Fremde Welten: Das Schloss am Meer (#2) von Purple_Moon (Crimsons eigene Serie, yay!) ================================================================================ Kapitel 26: Anfeindungen ------------------------ Legend nahm sich eine freundliche Umarmung heraus. „Direktor Crimson, Ihr seid wohlauf! Wie schön, Euch endlich wieder zu sehen.“ Er reichte einen schweren Leinenbeutel an den Alchemisten weiter. „Wir haben alle das Schattenfieber gut überstanden,“ freute sich dieser. „Es ist faszinierend zu sehen, wie ihr alle ohne mich klargekommen seid.“ Der blonde Jüngling grinste frech. „Wir können eben auch alle mitdenken, besonders dieser Yugi und sein Kumpel Yami. Die haben alles durchorganisiert, wir mussten nur noch die Anweisungen entgegen nehmen. Yugi hat uns Aufgaben für zwei Wochen gegeben und dabei sogar die Gäste da draußen eingeplant. Alleine hätten wir es auch nicht geschafft, schließlich waren wir zu wenig Leute. Sorc hat Euch gut vertreten, denke ich. Aber ich hatte nur einmal mit ihm zu tun und bin dann wieder losgezogen.“ „Ihr seid alle unentbehrlich,“ versicherte Crimson. „Ich wäre total aufgeschmissen gewesen ohne Hilfe. Diesen Trank kann niemand alleine machen, jedenfalls wüsste ich nicht, wie.“ „Ich geh was essen und dann ne Runde schwimmen, okay?“ „Mach das, wir haben keinen Unterricht im Moment. Nachher wird eine Versammlung im Speisesaal stattfinden, Cathy sagt dir noch Bescheid. Ach ja... geh nicht ins Bad, es ist zur Zeit nicht benutzbar wegen der Merasfresser. Außerdem sind die Renovierungsarbeiten noch nicht abgeschlossen.“ „Ist gut!“ Legend entfernte sich Richtung Küche. Crimson begab sich in den Alchemieturm und packte die Ware aus. Es waren auf den ersten Blick grob zerkleinerte, glitzernde Steine mit einer glatten, undurchsichtig schwarzen Oberfläche. Jedoch handelte es sich um Mineralien, die nur in bestimmten Gebirgsketten vorkamen. Wenn mit dem Elixier alles gelungen war, mussten sie sich darin auflösen. Zur Zeit war das Zeug nämlich nicht besonders bekömmlich. Deshalb passte er auch auf, dass er nichts an die Finger bekam. Er nahm einen Löffel und ließ damit eine Portion in den Kessel fallen. Es gab keine sichtbare Reaktion, also folgte noch ein Löffel voll. Auch hier war keine Veränderung zu erkennen. Gut. Crimson rührte um. Die Farbe änderte sich um ein oder zwei Nuancen, aber ansonsten blieb alles gleich. So sollte es sein. In seinem Buch wurde davor gewarnt, dass ihm das Gebräu um die Ohren fliegen konnte, wenn er an dieser Stelle etwas falsch machte. Es roch nach Straßenstaub. Alles in Ordnung. Er packte die restlichen Steine zu seinen Vorräten. Die nächste Zutat war erst in der Nacht fällig, aber er musste zwischendurch ab und zu umrühren. Die Hitzezufuhr konnte niedrig bleiben. Crimson nahm einige der Glutsteine unter dem Kessel weg. Leider konnte man sie nicht löschen, wenn sie in Gebrauch waren. Manchmal war es schade drum, aber er setzte einfach in einer anderen Ecke einen regulären Heiltrank an, damit die Energie genutzt wurde. So. Alles fertig für den Moment. Er fühlte sich sehr ausgeruht, weil das Schloss im Normalmodus war und viele Besucher hatte, die ihm mit Energie aushalfen. Ärgerlich war bloß, dass sie damit die Merasfresser fütterten, aber genau um dieses Problem gedachte er sich jetzt zu kümmern. Als Crimson den Raum erreichte, der sich zum Speisesaal entwickelt hatte (obwohl Saal etwas übertrieben war), traf er Sorc dort bereits an. Der Magier kniete am