Digimon Battle Generation von Alaiya ([Digimon Tamers] Wenn Welten kollidieren) ================================================================================ Episode 09: Narrenweisheit -------------------------- Damit ist das neunte Kapitel da, ein, wie ich schon einmal „vorwarnen“ kann Kapitel ganz ohne Kampf, dafür vorrangig wichtig für die Charakterentwicklung. Ich hoffe, dass es euch trotzdem gefällt. Ohne viel weiteres Drumherum wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen. :) ⌊ • • • • • • • • ⌉ Episode 09: Narrenweisheit War es dumm zu hoffen, dass es so etwas wie Frieden geben könnte, nun, wo die Grenze zwischen den Welten so dünn geworden ist? War es naiv zu denken, dass sich die Menschen an die neue Situation und die Digimon sich an die neuen Regeln halten würden? Wahrscheinlich. Doch selbst in meinen schlimmsten Befürchtungen habe ich nie erwartet, das alles auf einmal zusammenbrechen würde. Ich weiß, dass es wahrscheinlich nichts ändern würde, doch ich wünschte, dass Denrei und Shuichon endlich zurückkämen. Und sei es nur, damit ich mich nicht so verlassen fühlen würde. - Makuta Shoji Nur langsam schien die Zeit während der Golden Week zu vergehen. Eigentlich hatte sich Takumi drauf gefreut. Immerhin bedeutete die Golden Week eine Woche Ferien, doch nach dem Spiel und dem wilden Magnamon, war alles ganz anders. Noch immer war er bandagiert – seine Mutter wechselte die Bandagen täglich – und er hatte Kotemon seit dem Kampf nicht mehr gesehen. Immer wieder überlegte er, ob er gehen sollte, doch bisher hatte er sich nicht getraut. Es war nicht nur, dass seine Eltern wollten, dass er zuhause blieb – immerhin war er verletzt – nein, der Gedanke Kotemon wieder gegenüber zu stehen jagte ihm auch aus anderen Gründen Angst ein. Immerhin hatte er es in Stich gelassen, hatte seinen eigenen Partner im Stich gelassen. Er hatte schon mehr als einmal die Situation durchgespielt, fragte sich, wie seine Eltern wohl reagiert hätten, hätte er gekämpft. Doch er am Ende kam er immer wieder zum selben Ergebnis: Er hatte sein Digivice nicht dabei gehabt und hätte damit sowieso nichts machen können. Tatsächlich war ihm in den vergangenen zwei Tagen immer wieder der Gedanke gekommen, dass er ein schlechter Tamer war. Wahrscheinlich war Kotemon ohne ihn besser dran. Er selbst war feige. Er traute sich nicht seinen Vater zu konfrontieren, er versteckte sich mit Kotemon. Selbst als dieses ihn gebraucht hatte, hatte er nicht ihm gestanden. Auch hatte er die Einladung zu diesem Turnier angenommen. Wieso hatte er das gemacht? Selbst wenn sie gewinnen könnten, selbst wenn Kotemon stärker werden würden, so würde es doch keinen Unterschied machen. Solange er selbst nicht den Mut fasste, sich gegen seinen Vater zu stellen, würde es nichts ändern. Immerhin konnte er nicht zulassen, das Kotemon einen Menschen verletzte, oder? Schon gar nicht seinen Vater... Er drehte sich auf die Seite und rollte sich zusammen, das Digivice in der Hand. Einzelne Strahlen der Sonne fielen durch den Spalt unter dem grünen Vorhang hindurch. Dabei hätte Takumi sich eher Regen und Sturm gewünscht. Seine Gedanken wanderten zu dem Unwetter von vor über einer Woche. Doch dann erinnerte er sich wieder an den Kampf, an die Tränen des Mädchens und an den kalten Blick in Beelzebumons Augen. Er spürte Tränen über sein Gesicht laufen. Was sollte er denn nur tun? Wie sollte er Kotemon gegenübertreten? Und was sollte er wegen dem Turnier machen? Seine Hände, die sich um das Digivice geschlossen hatten, öffneten sich etwas und er sah auf das Gerät, das ruhig und kühl auf seinen Handflächen lag. So lange er es hatte konnte er nicht davonlaufen. Was wenn Kotemon in einem Kampf starb? Wie hatte er das nur so unvorsichtig sein können? Wieso war er nur so dumm? Und wieso... Wieso hatte jemand wie er ein Digivice und einen Partner? Er hatte es nicht verdient. Es wäre für alle besser gewesen, hätte er das Digivice nicht bekommen, wäre nie ein Tamer geworden, hätte niemals Kotemon getroffen. Dann müsste er seine Eltern nicht anlügen, dann würde er Kotemon nicht in Gefahr bringen, dann hätte er das Digimon des Mädchens nicht getötet. Er merkte, dass er auf dem Bett kniete und drauf und dran war, das Digivice in eine Ecke zu werfen, als ob es davon verschwinden würde. Langsam hielt er die erhobene Hand sinken und sah wieder auf das Gerät. Leise seufzte er und wischte sich über die feuchten Wangen. In dem Moment hörte er ein Klingeln von der Wohnungstür. Stimmen klangen vom Flur leise zu seinem Zimmer und nicht viel später kamen Schritte in seine Richtung. Schnell ließ er sein Digivice unter dem Kopfkissen verschwinden und legte sich wieder hin, nun mit dem Rücken zu seinem Zimmer, tat so als ob er schlafen würde. Wer konnte es sein? War wirklich jemand gekommen, um ihn zu besuchen? Einen Augenblick später wurde die Tür zu seinem Zimmer geöffnet. „Takumi...