Digimon Battle Generation von Alaiya ([Digimon Tamers] Wenn Welten kollidieren) ================================================================================ Episode 13: Verloren in der digitalen Welt ------------------------------------------ Ich wünsche euch ein verspätetes frohes neues Jahr! Und ich gebe zu, dass ich in der Vorweihnachtszeit und zwischen den Feiertagen kaum zu etwas gekommen bin – auch nicht dazu an DBG weiter zu schreiben. Aber dafür ist nun das nächste Kapitel endlich fertig ;) Dieses Mal geht es nicht in Tokyo weiter, sondern in der digitalen Welt, wo sich – wie ihr euch vielleicht noch von Episode 8 her erinnert – Denrei und Shuichon ziemlich verirrt haben... Ich wünsche euch viel Spaß mit dem Kapitel! ⌊ • • • • • • • • ⌉ Episode 13: Verschollen in der digitalen Welt Als ich das erste mal in die digitale Welt kam, habe ich nicht verstanden, was der Unterschied zwischen digitalem und „echtem“ Leben sein sollte. Terriermon und Lopmon waren für mich genau so real und genau so meine Freunde, wie Jian-nii-san und die anderen es waren. Damals habe ich nicht einmal darüber nachgedacht. Doch auch heute bin ich mir nicht sicher, ob ich einen Unterschied sehe, egal wie oft ich darüber nachdenke. Eine Sache verstehe ich jedoch: Das wir und unsere Partner Verantwortung für beide Welten tragen. - Lee Shuichon Es schien egal zu sein, wie weit sie gingen. Ihre Umgebung schien sich nicht zu verändern. Mal wurde der Tunnel breiter, mal schmaller und ab und an - zumindest glaubte Denrei das - veränderte sich die Farbe der aus den Wänden hervorstehenden Kristalle minimal. Doch davon abgesehen könnten sie genau so gut im Kreis laufen und sie hätten es kaum bemerkt. Denn auch die Übersicht darüber wie oft sie, wenn der Weg sich gabelte Rechts oder Links gegangen waren. Diese Welt hatte eigene Gesetze, so dass es nutzlos erschien sich Stellen, an denen sie schon vorbei gekommen waren, auf irgendeine Weise zu markieren, da sie nicht sicher wissen konnten, ob Markierungen blieben oder dieselben Abzweigungen auch zwei Mal in dieselbe Richtung führten. „Ich mag nicht mehr weiter laufen“, seufzte Shuichon und blieb stehen. Mit einem erschöpften Stöhnen ließ sie sich auf den Boden fallen. „Aber wenn wir nicht weitergehen, finden wir hier nie heraus“, bemerkte Lopmon, das auf ihrem Rucksack saß. „Leicht zu sagen, für denjenigen, der nicht selbst läuft“, giftete seine Partnerin es an. „Magst du nicht auf Denrei reiten? Oder auf Dracomon?“ „Ich bin aber auch müde“, erwiderte das grüne Drachendigimon. Missmutig sah Denrei zu ihnen, zuckte dann mit den Schultern und ließ sich ebenfalls auf den Boden sinken. „Dann lass uns eine Pause machen. Aber wenn wir nicht weitergehen...“ Er schwieg, denn was er sagen wollte war ohnehin klar. „Wir können auch in der Nacht weitergehen“, erwiderte Shuichon und ließ ihren Rucksack von ihren Schultern gleiten. „Du hast doch heute morgen selbst gesagt, dass es keinen Unterschied macht, ob wir schlafen oder nicht.“ Daraufhin seufzte der junge Mann. „Ja, das stimmt wohl...“ Er sah an die Decke des Tunnels, der hier etwa drei Meter hoch zu sein schien und vielleicht vier Meter breit. „Ich möchte nur endlich von hier raus.“ Dabei wusste er nicht einmal mehr, wie oft er das schon in den vergangenen Tagen gesagt hatte. „Vielleicht ist es Nachts anders“, meinte Shuichon hoffnungsvoll. „Ich mein, vielleicht verändert sich dann etwas...“ Sie ließ ein Seufzen hören. „Ich möchte mal wieder etwas essen.“ Das konnte Denrei verstehen. Immerhin hatten sie nichts zu Essen mitgenommen, denn immerhin brauchten sie keine Nahrung um in dieser Welt zu überleben. Doch auch wenn sie hier keinen wirklichen Hunger verspüren konnten, so war es doch ein seltsames Gefühl seit Wochen nichts gegessen zu haben. „Ich auch“, erwiderte er daher. „Es bringt nichts zu jammern“, meinte Lopmon. „Wir müssen weiterlaufen und suchen.