Boden und malte seine Zeichen auf die Steine. Was immer er dafür benutzte, trocknete schnell und war schon nicht mehr zu sehen, als er an der Wand ankam und die Linie dort nach oben führte. Momentan hatte er wieder Eimer und Pinsel dabei, aber er steckte den Pinsel nie in den Eimer. Sorc unterbrach seine Tätigkeit, während Crimson die Tische betrachtete, die als Rechteck angeordnet waren. Er ließ Eimer und Pinsel mit der bereits bekannten Bewegung seiner Hand in einem Riss in der Luft verschwinden. „Sollen wir die Tische anders hinstellen?“ fragte er. „Ich glaube, wir lassen es lieber so... eventuell reichen die Stühle nicht,“ überlegte Crimson. „Sechs oder sieben könnten wir wohl noch brauchen,“ stimmte Sorc zu. Er machte erneut eine wedelnde Handbewegung, worauf sogar acht Stühle aus dem Nichts erschienen. Crimson sah fragend zu Sorc hinüber, der nun die Stühle gleichmäßig im Raum verteilte. „Hast du die... aus einem anderen Raum geholt?“ Der Ältere nickte. „Klar. Nicht einmal ich kann Materie erschaffen, die vorher nicht existiert hat. Ich kann es so aussehen lassen, aber im Prinzip kommt alles, was ein Magier herbeizaubert, irgendwo her.“ Crimson erinnerte sich, eine derartige Formulierung mal gelernt zu haben... irgendwann ganz zu Anfang, beim Thema Grundregeln der Magie oder so. „Dazu musst du aber wissen, dass es dort ist, oder?“ „Oh, muss ich?“ fragte Sorc mit einem unschuldigen Gesichtsausdruck. Crimson ließ das Thema lieber fallen, bevor der Mann alles, was er über Magie wusste, auf den Kopf stellte. Bis das Elixier fertig war, musste er noch all seine Sinne beisammen halten. Statt dessen sagte er: „Diese Schatzkammer zeigst du mir nachher bitte mal.“ „Ich kann nicht fassen, dass du davon nichts wusstest,“ grinste Sorc. Crimson verdrehte die Augen. Er hatte das Gefühl, dass der Chaosmagier sein Schloss besser kannte als er selbst. Konnte auch gut sein, schließlich hatte er früher hier geherrscht. Ihm fiel auf, dass Cathy sich nicht einmischte, um seinen besserwisserischen Kommentar zu dem Thema abzugeben. Aber ein Schlossherz konnte nicht vergessen, dass es eine Schatzkammer hatte, oder? Crimson suchte sich einen Platz an der Fensterseite aus, um auf seine Helferlein zu warten. Sorc baute sich neben ihm auf, ohne sich zu setzen. Darüber diskutierte er mal einfach nicht mit ihm. Es fühlte sich an, als stünde ein treuer Wächter neben ihm, das gefiel Crimson. Blacky tauchte als Erster auf, zusammen mit Arienne. „Sorc, ich möchte dir jemanden vorstellen... obwohl ihr euch wohl gewissermaßen schon kennt, nehme ich an.“ Sorc ging interessiert auf die beiden zu. „Ja, ich... erinnere mich.“ Er streckte eine Hand aus, wie um galant die ihre zu küssen, doch dazu kam es nicht, denn Arienne machte einen großen Schritt auf ihn zu, holte weit aus und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. Crimson war überrascht, dass sie damit durchkam. Sorc hatte nicht im Geringsten reagiert. Allerdings hatte er wahrscheinlich genug Zeit gehabt, Ariennes Vorhaben zu erahnen, denn ihre Ausholbewegung hatte einige Millisekunden in Anspruch genommen. „Das ist dafür, dass du dich in mein Bett gemogelt hast!“ zischte sie. „Nicht dass der Sex nicht gut war, aber du hättest mich wenigstens fragen können, ob ich die Mutter eines Chaosmagiers sein will!“ Crimson spürte, dass er rot anlief, und auch Blacky war von ihren offenen Worten anscheinend gelinde schockiert, aber auch amüsiert. „Das Ergebnis gefällt dir doch aber, oder?