es sind auch Jungen hier und es ist eigentlich Kazaris Privileg…“

„Was soll denn schlimm daran sein wenn Jungen dabei sind? Ich habe dich schon sooft gesehen es bei Tante Kazari zu machen, ich will es auch mal gemacht bekommen. Ich habe sogar einen Rock an!“

Was zur Hölle redeten die? Wir sahen uns alle verwirrt an, ich sollte aber bald erfahren, was es war… Ich konnte nur soviel sagen, dass es ein zweischneidiges Schwert war. Saten seufzte:
„Wenn du so sehr darauf bestehst. Es macht nur halb so viel Spaß, wenn du es willst, aber bei dir mach ich eine Ausnahme…“ Sie hob ihre Hände und…
 

Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase… Hase…

„Sag mal… Wie lange willst du noch vor dich hin murmeln? Ich wette, du kannst nicht einmal in deinem Kopf einen klaren Gedanken fassen?“ Hase… Hase… Okay, langsam wurde es lächerlich. So wirkte es wirklich nur, als ob ich Wörter sammelte… Aber trotzdem… Hase… Hase… Hase…

„AUA!“ Ein dumpfer Schmerz erwachte mich endlich. Ich rieb mir den Hinterkopf und konnte schon eine kleine Erhebung in Form einer Beule spüren. Grimmig sah ich zu dem Übeltäter. Es war Haruka, die immer noch mit geballter Faust dort stand.

„Der war dafür um dir deine perversen Gedanken auszutreiben!“ Was kannst du denn anderes von mir erwarten? Ich… Hase… Hör auf! Jetzt schlug ich mir schon selber ins Gesicht:
„Siehst du? Wenigstens schämst du selber dich dafür…“

„Was ist denn mit MichiMichi los?“ fragte Nori unwissend und sah mich erstaunt an.

„Mach dir keine Sorgen…“ kam Saten-sensei dazu und klopfte mir auf die Schulter.

„Du kannst mir später dankbar sein…“ flüsterte sie mir ins Ohr… Ich wurde knallrot und sagte nichts. Ich hatte jetzt keine Lust genau zu erklären, was geschehen war. Ich sagte nur zuviel. Es war eine tolle Eingebung.

„Aber wirklich, Nori-chan. Deine Höschen erinnern mich stark an Uiharus. Sie sind richtig kindisch…“ sagte Saten in einem Tonfall, als ob sie eine Schülerin auf ihre Fehler hinweisen würde. Vielen Dank, mein elegantes Ausweichmanöver zunichte zu machen…

„Wirklich? Ich finde sie süß.“ antwortete Nori erstaunt und hob noch einmal ihren Rock an um nachzusehen.

Ich schloss instinktiv die Augen und tat sie erst nach einer Minute wieder auf. Takeo war im Moment auch ein wenig in einem Trance-Zustand, Fujiwara hatte es immer noch nicht gewagt ihr Gesicht zu zeigen, Tamura war… Immer noch Tamura und sogar Haruka hatte einen gewissen Rotton im Gesicht. Wahrscheinlich war die Röte in meinem Gesicht mit der von Fujiwara zu vergleichen…

"Naja, eine gewisse Person, die ich kenne würde dir in der Hinsicht, sicher zustimmen…" erwiderte Saten-sensei, immer noch verschmitzt grinsend, wobei sich ihr Blick in keiner Sekunde von mir abwand. Nach einer kurzen Weile, schlang sie auch schon ihren Arm um meine Schulter und sagte:

"Du kommst mal schön mit, ich habe einiges mit dir zu besprechen!" Bevor, ich mich noch wundern konnte, zerrte diese sonderbare Ärztin mich schon aus den Raum...

Ehe ich mich auch versah, befand ich mich schon draussen und fand mich einer frech grinsenden und jugendlich wirkenden Ärztin wieder:

"Also… Ich liege wahrscheinlich richtig mit der Annahme, dass du Michizane Fujimoto bist…" Ich nickte nur… Sie sah mich mit einem abschätzendem Blick an, "Du bist also die famose Railgun der 2. Generation… Wie nennt man dich? 'Dragon Flame'? Du hast schon gewisse Ähnlichkeiten mit ihr, das kann man nicht abstreiten… Ausser natürlich, dass du vom männlichem Geschlecht bist…"

Sie meinte doch nicht etwa? "Kennen sie etwa Misaka Mikoto?" fragte ich mit einem gewissem hoffnungsvollen Ton in meiner Stimme.

"Hmm? Natürlich kenne ich Misaka-san. Ich bin immerhin eine gute Freundin von ihr und Shirai-san…"

"Deswegen kennen sie also Nori?"

"Jap und durch Nori kenne ich dich. Glaub mir, sie redet fast nur von dir. Immer wird alles mit der verglichen… Sogar unmögliche Dinge, wie Steine…"

Und was für eine Ähnlichkeit habe ich denn mit einem Stein? Doch ich wagte es nicht zu fragen, aus Angst es zu erfahren… Aber doch freute es mich ungemein das zu hören. Anscheinend war dies auch nicht Saten-sensei entgangen, denn sie grinste und klopfte mir auf die Schulter:

"Ich weiss zwar nicht, was für eine Fassade du da aufgebaut hast, aber ich kann dir nur folgenden Rat geben: Nori ist ein gutes Mädchen… Das brauch ich dir sicher nicht zu sagen, aber verscherz es mit ihr nicht. Ihr beide würdet sicher ein süßes Paar abgeben."

Was sollte ich dazu sagen? Ich kannte diese Frau jetzt erst ein paar Minuten und schon führte sie mit mir so ein intimes Gespräch. Aber ich entschied mich mal, ebenfalls ehrlicher zu werden. Schon komisch, dass ich mit jedem so offen über meine Gefühle für Nori reden konnte, ausser sie selbst.

"Naja… Ich fürchte aber, dass Nori einfach nur Freunde mit mir bleiben will. Ich denke sogar manchmal, dass sie nicht mal weiss was eine richtige Liebesbeziehung ist…"

"Und wie sie das weiss. Glaub mir, deine Sorgen sind unbegründet. Ich kenn mich da aus!" Wo kennt sie sich denn nicht aus? "Also… Wie gesagt: Deine Annäherungstaktik ist nicht gerade die Beste… Ich habe aber da so eine Ahnung, warum ihr es so macht." Sie kicherte, "Du bist wie eine Mischung aus Misaka-san und 'ihm'… Du könntest fast das Kind von beiden sein…" Jetzt bekam sie eine Lachkrise. Ich, der überhaupt keine Ahnung hatte, was sie denn meinte, konnte sie nur schief ansehen und warten, bis sie sich beruhigt hat:

"Na ja… Das war nur einer der beiden Gründe warum ich dich nach draussen geruft habe. Jetzt wird es ein wenig ernster." Gesagt getan, denn ihr Gesicht wurde ebenfalls etwas ernster, "Fujiwara-san hatte unheimlich viel Glück… Soweit ich das verstanden habe, hat irgendetwas an ihren Gehirnwellen gepfuscht. Wenn sie noch länger im Einfluss von was auch immer war, dann hätte das einen bleibenden Schaden hinterlassen… Du musst es dir so vorstellen. Wenn das Gehirn einer plötzlichen Änderung zu lange ausgesetzt wird, kann diese Änderung nach einer Weile vom Gehirn als Standart angesehen werden… Es gab mal einen ähnlichen Fall wie bei ihr." Ihre Miene verdüsterte sich ein wenig, "Du hast ja sicher vom Level Upper gehört?" Ich nickte. Schon wieder dieser Level Upper. Nelson hatte schon die ganze Zeit von ihm gesprochen… "Da wurde ebenfalls das Gehirnwellenmuster der Betroffenen angepasst, aber mit dem Unterschied, dass dies sehr langsam und stetig von Statten ging und es gab vor allem eine Möglichkeit den Level Upper in ihren Gehirnen zu 'desinstallieren'…"

Die Spannung stieg ein wenig bei mir an. Wenn dieser Nelson seine Opfer noch lange diesem Einwirken zum Opfer fallen… "Wie lange wird das dann dauern, bis das Gehirn beschädigt wird?"

"Na ja, demnach in welcher Frequenz es passiert… 1 bis 2 Monate…"

Schön… Jetzt blieb nur noch die Frage, wie lange er ihnen schon diese Maschinen untergejubelt hat…

Saten sah mich besorgt an… "Diese Nachricht scheint dir so einige Sorgen zu bereiten… Ist etwa… Ein neuer Level Upper im Umlauf?"

"Nun… In gewisser Weise… Jedenfalls ist es eine Gefahr und ich - das klingt jetzt kindisch und naiv - muss es aufhalten…" Sie sah jetzt wieder erheitert aus und klopfte mir abermals auf die Schulter:

"Das klingt doch nicht kindisch! Im Gegenteil, das klingt sehr erwachsen. Du erinnerst mich tatsächlich immer mehr an die Beiden… Du bist mir richtig sympathisch Junge… Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du das schon regeln wirst."

War das alles? Keine Ermahnung? Kein Vorschlag Anti-Skill zu rufen? Sie lässt mich einfach so in Ruhe?

"Jetzt bin ich es wohl eher die nicht erwachsen klingt… Aber ich habe schon immer meinem Gefühl vertraut und das werde ich nicht ändern. Sollen wir wieder rein?" Ich war schon ein wenig beeindruckt von ihr… So einer Frau war ich noch nie begegnet… Sie hatte die selbe Ausstrahlung wie Nori… Diese Aufmunternde und Gute Laune machende… Ich folgte ihr wieder ins Zimmer…

Begrüsst wurden wir von einer Fujiwara die von Nori durchgeknuddelt wurde, einer Haruka die das alles lachend beobachtete, eines sabbernden Takeos und einer leise beobachtenden Tamura…

"B…Bitte Nori-chan… Hör auf…"

"Minorin… Ich bin doch nur froh dich in gutem Zustand zu sehen!"

Bei diesem Anblick wurde mir so einiges klar…

Ich musste etwas gegen Nelson unternehmen und das so früh wie möglich und…

Ich sollte etwas gegen mein kommenden Nasenbluten tun…
 

Fortsetzung folgt…

10. April IV

Es war nun später Abend… Ich hatte nun mal frech den Rest unseres Krankenhausbesuches übersprungen, aber damit ihr wisst, was alles geschehen war, hier ist eine kleine Zusammenfassung. Nachdem Nori endlich von Fujiwara abgelassen hatte, waren wir noch ein wenig bei ihr geblieben, bis wir das Krankenhaus endlich verlassen durften. Danach waren wir noch alle zusammen essen gegangen und hatten uns dann getrennt. Es war nur ein typischer Abend - für meine Verhältnisse gewesen - und deswegen machte ich mir nicht die Mühe euch ihn genau zu beschreiben. Es war jedenfalls nichts actionreichiges, romantisches oder besonderes witziges geschehen, was ja der Hauptgrund sein sollte, warum ihr diesen Mist hier liest…

Zurück zum eigentlichem Geschehen… Es war jetzt theoretisch langsam Zeit für mich schlafen zu gehen, aber ich hatte heute noch etwas vor. Glücklicherweise musste ich nicht, wie gestern, das Haus verlassen und dieser schrecklichen Frau begegnen. Aber doch war es sicher nicht eine angenehme Angelegenheit… Es war dunkel in meinem Zimmer und die einzige Lichtquelle lieferte der Bildschirm meines Computers. Meine Wenigkeit saß auf einem Stuhl vor meinem Büro und beäugte eben genau diesen Bildschirm. Ich wirkte wirklich im Moment ein wenig wie ein MMORPG-Süchtiger… Mein eigentlicher Grund aber zu so später Stunde noch am Computer zu hängen war ein ganz Anderer. Ich hatte endlich entschieden meiner Pflicht nachzugehen und den eigentlichen Grund meines gestrigen Besuches auszunutzen. Ich schaute endlich nach, was in diesem verdammten Memorystick steckte, den ich jetzt den ganzen Tag mit mir getragen hatte. Ich hatte ihn gerade in meinen Computer gesteckt und wartete bis die Daten geladen wurde. Wie auf Stichwort wurde auch schon der Ordner des Stickes geöffnet und mich begrüsste… eine Einzige Bilddatei… Sofort öffnete ich sie und machte mir nicht einmal Sorgen, ob es virenverseucht war oder so. So etwas kindisches würde sie sicher nicht machen und selbst ein Überwachungsprogramm war sicher auch nicht dabei. Sie hatte andere Möglichkeiten mich zu überwachen. Ich seufzet bei dem Gedanken und wartete bis die Bilddatei sich geöffnet hatte. Es dauerte nicht so lange wie es schien und schon erblickte ich nichts anderes als eine Karte der Bildungsstadt. Ein einziger roter Kreis hob sich vom Gesamtbild ab. Haha… Und ich dachte, dass du hunderte Informationen darauf hast? Dein Sinn für Humor war nach wie vor so schlecht, Kihara-chan… Ich musste seufzen und sah mir den Kreis genauer an. Es war klar, was er darstellen sollte. Den Aufenthaltsort von Nelson. Sie hatte also wieder alles schön durchgeplant… Ich stand auf und ging zu Bett… Ich war zu müde um heute noch etwas auf die Reihe zu bekommen und ich wollte vor allem nicht den selben Fehler wie gestern begehen. So fiel ich erst nach langer Zeit in einen traumlosen Schlaf…
 

Es war der nächste Morgen. Heute war Donnerstag, den 11. April und ich hatte irgendwie das Gefühl, dass dieser Tag einer der anstrengensten meines Lebens werden würde. Ich hatte während meines langen Wachseins überlegt wie ich vorgehen sollte. Morgens würde ich noch normal zur Schule gehen. Aber nach der Schule würde ich mich sofort zu Nelsons möglichen Versteck machen und dann sehen wir weiter. Die Idealsituation wäre natürlich, dass ich Nelson besiege und alle Level 0 befreie, aber ich hatte schon genug Geschichten gesehen wo nie der Idealfall eintreten würde. Meistens war zwar zum Schluss das Happy-End erreicht, aber dieses war immer nach ein paar Bossfights erst erreicht. Mit also flauem Magengefühl machte ich mich auf den Weg zur Schule. Bejimo war nicht da. Er war immer früher wie ich unterwegs… Er hatte mir zwar manchmal angeboten mich mit seiner Fähigkeit mitzunehmen, ich hatte aber dankend abgelehnt. Mit Nori im Schlepptau wurde ich sowieso zuviel durch die Gegend herum gebeamt.

Den Weg bis zur Schule ließ ich mal unbeschrieben und den Schultag selber glaube ich auch. Ihr kennt ja den Ablauf solcher Geschichten sicher zu gut. Nur das Interessante war es wert niedergeschrieben und später gelesen zu werden.

So begann also dieses Interessante vor dem Schultor, das ich gerade verlassen hatte.

"Was soll denn die lange Miene Michi-kun?" Es war Kyouko. In ihrer üblichen Kluft stand sie vor mir und in ihrem Gesicht zeichnete sich echte Sorge aus. Ich musste wirklich neben der Spur wirken, denn mir waren schon besorgte Blicke von Bejimo und Sato heute mittag aufgefallen und eben von ihr.

"Ach nichts…" lügte ich obligatorisch und machte mich daran das Thema zu wechseln:

"Sag mal… Das, was du mir gestern gesagt hast. Was hatte das zu bedeuten?"

"Was meinst du?" fragte sie und legte ihren Kopf schief. Ich kannte sie jetzt schon lang genug um zu wissen, dass sie mich anlog.

"Spiel mir nichts vor… Ich meine deine mysteriöse Botschaft - zumindest sollte sie wahrscheinlich das sein - die du mir gestern, als wir uns verabschiedet haben mitgeteilt hast. Etwas in Richtung, dass ich nicht in der Dunkelheit der Stadt schnüffen darf oder so… Denn wenn ich ehrlich bin, habe ich das…" sagte ich mal prompt ansatzweise die Wahrheit. Die Vorstellung, dass sie aber in dunkle Machenschaften verwickelt war, kam mir lächerlich und unglaublich vor…

"Hast du? Na ja, ich meine das, was ich sage… Also rate ich dir damit aufzuhören…" Sie sah mich mit ungewohnt ernsten Blick an. In ihrem Kopf begann sie wahrscheinlich schon irgendwie zusammenzudenken, was mich bedrückt.

"Bist du denn in die Dunkelheit der Stadt verwickelt?" Meine Stimme erhob sich wirklich. Sollte das stimmen, wäre das für mich wie ein Verrat… Sie seufzte und murmelte etwas in Richtung, 'Was hast du nun wieder getan, Senpai?' ehe sie mit mir redete.

"Ja in gewisser Form bin ich das." Ich wollte gerade entrüstet losschreien, als sie mich aber schon unterbrach, "Nicht so wie du denkst, das schwöre ich dir… Ich bitte dich nur nicht weiter nachzufragen…Bitte…"

Ich sah sie sauer an. Was war sie dann? Eine Art Geheimagent dieser Stadt? Wenn dem so wäre warum half sie mir dann nicht und selbst wenn es stimmte… Ich konnte mir sie einfach nicht so…'düster' vorstellen. Irgendwie fühlte es sich an, als hätte sich das Mädchen ein wenig von mir entfernt.

"Wie auch immer… Wenn ich nicht deinem Geheimnis nachgehen soll, dann geh du meinem nicht nach."

"…"

"Ich weiss nicht was du bist und es ist mir im Moment egal. Ich habe im Moment wichtigeres zu tun als mit dir kleinem 'Bond-Girl' meine Zeit zu verplempern…" Ich wandte mich zum Gehen. Toll, Michizane jetzt bist du wieder zu kindisch und das obwohl du immer behauptest so erwachsen zu sein. Erwachsen wäre, dass ich mich jetzt mit ihr aussprach. Aber icht tat es nicht, ich ging weiter.

"Michizane!" Sie hielt mich an meinem Arm fest, "Bitte sei mir nicht böse. Es hat seinem Grund warum ich dir das nicht gesagt habe… Glaub mir, dass ich nur das Beste im Sinn hatte und weder dich noch Nori verletzen wollte. Ich möchte dir wirklich gerne helfen, aber ich darf nicht… Ich habe im Moment… Andere Sorgen…" Den letzten flüsterte sie… Die kindische Wut stieg wieder in mir auf und ich fühlte mich ungerecht behandelt… Aber nachdem ich einige Sekunde dort stand beruhigte ich mich tatsächlich wieder und sah sie an:

"Okay… Sagen wir einfach, dass dieses Gespräch nie passiert war. Danach können wir immer noch reden. Sobald wir beide eben keine Sorgen mehr haben…" DAS war erwachsen! Gut gemacht Michizane, ich bin stolz auf dich… Sie lächelte mich an und wir trennten uns. Heute hatte ich was über eine meiner besten Freunde erfahren… Eigentlich sollte ich mich doch darüber freuen!
 

Das Gespräch mit Kyouko war eine willkommene Abwechslung gewesen. Ich war heilfroh, dass sie mich aufgehalten hatte und wir uns noch vertragen konnten, bevor es zum Streit kam. Ich fühlte mich irgendwie mit ihr jetzt enger verbunden und diese Gewissheit liess mich den Weg bis zu Nelson sichtlich erleichtern. Was wohl Nori jetzt machte. Ich hatte die ganze Zeit gehofft, dass sie sich nicht bei mir melden würde und ich demnach ihr nicht wieder absagen müsste und tatsächlich hatte sie es bis jetzt noch nicht getan. Einerseits war das gut, aber andererseits kränkte es mich schon ein bisschen. Ich musste mir immer und immer wieder einreden, dass ich nicht Noris einzige Lebensquelle war und deswegen durfte sie auch mal Sachen ohne mich machen… So hoffte ich bis zum Ende des Weges immer noch weiter, dass sie nicht anrufen würde und…

Kein Aruf kam…

Ich war da… Ich checkte noch einmal auf meinem Handy nach, wo ich ebenfalls das Bild hatte und es war richtig. Es war ein unscheinbares Haus im Rande des 7. Distrikts. Das einzig Auffällige war wohl, dass es zwischen zwei hohen Bürogebäude eingezwängt war und es hob sofort in mir ein Gefühl der Enge und des Unbehagens hoch. Nichts deutete auf Bewohner, die Vorhänge hinter den Fenstern waren zu und das Haus wirkte schäbig und morsch… Ich sah mich um. Auch wenn der 7. Distrikt, der am meisten belebteste war, so wagten anscheinend nicht viele Menschen sich hierher. Nur viele Autos parkten am Straßenrand und gehörten wohl den Arbeitern in den Büros und hier und da ging ein Passant an mir vorbei. Am anderem Strassenrand hatte sich eine Gruppe von Jugendlichen in meinem Alter versammelt. Man merkte sofort an ihrem Verhalten und Kleidungsstil, dass sie Raudis waren. Qual stieg von ihrer Mitte aus und ich konnte nur vermuten, dass sie rauchten. Keiner von ihnen schenkte mir einen Blick und das war auch gut so. Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass ich von keinem beobachtet wurde ging ich die kleine Treppe vor dem Eingang hinauf und drückte auf die Klinke. Die Tür war nicht verschlossen…

Ich erwartete keineswegs hinter der Tür irgendein gewaltiges Labaratorium und tatsächlich erblickte ich nur einen verstaubten Gang, der einige Meter weiter in verschiedene Zimmer einführte. Was aber meine Blick sofort fing war eine Treppe am Ende des Ganges die nach unten führte. Es wirkte fast so als ob dieser Gang nur für die Treppe gedacht war. Also ging ich zielstrebig auf die Treppe zu. Ich mühte mich nicht einmal damit die Räume an denen ich vorbeiging zu inspizieren. Mein Herz begann zu pochen und Aufregung ergriff von mir Besitz. So fühlte sich also wahrscheinlich ein Krieger an, bevor er in die Schlacht stürzte, oder ein Polizist bevor er ein Verbrecherversteck stürmte. Es fühlte sich an, als ob nur die Treppe in meinem Sichtfeld war und nur ein Gedanke in meinem Kopf herrschte… Ich musste Nelson finden und ihn aufhalten und sollte sich jemand mir in den Weg stellen, dann würde dieser sein blaues Wunder erfahren… Endlich erreichte ich die Treppe und ging diese hinunter. Sie war erstaunlich lang und kein Licht erhellte sie, sodass das Ende nicht zu sehen war. Jetzt war wohl der Vergleich angebracht, dass dies wie der Abstieg zur Hölle aussah. Ich war aber jetzt soweit gekommen, ich durfte gerade jetzt nicht blöffen. Schnell schaltete ich mein Handy aus und ging hinunter.