“, begann seine Mutter, als auch schon entschlossene Schritte auf ihn zukamen. „Hey, liegst du etwa um diese Zeit immer noch im Bett, Takumi?“, meinte Ryoichi und zog ihm die Decke von den Schultern. „Man, was bist du für eine Schlafmütze. Das hätte ich eigentlich nicht von dir gedacht!“ Takumi drehte sich auf den Rücken und sah ihn an. „Ryoichi?“ „Ja!“, erwiderte sein Klassenkamerad begeistert und grinste ihn an. „Hiro und Take sind auch da“, meinte er dann und zeigte Richtung Zimmertür. „Hab von Hiro gehört, was bei dem Spiel passiert ist und dachte, wir kommen mal vorbei.“ „Ich hoffe wir stören nicht“, meinte Takeshi, der noch immer zusammen mit Hiro und Shirou Kaede in der Zimmertür stand. Für einen Moment schwieg Takumi. „Nein“, sagte er dann leise. „Wunderbar“, erwiderte Ryoichi, der normal zwar vorlaut war, aber selten so übertrieb wie heute. Wahrscheinlich wollte er seinen Klassenkameraden aufmuntern. Unsicher stand Takumi auf. „Ich werde mich eben waschen und umziehen“, meinte er dann und nahm sich ein T-Shirt und eine Hose aus dem Schrank. „Mach nicht zu lang“, meinte der andere. „Jaja...“ Takumi ging zur Tür. „Ihr könnt euch auch setzen“, meinte er dann zu Hiro und Takeshi, die noch immer etwas unschlüssig dort standen. „Oh, ja“, meinte Takeshi verlegen. „Ich bringe euch Snacks“, sagte Shirou Kaede nun. „Und für dich noch dein Frühstück“, fügte sie mit Blick auf ihren Sohn hinzu, der nun auf den Flur hinaus trat. „Danke“, erwiderte dieser, ehe er im Bad verschwand. Makoto sah auf seine Hausaufgaben. Normal war er gut in Mathematik, doch heute konnte er sich einfach nicht konzentrieren. Statt zu rechnen, starrte er die meiste Zeit aus dem Fenster, das sich direkt über seinem Schreibtisch befand. So war es ihm auch schon gestern gegangen. Er hatte seine Hausaufgaben für die Woche nicht einmal zu einem Drittel fertig, dabei gehörte er normal zu den Schülern, die ihre Hausaufgaben sofort machten. Doch nun ging ihm zu viel im Kopf herum. Seine Gedanken kreisten wie ein Karussell immer wieder um dieselben Themen. Der Shirou-Junge, das seltsame Magnamon, Ai und Impmon. Er hatte so viele Fragen, doch er wusste, dass er so keine Antwort bekommen würde. Als er das Digivice gesehen hatte, war er wütend gewesen. Wie konnte seine Schwester so etwas wichtiges ohne ihn entscheiden? Er hatte sie zur Rede stellen wollen, hatte sie anschreien wollen, doch bereits als der Kampf vorbei war und die Sanitäter sich über fürsorglich um sie kümmerten, war ihm klar geworden, das dies keinen Unterschied machen würde. Es würde nichts mehr ändern, nun wo es schon geschehen war. Zu Reden würde das Digivice nicht wieder in seine alte Gestalt verwandeln. Genau so wenig würde es etwas daran ändern, wie er zu Ai und Impmon stand. Er würde nichts neues erfahren, wenn er mit seiner Schwester redete. Denn er kannte sie gut genug, um zu wissen, wieso sie es getan hatte und wieso sie nicht mit ihm darüber geredet hatte. Immerhin kannte er sie seit fünfzehn Jahren... Mit einem Seufzen schüttelte er den Kopf und schlug das Heft zu. Dann stand er auf, nahm seinen Rucksack und verließ sein Zimmer. Auf dem Flur wandte er sich nach links und ging dann die Treppe hinunter. Heute war außer ihnen niemand im Haus. Ihre Eltern arbeiteten und ihre Großeltern besuchten Freunde. Wahrscheinlich waren auch Ai und Impmon schon lange gegangen. Wieso also sollte er hier bleiben? Das Wetter war schön. Selbst wenn er allein war, so konnte er zumindest wirklich draußen sein, anstatt nur aus dem Fenster zu starren. Auch das würde nicht wirklich etwas ändern, doch er hoffte, dass er sich so vielleicht besser fühlen würde. Er musste einfach etwas tun, das ihn auf andere Gedanken brachte. Vielleicht konnte er einkaufen gehen, vielleicht traf er irgendjemanden, den er kannte. Vielleicht... „Ihr wurdet von einem Digimon gerettet?“, fragte Ryoichi laut, während er am Boden von Takumis Zimmer saß und neugierig der Erzählung des Jungens lauschte. Takumi nickte. Er erzählte ihnen nicht die ganze Wahrheit. Sie durften nicht erfahren, dass das Digimon, das sie gerettet hatte, eigentlich sein Partner war. Natürlich hätte er es ihnen gerne erzählt, doch die Gefahr war zu groß, dass so sein Vater etwas davon erfuhr. „Ja“, antwortete er so einfach. „Es hat uns vor der Attacke geschützt.