“ nutzte Sorc ihre Vorlage. Arienne schaute zu ihrem Sohn, als müsse sie erst überlegen. „Ja, er ist ganz gut geraten. Danke dafür.“ Sie hob erneut die Hand, doch diesmal, um Sorc kurz, aber zärtlich über die von ihrem Schlag gerötete Wange zu streichen. Gleich darauf trat sie einen Schritt zurück. „Dass wir einen gemeinsamen Sohn haben, heißt aber nicht, dass ich mehr als nötig mit dir zu tun haben will!“ „Natürlich.“ Sorc nickte, nahm ihre Worte zur Kenntnis. Arienne wandte sich so schwungvoll um, dass ihr Kleid beeindruckend flog, und schritt zur gegenüberliegenden Seite des Tisches, wo sie sich – zufällig? – auf einen der Stühle setzte, die er herbeigezaubert hatte. Blacky zuckte mit den Schultern und grinste breit. „Na, ist doch super gelaufen.“ Sorc hatte gerade wieder seine alte Position eingenommen, als weitere Personen den Raum erreichten. Mystic und Magi kamen zusammen mit Dark und setzten sich neben Blacky. Es folgten Luster, die Gilfords, die Skill-Brüder und Sage. Der alte Magier setzte sich neben seinen Enkel. Shiro nahm auf Crimsons anderer Seite Platz, Kuro dagegen neben Arienne, die er sogleich ein bisschen anbaggerte. Crimson hoffte, dass es nicht klappte. Darks Vater und Blackys Mutter, das wäre zu seltsam. Seine Schüler verteilten sich auf vereinzelte freie Stühle. Rosi und Saambell bestanden auf einen Platz an Crimsons Seite des Tisches. Er ließ sie gewähren, obwohl er nicht vorhatte, die Kinder überhaupt an der Parasitenbekämpfungsaktion teilhaben zu lassen. Der Raum füllte sich weiter: Lily, Olvin, Mad und Eria, Ray, Fire und mehrere andere, die Crimson nicht im Einzelnen wahrnahm. Yugi und Yami kamen mit Appi, Neo und Mava als Nachzügler an und mussten sich aufteilen, weil keine fünf Plätze mehr nebeneinander frei waren. Neo setzte sich nicht gleich hin, sondern starrte mit einem hasserfüllte Ausdruck im Gesicht zu Sorc hinüber. „Als ich hörte, dass du hier bist, konnte ich mein Glück ja kaum fassen, aber ich verstehe auch nicht, wie Crimson sich darauf einlassen konnte! Du gehörst in Ketten in ein Verlies!“ Crimson konnte Sorc nicht sehen, ohne sich umzudrehen, aber dessen Stimme klang, als würde er ein wenig lächeln, als er sagte: „Ketten halten mich nicht, Neo.“ „Das kommt auf einen Versuch an,“ zischte der blonde Magier. Crimson schielte schräg hinter sich. Sorc hatte ein ziemlich arrogantes Lächeln im Gesicht. Es war vielleicht nicht gut, Neo herauszufordern, aber wie er den Älteren kannte, konnte dieser auch nicht aus seiner Haut. „Der Zirkel des Bösen hat anders entschieden, Neo,“ wandte er ein. Neos Aufmerksamkeit wandte sich ihm zu. „Der Zirkel des Bösen! Was berechtigt den eigentlich dazu, über den Kerl zu richten?“ „Die Tatsache, dass es ihnen keiner verwehrt hat. Wir haben ihnen Sorc überlassen, und sie haben ihn abgeurteilt, wie es ihren Regeln entspricht,“ erklärte der Schlossherr. Neben ihm hob Sage eine Augenbraue und lächelte hintergründig, äußerte sich aber nicht dazu. Kuro seufzte vernehmlich. „Diskutier nicht mit ihm darüber, Junge, er hat seinen Standpunkt zu dem Thema bereits deutlich gemacht.“ „Sorc ist ganz umgänglich, mach dir keine Sorgen,“ fügte Yugi hinzu. „Du bist viel zu gutmütig!“ fuhr Neo den Jungen an. Sofort ging Yami dazwischen. „Jetzt musst du aber nicht Yugi deswegen anschnauzen!“ „Ja, ja, schon gut,“ gab Neo nach. „Ich will ja nur nicht, dass du hinterher enttäuscht wirst, Yugi. Du darfst nicht jedem immer gleich vertrauen!