Ihr fragt euch jetzt sicher, warum ich denn nich jemanden mitgenommen habe? Nun die Frage hatte ich einige Kapitel davor schon beantwortet. Ich handelte wie ein Held aus jedem Anime und so weiter. Ich wollte meine Liebsten nicht in Gefahr bringen. Das mit Fujiwara war mir schon Schock genug gewesen und sollte jemanden etwas noch schlimmeres widerfahren, dann wüsste ich nicht wie ich damit klar kommen werde. Ich hatte schon fast jemanden mir sehr wichtiges verloren und das sogar zweimal. Ich wollte dieses Gefühl nicht zum dritten Mal erleben…

Ich tastete mich also die Treppe hinab und es fühlte sich an wie Stunden bis ich endlich die letzte Stufe erreicht habe und sich eine unscheinbare Tür vor mir aufbäumte. Sie hatte etwas bedrohliches in sich und wieder griff ich zum Vergleich mit der Hölle. Es war wie das Tor zur Hölle. Ich öffnete sie also…

Dieses Mal sah ich das anfangs erhoffte Labaratorium. Das typische weiß schmückte die Wände. In einer Ecke des Raumes war eine Reihe von Bettern aufgestellt an denen jeweils ein Computer stand und Kabeln darauf verteilt waren. In einer anderen Ecke - was wohl als eine Art Büro diente - waren einige Computer und ein großer schlichter weißer Schreibtisch mitsamt Stuhl. Direkt vor mir an der Wand waren Puppen aufgestellt die denen Mannequins aus Kleidergeschäften ähnelten. Ein paar waren einfach 'nackt' während andere die mir vertrauten futuristischen Anzüge trugen. Es war zwar nicht weitläufig ,aber doch sehr gross. Mindestens ein paar Ar groß und gut tausend Menschen würden hierher reinpassen. Tatsächlich waren auch Menschen da. Zwar keine Tausend, aber gut ein Dutzend und sie alle hatten mich scheinbar erwartet. Sie hatten einen Halbkreis um mich gebildet. Ich verfluchte meine Töricht. Warum sollte Nelson nicht sein Versteck bewachen lassen? Natürlich hatte er eine Möglichkeit zu erkennen wer alles rein und raus kam… Seien es versteckte Kameras oder sogar die Gruppe von Jugendlich die ich draussen gesehen habe, die als Spitzel fungiert habe… Nelson erschien zwischen ihnen:

"Glückwunsch…" begann er mit seiner üblich gelangweilten Art, "Du hast es geschafft mein Geheimversteck zu finden. Ich mach mir nicht einmal die Mühe um zu fragen wie du das geschafft hast. Ich kann es mir schon denken… Also?" Er sah mich fragend an und breitete seine Arme aus, als ob er sich auf einem Präsnentierteller stellen würde, "Was willst du tun? Mich aufhalten? Meinen bösen Machenschaften ein Ende setzen? Ich habe zwar nicht viele solcher Filme gesehen, aber sollte in so einer Situation nicht normalerweise der Held seine Rede halten? Sagt er dann nicht Sachen wie böse ich doch bin und dass er, der große Held, mir ein Ende zubereiten wird?"

Ich sagte nichts… Aufregung kam in mir hoch und auch Vorfreude. Die Vorfreude auf einen Kampf… Ich begann hungrig zu werden und Nelsons Worte gingen an mir vorbei:

"Tut mir Leid dich enttäuschen zu müssen. aber leider sind meine Pläne fast vollendet. Im Grunde genommen fehlt nur noch eine Sache… D…" Ich liess ihn nicht zu Ende kommen. Meine Ungeduld hatte schlussendlich die Oberhand gewonnen und ich tat mit meiner Hand eine Bewegung als ob ich eine Fliege wegwischen würde. Tatsächlich erschien auch eine Feuersbrunst und bewegte sich genau in selber Bewegung. Meine Gegner wurden alle vollkommen überrascht. Zwar konnte ungefähr die Hälfte den wütenden Flammen entkommen, doch die andere Hälfte fiel dem züngelndem Feuer zu Opfer. Ich hörte Schreie und das Feuer löschte sich langsam ab. Zwar brannten meine Opfer nicht, aber doch wanden sie sich krampfhaft auf dem Boden und waren in großen Schmerzen. Das Feuer war weder tödlich noch sonderlich gefährlich… Aber das hieß nicht, dass es nicht schmerzhaft war. Ein sadistisches Vergnügen kam in mir hoch als ich sie dort liegen sah und ich erschrak. Was zur Hölle war in mich gefahren? Ich hatte mir doch geschworen nicht mehr zu dem Monster zu werden, das ich damals gewesen war. Das war aber meine Blöße gewesen und die übergebliebenen Gegner nutzten die aus. Ich zuckte krampfhaft zusammen und fiel zu Boden. Ein Blitz eines Electromasters hatte mich getroffen. Er war nicht sonderlich stark gewesen, aber einen gewaltigen Schock hatte er schon hinterlassen. Schnell richtete ich meine Oberkörper auf und sah wie von drei verschiedenen Richtungen etwas auf mich zugeflogen kam… Ich hatte weder die Zeit noch die Konzentration jedes einzelne Geschoss genau zu analysieren. Ohne meine Hände zu heben erschienen in der Luft frei der Feuerdrachen und diese flogen sofort in die drei Richtungen zu. Was auch immer auf mich geschossen wurde, entkam nicht den Zorn der Feuerbestien und ging in den ewigen Hunger des Feuers unter. Schnell senkte ich die Temperatur meines Feuers damit es nicht tödlich war und während ich mich aufrichtete, konnte ich wieder schmerzerfüllte Schreie vernehmen… Nachdem das Feuer verklungen war konnte ich mir wieder ein klares Bild der Gesamtsituation fassen. Noch drei meiner Gegner standen da und sahen mich feindselig an. Nelson konnte ich nicht ausmachen, verschwendete aber keine weitere Zeit nach ihm zu suchen. Einen erkannte ich aber wieder. Sakura war unter den übergebliebenen. Ich schenkte ihr aber kein weiteren Blick und lief nach rechts um nicht als Zielscheibe dazustehen. Doch ich kam nicht weit. Jemand hatte sich in meinen Weg gestellt. Eigentlich wäre es nicht möglich gewesen mich so schnell erreicht zu haben aber einer von ihnen hatte wohl eine Fähigkeit die ihn schneller machen ließ. Er hob die Hand zum Schlag und ich warf mich sofort zu Boden. Glücklicherweise kannte ich Tamura und wusste ungefähr wie man mit solchen Esper handhaben muss. Man muss einfach nur schnell wie sie sein. Das klingt schwierig war aber zu schaffen. Ich rollte mich am Boden ab und kam einen Meter zur Seite wieder zum Stehen. Dies alles geschah im Bruchteil einer Sekunde und mein Gegner schien wohl gerade noch zu registrieren wo ich war, als er schon in hungrigen Flammen unterging. Wieder war die Begeisterung da und ich begann erregt zu werden… Das machte mir Spass und das schmerzvolle Schreien war wie Musik in meinen Ohren. Ich musste wirklich bedrohlich wirken, denn eine meiner Gegner, ein Mädchen in meinem Alter ging vor Angst schreiend in die Hocke. Nur Eine blieb standhaft… Ein Mädchen, das ich nur allzu gut kannte. Sakura Shigemitsu sah mir mit entschlossener Miene ins Gesicht… In ihren Augen konnte ich ebenfalls eine Art Hunger erkennen. Hier war ich… Ein Level 5… Jemand der unangefochtenen Spitze der Bildungsstadt. Sie hatte mich schon einmal fast besiegt und jetzt war ihr Sieg ebenfalls zum Greifen nah. Sie, eine Level 0, war gerade dabei gegen einen Level 5 zu gewinnen… Sie handelte ganz klar nach ihrem freiem Willen, aber das war mir herzlichst egal… Ich wollte nur noch ihr Schreien hören… Was zur Hölle denke ich da?! Ein eiskalter Schauer lief meinen rücken hinunter und ich schämte mich für mich selber. Ich begann wieder mich zu dieser Bestie zu entwickeln… Noris weinendes Gesicht kam mir in den Sinn… Ich hatte doch geschworen, sie nie mehr zum weinen zu bringen… Mit dieser Erkenntnis war meine Kampfeslust ebenfalls mit einem Schlag verschwunden. Das war mein Verhängnis… Ich spürte wie etwas hartes mich an der Seite traf und mich schmerzhaft auf den Boden schleuderte. Sie hatte mich per Telekinese mit irgendetwas getroffen aber was es war, gehörte im Moment sicher nicht zu meinen Prioritäten herauszufinden… Der Schmerz war nicht allzu stark und ich konnte theoretisch aufstehen, aber ich sah jemandes Schuhe vor meinen Augen. Langsam hob sich mein Blick nach oben. Die nächste Sekunde geschah wie in Zeitlupe… Ich sah Nelsons Gesicht das zum ersten Mal seit ich ihn kannte einen anderen Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte als sonst… Ein fieses Grinsen… Ich sah wie seine Hand, die etwas kleines und rundes hielt auf mich hinab zischte und ich hörte den entsetzten Aufschrei eines Mädchens… Dann… geschah etwas komisches. Ich fühlte mich wie ein Computer der neugestartet wurde. Nacheinander wurden alle ,Systeme‘ meines Gehirns abgeschaltet und wieder hochgefahren. Als Erstes hörte ich nichts mehr, dann sah ich nichts mehr, dann roch ich nichts mehr, dann fühlte ich nichts mehr und schließlich dachte ich nichts mehr… Ich verlor schrittweise mein Bewusstsein und ich fiel nicht in die bekannte Schwärze einer Ohnmacht… Ich fiel in einen Strudel voller Farben und Zahlen… Und dieser wollte nicht aufhören…
 

Fortsetzung folgt…

11. April I

Minori Fujiwara beschlich ein schlechtes Gefühl. Schon den ganzen Morgen hatte dieses Gefühl sich an sie geklammert wie ein Parasit… Sie wusste nicht woher es kam, aber irgendetwas hatte es zu bedeuten… Das Mädchen befand sich gerade außerhalb der Schule. Sie hatte sich soeben von ihren Freundinnen verabschiedet. Auch wenn ihre Schule Opfer eines Angriffs des verbrecherischen Pressure-Bombers gewesen war, so hatte die Schule nur geringfügigen Schaden erlitten. Der Unterricht konnte also normal weitergeführt werden, sehr zum Missfallen mancher Schüler. Ihr gestriges Fehlen war natürlich nicht unbemerkt geblieben. Einer ihrer besten Freundinnen, Aya, hatte sie den ganzen Tag über mit Fragen bombardiert, die Minori größtenteils unbeantwortet gelassen hatte. So verabschiedete sie sich also von ihren Mitschülern und machte sich auf den Weg… Wohin eigentlich? Es wurde nie richtig abgemacht ob sich ihre Abteilung noch einmal treffen musste… Also ging sie eine Zeit lang ohne jegliches Ziel durch die Straßen der Bildungsstadt. Ihr Geist war sowieso im Moment zu beschäftigt und so überließ sie ihren Beinen den richtigen Weg einzuschlagen. Sie hatte in letzter Zeit zuviel erlebt und nie richtig die Zeit gehabt darüber nachzudenken. Diese ganze Geschichte mit den Level 0 hatte ihr schwer zugesetzt. Einerseits konnte sie sehr wohl verstehen, warum sie so handeln, aber andererseits war es ihr immer noch ein Rätsel warum sie dem Mann bereitwillig halfen… Lag es daran, dass sie so verzweifelt nach einer Fähigkeit streben? Sie wusste es nicht. Für sie war das Erlangen einer Fähigkeit schon eine verlockende Sache, aber unbedingt musste sie auch keine haben. Sie war größtenteils zufrieden mit ihrem jetzigen Leben. Sie hatte Freunde, einen geregelten Alltag und konnte sich trotz ihres Daseins als Level 0 trotzdem nützlich machen… Sich nützlich machen… Wahrscheinlich war es genau das, was die anderen Level 0 denken nicht zu können. Ihr geschickter Umgang mit ihrem Computer hatte schon oft ihren Kameraden geholfen und nicht nur denen. Viele Programmierer der Stadt hatten schon oft dieses unscheinbare Mädchen um Rat gefragt. Sie hatte sich schon einen Namen hier in der Stadt gemacht, auch wenn sie diesen so gut wie möglich geheim halten wollte. Nur die, denen sie geholfen hatte, wusste von ihrem sehr guten Umgang mit dem Computer. Sie hatte keine Lust, dass ihr Talent publik wurde und sie somit immer belästigt werden würde. Sie mochte es nicht im Mittelpunkt zu stehen und schon gar nicht es sich über ihren Kopf hinaus wachsen zu lassen. Andere Menschen würden sie wohl dann als bescheiden beschreiben… Auch Michizane ging ihr nicht aus dem Kopf. Immer wieder ertappte sie sich dabei wie sie an ihn dachte und sofort rot wurde. Natürlich hatte sie sich schon die Frage gestellt, ob sie in ihn verliebt war, es aber sofort in ihrem Geiste dementiert. Michizane war weder besonders gut aussehend, noch besonders nobel. Er war manchmal unsäglich arrogant, aber dann auch unglaublich freundlich… Seine Kommentare konnten manchmal so scharf wie ein Rasiermesser sein, aber andere Male so sanft wie eine Meeresbrise… Er ließ fast niemanden richtig an sich heran und seine Augen galten immer nur ganz allein Noriko Shirai… Jedem Tölpel war schon aufgefallen, dass der Level 5 regelrecht an dem kindischem Mädchen hafte. Ungefähr ein Viertel seiner gesprochenen Sätze handelten von ihr und immer wieder wenn er über sie sprach kam ein gewisser Glanz über seine Augen. Er war ganz klar schwer in sie verliebt und dieser Gedanke schmerzte Minori immer. Wahrscheinlich war sie doch in den Jungen verliebt. Er hatte ihr mehr als nur einmal die Haut gerettet und dabei immer wie ein strahlender Held in ihren Augen gesehen. Allein dieser Gedanke ließ wieder das Blut in ihr Gesicht schießen. Nein! Sie konnte unmöglich in ihn verliebt sein. Es war doch schon klar, dass er Nori liebte und Minori war kein Mädchen das sich die Mühe machte, sich falsche Hoffnungen zu machen. Doch wieder schmerzte ihre Brust an den Gedanken und wieder einmal musste sie in Erwähnung ziehen ob sie nicht doch unglücklich in ihn verliebt war…

„Minorin! Da bist du ja!“ Die Tsundere schrak zusammen und blieb abrupt stehen. Jemand hatte sich ihr genähert und da sie so sehr in Gedanken verloren war, hatte sie es nicht einmal bemerkt. Es war niemand anderes als Noriko Shirai… Versteht sie nicht falsch… Sie konnte dieses Mädchen sehr gut leiden. Ihre offene und kindische Art hatte Minori mehr als nur einmal die Laune gerettet und mit ihr konnte man einfach über jedes noch so verrückte Thema diskutieren. Ja, sie genoss die Zeit die sie mit dem Mädchen verbrachte, auch wenn jedes Mal wenn sie sich trafen ein sehr schwaches und dunkles Gefühl in ihr aufstieg. Es war so schwach, dass es gut von ihr währenddessen ignoriert werden konnte, aber doch war sie sich des Gefühles immer bewusst.

„Yo, Nori-chan. Was machst du denn hier?“ fragte sie sie erstaunt und schenkte ihr ein freundliches Lächeln. Das überglückliche Mädchen lächelte ebenfalls zurück. Sie hatte nicht ihre Schuluniform an, sondern trug ein ärmelloses Shirt auf dem ein großes rotes Herz abgebildet war und eine kurze Hose. Ihre Füße waren in rosane Schuhe gehüllt und über das Shirt trug sie ihre dunkelblaue Jacke mit Kapuze, das schon irgendwie zu ihrem Markenzeichen geworden ist.

„Ich habe nach dir gesucht… Ich war bei deiner Schule und habe deine Freundinnen gefragt wo die hin gegangen bist.“

Nori war auch Fujiwaras Freundinnen wohl bekannt. Eigentlich kannte fast jeder im 7. Distrikt und auch darüber hinaus das immer frohe Mädchen und es gab niemanden der sie nicht richtig ins Herz geschlossen hatte.

„Ach so?“ Minori war sichtlich erstaunt. Warum sollte denn Nori nach ihr suchen? Sollte sie nicht um diese Zeit mit Michizane unterwegs sein?

„Ja, ich möchte mit dir reden…“ Auch wenn sie grinste, wirkte sie irgendwie anders als sonst. Irgendwie… Ernster… „Ich habe sogar MichiMichi nichts gesagt, denn Nori möchte wirklich gerne über etwas sprechen…“ Das nette Mädchen deutete ihr auf einer nahgelegenen Bank Platz zu nehmen und die verblüffte Fujiwara kam dem nach. Zwar passierte viele Leute sie beide, doch keiner schenkte den Mädchen besonders Beachtung.

„Nori kommt gleich zum Punkt… Hast du MichiMichi lieb?“

Als ob es ein Reflex des langhaarigen Mädchens war, wurde sie sofort rot und sah zur Seite… Warum wollte sie gerade darüber reden? Jetzt erinnerte sie sich wieder. Es wirkte als ob es Jahre zurücklag, aber gab es da ja nicht diese ,Meisterleistung‘ die sich Michizane und Minori ausgedacht haben? Sie wusste immer noch nicht Recht, warum sie das vorgeschlagen hatte. Takeo hatte gemeint, dass sie gerne Zeit mit ihm verbringen wollte… Sie konnte nicht bestreiten, dass es schon stimmte und wer weiß… Vielleicht hatte sie auch eine gewisse Hoffnung verspürt um ihn in Sache Liebe doch umstimmen zu können. Doch sie war immer noch dem Mädchen eine Frage schuldig… Was sollte sie sagen? Die Wahrheit, oder eine Lüge? Was war dann die Wahrheit? Sie musste zugeben, dass sie schon etwas besonderes an dem Level 5 sah, aber gleich in ihn verliebt sein? War sie es? War sie in ihn verknallt? Sie holte tief Luft und sagte es:
„Ja…“ Ihr Gesicht war nun so rot wie eine Tomate und doch spürte sie wie ein gewaltiger Stein von ihrem Herzen gefallen war. Sie fühlte sich auf einmal sehr leicht und registrierte im Moment nicht richtig was sie überhaupt gesagt hatte… Noris Gesicht änderte sich bei dieser Enthüllung nicht. Immer noch lächelte sie fröhlich, nur hatten sich ihre Augenbrauen um einige Millimeter erhöht.

„Das ist doch toll! Dann freu ich mich für MichiMichi!“ Sie umarmte das schwarzhaarige Mädchen…

„Pass gut auf ihn auf…“ flüsterte sie ihr ins Ohr und erst jetzt hörte sie es… Den Schmerz in ihrer Stimme und Minori wurde nun auch etwas anderes klar. Sie wusste nicht ob das Mädchen es selbst wusste, aber doch glaubte sie es zu wissen. Auch Nori war in Michizane verliebt… Entweder konnte sie diese Gefühle nicht selber einordnen können, oder sie wusste es schon, traute sich aber nicht es ihm zu sagen… Sie wusste es nicht… Nori wirkte nicht für sie wie ein Mädchen, das nicht offen über ihre Gefühle sprach… Aber sie war auch nicht ein Mädchen, das sonderlich erwachsen war… Jedenfalls tat sie mal nicht erwachsen. Jedoch wusste Minori, dass Michizanes Sorgen unbegründet waren. Nori liebte ihn auch. Nicht nur als besten Freund… Nein, für Nori war Michizane der wichtigste Mensch auf der Welt und diese Erkenntnis rief tiefste Traurigkeit und Reue hervor. Sie allein hatte diesem lieben Mädchen diese Schmerzen zugefügt die sie jetzt fühlte und irgendwie genoss sie ein wenig ihr Leiden. Der Dämon namens ,Neid‘ in ihr wälzte sich genüsslich im Leiden von Nori…

„Tut mir Leid…“ murmelte Minori und Tränen begannen sich zu formen…

Nori wich erstaunt zurück. Unter ihren nassen Augen konnte sie sehen, dass sich ebenfalls Noris Augen ein wenig wässrig waren.

„Michizane… Er…“ Sie wusste nicht richtig wie sie weiterführen sollte… Sie wollte ihr die Wahrheit sagen. Sie wollte ihr sagen, dass Michizane nicht in sie verliebt war, sondern in Nori und dass die ganze Farce nur dafür da gewesen war um Noris wahre Gefühle herauszufinden. Jetzt hatte Minori sie herausgefunden, aber zu welchem Preis? Sie hatte sich selber und diesem nichts böse wollendem Mädchen Schmerzen zugefügt. Aber sie sagte ihr nicht die Wahrheit… Sie konnte es nicht… Schnell war die anfängliche Ausrede, dass es Michizanes Aufgabe war es ihr zu sagen, zerschmettert, denn sie wusste sehr wohl, warum sie es nicht tat. Wenn sie ihr jetzt die Wahrheit sagen würde, wären alle Hoffnungen auf ein Beisammensein mit Michizane vernichtet und dies wollte sie nicht…

„Er… Wird dich schon nicht vergessen Nori… Für ihn wirst du immer noch seine beste Freundin bleiben und ich werde mich überhaupt nicht an deine Anwesenheit stören…“

Nori sah sie verwundert an, ehe wieder ihr altbekanntes unbekümmertes Lächeln ihre Lippen zierte.

„Natürlich wird er das nicht und sollte er es tun, würde er schon was von mir zu hören bekommen. Ich wünsch euch beiden viel Glück und wenn ihr Kinder bekommt, dann lasst mich aber dann Tante Nori sein, ok?“

„Kinder?!“ Minori wurde wieder knallrot… So weit hätte sie nicht gedacht, auch wenn sie tatsächlich mit ihm zusammenkommen würde.

„Wieso denn nicht? Zu jeder Liebesbeziehung gehören Kinder!“ erklärte Nori stolz nickend und sie stand auf.

„Ich würde euch raten sofort die Wahrheit zu erzählen. MichiMichi hat mir nämlich schon gesagt, dass er dich ganz doll lieb hat.“

„Okay…“ Sie bekam ein schlechtes Gewissen und wagte es nicht einmal in Noris Augen zu blicken. Sie verfluchte ihr feiges und egoistisches Verhalten und wünschte sich in die Zeit zurückversetzt wo sie noch nicht über ihre Gefühle im Klaren war. Bis jetzt hatten sie ihr nur Schwierigkeiten bereitet, aber sie loslassen wollte sie auch nicht…

„So dann… Ich meld mich dann mal bei MichiMichi. Heute darf ich ihn mir ja noch ausborgen?“ fragte sie die Zunge rausstreckend und Minori nickte nur. Das Mädchen holte mir frohen Mutes ihr Handy heraus und schien Michizanes Nummer zu wählen… Minori fühlte sich schlecht… Sehr schlecht sogar… Sie hatte gerade so etwas dummes angestellt, dass sie sich schon fragte wer kindischer von den beiden war. Immer noch hatte sie die Chance das Blatt zu wenden. Immer noch konnte sie dem Mädchen die Wahrheit sagen… Sie tat es aber immer noch nicht. Eine innere Wut machte sich in dem Mädchen aus und sie begann sich selbst für ihren Egoismus zu hassen, aber gleichzeitig umarmte sie ihn… Sie gab einfach nicht die Hoffnung auf mit ihm zusammenzukommen… Dieser Junge sollte sich glücklich schätzen, dass überhaupt ein Mädchen in ihn verliebt war. Gleich 2 hatte er nicht verdient!