“ „Wow, das muss cool gewesen sein“, murmelte Ryoichi. Takeshi sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Nein, es war einfach nur gefährlich. Takumi kann froh sein, dass ihm nicht viel passiert ist.“ Stumm nickte Takumi, während Hiro ein wenig verträumt aussah. „Aber ich frage mich, wie es ist, ein Tamer zu sein“, murmelte er. „Es muss toll sein, einen Partner zu haben.“ „Es wäre einfach nur supercool!“, stimmte Ryoichi lauter zu. „Und ich wäre der beste Tamer von allen!“ Hiro warf ihm einen Seitenblick zu. „Du kennst doch nicht mal die Regeln vom Kartenspiel...“ „Hmpf, kann man lernen“, winkte der angesprochene ab. Derweil schwieg Takumi. Wieder musste er an seinen Partner denken, der vielleicht verletzt war. Er hatte ihm auch in den letzten zwei Tagen nichts zu essen gebracht. Leise seufzte er, was jedoch nicht ungehört bliebt. „Was hast du, Takumi?“, fragte Hiro. „Du wirkst ganz geistesabwesend.“ Nun sahen ihn auch Ryoichi und Takeshi besorgt an. „Es...“, begann Takumi. „Es ist nichts. Ich...“ Er suchte nach einer Ausrede. „Ich habe nur ein schlechtes Gewissen, dass ich beim Spiel...“ „Ach, das Spiel ist doch ohnehin abgebrochen worden“, meinte Hiro. „Es ist doch ohnehin egal.“ Dann schwieg er auf einmal und sah Takumi an. „Wobei mir einfällt: Da warst du auch so geistesabwesend. Ist vorher schon etwas passiert?“ Wieder schüttelte der angesprochene den Kopf. „Nein, nein. Es ist nichts. In letzter Zeit...“ Doch wie sollte er es ihnen erklären, ohne von Kotemon und dem Digivice zu erzählen. „Bist du etwas verknallt?“, meinte Ryoichi auf einmal. „Hä?“ Verwirrt sah Takumi ihn an. „Du bist in ein Mädchen verknallt und denkst die ganze Zeit an sie!“ Ryoichi grinste ihn an. „Deswegen auch immer dieses melodramatische Seufzen!“ Takumi konnte beim besten Willen nicht sagen, ob sein Klassenkamerade dies ernst meinte, ihn einfach nur aufziehen wollte oder tatsächlich versuchte von eigentlichen Thema abzulenken. „Ich...“, stammelte er. „Na, wie heißt sie? Wer ist sie?“ Ryoichi setzte sich zu ihm aufs Bett und legte einen Arm um ihn herum und sah ihn neugierig an. „Lass ihn“, meinte Takeshi, der am ruhigsten war. „Du tust ihm noch weh.“ Sofort ließ Ryoichi Takumi los, als hätte er sich an ihm verbrannt. „Ups, hab ich vergessen“, meinte er dann mit entschuldigendem Blick auf Takumis bandagierten Arm. „Macht nichts“, meinte Takumi schnell. Er sah aus dem Fenster auf die im Sonnenlicht glitzernden Fassaden des Nachbarhauses. Ryoichi folgte seinem Blick. „Wollen wir rausgehen?“, fragte er auf einmal. Alle sahen ihn überrascht an. „Ich weiß nicht, ob Takumi...“, begann Takeshi besorgt, doch Takumi schüttelte den Kopf, beinahe dankbar für den Vorschlag. „Es ist ja nichts gebrochen“, meinte er. „Ich kann schon gehen...“ Erneut wanderte sein Blick aus dem Fenster. „Es tut mir vielleicht sogar ganz gut.“ Auch in der Golden Week war die Hypnoszentrale im Metropolitan Government Building besetzt. Nach dem Kampf vor zwei Tagen sogar noch stärker, als es eigentlich üblich war. Shoji saß zusammen mit Takato, Ruki, Ryou, ihren jeweiligen Digimonpartnern, wie auch Yamaki Mitsuo und Reika in einem der Konferenzräume. Doch außer ihnen war noch jemand hier. Ein junger Amerikaner, der sich als Steve Larson vorgestellt hatte und zusammen mit seinem Partner Leormon etwas unruhig mit ihnen am Tisch saß. Dabei saßen Shoji, Ruki und Ryou an der von der Tür aus linken Seite des dunklen Tisches. Gazimon hatte ebenfalls auf einen Stuhl Platz genommen, während Renamon hinter Ruki stand und Monodramon döste unter dem Stuhl seines Partners vor sich hin. Takato und das Ehepaar Yamaki saßen ihnen gegenüber, während Steve am Rand des Tisches saß und sich offenbar nicht ganz sicher war, ob es für ihn das beste war, so gut im Zentrum aller Aufmerksamkeit sein zu können. Sein Partner saß auf seinem Schoß und schien weniger nervös dabei zu sein. Ruki hatte Shoji bereits gestern von ihm erzählt, doch es war das erste Mal, dass er ihn traf. Und Shoji war misstrauisch. Der junge Mann behauptete, ein registrierter Tamer zu sein, aber auch an diesem Turnier teilzunehmen. Doch wenn er an diesem Turnier teilnahm, wieso sollte er ihnen dann davon erzählen? Immerhin sollte er sich doch dessen bewusst sein, dass er sich allein mit der Teilnahme strafbar gemacht hatte. Yamaki, der ähnlich zu denken schien, hatte seine Sonnenbrille abgesetzt und musterte den Amerikaner über seinen Kaffee hinweg. „Wissen wir irgendetwas neues wegen diesem Magnamon?“, fragte Shoji leise an Ruki, die neben ihm saß, gewandt, doch diese schüttelte den Kopf. „Nichts“, erwiderte sie. „Zumindest habe ich auch noch nichts erfahren...