“ „Von Vertrauen habe ich nichts gesagt,“ erwiderte Yugi. „Aber ich gebe ihm eine Chance.“ „Danke für deine Unterstützung, Yugi,“ mischte Crimson sich wieder in das Gespräch ein. „Neo hat allerdings Recht, Vertrauen darf nicht leichtfertig vergeben werden. Aber ich vertraue Sorc. Und ihr könnt mir glauben – leichtfertig habe ich mich nicht darauf eingelassen.“ Neo starrte ihn sekundenlang ungläubig an, warf einen Blick auf den Chaoshexer und dann wieder auf Crimson. „Du redest hier von dem Kerl, der dich fast umgebracht hätte, das ist dir schon klar, nicht? Er hätte uns alle fast umgebracht!“ „Lass gut sein, Neo,“ bat Mava. „Ich habe mich damit abgefunden, dass er sich hier aufhält.“ „Ihr wart alle zu lange seinem Einfluss ausgesetzt,“ stellte Neo fest. „Mutter, Vater! Sagt doch auch mal was!“ Freed seufzte. „Neo, wir sind auch nicht begeistert davon, dass Mava mit Sorc unter einem Dach wohnt, aber wenn Crimson sagt, dass es in Ordnung ist...“ „Wie soll Crimson das beurteilen können?“ unterbrach der Blonde seinen Vater. Crimson wünschte, er hätte seinen Zauberstab dabei, um damit nachdrücklich auf den Boden pochen zu können. „Ich kann das beurteilen,“ erwiderte er. „Sorc hat mir sein Vertrauen zuerst gegeben. Deshalb habe ich mich darauf eingelassen. Warum macht ihr es nicht alle wie Yugi und gebt ihm einfach eine Chance?“ „Wenn du einen Bruder hättest, der fast in deinen Armen gestorben wäre, würdest du anders darüber denken!“ meinte Neo bissig. „Aber gut, von mir aus... geben wir ihm eine Chance.“ Crimson hob überrascht die Augenbrauen. „Ähm... danke, Neo.“ Der Blonde verschränkte die Arme und sah weg. „Pah! Sorc ist ein arroganter Kotzbrocken, der dir eines Tages noch sein wahres Gesicht zeigen wird, und zwar, wenn du schon nicht mehr damit rechnest! Dann komm nicht zu mir zum Jammern!“ Ray saß zwei Plätze entfernt von Neo, sagte aber nichts. Sein Kiefer war angespannt, obgleich er ansonsten eine lockere Haltung zur Schau trug. Die anderen wussten nicht, dass er Sorcs Bruder war, erkannte Crimson. So wie auch niemand wusste, dass Fire Sorcs Sohn war. Wahrscheinlich vermieden sie solche Enthüllungen, um die Familie vor Voreingenommenheit zu schützen. Blacky spielte mit einer Haarsträhne und schien sich gar nicht für die Unterhaltung zu interessieren. Es war auch besser, wenn er in diesem Fall nicht gezwungen war, zwischen Vater und Freund zu wählen. „Er ist gut im Bett,“ warf Arienne plötzlich ein, was ihr sofort die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Anwesenden einbrachte. Sie studierte sachlich ihre Fingernägel. „Sie hat Recht,“ stimmte Lily zu, den leisesten Hauch von Aggression gegen die Rivalin in der Stimme. Crimson fasste sich an den Kopf. „In der Tat,“ nickte Appi. Alle – einschließlich Sorc – fuhren zu ihm herum, teilweise mit offenen Mündern. Appi immitierte Arienne und sah ungerührt auf seine Fingernägel. Freed war aufgesprungen. „Junge, das ist nicht dein Ernst!“ „Ich wusste immer, dass du es in dir hast.“ Luster, der neben Appi saß, stieß ihn feixend mit dem Ellenbogen an. „Appi!“ rief Shadow in einem flehenden Tonfall. „Sag, dass du uns auf den Arm nimmst!“ Appi schlug seine beiden Hände flach auf den Tisch und stand auf. „Ich bin schlicht und einfach der Meinung, dass wir Wichtigeres zu tun haben, als über Crimsons Menschenkenntnis zu diskutieren! Wenn er Sorc vertraut, tue ich das auch, und sollte sich das als Fehler erweisen, werde ich den Kerl eigenhändig auseinandernehmen, Chaoshexer oder nicht! Das schwöre ich als Apokalyptischer Magier!