„Komisch…“ holte Nori sie aus ihren nervigen Gedanken. Sie sah ihr Handy verdutzt an:
„MichiMichi hat sein Handy ausgeschaltet. Er hat es nie ausgeschaltet, damit er immer auf ein Anruf von mir antworten kann… Da stimmt was nicht…“

Minori horchte auf. Anhand der Tatsachen, dass Michizane mal nicht an sein Handy her an geht, muss doch nicht unbedingt was stimmten? Aber Noris sorgenvolles Gesicht erwachte auch in Fujiwara ein beschleichendes Gefühl:

„Wie meinst du das? Es kann doch sein, dass er vergessen hat es einzuschalten, oder einfach nur, dass es leer ist.“

Nein… MichiMichi hat mir versprochen immer erreichbar zu sein und er war es auch immer. Etwas ist geschehen Minorin, ich spüre es.“

Minori erinnerte sich an das komische Gefühl, das sie die ganze Zeit verfolgt hatte. Könnte es damit zu tun haben?

„Wir sollen uns erstmal umfragen, ob jemand ihn heute gesehen hat. Ich rufe die anderen der Abteilung an, während du seine Schulfreunde anrufst.“ Jetzt verstärkte sich auch diese Sorge bei ihr. Wenn es stimmt, was Nori sagt, dann stimmte tatsächlich etwas nicht.

So verbrachten sie also die nächsten Minuten damit sich umzuhören. Niemand hatte ihn gesehen. Weder Takeo, noch Tamura. Bei keinem hatte er sich auch gemeldet. Sie beide hatten natürlich gefragt was los war und sie hatte auch dementsprechend geantwortet, aber die Beiden schienen diese Sorge nicht sonderlich teilen zu wollen.

„Er ist ein großer Junge, der gute Michizane. Er kann mal auch einen Tag ohne seine ewigen Begleiter verbringen…“ Es klang logisch und eigentlich hätte Minori ihm zugestimmt, wenn nicht dieses merkwürdige Gefühl in ihr herrschte…

„Wie ist es bei dir ergangen?“ fragte sie Nori.

„Nicht gut. Bejimo-chan, Chieko-chan und Kyou-chan haben ihn nur in der Schule gesehen. Kyou-chan hat mir aber gesagt, dass er sich merkwürdig benommen hatte und Nori glaubt, dass sie etwas weiß es mir aber nicht sagen will.“

Plötzlich schien Nori eine Idee zu kommen. Ihr Gesicht wurde bleich und Entsetzen schien sich breit zu machen…

"Kihara… Er war vorgestern bei der bösen Kihara. Sie hat ihm etwas gesagt… Er…" Minori konnte ihren Augen kaum trauen. Sie hatte dieses Mädchen noch nie in dieser Verfassung gesehen. Ihr Gesicht war eine Maske des Entsetzens. Sie begann zu hyperventilieren und ihre Beine schlotterten so stark, dass sie bald das Gleichgewicht verlieren würde.

"O…Oi?!" rief Minori erschrocken aus und packte das panikierende Mädchen an den Schultern. Was meinte sie damit? Und warum rief dieser Name, Kihara, solches Entsetzen bei ihr auf?

"MichiMichi… Nori glaubt sie weiß, was er tut. Er will wieder alles alleine machen… Er hat Nori wieder in Stich gelassen…" Ihre Stimme klang schrill und panisch. In Minori selber begann die Panik aufzusteigen, denn sie wusste nicht richtig wie sie handeln soll.

"Hör zu!" versuchte sie das arme Mädchen zu beruhigen, "Wir gehen jetzt ins Judgmentbüro und schauen da auf dem Computer nach wo er ist!"

Tatsächlich begann das aufgeregte Mädchen sich zu beruhigen und sah sie mit hoffnungsvollen Augen an.

"Wirklich?"

"Ja, du wirst es vielleicht nicht glauben, aber Fujiwara-sama hier, kann sehr gut mit Computer umgehen. Ihn in all den Bildern von Überwachungskameras zu finden ist für mich ein Kinderspiel."

Nur gut, dass sie den Anstand hatte und diese Kenntnis nicht missbrauchte. Nori nickte und wieder schlich sich ein Lächeln auf ihre Lippen, auch wenn sie wieder etwas zittrig auf den Beinen war. Was auch immer diese Kihara war, dachte sich Minori, damit sie so einen Schrecken bei diesem eigentlich unbekümmerten Mädchen hervorrief, musste sie schon eine schreckliche Person sein…
 

Einige Zeit später waren sie auch schon im verlassenem Büro und sie beide warteten bis der Computer endlich hochgefahren war. Sie musste diesen benutzen, denn nur mit ihm hatte sie die Rechte die ein Mitglied von Judgment innehatte. Mit ihrem Laptop wäre es ihr möglicherweise ein leichtes gewesen sich in das System der Bildungsstadt zu hacken, aber sie wollte kein unnötiges Risiko eingehen und für so etwas wie Videos von Sicherkeitskameras zu sehen, war dieser Computer mehr als genug. Es dauerte auch nicht sonderlich lange und schon war sie im Server von Judgment. Auch wenn diese Organisation zur Sicherheit der Stadt diente, war es nur das schwächste Organ und somit hatten ihre Mitarbeiter nur begrenzte Rechte. Eigentlich durften sie nur das Register der Schule und öffentliche Überwachungskameras zu Rate ziehen. Dies würde ihr aber mehr als genügen. Sie gab in das Programm Michizanes Foto ein und befahl ihm überall in der Bildungsstadt nach diesem Gesicht zu suchen. Ein Leichtes für die fortschrittlichen Programme dieser weitentwickelten Stadt. Nori stand die ganze Zeit unheimlich nervös neben ihr. Sie konnte ihren aufgeregten Atem im Nacken spüren und sie merktewie ihre Fingernägel sich in ihren Sessel krallten. Nach ungefähr einer Minute angespannten Schweigens fand das Programm tatsächlich Kameras die Michizanes Gesicht während der angegeben Zeit - seit Michizanes Schulende - aufgezeichnet haben. Man konnte förmlich Noris aufgeregten Herzschlag vernehmen und auch Minori lief langsam den Schweiss hinunter. Wie es schien war er irgendwo unterwegs gewesen. Sein Gesicht war die ganze Zeit über angespannt gewesen und ein starkes Runzeln seiner Stirn ließ auf schwere Gedanken in seinem Kopf schließen. Sie folgten ihm also eine Weile lang dem vergangenen Michizane über viele Kameras entlang, bis er schlussendlich stehen blieb. Er befand sich in einem abgelegenem Teil des siebten Distrikts und die naheliegenste Kamera war ungefähr 100 Meter entfernt, so dass man sein Gesicht nicht ganz ausmachen konnte. Nachdem Minori auf eine andere Kamera gewechselt hatte, die zwar genau soweit entfernt war, aber von der anderen Straßenseite aus filmte, konnten sie auch sehen wo er stehen geblieben war. Ein unscheinbares und verlassenes Haus zwischen zweier Stahlriesen. Er zögerte lange, aber dann betrat er das Haus.

"DA!" schrie Nori und lief sofort Richtung Ausgang. Sie war angespannt und blickte ungeduldig auf Minori, die sich noch nicht gerührt hatte.

"Warte… Ich muss noch sehen, ob er das Haus verlassen hat. Nori stöhnte ungeduldig, lief aber nicht sofort los. Minori spulte die Aufzeichnungen vor und gerade als sie sich die akutellen Aufzeichnungen näherten und immer noch keine Menschenseele das Haus verlassen hatte, hörte sie etwas… Es war weit entfernt, aber doch immer noch zu hören… Eine Explosion…

"Was war das?" fragte Nori erschrocken und Fujiwara, die das Schlimmste schon befürchtete, spulte weiter nach vorn. Bis zu den Aufzeichnungen vor einigen Sekunden und diese Befürchtungen hatten sich bewahrheitet.

Das Haus war explodiert. Glücklicherweise war niemand in der Gegend gewesen, aber dieser Gedanke spendete den beiden Mädchen wenig Trost.

"Nein…" murmelten beide gleichzeitig. In zwei Schritten war Nori schon wieder vor dem Bildschirm, packte die Ränder und schüttelte daran.

"Nein… Das kann nicht sein…" Ihre Stimme ging langsam in ein Schluchzen über und Minori selber war fassungslos… Sie konnte ihren Augen kaum glauben. Die Kamera zeigte ihnen inzwischen das was zur Zeit passierte. Die Feuerwehr war eingetroffen und machte sich daran das Feuer zu löschen. Sie beide standen einfach nur da und sahen ihnen zu. Beide hatten weder die Energie noch die Verfassung zum Ort des Geschehens zu eilen. Sie saßen da und hofften, dass die Feuerwehrleute keine ausgebrannte Leiche oder ähnliches aus dem nun gelöschten Haus raushievten. Stunden waren vergangen und sie sahen nur zu, als ob dies ein Horrrorfilm war, den sie gleichzeitig verabscheuten, aber trotzdem bannte. Es war schon dunkel draussen und sie beiden hatten kein Wort gewechselt.

Keine Leiche wurden aus dem Haus gezogen. Die Feuerwehrleute und die angeblichen Zeugen wurden von Anti-Skill befragt und gegen 20 Uhr war nur noch die Ruine und die Absperrungen Zeuge der Katastrophe die sich ereignet hatte. Niemand wurde verletzt… Das war der offzielle Bericht, aber trotzdem war eine Person an diesem Tag verschwunden…

Michizane Fujimoto…

"Wir müssen ihn suchen!" fing sich Nori wieder auf. Die neugewonnene Hoffnung hatte bei ihr neue Stärke gewonnen. Minori begann ebenfalls langsam wieder aufzuwachen. Dies waren die schlimmsten Stunden ihres Lebens geworden.

"Ja… Aber wie?" Die Müdigkeit begann langsam die Oberhand zu gewinnen… Bei Nori zeichneten sich ebenfalls erste Zeichen von Müdigkeit aus, aber trotzdem war sie immer noch voller Tatendrang.

"Nori wird sich schon was einfallen lassen… Wir… Nori… Ich…" Sie überlegte so stark, dass ihr Gesicht begann zu erröten und Minori musste wohl oder übel das Offensichtliche sagen:

"Wir beide sind jetzt zu müde um ihn zu suchen. Wir müssen uns ausruhen!"

"Nein! Wer weiß wie es MichiMichi im Moment geht. Jede Sekunde zählt, wir…" Sie rieb sich die Augen und ein Anfall von Müdigkeit ließ sie in Michizanes Sessel senken. Diese ganze Anspannung und die stundenlange Qual hatte die beiden die letzten Energiereserven gekostet, aber doch kämpften die beide erfolgreich gegen das Verlangen zum Schlafen an.

Minori raffte noch einmal ihre Energiereserven zusammen und setzte sich noch einmal an ihrem Computer. Sie hatte keine richtige Idee was sie jetzt noch tun könnte und somit sah sie sich ein wenig bei den Überwachungskameras um… Leider ohne großen Erfolg.

„Was ist das?“ fragte Nori plötzlich und deutete aus dem Fenster. Nicht weit entfernt von ihnen stieg eine Rauchwolke empor. Doch es war nicht dort, wo die vorige Explosion stattgefunden hatte.

„Noch eine Explosion? Oder ein Feuer?“

„Nori weiß was dort ist…“ Ihre Stimme begann wieder gespannt zu werden, „In dieser Richtung ist das Büro der bösen Kihara…“

Kihara… Dieser Name hatte schon lange etwas in ihr hervorgerufen, aber sie konnte es nie richtig einordnen, aber jetzt war es ihr wieder eingefallen! Das ,Kihara Research Institute‘! Schnell hatte sie die passenden Überwachungskameras und tatsächlich das imposante Gebäude stand in lichterlohen Flammen…

„Das ist MichiMichis Feuer… Nur sein Feuer hat diese Farbe…“

Minori hob ungläubig die Augenbrauen. Wenn dies wirklich stimmte, dann wusste sie nicht richtig was sie darüber denken sollte.

„Es stimmt was nicht mit ihm… Er ist anders… Das Feuer ist viel böser und aggresiver als sonst… MichiMichi ist nicht sich selbst…“

„Das erkennst du alles an seinem Feuer?“ fragte sie erstaunt. Nori nickte nur und in ihren ängstlichen Augen konnte sie das Feuer widergespiegelt sehen…

„Wir müssen dorthin!“ rief Nori und lief wieder einmal zum Ausgang.
„Warte!“ hielt ebenfalls wieder einmal Minori sie auf, „Wir haben keine Ahnung was uns dort erwartet. Alleine dorthin zu gehen ist zu gefährlich!“

Nori sah sie ungeduldig an, ging aber tatsächlich auf ihren Vorschlag ein:
„Nori wird sie anrufen!“ Blitzschnell hatte sie auch schon ihr Handy in der Hand…

„Sie?“

„Ja, eine andere Level 5…“
 

Fortsetzung folgt…

11. April II

Die Ruhe… Was für eine wunderschöne Phase des Lebens. Man war nur für sich allein und hatte nichts und niemanden der einen stören konnte. Leider war auch hier - wie bei so vielem im Leben - der Fall, dass dies viel zu wenig geschah. Jetzt aber, hatte ein gewisses Mädchen ihre wohl verdiente Ruhe. Sie hatte jetzt zwei Tage nur als Stress gehabt und zu welchem Preis? Damit sie eine Zeit lang nicht mehr Nachhilfe machen musste… Wie dumm hatte sie sich nur benommen? Sie hätte wissen müssen, dass es im Nachhinein einfacherer gewesen wäre nur diese langweiligen Nachhilfekurse zu besuchen und dann für den Rest des Tages konnte sie das machen, was sie am besten konnte: Nämlich sich ausruhen. Zugegeben… Im Nachhinein war sie aber zufrieden darüber gewesen, was sie vollbracht hatte und sie fühlte auch keine grosse Reue es überhaupt getan zu haben. Jedenfalls war das jetzt vorbei und sie hatte ihren Urlaub. Ganze freie Tage, wo sie nach der - leider - obligatorischen Schule, nichts mehr tun musste. So saß sie nun also in ihrem Zimmer und machte sich gerade für einen gemütlichen Fernsehabend fertig. Sie freute sich schon richtig im Sessel einzuschlafen und morgens nur noch müder zu erwachen. Sie zappte durch die verschiedene Programme und suchte nach irgendetwas worüber sie sich aufregen konnte. Auch sie brauchte ihre tägliche Dosis Adrenalin. Dies liess sich aber besser vor dem Fernseher machen, als im echten Leben. Hier war sie wenigstens im warmen und hatte es gemütlich. Vielleicht sollte es eine dämliche Talkshow, oder etwas von R*L werden…Gerade hatte sie tatsächlich etwas gefunden - irgendeine Quizshow mit einem dämlich aussehenden Kandidaten - und wollte schon anfangen sich die Hand vors Gesicht zu schlagen als eines der verhassten Geräusche ihres Lebens ertönte. Shina Yoshigawa musste grummelnd aufstehen. Sie war ein Mädchen in Oberschulalter mit etwas längerem als ihre Schulter schwarzem Haar, weinrote Augen und sonst dem Körperbau eines gewöhnlichen Mädchens. Eigentlich war nichts richtiges an ihr besonderes. Sie war weder sonderlich groß, noch besonders klein. Ihre Körpermaße waren auch nur Durchnitt und eigentlich wäre sie ein gewöhnliches Mädchen, wären da nicht zwei Sachen. Erstens war sie so ziemlich einer der faulsten Menschen der Bildungsstadt. Vermutlich verhinderte nur ihre Faulheit zuviel zu Essen, dass sie nicht fett wurde und ihre überdurchschnittliche Intelligenz, dass sie nicht verblödete. Aber diese Intelligenz hatte sie mehrmals schon verflucht. Durch sie wurde sie ein Level 5, womit wir zum anderen Aspekt kamen, der sie von der Masse der Schüler abhob. Sie war einer der fünf Level 5 dieser Stadt und wie oft hatte sie sich gewünscht, dass sie keiner wäre. Bis jetzt hatte es ihr nur Anstrengung und unnötige Mühe gebracht. Machthungrige Wissenschaftler die sie herausforderten. Dumme Schläger die dachten, dass sie sie besiegen könnten, da sie als die Schwächste der Level 5 galt und natürlich auch noch andere Level 5 die sie immer wieder gerne als Boxsack für ihre Kräfte nutzten. Sie verfluchte ihr Schicksal hatte sich ihm aber auch gleichzeitig gefügt…

Mittlerweile hatte das genervte Mädchen das Telefon erreicht. Mit unzufriedenen Augen betrachtete sie den Bildschirm ihres Handys und musste mit gemischten Gefühlen feststellen wer der Anrufer war…

Noriko Shirai… Dieses Mädchen… Shina hatte sie und ihren ewigen Begleiter Michizane Fujimoto vor zwei Jahren kennen gelernt, nicht gerade unter den besten Umständen. Seither führten die drei wohl eine Art Freundschaft. Ein paar Mal im Monat meldete sich dieses überaus anstrengende Mädchen bei ihr und bot ihr sich mit ihr zu treffen. Komischerweise hatte Shina nie dieses Angebot ablehnen können. Dies war eigentlich gegen ihre Natur, denn sie war dafür bekannt immer den einfachsten und geruhsamsten Weg zu gehen und mit Noriko Shirai als Führer würde sicher nicht dieser gewählt werden… Es lag wohl an der Ausstrahlung des Mädchens, das selbst den faulsten aller Menschen begeistern konnte. Sie hob ab in der Erwartung von einer fröhlichen Stimme begrüßt zu werden, was sie aber bekam war eine aufgelöste und angespannte Stimme. Sie erkannte sie sogar nicht sofort wieder und wollte schon fragen wer da an der andere Leitung war, als sie in diesem verzweifelten Ton, tatsächlich Noris Stimme ausmachen konnte:

"Shina-chan… Nori braucht deine Hilfe…" Ihre Stimme war wirklich ganz anders. Es war regelrecht besorgniserregend. Im Hinterkopf begann schon ihr innerer Schweinehund zu lamentieren und forderte sie auf aufzulegen, da dies nach großer Anstrengung roch, aber ihr Gerwissen obsiegte und sie fragte:

"Was ist los?" Sie hatte schon so eine schlechte Vorahnung. Ihr war natürlich nicht die ferne Explosion entgangen, hatte sich aber dabei nichts gedacht, aber jetzt…

"MichiMichi… ist verschwunden und jetzt… Etwas stimmt nicht…"

Und was mag das denn sein? Shina spürte aber, dass dies nicht über Handy zu regeln war und sagte:

"Erklär mir das später. Wo bist du im Moment." Sie bekam den Ort, Michizanes Judgmentabteilung, gesagt und ging ohne große Umschweife los. Sie packte nur ihre schwarze Jacke und zog sie sich schnell über. Diese Jacke war sozusagen ihr Markenzeichen… Den Fernseher ließ sie an.

Unterwegs begann aber sofort der faule Teufel in ihr, ihr ins Gewissen zu reden. Sie solle das doch einfach sein lassen. Es sei sicher nur ein kleiner Zoff zwischen den beiden und Nori wusste eben nur niemand anderes als dich anzurufen und alles würde sich regeln. Sie hätte jetzt genug Anstrengungen in einer Woche gehabt und sollte ihre verdiente Ruhepause genießen. Aber hinter Shinas harter und vor allem fauler Schale verbarg sich 'leider' ein gutes Mädchen und selbst sie konnte ein Mädchen in Nori nicht einfach so sich selbst überlassen. Ihr Instinkt sagte ihr, dass da weit mehr dahinter steckte als ein gewöhnlicher Liebesstreit.

Es war jetzt 21 Uhr als sie das Büro erreicht hatte und eintrat. Vor der Tür zögerte sie kurz, denn sie wusste, dass dies hier die Pforte zu einem anstrengenden und ermüdenden Rest des Tages war. Der Kampf gegen ihren Schweinehund war aber glücklicherweise kurz und siegreich und sie öffnete die Tür…
 

Drinnen waren zwei Mädchen, beide in ihrem Alter. Die Eine erkannte sie sofort als Nori wieder, auch wenn sie lange nicht die war, die sie kannte und lieb gewonnen hatte. Die Andere war ein Mädchen mit langen schwarzen Haaren, die ebenfalls aufgelöst wirkte. Das schwarzhaarige Mädchen saß vor einem Rechner und Bilder eines brennenden Gebäudes waren auf dem Bildschirm abgebildet.

"Shina-chan!" rief Nori mit einem müdem Lächeln als sie das Mädchen sah. Sie kam zu ihr und umarmte sie. Es war eine schwache Umarmung und dies hatte Shina weit mehr umgehauen als ob Nori mit enormer Kraft sie umarmt hätte. Das andere Mädchen sah sie erstaunt an. Das war also der fünfte Level 5? Das Mädchen, das als das achte Wunder der Stadt galt und so faul sein sollte, dass nur ihr gewaltiges Talent sie so weit gebracht hatte. Sie hatte sie sich anders vorgestellt… Irgendwie… Nicht so cool…

"Was ist passiert?" fragte Shina erschöpft, denn der schnelle Schritt den sie aufgelegt hatte, hatte sie ein wenig ausser Atem gebracht.

Nori erzählte ihr mit zittriger Stimme was die beiden in den letzten Stunden beobachtet hatte und bekam ebenfalls etwas zu Nelson gesagt.

"Ich kenne diesen Nelson…" merkte Shina an und die beiden Mädchen hoben interessiert die Blicke, "Ich bin ihm am Dienstag begegnet als er mich mit ein paar dieser 'Marionetten' angegriffen hatte… Ich wusste schon, dass etwas mit denen nicht stimmte… Warum muss das mich jetzt trotzdem verfolgen?" seufzte sie und setzte sich matt auf irgendeinen Stuhl. Ihr Kopf begann zu schmerzen. Das hätte sie wissen müssen. Natürlich musste dieser Nelson sie noch wie ein Poltergeist hinterherspuken. Jetzt lag es also wieder alles an ihr. Immer mussten die Verständigsten hinter denen räumen die kopfüber ins Geschehen stürzen. Natürlich musste sie zu denen gehören die einen klaren Kopf hatten. Sie seufzte noch einmal stark und bedauerte abermals ihr Schicksal, aber…

Was sollte man machen?

Mit einem Lächeln stand sie auf und sah die beiden mit einem Ausdruck an den sie nicht sooft trug und auch tragen würde: Sie war endlich entschlossen.

„Sollen wir? Wir müssen immerhin eine Prinzessin.“ Sie hustete, „… Ich meine natürlich euren Prinzen in Not retten…“ Beide Mädchen wurden ein wenig rot, mussten aber lächeln und sie verließen das Büro.

Wie Shina sagte: Es galt einen Prinzen in Not zu retten!
 