“ Sie schwieg. „Wieso passiert das alles jetzt...?“, murmelte Takato, woraufhin Guilmon seine Schnauze an der Hand des jungen Mannes rieb. Eine bedrückte Stille herrschte in dem Raum, während niemand so richtig zu wissen schien, wie er anfangen sollte. Schließlich räusperte sich Yamaki. „Ähm, ja“, begann er, der er nie wirklich gut darin war, irgendwelche Vorträge zu halten. „Ich wollte mit euch über die... Ähm... Jüngsten Ereignisse sprechen, die in Tokyo vorgefallen sind.“ Er tat sich wahrscheinlich wesentlich leichter, mit Wissenschaftlern zu sprechen, doch allein die Tatsache, dass sie keine genauen Ergebnisse hatten und er wahrscheinlich auch noch einmal sich hatte vorm Gouverneur rechtfertigen müssen, hatte seinem Selbstbewusstsein offenbar zugesetzt. Reika übernahm das Wort. „Wir wissen, dass im Moment ein Turnier in Tokyo abgehalten wird, an dem illegale Tamer offenbar teilnehmen können“, sagte sie. „Diesbezüglich hat sich Steve Larson bei uns gemeldet.“ Sie nickte in die Richtung des Amerikaners. „Über die Ereignisse von vor zwei Tagen, haben wir schon mit unseren Wissenschaftlern gesprochen“, setzte sie dann noch hinzu und sah zu Shoji, dessen Frage sie vorher offenbar gehört hatte. „Wir wissen aber noch immer nicht, was es mit dem Digimon auf sich hatte und warum es so aggressiv war.“ „Was ist mit Ai und Makoto?“, fragte Ruki nun. „Sie haben immerhin gegen das Digimon gekämpft. Vielleicht...“ Sie brach ab, als sie Takatos Blick sah. „Es war kein normales Digimon“, meinte dieser leise. „Irgendetwas an ihm war seltsam.“ Er schüttelte den Kopf, als ob er einen unangenehmen Gedanken aus seinem Kopf vertreiben wolle, dann sprach er lauter weiter. „Als wir gegen es gekämpft haben... Es hat sich nicht wie ein normales Digimon angefühlt.“ „Es hat auch nicht wie eins gerochen“, stimmte Guilmon ihm zu. „Willst du uns damit sagen, dass es gar kein Digimon war?“, fragte Ruki. Takato schwieg für einen Moment. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.“ „Dann tappen wir dabei also im Dunkeln“, murmelte Gazimon. „Wie bei allen anderen Fragen auch“, murmelte Ruki ungehalten. Dabei zog sie ihre Hand beiläufig zur Seite, als Ryou seine Linke auf diese legen wollte. Der Mann ließ den Blick sinken. „Nicht ganz“, sagte er dann auf einmal. „Vielleicht können wir nun endlich heraus finden, was es mit diesem Turnier auf sich hat.“ Damit sah er zu Steve. Dieser setzte sich auf und wirkte verunsichert, da ihn nun alle ansahen. Er räusperte sich. „Err... Mein Name ist Steve Larson“, sagte er mit deutlich hörbarem Dialekt. „Wie, err, Mister, err... Wie Yamaki-san schon gesagt hat. Ich bin Amerikaner. Ich studiere im Moment in Tokyo. Err...“ Er schien nach Worten zu suchen. „Das ist Leormon, mein Partner. Ich habe ihn in Amerika getroffen. Aber ich bin nicht in Japan als Tamer registriert. Ich glaube, ich habe deswegen die Email bekommen.“ Auf einmal schien ihm etwas einzufallen und er nahm seine Umhängetasche und zog einige ausgedruckte Zettel daraus hervor, wobei Leormon an den Rand seines Schoßes rückte. „Hier“, meinte er und legte die Zettel auf den Tisch. „Err... Yamaki-san hat sie in digitaler Form.“ Ryou, der die Email offenbar schon kannte, gab die Zettel an Ruki weiter, die Shoji mit hinauf sehen ließ. Tamer Steve Larson, wie du sicher weißt, liegt es in der Natur eines Digimon zu kämpfen um stärker zu werden. Deswegen werden sie von vielen als Gefahr angesehen, auch wenn du sicher weißt, dass dem nicht so ist. Die Digimon der Regierung können bis auf das höchste Level digitieren, aber dein Partner ist an die Begrenzung des Adult-Levels gebunden. Sie sagen es ist den Digimon verboten zu kämpfen, auch wenn sie genau wissen, dass es in ihrer Natur liegt. Sie nehmen Tamern, die sich nicht registrieren lassen, ihre Partner weg. Willst du stärker werden? Willst du dich ihnen widersetzen? Willst du deinem Partner die Möglichkeit geben, seiner Natur zu folgen? Hiermit lade ich dich zum Turnier der illegalen Tamer in Tokyo ein. Wenn du teilnehmen willst, lade das Programm, welches du im Anhang dieser Nachricht findest auf dein Digivice. Damit wirst du fähig sein andere Turnierteilnehmer zu finden. Wenn du die Einladung nicht annimmst, lösche diese Email.   Ich hoffe dich bald im Turnier begrüßen zu dürfen. Der Meister der Spiele „Ich habe an der Universität Gerüchte gehört und im Internet gesucht. Zwei Tage später habe ich diese Email bekommen“, schloss Steve seine Erklärung. Ruki sah ihn scharf an. „Warum hast du die Einladung angenommen, Larson-san?“, fragte sie. „Du wusstest doch sicher, es illegal ist.