“ „Aber ich will nach Hause“, jammerte Dracomon und ließ seine Flügel hängen. Für eine Weile herrschte Stille - wirklich vollkommene Stille, da es in diesen Höhlen nichts gab, was ein Geräusch machen konnte, so dass das einzige, was sie hörten, ihr eigener Atem war. „Was so seltsam ist...“, begann Shuichon schließlich wieder, „Wir haben bisher kein einziges Digimon hierunten gesehen. Wieso sind hier keine Digimon?“ „Wir sind doch hier“, warf Dracomon ein. „Ja, aber von uns abgesehen?“, erwiderte Lopmon. „In dem Waldgebiet, in dem wir den Zugang gefunden haben, waren doch andere Digimon.“ Denrei nickte leicht und überlegte. Er konnte sich noch immer keinen Reim darauf machen, wieso sie hier unten allein waren. Davon abgesehen, dass er fürchtete früher oder später den Verstand zu verlieren, wenn sie hier noch weitere Tage herumliefen, ohne einen Ausgang und ohne eine Abwechselung. Er fühlte sich eingesperrt. „Wie lange dauert es wohl noch, bis es dunkel wird?“, murmelte er schließlich und sah zu den rot glühenden Steinen. Shuichon zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Vielleicht in ein, zwei Stunden?“ Die Tage in dieser Welt waren 14 Stunden lang, die Nächte zehn. Daran änderte sich nichts, da dies offenbar irgendwann einmal festgelegt worden war. Ob es der Wild Bunch damals so programmiert oder diese Welt es sich „selbst“ ausgesucht hatte, vermochte er nicht zu sagen. Bisher waren sie selten in der Nacht gewandert, auch wenn er Shuichon recht gab: Manche Dinge änderten sich mit Einbruch der Nacht in dieser Welt. Doch da das Dämmerlicht der Nächte schwer mit dem Auge zu durchdringen war, war es zumindest in vielen anderen Gebieten unpraktisch bei Nacht zu laufen, da es vor allem in der digitalen Welt weiterhin viele aggressive Digimon gab, von denen einige auch ihr Revier verteidigten oder aus Kampflust einen Gegner suchten. Doch hier schien ihnen keine direkte Gefahr zu drohen, zumindest nicht dieser Natur. In Gedanken versunken hatte er nicht bemerkt, dass das chinesische Mädchen zu ihm gerückt war, so dass er nun zusammenzuckte, als sie den Kopf gegen seine Schulter lehnte. „Lass uns noch etwas ausruhen und weitergehen, wenn es dunkel wird“, flüsterte sie. Denrei sah zu ihr und seufzte. „In Ordnung“, erwiderte er. „Aber versuch nicht zu schlafen. Du weißt ja...“ Mit einem genervten Laut unterbrach sie ihn. „Ja, ich weiß, wir brauchen eigentlich keine Schlaf. Ernsthaft... Ich war schon in dieser Welt, als du dir nicht einmal dessen bewusst warst, dass sie existiert.“ Daraufhin zuckte der junge Mann nur mit den Schultern. „Ich meine ja nur...“ Lopmon kicherte. „Dann meine besser nichts mehr.“ Die Zeit vergeht nur sehr langsam, wenn man nichts tun kann, so dass man nach einer Weile entweder unruhig oder müde wird. So dauerte es tatsächlich nicht lang, bis Shuichon zusammengerollt und den Kopf auf Denreis Schoß gebettet eingeschlafen war und auch Denrei kurz davor war einzunicken. Er hatte den Rücken gegen einen Felsen gelehnt und döste vor sich hin. Gerade als er merkte, dass er selbst kurz davor war, in den Schlaf herüber zu gleiten, zuckte er zusammen und setzte sich auf. Mit einem leisen Seufzen strich er durch Shuichons Haar, das im Moment locker in ihr Gesicht fiel, da sie Zöpfe und Spangen gelöst hatte. Dann hob er die linke Hand und sah auf das kleine, weiße Gerät, das am Gelenk befestigt war. Das längliche, durch ein metallenes Armband befestigte Gerät hatte einen rechteckigen Bildschirm und drei kleine, rechts neben diesen befestigte Knöpfe. Es war ein Communicator, das Hypnos ihnen mitgegeben hatte. Auch Shuichon hatte ein ähnliches Gerät, für den Fall, dass sie getrennt werden würden. In der Theorie sollten diese es Hypnos eigentlich möglich machen ihre aktuelle Position zu ermitteln und mit ihnen Kontakt aufzunehmen, doch sie hatten