Endlich war die Zeit gekommen… Das ewige Warten würde sich endlich als bezahlt herausstellen… All das monatelanges Grübeln würde nicht umsonst gewesen sein… David C. Nelson war nicht für sein Temperament bekannt. Er galt als immer ruhig und gefasst. Sollte es auch noch so unerwartet sein, er würde immer seine gelangweilte Miene aufrecht erhalten können. Dies stimmte aber nicht für sein Inneres. Im Innern war er ein zorniges und hasserfülltes Monster, das nur wartete um zuzuschlagen. So war es auch hier in der Bildungsstadt der Fall gewesen. Vor 2 Jahren hatte er einem Projekt beigewohnt zur Förderung eines Level 5. Michizane Fujimoto war ein begabtes Kind gewesen und Level 5 war seine Zukunft. Doch natürlich wurde ihm nicht nur auf dieses Level geholfen um den Jungen einen Gefallen zu machen. Alle Wissenschaftler die diesem Projekt beigewohnt haben, hatten ein anderes Ziel. Fujimoto war nicht nur ein potentieller Level 5, sondern sogar ein potentieller Level 6. Im Grunde genommen waren ja alle Level 5 vom Potential her auch Level 6… Die Level 5 wurden ja nach dem Nutzen für die Wissenschaftler eingestuft, nicht nur nach ihrer Stärke. Auch wenn Michizane als nur Nr. 4 galt, hatte er dennoch bei einer gewissen Frau das Interesse geweckt. Kihara Kyouso. In kürzester Zeit hatte sie schon eine Schar von renommierten Wissenschaftler um sich gesammelt um den Jungen genauer zu untersuchen und eben zu fördern. Doch nach dem erreichtem Level 5 kamen nur Enttäuschungen. Der Junge wollte einfach nicht 'gedeihen'. Viele Wissenschaftler waren abgestiegen und hielten diese Unternehmung für eine Zeitverschwendung, bis eben nur noch Kihara selber und Nelson übrig war. Doch auch in ihm hatten sich bereits Zweifel gebildet. Trotz all dieser Rückschläge, hatte Kihara sich nie aus der Ruhe bringen konnten und war immer noch überzeugt von seinem Potential. Man musste ihm nur den richtigen 'Schubs' geben, hatte sie immer gesagt. Dieser war auch schon fast gekommen, hätte eine andere Level 5 nicht eingegriffen… Danach war Nelson die Idee gekommen… Er hatte schon über Jahre den Level Upper erforscht und die Möglichkeiten die er mit sich brachte. Bald schon hatte er eine eigene Technologie entwickelt… Wenn Level 0 auf höhere Level gebracht werden konnten, warum dann nicht auch Level 6? Das war sein Gedanke gewesen und heimlich hatte er Entwürfe hergestellt und sich Überlegungen gemacht. Er brauchte nur das passende Budget und die Kihara Familie hätte sie ihm bringen konnten. Doch Kihara hatte abgelehnt und ihn unter Andere auch noch gefeuert. Nach dem großen Rückschlag hatte sie das Projekt aufgegeben und Nelson nicht mehr für nützlich eingestuft. Nelson war ausser sich gewesen. Er hatte Jahre damit verbracht diese Technologie zu entwickeln und jetzt sollte er es aus dem Fenster schmeißen? Als Nelson gedroht hätte seine Technologie auf Michizane anzuwenden, egal was Kihara gesagt hätte, hatte sie ihn zerstört. Nicht physisch. Von heute auf morgen war Nelsons guter Name verschwunden, all seine Laboren auf dem Kopf gestellt und er wurde das Gespött der Wissenschaftler. Er wurde von der Bildungsstadt regelrecht 'verbannt'. Er verschwand vom Antlitz der Stadt und war ein Jahr lang nicht mehr gesehen.

Aber er war zurückgekommen und seine Rache würde grausam sein!
 

Alles brannte. Das Feuer leckte an allem was brennen konnte und der Rauch vernebelte einem die Sicht. Eigentlich sollte man keine Luft bekommen, aber Nelson hatte gewisse Vorkehrungen genommen. Sein Gesicht war in eine Gasmaske gehüllt und er bekam somit den Sauerstoff den er brauchte. Auch wenn man es unter seiner Maske nicht sehen konnte, war ein zufriedenes Grinsen auf seinem Gesicht. Vor ihm war seine Kampfmaschine gerade am Werk. Einige Meter vor ihm, umgeben vom Feuer, stand eine schwarze Gestalt. Man könnte sie mit einem Roboter vergleichen. Erst auf dem zweitem Blick konnte man erkennen, dass es ein Mensch war. Er trug eine Art Rüstung wie Soldaten aus Science-Fiction Filmen sie tragen würden. Sie war also sehr futuristisch. Ein Helm, ähnlich wie der eines Motorradfahrers, verdeckte das Gesicht und man konnte nicht erkennen wer sich darunter verbarg. Doch das Feuer, das seinen Befehlen gehorschte, hinterließen keinen Zweifel: Es war Michizane Fujimoto. Im Moment wirkte er aber eher einem Kampfroboter, als dem eigentlichen Level 5. Sollte man sein Helm abnehmen, würde man dort auch ein emotionsloses Gesicht erkennen. Man konnte es nicht abstreiten: Michizane Fujimoto war im Moment eine Maschine, deren Fernbedienung Nelson in den Händen hielt. Hinter den beiden trottete eine dritte Gestalt. Auch sie trug einen futuristischen Anzug, wenn auch nicht so stark gepanzert wie Michizanes. Ihr Gesicht war ebenfalls in eine Gasmaske gehüllt und wenn auch sie nicht gefühllose Augen hatte, so waren sie doch von tiefster Traurigkeit erfüllt. Sakura Shigemitsu hatte gewaltige Schuldgefühle… Michizanes jetziger Zustand war allein ihr Verdienst gewesen. Erst jetzt war ihr richtig bewusst, dass trotz seiner Arroganz, er sicher nicht ein böser Mensch war. Er schien stolz auf sein Status als Level 5 zu sein, aber er schaute nicht auf untere Level hinab. Immerhin war er gut mit ihrer Senpai befreundet und sie wusste, dass er mit dieser Level 2, Noriko Shirai, seit seiner Kindheit befreundet war. Sie aber war nur von ihrem Hass auf die Level 5 geblendet gewesen und was hatte er ihr jetzt gebracht? Diese Zerstörung… Sie war jetzt zwar bis auf Level 4 aufgestiegen, aber dafür musste sie immer noch diesen Anzug tragen und Nelson könnte immer wieder Besitz von ihr ergreifen… Verzweifelung machte sich in ihr breit und ihr blieb nichts weiter übrig als diesen beiden Monstern zu folgen.

Es waren keine Wachen da, oder sonst welche Lebewesen und doch stellte Nelson Michizane an alles im Gebäude zu verbrennen. Bis zu Kiharas Büro hatten sie Zeit, sie würde ihnen schon nicht weglaufen. Nelsons sonst so ruhiges Gesicht verzog sich zu einer hässlichen Fratze bei der Vorstellung an Kiharas schmerzerfülltes Gesicht. Sollten sich Anti-Skill oder sonst welche Hilfskräfte melden, würde eine Schar von seinen Marionetten unten auf sie warten und sie daran hindern das Gebäude zu betreten. Welcher Offizier würde schon auf Kinder schießen, während diese sie mit ihren Fähigkeiten bewarfen. Das, was er nicht wusste war, dass nie so etwas kam und die einzigen Eindringlinge die Wachen mit Leichtigkeit ausschalteten.

Früher oder später waren sie aber schon vor der Eichentür und mit Leichtigkeit verbrannte die Tür weg. Sie betraten Kiharas Büro. Gefolgt von dem Feuer, das sich wie eine Ameisenhorde schon im Raum ausbreitete. Mit freudiger Erregung erblickte Nelson Kihara. Doch enttäuscht stellte er fest, dass sich keineswegs Furcht in ihren Augen breitgemacht hatte. Nicht einmal ein Schweißtropfen lief ihr Gesicht hinab und als sie eintraten hob sie mit kleinem Erstaunem ihren Blick. Als ob nicht erwartete Gäste ihre Türschwelle betreten haben:

"Oh… So hatte ich mir das eigentlich nicht vorgestellt." sagte sie mit mildem überraschtem Ton und rieb sich die Nase. Nelson biss sich verärgert auf die Lippe, bis sie anfing zu bluten.

"Kihara Kyousu…"

"Das ist mein Name. Bist du das Nelson? Hach…" Mit einem freundlichem Lächeln sah sie ihn an und Nelson wurde bei diesem Anblick nur noch wütender, "Lange nicht mehr gesehen. Wie ist es dir denn letztes Jahr ergangen?" Nelson sagte nichts und sah sie nur wütend an. Jeden Moment würde er Michizane den Befehl geben anzugreifen. Sie redete aber unbeirrt weiter:

"Du bist aber fleißig gewesen. Wer war denn bitte so hirnrissig dir das ganze Geld aufzutreiben?" fragte sie mit gleichgültigem Ton, "… Ist nicht so wichtig, ich muss nur mit Bedauern feststellen, was du mit dem guten Michizane getan hast. Sieh ihn dir doch an, sollte etwa so ein Mensch leben?"

"Dass gerade du das sagst." erhob Nelson das erste Mal die Stimme. Langsam wich seine Wut und tatsächlich kamen Spure seiner üblichen Gelassenheit zurück, "Ich habe das geschafft, was du nicht konntest. Hier ist er, ein Level 6!" Er deutete triumphierend auf sein 'Meisterwerk', das wie versteinert da stand und nichts tat.

"Ist er denn das? Das, was ich bis jetzt gesehen habe war nicht sonderlich beeindruckend."

"Noch nicht… Aber bald… Sobald sich sein Bewusstsein komplett mit dem Computer in der Rüstung verschmolzen hat. Dann hat er die Kapazität von Tree-Diagramm…"

"Ach komm mir nicht mit diesem veraltetem Modell…" unterbrach Kihara ihn, "Es braucht schon viel mehr als Tree-Diagram um einen Level 6 zu machen. Das Einzige was du vollbringen wirst ist, dass Michizane sterben wird. Mehr nicht…"

"Das wirst du schon sehen!" schrie Nelson wutentbrannt. So schnell er seine Fassung wiedererlangt hatte, hatte er sie auch schon verloren. Er holte sein Tablet hervor und dies war der Moment einer gewissen Person zur Handlung. Ehe er auch nur etwas tun konnte, flutschte ihm das Tablet aus der Hand und landete in der der 4 Person im Raum. Die, die Nelson ganz vergessen hatte.

"Nein!" schrie sie und sah ihn tränenüberströmt an, "Das lasse ich nicht zu. Sie zitterte und ihr ganzer Körper war wie gelähmt vor Angst. Sie hatte ihn viel zu viel durchgehen lassen in der Hoffnung sie zu einem besseren Esper zu machen, aber soweit würde sie ihn aber nicht gehen lassen.

"Sakura!" Nelson war ausser sich. So zornig war er noch nie in seinem Leben gewesen, "Gib mir es sofort zurück. Wer hat aus dir einen Level 4 gemacht? Wer hat dich gerettet, als du dir das Leben nehmen wolltest? Wer hat die wieder Hoffnung gemacht? Ich!" Sakura musste unwillkürlich zusammenzucken. Für einen kurzen Moment war sie der Überzeugung gewesen, dass es stimmte was er sagte. Er hatte ihr noch gesagt, dass sie auf Level 5 hochkommen könnte, wenn sie wollte. Wenn sie ihn jetzt verraten würde, wäre all dies umsonst. Aber dies war nur für kurz…

"Ich habe genug von deinem Wahn. Ich bleibe dann lieber Level 0, als sein Blut und das Anderen auf meinen Händen zu haben. Ich werde…" Doch sie kam nicht zu Ende. Sie spürte nur wie alles aus ihr herausgesaugt zu kommen schien und sie verlor wie Michizane das Bewusstsein. Nelson stand da und hielt eine Art Fernbedienung in der Hand. Immer noch kochte er vor Wut. Eigentlich hatte er entschieden dieses Mädchen für eine Weile zu behalten, aber jetzt…

"Das war aber herzallerliebst…" kommentierte noch Kihara und Nelson verlor die Fassung.

"Spring ins Feuer!" schrie er das Mädchen an und riss das Tablet aus ihrer Hand, "Sterbe so wie du eigentlich hättest sollen. Indem du dir selber das Leben nimmst!" Das Mädchen setzte tatsächlich auch zum Sprung an, als…

Der obligatorische Retter in Not kam… Ein lauter Krach ließ fast alle im Raum das Gleichgewicht verlieren. Nur Michizane und Kihara waren in ihren jetzigen Positionen geblieben. Direkt hinter Kihara hatte etwas großes die Fenster durcbrochen. Es war eine große Stahlplatte und auf der standen drei Menschen. Na ja eigentlich nur Eine. Die anderen beiden Mädchen schienen an der Platte festgeklebt zu sein, so wie sie da lagen. Die Person die aber stand musste einmal kurz gähnen. Ihre schwarze Jacke flatterte lässig im Wind und sie wirkte schon wie eine Superheldin.

Shina Yoshigawa war angekommen…
 

Fortsetzung folgt…

11. April III

Seufzend stieg Shina von ihrem ,Transportmittel‘ hinunter. Die armen Mädchen lösten sich langsam auch von der großen Stahlplatte und torkelten hinunter:
„Nochmal…“ Nori war die erste die sich wieder fangen konnte. Sie wirkte ein wenig benommen, aber sonst hatte es ihr anscheinend Spaß gemacht. Minori sagte nichts, sie konzentrierte sich wohl voll und ganz sich nicht zu übergeben. Wie waren sie drei also hier hoch gekommen? Nun, das war ganz einfach und ihr habt es euch sicher schon gedacht: Durch Shinas Fähigkeit Magnetism. Wie der Name schon sagt war Magnetism eine Fähigkeit, die es dem Anwender erlaubt, den Magnetismus zu kontrollieren. Auf Level 5 kann jedes Metall magnetisiert und somit in horizontaler Richtung (vom Anwender aus horizontal) oder halbkugelförmig weggeschleudert oder angezogen werden. Außerdem ist es möglich sich selbst zu magnetisieren, um an Wänden hoch zu laufen. Die Fähigkeit wirkt auf Elektronenebene. Na ja, Theorie und Praxis waren ja bekanntlich nicht das Selbe. Man musste schon ihre Fähigkeit selbst erlebt haben, wie es eben die beiden Mädchen getan hatten.

Vor den Toren des brennenden Gebäudekomplexes hatte Shina ihnen ihren Plan mitgeteilt. Ehe sie sich schon versehen hatten, kam eine gewaltige Stahlplatte auf sie zugeflogen und war einige Meter vor Shina zu Boden gesunken. Glücklicherweise war in der Nähe eine Baustelle gewesen, wo sie genügend Material auffinden konnte. Als das mächtige Mädchen sie beide noch angewiesen hatte sich auf die Platte zulegen hatte sie sie noch gefragt ob sie irgendetwas metallenes tragen würden. Nori hatte einen Gürtel getragen und Fujiwara hatte ihres Wissens nichts an. Immer noch nicht hatten sie recht gewusst wie ihnen geschehen würde und Shina hatte improvisieren müssen. Von der nahegelegenen Baustelle hatte sie etwas Draht mitgenommen und es in Plastik eingehüllt das dazu diente Material in der Baustelle zu schützen. Dann hatte sie diesen improvisierten Gürtel um ihre Hüfte geschnallt und sie beide hatten sich endlich hinlegen konnten, obwohl sie immer noch nicht richtig wussten warum. Ehe sie sich richtig versehen haben, drückte eine gewaltige Macht an ihnen und drückte sie gegen die Stahlplatte. Es war nicht schmerzhaft, aber unangenehm gewesen und Shina hatte ihnen erklärt, dass sie durch Magnetismus an dem Metall ihrer Kleidung, beziehungsweise den Draht an die Stahlplatte fest magnetisiert waren. Sie selber stand nur majestätisch auf der Platte und schon wurden sie in Bewegung gesetzt. Die Stahlplatte wurde von dem metallenem Gebäude angezogen und so waren sie also schon auf geradem Weg Richtung Büro von Kihara gewesen…

Jetzt waren sie also hier und die Insassen des Raumes konnten sie nur mit verschiedenen Ausdrücken bestaunen. Nelsons Gesicht war komplett aufgelöst und sein Gehirn brauchte wohl seine Zeit um zu erkennen was geschehen war. Sakura und Michizane sahen sie nur emotionslos an und Kihara hatte sich nicht einmal umgedreht als sie so laut eingetroffen waren.

Nori ließ das erste Mal genau den Blick umschweifen. Sie war noch nie in diesem Raum gewesen. Sie hatte ihn sich immer als… Ort des Grauens vorgestellt und auch wenn ein Großteil inzwischen von den Flammen verschlungen war, konnte man die ehemalige Pracht noch erkennen… Auch wenn sie nur den Rücken der Frau sah, so machte sich Zorn in ihr breit als sie sie sah… Sie sagte aber nichts, denn ihr Blick fiel sofort auf etwas anderes. Michizane… Auch wenn er in dieser hässlichen Rüstung war, wusste sie sofort, dass er es war. Aber er war nicht ihr MichiMichi… Sie spürte förmlich, dass seine sonst so vertraute Aura verschwunden war und nur noch Kälte von ihm ausging. Eine Gänsehaut breitete sich auf ihren Rücken aus und instinktiv wich sie ihren Blick von ihm ab. Dadurch fiel dieser auf Minori. Ihr Gesicht war ganz blass und ihre Augen waren von Entsetzen weit geöffnet. Das war nicht nur wegen Michizane so… Ihre Augen waren auf eine ganz andere Person gerichtet. Dem Mädchen, das Nori noch nicht richtig beachtet hatte. Aus ihren Augen war die selbe Kälte zu vernehmen, wie von Michizane und wieder einmal bekam sie eine Gänsehaut.

„Sakura-chan…“ murmelte sie und ihr wurde alles klar. Diese Botschaft, die sie vor einigen Tagen von ihr erhalten hatte, dass es ihr genug sei und sie für eine Weile verschwinden würde… Also hatten sich ihre schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet und sie war tatsächlich unter diesen Level 0. Doch auch Michizanes Aussehen schockierte das Mädchen und sie fand die beiden Menschen die sie liebte in diesem Zustand vor… Das war zuviel für sie und sie wich zwei Schritte zurück. Das anfängliche Selbstbewusstsein war spurlos verschwunden und sie fragte sich wirklich wie da noch ein gutes Ende gefunden werden konnte. Doch das Mädchen, was eigentlich am verzweifeltsten sein sollte, zeigte den Mut den es brauchte um weiterzumachen. Sie nahm Minori an beiden Händen und drückte sie fest. Nori hatte ein aufmunterndes Lächeln aufgesetzt, aber man erkannte sofort, dass dieses Selbstbewusstsein schon anfing zu zerbröckeln:
„Nur Mut Minori-chan. Wir können beide retten! Gemeinsam schaffen wir es und wir haben immer noch Shina-chan.“

Diese zuckte bei Erwähnung ihres Namens zusammen. Auch sie hatte die Situation etwas genauer gefasst und hatte festgestellt, dass sie alles andere als gut war. Ein Level 5 und eine andere Esper war in vollkommener Gewalt eines verrückten Wissenschaftlers und der Raum wo sie sich befanden war komplett in Flammen und zu allem Überschuss war im näherem Umkreis kaum Metall vorhanden. Immer schwieriger gestaltete sich die Aufgabe die sie sich vorgenommen hatte und sie konnte wieder einmal sich nur über ihre Dummheit ärgern. Das währte aber nicht lange, denn immerhin hatte sie ein Versprechen gegeben. Sie gab vielleicht nie viele Versprechen, aber die, die sie gab, hielt sie auch!

„Ja… Das wird schon irgendwie werden.“ sagte sie mit weniger Zuversicht und beobachtete misstrauisch das schwarze Monster, das Michizane gewesen war. Nelson hatte sich mittlerweile endlich wieder zusammengefasst und sah Shina wutentbrannt an. Er war ganz anders als damals, als sie ihn vor einigen Tagen begegnet hatte, wo er sie angegriffen hatte mit einer Gruppe seiner Esper.

„Du! Ich dachte, du wärest zu faul um dich um so etwas wie das hier zu kümmern! Also warum bist du hier?!“

„Eigentlich bin ich das, aber ich hatte das Pech die beiden Menschen kennengelernt zu haben.“ Sie deutete auf Michizane und Nori, „Hinzu kommt, dass ich sie auch noch lieb gewonnen habe und deswegen bin ich jetzt gegen meinen Willen hier. Tut mir Leid, aber wie es aussieht, musst du noch einmal von mir fertig gemacht werden!“

Das klang doch recht annehmbar für eine ihrer ersten Reden als Held. Sie musste nur hoffen, dass sie es nicht zu oft machen musste. Den gewünschten Effekt hatte es ihr bereits gebracht. Nelsons Gesicht brannte vor Wut und er zischte Michizane zu:
„Töte sie!“ Jetzt war der Moment wohl, wo es brenzlig werden würde. Michizane hob den Arm und ihr blieb nichts anderes übrig als auszuweichen. Bevor Nori und Minori möglicherweise von den kommenden Flammen erfasst wurden, nutzte Shina noch einmal das Metall an ihren Körpern, sodass die beiden von einem Kleiderständer seitlich von ihnen angezogen wurden und in Sicherheit waren. Sie selber sprang nach hinten.

Aus dem Fenster.

In gähnende Leere.

Sie aber ließ sich nicht aus der Ruhe bringen fiel ein paar Meter. Sie sah wie das Feuer aus dem Fenster geschossen kam und langsam verschwand. Im nächstem Moment sprang aber etwas anderes aus dem Fenster. Michizane setzte ihr nach. Sie lächelte und sozusagen das erste Mal in ihrem Leben floss Adrenalin durch ihr Körper. Sie mochte das Gefühl jedenfalls nicht…

Während die beiden der Schwerkraft ausgesetzt waren und immer weiter fielen, begann ein Kampf zwischen zwei mächtige Wesen.

Während dieses Duell der Giganten draussen langsam ihren Lauf an, begann im selben Raum ein anderer Kampf… Zwar kam durch das zerstörte Fenster noch genug Sauerstoff in den Raum, aber die Hitze stellte sich als unerträglich da und der Dampf verschleierte öfters einem die Sicht und ließ einen mehr als einmal husten. Nori und Minori waren allein. Sie standen gegenüber von zwei Gegnern von denen eine, eine Level 4 war. Kihara war anscheinend nur Zuschauer. Da sie sich zwischen den Fronten befand, stand sie auf und war gemächlich zur Seite gegangen. Aus ihrem tückischem Mund war nichts gekommen und niemand hatte Anstalten gemacht sie aufzuhalten. Genau in dem Moment als sie sich gegen einen heilen Teil der Wand lehnte, ging der Kampf los. Doch es war nur ein Duell. Nur zwei der Vier hatten immerhin die Möglichkeit zum Kämpfen und diese nutzten diese beiden Personen auch voll und ganz aus.