“ Der Angesprochene schwieg, schien nach den Worten für die Antwort zu suchen. „Ich war... curious“, meinte er. „Ich wollte wissen, ob es stimmt.“ Wieder schwieg er etwas. „Außerdem dachte ich... Dachte ich...“ Nun wechselte er in seine Muttersprache. „I wanted to make a difference. I thought I could find the guy who does it on my own.“ Hilfesuchend sah er zu Ryou, der jedoch noch weniger zu wissen schien, was er sagen wollte, als Steve selbst. „Er sagt, dass er selbst den Veranstalter ausfindig machen wollte“, half Takato aus, auch wenn bis auf Ryou und die Digimon eigentlich alle den Sinn der englischen Worte verstanden hatten. „Ja“, stimmte Steve zu. „Das war dumm“, meinte Ruki leise. Nun sah Shoji den Amerikaner scharf an. „Hast du andere Digimon getötet in dem Turnier?“ Schnell schüttelte Steve den Kopf. „No! Nein.“ Er sah den Jungen an. „Ich habe gekämpft... Ich konnte es nicht verhindern. Aber ich habe nicht getötet. Leormon hat kein anderes Partnerdigimon getötet.“ Wieder herrschte Schweigen und die Tamer tauschten einige Blicke. „Gut“, meinte Shoji schließlich, da der andere auf eine Reaktion von ihm zu warten schien. „Ich nehme an, dass die Emails sich nicht zurückverfolgen ließen, oder?“, meinte Ruki schließlich und sah zu Yamaki. Dieser schüttelte den Kopf. „Nein. Sie wurden über einen ausländischen Proxy verschickt.“ „Die Frage ist, wie er überhaupt herausfinden kann, wer ein Tamer ist“, meinte Takato. „Selbst wir haben noch keine Möglichkeit gefunden Digivices aufzuspüren und wie sollte er sonst...?“ Da fiel Shoji etwas auf. Er wandte sich erneut an Steve. „Du hast gesagt, dass du vorher im Internet nach Informationen gesucht hast.“ „Ja“, erwiderte der Amerikaner. „Ich habe auch überlegt, ob er darüber von mir wusste.“ „Aber es werden sicherlich auch Leute, die keine Tamer sind, nach Informationen suchen“, warf Ryou ein. „Wenn diese Gerüchte wirklich überall kusieren.“ „Vielleicht versucht er direkt Tamer zu provozieren“, murmelte Ruki. „Es könnte sein. Doch woher weiß er, selbst wenn er es irgendwie herausfindet, wer registriert ist und wer nicht. Die Listen sind nicht öffentlich.“ Erneut trat Schweigen ein, während die Blicke der sechs Japaner düster wurde. Einzig Steve schien es nicht ganz zu verstehen. „Was ist?“, fragte er. „Wenn er weiß, welche Tamer registriert sind, muss er Zugriff auf unsere Listen haben“, sprach Reika die Vermutung aus, die ihnen allen bereits, seit sie von dem Turnier erfahren hatten, herumspukte. „Und das heißt, dass er sich entweder in unsere Datenbanken gehackt hat...“ Sie verstummte kurz, ehe sie leiser weiterfuhr. „Oder, dass er zu unseren Mitarbeitern gehört.“ „Glaubst du wirklich, dass es in Ordnung ist?“, fragte Takeshi und sah zu Takumi, als die U-Bahn erneut losfuhr. „Ich mein, deine Mutter scheint sich Sorgen zu machen und...“ „Das passt schon“, antwortete Takumi, auch wenn er wusste, dass der andere Recht hatte. Sie standen in der U-Bahn, die von Minato nach Shibuya fuhr, da er zu seinen Klassenkameraden gemeint hatte, dass sie, wenn sie schon frei hatten, irgendwohin fahren könnten. Dabei war es ihm eigentlich egal gewesen wohin. Er wollte nur nicht, dass sie zufällig auf Kotemon trafen. Denn er wollte seinen Partner nicht noch einmal verleugnen, doch konnte durften die anderen einfach nichts davon erfahren. Zumindest Ryoichi schien von der Idee begeistert zu sein und so fanden sie sich etwa eine halbe Stunde, nachdem sie die Wohnung der Familie Shirou verlassen hatten, in einer der Spielhallen des Vergnügungsviertels wieder. Takumi, der trotz seiner Verbände kurze Hose und sein kurzärmliges Oberteil trug, wurde mehrmals kurz von der Seite angesehen, als sei er aus dem Krankenhaus ausgebrochen. Doch niemand sagte etwas. „Lasst uns irgendein Rennspiel gegeneinander spielen“, schlug Hiro vor, als er eine der entsprechenden Anlagen sah. „Ich spiele lieber einfache Arcade“, murmelte Takeshi. Ryoichi sah ihn an und runzelte die Stirn. „Weißt du, dass du ein ganz schöner Langweiler bist?“ „Nicht jeder, der andere Interessen als du hat ist deswegen gleich ein Langweiler, Ozaki-kun“, antwortete der kleinste der Gruppe tonlos. „Bitte fangt nicht an zu streiten“, meinte Hiro schnell und stellte sich zwischen die beiden. „Es muss ja niemand irgendetwas spielen.“ Etwas hilfesuchend sah er sich zu Takumi um, der schon wieder in seinen Gedanken verloren schien. „Was magst du spielen?“ Der Angesprochene antwortete nicht. „Takumi?“, fragte Hiro und brachte diesen damit zusammen zu zucken. „Entschuldigt bitte“, murmelte er. „Ich...“ Er überlegte. „Ja, Rennspiele... Von mir aus.