“ Für zwei oder drei Sekunden herrschte absolute Stille. Sorc selbst war es, der sie brach. „Danke, Apokalyptischer Magier. Sollte ich jemals Crimsons Vertrauen beschmutzen, lasse ich dich mich auseinandernehmen.“ Er neigte den Kopf und legte eine Hand über sein Herz. „Das schwöre ich dir als Chaoshexer.“ Die Luft veränderte sich, als wäre sie plötzlich elektrisch aufgeladen. Crimson hatte ein ähnliches Phänomen schon einmal erlebt, als Sorc einen Schwur ausgesprochen hatte. Offenbar reagierte die Magie im Raum, wenn er so etwas tat, und band ihn an sein Wort. Ohne Zweifel war ihm das bewusst – unvorstellbar, dass er es nicht merkte. Anscheinend hatte auch der Großteil der restlichen Anwesenden etwas bemerkt, denn niemand argumentierte weiter. Crimson ergriff die Gelegenheit. „Ich gebe Appi Recht, wir sind nicht hier, um über Sorc und mein Vertrauen in ehemalige Feinde zu reden,“ sagte er in einem nicht übermäßig lauten Tonfall, so dass er die anderen zwang, sich leise zu verhalten. „Als Schlossherr bin ich dafür verantwortlich, dass niemand gefährdet wird. Dennoch muss ich euch um Hilfe in einer potentiell gefährlichen Angelegenheit bitten. Wie ihr alle wisst, haben wir Merasfresser hier.“ Er spürte ein unbehagliches Kribbeln in seiner Brust. Cathy mochte seine Worte offenbar nicht, konnte aber auch nichts dagegen anbringen. Crimson fuhr fort: „Diese Parasiten sehen aus wie Schleimklekse und fühlen sich an wie rohes Fleisch, wie ich schon feststellen durfte. Sie leben von Magie, die sie einem Magier aussaugen, idealerweise aber einem Schlossherz. Gegen Licht- und Feuermagie sind sie anfällig; Eis ist ganz wirkungsvoll, vernichtet sie aber nicht. Soweit wir wissen, lernt der ganze Schwarm aus dem, was einem Individuum zustößt. Es scheint keine Patentmethode zu geben, um sie loszuwerden. Fallen haben wir ausprobiert, die kennen sie schon. Deshalb möchte ich, dass wir Teams bilden und sie schlicht und einfach bei den Energietanks auslöschen. Jedes Team sollte mindestens einen Magier mit den Elementen Feuer, Licht oder Eis beziehungsweise Wasser enthalten. Wir werden das Schloss durchkämmen und jede Ecke von ihnen säubern. Das Schlossherz wird uns melden, wenn wir etwas übersehen haben.“ Auch wenn es ihm nicht passt, ergänzte er in Gedanken. Cathy musste dann eben Prioritäten setzen. „Schloss Lotusblüte hat sieben Energietanks mit einem Fassungsvermögen von durchschnittlich zehntausend Meraseinheiten. Die tatsächlichen Größen jedes einzelnen variieren leicht, beispielsweise kann Tank sieben dazu benutzt werden, Kapall abzuspeichern, aber er ist etwas kleiner als die anderen, weil er in einem Magierschloss selten gebraucht wird,“ erklärte Crimson. „Was ist Kapall?“ fragte Yugi in die Runde. „Das kann ich dir sagen,“ meldete Lily sich. „Kapall ist im Prinzip das gleiche wie Meras. Beides ist eine Manifestation magischer Energie, die von Lebewesen genutzt werden kann. Magier benutzen Meras. Auch manche Krieger und Drachen. Feen und Unterweltler hingegen speisen ihre Fähigkeiten mit Kapall. Aus diesem Grund sind die Merasfresser an mir nicht interessiert. Sie können meine magische Energie nicht verdauen.“ „Kapall und Meras finden wir in allem, was lebt,“ fügte Sage hinzu. „Allerdings sind bei weitem nicht alle Wesen in der Lage, eins davon bewusst zu benutzen. Bei manchen wirkt es sich einfach als Effekt aus, bei anderen ist es sowas wie ein sechster Sinn. Wie groß der Bestand an Meras und Kapall bei jedem Individuum von Geburt an ist, hängt von den Eltern und verschiedenen anderen Faktoren ab. Das Kind eines Magiers wird normalerweise mit mehr Meras geboren als das Junge seiner Hauskatze.