"Bleib du hier…" sagte Nori mit bitter ernster Stimme, dessen Klang Minori mehr als nur verstörend empfand. Ihre Augen waren ganz allein auf Nelson gerichtet. Er war es der MichiMichi kontrolliert. Würde sie ihm diese Fernbedienung, oder Tablet aus der Hand reissen, dann wäre er gerettet. Shina tat ihren Teil indem sie MichiMichi beschäftigte, dies war ihr in dem Moment bewusst gewesen, als sie nach draussen gesprungen war. Die schwarze Gestalt war nicht MichiMichi. Diese Rüstung war derjenige der kämpfte, nicht er. Er war nur sozusagen die 'Waffe' dieser Rüstung. Sollte es ihr also gelingen, die Rüstung auszuschalten, dann wäre MichiMichi wieder da. Doch jemand turmte sich vor ihrem heiß begehrtem Ziel auf. Jemand, der ebenfalls kontrolliert wurde und um ihr Ziel zu erreichen, musste sie diesen jemand bezwingen. Das kindliche Mädchen mochte das gar nicht. Dieses Gefühl, eine Person als Hindernis anzusehen, das zu bewältigen galt. Immer wieder musste sie sich einreden, dass das nur die einzige Möglichkeit war, dass sie Sakura nicht zu töten hatte. Sie musste sie nur ausser Gefecht setzen… Mehr nicht…

Als ob das so einfach wäre. Bevor Nori wusste wie ihr geschah, begann schon der Boden unter ihren Füßen sich zu entfernen und sie brauchte viel zu lange um festzustellen, dass sie schwebte und das gegen ihren Willen. Schon wurde sie mit voller Wucht gegen einen brennenden Schrank geschleudert. Fern hörte sie Minoris entsetzten Aufschrei, aber zum Aufprall kam es nicht. Einige Zentimeter vom Feuer war Nori stehen geblieben. Man konnte fast meinen, dass Sakura sie aus einer Laune heraus verschont hatte, aber dem war nicht so. Nori war dafür verantwortlich. Schweißgebadet konzentrierte sie jeden einzelne Zelle in ihrem Gehirn darauf gegen Sakuras Telekinese anzukämpfen. Wie sie das schaffte? Mit Telekinese. Doch ihre Telekinese war viel schwächer als die der Level 4 und lange würde sie diesen Machtkampf nicht aufrecht erhalten können. So wechselte sie blitzschnell ihre Fähigkeit. Sie verschwand spurlos und tauchte einige Meter entfernt neben Kihara wieder auf. Weder erschrak diese, noch würdigte sie Nori eines Blickes. Schwer atmend starrte Nori sie mit gemischten Gefühlen kurz an, ehe ihre Aufmerksamkeit sich wieder ihrer Gegnerin wandte. So schnell hatte sie es noch nie geschafft die Fähigkeit zu wechseln und das hatte sie stark erschöpft. Ja, Nori war sozusagen eine Art Multi-Skill, jemand mit verschiedenen Fähigkeiten. Im Grunde genommen war es aber etwas ganz anderes. Sie hieß Mimik und erlaubte ihr die AIM-Felder anderer Esper nachzumachen. Sobald sie also eine Form der Personal Reality 'gespeichert' hatte, konnte sie diese immer wieder aufrufen und dies erlaubte ihr den Einsatz von verschiedenen Fähigkeiten. Natürlich gab es auch Einschränkungen. Erstens, jede neu erlernte Fähigkeit startete bei Level 0, das heißt sie hat wahrscheinlich hunderte Fähigkeiten in Petto, aber nur ein kleiner Teil davon konnte sie richtig einsetzen. Der Level konnte in zwei verschiedenen Fällen ansteigen. Erstens, wenn sie die Person, die eine bestimmte Fähigkeit besaß immer öfters begegnetete, so fiel es ihr leichter sich immer besser diese Fähigkeit anzueignen und der Level konnte theoretisch somit schneller steigen. Oder sie nutzte die Fähigkeit einfach sehr oft und trainierte somit darin. Jedenfalls trotz der Unglaubhaftigkeit ihrer Fähigkeit war sie nur Level 2. Das heißt ihre stärksten Fähigkeiten waren nur auf Level 2… Telekinese war glücklicherweise unter ihnen, da es so viele dieser Esper in der Stadt gab und sie tagtäglich einem ob ungewollt oder gewollt über den Weg lief. Teleport war selber eine, da ihre Tante, Kuroko Shirai, ebenfalls über diese Fähigkeit verfügte und Pyrokinese… Das musste sicher nicht erklärt werden. Andere stark verbreitete Fähigkeiten wie Electromaster und Telepathie waren auch Level 2 und viele weitere waren Level 1, aber diese dachte sie nicht einmal daran hier einzusetzen, denn großen Nutzen wiesen sie auf Level 1 nicht auf. Man konnte schon sehen, dass diese - eigentlich für die jeweiligen Esper - einfacheres Einsetzen dieser Fähigkeiten stark verausgabt hatten. Der Kampf hatte kaum begonnen und sie fühlte sich als hätte sie einen Marathon gelaufen, aber dieses Mädchen war dafür bekannt einen unerschöpflichen Vorrat an Energie afzuweisen. Sie war noch lange nicht vorbei. Mit einem herausforderndem Lächeln im Gesicht sah sie ihrer Gegnerin in die Augen. Nelson hatte sich unterdessen in einer Ecke verkrochen und schien zu überlegen wie es weiterging:

"An deiner Stelle würde ich mal was tun." hörte sie die Stimme von Kihara, doch Nori ließ sich nicht davon beirren:

"Dann mach doch was." Keine Antwort kam und Noris Lächeln verstärkte sich. Jetzt war die Zeit zum Handeln. Nori nahm einmal tief Luft und verschwand. Im nächstem Moment befand sie sich einen Meter von ihrem Gegner entfernt. Schnell wechselte sie die Personal Reality. Sie fühlte auf einmal wie viel leichter es ihr jetzt fiel als sonst… Ein kleiner Feuerball erschien auf ihrer Handfläche und sie warf ihn auf ihren Gegner. Sie wurde vom Ball im Gesicht getroffen und wich zurück. Das Feuer war nicht sonderlich heiß gewesen, aber das sollte es auch nicht sein. Es sollte einfach nur ein Ablenkungsmanöver gewesen sein. In der nächste Sekunde war Nori schon nach vorne gehechtet, hatte sie - wie sie es bei Michizane sooft tat - in eine Art Umarmung verwickelt und sie beide umgeworfen. Sie hatte genug mitbekommen von diesem Anzug um sich denken zu können wie sie Sakura wieder normal machen konnte. Gerade griff sie nach diesen beiden parasitenähnlichen Elektroden, als sie sah wie ein Schatten sich über sie erhob. Als sie den Blick hob blickte sie geradewegs in den Lauf einer Pistole…
 

Im Sog der Schwerkraft zu sein war kein angenehmes Gefühl. Dies musste Shina feststellen, als sie dem Boden immer näher kam, einige Meter über ihr fiel ebenfalls die schwarze roboterähnliche Gestalt namens Michizane. Sie seufzte im Fall und war im Grunde froh darüber, dass er im Moment nicht viel mitbekam, denn er hatte sicher freie Sicht auf ihr Höschen und mit einem Art Fluppgeräusch änderte Shina auf einmal die Flugrichtung. Als ob die Graviation bei ihr eine 90° Umdrehung gemacht hatte, fiel sie nun plötzlich auf die metallene Mauer des Hochhauses und knallte etwas härter als erwartet dagegen. Wie vorhin schon Nori und Minori schien sie daran zu kleben, aber bei ihr war es der Fall, dass sie ihren ganzen Körper magnetisiert hatte. Zufrieden stellte sie fest, dass Michizane unbeirrt weiterfiel, aber als er sie passierte zwei große Feuerbälle auf sie zugeflogen kamen. Rasch ließ sie sich wieder ein paar Meter fallen, bevor sie den ganzen Prozess wiederholt hatte. Die Masse aus Feuer schlug über ihr ein und zerbrach die Fenster und die Räume dahinter begannen ebenfalls zu brennen. Shina sah zu wie Michizane schlussendlich dem Boden bedrohlich nahe gekommen war, als aber plötzlich sein Flug verlangsamt wurde. Sie brauchte eine Zeit um zu erkennen was sich da abspielte. Es schien anfangs, als sei er zu einer menschlichen Rakete geworden. Aus seinen Beinen stieg wie aus den Triebwerken ein gewaltiger Feuerstrom empor und die Kraft die gegen sein Körper drückte verlangsamte den Sturz. Ein normaler Mensch wäre sicher durch diese enormen Kräfte zusammengebrochen, aber diese Rüstung schien auch seine Körperkraft verstärkt zu haben. Es schien eine verbesserte Varianten des Anzuges zu sein wie die Level 0 sie trugen. Hier wurde anscheinend nicht nur die Fähigkeit verbessert, sondern auch an physicher Stärke wurde herumgepfuscht. Wurde denn seine Fähigkeit verbessert? Das fragte sich das Mädchen, als sie sich aufrichtete. Ja, sie richtete sich bei einer 90° Steigung auf, als ob sie auf ebenem Boden laufen würde. So schien es anfangs auch, würde man nicht sehen, dass ihre Haare und ihre Kleider nach unten laufen… Sie atmete einmal tief ein, wünschte sich ein letztes Mal in ihr Bett und lief dann auf ihren Gegner los. Dieser war anscheinend heil angekommen und richtete sein vermummtes Gesicht auf sie. Sofort stiegen zwei Feuerdrachen empor und machten sich auf sie los. Shina schluckte und nahm gewisse Vorkehrungen ein. Während sie lief, riss sie mit ihrer Fähigkeit jedes Metallenes mitsich, was sie auftreiben konnte. Sei es die metallene Verkleidung des Hochhauses, das sie gerade herunterlief, oder sonstmögliche Sachen die aus den Fenstern geschossen kamen. Es war schon ein beschauliches Spektakel als sie lief. Jeden Schritt den sie getan hatte, wurde das Stahl durch eine große Kraft ausgerissen und machte sich daran das magnetische Mädchen zu verfolgen. In kürzester Zeit hatte sie eine Art Amader von verschiedensten metallenen Objekten hinter sich. Die zwei Feuerdrachen waren inzwischen bedrohlich näher. Sie ließ von einigen der Objekte los und sofort wurden diese von der Schwerkraft ergriffen. Da sie sich umgepolt hatte, stießen keine der Sachen gegen sie und fielen ohne sie zu treffen einfach weiter nach unten und kamen den Drachen entgegen. Unzufrieden stellte sie fest, dass die Drachen dadurch keinesfalls gelöscht wurden und sich langsam durch das fallende Metall hindurchkämpften. Wenigstens hatten sie ihre Form verloren und verschafften ihr Zeit. Die restlichen metallenen Gegenstände schickte sie zu Michizane, der schon zum nächstem Angriff ansetzte. Zwar bestand seine Rüstung anscheinend nicht aus Metall, jedoch waren genügend andere metallene Komponenten in der Rüstung die sie sich zunutze machen konnte. Schon verlor auch der Feueresper den Boden unter seinen Füßen und flog auf die metallenen Gegenstände zu, die ebenfalls auf ihn zurasten.

Ohne nachzusehen ob ihre Geschosse tatsächlich auch irgendetwas bewirken, griff Shina nach einem vorbeifliegendem Nagel und zielte damit auf das Fenster direkt unter ihr. In der Hoffnung, dass sie die notwendige Zeit hat, stieß sie den Nagel von sich ab und der Nagel durchbrach mit gewaltiger Geschwindigkeit das Glas. Umgedreht wie sie immer noch stand sprang sie auch schon schnell durch die Öffnung und fand sich in einem Gang wieder, der von den Flammen glücklicherweise noch nicht erreicht wurde. Es war ein Gang wie man in jedem Bürogebäude vorfinden würde… In regelmäßigen Abständen zeigten sich Türen und führten weiß Gott wohin. Wahrscheinlich in irgendwelche Standartbüroräume. Ohne noch weiter zu zögern lief sie weiter. Sie musste sich Zeit verschaffen und irgendwo einen Ort finden, wo sie kurze Zeit ihre Ruhe hatte, denn sie musste sich was einfallen lassen. Dies war nicht der Michizane den sie kannte. Dieser war bereit sie zu töten und wenn sich Michizane das vorgenommen hatte, würde zum Schluss nicht mehr viel von ihrem Körper übrig bleiben. Selbst ihr Metall würde mehrere tausend Grad heißen Flammen nicht lange standhalten. So lief sie hier und da weiter. Manchmal bog sie in einen weiteren Gang ab und manchmal nahm sie auch durch verschiedene Türen eine Abkürzung, wo sie dann schon in einen anderen Gang weiterging. Die Türe öffnete sie, indem sie die metallene Klinke einfach aus der Fassung riss mit ihrer Fähigkeit… Schnell hatte sie jeden Sinn für Orientierung verloren und lief einfach nur auf gut dünken weiter. Nach einer Weile verkroch sie sich in irgendeinem x-beliebigem Bürozimmer und begann nachzudenken. Viel zu schnell stellte sie fest, dass es leichter gesagt als getan war. Mit schmerzendem Kopf ließ sie sich auf dem Bürostuhl nieder und begann zu überlegen.Den einzigen Vorteil, den sie gegenüber ihm hatte war der, dass er Metall in seiner Rüstung trug. Sie müsste ihn also irgendwie überraschen und dies dann ausnutzen um ihn schnell auszuschalten. Die andere Möglichkeit war aber immer noch darauf zu warten, dass Nori und ihre Freundin es schafften diesen Kontrollmechanismus an ihm auszuschalten. Die letztere Taktik klang wohl am besten. Sie dachte kaum, dass sie eine große Chance gegen ihm in seinem jetzigem Zustand hatte und konnte nur hoffen, dass er seine Zeit brauchte um sie zu finden.

Vom Regen in die Traufe…

Sie wusste nicht wie; Wahrscheinlich hatte er einen Art Sensor in seinem Helm, aber kaum hatte sie ihre Überlegungen zu Ende geführt, war sie auch schon gefunden worden. Mit einem lautem Knall wurde die Tür komplett aus den Angeln gerissen und ein großer Feuerschwall brach dadurch. Sichtlich erschrocken fiel Shina mitsamt Stuhl um und erkannte wie das Feuer sich bedrohlich von beiden Seiten näherte. Obwohl sie immer so faul war, brauchte sie glücklicherweise nur eine kleine Reaktionszeit um entsprechend zu handeln. Ein Stock über ihnen befand sich eine große Ansammlung von Metallen und sofort ließ sie sich schon von diesen anziehen. Sie flog nach oben und nachdem sie sich umgedreht hatte, rammte sie mit voller Wucht gegen die Mauer. Wegen der wenigen Zeit wo sie sich konzentrieren konnte, war die Kraft mit der sie gezogen wurde etwas größer geworden, als es ihr lieb gewesen war. Die Luft wurde aus ihren Lungen gepresst und sicher hatte sie sich einen blauen Fleck im Rücken eingehandelt. Viel Zeit um sich in ihren Schmerzen zu suhlen blieb ihr aber nicht, denn schon begann das Feuer am Boden wie kleine Piranhas nach ihr zu schnappen und kam immer näher. Sie schnalzte verärgert mit der Zunge und sah sich sich um. Michizane war nirgends zu sehen und sie konnte ihn auch nicht mit ihrer Fähigkeit ausmachen. Dieser Bastard wusste also schon von seiner Schwäche… Ihr blieb keine andere Wahl, als sich vom Fensterrahmen anziehen zu lassen und das mit einer Geschwindigkeit die notwendig war um das Fenster zu zerschmettern. Sie kauerte sich zusammen und spürte wie ihr Körper durch das Glas schoss. Glücklicherweise stellte es sich als nicht zu schmerzvoll dar, obwohl ein paar Splitter ihr Schnittwunden an ihren Armen und Beinen zugefügt hatte. Einen Vorteil hatte wohl Michizanes Ferne, er konnte nicht genau ausrechnen wie sein Feuer sie verfolgen konnte. Wieder einmal fiel sie in die Tiefe… Sie hörte noch wie aus den oberen Stockwerken ein Fenster zerbrach und als sie sich umdrehte konnte sie wieder die fallende Gestalt von Michizane sehen. Wie war er denn so schnell hochgekommen? Konnte er schlussendlich trotzdem fliegen?

Schon war der Boden zum Greifen nah und sie linderte ihren Fall indem sie ihre Flugbahn ein wenig änderte und Richtung Hochhaus wieder flog. Schlussendlich kam sie zum Stehen und ihr Rücken lehnte gegen die Wand des Hochhauses. Sie befanden sich in einem Art Innenhof mit Park. Sie konnte Hecken, sorgfältig beschnittene Bäume einen Springbrunnen in der Mitte und ein paar Bänke ausmachen, ehe sich auch schon mit der selben Raketentaktik wie woher Michizane ein paar Meter vor ihr landete. Shina seufzte… Jetzt galt es wohl fressen oder gefressen werden. Widerwillig ging sie in Kampeshaltung…
 

Nori bekam Angst… Ja, sie hatte Angst… Eine kleine Fingerbewegung würde sie vom Tod trennen. Wenn sie jetzt nicht schnell was unternehmen würde, dann wäre alles umsonst…

Nelson sah sie an:
„Du…“ murmelte er. Er wirkte sehr wütend, aber doch zeigte sich eine Spur Interesse in seinen wutentbrannten Augen, „… Was ist deine Fähigkeit?“ Seine Augen tasteten sie pervers ab. Es war keine Perversität gegenüber ihren Körper. Nein, er blickte sie mit der Perversität eines Wissenschaftlers an. Man spürte regelrecht seinen Willen sie auseinanderzunehmen, jede einzelne Zelle von ihr zu durchsuchen und sie zu studieren. Noris Furcht stieg. Sie sah sich schon auf einen dieser Operationstische und wie vermummte und mit Skalpellen bewaffneteWissenschaflter sich über sie beugten… Nein, so durfte das nicht ändern:

"Das geht dich Abscheulichkeit einen feuchten Dreck an!" Sie spuckte ihm ins Gesicht und geblendet von dieser Aktion schoss blindlings los. Nori schloss vor Schmerz kurz die Augen. Der Schuss hatte sie gestreift und an ihrer Seite ihr eine Fleichwunde zugefügt. Der Schmerz war fast nicht ertragbar im ersten Moment, aber sie riss sich zusammen und stürzte sich auf ihren Gegner. Jetzt war ihr Moment gekommen. Doch der Wissenschaftler erholte sich schneller als erwartet. Während Nori noch auf ihn zuflog, hob er bereits die Waffe und zielte mehr schlecht als Recht auf die völlig offene Nori. Die Zeit schien still zu sehen. Nori konnte nichts unternehmen. Ihr Herz war ihr in die Hose gerutscht und sie konnte gar nichts gegen das Bevorstehende unternehmen. Gleich würde sich die Kugel durch ihren Körper schlagen und ihr lebloser Körper würde auf den siegenden Nelson fallen. Nori wären die Tränen gekommen, hätte sie die Zeit dafür gehabt. So wollte sie nicht sterben. Nicht so…

Aber…

Die Pistole flog ihm wie von Geisterhand aus der Hand. Nori machte sich keine Gedanken über das wie und warum und vollführte das, was sie tun wollte. Sie schlug Nelson mit ihrer Faust nieder. Jetzt war aber nicht die Zeit um sich auszuruhen, das kindische Mädchen wusste das. Sakura konnte wiedererwecken, denn Nori hatte es geschafft bevor Nelson die Pistole auf sie richtete die Elektroden zu lockern. Während Nelson noch benommen zu Boden lag, kramte Nori schon in seinen Taschen und holte tatsächlich sein Tablet hervor. Sie sah komplizierte Programme darauf laufen, aber den Titel mit dem Namen 'Dragon Control' konnte sie schon lesen und sie wusste, dass es Michizanes Kontrolle vor. Sie wusste schon, was zu tun war. Sie würde das Tablet zerstören und endlich MichiMichi befreien. Aber…

Sie spürte einen Aufprall und einen dumpfen Schmerz in ihrer Magengegend. Alle Luft wurde aus ihr ausgestoßen und sie fiel nach hinten. Nelson, der sich erholt hatte, hatte ihr in den Magen geschlagen. Nori krümmte sich vor Schmerz und vor ihren Augen tanzten hübsche Sterne:

"Du dumme Göre!" hörte sie Nelson schreien, "Ihr Alle! Unterschätzt mich nicht! So schnell gebe ich nicht auf. Sakura! Auch du wirst deine gerechte Strafe erfahren. Ich wollte es mir eigentlich für später aufheben, aber…" Nori konnte nur ihren Oberkörper aufrichten, als sie sah wie Nelson, das Tablet wieder in der Hand, etwas darauf herum tippte. Neben ihr sah sie Minori und das Mädchen Sakura- wieder mit klaren Augen - misstrauisch auf ihn starren. Das Telekinese-Mädchen hob gerade die Hand um etwas zu tun, als Nelson sie unterbracht.

"Denk bloß nicht daran etwas zu tun Sakura. Ich habe immer noch gewisse Vorkehrungen getroffen. Irgendwo an meinem Körper befindet sich eine Fernbedienung mit der ich deinem Anzug befehlen kann einen tödlichen elektrischen Stoß durch deinen Körper zu schicken! Also pass lieber auf."

Das Mädchen zögerte sofort und dieses Zögern gab Nelson genug Zeit um sein Vorhaben zu Ende zu führen.

"Programm Level 6 wurde eingeleitet." sagte er mit siegessicherer Miene. Nori rutschte das Herz in die Hose. Sie hatte gehört, dass dies vielleicht Michizanes Tod bedeuten würde. Sie schrie entsetzt auf und versuchte aufzustehen, aber der Schmerz im Magen blendete sie immer noch. Nelson sprahc unbeirrt weiter, "Jetzt werden wir sehen Kihara wer Recht hat. Ach ja… Ich habe noch einen Ass im Ärmel. Ich wollte dies eigentlich für viel später behalten, aber…" Während draussen die Welt schien rot zu werden, zog Nelson seinen Kittel aus und darunter verbarg sich ein ähnlicher Anzug wie Sakura ihn trug. Nur, dass dieser viel besser ausgerüstet schien und qualitativ hochwertig war. Er war von einer tiefen schwarzen Farbe, dass selbst die dunkelste Nacht hell erschien und Nelson wirkte im Moment wie ein schwarzer Dämon.