“ Wieder verzog Ryoichi das Gesicht. Dann, als Takumi nicht hinsah, zuckte er hilflos mit den Schultern und seufzte schwer. Für Takumi schien die Zeit nicht wirklich umzugehen. Eigentlich hatte er gedacht oder vielmehr gehofft, dass sich seine Laune bessern würde, wenn er sich ablenkte. Doch er fühlte sich weder besser, noch brachte ihn die Spiele auf andere Gedanken. Immer wieder machte er sich selbst Vorwürfe für die Geschehnisse am Sonntag. „Ich hol mir etwas zu trinken“, meinte er schließlich zu den anderen und stand von einem Kampf-Arcade-Automaten auf. Er wusste, dass ihm seine Klassenkameraden teilweise verwirrt, teilweise entgeistert hinterher sahen, doch langsam sorgten nicht nur seine Gedanken, sondern auch das Gedrängel der an einem schulfreien Tag überfüllten Spielhalle dafür, dass er sich hier unwohl fühlte. Deswegen atmete er auf, als er sich vor der Spielhalle draußen an die Wand lehnte. Er griff in seinen Rucksack, um sein Portemonnaie herauszuholen, wobei seine Hand das Digivice berührte. Ihm musste etwas einfallen, um von hier weg zu kommen, dachte er. Er musste einfach nach Kotemon sehen. Gerade als er zwei 100-Yen-Stücke seinem Portemonnaie entnommen hatte und zu einem der Automaten ging, kam ein anderer Junge durch die automatische Schiebetür der Halle hinaus. Als Takumi diesen erkannte, war es schon zu spät. Langsam fing er an zu glauben, dass er entweder vom Pech verfolgt war, oder diese Zwillinge ihm folgten. Dabei sollte man meinen, dass eine Stadt mit etwa neun Millionen Einwohnern groß genug sein sollte, um sich aus dem Weg zu gehen. Doch vor ihm stand der Bruder des selbstgerechten Mädchens, gegen den er beim Baseballspiel angetreten war. Allerdings sah dieser genau so überrascht aus, wie Takumi selbst. Anstatt jedoch etwas zu sagen, senkte der andere Junge den Blick und ging selbst zu dem Getränkeautomat, aus dem er sich einen Eistee zog. Mit diesem in der Hand drehte er sich um, und schien wieder in der Halle verschwinden zu wollen. Etwas, das Takumi eigentlich mehr als recht sein sollte. Trotzdem öffnete er den Mund. „Ist deine Schwester nicht hier?“, fragte er ungehalten und wollte sich dabei selbst dafür ohrfeigen. Für einen Moment schien es, als würde der andere – Makoto – weitergehen, aber gerade, als sich die automatische Tür öffnete, blieb er stehen und drehte sich um. „Ist dein Digimonpartner nicht hier?“, erwiderte er sarkastisch. Takumi spürte ein Stechen in der Brust, als der andere fortfuhr. „Du hast deinen Partner tatsächlich im Stich gelassen, oder?“ Dabei war seine Stimme gereizt. Erst wollte der jüngere etwas zynisches oder gemeines erwidern. Dabei waren jedoch „Das geht dich nichts an“ die einzigen Worte, die ihm über die Lippen kamen. Für eine kurze Weile schwieg der andere Junge und musterte Takumi. „Du hast Recht“, meinte er dann. „Es geht mich nichts an, weil ich mich nicht in die Angelegenheiten anderer Leute einmische.“ Er schürzte die Lippen. „Nichts desto trotz“, fuhr er dann leise fort. „Ich möchte nicht in deiner Haut stecken.“ Damit wandte er sich ab und ging er wieder in die Halle hinein, während Takumi draußen stehen blieb. „Was ist denn sein Problem?“, flüsterte er abfällig, doch eine leise Stimme in seinem Kopf sagte ihm, dass er selbst derjenige war, der so gesehen ein Problem hatte. Warum hatte er den anderen Jungen überhaupt angesprochen? Hatte er heimlich gehofft, dass dieser ihn anschreien würde, wie es dessen Schwester sicherlich getan hätte? Er hätte es verdient gehabt, dessen war er sich sicher. „Verdammt!“, stieß er hervor. Er holte mit einem Bein aus und trat mit dem Fuß gegen den Automaten, woraufhin eine Taube, die zuvor auf diesem gesessen hatte, erschrocken in die Luft flatterte. Für einige Augenblicke blieb er so auf dem Vorplatz der Halle stehen, wo ihm niemand beachtete. Dann auf einmal drehte er sich um und rannte los. Das Getränk, das er sich hatte holen wollen war vergessen, wie auch seine Klassenkameraden in der Spielhalle. Er wusste, was er tun musste... Die Sonne neigte sich bereits dem Horizont entgegen, Takumi mit seinem Digivice in der einen Hand und einer vollen Tüte von einem der Supermärkte die Kaimauer des Hafens von Minato entlanglief. Hinter ihm fuhr ein Güterzug ratternd über den nicht weit entfernten Bahndamm, während der Junge keuchend auf dem großen Parkplatz einer Firma stehen blieb. Er suchte schon seit zwei Stunden nach Kotemon, doch bisher fehlte jede Spur seines Partners. Zwar zeigte ihm das Digivice eine Richtung an, doch konnte er nicht sagen, ob sein Partner in dieser Richtung fünfhundert Meter oder zehn Kilometer