“ Die Runde lachte amüsiert über diesen Vergleich. „Könnte man das vielleicht als... angeborenes Talent bezeichnen?“ fragte Yami nach. Sage nickte. „Tatsächlich wird oft gesagt, dass manches Kind ein besonders großes Talent für die Magie hat. Das bedeutet schlicht und einfach, dass die Fähigkeit seines Körpers, Meras zu speichern, von Anfang an groß war. Dabei kann im Prinzip jeder die Magie erlernen, nur braucht es bei manchen mehr Übung, damit der Merasspeicher sich vergrößert.“ „Ah!“ Yugi hob einen Finger wie in der Schule. „Das ist wie in einem Rollenspiel-Adventure, wo man mit zunehmender Erfahrung ein höheres Level erreicht und dann auch mehr MP hat. Nicht wahr?“ Crimson konnte ihm selber nicht folgen, aber es war auf jeden Fall sehr amüsant für ihn, seinen weisen Großvater einmal sprachlos zu sehen. Zweifellos ging es um etwas aus der Welt des Blauen Lichts, das mit einem Spiel zu tun hatte. Yugi errötete verlegen, als ihm wohl klar wurde, dass niemand hier wusste, was er meinte.„Ähm... wenn man das Spiel beginnt, hat der Charakter, also die Spielfigur, nur ganz wenige Magiepunkte und Lebenspunkte. Wenn er aber Erfahrung sammelt, erreicht er nach und nach andere Level... äh, Entwicklungsstufen. Dann steigt die Lebensenergie, also die Ausdauer, und auch die Menge an Magiepunkten. Er kann mehr Zauber ausführen und auch mächtigere.“ Sage strich sich nachdenklich durch den Bart. „Das ist wohl entfernt vergleichbar. Du hast es auch selber gemerkt, Yugi. Je mehr du mit Magie umgehst, umso leichter fällt es dir. Dann sind deine, uhm... Magiepunkte mehr geworden.“ Yugi nickte auf eine Art, wie es Schüler oft tun, wenn sie eine erstaunliche Erkenntnis verdauen. „Gibt es einen erreichbaren Maximalwert? Und ist der immer gleich oder für jeden anders?“ fragte er. „Darüber streiten sich die Gelehrten,“ winkte Sage ab. „Tatsächlich gibt die Theorie, dass jeder mit einem persönlichen Maximalpotential geboren wird, das er zu nutzen erlernen kann. Dies würde bedeuten, dass einige von uns irgendwann an ihre Grenzen stoßen, während andere noch mühelos weiterkommen. Eine andere Theorie besagt, dass das magisches Potential unbegrenzt ist und lediglich von persönlichen Faktoren wie zum Beispiel Ausbildung, Leistungsfähigkeit, Risikobereitschaft, Selbstvertrauen und Willenskraft abhängt.“ Nicht nur Yami und Yugi hingen andächtig an seinen Lippen, sondern generell die jüngeren Magier. Crimson hatte diese Erklärung noch nie gehört oder wieder vergessen. Vielleicht hatte er in der Stunde gefehlt. Dark jedenfalls nickte die ganze Zeit zustimmend. „Sobald du Meras verbrauchst, versucht dein Körper, den Vorrat wieder aufzufüllen, und dafür verbraucht er Energie,“ erläuterte sein Großvater weiter. „Deshalb muss ein Magier sich auch körperlich fit halten. Prinzipiell gilt, dass deine magischen Handlungen deine körperliche Belastbarkeit nicht überschreiten dürfen, sonst bringen sie dich um. Wenn du einen Zauber einsetzt, für den du nicht genug Meras hast, wird nämlich deine Lebenskraft umgewandelt. Du kannst also durchaus etwas tun, wofür deine magische Kraft nicht ausreicht, aber es wird vermutlich eine einmalige Sache bleiben.“ „Soweit die Theorie,“ meldete Olvin sich zu Wort. „Natürlich kann die Leistung durch den Einsatz von Artefakten, Drogen und Ritualen erhöht werden.