"Ich habe es geschafft einem Nicht-Esper Fähigkeiten zu verleihen und damit meine ich mehrere. Ich habe alle Fähigkeiten derer die meine Anzüge nutzten gespeichert und alle Informationen in dieses Meisterwerk gesteckt!" Er begann verrückt zu lachen und spätesten jetzt hatte er wohl das Bild eines verrückten Wissenschaftlers serreicht. Nori, die ihn ignoriert hatte, war inzwischen aufgestanden und wutentbrannt auf ihn zugelaufen um ihn das Tablet wieder zu erreichen. Noch bestand Hoffnung. Sie merkte es nicht, aber draussen war die Hölle los. Der Himmel um das Institut hatte sich rort gefärbt und die Temperatur in der Umgebung war sichtlich angestiegen. Nori, aber war das egal, sie wollte nur Nelsons Tablet erreichen… Sie erreichte aber nur leere Luft. Mit einem Flopp-Geräusch war er verschwunden, mitsamt seinem Tablet.

"Nein!" schrie Nori. Das war doch jetzt nicht der Schluss? Er konnte doch nicht so mir nichts dir nichts verschwunden sein? Nein, Nori wollte ihr Happy-End und bis jetzt hatte sie auch die Hoffnung gehabt es zu erreichen… Minori und Sakura sahen sie mitleidig an. Sie wussten selbst nicht was zu tun war. Langsam begannen Tränen sich zu formen. Sie musste sehen wie es MichiMichi geht. Sie lief zum Fenster und sah nach unten. Erst jetzt fiel ihr die Röte der Atmosphäre auf, kümmerte sich aber nicht darum. Unter ihr war weit und breit nichts von den zwei Level 5 zu sehen. Zwar waren Zeichen eines Kampfes zu sehen, mehr aber nicht.

"Ich denke, ich muss wohl etwas sagen…" seufzte die verhasste Stimme von Kihara und Nori würdigte ihr keines Blickes, hörte aber zu, was sie zu sagen hatte.

"Sie sind im Innenhof. Nelson wirst du da sicher auch vorfinden, denn er will sich das sicher nicht entgehen lassen…" Eine kurze Richtungserklärung später war Nori schon aus der Tür gerast und rannte durch das brennende Gebäude um sich klare Sicht auf den Innenhof zu verschaffen.

"Geht ihr beiden nicht mit?" fragte Kihara die beiden übriggebliebenen Mädchen fies grinsend. Sie zuckten zusammen und sahen sie verängstigt an. Sie liefen aber trotzdem los. Kihara war nun wieder allein. Mit zufriedener Miene holte sie ihr Handy heraus.

"Ja, es ist soweit. Ihr könnt mich abholen kommen." sagte sie nur und trottete gemächlich RIchtung Fenster. Hinter ihr zerbrach ihr gesamtes Werk, aber sie kümmerte sich nicht darum. Sie war noch nie ein Mensch gewesen, der an etwas gehangen hatte. Mit gleichgültiger Miene beobachtete sie wie der Helikopter sich ihr näherte und ohne große Schwierigkeiten sprang sie in dessen Inneres. Sie hatte genug für heute gesehen…
 

Der Kampf zwischen Shina und Michizane hatte sich einiges in die Länge gezogen. Es war sogar ziemlich ausgeglichen gewesen. Shina konnte tatsächlich hier und dort ein paar Geschosse auftreiben und immer wieder Michizanes Angriffe abwehren. Er wurde sogar oft von ihr in Bedrängnis gebracht, da seine Rüstung gegen Shina oft mehr geschadet hatte als geholfen hatte. Oft war er durch die Gegend geflogen und mit voller Wucht gegen verschiedene metallene Objekte geflogen, aber egal wie fest sie ihn umher geschleudert hatte, hatte er nie die Konzentration verloren und im passenden Moment wieder kontern können, sodass Shina ihn immer wieder loslassen würde. So zog sich dies für eine Weile hin und Shina hatte schon lange aufgehört die Zeit zu zählen die vergangen war. Es konnten nur ein paar Minuten vergangen sein, oder sogar schon Stunden. Das, was dem Kampf zu Ende führte war weder ein Sieg von ihrer Seite noch von Michizane. Nein, es war das plötzliche Erstarren ihres Gegenübers. Shina, die anfags noch dachte, dass Nori und co es geschafft haben ihn wieder zu erwecken, merkte aber recht schnell, dass etwas nicht stimmte. Anfangs stand er noch wie eine Statue da, als auf einmal seine Rüstung mit qualmen und Funken zu versprühen begann. Dann hörte sie aus dem Helm einem lauten, das ihr die Nackenhaare zu Berge stehen ließ. Das war kein menschlicher Schrei… Vielmehr war es ein Brüllen, das da aus seinem Mund kam. Auf einmal spürte sie wie der Schweiß ihr die Stirn herunterlief, dann fiel ihr auf, dass es auf einmal viel heißer geworden war. Es geschah viel zu viel auf einmal. Der Hilmmel verfärbte sich rot und die Wolken begannen seltsam zu rotieren, als ob sie Michizane als Zentrum ansahen. Das Brüllen war inzwischen verstummt und Michizane begann sich nur noch merkwürdiger zu benehmen. Mit beiden Händen fasste er sich am behelmten Kopf und er riss seinen Körper hin und her, als ob er unter großen Schmerzen litt, dann geschah es… Shina wollte anfangs ihren Augen kaum trauen. Sie hatte schon vieles hier in der Stadt gesehen, aber SO etwas war ihr noch nie unter die Augen gelaufen. Auf Michizanes Rücken begannen sich Flügel zu formen und immer noch vor Schmerz um sich windend begannen diese in der Größe zu wachsen. Sie schienen aus Feuer zu bestehen, aber wenn es Feuer denn wäre, dann kein Physikalisches. Sie hatten eine feste Form und sie schienen auch eine gewisse Festigkeit zu besitzen. Jetzt sah man auch, was für Flügel es darstellen sollte. Anfangs hatte es noch den Anschein, als ob es Engelsflügel wären, doch es war genau das Gegenteil. Sie hatten eine dreieckige Form. Es waren eher die Flügel eines Drachens, oder besser gesagt die eines Dämons. Shina war versteinert und sie selbst wusste nicht, ob sie das Spektakel mit Faszination oder Angst betrachtete. Was es auch war, machte es ihr unmöglich einen klaren Gedanken fassen zu können. Die Flügel waren inzwischen so groß, dass einer von ihnen mindestens von der Spannweite her zweimal so groß wie Michizane waren. Er selbst schien noch in großen Schmerzen zu sein und seine Rüstung schien immer weiter zu qualmen und Funken auszustoßen. Langsam begann Shina wieder ein Gefühl in ihre Beine zu bekommen und sie wusste was das alles zu bedeuten hatte. Was auch immer diese Rüstung mit ihm tat. Lange konnte sie es nicht mehr aushalten und sie hatte das dumpfe Gefühl, dass diese ganze Verwandlung schlecht für Michizanes Gesundheit zu sein. Das war wohl eher die Untertreibung des Jahres. Sie musste etwas unternehmen, aber gerade als sie den ersten Schritt machen wollte, erstarrte sie wieder. Er hatte sie angesehen. Sie konnte zwar seine Augen nicht durch den Helm erkennen, aber sie wusste, dass sein Blick kurzzeitig auf sie fixiert gewesen war und dies alleine hatte sie vor Schrecken erstarren lassen. Sie wusste, wenn sie noch einen weiteren Schritt wagen würde, dann wäre das das Aus für sie. Sie würde sterben und nicht einmal Asche würden von ihr übrig bleiben. Das erste Mal in ihrem Leben hatte die unerschrocken faule Level 5 so richtigAngst…

"Wunderbar!" Sie wusste nicht wie, aber plötzlich stand Nelson einige Meter neben ihnen. Er hatte einen ähnlichen Anzug wie Sakura an, aber das kümmerte sie wenig. Sein Gesicht war von solch einer Schadenfreude und Gier zerrissen, dass sie einige Zeit brauchte um ihn wieder erkennen zu können:

"Zwar ist es kein Level 6, aber die Berichte sind wahr. Michizane Fujimoto ist so eben 'erwacht'… Also stimmt es wirklich… Man kann tatsächlich göttliche Wesen aus Esper machen." Er wollte gerade zu einer obligatorischen verrückten Lache ansetzen, als er plötzlich stockte, "Moment mal… Das sind keine Flügel eines Engels. Den Berichten zufolge sollten die erwachten Level 5 Eigenschaften von Engeln aufweisen. Das hier scheint aber eher, als ob der Teufel persönlich ihn besetzt… Kann es sein? Das wäre doch wunderbar? War ich doch so naiv an der Religion zu zweifeln. Das hattest du also vor Kihara-chan. Jetzt ist mir alles klar. Kein Wunder, dass du mich so schnell wie möglich loswerden wolltest…" Er sprach allen Anschein mit sich selber und er hatte wohl schon lange die Grenze zum Verrückt-Sein überschritten. Shina wusste, dass sie später Zeit hatte, darüber nachzudenken. Sie war noch nicht fertig. Noch konnte man den wildgewordenen Michizane stoppen, bevor er sich zu was auch immer fertig verwandelt hat. Sie musste jetzt handeln!

"MichiMichi!" Gerade als sie loslegen wollte, sah Shina wie neben ihr plötzlich Nori auftauchte und ohne Zögern auf Michizane loslief. Shinas Herz fiel ihr in den Rock. Jetzt hieß es Handeln. Shina Yoshigawa du warst jetzt lange genug träge und faul, jetzt heißt es endlich mal etwas ohne faulen Hintergedanken zu tun. Danach kannst du dich immer noch genüsslich in deinen Sessel legen und entspannen wie du willst. Mit gutem Gewissen lässt sich herumhängen besser genießen als mit schlechtem. Die nächsten Sekunden fließen so langsam wie eine dickflüssige Flüssigkeit. Während Nori weinend auf den dämonhaften Michizane zulief, hatte er schon sein Augenmerk auf sie gerichtet und zeigte auch keine Anzeichen dafür sie wiederzuerkennen. Seine Hand hob sich und deutete auf Nori. Sie aber lief weiter und rief fortwährend seinen Namen. Nelson war indes voll und ganz damit beschäftigt alles mit sadistischem Vergnügen zu beobachten, dass er anfangs nicht merkte, dass sein Tablet ihm zum zweitem Mal aus seiner Hand zuflog.Bevor er das überhaupt richtig registriert hatte, befand sich das Tablet schon in Shinas Hand und ohne große Umschweife machte sie das Tablet unnütz. Durch eine Störung die sie durch magnetische Wellen im Innern hervorruf, stürzte der Tablet ab und der schwarze Bildschirm refklektierte ihr zufrieden grinsendes Gesicht.

Es war schon komisch. Es schien alles ein Traum gewesen zu sein, denn genau in dem Moment normalisierte sich alles so abrupt, dass sie tatsächlich schon an ihren Geisteszustand zweifeln musste. Nori kam an und fing den gerade umfallenden Michizane mit einer Umarmung auf. Die bedrohliche Atmosphäre war verschwunden, das Wetter hatte sich normalisiert und von den Flügeln war keine Spur. Shina seufzte erleichtert und warf das Tablet zu Boden und trat mit ihrem Fuß darauf, dass der Bildschirm und wahrscheinlich was auch drinnen war zerbrach. Sie hörte zufrieden Nelsons wütenden Aufschrei. Weniger zufrieden spürte sie aber wie etwas großes und schweres sie vom Boden riss und sie sofort das Bewusstsein verlierte…
 

Langsam kehrte mein Bewusstsein zurück. So konnte man wohl am besten beschreiben was im Moment mit mir geschah… Es war natürlich nicht so einfach wie es klang. Anfangs fing ich mal an wieder ein wenig denken zu können. Man konnte mich wirklich während dieser Zeit als tot beschreiben. Ich hatte weder Erinnerungen was während ich weg war passiert war, noch irgendwie Anhaltspunkte, dass ich mich daran erinnern konnte… Ich war einfach nur wieder zu den Lebenden zurückkehrt. Jetzt im Nachhinein hasste ich mich dafür was ich eigentlich während dieser Zeit getan hatte, auch wenn ich wusste, dass es keinesfalls meine Schuld gewesen war… Zurück zum Geschehen… Meine Sinne begannen auch nach und nach wieder sich zu ,aktivieren‘… Sehen konnte ich anfangs nicht mehr, aber hören. Mein benommenes Gehirn konnte die Informationen die mein Ohr ihm zusandte anfangs auch nicht richtig verarbeiten. Erst nach einer Weile hörte ich eine weibliche Stimme die dauernd einen Namen rief und offenbar weinte… MichiMichi… Das kommt mir bekannt vor… Das ist ja mein Name! In dem Moment wurde mir auch der Besitzer der Stimme klar… Wie konnte ich sie vergessen… Natürlich war es Nori… Was machte sie hier? Und warum weinte sie? Dann sehr langsam begannen auch wieder meine Augen zu funktionieren. Natürlich, da meine Lider geschlossen waren konnte ich nichts erkennen, ausser einen Rotschimmer der durchstrahlte. Deswegen machte ich mich daran sie zu öffnen. Was das für eine Schwerstarbeit war… Es fühlte sich an als ob ich jeweils eine Tonne hochheben musste. Trotzdem schaffte ich es nach gefühlten Stunden und auch wenn ich nur verschwommen alles sah, erkannte ich sofort den hellbraunen Haarschopf meiner Kindheitsfreundin. Eigentlich sah ich nur den, denn sie umarmte mich anscheinend so fest, dass sie ihren Kopf auf meiner Schulter ruhte und das etwaige Schluchzen war wohl, dass sie weinte. Warum? Ich versuchte zu sprechen, konnte aber anfangs nur ein schwaches Röcheln aus meinem Mund kommen lassen… Doch Noris Schluchzen verstummte und sie neigte ihren Kopf zurück. Dann sah sie, dass ich aufgewacht war, zog mir rasch irgendetwas vom Kopf, das sich später als ein Helm darstellte und umarmte mich noch einmal. Nur dieses Mal, dass unsere Stirne sich berührten und ihr Mund nur einige Millimeter von dem meinen entfernt war. Glücklicherweise hatte mein Körper die Funktion ,verlegen werden‘ noch nicht eingeschaltet, denn ich tat es nicht, aber ein glückliches Lächeln aufsetzen, dafür war ich allemal im Stande. Jetzt konnte ich auch reden und sah in ihre Augen die so nah bei meinen waren:
„Nori… Mir geht es gut…“ sagte ich mal, denn das schien im Moment ihre größte Sorge zu sein, ehe ich dann endlich die Frage stellte, die mich seit meines Erwachens störte, „Was ist geschehen?“

Doch die Antwort schien auf sich warten zu müssen, denn ich hörte einen lauten Krach und sah wie etwas gegen einen Baumstamm Meter flog. Dieses ,Etwas‘ war ein Mädchen, was ich erst jetzt bemerkte… Es war aber nicht irgendein Mädchen. Das Mädchen, was jetzt dort gegen den Baumstamm lehnend und offenbar bewusstlos lag war Shina Yoshigawa. Entsetzt sah ich ihre bewegungslose Gestalt an… Was zum Teufel war geschehen? Was tat sie denn hier? Und warum war ich hier? Langsam begannen die Erinnerungen wiederzukommen. Der Kampf gegen Sakura, meine Niederlage und Nelsons lächelndes Gesicht. Jetzt kam es mir… Er hatte mit mir das selbe angestellt wie bei Sakura und Fujiwara und weiß Gott noch wer. Er hatte mich kontrolliert und dieses Chaos hier angestellt. Ich erkannte sofort, dass es das Kihara Institut war und ich konnte schon 1 und 1 zusammenzählen. Er hatte mich für irgendeinen kindischen Rachefeldzug ausgenutzt und auch wenn es Kihara gewesen war… Das konnte ich nicht durchgehen. Glücklicherweise war Nori unverletzt, aber der Gedanke, dass er sie durch meine Hand verletzt hätte machte mich sofort blind vor Wut. Nori, die immer noch an meine Stirn lehnte, merkte diese Stimmungsschwankung in mir.

„MichiMichi?“

„Nori… Geh zu Shina und pass auf sie auf…“ Sanft stieß ich Nori zurück, sodass ich mich frei bewegen konnte, „Ich komme gleich zurück…“ sagte ich nur und kein Kommentar kam in meinen Kopf der mich tadelte, dass dieser Satz doch viel zu klischeehaft war und so… Langsam stand ich auf und meine Augen waren ganz allein auf die Quelle meiner unbändigen Wut gerichtet. Ebenfalls starrte diese Quelle mich an. Nichts war mehr von seiner sonst so ruhigen und gelangweilten Art zu sehen. Sein Gesicht zeigte den puren Wahnsinn und sein Mund war zu einem Grinsen verzogen, das eher einer Wunde glich…

„MichiMichi?“ fragte Nori unsicher und sah mich ebenso unsicher an.
„Jetzt geh bitte!“ sagte ich ein wenig lauter. Mein Körper war wieder voll und ganz funktionsbereit. Ich stand auf und musste feststellen, dass es leichter ging als anfangs gedacht. Mir fiel auch jetzt diese merkwürdige Rüstung auf in der ich steckte. Sie war weder besonders schwer, noch störte sie mich in meiner Bewegungsfreiheit, aber ich mochte sie nicht… Nori stand zögernd auf, lief aber dann schnell zu Shina. Sie war wohl im Moment zu durcheinander um sich zu teleportieren. Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass sie bei ihr war, konzentrierte ich meine ganze Aufmerksamkeit auf diesen verhassten Wissenschaftler. Im Moment hasste ich ihn um längen mehr als Kihara und das wollte was heißen…

„Na, wer ist denn da von den Toten auferstanden? Du wirst dafür büßen mir meine Pläne so oft durcheinander gebracht zu haben. Wegen euch allen ist alles versaut! Und dafür werdet ihr Büßen! Du, Kihara, Nr. 5 und natürlich deine kleine Freundin!“ Er war bestimmt mindestens so wütend wie ich, aber das war mir herzlichst egal. Als er Nori erwähnte waren bei mir sowieso alle Sicherungen durchgebrannt:
„Du wagst es über sie zu reden?! Du wagst es sie zu bedrohen?! Ich bin mal ganz ehrlich du verrückter Sack! Dein Leben hängt am seidenem Faden!“ Ich war so wütend, dass ich mich schon wunderte, ob ich je ein anderes Gefühl erlebt hatte. In meinem Kopf sah ich nur Nelsons Gesicht und der Gedanke ihn leiden zu lassen.

„Dann komm!“ schrie er und in seinem Kopf musste wohl dasselbe ablaufen wie bei mir, „Unterschätz mich bloß nicht. Ich bin Herr über dutzende Fähigkeiten! Auch dich, als Level 5 stellt kein Problem für mich dar!“

„Du hast noch nie einen Level 5 erlebt…“ knurrte ich und er stockte tatsächlich und in seinen wütenden Augen war das erste Mal Unsicherheit zu erkennen, „Aber du wirst es schon noch erleben… Das garantiere ich dir!“ Und mit diesen Worten brach die Hölle los. Eine gewaltige Feuerwelle, so hoch wie ein anständiger Tsunami näherte sich ihm in bedrohlich Geschwindigkeit. Ich machte mir im Moment keine Sorgen, dass das Feuer heiß genug war einen Mensch zu vaporisieren. Doch das Feuer traf nicht ihr Ziel. Eine Art unsichtbarer Schild schien ihn zu schützen und das Feuer ging um ihn herum als sei er eine unsichtbare Insel in der Brandung eines Meers voller Feuer.

„Du bist nicht der Einzige mit Pyrokinese. Dein Feuer lässt sich dadurch mühelos löschen.“

Das sagte er, aber durch die wütenden Flammen erkannte ich wie sich langsam Schweiß auf seiner Stirn bildete. Ich bezweifelte, das es wegen der Hitze war. Unbeeindruckt ließ ich die Flammen weiter wüten und verstärkte nur noch die Temperatur. Das Feuer hatte inzwischen einen Großteil des Parkes vernichtet und die hungrigen Flammen versuchten ständig bis zu ihm vorzudringen als einziges noch lebendes Wesen in der Umgebung. Er biss sich angestrengt auf die Zähne und versuchte einen Gegenangriff. Zwei übriggebliebene Bäume wurden aus dem Boden gerissen und flogen auf mich zu. Ohne sie eines Blickes zu würdigen, verbrannten die Bäume vollkommen bevor sie mich überhaupt erreichten. Im nächstem Moment kam auch ein Blitz aus dem Feuer auf mich zugeschossen, aber dieser traf nie sein Ziel. Sei es, dass er nicht richtig zielen konnte, oder der Blitz so schwach war, dass er sich unterwegs schon entladen hatte. Ich wollte ihn nur noch besiegt sehen. Inzwischen hatte ich das Aussehen des Feuers verändert. Es sah so aus, als ob eine wütende Horde aus flammenden Dämonen und Drachen diesen unsichtbaren Schild durchbrechen würde. Im Moment fühlte ich mich auch so. Ich fühlte mich wie der König der Unterwelt und meine Heerscharen stürzten sich auf meinen Feind. Ich wollte ihn nur leiden sehen. Das Feuer wurde immer stärker und sein Schild der Pyrokinese immer kleiner. Inzwischen warf er mit keiner anderen Fähigkeit nach mir.

Nur noch ein bisschen… Dann wäre von ihm nicht einmal ein Häufchen Asche übrig… Dann wäre er vom Antlitz der Welt verschwunden… Ich merkte es nicht, aber ein wahnsinniges Grinsen, das dies von Nelson in den Schatten stellte war auf meinem Gesicht erschienen…

„Bitte… Hör auf…“ Es war nicht Nelson der mich anflehnte. Nein, Nori… Sie stand neben mir und sah mich flehend an. Ihre Hände waren wie zu einem Gebet zusammengefaltet und Tränen standen ihr wieder in den Augen, „Bitte… Werde nicht wieder so wie damals… Bitte, zeig mir wieder dein wahres Lächeln, das das Nori so sehr liebt und nicht diese böse Maske. Das bist nicht du MichiMichi… Bitte…“

Den vollen Umfang meines Handelns bewusst hörte ich auch sofort auf. Die brennende Armee der Monster verschwand spurlos, als ob sie nie da gewesen waren und was ich vor mich sah war ein Feld der Zerstörung… Alles war abgebrannt, der ganze Park glich einer schwarzen Wüste. Nur noch zwei grüne Flecke waren da. Das Gras und der Baum wo Shina lehnte hinter mir und diese kleine Insel in der Nelson kauernd zu Boden lag. Seine Augen waren vor Angst weitaufgerissen und nachdem das Feuer aufgehört hatte, hatten seine Beine den Dienst versagt und er saß auf Knien da. Sein Blick war in die Ferne gerichtet und er sah so aus,als ob er komplett den Verstand verloren hatte. Nur Wimmerlaute kamen aus seinen Lippen. Dieser Anblick ließ mich ebenfalls vor Angst in die Knie zusammengehen. Was habe ich getan? Fragen und Zweifel nagten an mir. War das wirklich das Einzige wozu ich mit meiner Fähigkeit in der Lage war? Konnte ich nur zerstören und Verzweifelung sähen? Ist in Wirklichkeit nicht das meine wahre Persönlichkeit und nicht die wofür ich sie immer gehalten hatte? War ich am Ende doch nur ein verrücktes sadistisches und machtgieriges Monster?