entfernt war. Vielleicht hatte Kotemon ihn auch verlassen, weil er es verleugnet hatte... Doch würde es dergleichen tun? Nun, wenn dem so war konnte er es verstehen. Leise seufzte er und sah auf das Digivice, dass nach Nordwesten zeigte. Noch wollte er nicht aufgeben. Noch nicht! Also lief er weiter, wenngleich er vorerst sein Tempo mäßigte. Er überquerte den Parkplatz, den Platz hinter einer Lagerhalle, eine Straße und dann eine weitere Parkfläche, bis er auf der Brücke zum Hamarikyutein stand. Immer mehr zweifelte er daran, dass er seinen Partner noch finden würde. Mitten auf der Brücke blieb er für einen Moment stehen und sah auf den unter ihn liegenden Seitenarm der Bucht, an dessen Ufer einige Privatboote ankerten. Und während die Sonne am Horizont immer tiefer sank betrat er schließlich die direkt am Rand der Bucht liegende Grünfläche. Er ging zwischen den Bäumen hindurch und betrat die dahinter liegende Wiese. Hier blieb er erneut stehen, sah wieder auf sein Digivice. Das runde Hologramm, an dessen Seite ein Pfeil die Richtung anzeigte, teilte ihm noch immer mit, dass er weiter gen Nordwesten laufen sollte. Doch für einen Moment pausierte er. Vielleicht war es wirklich besser, wenn er nicht weitersuchte. Dann würde er zumindest nie wieder mit diesem Turnier konfrontiert werden, müsste all das nicht weiter seinen Eltern verheimlichen und Kotemon würde vielleicht einen besseren Partner als ihn finden. Wahrscheinlich wäre es wirklich für alle das beste. Er sah wieder auf sein Digivice. Vielleicht... Tränen unterdrückend steckte er das Gerät in seine Tasche. Es half ihm ja doch nicht weiter. Dann setzte er sich langsam wieder in Bewegung, mit dem Gedanken zur Shiodome-Station und von dort aus nach Hause zu gehen. Doch gerade als den Weg durch den Park weiter hinabging sah er ein Stück entfernt den Schatten einer vertrauten Gestalt. „Kotemon?“, flüsterte er und blinzelte gegen das Sonnenlicht. Er war sich sicher. Es war ein Kotemon. Doch war es auch sein Kotemon? Sein Partner? Sein Herz begann zu schlagen: „Kotemon!“ Er lief auf die Gestalt zu, verlangsamte seinen Schritt jedoch, als er näher kam und das Licht ihn weniger blendete. Nun konnte er auch zwei andere Gestalten erkennen. Ein junger Mann, der gegen eine grobe Mauer am Rand des Weges lehnte und ein weiteres Digimon. „Takumi?“, fragte Kotemon, das sich nun zu ihm umdrehte. „Das ist dein Partner?“ Der junge Mann sah ebenfalls in seine Richtung. Der Junge sah ihn stumm an und beinahe wäre er – einem Instinkt folgend – wieder gelaufen. Doch da glitt sein Blick wieder zu seinem Partner hinüber. „Kotemon“, flüsterte er und nun standen ihm doch Tränen in den Augen, als er vor dem Child-Digimon auf die Knie fiel und seine Arme um es legte. „Es tut mir leid, Kotemon. Es tut mir wirklich leid.“ „Was denn, Takumi?“, fragte Kotemon leise. Er löste sich etwas von seinem Partner und sah diesen an. „Ich... Ich...“, stammelte er. „Du hast mich beschützt und ich... Ich habe dich im Stich gelassen...“ Mehr konnte er nicht sagen, nun, wo der fremde Mann dabei war. „Du hast gemacht, was nötig war“, erwiderte das Digimon. „Ich mach dir keinen Vorwurf.“ Takumi erwiderte nichts und wischte sich stattdessen die Tränen aus dem Gesicht. „Es tut mir trotzdem leid“, flüsterte er. Dann erinnerte er sich an die Tüte in seiner Hand. „Ich habe dir etwas zu essen gekauft.“ „Danke“, antwortete Kotemon förmlich. „Auch wenn du dir keine Sorgen machen musst. Ich kann mir selbst etwas besorgen. Außerdem hat Hirokazu-san mir heute etwas gekauft.“ Nun sah Takumi zu dem jungen Mann, neben dem ein Hagurumon in der Luft schwebte. „Hirokazu-san?“, wiederholte er langsam. Der junge Mann, der für einen Japaner recht groß gewachsen war, hob die Hand zum Gruß. „Hey, Kleiner.“ Takumi musterte ihn. Der Mann schien etwa Anfang zwanzig zu sein und trug eine zerschlissene Jean, was, da auch auf sein T-Shirt einige Fetzen aufgenäht waren, wohl eine Art von modischem Trend zu sein schien. Auch hatte er einen etwas ungepflegt wirkenden Dreitagesbart, was sein Erscheinungsbild etwas befremdlich wirken ließ. Schließlich wurde der Junge sich dessen bewusst, dass er starrte. Schnell wandte er seinen Blick gen Boden und verbeugte sich. „Vielen Dank, dass Sie sich um meinen Partner gekümmert haben.“ „Kein Problem“, winkte der Mann ab und sah ihn stirnrunzelnd an. „Ich frage mich nur, warum du ihn hier versteckst.“ Dabei sagte sein Tonfall jedoch, dass er dies eigentlich sehr wohl wusste. „Ich...“, begann Takumi unsicher. „Na ja, ich...“ „Er ist nicht registriert“, antwortete Kotemon gerade heraus. Nun war es an Hirokazu den Jungen zu mustern. „Und warum bist du nicht registriert?