schon aufgehört zu funktionieren, nachdem sie in die tieferen Schichten der digitalen Welt vorgedrungen waren. Eigentlich wäre es nicht so schlimm, dass sie in der digitalen Welt feststeckten, zumindest nicht für ihn, denn er mochte diese Welt und war sie zumindest für jetzt noch nicht leid. Anders sah es jedoch mit diesem Höhlensystem aus, in dem es jeden Tag dasselbe zu sein schien. Sie konnten nicht in die reale Welt sehen und die Tatsache, dass es hier keine Digimon gab, ließ alles noch viel bedrückender wirken. Außerdem - so sehr er das Abenteuer in dieser Welt auch liebte - hatten die Vorlesungen an der Universität bereits wieder angefangen und Shuichon würde nun in ihr Abschlussjahr auf der Oberschule kommen. Sie sollten eigentlich wieder zum Unterricht gehen und würden viel verpassen, wenn sie nicht bald in die reale Welt zurückkehrten. Zumal sie ohnehin nichts über die Anomalie herausgefunden hatten. „Denrei?“, hörte er die Stimme seines Partners neben sich und sah sich zu diesem um, halb überrascht, dass der kleine Drache nicht mittlerweile auch eingeschlafen war. „Werden wir überhaupt noch von hier fort kommen?“, fragte Dracomon nun mit hängenden Flügeln. Der junge Mann antwortete nicht sofort, denn wenn er ehrlich war, hatte er selbst zu zweifeln begonnen. „Ich hoffe es...“ „Ich mag diese Höhle nicht“, stellte das Digimon fest - nicht zum ersten Mal, seit sie hier waren. „Sie ist irgendwie... Nicht gut. Ungut. Irgendwie fühlt sie sich nicht richtig an. Lopmon fühlt es auch.“ „Ich weiß“, antwortete Denrei und nickte. Lopmon, das - so wusste er mittlerweile - ehemals zu einer Gruppe von Digimon gehört hatte, die sich Deva nannten und den Souveränen gedient hatte, schien zwar meistens unbekümmert, wusste aber mehr über diese Welt, als sie alle und spürte umso deutlicher, wenn etwas nicht stimmte. Und es schien mit jedem Tag besorgter zu werden. „Deswegen müssen wir weiter“, sagte er dann und sah zu Shuichon. „Wenn es dunkel wird, gehen wir weiter.“ Unschlüssig sah Dracomon zu ihm und dann den Höhlengang hinab. Es war wahrscheinlich selbst müde, zumal diese Welt auf die Digimon anders wirkte, als auf Menschen. Außerdem war es für Dracomon und die anderen Digimon, die in der realen Welt lebten und sich an diese gewöhnt hatten, umso schwerer. Schließlich ließ es sich fallen und lehnte sich an die Wand der Höhle. Denrei tat es ihm gleich und schloss die Augen für einen Moment. Vor drei Jahren war Takato etwas ähnliches passiert, als er in die digitale Welt gegangen war. Er war damals mehrere Monate in der digitalen Welt verschollen gewesen. Er hätte deswegen beinahe die Oberschule nicht richtig abschließen können. In 2001 waren Takato und die anderen Tamer, die ihre Partner bereits damals gehabt hatten, in diese Welt gegangen, um nach einem Digimon namens Culumon zu suchen und waren ebenfalls über einen Monat hier gewesen. Es war damals, von allem was er wusste, denn er hatte zu der Zeit im Krankenhaus gelegen, ohne viel von den Tamern und über die Gesetze der realen Welt zu wissen. Doch eigentlich sollte man glauben, dass nun, wo die Welten sich so nahe war, es einfacher wäre Kontakt zu halten... Eigentlich... „Da ist etwas!“, hörte er auf einmal Lopmons Stimme und schreckte auf. Er stellte fest, dass er eingedöst sein musste, denn mittlerweile leuchteten die Kristalle in einem seichten Blau und silbernen Weiß. Es war Nacht geworden. Lopmon, das zuvor an Shuichons Seite gelegen hatte, stand nun in der Mitte des Gangs und hatte seine langen Ohren angehoben, um besser hören zu können. Angestrengt sah es den Gang hinab, als hoffte es dort etwas zu erkennen. Denrei versuchte zu lauschen, doch er selbst hörte nichts. „Was ist es, Lopmon?“, fragte er daher das Digimon, das ihm einen Seitenblick zuwarf. „Ich weiß es nicht genau“, erwiderte es. „Aber wir sollten nachsehen.