“ „Necromanten,“ spöttelte Sage, aber er meinte es wohl nicht böse, denn er lächelte dabei. „Großvater, willst du vielleicht für mich arbeiten?“ bot Crimson ihm halb ernst an. „In meinem Alter nicht mehr,“ lachte Sage. Crimson nickte und setzte ein selbstbewusstes Gesicht auf, aber ihm wurde zunehmend klar, dass er gar nicht genug Wissen hatte, um ein guter Lehrer zu sein. Er konnte nur die Kenntnisse eines Rebellen vermitteln und all das, was er sich gemerkt hatte, weil es ihn interessierte. Aber im Prinzip war die Lösung einfach – er musste Leute finden, die das benötigte Wissen hatten. Aber nicht heute. Heute rettete er sein Schloss vor einem Parasitenbefall. „Mava, Neo, Ray, Yugi, Shiro, Mystic und Fire. Bitte stellt euch jeder ein Team zusammen. Jedes Team wird einen Energietank aufsuchen und ihn von den Merasfressern säubern,“ ordnete er an. „Die Krieger verteilen sich bitte auf die Teams. Sie dürften von den Parasiten nicht betroffen werden, können aber eingreifen, wenn es Komplikationen gibt.“ Wenn also das restliche Team ausgeschaltet wurde. Er hatte als Teamführer jeweils einen Lichtmagier ausgewählt, bis auf Fire, der mit Feuer aber auch ein Element beherrschte, das den Parasiten schadete. Obwohl er den Jungen kaum kannte, vertraute er darauf, dass er seine Rolle gut machen würde, schließlich kam er von der Eisigen Universität – vor allem aber aus dem dortigen Königshaus. Yugi wirkte etwas überrascht von seiner Ernennung, widersprach aber nicht, sondern pickte sich Blacky, Appi und Luster für sein Team heraus. Seltsamerweise schien der Chaosmagier ihm an die Gurgel gehen zu wollen. „Olvin, Lily und Arienne, bitte bleibt auf der Krankenstation im Einsatz,“ ordnete Crimson weiter an. „Ich will gegen die Monster kämpfen!“ rief Rosi. „Ja, ich auch!“ verlangte Saambell sofort. Crimson überlegte kurz und entschied entgegen seiner vorigen Meinung, dass Merasfresser vielleicht nicht das Schlechteste waren, um zwei kleine Mädchen erste Erfahrungen machen zu lassen. „Einverstanden. Fragt die Gruppenleiter, ob sie euch mitnehmen.“ Neo räusperte sich. „Also... zum Zeichen, dass ich nicht nachtragend bin, wähle ich außer Kuro und Mad noch Sorc für meine Gruppe. Ich bin sicher, dass seine überragenden Fähigkeiten uns helfen werden. Er steht doch zur Verfügung, oder?“ „Sicher.“ Crimson gab sich alle Mühe, neutral und unbesorgt zu klingen. Aber er traute dem Frieden nicht. Auf der anderen Seite wollte er seinen Freunden nichts unterstellen. Sie würden doch die Mission an erster Stelle stehen lassen, oder? Er wies Cathy an, alle Energietanks in Betrieb zu nehmen, damit die Merasfresser sich aufteilten. Dadurch vermehrten sie sich möglicherweise stärker, aber viel Zeit ließ er ihnen ja nicht. Erfahrungsgemäß brauchte ein Ableger durchschnittlich einen Tag, um sich voll zu entwickeln. Es war ein bisschen laut geworden, während alle kurz die Gruppeneinteilungen festlegten, aber dann trat wieder erwartungsvolle Stille ein. Viel zu sagen hatte Crimson nicht mehr. „Wir treffen uns in der Eingangshalle, wenn es dunkel wird. Bis dahin gönnt euch noch etwas Ruhe und esst etwas. Soweit ich informiert bin, haben wir zwei talentierte junge Köchinnen...“ Die ihn Sorc auch noch vorstellen musste. Damit war das Treffen beendet, und die Teilnehmer zerstreuten sich langsam wieder. Crimson wandte sich Sorc zu. „Schatzkammer.“ Der Chaoshexer ging vor... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)