“ Erneut antwortete Takumi nichts, sondern sah nur unsicher auf seine eigenen Schuhe. Wieso sollte er mit einem Fremden darüber reden? Würde der Mann ihn an Hypnos verraten? „Ich verurteile dich nicht deswegen, Kleiner“, meinte Hirokazu nun lässig. „Ich kann mir vorstellen, dass es auch jetzt nicht so einfach ist. Aber vor wem auch immer du es verheimlichst... Er wird es irgendwann wahrscheinlich doch 'rausfinden.“ Er sah den Jungen, der nur weiter stumm zu Boden schaute an. „Und wenn man etwas so lang verheimlicht hat, dann ist der Ärger am Ende um so größer.“ Leise seufzte Takumi. „Danke“, erwiderte er leise, „aber ich fürchte, dass es mittlerweile keinen Unterschied mehr macht.“ Für eine Weile sah der junge Mann ihn an. „Wie du meinst“, meinte er schließlich, „aber denk darüber nach, okay?“ Daraufhin nickte der Jüngere nur. „Gut.“ Hirokazu schien zufrieden. „Wie dem auch sei, Kleiner“, sagte er dann, „ich werde jetzt gehen. Freut mich für dich, dass du deinen Partner wiedergefunden hast.“ Er wandte sich zum Gehen. „Vielleicht sieht man sich ja mal wieder.“ „Ja, vielleicht“, erwiderte Takumi. „Danke noch einmal.“ „Kein Ding!“ Hirokazu zwinkerte ihm über die Schulter zu und sah dann zu Kotemon. „Tschau, Kotemon.“ „Auf Wiedersehen“, erwiderte dieses. Dann machte sich der junge Mann auf dem Weg. Sein Partner warf Takumi und Kotemon noch einen letzten Blick zu, dann wandte auch er sich ab und schwebte hinter Hirokazu her, in Richtung des Schnellstraßenübergangs. Schmerz pulsierte in ihrer Schulter, nahm ihr fast die Sicht und machte es beinahe unmöglich zu atmen. Trotzdem blieb die sechzehnjährige Fujino Naoko für keinen Moment stehen. Ihr von Blut durchtränktes Oberteil klebte warm an ihrem Körper, doch sie schenkte dem keine Beachtung. Sie wusste eine Sache genau: Wenn sie stehen blieb, ja, wenn sie nur etwas langsamer wurde, würde sie sterben. Auch die schmerzenden Füße, die nackt über den Asphalt liefen, ignorierte sie. Es war nicht mehr weit. Es war nicht mehr weit bis zur Bahnstation und dem benachbarten Einkaufszentrum. Dort waren auch um diese Zeit noch Menschen. Dorthin würde er sie nicht verfolgen. Sie musste es nur bis zur Asakusa-Station schaffen! Eisern hielt sich das Mädchen, dessen langes, hellbraunes Haar ebenfalls vom Blut verklebt war, davon ab sich umzudrehen. Sie wusste, was hinter ihr war. Sie hatte die glühenden Augen gesehen, die spitzen Zähne gespürt. Wie sie es geschafft hatte, sich aus dem Biss des Monsters zu befreien, war ihr selbst ein Rätsel. Und sie hatte auch ihn gesehen. Sie wusste, warum er hier war, sie wusste, warum er sie töten wollte. Doch sie wollte nicht sterben. Sie würde nicht sterben. Weiter lief sie voran und sah nicht mehr all zu weit entfernt die Lichter der Hauptstraße, hinter der die Station lag. Sie lief voran, ohne Atem darauf zu verschwenden um Hilfe zu rufen. Denn sie wusste, dass dies kaum jemand hören würde und vor allem niemand hören wollte. Stattdessen rannte sie, allen Schmerz ignorierend weiter und erreichte endlich eine der größeren Fußwege zwischen den Häusern. Ein Fußweg, der zur Hauptstraße führte. Endlich sah sie andere Leute, die hier unterwegs waren. Andere Menschen, die sich nun zu ihr umdrehten. Noch immer lief sie weiter, bis sie die Einmündung zur Hauptstraße erreichte. Hier, direkt neben dem Eingang zu einem Coffeeshop blieb sie stehen und wagte endlich einen Blick über die Schulter. Das Monster war verschwunden. Das war der letzte erleichterte Gedanke, den sie hatte, ehe sie ohnmächtig zusammenbrach. ⌊ • • • • • • • • ⌉ Anmerkungen und Erklärungen: Asakusa-Station: Eine der JR-Stationen im historischen Viertel Taito. (Und ja, der Stadtteil heißt so) Ist übrigens eine der älteren Bahnhöfe in Tokyo. Zuerst möchte ich sagen: Ich hoffe es sind keine zu schlimmen Tippfehler in diesem Kapitel. Es ist noch nicht gebetat und meine Tastatur spinnt im Moment fürchterlich herum, so dass manchmal ganz andere Buchstaben erscheinen, als ich getippt habe. Ich bin zwar noch einmal drüber gegangen - mehrfach - kann aber trotzdem nicht garantieren, dass ich alles gefunden habe. Ansonsten kann ich nur hoffen, dass euch das Kapitel - auch ohne Kampf - gefallen hat :) Wie immer freue ich mich auf euer Feedback und über eure Spekulationen darüber, was hier vor sich geht ;) Wann das nächste Kapitel kommt, ist davon abhängig, wann ich wieder zuhause bin. Vielleicht nächste Woche, vielleicht in zwei oder drei Wochen. Ich kann es leider noch nicht genau sagen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)