“ Der junge Mann nickte und begann Shuichon an der Schulter zu schütteln. „Shuichon, wach auf“, zischte er und dämpfte dabei automatisch seine Stimme. Schlaftrunken blinzelte sie. „Was ist denn los?“ Anstatt zu antworten nickte er zu Lopmon hinüber, dessen Körper gänzlich angespannt war. „Was hast du, Lopmon?“, fragte Shuichon nun und richtete sich auf, doch das Digimon antwortete nicht sofort. Seine großen Knopfaugen hatte Lopmon verengt, schien es sich immer weiter anzuspannen. „Irgendetwas ist dort...“ „Kommt es näher?“, fragte Denrei schließlich. „Ich glaube nicht“, antwortete Lopmon ihm leise. Für einen Augenblick zögerte er, sich dessen bewusst, dass, egal was das Digimon hörte, dies gefährlich für sie sein könnte. Doch gleichzeitig musste er feststellen, dass die größte Gefahr für sie war, dass sie keinen Ausweg aus diesem Labyrinth fanden. Egal was es war, es war das erste Mal, dass sie überhaupt etwas außergewöhnliches hörten. „Wir sollten nachsehen“, meinte er schließlich und Shuichon nickte stumm. Beinahe wie automatisch band sie sich ihre Haare zu Zöpfen, während sie aufstand und nahm ihren Rucksack, während auch sie offenbar versuchte etwas zu hören. Denrei stupste seinen Partner an, der nun auch seine Augen öffnete. „Was...?“, begann dieser, drehte dann aber den Kopf. Offenbar war auch Dracomon fähig zu hören, was auch immer Lopmon hörte. „Wir gehen nachschauen“, sagte Denrei deswegen und stand nun ebenfalls auf, um seinen Rucksack aufzusetzen. Lopmon sprang nun auf Dracomons Kopf, um dort weiter mit ausgebreiteten Ohren zu lauschen. „Los“, drängte es dann das andere Digimon, das sich ohne weitere Beschwerde in Bewegung setzte. Denrei und Shuichon folgten ihnen in einem gemäßigten Laufschritt. Ihr Weg führte den Gang hinab, bis sie zu einer Gabelung kamen, an der die Digimon jedoch ohne zu zögern den Tunnel nutzten, der nach rechts führte. Es folgte ein weiterer Gang, der schmaler war, als der, in dem sie sich ausgeruht hatten, dann jedoch in einem runden Raum von vielleicht fünf Meter Durchmesser endete, aus dem drei weitere Gänge abzweigten. Hier zögerte Lopmon, nahm dann jedoch mit Dracomon den mittleren Weg, der ebenfalls schräg nach rechts abzweigte. Es war schwer zu sagen, wie lang sie liefen, da auch Entfernungen hier schwer abzuschätzen waren, und das Laufen sie nicht einmal wirklich erschöpfte. Nach einer Weile jedoch wurde dieser Gang breiter und höher, bis er schließlich sechs oder sieben Meter breit war. Und da bemerkte Denrei noch etwas anderes. Auch Shuichon schien es gesehen zu haben, denn sie blieb stehen und sah zur Wand der Höhle. „Was ist das?“, murmelte sie mit zusammengezogenen Augenbrauen. Sie machte einige Schritte auf die Wand zu. Nun stoppten auch die beiden Digimon und drehten sich zu ihnen herum, gerade als Shuichon die Hand ausstreckte. „Fass das nicht an!“, rief Lopmon warnend und die Hand des Mädchens verharrte in der Luft. In der Wand steckten, neben den Kristallen auch seltsame andere Objekte von tetraedrischer Form. Sie schienen gänzlich weiß zu sein und drehten sich permanent einige Umdrehungen um die eigene Achse, nur, um dann ihre Richtung zu ändern. Auch leuchteten sie blass von innen heraus. Die Wand um diese Objekte herum flimmerte, wie das Bild in einem schlecht eingestellten Röhrenfernseher. „Ist das...“, begann Shuichon, während nun auch die beiden Digimon bei ihnen standen. „Es gehört nicht hierher“, erwiderte Lopmon leise und mit einer gewissen Bitterkeit in seiner Stimme. „Es gehört nicht in diese Welt.“ „Dann ist das die Anomalie?“, fragte Denrei. Er setzte den Rucksack wieder ab und begann darin zu kramen, denn neben Schlafsachen hatten sie auch einen Tablet-PC und einige andere technische Dinge dabei, um die Anomalie zu dokumentieren, sollten sie sie finden. „Es wird nicht funktionieren“, murmelte Shuichon auf einmal, noch bevor ihr Freund das Tablet angestellt hatte. Tatsächlich reagierte das Gerät nicht, als er versuchte es zu starten, wie schon ihre Kommunikatoren zuvor. „Aber es sollte...