„Nein… Das bist du nicht.“ Ich hatte meine Zweifel laut ausgesprochen und ich hatte nicht einmal gespürt wie Nori mich von hinten umarmt hatte und mir zutraulich und tröstend ihre Worte flüsterte:
„Du bist kein Monster. Du bist Michizane Fujimoto… Ein schnöseliger, arroganter und besserwisserischer Junge. Du bist immer nur am meckern, manchmal unsäglich faul und oft nicht ehrlich mit deinen Gefühlen. Vor allem machst du es dir schwer Freunde zu machen. Aber du bist auch ein netter und fürsorglicher junger Mann, dem seine Freunde unendlich viel bedeuten und alles für sie tun würde… Du bist Noris Kindheitsfreund und für mich der wichtigste Mensch auf Erden. Das ist Michizane Fujimoto und nicht dieses Monster. Aber auch das gehört zu dir und macht dich aus. Du musst es nur anfangen zu akzeptieren und zu kontrollieren. Denn auch aus dem fiesestem Monster kann ein schlummerndes Tierchen werden…“

Ich wusste nicht was ich sagen sollte… Das war einfach so… Ich war so glücklich dieses Mädchen zu haben und wieder einmal fühlte ich mich bestärkt in meinen Gefühlen für sie… Ich schuldete ihr soviel und ich habe ihr so wenig gegeben…

„Nori… Ich…“ Tränen liefen meine Wangen hinunter und ich stotterte so stark. Mir war voll und ganz bewusst, dass unsere eigentlichen Rollen hier vertauscht wurden… Ich war im Moment das Kind und sie die Erwachsene…

„… Ist schon gut… Komm wir gehen weg von diesem schrecklichem Ort. Ich nehme Shina.“ Sie nahm mich bei Hand und führte mich wie sie versprochen hatte von diesem Ort des Grauens fort…

Nelson ließen wir wimmernd zurück…
 

Das hätten wir nicht tun dürfen… Dies was nun folgte hatte ich erst viel später erfahren und glaubt mir… Hätte ich es gewusst, hätte ich ihn mitgenommen. Im Nachhinein tat mir dieser fehlgeleitete Mensch Leid…
 

Immer noch wimmernd lag er da auf dem Boden. Aber seine Angst wurde rasch schon von verzweifelter Wut und unbändigem Hass ersetzt. Diese Bloßstellung würden sie alle büßen… Er würde seine Rache bekommen… Er würde sie alle leiden lassen. Am Ende werden sie es sein, die wimmernd auf dem Boden liegen würden, während er sie mit ihrer Verzweiflung alleine lassen würde! Mit diesem Entschluss stand David C. Nelson auf. In seinen Augen brannte ein Feuer das nur von Hass und Verzweiflung genährt wurde.

Doch weit würde er nicht kommen…

Gerade als er den ersten Schritt machen wollte, spürte er wie etwas ihn stoppen ließ. Er kapierte nicht einmal richtig was ihn auf einmal alle Energie geraubt hatte, als er etwas unter sich bemerkte. Etwas schwarzes und schmales ragte aus seinem Bauch hervor. Was zur Hölle war das? Verwirrt berührte er mit seinen Händen dieses seltsame Objekt. Es fühlte sich hart und metallen an. Als er seine Hände zu seinen Augen führte, klebte eine Flüssigkeit daran. Durch die Dunkelheit konnte er sie nicht ganz erkennen. Erst als ein Feuerschein, von den Flammen die immer noch das Gebäude zerfraßen, darauf schien, sah er, dass es Blut war… Sein Blut… Im nächsten Moment wurde dieses Objekt mit einem großem Ruck aus seinem Körper herausgezogen. Durch die Wucht fiel Nelson auf den Rücken, aber das spürte er nicht einmal. Die anfängliche Benommenheit wurde rasch schon von Schmerz ersetzt. Er wollte gerade vor Schmerz losschreien, als etwas hartes sein Gesicht schlug und darauf liegen blieb. Sein Schrei ging in diesem Objekt unter. Dieses Objekt war ein Fuß… Ein weiblicher Fuß… Der Schatten der zu dem Fuß gehörte beugte sich über ihn. Er konnte durch den Schmerz und der Aufregung nicht genau erkennen wer es war. Er erkannte nur, dass es eine Frau war… Eine Frau wie sie aus einem Horrorfilm stammen konnte… Mehr aber konnte er nicht von ihr ausmachen

„Du hast uns ziemlich enttäuscht Nelson…“ Mit diesem Satz wusste er auch sofort wer die Frau war, oder zumindest wen sie vertrat…

„Ich habe doch alles getan… Ich habe die Technologie fertig entwickelt… Ich habe es geschafft einen Multi-Skill zu erschaffen… Ich habe es sogar geschafft Fujimoto zu erwachen…“ Seine Stimme wurde immer schwächer und langsam wich der Schmerz. Sein Körper gab langsam den Kampf ums Überleben auf. Er spürte wie mit jedem Tropfen Blut, das sein Körper verließ, ebenfalls ein Teil seines Geistes verschwand. Das konnte doch nicht sein Ende gewesen sein? Er… Einfach so… Wie ein Bauer?

„Das mag sein und eigentlich hast du uns nicht enttäuscht. Im Gegenteil, du hast alle Erwartungen erfüllt und deswegen hast du deinen Nutzen eben verloren und er mag es eben gründlich…“

Er konnte nicht genau erkennen wie ihre Stimme klang und es war ihm ehrlich gesagt egal. Er möchte nicht so sterben! Nicht mit so vielem was er bereut… Nein…

„Er… Er hatte mir versprochen meine Rache zu bekommen…“ sagte er mit allerletzter Kraft.

„Die wirst du auch bekommen. Leider kannst du es dann nicht mehr miterleben… So… Jetzt wo das geklärt ist… Möge der Tod dich holen…“ Die schemenhafte Frau stand wieder auf und hob etwas langes an deren Spitze eine Art Klinge haftete. War es eine Sense? War sie etwa der Tod höchstpersönlich? Weiter kam er nicht mehr, denn im nächstem Moment fuhr die Klinge nieder und alles war vorbei…
 

Fortsetzung folgt…

Epilog des ersten Arcs

„Weißt du MichiMichi… Es ist jetzt schon ein Tag her und es kommt mir so vor, als ob es ein paar Monate her war. Das ist schon komisch, oder?!“

Das mag sein… Aber wenn du eine Antwort von mir in meiner jetzigen Position erwartest, dann muss ich dich leider enttäuschen…

„Ich meine… Die letzten Tage waren wie aus einem Anime. Ein Bösewicht war aufgetaucht, wollte durch seine fiesen Pläne Rache an alles und jeden nehmen und wir - die Helden - haben ihn aufgehalten…“

Ja, das war mir auch schon aufgefallen… Aber Nori, kannst du bitte…

„Es ist sogar ein richtiges Happy End. Sakura-chan verträgt sich wieder mit Minorin… Nori hat MichiMichi gerettet. Bei Shina hat sich herausgestellt, dass sie nicht ohnmächtig war, sondern nur geschlafen hat und alle Level 0 geht es gut!“

Ja… Ein richtiges Happy End, ich freue mich… Aber Nori…

„Kannst du bitte von mir runterklettern?!“ Auch wenn ich diesen Satz geschrien habe, so war er stark gedämpft, da ich mit dem Gesicht auf dem Boden lag. Eigentlich lag ich, Arme und Beine ausgebreitet, auf dem unbequemen Asphalt und auf meinem Rücken saß niemand anderes als Nori. Gerade hatte ich mich von Kyou verabschiedet außerhalb der Schule, da war sie wie auf Stichwort schon aufgetaucht und hatte mich wortwörtlich unter sich begraben… Warum ich nach so einem anstrengendem Tag wieder in der Schule war? Nun, Nori nannte es ,Bestrafung, dafür, dass ich mich so lebensmüde in Gefahr gebracht habe‘ und ich sah es auch so an… Da ich keine sonderlichen Verletzungen hatte, konnte ich theoretisch zur Schule gehen. Aber ihr kennt das sicher, ihr sucht hinter jeden Ecke nach einer Ausrede nicht zur Schule zu müssen und ich finde, dass die Ausrede: „Ich hatte gestern einen Kampf auf Leben und Tod!“ sicher nicht schlecht wahr, zumal sie der Wahrheit entsprach. Also hatte ich mir schon vorgenommen am morgigen Tag nicht zur Schule zu kommen, als Nori mir einen Strich durch die Rechnung gezogen hatte. So hatte ich also heute meine Strafe abgesessen und war froh darüber endlich frei zu sein, als sie aber schon wieder aufgetaucht war… Ich konnte es nicht sehen, aber die Mitschüler die uns beide passierten kümmerten sich nicht groß um diese lächerliche Szene. Sie waren diese schon gewohnt und hatten das eben als ,unter ihrer Würde‘ abgestempelt, oder hatten sich einfach daran gewöhnt. Nori ließ sich jedenfalls nicht davon stören und ich schon lange auch nicht mehr…

„Oh?!“ Nori klang ehrlich überrascht und kletterte tatsächlich von mir herunter, „Sorry, MichiMichi. Ich habe mich mitreissen lassen…“ Sie hielt mir die Hand hin und sah mich auch tatsächlich entschuldigend an. Ach Nori, wie kann ich dir bei diesem Gesicht je böse sein? Ich ließ mich von ihr aufhelfen und klopfte mir den Staub ab von den Klamotten. Nori kratzte sich verlegen am Hinterhopf und gab ein schüchternes „Tehe~“ von sich.

„Ist ja schon gut…“ murrte ich, als ich endlich wieder stand, „Ist ja nicht so, dass ich mich nicht daran gewöhnt habe…“

„Na dann ist es ja gut, dann kann Nori es also immer noch weitermachen!“ verkündete sie feierlich und ich verschwendete nicht einmal die Energie ihr davon abreden zu wollen…

„Weißt du…“ Nori schien über etwas nachzudenken, jedenfalls führte sie ihren Zeigefinger zum Mund, was ihr Tick war, wenn sie über etwas - hauptsächlich kindisches - nachdachte, „Eine Sache fehlt noch zum perfektem Happy End…“ Sie nahm mich bei Hand und zog an mir, „Einen Kuss!“
 

Bevor ich mich also versehen konnte und ein paar Teleportsprünge später standen wir beide also vor einem Gebäude, das ich nur allzu gut kannte. Es war meine Judgmentabteilung. Dieses kleine Gebäude, das sich zwischen zwei Hochhäuser quetschte gehörte vermutlich zu den meist betuchtesten Attraktionen in der Stadt für mich jedenfalls. Natürlich wusste ich, dass dies die Abteilung mit den legendären Mitglieder gewesen war. Shirai Kuroko, Noris Tante übrigens, Kazari Uiharu, jetzt eine Lehrerin in einer Mittelschule und Anti-Skill Mitarbeiterin, und Konori Mii, jetzt ein hohes Tier in Anti-Skill. Ich wollte unbedingt gerade dieser Abteilung mit der Nummer 177 beitreten, da Misaka Mikoto, mein großes Vorbild hier immer ein und aus gegangen war. Voller Hoffnung, dass ich hier irgendwie Spuren ihrer Anwesenheit finden würde, war ich also beigetreten, aber was ich gefunden habe, war ein überfülltes Zimmer mit drei weiteren, nicht gerade motivierten Mitarbeiter. Wie wir uns aber richtig kennengelernt haben und was für kleine Abenteuer - ich nannte sie mal so - wir so erlebt haben, diese Geschichten halte ich mir aber für später auf…

„Was wollen wir hier und was meinst du mit Ku…“ Doch ich kam nicht zu Ende, denn schon zog Nori wieder feste an mir und ging mit mir die Treppe hinauf. Ich hatte da so eine böse Vorahnung… Während wir liefen hatte mir Nori auch kein einziges Mal ins Gesicht gesehen… Sie öffnete die Tür zur Abteilung und was begrüßte mich da? Ein einzelnes Mädchen, das auf irgendetwas zu warten schien. Dieses Warten galt wohl uns beiden. Es war Minori Fujiwara, die über unser plötzliches Erscheinen sichtlich überrascht war. Eigentlich waren es zwei Mädchen fiel mir auf. In der Ecke stand Sakura Shigemitsu. Sie hatte endlich mal was anderes an, als diese schwarze Kluft… Es war eine Mädchenuniform, im Sailor-Fuku Style… Als sie mich sah, sah sie schüchtern zur Seite und wirkte bedrückt… Bevor Nori irgendetwas verkünden konnte, ließ ich sanft ihre Hand ab und ging zielstrebig zu diesem Mädchen. Eigentlich war ich froh, dass sie hier war. All dies möchte ich am liebsten so schnell wie möglich aus der Welt geschaffen haben…Während ich mich ihr näherte begann sie rot zu werden und beschämt auf den Boden zu Blicken. Man konnte förmlich die Schuldgefühle in ihren Augen ablesen… Nori schwieg und ebenso tat es Fujiwara… Als ich sie schlussendlich erreicht hatte, tat ich wie immer das, was mir als erstes in den Kopf kam: Ich hielt ihr meine Hand hin. Erstaunt blickte sie auf die ausgestreckte Handfläche und sah mir das erste mal richtig ins Gesicht.

„Wenn du erwartest, dass ich irgendwie auf dich wütend bin, oder sogar dich hasse, muss ich dich leider enttäuschen… Wenn jemand sauer sein soll, dann eher du auf mich…“ Ihre Augen weiteten sich vor Unglauben und ihre Kinnlade fiel ihr hinunter, „Du hattest von Anfang an Recht… Es tut mir Leid, dass ich so arrogant als Level 5 gewesen war… Ich…“ Ich wollte gerade weiter mit meiner herzerwärmenden Rede führen, aber sie schüttelte ihren Kopf und lächelte mich an:
„Bevor wir beide in eine Diskussion fallen, wer nun am meisten Schuld ist, sage ich einfach: Dass es mir ebenfalls Leid tut und ich gerne das wieder gut machen möchte…“ Sie schien glücklich. Ob es daran lag endlich von diesem Nelson frei zu sein, oder einfach daran, dass ich ihr verziehen habe. Ihre Freude machte mich ebenfalls fröhlich.

„Jetzt wo das geklärt ist…“ Nori konnte wohl ihr vorlautes Mundwerk nicht mehr lange halten und griff mich am Nacken und drehte mich gewaltsam Richtung Minori die, als sie sie mir in die Augen blickte, zusammenzuckte. Wir beide wussten, was Nori jetzt eigentlich wollte…

„Knutscht ein wenig miteinander rum. Dann haben wir endlich unser aller Happy End.“ Mir blieb nicht einmal Zeit zurückzublicken, als sie mich schon nach vorne stieß und ich in Fujiwaras Armen stolperte. Sie torkelte ein wenig bei dem zusätzlichem Gewicht zurück, fiel aber nicht um, aber nun waren wir beide in einer peinlichen Position. Unsere Gesichter waren so nah, dass wir nur noch… Ihr wisst was ich meine. Ich war natürlich verlegen und wurde rot bei dem Gefühl von Fujiwaras warmen Körper an dem meinen. Aber ich spürte sofort, dass es nicht das selbe Gefühl war, als ich gestern fast Nori geküsst hatte… Es war nur eine körperliche Erregung die ich nun verspürte, weiter nichts. Ich hatte keine Schmetterlinge im Bauch, ich war mir meiner Umgebung noch vollkommen bewusst und meine Augen galten nicht nur Fujiwara. Sie aber… Sie wirkte anders. Ihr Gesicht war knallrot und hätte ich es wieder mit ihrem Tsundereverhalten erklären konnten, müsste mir dann aber auch was anderes auffallen… Tsundere… Ihre Augen blickten mich verträumt an und ich sah förmlich wie sie ihre Lippen spitzte. Sie erwartete tatsächlich einen Kuss von mir… Irgendwie war mir das ein wenig unheimlich…

„Was sollen wir jetzt machen?“ flüsterte ich ihr zu, während ich im Hintergrund Noris Zurufe hören konnte. Sie schien aus einer Trance erwacht zu sein, aber ihr Gesicht war immer noch so rot wie vorher… „Ich weiß nicht… Ich… Mir ist es egal…“ Sie wirkte richtig verwirrt und ich merkte sofort, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte. Aber… Hatte sie mir gerade angeboten sie zu küssen? Für ein Mädchen ihres Schlags war der erste Kuss doch sicher ein Schatz den sie nur denen gab die sie wirklich liebten… Sie wirklich liebten… Oh Gott… Bitte sagt mir nicht, dass diese Vorahnung die ich gerade habe wahr ist. Minori Fujiwara ist in mich verliebt? Beweise gab es genug. Ihr tsunderehaftes Verhalten mir gegenüber - dass mir das nicht aufgefallen war… - all diese Kommentare kommend von Takeo und vor allem, dass sie mit dem Plan kam, der mir jetzt so viele Schwierigkeiten bereitete. Hatte sie wirklich das vorgeschlagen in der Hoffnung, dass ich mich in sie verlieben würde. Wenn das so wäre, fühlte ich mich ein wenig verarscht. Wütend war ich aber nicht auf sie. Immerhin war ich bei der Sache auch nicht ganz unschuldig, aber sie… In mich verliebt? Ich war jetzt auch verwirrt und ich wusste nicht was ich machen sollte. Ehe ich mich auch schon versah, neigte sich mein Kopf nach vorne. Warum? War ich etwa doch ein wenig in dieses Mädchen verknallt? Oder war mein Kopf einfach so verwirrt, dass er einfach die einfachste Entscheidung nehmen wollte? Fujiwaras Gesicht wurde nur noch röter, sie schloss aber die Augen und wieder spitzte sie die Lippen in der Erwartung, dass die meinen sie bald berühren würden… Ich konnte nicht sehen was hinter mir geschah, aber ich merkte, dass Nori verstummt war. Ihren Gesichtsausdruck konnte ich nicht sehen, aber jemand anderes konnte es.

Sakura, die mit großen Augen beobachtet hatte wie ihr geliebter Senpai von einem Mann angemacht wurde, war auch das Verstummen des sonst so lauten Mädchens aufgefallen. Was sie da sah, schockte sie noch weitaus mehr, als der Anblick der sich vor ihr geboten hatte… Noris Gesichtsausdruck war so verletzt, dass man sofort Mitleid hatte. Sie biss sich auf die Unterlippe und in ihren Augen begannen sich Tränen zu formen. Man erlebte förmlich ihren Kampf gegen sich selber. Einerseits möchte sie die beiden aufhalten und ihren MichiMichi ganz allein für sich selber haben, aber andererseits hoffte sie, dass so MichiMichi glücklich werden konnte… Sakura, die das nicht länger mitansehen wollte, wollte gerade die Stimme erheben, als etwas sie aufhielt…

Jetzt aber zurück zu mir. Bevor es so weit war und unsere Lippen sich berühren würden, konnte ich mich zusammenreissen. Nur noch Millimeter von ihrem Mund entfernt stoppte ich jede Bewegung von mir und mein Entschluss hatte sich gerade eben geformt… Nein, egal ob Fujiwara denn nun in mich verliebt war, oder nicht… Ich war es nicht! Ich mochte Fujiwara als eine Freundin und Arbeitskollegen, aber mehr nicht… Meine Gefühle gehörten ganz allein Nori. Mit diesem Entschluss auf den ich ziemlich stolz war, drückte ich Fujiwara sanft von mir und sie öffnete die Augen. Ich schüttelte sanft den Kopf und murmelte leise: „Es tut mir Leid“ sodass nur sie es hören konnte und ich sah förmlich wie sich Enttäuschung und auch ein klein wenig Wut in ihrem Gesicht breit machte. Aber bevor ich überhaupt darauf aufmerksam machen konnte, dass ich sie nicht küssen wollte, unterbrach etwas mich.

„Wie lange wird es jetzt her sein, dass wir das letzte Mal hier waren?“ Jemand näherte sich uns. Man hörte wie mehrere Schritte die Treppe hinaufstiegen und ein paar weibliche Stimmen hörte man gedämpft durch die Tür. Diejenige die gesprochen hatte, dessen Stimme kam mir irgendwie bekannt vor, ich konnte sie aber noch nicht richtig einem Besitzer zuordnen…

„Ich habe schon lange aufgehört zu zählen… Wer arbeitet denn jetzt hier?“ Eine andere Stimme erklang und sie kamen immer näher.

„Wieder 4 Leute. Einer von ihnen soll sogar ein Level 5 sein. Wenn ich mich nicht irre ist es derselbe den ich gestern erst begegnet war bei mir im Krankenhaus.“ Jetzt erkannte ich wer es war. Es war Saten-sensei… Ich hatte inzwischen von Fujiwara abgelassen. Es war jetzt sicher für die Kommenden nur noch einen Stock bis sie da waren. Irgendwie wurde ich aufgeregt.

„Ein Level 5?“ Für diese Stimme brauchte ich nicht einmal eine Sekunde um zu erkennen zu wer sie gehörten. Ich hörte Nori hinter mir freudig aufatmen, „Wer mag das wohl sein? Sicher nicht so toll wie Onee-sama~“

„Ach Kuroko…“ Beim Klang der letzten Stimme ging mein Herzschlag in die Höhe… Auch wenn ich sie noch nie gehört hatte, wusste ich wer es war. „Meine Zeit ist schon längst vorüber, die nächste Generation der Level 5 hat jetzt hier in der Stadt ihren Platz. Obwohl ich auch gespannt bin, wer es sein kann…“ In diesem Moment wurde die Tür auch geöffnet. Vier Frauen kamen herein… Nori quiekte vor Freude und lief sofort auf sie zu.

„Tante Kuroko!!!!!!!“ schrie sie vor Glück und warf fast die Frau mit den zwei Zöpfen um, „Und auch noch Tante Mikoto, Tante Kazari und Tante Ruiko!! Was macht ihr denn hier?!“

„Nori-chan?! Was machst du denn hier?“ Kuroko Shirai war vollkommen überrascht. Ich hatte sie schon ein paar mal getroffen. Sie war Noris Tante und in vielen Bereichen eine Art Lehrmeister. Wegen ihr war Noris Spezialität in ihrer vielwertigen Fähigkeit der Teleport geworden und von ihr hatte sie die hohe Kunst der perfekten Umarmung erlernt. Sie war eine schöne Frau mit rotbraunen Haaren, die mithilfe von roten Schleifen zu zwei Zöpfen zusammengebunden waren. Sie war in Alltagskleidung gekleidet die zwar nicht unbedingt sonderlich freizügig waren, aber einen Sexy Touch hinterlassen sollten. Zu ihren beiden Seiten waren einerseits Saten-sensei, die zwar nicht in ihrem Kittel da stand aber immer noch so aussah wie vor einigen Kapitel und dann noch eine Frau mit kurzen schwarzen Haaren an dessen Kopf ein -war das ein Haarband? - aus Blumen thronte. Es wirkte eher als ob ein kleiner Blumengarten auf ihrem Kopf thronen würde. Sie war in eine Anti-Skill Uniform gekleidet und ich wusste langsam was das alles hier zu bedeuten hatte. Die letzte Frau war auch noch da. Ich sah sie an und sie sah mich an… Sie hatte schulterlanges kastanienbraunes Haar mit einer Haarspange an der Seite. Sie war besonders schön und ich brauchte viel Konzentration nicht von dieser geblendet zu sein. Wüsste ich wie sie vor 20 Jahren ausgesehen hatte, dann wäre wohl der größte Unterschied ihre Oberweite gewesen… Auch wenn sie nicht unbedingt überdimensional groß waren, so hatten sie doch eine beachtenswerte Größe. Aber! Ich sollte nicht zu lange in diesem Bereich bleiben und lieber zum wesentlichen kommen. Diese Frau war Misaka Mikoto… Die Railgun und damalige Nr. 3 der Level 5. Mein größtes Vorbild und Objekt der Bewunderung. Im Moment fühlte ich mich ein wenig wie eine Teenagerin die gerade ihrem absolutem Lieblingsstar über dem Weg gelaufen war. Mein Herz schlug wie verrückt, mein ganzer Körper zitterte und mein Gehirn konnte nicht richtig arbeiten. Was soll ich tun? Da stand sie und sah mich freundlich an.