“, begann Denrei, brach dann aber ab. Die Geräte waren so gebaut, dass sie in den verzerrten Bedingungen der digitalen Welt funktionierten. Doch wenn Lopmon recht hatte und diese... Ihm fiel kein Wort ein, um die Spuren der Animalie zu beschreiben. Wenn Lopmon Recht hatte und diese Dinge kein wirklicher Teil dieser Welt waren, dann konnten sie ihre Ausrüstung vielleicht beeinflussen. Schließlich gab er auf und ließ das Gerät sinken, als Shuichons Kopf herumfuhr. „Was ist das?“, fragte sie, den Blick in die Richtung gerichtet, in die sie vorher gelaufen waren. Gerade schon wollte Denrei sie fragen, was sie meinte, doch da hörte er es auch. Es war ein seltsames Rauschen, wie von einem gewaltigen Wasserfall, und doch meinte er eine Vielzahl von Stimmen aus diesem Rauschen heraus zu hören. „Lass uns nachsehen“, murmelte er schließlich, auch wenn ein Gefühl ihm sagte, dass es besser wäre umzudrehen. Während sie - nun weitaus langsamer als zuvor - wieder losgingen, warf er sich den Rucksack über die Schulter. Auch die beiden Digimon liefen wieder neben ihnen, doch Dracomons Pupillen waren nun zu Schlitzen verengt, wie es normal der Fall war, wenn ein anderes, wildes Digimon in der Nähe war - ein potentieller Gegner. Doch er bezweifelte nun wirklich, dass sie hier andere Digimon finden würden. Immer mehr der seltsamen Objekte schienen in der Wand und teilweise auch in den Boden gebettet zu sein, so dass sie ihnen immer wieder ausweichen mussten. Je mehr dieser Tetraeder sie umgaben, desto dunkler wurden die Kristalle, bis sie schließlich nur noch vom gespenstischem Licht der seltsamen Objekte umgeben waren. Der Gang machte eine sanfte Kurve nach links und als sie diese durchquert hatten, sahen sie in nicht allzu großer Ferne ein Licht, heller als das, welches sie umgab. Doch das war nicht das einzige, was sie sahen... Shuichon blieb wie angewurzelt stehen. „Ein Digignom“, flüsterte sie dann auf einmal und lief ohne Vorwarnung los. Tatsächlich lag die Gestalt einer der seltsamen Lebensformen der digitalen Welt nicht weit von ihnen entfernt am Boden. Als Shuichon das Feenwesen erreichte, hob sie es auf und nahm es in den Arm. „Was ist mit dir?“, fragte sie und sah es besorgt an. „Hey, Kleiner, was ist denn los?“ Langsamer kamen auch Denrei und die beiden Digimon näher. Der Digignom schien außergewöhnlich blass und geschwächt zu sein. Auch leuchtete er nicht, wie es die Gnome normal taten und es schien beinahe, als wäre er tot. Doch was machte er überhaupt hier? Da gab das Wesen einen leisen Laut von sich und öffnete die Augen, um sie anzublinzeln. „Was ist passiert?“, fragte Shuichon, auch wenn sie sich sicher dessen bewusst war, dass das Geschöpf ihr nicht antworten konnte. Erneut machte es einen Laut, schloss dann jedoch wieder die Augen. „Irgendetwas ist dort“, sagte Lopmon nun und sah nach vorne, hin zu dem seltsamen Licht. „Ob es etwas mit ihm zu tun hat?“ Shuichon sah besorgt zu dem Gnom in ihren Armen, dann zu Lopmon und schließlich zu Denrei. „Wir werden es herausfinden“, erwiderte dieser und setzte sich dann in Bewegung. Das Mädchen nickte und folgte ihm, zusammen mit den Digimon. „Ich habe ein ungutes Gefühl“, murmelte Dracomon dabei und schien sich nicht ganz sicher, ob es weiterlaufen wollte, folgte aber aus Treue zu seinem Tamer. „Ich auch nicht“, antwortete ihm Lopmon. „Aber wir müssen herausfinden, was hier vor sich geht.“ Je näher sie dem Licht kamen, desto besser konnten sie es erkennen. Es schien in einem Raum zu sein, der an den Gang angeschlossen war und größer war als dieser. Auch schien es, als würde es sich bewegen, jedoch nicht flackernd, wie Feuer, sondern auf eine seltsame kontrollierte Art und Weise. Auch war das Licht vollkommen weiß. Nun war beinahe die gesamte Wand mit den Tetraedern bedeckt und sie taten sich schwer zwischen den Anomalien im Boden einen Weg zu finden. Und da erkannten sie, was das Licht war. Es bestand ebenfalls aus Tetraedern, jedoch welchen, die wesentlich größer waren, als die in Wand und Boden. Unwillkürlich blieb Denrei stehen, unsicher ob er wirklich weiterlaufen sollte. Da ließ ihn ein kurzer Aufschrei von Shuichon herumfahren. „Was ist los?“, fragte er, sah es dann jedoch selbst. „Shuichon!“, rief er aus. Das Mädchen war bis zu den Knien in dem um einen Tetraeder herum flackernden Boden versunken, als wäre es Wasser und schien mit jedem Moment weiter zu versinken. „Shuichon!“, rief auch Lopmon und sprang auf ihren Kopf. Doch ohne zu digitieren, hatte es wenig Chancen ihr zu helfen. Vorsichtig selbst nicht in eine der flackernden Zonen zu treten, lief Denrei zu ihr und griff nach ihrem freien Arm um ihr zu helfen. Auch sie umfasste seinen Arm, so dass sie Halt fand, als er sich zurücklehnte und sie so ein Stück aus dem zähflüssig wirkendem Untergrund herauszog. Sie stolperte auf den festen Boden und wäre hingefallen, hätte Denrei sie nicht aufgefangen. „Was ist das?“, flüsterte sie leise und sah auf ihre Beine hinab, die nun selbst leicht flimmerten, wie der Boden um das Tetraeder herum. Der junge Mann schüttelte den Kopf. Er sah wieder zum Ende des Tunnels, das nicht mehr weit von ihnen entfernt war. „Lass uns nachsehen?“ Zögerlich nickte Shuichon und sah auf ihre Beine hinab, die nun langsam aufhörten zu flackern. Vorsichtig verlagerte sie ihr Gewicht und ließ ihren Freund los, als sie feststellte, dass sie wieder selbst stehen konnte. „Sei vorsichtig“, warnte Lopmon sie mit besorgtem Blick. Erneut nickte das Mädchen nun und folgte Denrei – nun verstärkt auf den Boden achtend – als dieser sich langsam dem Ende des Tunnels näherte. Dieser endete tatsächlich in einem großen Saal, wie es schien, dessen Wände wie in einer Kathedrale weit hinaufreichten. Wie weit konnten sie nicht genau sagen, denn vielleicht zwanzig oder dreißig Meter über ihnen flogen viele, sehr viele Digignome ihre Kreise. „Was...“, begann Shuichon und machte einen Schritt weiter, doch Denrei streckte die Hand aus, um sie zurück zu halten. Der Saal war vielleicht sechzehn oder siebzehn Meter breit, doch die Quelle des Lichts – eine riesige Halbsphäre bestehend leuchtenden Tetraedern – nahm einen Großteil des Raumes ein. Nun, wo sie die vielen Digignome sahen, wussten sie auch, was das Rauschen verursachte. Es waren die Bewegung und die Stimmen der vielen digitalen Wesen, die sich hier versammelt hatten. „Was machen sie hier?“, murmelte Denrei und sah zu den Gnomen hinauf. Niemand antwortete ihm. „Etwas kommt“, flüsterte Lopmon auf einmal und sah zu den digitalen Wesen hinauf, die auf einmal Abstand nahmen. „Wir sollten zurück gehen...“, murmelte es, doch es war bereits zu spät. Weiße Blitze zuckten aus der Sphäre hervor und trafen auf die Wände, sprühten dabei Funken. Dann zuckten weitere Blitze von den Wänden zur Sphäre zurück und es schien, als würde sich diese mit Energie aufladen. Plötzlich stoben die Digignome auseinander, als ein weiterer Blitz, wesentlich dicker als die bisherigen oben aus dem seltsamen Gebilde senkrecht hervorschoss. Ein tiefes Grollen erfüllte die Luft und der Boden bebte. Doch bevor sie sich einen Reim darauf machen konnten geschah noch etwas anderes: Dünne hellviolette, fast pinke Fäden kamen zwischen den Tetraedern der Sphäre hervor und verbanden sich mit allem was sie erreichten. Einige Digignome, die nicht vorsichtig genug waren, wurden von diesen tentakelartigen Kontaktarmen berührt und begannen zu flackern. Einige von ihnen wurden von den Armen umwickelt und in die Sphäre gezogen, während andere sich noch in Sicherheit bringen konnten, bald aber erschöpft zu Boden fielen. Noch bevor einer von ihnen reagieren konnte, spürte Denrei ein merkwürdig taubes Gefühl in seinem Arm und bemerkte zu spät, dass sich einer der Fäden um seinen Arm gewickelt hatte, der nun ebenfalls begann zu Flackern. „Verdammt!