„Mikoto…“ Saten-sensei war inzwischen dazu getreten und hatte Nori, Shirai-san und die Frau die vermutlich Uiharu Kazari war, allein gelassen, „Das ist Michizane Fujimoto. Nr. 4 der Level 5 der Stadt. Unter anderem ist er auch unter den Namen Dragon Flame genannt und manche nennen ihn sogar Railgun der 2. Generation!“ Misaka war überrascht bei der Aussage. Sie sah mich anerkennend an und dadurch wurde mein Gesicht so knallrot, dass ich dem von Fujiwara um nichts nachstand

„Das klingt echt beeindruckend Fujimoto-san! Aber Dragon Flame klingt aber nicht nach Electromaster.“

„Ähm… Na ja… Meine Fähigkeit ist auch Pyrokinese, Misaka-san. Der Grund, warum ich so genannt werde ist, dass beide unserer Fähigkeit nicht gerade selten unter Esper sind.“ konnte ich mich zum Sprechen bringen, obwohl ich so zittrig klang, dass ich froh war, dass Nori gerade damit beschäftigt war ihre Tante zu schmusen…

„Ah so ist das, verstehe…“ Sie lächelte mich wieder freundlich an, „Wenn das so ist, freut es mich deine Bekanntschaft zu machen, Fujimoto-san.“ Sie verbeugte sich höflich und bei diesem Anblick konnte ich mich nicht mehr vor verbeugen geben. Ich musste wirklich lächerlich aussehen… Ich war wie eine schüchterne Schülerin die gerade mit ihrem respektiertem Senpai sich unterhielt.

„Du musst mir mal zeigen, warum du ,Dragon Flame‘ genannt wirst. Wie wäre es mit einem Duell?! Ich habe schon lange keine Übung mehr und das wäre die perfekte Gelegenheit mich wieder in Schuss zu bringen…“

„E…EHHHH?!“ schrie ich entsetzt. Ein Duell mit ihr?! Das wäre als ob ein Traum wahr geworden wäre.

„Onee-sama~ Du klingst wie eine alte Frau. Du bist doch noch gut in Schuss. Auch in andere Bereichen…“ Den letzten Teil flüsterte Shirai ihr ins Ohr, aber dass jeder es noch mitbekommen konnte. Sofort wurde Misaka knallrot und ihre Faust fiel auf die Schädeldecke von Noris Tante. Wie aus einem Comic kam eine gewaltige Birne daraus hervor und Shirai ging zu Boden… Hinter ihr sah man Saten-sensei und Nori lachen und Uiharu-san beugte sich zu ihr hinunter und fragte sie milde besorgt ob alles in Ordnung war.

„Kuroko… Du lernst es nie!“ Sie klang schon ein wenig bedrohlich und ich hätte schwören können, dass Funken aus ihrem Körper sprühten. Ich beäugte das ganze Spektakel nur mit weit offenen Augen.

„Oh Mann… Niemand hat sich geändert!“ Saten-sensei konnte kaum vor Lachen und irgendwie hatte ich kurz die Illusion, dass hier 4 Mittelschülerinnen vor mir standen und einfach nur ihren Spaß hatten. Sie alle - selbst Shirai - hatten diese Nostalgie in ihren Augen.

„Also?“ Misaka hatte sich inzwischen beruhigt.

„Was sagst du zu der Idee mit dem Duell?“

Sofort antwortete ich mit einem entschlossenem: „Ja!“
 

Shina Yoshigawa öffnete die Augen und wünschte sich sofort, dass sie sie wieder geschlossen hatte. Es lag nicht daran, dass eine weitere Person neben ihr saß. Nein, am liebsten hätte sie noch weiter geschlafen. Warum hatte ihr Körper jetzt gerade entschieden aufzuwachen?! Er hatte doch genug Anstrengung in einem Tag erlebt um mindestens eine Woche noch schlafen zu können. Ach ja… Es fiel ihr wieder ein. Sie war jung und junge Leute brauchten eben ihre Bewegung. Sie war jedenfalls fest der Überzeugung, dass ihr Körper ein anderes Bewusstsein hatte als ihr Kopf. Denn dieser hätte jetzt am liebsten bis in alle Ewigkeit ruhen konnten. Aber jetzt war sie erwacht und sie musste eben darauf warten bis ihr Körper es ihr wieder erlauben würde zu schlafen. Sie sah sich als aller erstes mal um. Sie befand sich offenbar in einem Krankenzimmer. Es war weder besonders schön hier, noch besonders hässlich. Anhand der Farbe des Himmels, den sie durch das Fenster betrachten konnte, sah sie, dass es Nacht war. Dies verschaffte ihrer Laune nur noch einen heftigeren Schlag nach unten. Jetzt musste sie also während der Nacht warten bis ihr Körper jede überschüssige Energie aufgebraucht hatte. Na toll… Jetzt erst wandte sie ihre Aufmerksamkeit der Person, die schon eine Weile neben ihr saß, zu.

„Warum bist du hier? Solltest du nicht mit deiner lieben Nori euren Sieg oder so feiern? Wenn das eine Einladung für eure Partie werden soll, dann lehne ich sofort ab. Das ist mir alles doch viel zu anstrengend.“ sagte sie mürrisch Michizane Fujimoto der nun alleine mit ihr im Raum war.

„Na ja… Ich hatte schon daran gedacht, aber ich kenne dich jetzt lang genug um zu wissen, dass dir das nicht gefallen wird. Du bist aber trotzdem immer willkommen. Sie beginnt jetzt in einer Stunde. Selbst Misaka Mikoto und ihre Freundinnen werden dabei sein.“ erklärte er ihr mit einer Stimme die wohl eine verlockende Wirkung bei ihr erzielen sollte. Dabei trag er aber bei ihr nur auf hartem Stein…

„Die alte Railgun? Tut mir Leid, aber damit wirst du mich nicht anlocken. Hast du vergessen, dass ich nie die Absicht gehabt hatte ein Level 5 zu werden? So etwas wie ein Vorbild habe ich nicht…“

„Na ja… Der eigentliche Grund meines Besuchs ist nach allem ein anderer…“

„Aha und der wäre. Sag bloß nicht, dass du mir jetzt deine Liebe gestehst? Wenn dem so ist muss ich dich wieder enttäuschen. Eine romantische Beziehung würde mir nur als Scherereien bringen…“

Michizane dropte ein wenig bei der Aussage:
„Kannst du mich aussprechen lassen? Also… Ich komm sofort zum Punkt.“

„Na dann sag es doch! Ich will endlich wieder schlafen.“ Sie wurde langsam ungeduldig und Michizane schien es ebenfalls zu werden. An seiner Schläfe begann jedenfalls schon eine Ader zu pulsieren…

„Danke!“ schrie er nun förmlich und Shina verstummte sofort. Das hatte sie nun ehrlich gesagt nicht erwartet, „Ich wollte dir nur danken für das, was du getan hast.“ sprach er nun weiter, jetzt da er ihre Aufmerksamkeit hat… „Du stehst wieder tief in meiner Schuld… Als Erstes das von vor zwei Jahren und jetzt auch noch wegen dem, was du gestern für mich getan hast. Damit meine ich nicht nur, dass du mich gerettet hast, sondern vor allem, dass du Nori so gut beschützt hast.“

Er sah betreten zu Boden und er schien sich schwach zu fühlen. Shina musste seufzen. Schön… Jetzt durfte sie auch noch die Rolle des Trösters übernehmen.

„Hör mal…“ fing sie an, „Ich mag faul sein und ich bin sicher nicht der beste Mensch, der hier auf der Erde wandelt. Aber selbst ich kann es manchmal schaffen meinen Schweinehund zu besänftigen. Versteh mich nicht falsch… Er ist mein guter Freund und wir beide haben sehr viel Spaß, aber manchmal muss man selbst einen guten Freund verraten um das zu tun, was in deinen Augen richtig ist. Gut, die Metapher mit dem Schweinehund ist nicht sonderlich gut, aber du verstehst was ich meine? Im Grunde genommen will ich nur sagen, dass du sehr wohl in meiner Schuld stehst und glaub mir irgendwann wirst du diese Schuld auch begleichen müssen, aber im Moment kann es bei dem Dank bleiben. Immerhin habe ich es gerne gemacht…“ Sie lächelte ihm zu und er darf sich glücklich schätzen, denn er war einer der Einzigen der sie je lächeln gesehen hatte. Diese überflüssige Bewegung der Gesichtsmuskeln war in ihrer Ansicht verpuffte Energie. Michizane lächelte jedenfalls zurück und nickte.

„Wenn das geklärt ist, möchte ich dich bitten zu gehen. Ich habe so einiges an Schlaf nachzuholen.“ Michizane stand auf, aber er musste schon bei ihrer Aussage verwirrt lachen.

„Wie gesagt. Die Party geht in einer Stunde los. In meiner Abteilung wird sie gehalten. Wenn du kommen willst…“

„Ich werd es mir überlegen…“ unterbrach sie ihn und drehte ihm den Rücken zu, „Jetzt geh bitte…“ Sie holte kurz Luft und sprach das Wort aus, den ihren Charakter so ziemlich ausmachte: „…Mendokusai.“

Mit einem letzten Seufzen verließ Michizane Fujimoto ihr Zimmer…

Prolog: Sister

Ein Blubbern… Dies war das Einzige Geräusch, das die Stille verdrängte… Sonst war alles ruhig in diesem kaum belichteten Raum. Es gab nur zwei Möbelstücke in diesem Raum, der von Dunkelheit gehüllt war. Die einzige Lichtquelle kam eigentlich nur von einem Art Gefäß an einer Wand des kleinen Raums von der Größe eines gewöhnlichen Schlafzimmers. Die Flüssigkeit, die in diesem Gefäß war leuchtete in einem seltsam gelblichem Farbton und gelegentliche Blasen stiegen empor. Am Fuße des Gefäßes befand sich eine Art Schreibtisch. Ein Computer mitsamt Bildschirm waren mit diesem Gefäß verbunden und Ströme von Daten liefen in einem ständigen Fluss von oben nach unten. Niemand war da um sie lesen zu können… Nun ja… Eine Person war schon da, doch der blieb wohl die Möglichkeit verwehrt dies zu tun. Immerhin befand sie sich im Gefäß…

Ein nacktes Mädchen schwamm darin. Man sah nicht ob sie tot, oder lebendig war. Ihre Augen waren geschlossen und sonst schienen auch keine richtigen Lebenszeichen von ihr zu kommen. Das einzige was wohl verriet, dass dieses Mädchen eigentlich lebendig war, war wohl der gelegentliche Piepston, der den Herzschlag darstellen sollte, so wie es auch in Krankenhäusern getan wird. Man fragte sich denn, wie sie denn eigentlich in der Flüssigkeit überleben konnte, denn sie schwamm ohne weitere Hilfsmittel in der Flüssigkeit und es gab keine Zeichen dafür, dass ihrem Körper irgendwie Sauerstoff zugeführt wurde. Die langen braunen Haare des Mädchens schwammen um ihren Körper herum und auch ihr Körperbau ließ auf den eines Jugendlichen um die 16 Jahre schließen.

Plötzlich hörte man ein lautes Knallen… Die Tür zum Raum wurde aufgeschlagen. An der Schwelle stand ein etwas molliger Mann. Sein spärlich werdendes und dunkles Haar war in dem schwachen Versuch etwas anständig auszusehen gegeelt und hinten zu einem Zopf zusammengebunden. Eine Brille ruhte auf seiner schwitzigen Nase und im Allgemeinen gab er den Eindruck eines schmierigen Typs. Das besonderste an ihm war wohl, dass er nur einen Arm hatte, während der Stumpf in Bandagen gehüllt war. Er raste vor Wut, als er rasch in den Raum hineinstapfte:
„Verdammt!“ schimpfte er lautstark und schenkte dem Mädchen im Gefäß kaum Beachtung. Anderes konnte man auch von ihr behaupten, denn sie ,schlief‘ seelenruhig weiter:
„Was ist denn los, mein Lieber?“ Eine weitere Stimme ertönte, weitaus ruhiger und gelassener als die des Wissenschaftlers. Sie gehörte zu einem anderen Mannes, der nun ebenfalls in den Raum eintrat. Er war das komplette Gegenteil des beleibten Mannes. Er besaß einen perfekten Körper. Mit mittellangen schwarzen Haaren, dem Gesicht eines attraktiven Models, roten Augen - ob es natürlich so war, oder ob es Linsen waren, sei mal dahingestellt - und dem perfekten Grinsen. Nun… Auch wenn dieses perfekte Grinsen anfangs freundlich und auch etwas kindlich wirkte, so war es doch mit solch offensichtlicher Bosheit gefüllt. Gekleidet war er in einen Arztkittel, schwarzen Hosen und Schuhen die offensichtlich Designer-Artikel waren. Anders war es wohl auch nicht damit mit dem, was sich unter dem Kittel befand. Er lehnte sich an den Türrand und beobachtete mit ruhiger und verspielter Miene den furiosen Mann:
„Sie ist doch fertig? Da kann ich sie doch abholen kommen?“

„Ja, das ist sie… Und glaub mir. Ich will sie am liebsten los werden…“ antwortete der schmierige Typ und fuchtelte erregt mit den Armen herum.

„Aber?“ fragte der ,perfekte‘ Mann.

„Was ist denn, wenn ich sie dir nicht gebe? Immerhin ist nicht alles so verlaufen wie ihr mir versprochen habt!“ Er gestikulierte wild mit seiner einzigen Hand in Richtung des Mädchens im Gefäß. Der Mann folgte mit seinem Blick der Geste und er war für den Bruchteil einer Sekunde kalt, ehe er schon in Lachen ausbrach:
„Oh mein Gott… Ist dieser Witz gut.“
„Ich scherze nicht! Für meine Rache brauch ich sie vielleicht noch! Also entweder…“

Der Mann hörte auf zu Lachen und löste sich von seiner lehnenden Person. Er ging einen Schritt auf den Mann zu und bei dieser Tat verstummte er:
„Du hast nichts mit dem du mir drohen kannst, Kanaguha.“ Sein Lächeln war kurze Zeit verschwunden, bevor es auch schon wieder da war.

„Nur ein Scherz… Also… Lass mich doch deinen Satz zu Ende sprechen. Entweder wir geben dir weitere finanzielle Unterstützung, oder du gibst uns nicht das Testsubjekt? Hmm~ Interessanter Vorschlag. Nur, du hast eines nicht miteinberechnet… Wir brauchen dich nicht mehr, schon gar nicht das, was du vor uns versteckst…“
„Woher?“ stotterte der dicke Wissenschaftler. Sein Blick war gefüllt mit Angst und Unsicherheit.
„Du hast wohl nichts aus der Geschichte meiner Familie gelernt, oder?“ redete Mr.Perfect weiter und antwortete nicht auf seine Frage: „Wir wissen so ziemlich alles… Zumindest das, was in der Dunkelheit dieser Stadt passiert. Da ist so ein zweiter Klon, der mithilfe von Magie und Wissenschaft hergestellt wurde, eine kleine Nebeninfo… Also nichts besonderes. Mich interessiert im Moment nur ,sie‘…“

Mit einem Augenwink deutete er auf das Mädchen das da ruhig vor sich hin blubberte.

„Also?“

Der einarmige Mann sagte eine Zeit lang nichts… Sein Blick war leer und besiegt. Der Andere wartete geduldig und verschränkte die Arme, während er ein Lächeln auf den Lippen hatte, das nur vor Zufriedenheit strotzte. Nach einigen Sekunden bewegte sich der beleibte Mann zu dem Computer, tippte etwas rein und schon hörte man das Geräusch von einer abfließenden Flüssigkeit. Der Mann trat einen Schritt zurück und das Gefäß öffnete sich vorne langsam wie eine Tür…Das Mädchen, das vorhin noch so in der Flüssigkeit geschwebt hatte, fiel mit dem Gesicht nach vorne und landete unsanft auf dem Boden:
„Itatatata…“ hörte man eine weibliche Stimme von dem Boden aus kommen. Das Mädchen begann sich zu bewegen. Als Erstes bewegten sich die Arme und stützten ihre Oberkörper ab, damit sie sich aufrichten konnten. Dann bewegte sich ihr Kopf. Ihre braunen Augen nahmen den Raum in Augenschein, bevor sie auf den beiden Männer ruhten die sie alle begutachteten… Ihr Blick fiel langsam zu ihrem nackten Körper, bis er wieder den beiden Männern galt. Eine Zeit lang war Stille, bis…

„RAUS HIER!!!!“ schrie das Mädchen und hob ihren Arm… Schon im nächsten Moment brach Feuer aus der Hand heraus und die beiden Männer schafften es gerade rechtzeitig aus dem Raum und schlossen die Tür hinter sich.

„Ihr elenden Perverslinge!!!“ kam es noch gedämpft von hinter ihnen zu hören.

„Wie ich sehe, hast du Testament mit dem Entwicklungsprozess laufen lassen?“ keuchte der modelähnliche Mann etwas ausser Atem…
„Ja… Das war der Kern dafür, dass nicht der selbe Fehler wie bei den Sistern begangen wird und sie schon ein Level 5 von Anfang an ist. Immerhin hat sie die Persönlichkeit des Originals bekommen…“

„JA, das wusste ich schon… Aber vielleicht hättest du denn ein wenig Gehorsam einbauen können?“

„Keine Sorge… Der ist schon da… Nur scheint sie etwas rebellisch zu sein.“

Der schwarzhaarige Mann wollte gerade etwas sagen, als man noch von drinnen hörte.

„Wo sind denn hier bitteschön Kleider???“

Der Mann seufzte und blickte auf seinen den korpulenten Wissenschaftlerkollegen.

„Bist du sicher, dass es denn seine Persönlichkeit ist?“

„Ja… Nur eben mit der Ausnahme, dass es ein Mädchen ist… Warum eigentlich? Ich meine, ich hab es getan, weil es mir gesagt wurde, aber warum? Als Mann wäre es auch möglich gewesen.“

Ein vorwurfsvoller Blick des Brillenträgers.

„Ah… Das?“

Sein Gegenüber lachte und kratzte sich am Hinterkopf:
„Ich wollte eben ein Mädchen haben~“

Der Dicke dropte bei dieser Aussage und wollte gerade erwidern, doch es kam nie dazu, denn die Tür wurde gewaltsam aufgestoßen und beide Männer fielen auf den Boden:
„Ich sagte… Wo sind hier Kleider? Und wagt es nicht euch umzudrehen…“

Der dicke Mann wimmerte und richtete sich tollpatschig auf um eben dies zu tun für das wütende Mädchen. Jetzt waren nur noch Beide übrig… Es herrschte kurzes Schweigen:
„So…“ sagte das Mädchen, sichtlich ruhiger… „Du bist also Kihara Higashikuni, mein Meister?“ Ihre Stimme war nun kalt und hätte dies vor 20 Jahren seinen Lauf gefunden so waren gewisse Ähnlichkeiten mit anderen Mädchen in ihrem Zustand vorzufinden.

„Ah, wie ich sehe hat er sich an alles gehalten…“ antwortete Kihara Higashikuni und wollte sich gerade aufrichten, als schon wieder die wütende und laute Stimme zurückkam und ihn aufforderte:
„Nicht… Umdrehen…“ Seines eigenen Lebens lieb, tat er das auch und stand somit mit dem Rücken zu ihn auf.

„Ja… Ich weiß alles… Ich werde jetzt nicht sentimental… Immerhin bin ich erst vor einigen Minuten geboren worden. Normalerweise denkt man sich wohl, dass das einen verwirrt. Aber es fühlt sich so an, als sei ich auch sechzehn Jahre auf der Welt… Das Einzige was eben fehlt sind Erinnerungen. Aber genug davon… Das interessiert einen Mad Scientist wie dich wohl kaum.“ Ihre Stimme wurde wieder kalt und emotionslos:

„Richtig erraten. Wir können uns ja immer noch später kennenlernen. Du hast aber vorher noch einiges zu tun, meine liebe Fujimoto Michiko…“

„Michiko… Ein hübscher Name…“ Einen Hauch an Emotion war zu erkennen. Sie schien sich zu freuen:
„Eine Verweiblichung des Namens vom Original?“

„Genau… Immerhin bist du der erste, einzige und perfekte Klon von Michizane Fujimoto…“

Ein Seufzen entwich ihren Lippen…

„Jawohl… Meister… Immerhin hab ich nach einigen Minuten Lebenszeit nichts besseres zu tun als den Befehlen eines verrückten Wissenschaftlers Folge zu leisten. Das Schlimmste ist aber immer noch, dass das eben stimmt… Was soll ich also tun?“

Ein freudiges und fieses Lächeln breitete sich auf dem Gesicht des Kiharas aus…

„Wie gesagt: So Einiges…“




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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  Namifia
2013-02-18T17:11:15+00:00 18.02.2013 18:11
Ja, lieber Fujimoto, ein Prolog muss sein... und auch wenn er es recht letargisch rüberbrachte (was in der Tat wohlwollend an Kyon erinnert ;>), hat er es wunderbar gemacht.

Man kriegt schon Lust zu lesen, wenn man ihn reden (/schreiben) hört, vorallem WIE er beschreibt und WAS für Situationen er erklärt. 8D
Ich hatte schon erwähnt, dass die Personen, die kurz vorgestellt werden, schon irgendwie symphatisch genug wirken, sie symphatisch zu finden? xD

Ich frage mich... wie lange es her ist, seit sie die nachfolgenden Geschichten erlebt haben... ö3ö
Hoho.~

(Aber ansonsten merke ich schon, auch aufgrund des 1. Kapitels, dass es tatsächlich gar nicht einmal solch große Notwendigkeit erfordert, Index wahrlich gut zu kennen... Ich glaube, ich kann es wahrlich bedenklos weiter lesen. ;>)


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