“, stieß er aus und versuchte sich von dem Faden loszureißen, doch dieser wickelte sich nur noch enger um seinen Arm. „G-Shurunen!“ Noch bevor Shuichon oder Lopmon reagiert hatten, schoss Dracomon einen Laserstrahl ab, der den Faden eigentlich durchschneiden sollte, doch obwohl der Laser durch ihn hindurchdrang, schien er keinen Schaden anzurichten. „Denrei“, rief nun auch das Mädchen an und griff unbedacht nach dem Band, zog ihre Hände jedoch zurück, als diese im selben Moment noch, als sie das fremde Material berührten, zu flimmern begannen. „Wir können es nicht berühren“, warnte Lopmon und sprang auf den Kopf seiner Partnerin hinüber, um diese zurückzuhalten. „Fass mich nicht an“, rief auch Denrei, als sie die Hände trotz der Warnung des Digimon erneut ausstreckte. Dabei spürte er, wie sich Spannung auf dem Band aufbaute und ihn zur Sphäre zu ziehen schien. Er lehnte sich zurück, um dem Zug entgegen zu wirken, geriet jedoch nur wenige Augenblicke später ins Stolpern, als die Sphäre begann mit größerer Kraft zu ziehen. „Denrei!“, riefen nun Shuichon und die beiden Digimon, während er nun versuchte mit seiner linken Hand den Faden von seinem rechten Unterarm zu lösen. Doch der seltsame Faden löste sich kein Stück. Stattdessen griffen Taubheit und Flackern nun auf über seine linke Hand auch auf seinen zweiten Arm über, während er weiter auf die Sphäre zu stolperte. „Denrei!“, hörte er die Stimmen der anderen, als er nur noch knapp einen Meter von den Tetraedern entfernt war und seine rechte Hand diese schon beinahe berührte. Er merkte, wie Dracomon sein linkes Bein umfasste, während Shuichon versuchte ihn an seinen Schultern zurück zu ziehen, was jedoch kaum etwas daran änderte, dass er langsam, aber stetig auf die Sphäre zugezogen wurde. „Lasst los“, keuchte er durch zusammengepresste Zähne hervor. „Sonst werdet ihr auch...“ In dem Moment berührten seine Finger die Oberfläche eines Tetraeders und eine Art elektrischer Schock durchfloss seinen Körper. „Lasst los!“, wiederholte er nun lauter. Doch weder sein Partner, noch das Mädchen, dessen Partner nun den ohnmächtigen Digignom hielt, antworteten oder ließen ihn los. Langsam verschwand seine Hand zwischen den Tetraedern, dann ein Teil seines Unterarms, während er versuchte sich aus den Griff von Shuichon und Dracomon zu winden. Damit beschäftigt, bemerkte er nicht, dass das Rauschen verstummt waren und keiner der Digignome einen Laut von sich gab. Erst, als ein lautes Knallen, wie von einer Explosion über ihnen erklang, sah er auf, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie leuchtende Pfeile auf sie hinabregneten. „Arrow of Apollo!“ „Arrow of Artemis!“ Erschrocken hob instinktiv seinen freien Arm über den Kopf um sich zu schützen. Doch keiner der Pfeile traf ihn, Shuichon oder eins der beiden Digimon. Stattdessen traf der Hagel aus Pfeilen die Sphäre und brachte dadurch die Tetraeder zum zittern, ehe sich eine ohne Vorwarnung eine große Pranke um die beiden Tamer und ihre Partner legte und sie von der Anomalie wegzog. Seltsamer Weise ließ sich Denreis Hand nun aus der vermeintlich eisernen Umklammerung des Fadens lösen und einen Moment spürten alle vier die Beschleunigung, als das Digimon, in dessen Pranke sie nun gefangen waren, sich vom Boden abstieß und in die Luft sprang. „Was...“, begann Denrei, als sich die Pranke öffnete und sie mehr oder weniger sanft auf sandigen Boden abgesetzt wurden. Über ihnen erstreckte sich der blaue Himmel der Digiwelt, durch dessen Datennetz sie weit entfernt die reale Welt erkennen konnten. Wind wehte durch ihre Haare, während sie sich in der sandigen Wüste, in der sie waren, umsahen. „Apollomon!“ Wie so oft war Shuichon die erste, die die Sprache wiederfand. „Dianamon!“ Die beiden Ultimatedigimon sahen auf sie hinab. Apollomons lange Mähne flatterte im Wind, während Dianamon auf ihrer etwa zwei Meter in der Luft schwebenden Sense saß und seinen Blick auf sie gerichtet hatte. Ungläubig sah auch Denrei zu ihnen auf. Er kannte genau ein Apollomon und ein Dianamon und beide hatten, als sie noch auf dem Childlevel waren bei ihnen in der realen Welt gelebt. „Coronamon? Lunamon?“ „Ihr habt uns gerettet“, stellte Lopmon förmlich fest. „Vielleicht“, erwiderte Dianamon. „Vielleicht?“, wiederholte das langohrige Childdigimon und sah fragend zu der Göttin hinauf. „Wir wissen nicht, was mit jenen geschieht, die in dem bleichen Licht verschwinden“, erwiderte das weiblich wirkende Digimon. Für einen Moment herrschte Schweigen. „Was macht ihr hier?“, brach es dann auf einmal aus Apollomon hervor und das Digimon ging in die Hocke, um seine alten Freunde besser betrachten zu können. „Wieso seid ihr nicht in eurer Welt?“ Es streckte einen seiner großen Finger an, um Denrei an zu stupsen. Der junge Mann rieb sich die Stelle, an die das Digimon ihn gestupst hatte, und rutschte vorsichtshalber etwas zurück, um sicher zu gehen, dass Apollomon ihn nicht aus Versehen verletzte, sofern dies in dieser Welt so einfach möglich war. Kurz sah er auf seinen Arm, der langsam aufhörte zu flackern, ehe er den Blick wieder auf das Digimon richtete. „Wir sind hergekommen, weil wir...“ Seine Stimme versagte ihm, zu tief saß noch der Schrecken, über das, was gerade passiert war. Stattdessen stand Shuichon nun auf. „Wir haben in unserer Welt bemerkt, dass sich die Digiwelt seltsam verändert und wollten der Sache auf den Grund gehen. Hypnos vermutet, dass es eine Anomalie gibt. Vor einigen Tagen sind wir in diesen Höhlen gelandet und heute haben wir...“ Nun suchte auch sie nach den richtigen Worten. „Heute haben wir das da gefunden.“ Sie zeigte auf ein großes Loch im Boden ein ganzes Stück von ihnen entfernt, um das herum der Sand selbst ebenfalls leicht zu flackern schien, während ein Schwarm Digignome über ihm seine Kreise zog. „Was war... Was ist das?“ Zuerst antworteten keins der beiden Ultimates. Schließlich sah Dianamon zu dem Loch, durch das sie zuvor offenbar gekommen waren, und wandte sich dann wieder den beiden Tamern und deren Partnern zu. „Ich nehme an, das ist die Anomalie, die ihr gesucht habt. Zumindest eine von ihnen...“ ⌊ • • • • • • • • ⌉ Anmerkungen und Erklärungen: Apollomon: Ein Götterdigimon auf dem Ultimatelevel. Es ist vom Typus Serum und verkörpert das Element des Feuers. Als Childdigimon Coronamon landete es einst unfreiwillig in Tokyo, wo sich die Tamer um es kümmerten. Dianamon Ein Göttinnendigimon auf dem Ultimatelevel, das den Typus Datei trägt. Es verkörpert Wasser und Eis und schlüpfte einst aus demselben Digiei wie Apollomon. Zusammen mit seinem „Bruder“ landete es vor drei Jahren in Tokyo. Nun, wo die Souveränen durch D-Reaper ausgelöscht wurden, wachen die beiden über die digitale Welt. Ja, unsere Digizwillinge sind nun auch wieder dabei und haben eine recht große Aufgabe übernommen. Dafür streiten sie nun auch weniger. Sie sind sozusagen erwachsen geworden ;) Nur ab und zu... Vielleicht erkennt übrigens jemand von euch diese „Anomalie“, die der siebten Episode von Digimon Tamers entstammt. Die Idee, diese noch einmal einzubauen verdanke ich Konaka, der nett genug war auf Anfrage die Hintergedanken besagter Folge zu erklären. Ich liebe bisher unverwendete Ideen ;) Im nächsten Kapitel (das wahrscheinlich in drei Wochen kommt) geht es dafür in Tokyo mit Takumi, Takato und den anderen weiter, die jetzt einige Probleme haben... Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen! Ich freue mich wie immer über Feedback! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)